Lobbyisten für Literatur

Das geschriebene Wort spielt im Leben von Peter und Katrin Hoffmann aus Stralsund eine übergeordnete Rolle. Beide waren schon immer Literaturliebhaber, beide lieben auch das Schreiben. Gute Voraussetzungen für eine Karriere in der Welt der Bücher. Das dachten sich die beiden, als sie 2008 ihren Strandläufer-Verlag gründeten, über den sie ihre Werke – die immer Stralsund-Bezug haben – veröffentlichen. Und der Name Strandläufer ist Programm. Denn die beiden sind in den Anfangstagen in alter Bauchladen-Manier am Strand entlang gezogen und haben ihre Bücher an den Mann und die Frau gebracht. 

Im Hinterkopf blieb den beiden aber immer noch ein anderer Traum: der von einem eigenen Buchladen. Dieser sollte sich erfüllen, als im Museumshaus in der Stralsunder Altstadt die Ladenfläche frei wurde. „Dort haben wir uns immer reingeträumt“, erzählt Katrin Hoffmann. Als die Chance da war, zögerten die beiden aber dennoch. Eine Selbstständigkeit im Buchhandel, das diskutierten und überlegten sie ganz genau, bis spät in die Nacht. „Am nächsten Morgen präsentierte ich meinem Mann dann das Geschäftskonzept. Ich konnte nicht schlafen und da ist es aus mir herausgeflossen“, sagt Katrin Hoffmann. Und so eröffneten die Hoffmanns im September 2014 ihre Strandläufer Verlagsbuchhandlung. 

Nicht nur der Laden selbst, sondern auch das inhaltliche Konzept hebt sich von den anderen Buchläden in der Stadt ab. „Wir haben hier im Museumshaus genau 24 Quadratmeter Ladenfläche zur Verfügung. Bei uns gibt es nur frisch kuratierte Bücher, die wir uns selbst ins Regal stellen würden“, sagt Peter Hoffmann. Was nicht da sei, könne aber innerhalb eines Tages per Bestellung seinen Weg ins Geschäft und zum Kunden finden. 

Tatsächlich bedeutet die kleine Ladenfläche nicht, dass das Angebot schmaler ist. Neuerscheinungen der Belletristik, Regionales aus dem eigenen Verlag, Kinder- und Kochbücher, englische Literatur und Spiele – die Vielfalt ist groß. „Unser Ziel ist es, dass die Leute so begeistert sind, dass sie mit einem ganzen Stapel den Laden verlassen“, sagt Katrin Hoffmann. Das passiert meistens durch die persönlichen Empfehlungen. Denn auf so engem Raum bleiben intensive Gespräche mit den Kunden nicht aus. 

Dieser enge Kontakt ist allein beim knapp eineinhalbstündigen WIR-Gespräch zu spüren. Mit Kundinnen und Kunden, die währenddessen vorbeikamen, tauschten sich die Hoffmanns nicht nur zur aktuellen Bücherlage aus, sondern auch über Persönliches und natürlich die Entwicklung der Stralsunder Innenstadt. 

Diese beschäftigt das Ehepaar aktuell besonders. „Wir machen uns Gedanken über den wachsenden Leerstand in der Altstadt“, sagt Katrin Hoffmann. Ihr Mann fügt hinzu: „So sichtbar wie jetzt kannten wir das aus Stralsund bislang nicht.“ Die Hoffmanns fürchten um die Zukunft der Innenstadt. Sie fühlen sich von der Stadtpolitik im Stich gelassen, bemängeln nicht durchdachte Mieterhöhungen und eine Stadtplanung zugunsten größerer Ketten abseits des Zentrums. „Das sind die falschen Signale“, sagt Katrin Hoffmann. Als Einzelhändler würden sie sich wünschen, dass diese mehr gehört würden von der Verwaltung und in aktuelle Prozesse stärker eingebunden werden.

Um ihre eigene Existenz machen sie sich mittelfristig noch keine Sorgen. „Wir machen einen guten Umsatz, das Konzept kommt an“, sagt Peter Hoffmann. Das beweisen auch die zahlreichen Auszeichnungen: 2016, 2017 und 2023 gab es den Deutschen Buchhandlungspreis, 2018 nahm der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Verlagsbuchhandlung in den Kreis der schönsten Buchhandlungen Deutschlands auf und 2023 war das Geschäft der Hoffmanns eine von drei Buchhandlungen weltweit im Wettbewerb um den Titel „Bookstore of the Year“ auf der Londoner Buchmesse. Das Rennen machte am Ende eine türkische Buchhandlung, „aber es war für uns eine riesengroße Ehre, dass wir dort bedacht wurden“, sagt Peter Hoffmann.

Dieser Erfolg kann allerdings nur anhalten, wenn Menschen in die Altstadt kommen – und sich selbst ein Bild machen können. Dafür wollen die Hoffmanns kämpfen, melden sich jetzt schon immer wieder bei den Mitgliedern der Bürgerschaft, engagieren sich in der Leseförderung, organisieren Lesungen – sozusagen als Lobbyisten für Literatur, Kultur und die Altstadt selbst.