Unternehmensförderung

Ideen für den Handel

Dass der Einzelhandel gestärkt werden muss, darauf machen Vertreter der Branche und wirtschaftsnahe Institutionen schon seit den Anfangstagen der Corona-​Pandemie aufmerksam. So ist längst klar: Wenn die Innenstädte und Ortszentren insgesamt attraktiver sind, vergrößert sich auch der Kundenstrom. In Stralsund und Güstrow gibt es schon konkrete Ideen.
Über allem anderen steht, in beiden Städten, die Stärkung der Online-​Präsenz der Händler. Stralsund habe das schon früh in der Pandemie erkannt, sagt Peter Fürst, Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung/Stadtmarketing der Hansestadt. „Wir haben kurzfristig unterstützt und Hilfestellung gegeben, indem unser Bereich Kultur und Öffentlichkeitsarbeit unter dem Slogan, Seid loyal, kauft lokal‘ eine Online-​Plattform installiert hat.“ Dort können Gastronomie, Geschäfte und Dienstleistungen immer noch auf ihre Angebote aufmerksam machen.
Unterstützung erhalten Stralsunder Händler auch, wenn sie selbst eine Online-​Plattform an den Start bringen wollen. So unterstützt die Stadt eine entsprechende Initiative des Mittelstandsvereins im Projekt „Beratungen zur Digitalisierung als Schlüssel zur Unternehmenssicherung in der Hansestadt Stralsund“. Seit dem 1. Juli 2021 sind laut Peter Fürst zwei Mitarbeiter dafür im Einsatz.
Auch die IHK zu Rostock unterstützt die Stralsunder Händler. So beteiligt sich die Kammer finanziell am Projekt „Digitalpate“ der Stralsunder Mittelstandsvereinigung. Über dieses bekommen Unternehmen Beratungsangebote zur Nutzung digitaler Vermarktungsmöglichkeiten.
Güstrows Bürgermeister Arne Schuldt sieht ebenfalls an erster Stelle Bedarf im Onlinebereich. Einzelhandelsunternehmen müssen qualifiziert werden im Bereich Online-​Shop, Social Media und technischen coronabedingten Lösungen, wie Luca App, Click and Collect, Click and Meet, betont er. In der Barlachstadt gibt es wie in Stralsund eine zentrale Onlineplattform für Einzelhändler, das „Virtuelle Schaufenster“. „Für Güstrow könnte die Anpassung der Internetplattform an den Bedarf der Einzelhändler und des Marktes eine geeignete Maßnahme sein“, so Schuldt.

Sondersteuerzonen, Mischnutzung, Lokale Initiativen

Die Gespräche machen aber auch deutlich: In beiden Städten ist man sich bewusst, dass die aktuellen Herausforderungen nicht nur digital, sondern auch analog angepackt werden müssen. In Stralsund gibt es zum Beispiel Überlegungen zu den generellen Nutzungsformen in der Innenstadt. Peter Fürst: „Vorstellbar für die Zukunft sind Mischnutzungen von insbesondere großen Flächen und Gebäuden. Lösungsansätze könnten sein: im Erdgeschoss Gastronomie und/oder Einzelhandel, im ersten Obergeschoss zum Beispiel eine Galerie, im zweiten Obergeschoss Coworking Spaces.“
Außerdem sei eine Markthalle mit regionalen Produkten und Kulturangeboten denkbar, führt Fürst weiter aus. Kultur könnte in der Hansestadt generell in diesem Kontext eine Rolle spielen, sagt der Amtsleiter. „Flächen der Altstadt könnten temporär zusätzlich aktiviert werden durch Konzerte, Kinovorstellungen oder Illuminationen, wie es sie schon beim Weihnachtsmarkt 2020 gab.“
Auch Arne Schuldt hat für seine Stadt weiterführende Maßnahmen im Kopf. Eine davon: die weitere Verbreitung der GüstrowCard. Mit der Treuekarte können Kunden in allen teilnehmenden Geschäften durch das Einkaufen Bonuspunkte sammeln, die dann eingelöst werden können. Anpassungsbedarf sieht der Bürgermeister zudem bei der steuerlichen Entlastung der Unternehmen. „Generell wäre es wünschenswert, die Innenstädte von kleinen und mittleren Kommunen zu, Sondersteuerzonen‘ zu entwickeln, zum Beispiel durch die Absenkung der Mehrwertsteuer für gehandelte Ware – wie bei der Absenkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie zur Bewältigung der Coronakrise.“

Enger Kontakt zwischen Handel und Verwaltung

Über die konkrete Situation der Branche tauschen sich beide Städte direkt mit den Einzelhändlern aus. In Stralsund läuft das über den Stadtmarketingverein, sagt Peter Fürst. „Seit September ist bei unserer Wirtschaftsförderung eine Stelle ausschließlich für Stadtmarketing eingerichtet und besetzt. Das wird die Intensivierung der Arbeit mit dem Verein und dem Einzelhandel ermöglichen.“
In Güstrow gibt es als Schnittstelle zwischen Unternehmern und Stadtverwaltung seit 2019 das Jahrestreffen der Arbeitsgemeinschaft Einzelhandel/Dienstleistungen. Durch die Corona-​Pandemie habe dieser Austausch allerdings nicht mehr stattgefunden, räumt Arne Schuldt ein. Kontakt zu den Einzelhändlern hat die Stadt aber dennoch: über die GüstrowCard Betreibergesellschaft.

Leerstand macht aktuelle Situation deutlich

Wie belastet stationäre Geschäfte konkret sind, fällt in beiden Städten unterschiedlich aus, wie ein Blick auf den aktuellen Leerstand zeigt. In Stralsund gebe es davon derzeit wenig, sagt Peter Fürst. Lediglich ein Objekt in Eins-​a-​Lage sei frei, weitere in Nebenlagen. „Eine Verstärkung durch die Pandemie sehen wir hier nicht“, betont der Amtsleiter.
Anders sieht es dagegen in Güstrow aus. Arne Schuldt: „Durch den Wandel im Handel, durch die Auswirkungen der Corona-​Pandemie sowie durch das Rentenalter vieler Geschäftsinhaber im Einzelhandel kommt es vor allem auch in der Güstrower Innenstadt zu verstärktem Leerstand.“ Prozentual ist der Leerstand laut Schuldt von 2019 bis 2020 von 16 auf 19 Prozent gestiegen. „Für 2021 wird die Erfassung im November durchgeführt. Es ist jedoch eine weitere Leerstandszunahme zu beobachten“, sagt Schuldt. 

Christina Milbrandt