Nr. 78021

Kündigung nach Krankmeldung kann zulässig sein

Eine Kündigung während der Probezeit kann auch zulässig sein, wenn sie zeitlich kurz nach einer Krankmeldung ausgesprochen wird. Dies hat das Hessische Landesarbeitsgericht klargestellt.
7. Juli 2025
Wenn eine Kündigung während der Probezeit aus nachvollziehbaren betrieblichen Gründen ausgesprochen wird, kann diese auch dann zulässig sein, wenn sie zeitlich kurz nach einer Krankmeldung ausgesprochen wird. Dies hat das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) hat mit Urteil vom 28. März 2025 klargestellt. Allein die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung führt nicht automatisch zu einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des Paragraf 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Der Arbeitnehmer befand sich in der Probezeit und erlitt einen Arbeitsunfall, in dessen Folge er arbeitsunfähig krankgeschrieben wurde. Zwei Tage nach Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sprach der Arbeitgeber die Kündigung aus. Der Arbeitnehmer machte geltend, die Kündigung stelle eine unzulässige Maßregelung gemäß Paragraf 612a BGB dar, da sie in engem zeitlichem Zusammenhang mit seiner Krankmeldung erfolgt sei.
Gemäß Paragraf 612a BGB darf ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht deshalb benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Hierzu zählt auch das Recht, im Falle der Arbeitsunfähigkeit der Arbeit fernzubleiben und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot kann daher grundsätzlich auch bei Kündigungen in Betracht kommen, die zeitlich mit einer Krankmeldung zusammenfallen.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Hessische LAG wiesen die Kündigungsschutzklage ab. Nach Auffassung des Gerichts lagen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor, dass die Kündigung wegen der Krankmeldung ausgesprochen worden sei.
Vielmehr ergaben sich aus dem Vortrag der Arbeitgeberin nachvollziehbare betriebliche Gründe: Der Kläger war – wie zwei weitere Kollegen – über eine spanische Vermittlungsagentur eingestellt worden. Die vermittelten Arbeitnehmer verfügten jedoch nicht über ausreichende Deutschkenntnisse und wiesen zudem unzureichende Qualifikationen als Fahrer auf. Es kam vermehrt zu Verkehrsunfällen, weshalb sich die Arbeitgeberin entschloss, sich von insgesamt drei der vier vermittelten Arbeitnehmer zu trennen. Die Kündigung des Klägers stellte daher keine isolierte Maßnahme dar, sondern war Teil einer generellen Personalentscheidung.
Das LAG stellte klar, dass während der sechsmonatigen Wartezeit des Paragraf 1 Abs. 1 Kündiungsschutzgesetz (KSchG) keine Kontrolle der sozialen Rechtfertigung der Kündigung erfolgt. In diesem Zeitraum genügt grundsätzlich bereits eine subjektive Unzufriedenheit des Arbeitgebers, sofern keine unzulässige Benachteiligung, etwa wegen der Krankmeldung, im Vordergrund steht. Solche Anhaltspunkte sah das Gericht hier nicht.
Der bloße Umstand, dass die Kündigung zeitlich nur zwei Tage nach Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgesprochen wurde, genügt nach Ansicht des Gerichts nicht, um eine unzulässige Maßregelung anzunehmen. Entscheidend bleibt stets, ob die Krankmeldung tatsächlich Anlass der Kündigung war. Dies konnte der Kläger im vorliegenden Fall nicht darlegen.
Quelle: LAG Hessen, Urteil vom 28. März 2025, Az. 10 SLa 916/24

Handelsregistereintrag bleibt - auch wenn er falsch ist

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Gesellschafter nicht die Löschung einer Handelsregistereintragung über die Auflösung seiner Gesellschaft verlangen können - selbst wenn die Eintragung nicht der tatsächlichen Beschlusslage entspricht.
30. Juni 2025
In dem verhandelten Fall war eine Gesellschafterin zu 36,4 Prozent an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) beteiligt. In der Gesellschafterversammlung stimmte sie gegen die Liquidation der Gesellschaft, während die Mehrheitsgesellschafterin dafür votierte. Grundsätzlich bedarf die beschlussweise Auflösung der Gesellschaft gemäß Paragraf 60 des Gesetzes der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) grundsätzlich einer Mehrheit von 3/4 der Stimmen. Im Protokoll hieß es, es gebe keine solche Mehrheit. Dennoch wurde die Auflösung der GmbH später im Handelsregister eingetragen.
Die Minderheitsgesellschafterin beantragte daraufhin die Löschung dieser Eintragung. Sie argumentierte, dass die Auflösung nicht wirksam beschlossen worden sei. Doch weder das Registergericht noch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gaben ihrem Antrag statt. Auch der BGH bestätigte die Entscheidung.
Der BGH stellte in seinem Urteil klar, dass eine fehlerhafte Eintragung im Handelsregister die subjektiven Rechte des Gesellschafters nicht verletzt. Die Eintragung sei deklaratorisch und könne Auswirkungen auf das Verhalten von Geschäftspartnern haben, stelle aber keinen direkten Eingriff in die Rechte des Gesellschafters dar.
Zwar könne die Gesellschafterin im Zivilrechtsweg geltend machen, dass die eingetragene Auflösung nicht wirksam beschlossen worden und eine Liquidation der Gesellschaft daher unzulässig sei. Grundlegende Bestimmungen zur Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen sind im GmbHG nicht enthalten, sodass hier auf die gesetzlichen Regelungen in den Paragrafen 241 fortfolgende Aktiengesetz (AktG) zurückgegriffen werden kann.
Eine Löschung der Eintragung im Handelsregister kann sie jedoch nicht verlangen.
Quelle: BGH, Beschluss vom 07.05.2025 - II ZB 15/24

Kündigungsbutton: Auch bei einmaliger Zahlungspflicht notwendig

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit in einem aktuellen Urteil eine verbraucherfreundliche Entscheidung zur Kündigung von Online-Abonnements getroffen. Auch bei Verträgen, die nur einmalig zu bezahlen sind und automatisch enden, ist künftig ein Kündigungsbutton erforderlich, sofern ein Dauerschuldverhältnis vorliegt.
17. Juni 2025
Geklagt hatte ein Verbraucherverband gegen den Versandhändler Otto. Dieser bot seinen Kunden das Vorteilsprogramm „Otto UP Plus“ an. Gegen Zahlung von einmalig 9,90 Euro konnten die Kunden ein Jahr lang kostenfreien Versand, Bonuspunkte und Rabatte in Anspruch nehmen. Nach Ablauf der zwölf Monate endete das Programm automatisch. Die Buchung erfolgte online über die Webseite des Anbieters.
Kern des Rechtsstreits war die Frage, ob für ein solches Angebot bereits die Pflicht zur Einrichtung eines Kündigungsbuttons nach Paragraf 312k Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) besteht. Nach dieser Vorschrift müssen Unternehmer im elektronischen Geschäftsverkehr bei bestimmten Dauerschuldverhältnissen einen klar erkennbaren Button zur Kündigung bereitstellen.
Während das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg als Vorinstanz einen engen Begriff des Dauerschuldverhältnisses zugrunde legte und lediglich auf die Pflichten des Verbrauchers abstellte, vertrat der BGH nun eine weitere Auffassung. Entscheidend seien die Verpflichtungen des Unternehmers. Da Otto über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg Leistungen erbringe – etwa in Form von Rabatten, Bonuspunkten und kostenlosem Versand – liege trotz Einmalzahlung ein Dauerschuldverhältnis vor.
Sowohl das OLG als auch der BGH stützen ihre Argumentation auf den Zweck des Paragraf 312k BGB: Verbraucher sollen vor sogenannten Kostenfallen geschützt werden. Das OLG sah diesen Schutz bei einmaligen Zahlungen als nicht erforderlich an, da der Verbraucher keine laufenden Zahlungsverpflichtungen eingehe. Der BGH hingegen betonte die praktische Benachteiligung des Verbrauchers im Online-Geschäft. Gerade im elektronischen Geschäftsverkehr könne die Kündigung durch unübersichtliche Webseiten erschwert werden. Der Kündigungsbutton solle dem Verbraucher daher eine einfache und transparente Kündigungsmöglichkeit bieten – unabhängig von der Zahlweise.
Zudem weist der BGH darauf hin, dass durch die erschwerte Kündigung der Verbraucher länger an den Vertrag gebunden bleiben könnte. Im Falle einer verspäteten Kündigung könnte dies sogar zu finanziellen Nachteilen führen, da er teilweise für bereits erbrachte Leistungen Ersatz leisten muss und sich der Rückzahlungsanspruch entsprechend mindert.
Otto muss künftig sicherstellen, dass bei der Buchung solcher Vorteilsprogramme ein klar erkennbarer Kündigungsbutton zur Verfügung steht. Zudem wurde das Unternehmen verpflichtet, dem klagenden Verbraucherverband 260 Euro Aufwendungsersatz zu zahlen. Grundlage der Klage war ein Unterlassungsanspruch nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG), das bei Verstößen gegen Verbraucherschutzvorschriften – wie hier Paragraf 312k BGB – eingreift und auch durch qualifizierte Verbände geltend gemacht werden kann.
Quelle: BGH, Urteil vom 22. Mai 2025 Az. I ZR 161/24

Kein Verzicht auf Mindesturlaub durch Vergleich

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern auch dann nicht verfallen, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen einer Vergleichsvereinbarung auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt und auf die Urlaubstage verzichtet haben.
17. Juni 2025
Im konkreten Fall war ein Arbeitnehmer, der als Betriebsleiter beschäftigt war, 2023 durchgehend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im April erkrankt. Im Rahmen des Vergleichs zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatten sich die Parteien auf eine Abfindung und einen "Urlaubsverzicht" geeinigt. Die Arbeitnehmerseite nahm die Vereinbarung unter Hinweis auf rechtliche Bedenken gegen die Regelung zum Urlaubsverzicht an.
Der Arbeitnehmer klagte daraufhin eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.615,11 Euro nebst Zinsen ein.
Das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht und entschied, dass der Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub unwirksam ist. Die Ansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub sowie auf Abgeltung von nicht genommenem Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses können nicht im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis durch einen Vergleich beendet wird und der Arbeitnehmer den Urlaub wegen Krankheit tatsächlich nicht nehmen konnte. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die offenen Urlaubstage finanziell abgelten.
Die Botschaft des BAG ist eindeutig: Der gesetzliche Mindesturlaub kann nicht wirksam ausgeschlossen werden - auch nicht durch eine einvernehmliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer.
Quelle: (BAG, Urteil vom 03.06.2025 - 9 AZR 104/24)

STEUERN | FINANZEN | MITTELSTAND

In den monatlichen News berichtet die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) über aktuelle Entwicklungen in der Steuerpolitik, des Steuerrechts (national und international) und der Haushaltspolitik – so auch in dieser Ausgabe, die einen kompakten Überblick über die Entwicklungen der vergangenen Wochen bietet.

Themenüberblick (5/2025)

Aktuelle Steuerpolitik und Steuerrecht

  • Beginn Gewerbesteuerpflicht bei Ein-Objekt-Personengesellschaft
  • BFH: atypische Beteiligung nicht organschaftsschädlich
  • Betriebsstätten begründen keine Arbeitgebereigenschaft i. S. v. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
  • Schenkung von Gesellschaftsanteilen zwecks Unternehmensnachfolge

Aktuelle Haushaltspolitik

  • Aktuelle Steuerschätzung prognostiziert langsameren Zuwachs bei den Einnahmen
  • Steuereinnahmen stiegen im März kräftig
  • Länderfinanzausgleich 2024 vorgelegt
  • Mehr Geld für die Rüstungsfinanzierung
  • Aufbau- und Resilienzfazilität keine geeignete Blaupause für MFR

Internationale und Europäische Steuerpolitik

  • EU-Mindeststeuer: Rat nimmt neue Amtshilferichtlinie an

Mittelstand

  • Innovative Startups beleben die Startup Szene
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse 2025

Nicht alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) haben den Euro als einheitliche Währung eingeführt. Daher kann es bei Geschäften mit Unternehmen einzelner EU-Länder notwendig sein, die Umsatzsteuer oder Vorsteuer in eine andere Währung umzurechnen. Die anzuwendenden Umsatzsteuer-Umrechnungskurse werden monatlich vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) festgelegt.
Die monatlich fortgeschriebene Tabelle mit den Euro-Referenzkursen für das Jahr 2025 steht auf der Website des Bundesfinanzministeriums zum Download zur Verfügung.
Bundesfinanzministerium: Umsatzsteuer-Umrechnungskurse
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Warnung vor Betrugsversuchen im Namen des Bundeszentralamt für Steuern

Aktuell kursieren vermehrt betrügerische E-Mails, die vorgeben, vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu stammen. Die Absenderadresse wirkt auf den ersten Blick offiziell. Wer sich jedoch täuschen lässt, riskiert finanzielle Schäden und die Preisgabe sensibler Daten.
13. Mai 2025
Derzeit sind betrügerische E-Mails im Umlauf. Empfänger erhalten Nachrichten von der Absender-Adresse „news@bzst-infos.de“, no_reply@online.bzst.de“ oder anderen gefälschten Adressen. Diese E-Mails enthalten PDF-Dokumente mit Zahlungsaufforderungen oder Zahlungserinnerungen wegen eines Ordnungsgeldverfahrens und fordern zur Überweisung auf.
Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) warnt eindringlich davor, Links oder Dateianhänge in verdächtigen E-Mails zu öffnen, den Anweisungen zu folgen oder geforderte Überweisungen zu tätigen. Zahlungsaufforderungen werden vom BZSt per Brief zugestellt, niemals per E-Mail. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Sie ausdrücklich einer Kontaktaufnahme per E-Mail zugestimmt haben.
Weitere Hinweise und Muster zu den falschen Schreiben veröffentlicht das BZSt auf seiner Website: BZSt - Homepage - Warnung vor Betrugsversuchen

Die Wirtschafts-Identifikationsnummer kommt

Seit November 2024 wird stufenweise jedem Unternehmen zur eindeutigen Identifizierung im Besteuerungsverfahren eine Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) zugewiesen. Neben ihrer Bedeutung für die Kommunikation mit der Finanzverwaltung dient die W-IdNr. bei der Nutzung zukünftiger digitaler Verwaltungsleistungen ebenfalls der Identifikation.
Das Bundeszentralamt für Steuern hat eine ausführliche Informationsseite eingerichtet, die auf alle Detailfragen rund um die Wirtschafts-Identifikationsnummer eingeht: Bundeszentralamt für Steuern – Wirtschafts-Identifikationsnummer

Was ist die Wirtschafts-Identifikationsnummer?

Jeder wirtschaftlich Tätige bekommt zur eindeutigen Identifizierung in Besteuerungs- und Verwaltungsverfahren vom Bundeszentralamt für Steuern eine Wirtschafts-Identifikationsnummer zugeteilt. Die W-IdNr. gilt zugleich als bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer nach dem Unternehmensbasisdatenregister.
Gewerbetreibende, Einzelkaufleute und Freiberufler erhalten neben der bereits vorhandenen Steuer-Identifikationsnummer zusätzlich eine W-IdNr. So soll klargestellt werden, dass der betriebliche Bereich von der privaten Sphäre zu trennen ist.
Die Wirtschafts-Identifikationsnummer wird den Unternehmen ohne Antragstellung entweder im Wege der öffentlichen Mitteilung oder elektronisch über das ELSTER-Benutzerkonto zugewiesen.

Was bringt Unternehmen die Wirtschafts-Identifikationsnummer?

Die W-IdNr. dient der eindeutigen Identifizierung des Unternehmens bei Finanzbehörden und anderen staatlichen Stellen. Sie wird die Kommunikation mit Behörden erleichtern und kann in Zukunft dazu beitragen, steuerliche Prozesse zu vereinfachen und zu automatisieren.
Das Bundeszentralamt für Steuern vergibt die W-IdNr. einmalig. Das bedeutet, dass die eindeutige Unternehmensnummer die gesamte Dauer der wirtschaftlichen Tätigkeit Bestand haben wird. Sie ändert sich nicht, auch nicht bei Adress- oder Namensänderungen.

Aufbau der Wirtschafts-Identifikationsnummer

Die W-IdNr. besteht aus den Buchstaben „DE“ sowie neun Ziffern, die in ihrem Aufbau der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) entsprechen.
Für die eindeutige Identifizierung wird jedem wirtschaftlich Tätigen zusätzlich für jede einzelne wirtschaftliche Tätigkeit ein nummerisches Unterscheidungsmerkmal zugeordnet – fortlaufend, beginnend mit 00001. Dabei ist jedes vergebene Unterscheidungsmerkmal mit einer Steuernummer verknüpft, mit welcher der Betrieb oder die Betriebsstätte beim zuständigen Finanzamt geführt wird.
Beispielsweise könnte eine W-IdNr. mit dem Unterscheidungsmerkmal 00001 wie folgt aussehen:
DE123456789-00001

Ersetzt die Wirtschafts-Identifikationsnummer vorhandene Identifikationsnummer?

Nein, die Wirtschafts-Identifikationsnummer ersetzt aktuell nicht die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) oder andere bestehende Identifikationsnummern. Sie wird parallel zu diesen verwendet, soll jedoch perspektivisch dazu beitragen, andere Nummern zu ersetzen. Aufgrund der stufenweise Vergabe der W-IdNr. ist bis zum 31. Dezember 2026 die Angabe der W-IdNr. in den elektronischen Steuererklärungsvordrucken nicht verpflichtend. Die Steuererklärungen sind bis dahin wie gewohnt mit der Steuernummer abzugeben.

Wann erhalten Unternehmen die Wirtschafts-Identifikationsnummer?

Die Zuteilung der Wirtschafts-Identifikationsnummer erfolgt seit November 2024 automatisch durch das Bundeszentralamt für Steuern. Bis voraussichtlich 2026 sollen alle wirtschaftlich Tätigen diese erhalten. Es ist kein gesonderter Antrag erforderlich.

Müssen Gründer die Wirtschafts-Identifikationsnummer separat beantragen?

Die W-IdNr. wird bei einer Neugründung im Rahmen des steuerlichen Erfassungsverfahrens (ELSTER.de) automatisch vom Bundeszentralamt für Steuern vergeben. Gründer müssen somit diese Nummer nicht separat beantragen.

Das Bundeszentralamt für Steuern informiert

Das Bundeszentralamt für Steuern hat eine ausführliche Informationsseite eingerichtet, die auf alle Detailfragen rund um die Wirtschafts-Identifikationsnummer eingeht: Bundeszentralamt für Steuern – Wirtschafts-Identifikationsnummer
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Auch können sie eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Erneut Phishing-Mails im Umlauf

Eine vermeintliche IHK mit dem Absender „info@wevapp.com” fordert die Empfänger auf, ihre Unternehmensdaten zu aktualisieren. Klicken Sie den Link in der Mail nicht an - auch hier handelt es sich um einen Betrugsversuch, der zur Ausspähung Ihrer Daten dient.
2. April 2025
Wie bereits bei früheren Phishing-Kampagnen versuchen die Angreifer, Daten von Mitgliedsunternehmen der IHKs zu erschleichen. Dazu geben sie sich als vermeintliche IHK aus und schreiben per E-Mail oder SMS Mitgliedsunternehmen an.
Es kursieren immer neue Ansätze, mit denen den Unternehmen Daten entlockt werden sollen: sollen: Aktuell informiert eine vermeintliche IHK mit dem Absender „info@wevapp.com” die Empfänger ihrer Mail mit dem Betreff „Letzte dringende Aufforderung Aktualisieren Sie Ihre Unternehmensdaten innerhalb von 24 Stunden” darüber, dass eine unverzügliche Aktualisierung der Unternehmensdaten notwendig sei. Dies könne jetzt über einen mitgelieferten Link erfolgen – einen Link, den Sie bitte keinesfalls anklicken! Auch hier handelt es sich um einen Betrugsversuch, der zur Ausspähung Ihrer Daten dient.
Achtung:
Sollten Sie bereits auf den Link geklickt und Ihre Daten angegeben haben, dann werden die Betrüger in den nächsten Tagen möglicherweise versuchen, Sie telefonisch zu erreichen. Dabei geben diese vor, von Ihrer Bank anzurufen, teilweise wird dabei die tatsächliche Rufnummer der Bank angezeigt. Im Verlauf des Telefonats wird nach den Konto-Zugangsdaten gefragt und umgehend Geld abgebucht. Bei einem solchen Anruf sollten Sie daher niemals Konto-Zugangsdaten preisgeben. Banken fragen niemals telefonisch nach sicherheitsbezogenen Daten (PIN, TAN, etc...)!
Die Betreffzeilen sowie Inhalte der E-Mails und verwendeten Links können jeweils variieren, haben jedoch immer das Ziel, die Unternehmen zu einer Dateneingabe aufzufordern. Die so erlangten Daten haben Angreifer in der Vergangenheit für Social-Engineering und weitere Betrugsversuche verwendet. Derartige Phishing-Angriffe sind ein dauerhaftes Phänomen, das sowohl die IHK-Organisation als auch weitere Organisationen und Unternehmen betrifft.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer informiert auf ihrer Website über weitere Maschen zum Datenklau. Sollten Sie den Verdacht auf Phishing-Aktivitäten im Namen der IHK Darmstadt haben, melden Sie sich gerne bei uns. Wir leiten Ihre Hinweise direkt weiter, damit die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden können.

Wann endet eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)?

Der Bundesgerichtshof musste entscheiden, ob das Vermögen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters auf den letzten verbleibenden Gesellschafter übergeht. Entscheidend für diese Frage war seine Auslegung der Fortführungsklausel des Gesellschaftervertrags - also der Zeitpunkt der Beendigung der GbR.
10. Januar 2025
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 29. Oktober 2024 die Frage zur Auslegung einer Fortführungsklausel im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) getroffen. Gegenstand der Entscheidung war die Frage, ob das Vermögen einer GbR nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters auf den letzten verbleibenden Gesellschafter übergeht.
Der Kläger und ein sogenannter Streithelfer hatten eine Anwaltssozietät in Form einer GbR gegründet. Der Gesellschaftsvertrag enthielt eine Fortführungsklausel, welche regelt, dass die Sozietät nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters von den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt werden soll, sofern mindestens zwei Gesellschafter verbleiben.
Im Jahr 2016 kündigte der Streithelfer die Sozietät zum Ende des Jahres 2017. Kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist widerrief er die Alleinverfügungsberechtigung des Klägers über die Sozietätkonten bei der beklagten Bank. Der Kläger forderte daraufhin die Bank auf, die Konten auf ihn als alleinigen Verfügungsberechtigten und Gesamtrechtsnachfolger der GbR umzuschreiben. Die Bank lehnte dies ab, woraufhin der Kläger gerichtlich gegen die Bank und den Streithelfer vorging.
Das Landgericht wies die Klage ab, während das Kammergericht dem Kläger teilweise Recht gab und feststellte, dass er Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft sei. Gegen dieses Urteil wandten sich sowohl der Streithelfer als auch die Bank in Revision. Der BGH hob das Urteil des Kammergerichts auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück.
Der BGH stellt klar, dass die Auslegung des Kammergerichts nicht den anerkannten Auslegungsregelungen entsprach. Die Fortführungsklausel des Gesellschaftsvertrages setzt für die Fortführung der GbR nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters voraus, dass mindestens zwei Gesellschafter verbleiben. Diese Regelung ist eindeutig und schließt die Fortsetzung der Gesellschaft durch nur einen Gesellschafter aus. Die in dieser Klausel geregelte Rechtsfolge, wonach er Anteil des ausscheidenden Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern zufällt, könne nicht isoliert betrachtet werden. Sie setzt eine Fortsetzung durch mindestens zwei Gesellschafter voraus.
Der BGH betonte jedoch, dass selbst ein klarer Wortlaut nicht die Auslegung anhand der Gesamtumstände ausschließt. Zu prüfen sei daher, ob die Vertragsparteien bei der Vertragsanbahnung andere Absprachen getroffen haben, die eine abweichende Auslegung rechtfertigen könnten. Solche Feststellungen hatte das Kammergericht bislang nicht getroffen, weshalb die Sache zurückverwiesen wurde.
Der BGH stellt somit klar, dass eine GbR nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters in der Regel endet, sofern keine abweichende Regelung getroffen wurde.
Das Kammergericht muss nun klären, ob besondere Umstände oder Vereinbarungen vorlagen, die eine andere Auslegung der Fortführungsklausel rechtfertigen.
Quelle: BGH, Urteil vom 29. Oktober 2024 (Az. II ZR 222/21)

Erneut Phishing-Mails im Umlauf

Der technische Dienstleister der IHK-Organisation, die IHK-GfI, warnt erneut vor verstärkten Phishing-Attacken gegen IHK-Mitgliedsunternehmen. Bitte seien Sie wachsam, wenn Sie im Namen einer IHK per Mail aufgefordert werden, Ihre Daten preiszugeben und melden Sie Verdachtsfälle, damit die Angreifer schnell gestoppt werden können.
8. Januar 2024
Wie bereits bei früheren Phishing-Kampagnen versuchen die Angreifer, Daten von Mitgliedsunternehmen der IHKs zu erschleichen. Dazu geben sie sich als vermeintliche IHK aus – in den aktuell gemeldeten Fällen vornehmlich als die IHK Berlin – und schreiben per E-Mail Mitgliedsunternehmen an. In den E-Mails fordern sie diese zu einer angeblich erforderlichen Aktualisierung ihrer jeweiligen Firmendaten auf und verweisen dazu auf eine eigens angelegte Website. Mit Klick auf den in der E-Mail platzierten Link gelangen Mitgliedsunternehmen auf ein Webformular, das dem Design der IHK24-Websites ähnelt. Dort sollen sie Unternehmensdaten wie beispielsweise die Firmenanschrift und die Bankverbindung angeben.
Die Betreffzeilen sowie Inhalte der E-Mails und verwendeten Links können jeweils variieren, haben jedoch immer das Ziel, die Unternehmen zu einer Dateneingabe aufzufordern. Die so erlangten Daten haben Angreifer in der Vergangenheit für Social-Engineering und weitere Betrugsversuche verwendet. Derartige Phishing-Angriffe sind ein dauerhaftes Phänomen, das sowohl die IHK-Organisation als auch weitere Organisationen und Unternehmen betrifft.
Die IHK-GfI hat die bislang bekannten Betrugsseiten beim zuständigen Registrar sowie Hoster und weiteren Diensten bereits gemeldet. Üblicherweise werden die Seiten durch solche Hinweise innerhalb weniger Tage gesperrt. Wir empfehlen weiterhin erhöhte Wachsamkeit. Die Angreifer können mitunter schnell neue Websites/Domains für weitere Phishing-Versuche aufsetzen.
Sollten Sie den Verdacht auf Phishing-Aktivitäten im Namen der IHK Darmstadt haben, melden Sie sich gerne bei uns. Wir leiten Ihre Hinweise direkt weiter an die IHK-GfI, damit die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden können.

Europäische Kleinunternehmerregelung ab 2025

Zum Jahreswechsel 2024 / 2025 setzt Deutschland weitere EU-Vorgaben für die Kleinunternehmerregelung um. Neu ist, dass Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die nationalen Kleinunternehmerregelungen der jeweiligen EU-Mitgliedstaaten nutzen können.
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) wurden die neuen Vorgaben des EU-Rechts zur Kleinunternehmerregelung in deutsches Recht übernommen. Bisher konnten Unternehmen nur in ihrem eigenen Mitgliedsstaat die Kleinunternehmerregelung (Paragraf 19 Umsatzsteuergesetz) nutzen. Wollten sie international tätig sein, hatten sie sich im Ausland mit komplexen umsatzsteuerlichen Problemen und Fragestellungen zu beschäftigen. Die neue Europäische-Kleinunternehmerregelung (EU-KU-Regelung) soll dies vereinfachen. Nun können deutsche Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Kleinunternehmerregelungen anderer Mitgliedstaaten nutzen, im Gegenzug wenden auch Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten die deutschen Regelungen an.

KMU-Webportal für die grenzüberschreitende Kleinunternehmerregelung

Ein erstes Informationsportal zu den neuen EU-KU-Regeln wurde von der EU-Kommission bereits eingerichtet. Hier sind weitere Erläuterungen zur Anwendung der EU-weiten Vorgaben zu finden.
Europäische Kommission: Informationsportal EU-KU-Regelungen
Hinweis: Das Portal befindet sich aktuell noch im Aufbau und liefert lediglich erste Informationen bzw. Leitfäden, überwiegend in englischer Sprache. Die EU-Kommission hat aber angekündigt, Fassungen in den Sprachen aller Mitgliedstaaten bereitstellen zu wollen. In den kommenden Wochen soll das Portal um Informationen über die KMU-bezogenen nationalen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten ergänzt werden und den Zugang zu einem Simulator ermöglichen.

Registrierung und Abmeldung in Deutschland für die EU-KU-Regelung

Beabsichtigt ein deutsches Unternehmen in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, muss es vorab seine Teilnahme an den EU-KU-Regelungen auf elektronischem Weg beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) beantragen und erhält im Gegenzug eine KU-IdNr.
Die Antragstellung in Deutschland erfolgt ausschließlich über das Onlineportal des Bundeszentralamt für Steuern: BZSt-Onlineportal
Im Antragsprozess können sich Unternehmen sowohl für die EU-KU-Regelung registrieren als auch auswählen, in welchen EU-Mitgliedstaaten die nationale Regelung in Anspruch genommen werden soll.
Weitergehende Informationen zur Registrierung sind auf der Website des Bundeszentralamt für Steuern veröffentlicht.
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Kleinunternehmer vom Versand der E-Rechnung befreit

Am 22. November 2024 hat der Bundesrat das Jahressteuergesetz 2024 verabschiedet. Eine wichtige Änderung ist die Rücknahme der ursprünglich geplanten Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen für Kleinunternehmer.
Die Neuregelung durch das Jahressteuergesetz stellt zum Jahreswechsel die Umsätze von inländischen Kleinunternehmern (gemäß Paragraf 19 Umsatzsteuergesetz) steuerfrei. Bisher wurde die fällige Umsatzsteuer lediglich nicht erhoben. Das bedeutet, dass Kleinunternehmer auch in Zukunft keine E-Rechnungen im neuen elektronischen Format (EN 16931) ausstellen müssen. Sie können weiterhin eine Rechnung im Papierformat oder in einem anderen elektronischen Format (beispielsweise PDF) an Geschäftspartner verschicken - also eine sogenannte “Sonstige Rechnung” im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.
Achtung: Die Empfangspflicht für E-Rechnungen in dem neuen elektronischen Format bleibt auch für Kleinunternehmer*innen weiterhin bestehen.
Weitere Informationen und Checklisten rund um die E-Rechnungspflicht: Ab 2025 müssen alle Unternehmen E-Rechnungen empfangen
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Neue nationale Regelungen für Kleinunternehmer ab 2025

Ab dem 1. Januar 2025 ändern sich die Bedingungen für die umsatzsteuerrechtliche Kleinunternehmereigenschaft in Deutschland. Zudem wird es innerhalb der Europäischen Union erstmals auch eine grenzüberschreitende Kleinunternehmerbesteuerung (EU-KU-Regelung) geben.
Hinweis: Über die neue EU-KU-Regelung informieren wir gesondert: Europäische-Kleinunternehmerregelung (EU-KU-Regelung)

Bisherige Kleinunternehmerregelung (bis 31. Dezember 2024)

Bis zum Jahreswechsel 2024 / 2025 wurde die Umsatzsteuer für nationale Umsätze von inländischen Kleinunternehmern nicht erhoben. Um von dieser Erleichterung Gebrauch zu machen, durfte der Vorjahresumsatz die Grenze von 22.000 Euro nicht überschritten haben und der Gesamtumsatz des laufenden Jahres den Betrag von 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen. Hierbei handelte es sich um Brutto-Grenzen. Wurde die Kleinunternehmereigenschaft gewählt, konnte im Gegenzug das Recht auf Vorsteuerabzug nicht in Anspruch genommen werden.

Neuregelungen für Kleinunternehmer in Deutschland (ab 1. Januar 2025)

  • Die Kleinunternehmereigenschaft liegt ab 2025 vor, wenn der Gesamtumsatz des Unternehmens im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 25.000 Euro (alt 22.000 Euro) betragen hat und im laufenden Jahr so lange, bis der Gesamtumsatz die Grenze von 100.000 Euro überschritten hat.
    Damit kommt es unmittelbar (unterjährig) zu einem Wechsel von der Kleinunternehmerbesteuerung hin zur Regelbesteuerung, wenn die Umsatzgrenze von 100.000 Euro überschritten wurde.
  • Im Unterschied zu den bisherigen Regelungen (Brutto-Grenze) handelt es sich bei den neuen Umsatzgrenzen um Netto-Grenzen.
  • Zudem wird auf das Erheben der Umsatzsteuer nun nicht mehr verzichtet, sondern die Umsätze sind umsatzsteuerbefreit (ohne das Recht auf Vorsteuerabzug).
  • Die Befreiung von der Umsatzsteuer führt dazu, dass Kleinunternehmer keine E-Rechnung (EN 16931) ausstellen müssen. Es können weiterhin Rechnungen im Papierformat oder in einem anderen elektronischen Format (beispielsweise PDF) an Geschäftspartner verschickt werden - also eine sogenannte “Sonstige Rechnung” im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.
Wichtig: Die Empfangspflicht für E-Rechnungen (EN 16931) bleibt weiterhin bestehen.
  • Kleinunternehmer sind grundsätzlich nicht mehr verpflichtet, Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahressteuererklärungen abzugeben, können aber von der Finanzverwaltung dazu aufgefordert werden.
  • Bei Unternehmensgründungen starten alle "Neugründer" erst einmal als Kleinunternehmer. Jedoch können Kleinunternehmer / Neugründer (wie bisher auch) auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichten, beispielsweise im Elster-Portal der Finanzverwaltung mit dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung. Die Entscheidung für die Regelbesteuerung und gegen die Anwendung der Kleinunternehmereigenschaft ist jedoch für 5 Kalenderjahre bindend.
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Weihnachtsfrieden 2024 der hessischen Finanzämter

Auch in diesem Jahr achten die hessischen Finanzämter den Weihnachtsfrieden und verzichten vom 20. bis 31. Dezember 2024, mit wenigen Ausnahmen, auf belastende Maßnahmen, um zu unbeschwerten Festtagen beizutragen.
Im Zeitraum des Weihnachtsfriedens werden die hessischen Finanzämter (bis auf Ausnahmen) …
  1. keine Steuern oder andere Abgaben anmahnen,
  2. Zwangsgelder weder androhen noch festsetzen,
  3. Steuerpflichtige nicht zum Finanzamt vorladen,
  4. Vollstreckungshandlungen unterlassen,
  5. keine Außenprüfungshandlungen vornehmen und
  6. in Steuer- und Bußgeldverfahren …
    a. die Einleitung eines Steuerstraf- und Bußgeldverfahrens dem oder der Steuerpflichtigen nicht bekannt geben,
    b. Steuerpflichtige nicht zur Vernehmung oder Anhörung vorladen,
    c. keine Bußgeldbescheide zustellen und
    d. Vollstreckungsmaßnahmen in Bußgeldsachen unterlassen.
Hessisches Finanzministerium: Pressemitteilung
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuerberater oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Auslandsreisepauschalen ab 1. Januar 2025

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2024 veröffentlicht das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten für beruflich und betrieblich veranlasste Auslandsdienstreisen ab 1. Januar 2025.
Durch Hervorhebungen (im Fettdruck) werden Änderungen gegenüber den Pauschalen vom 1. Januar 2024 verdeutlicht.

Kaufkraftzuschläge zum 1. Januar 2025

Das Auswärtige Amt hat für einige Dienstorte die Kaufkraftzuschläge neu festgesetzt. Die entsprechend ergänzte Gesamtübersicht (für den Zeitraum ab 1. Januar 2020) wurde vom Bundesfinanzministerium nunmehr mit Stand zum 1. Januar 2025 bekanntgegeben.
Arbeitgeber (der Privatwirtschaft) können ihren Mitarbeitern, die sie zeitweise ins Ausland entsenden, zum Ausgleich der höheren Lebenshaltungskosten im Ausland zusätzlich zum Arbeitslohn einen sog. Kaufkraftausgleich zahlen. Dieser ist unter den Voraussetzungen der Regelungen des Einkommensteuergesetzes und bis zu bestimmten Grenzen – ‎beim Arbeitnehmer steuerfrei. Die insofern maßgebenden Kaufkraftzuschläge für die einzelnen Länder werden vierteljährlich als Gesamtübersicht veröffentlicht.‎
Der Zuschlag bezieht sich, sofern nicht andere Zuschläge festgesetzt sind, jeweils auf den gesamten konsularischen Amtsbezirk einer Vertretung. Informationen zu den konsularischen Amtsbezirken der Vertretungen sind veröffentlicht unter www.auswaertiges-amt.de.
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater.‎

Gesellschafterversammlung: Unwirksame Einladung macht Beschlüsse nichtig

Wenn eine Person, die dazu nicht berechtigt ist, eine Gesellschafterversammlung einberuft, sind die Beschlüsse nichtig, die dort gefasst wurden. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
19. September 2024
Im zugrunde liegenden Fall wurde eine Gesellschafterversammlung einer Partnerschaftsgesellschaft von einer Person einberufen, die nach dem Gesellschaftsvertrag nicht dazu berechtigt war. In der Versammlung wurden mehrere weitreichende Beschlüsse gefasst, unter anderem die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Bestellung eines neuen Partners. Ein nicht anwesender Gesellschafter erhob Klage gegen die Wirksamkeit der Beschlüsse, mit der Begründung, dass die Einladung zur Versammlung unwirksam sei.
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Einberufung einer Gesellschafterversammlung durch eine Person, die hierzu nicht befugt ist, die formalen Voraussetzungen des Gesellschaftsrechts verletzt. Dies führt zur Nichtigkeit der Einladung und in der Folge auch der in der Versammlung gefassten Beschlüsse. Nach Auffassung des Gerichts ist eine ordnungsgemäße Einberufung der Gesellschafterversammlung eine zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit der dort gefassten Beschlüsse.
Der BGH betonte, dass der Schutz der Rechte aller Gesellschafter, insbesondere ihr Recht auf ordnungsgemäße Teilnahme und Mitwirkung, durch die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben zur Einberufung gewährleistet wird.
Das Urteil des BGH verdeutlicht die Wichtigkeit einer ordnungsgemäßen Einberufung der Gesellschafterversammlung, da diese Voraussetzung für die Wirksamkeit aller dort gefassten Beschlüsse ist. Für die Praxis bedeutet dies, dass Gesellschaften, insbesondere Partnerschaftsgesellschaften, sicherstellen müssen, dass ihre Einladungen stets den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entsprechen. Bei Verstößen gegen diese Vorgaben besteht das Risiko, dass die gefassten Beschlüsse gerichtlich angefochten und für unwirksam erklärt werden.
Quelle: BGH, Urteil vom 16. Juli 2024 – II ZR 100/23

Schutzverband warnt vor Adressbuchschwindel aus den USA

Wenn auch Sie von der „Digi Medien GmbH” aus Wilmington, USA, beziehungsweise der „Weko Media LLC” aus Albuquerque, USA, ein Formular erhalten haben, in dem Sie die vorgedruckten Unternehmensdaten bestätigen oder ändern sollen, ignorieren Sie dieses besser. Es handelt sich hierbei um einen Offerten-Betrug.
10. September 2024
Der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität warnt vor einem aktuell kursierenden Adressbuchschwindel durch amerikanische Anbieter. Die betroffenen Unternehmen sollen ihre Firmendaten in einem Formular überprüfen und dieses dann unterschrieben zurücksenden. Dass sie damit einen Auftrag erteilen könnten, erkennen sie meistens nicht.
Nach Auffassung der Anbieter kommt durch das Bestätigen der Firmendaten jedoch ein teurer Vertrag über einen Eintrag in ein Branchenbuch zustande. Für Unternehmen, die ein solches Formular unterschrieben zurückgesendet haben, ist die Empfehlung des Schutzverbandes, den vermeintlichen Vertrag anzufechten.

Ausstellung von elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen für Kalenderjahre ab 2025

Das Bundesfinanzministerium (BMF) äußert sich in seinem aktuellen Schreiben zur Ausstellung von elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen sowie zur Ausstellung von Besonderen Lohnsteuerbescheinigungen ohne maschinelle Lohnabrechnung durch den Arbeitgeber für die Kalenderjahre ab 2025.
Hintergrund: Nach Abschluss des Lohnkontos muss der Arbeitgeber für jeden Arbeitnehmer bis zum letzten Tag des Monats Februar des folgenden Jahres aus den Aufzeichnungen des jeweiligen Lohnkontos eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung an die zuständige Finanzbehörde übermitteln. Diese Übermittlung erfolgt nach einem amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung über die bestimmte Schnittstelle. Das hierfür erforderliche Zertifikat für die Authentifizierung kann einmalig auf der Internetseite www.elster.de beantragt werden. Ohne diese Authentifizierung ist eine elektronische Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung nicht möglich.
Weiterführende Informationen: BMF-Schreiben vom 5. September 2024. Die Änderungen gegenüber 2019 sind durch Fett- und Kursivdruck hervorgehoben.
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein Service für die Mitgliedsunternehmen. Sie bieten lediglich erste Orientierungshilfen und ‎erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Trotz sorgfältiger Erstellung kann keine Haftung für die inhaltliche Korrektheit übernommen. Eine individuelle Beratung, etwa durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Unternehmensberater, kann dadurch nicht ersetzt werden.

Erneut Phishing-Mails im Umlauf

Seit Anfang Juli sind vermehrt Phishing-Mails im Umlauf, die fälschlicherweise im Namen der IHK von der angeblichen Mitarbeiterin „Kim Verstappe“ versendet werden. Im Titel wird mit einer vermeintlichen „letzten Mahnung“ gedroht.
4. Juli 2024
Die Mails behaupten irrtümlicherweise, dass eine Frist bis zum 1. Juli bestanden habe, innerhalb derer alle Mitglieder verpflichtet waren, ihre Kontaktdaten zu aktualisieren. Die Absender dieser Mail versuchen mit einer "maximalen Verwaltungsstrafe für Verstöße gegen die Regeln des Unternehmensregisters" von bis zu 2.500 Euro einzuschüchtern.
Diese Nachricht wurde nicht von der IHK versendet und verfolgt betrügerische Absichten. Wir empfehlen dringend, den Button "Daten aktualisieren" zu ignorieren und die E-Mail sofort zu löschen. Um sicherzugehen, ob eine Mail tatsächlich von Ihrer IHK stammt, prüfen Sie bitte sorgfältig die Absender-Adresse (die @-Mailadresse), den Inhalt und die angegebenen Kontaktdaten. Sollten Sie Zweifel haben, zögern Sie nicht, sich mit uns in Verbindung zu setzen.
Weitere Informationen zu den Vorfällen mit Phishing-Mails finden Sie im Ticker der DIHK.
Tipp: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat auf seiner Webseite “Wie erkenne ich Phishing-Mails und -Webseiten?” hilfreiche Hinweise zu diesem Thema zusammengestellt.

Cannabis am Arbeitsplatz: Das sollten Sie wissen!

Seit dem ersten April dürfen Menschen ab 18 Jahren in begrenzten Mengen Cannabis in der Öffentlichkeit an bestimmten Orten konsumieren und mit sich führen. Die neuen Regelungen können sich auf den Arbeitsplatz auswirken. Was Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dazu wissen sollten, lesen Sie hier.
24. April 2024
Am 1. April 2024 ist das sogenannte das Cannabisgesetz in Kraft getreten. Menschen ab 18 Jahren dürfen bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich führen und dieses an bestimmten Orten auch öffentlich konsumieren. Nach Paragraph 5 des Gesetzes zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG) sind lediglich einige Orte wie in Gegenwart minderjähriger Personen, in Fußgängerzonen oder Schulen als Ausnahmen benannt. Die Neuerungen wirken sich auch auf den Arbeitsplatz aus und können für Arbeitgeber eine Herausforderung bedeuten. Ausdrückliche Regelungen in Bezug auf den Konsum auf und während der Arbeitszeit trifft das Gesetz jedoch nicht.
Arbeitgeber müssen sich deshalb Regelungen überlegen, wie mit dem legalen Konsum während der Arbeitszeit umgegangen werden soll. Dies ist gerade im Hinblick auf Unfälle im Betrieb und hinsichtlich des Versicherungsschutzes notwendig. Der Arbeitgeber hat auf dem Betriebsgelände ein sogenanntes Direktionsrecht nach Paragraf 106 der Gewerbeordnung (GewO). Das Direktionsrecht oder auch Weisungsrecht ist das Recht des Arbeitgebers, die Art, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu bestimmen. Diesen Anweisungen muss der Arbeitnehmer auch folgen. Durch einen Aushang oder eine Mitteilung an die Mitarbeiter können also Regelungen getroffen werden. Diese sollten auch entsprechend geschult und sensibilisiert werden.
Das Verbot des Cannabiskonsums betrifft das Ordnungsverhalten im Betrieb, weshalb der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach Paragraph 87 Absatz 1 Nummer 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat. Verstoßen Mitarbeiter dann gegen das Verbot, droht ihnen eine Abmahnung bis hin zur Kündigung.
Den Mitarbeitern kann der private Drogenkonsum nicht verboten werden. Wenn dieser allerdings unter Cannabiseinfluss zur Arbeit kommt, kann dies schon nach bisheriger Rechtslage, auch ohne ein betriebliches Cannabisverbot, eine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigen. Beschäftigte dürfen nicht unter Drogeneinfluss arbeiten und können deshalb auch von der Arbeit ausgeschlossen werden. Der Arbeitgeber hat einen Anspruch auf die volle unbeeinträchtigte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Wird der Arbeitnehmer nach Hause geschickt, so hat dieser keinen Anspruch auf seinen Lohn. Der Arbeitgeber sollte Verdachtsfälle im Vorfeld ausreichend dokumentieren und Führungskräfte oder Schichtleiter schulen, da diese erkennen können sollten, ob Mitarbeiter arbeitsfähig sind. Drogentests sind dabei nur freiwillig. Der Arbeitgeber kann diese nicht ohne Einwilligung des Arbeitnehmers durchführen und braucht hierfür auch ein zusätzlich berechtigtes Interesse, falls der Arbeitnehmer zustimmt. Beispielsweise kann die Arbeit bei gefährlichen Tätigkeiten, wie die Arbeit an Maschinen, ein solches Interesse bejahen.
Im Ergebnis ist der Cannabiskonsum mit dem Alkoholkonsum im Betrieb vergleichbar und arbeitsrechtlich nicht anders zu bewerten. Durch Betriebsvereinbarungen kann ein absolutes Drogenverbot geregelt werden.
Weitere Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz auf der Seite des Bundesministeriums für Gesundheit: Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz - BMG (bundesgesundheitsministerium.de)

Alle Unternehmen müssen E-Rechnungen empfangen können

Seit dem 1. Januar 2025 ist die elektronische Rechnung (E-Rechnung) im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (B2B) in Deutschland verpflichtend. Die gesetzliche Grundlage wurde im März 2024 mit der Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes gelegt.
FAQ zur Umsetzung der E-Rechnung
Das Bundesministerium der Finanzen stellt eine Liste zu häufig gestellten Fragen rund um die Einführung der E-Rechnungspflicht zur Verfügung:
FAQ (BMF) zur Einführung der obligatorischen (verpflichtenden) E-Rechnung zum 1. Januar 2025
E-Rechnungen kostenfrei sichtbar machen
Die Finanzverwaltung reagiert auf die Forderung der Wirtschaft und veröffentlicht ein neues Tool zur Visualisierung von E-Rechnungen. Der Viewer ist über das Onlineportal der Finanzverwaltung unter ELSTER.de erreichbar. Mit dem kostenfreien Online-Tool können E-Rechnungen im XML-Format nach dem Upload sichtbar gemacht werden.
Erleichterungen für Kleinunternehmer (Paragraf 19 Umsatzsteuergesetz)
Durch das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) wurden mit Wirkung zum 1. Januar 2025 Kleinunternehmer ausdrücklich von der Ausstellung von E-Rechnungen befreit. WICHTIG: Die Empfangspflicht für E-Rechnungen ab 1. Januar 2025 bleibt bestehen.

Warum eine verpflichtende E-Rechnung für Unternehmen?

Mit dem Beschluss für das Wachstumschancengesetz (27. März 2024; BGBl I 2024 Nr. 108) hat der Gesetzgeber die Einführung der E-Rechnung beschlossen. Deutschland folgt damit dem Beispiel anderer EU-Mitgliedstaaten sowie einiger Drittländer, die eine E-Rechnung bereits zum Standard für Abrechnungen im Geschäftsverkehr machen.
Im Rahmen der ViDA-Initiative der Europäischen Kommission ist zusätzlich die Einführung eines elektronischen Meldesystems (Umsatzsteuer) geplant, das aus den Daten der E-Rechnung gespeist wird. Als vorbereitende Maßnahme wurde zunächst die E-Rechnung eingeführt. Im nächsten Schritt sollen sowohl das nationale als auch das EU-weite Meldesystem implementiert werden. Der Zeitplan der EU sieht die Umsetzung des Meldesystems bis zum Jahr 2028 vor, mittlerweile ist allerdings eine Verschiebung auf 2030 beziehungsweise 2032 in der Diskussion. Nach derzeitigem Stand ist der Start des deutschen Meldesystems nicht vor der Umsetzung der europäischen Lösung angedacht.

Was hat sich geändert?

Zunächst einmal muss man sich an neue Begriffsdefinitionen gewöhnen: Seit 1. Januar 2025 unterscheidet man nur noch zwischen elektronischen Rechnungen (in der Gesetzesbegründung auch als E-Rechnungen bezeichnet) und sonstigen Rechnungen.

Die elektronische Rechnung

Eine elektronische Rechnung (E-Rechnung) ist eine Rechnung, die in einem vorgegebenen strukturierten elektronischen Daten-Format im Sinne der europäischen Normenreihe EN 16931 ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht – eine Rechnung im PDF-Format sowie andere nicht nach der genannten Norm strukturierte Formate wie beispielsweise “.tif”, “.jpeg”, “.docx” eignen sich zwar für eine digitale, bildhafte Darstellung der Rechnung, erfüllen aber nicht die Anforderungen an die automatisierte Weiterverarbeitung.
Das strukturierte elektronische Daten-Format muss also verbindlich der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen entsprechen (CEN-Norm EN 16931). Erfüllt werden die Formatanforderungen aktuell zum Beispiel von der XRechnung, die unter anderem im öffentlichen Auftragswesen bereits zum Einsatz kommt, oder dem hybriden ZUGFeRD-Format, einer Kombination aus PDF-Dokument und XML-Datei. Gleichwohl sind weitere Formate, wie beispielsweise die „französische“ Factur-X – zulässig, wenn sie die technischen Anforderungen der CEN-Norm EN 16931 umsetzen.
Ein technisches Detail für Spezialisten: Das strukturierte elektronische Daten-Format der elektronischen Rechnung wird zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger vereinbart. Aus der elektronischen Rechnung im vereinbarten Format müssen sich allerdings die nach dem Umsatzsteuergesetz erforderlichen Angaben richtig und vollständig in ein Format extrahieren lassen, das der oben genannten europäischen Norm entspricht oder mit dieser interoperabel ist. Ist dies gegeben, sind beispielsweise auch über EDI-Verfahren ausgestellte Rechnungen, deren Formate nicht der CEN-Norm EN 16931 entsprechen, befristet noch zulässig.

Die sonstige Rechnung

Unter den Begriff der “sonstigen Rechnung” fallen Papierrechnungen, aber auch Rechnungen, die in einem anderen elektronischen Format (PDF, JPG, etc.) übermittelt werden.

Wichtig: Eine im PDF-Format ausgestellte Rechnung gilt demnach nicht mehr als elektronische Rechnung sondern als sonstige Rechnung!

Wer ist betroffen?

Die Verpflichtung, eine E-Rechnung auszustellen, betrifft nur steuerbare Lieferungen und Leistungen zwischen Unternehmern (B2B), unabhängig davon, ob das Unternehmen im Haupt- oder Nebenerwerb betrieben wird. Zudem müssen leistender Unternehmer und Leistungsempfänger im Inland ansässig sein.
Hinweis: Die Ansässigkeit im Inland erfordert Sitz, Geschäftsleitung oder eine (am betreffenden Umsatz beteiligte) Betriebsstätte im Inland; existiert kein Sitz, reichen auch Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland. Eine umsatzsteuerliche Registrierung in Deutschland ohne gleichzeitige Ansässigkeit würde demnach keine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung auslösen.
Wichtig: Umsätze an private Endverbraucher (B2C) sowie grenzüberschreitende B2B-Umsätze sind nicht von der E-Rechnungspflicht betroffen.

Seit wann gilt die Verpflichtung zur E-Rechnung?

Für im Inland steuerbare Umsätze ist der Empfang und die Verarbeitung einer E-Rechnung im B2B-Geschäftsverkehr seit 1. Januar 2025 im Unternehmen zu ermöglichen – ohne vorherige Zustimmung des Empfängers.
Die grundsätzliche Verpflichtung zur Ausstellung einer elektronischen Rechnung gilt ebenfalls ab 1. Januar 2025. Angesichts des zu erwartenden hohen Umsetzungsaufwandes für die Unternehmen hat der Gesetzgeber jedoch Übergangsregelungen für die Jahre 2025 bis 2027 für Rechnungsaussteller vorgesehen.
Das Bundesfinanzministerium veröffentlichte mit dem BMF-Schreiben vom 15. Oktober 2024 erste Einzelheiten über die Umsetzung der E-Rechnung im unternehmerischen Alltag und geht auf Fragen zur Rechtsanwendung ein.

Übersicht - Übergangsfristen (Versand) der E-Rechnung für B2B-Geschäfte in Deutschland

2025 2026 2027 2028
Sonstige Rechnungen, in Papierform oder nach Einvernehmen zwischen Rechnungssteller und Rechnungsempfänger auch im elektronischen Format, z.B. als PDF, JPG, etc. Ja Ja Nein Nein
Vorjahresumsatz < 800.000 Euro: Sonstige Rechnungen, in Papierform oder nach Einvernehmen zwischen Rechnungssteller und Rechnungsempfänger auch im elektronischen Format, z.B. als PDF, JPG, etc. Ja Ja Ja Nein
Rechnungen im EDI-Format; vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers Ja Ja Ja Nein
E-Rechnung (konform zu EN 16931); ohne Zustimmung des Empfängers möglich Ja Ja Ja Ja

Bis Ende 2026…

… dürfen Rechnungsaussteller für in den Jahren 2025 und 2026 ausgeführte inländische B2B-Umsätze weiterhin Papierrechnungen versenden. Auch elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen (beispielsweise PDF-Dateien), bleiben in diesem Zeitraum zulässig - wie bisher, ist hierfür die Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich.
Was sich jedoch ändert ist der Vorrang der Papierrechnung, diesen nimmt nun die E-Rechnung ein, weshalb alle Unternehmen seit 1. Januar 2025 den Empfang, die Verarbeitung und die revisionssichere Archivierung der E-Rechnung sicherstellen müssen.

Bis Ende 2027…

Sofern der Rechnungsaussteller einen Vorjahresumsatz (2026) von nicht mehr als 800.000 EURO erwirtschaftet, dürfen für im Jahr 2027 ausgeführte B2B-Umsätze weiterhin Papierrechnungen übermittelt werden. Auch elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen (beispielsweise PDF-Dateien mit Zustimmung des Empfängers), bleiben in diesem Zeitraum zulässig.
Unternehmer, deren Vorjahresumsatz (2026) die Grenze von 800.000 EUR überschreitet, haben zumindest noch die Möglichkeit, Rechnungen auszustellen, die mittels elektronischem Datenaustausch (EDI-Verfahren) übermittelt werden. Dies gilt für Umsätze, die in den Jahren 2026 bzw. 2027 ausgeführt wurden, auch dann, wenn keine Extraktion der erforderlichen Informationen in ein Format erfolgt, das der europäischen Norm (CEN-Norm EN 16931) entspricht oder mit dieser kompatibel ist.

Ab 2028…

… sind die neuen Anforderungen an die E-Rechnungen und ihre Übermittlung zwingend von allen inländischen Unternehmen für Lieferungen und sonstige Leistungen (B2B-Umsätze) einzuhalten.

Was gilt für den Rechnungsempfänger?

Die neue E-Rechnungspflicht gilt wie dargestellt grundsätzlich ab 1. Januar 2025.
Der Empfang der E-Rechnung ist von allen Unternehmen einzurichten!
Sofern ein inländisches Unternehmen als Rechnungsaussteller die oben genannten Übergangsregelungen nicht in Anspruch nimmt, müssen inländische unternehmerisch tätige Rechnungsempfänger bereits seit 1. Januar 2025 in der Lage sein, nach den neuen Vorgaben elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten zu können.

Auch Unternehmen mit ausschließlich Privatkunden oder Kleinunternehmer ohne Ausweis der Umsatzsteuer auf der Rechnung sollten sicherstellen, dass zumindest der Empfang der E-Rechnung ermöglicht werden kann.
Im Gegensatz zu den bisherigen Regelungen ist die Ausstellung der „neuen“ E-Rechnung nicht mehr an die Zustimmung des Rechnungsempfängers gebunden. Eine Zustimmung ist nur noch für elektronische Rechnungen erforderlich, die nicht den neuen Vorgaben entsprechen (beispielsweise PDF-Dateien) oder in Fällen, in denen keine E-Rechnungspflicht besteht (zum Beispiel bei bestimmten steuerfreien Umsätzen oder Kleinbetragsrechnungen).
Hinweis: Bei Rechnungen an Endverbraucher (B2C) bleibt weiterhin deren Zustimmung Voraussetzung für die elektronische Rechnungsstellung.

Wie wird die E-Rechnung zugestellt?

Rechnungsersteller und -empfänger sollten sich im Idealfall vorab auf einen Übermittlungsweg einigen. Für die Übermittlung von E-Rechnungen kommen beispielsweise …
  • der Versand per E-Mail,
  • die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle,
  • der gemeinsame Zugriff auf einen zentralen Speicherort innerhalb eines Konzernverbundes
  • oder die Möglichkeit des Downloads über ein Internetportal in Betracht.
Alternativ steht Unternehmen frei, zur Erstellung und / oder Übermittlung von E-Rechnungen einen externen Dienstleister zu beauftragen. In diesem Fall hat jedoch der leistende Unternehmer sicherzustellen, dass der externe Dienstleister die Einhaltung der sich aus dem Umsatzsteuergesetz ergebenden formalen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Rechnung gewährleistet.
Für den Empfang einer elektronischen Rechnung dürfte demnach zunächst ein E-Mail-Postfach durchaus ausreichen.
Hinweis: Mit dem vermehrten Empfang von Dateianhängen per E-Mail steigt die Gefahr von Cyberattacken. E­-Rechnungsdaten sollten daher vor dem Import auf mögliche Schadsoftware geprüft werden.

Ausnahmen von der E-Rechnungspflicht

Die Ausstellung einer E-Rechnung ist nicht in jedem Fall verpflichtend. Kleinbetragsrechnungen bis 250 Euro können weiterhin als “sonstige Rechnungen” übermittelt werden, beispielsweise in Papierform. Dies gilt auch für Fahrausweise. Ebenso sind Rechnungen über steuerfreie Leistungen nach Paragraf 4 Nr. 8 bis 29 (Umsatzsteuergesetz) ausgenommen.
Kleinunternehmer (Paragraf 19 Umsatzsteuergesetz)
Durch die neuen Regelungen des Jahressteuergesetzes 2024 sind mit Wirkung zum 1. Januar 2025 die Umsätze von Kleinunternehmern umsatzsteuerbefreit (ohne das Recht auf Vorsteuerabzug). Daher sind sie nicht verpflichtet, E-Rechnungen in dem neuen Format auszustellen. Es können weiterhin Rechnung in Papierform oder einem sonstigen elektronischen Format (beispielsweise PDF) ausgestellt werden.
WICHTIG: Für Kleinunternehmer bleibt die Empfangspflicht für E-Rechnungen weiterhin bestehen.

Aufbewahrung von E-Rechnungen

In Bezug auf die Fristen der Aufbewahrung ändert sich durch die “neue” E-Rechnung nur wenig. So verbleibt nach derzeitiger Rechtslage weiterhin eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren. Hinsichtlich der Aufbewahrungspflichten sind ebenfalls die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form (GoBD) zu beachten. Wichtig, die E-Rechnung ist im ursprünglichen, strukturierten elektronischen Daten-Format aufzubewahren, auch die Anforderungen an die Unveränderbarkeit müssen beim Speichern erfüllt sein.
Hinweis: Einigen sich Rechnungsaussteller und -empfänger bei der Übermittlung, neben der E-Rechnung im strukturierten Daten-Format, auf ein inhaltsgleiches, digitales Dokument in einem für das menschliche Auge lesbaren Bildformat (zum Beispiel PDF-Dokument), besteht dennoch die Archivierungspflicht für das Ursprungsformat der strukturierten E-Rechnung.

Marktübersicht: Anbieter und Lösungen für E-Rechnungen und Buchhaltung

Die Umsetzung der Anforderungen der E-Rechnung im Unternehmen erfordert zumindest den Einsatz einer Visualisierungssoftware. Softwareanbieter haben sich auf die E-Rechnungspflicht eingestellt und bieten die erforderlichen Programme und Schnittstellen an. Jedoch unterscheiden sich die Anforderungen an die Softwarelösungen aufgrund von Branche, Größe und der betriebsinternen Rechnungsprozesse. Aus diesem Grund stellen die Kollegen der IHK München beispielhaft eine - nicht abschließende - Übersicht von Software-Anbietern zusammen, die unterschiedliche Lösungen für die Erstellung und Verwaltung elektronischer Rechnungen sowie für die Buchhaltung bereitstellen - auch kostenfreie Lösungen sind hier zu finden. Es handelt sich hierbei um eine Auswahl potenzieller Anbieter.
Marktübersicht der IHK München: Softwareanbieter für E-Rechnungen
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Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Einführung des Sperrsystems OASIS - auch Gastronomen sind betroffen!

Seit 2021 besteht eine Anschlusspflicht an das Spielersperrsystem OASIS für Aufsteller von Geld- oder Warenspielgeräten in Gaststätten und Spielhallen. Vier Spitzenverbände ruften die Gastronomie im Frühjahr 2024 erneut auf, ihrer Anschlusspflicht nachzukommen – sonst drohen den Unternehmen massive Schäden!
Am 1. Juli 2021 trat der aktuelle Glückspielstaatsvertrag in Kraft. Er sieht zum Schutz der Spieler*innen und zur Bekämpfung der Glücksspielsucht ein zentrales, spielform-übergreifendes Sperrsystem für Spielgeräte vor (OASIS).
Jeder Aufstellplatz (Spielhalle, Restaurant, Gaststätte, Hotel) muss zukünftig an das bundesweite Spielersperrsystem OASIS angeschlossen sein, das beim Regierungspräsidium Darmstadt geführt wird.
Wie alle Aufsteller*innen ist jeder Gastwirt und jede Gastwirtin verpflichtet, spielwillige Personen durch Ausweiskontrolle zu identifizieren und mit der Sperrdatei abzugleichen – beispielsweise Namen, Geburtsdatum oder Adresse. Gesperrte Spieler dürfen nicht an Glücksspielen teilnehmen.
Wer nach dem 1. Juli 2021 seinen Betrieb nicht an das Spielersperrsystem angeschlossen hat, darf keine Spielgeräte betreiben. Der Antrag auf den OASIS erfolgt online beim Regierungspräsidium Darmstadt. Erforderlich sind neben der Hardware
  • eine stabile Internetverbindung im Lokal und ein
  • EDV-Anschluss an das Sperrsystem.
Die betroffenen Gastronom*innen sollten sich mit ihrem Automatenaufsteller in Verbindung setzen.
Die Spitzenverbände DIHK, DEHOGA Bundesverband, FGA Fachverband Gastronomie Aufstellunternehmer e.V. und BA Bundesverband Automatenwirtschaft e.V. rufen die Gastronomieunternehmen zum Anschluss an das Sperrsystem OASIS auf. Sonst drohen Bußgelder bis zu 500.000 Euro, die Einziehung aller Umsätze und Klagen des Spielgastes.

Ergänzende Hinweise zum Spielersperrsystem OASIS: Ergänzende Hinweise

Sperren: Es sind sowohl Selbst- als auch Fremdsperren möglich.

Bei der Selbstsperre müssen Personen, die dies beim Veranstalter oder Vermittler von Glücksspielen oder der zuständigen Behörde beantragen, gesperrt werden.
Daneben müssen Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen Personen sperren, von denen sie aufgrund der Wahrnehmung des Personals oder aufgrund der Meldungen Dritter (z.B. Familie) wissen oder aufgrund sonstiger tatsächlicher Anhaltspunkte annehmen müssen, dass sie spielsuchtgefährdet oder überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen (Fremdsperre). Im Fall der Fremdsperre ist dem Spieler Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und diese zu dokumentieren. Unklar ist, wie mit einer gegenteiligen Stellungnahme des Spielers umzugehen ist. Daneben sind durch den Unternehmer auch die entsprechenden anfallenden Unterlagen aufzubewahren.
Die Sperrdauer beträgt mindestens ein Jahr, bei der Selbstsperre auf Antrag abweichend mindestens drei Monate. Praktisch ist das Jahr insbesondere bei unbefristeten Sperranträgen und einer Fremdsperre wichtig.
Die Aufhebung der Sperre erfolgt auf Antrag der gesperrten Person. Der Antrag kann frühestens nach Ablauf der Mindestdauer der Sperre beim Regierungspräsidium Darmstadt gestellt werden.

Zuwiderhandlung

Gastronomen und Spielhallenbetreiber sollten im Interesse ihres Unternehmers einen Abgleich mit der Sperrdatei insbesondere auch organisatorisch sicherstellen. Verstöße gegen die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages sind Ordnungswidrigkeiten und können Bußgelder bis 500.000 Euro nach sich ziehen.
Im Verhältnis zum gesperrten Spieler, der trotz eingetragener Spielersperre spielt und danach Regressforderungen stellt, ist die Rechtslage nicht unumstritten. Um eine mögliche Haftung von vornherein auszuschließen, ist auch deshalb der Abgleich mit der Sperrdatei dringend angeraten.

Sachbezugswerte für Mahlzeiten

Das Bundesfinanzministerium hat mit dem Schreiben vom 10. Dezember 2024 die Sachbezugswerte der unentgeltlich oder verbilligt an Arbeitnehmer abgegebenen Mahlzeiten ab dem Kalenderjahr 2025 bekannt gegeben.
Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) zu bewerten. Dies gilt seit 2014 auch für Mahlzeiten, die dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, wenn der Preis der Mahlzeit 60 € nicht übersteigt.
Die Sachbezugswerte ab dem Kalenderjahr 2025 sind durch die Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 3. Dezember 2024 festgesetzt worden.
Der Wert für Mahlzeiten, die ab Kalenderjahr 2025 gewährt werden, beträgt
a) für ein Mittag- oder Abendessen 4,40 Euro,
b) für ein Frühstück 2,30 Euro.
Bei Vollverpflegung (Frühstück, Mittag- und Abendessen) sind die Mahlzeiten mit dem Wert von 11,10 Euro anzusetzen.
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Praxisleitfaden für Unternehmen veröffentlicht

Die Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. (AWV) stellt die aktualisierte Hilfestellung zu den GoBD kostenfrei zur Verfügung.
Die AWV hat den GoBD-Praxisleitfaden weiterentwickelt, um Unternehmen und deren steuerliche Berater bei der ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie beim Datenzugriff (GoBD) zu unterstützen. Ziel des Leitfadens ist es, Unternehmen bei der Interpretation und Anwendung der GoBD im unternehmerischen Alltag zu helfen.
Die neue Version 2.2 kann kostenfrei bei der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. bestellt werden: GoBD – Ein Praxisleitfaden für Unternehmen (Version 2.2)

Ausländische Fachkräfte leichter einstellen

Ein Baustein zur Sicherung des Fachkräftebedarfs ist die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. Die neuen gesetzlichen Regelungen bieten erweiterte Möglichkeiten der Zuwanderung aus Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten), aber auch deutlich mehr Komplexität.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und die Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung sind beschlossen. Die meisten Regelungen werden zum 1. März 2024 in Kraft treten, die Regelungen zu den Fachkräftetiteln der Paragraf 18a und 18b AufenthG sowie zur Blauen Karte EU am 18. November 2023 und die neue Chancenkarte zum 1. Juni 2024.
Diese Zusammenstellung umfasst wichtige Änderungen, kann aber keinen vollständigen Überblick über das Regelwerk geben. Für die verschiedenen Zuwanderungsmöglichkeiten müssen immer bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehört unter anderem die Sicherung des Lebensunterhalts.

Die wichtigsten Neuerungen beim Thema „Einwanderung von Fachkräften”

Das galt bisher
Das gilt künftig
Beschäftigung von Fachkräften nur in verwandten Berufen möglich.
Beschäftigung in allen qualifizierten Berufen (nur Fachkräfte mit förmlicher Anerkennung ihres Abschlusses).
Einreise von Fachkräften mit in Deutschland anerkannter Berufsqualifikation oder anerkanntem Hochschulabschluss möglich.
Zusätzliche Möglichkeit der Einreise von Fachkräften mit ausländischer Berufsqualifikation oder ausländischem Hochschulabschluss und Berufserfahrung.
Kein förmliches Anerkennungsverfahren notwendig (nur bei nicht-reglementierten Berufen).
Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte aus dem Ausland nach vier Jahren möglich.
Nach drei Jahren möglich.
Aufenthaltsmöglichkeit für Fachkräfte mit Teilanerkennung zur Qualifizierung im Rahmen des Anerkennungsverfahrens.
Anerkennungspartnerschaft als neue zusätzliche Möglichkeit: gesamtes Anerkennungsverfahren kann in Deutschland durchgeführt werden.
Bei Fachkräften keine Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit.
Wegfall der Vorrangprüfung auch bei Auszubildenden.
Einreise zur Arbeitsplatzsuche für Fachkräfte mit Möglichkeit der Probearbeit von maximal zehn Stunden pro Woche und zur Ausbildungsplatzsuche ohne Möglichkeit der Probearbeit.
Neuer Suchtitel: Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems mit Möglichkeit einer Nebenbeschäftigung von bis zu 20 Stunden pro Woche und jeweils 14-tägigen Probebeschäftigungen.
Außerdem:
  • Weitere Erleichterungen des Zugangs für IKT-Fachkräfte mit Berufserfahrung, aber ohne Ausbildungs- oder Hochschulabschluss (IKT = Informations- und Kommunikationstechnologie).
  • Mehr Möglichkeiten für Personen ohne Nachweis einer Qualifikation durch die Verstetigung der Westbalkanregelung mit Erhöhung des Kontingents und die neue kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung.

Das Drei-Säulen-Modell der Fachkräfteeinwanderung

Im neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz spricht die Bundesregierung von den drei Säulen der Fachkräfteeinwanderung. Wir zeigen, was sich dahinter verbirgt.

1. Fachkräftesäule

Die Fachkräftesäule soll die zentrale Säule der Fachkräfteeinwanderung sein. Hier sind internationale Fachkräfte gemeint, die
  • im Ausland ein Hochschulstudium abgeschlossen haben, das in Deutschland anerkannt ist, oder
  • im Ausland eine Berufsqualifikation erworben haben und im Berufsanerkennungsverfahren einen Bescheid über die volle Gleichwertigkeit mit einem deutschen Abschluss erhalten haben oder
  • in Deutschland ein Studium oder eine qualifizierte Ausbildung absolviert haben

Diese Neuerungen treten am 18. November 2023 in Kraft

Anerkannte Fachkräfte (siehe oben) dürfen künftig in allen qualifizierten Berufen arbeiten – mit Ausnahme von reglementierten Berufen wie Heil-, Pflege- und Lehrberufen. Für diese Aufenthaltstitel sind ein Arbeitsplatzangebot oder Arbeitsvertrag und die Anerkennungsnachweise erforderlich. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, gibt es künftig einen Anspruch auf diese Titel.
Zudem wurden die Bestimmungen für die „Blaue Karte EU” im Zuge der Umsetzung der EU-Hochqualifiziertenrichtlinie angepasst:
  • Ausweitung des Geltungsbereichs von Hochschulabschlüssen auf äquivalente Abschlüsse wie Meister, Techniker, Fachwirte und so weiter sowie auf berufserfahrene Personen aus dem IKT-Bereich (mit drei Jahren einschlägiger Berufserfahrung in den letzten sieben Jahren).
  • Inhaber einer „Blauen Karte EU” müssen eine ihrer Qualifikation angemessene Beschäftigung ausüben.
  • Absenkung der Mindestgehaltsgrenze auf 43.800 Euro, beziehungsweise rund 39.700 Euro für Engpassberufe und Berufsanfänger – statt 58.400 Euro beziehungsweise 45.552 Euro in 2023.
  • Erleichterungen unter anderem bei Familiennachzug, Arbeitgeberwechsel, Mobilität innerhalb der EU sowie Erlangung eines Daueraufenthalts in der EU.
Bei Berufskraftfahrern entfällt die Vorrangprüfung sowie die Prüfung der Berufsausübungsvoraussetzungen (EU-/EWR-Fahrerlaubnis, Berufskraftfahrerqualifikation) durch die BA. Das Vorliegen der erforderlichen Papiere ist jetzt durch den Arbeitgeber zu prüfen, ebenso wie das erforderliche Sprachniveau.
Außerdem können wie bisher Personen einreisen, die in Deutschland eine Ausbildung absolvieren möchten und bereits einen Ausbildungsvertrag mit einem Unternehmen haben. Hier wird – wie es bereits für Fachkräfte gilt – die Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit abgeschafft.

2. Erfahrungssäule

Neu ist, dass künftig auch Personen ohne förmliches Anerkennungsverfahren in Deutschland als Fachkraft arbeiten dürfen. Für die Erfahrungssäule gilt folgendes:
  • Vorausgesetzt wird eine im Herkunftsland staatlich anerkannte mindestens zweijährige Berufsqualifikation beziehungsweise ein Hochschulabschluss und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung (in den letzten fünf Jahren).
  • Verzicht auf Anerkennung in Deutschland bei nicht-reglementierten Berufen.
  • Berufserfahrene IKT-Spezialisten müssen nur die Berufserfahrung, aber keinen Abschluss nachweisen.

Weitere Voraussetzungen

  • Mindestgehalt von rund 39.700 Euro – bei tarifgebundenen Unternehmen darf im Rahmen des Tarifvertrags nach unten abgewichen werden.
  • Tätigkeit in einem in Bezug auf die Berufserfahrung verwandten Beruf.
  • vorliegendes Arbeitsangebot oder vorliegender Arbeitsvertrag.
In die Erfahrungssäule wurde daneben die so genannte Anerkennungspartnerschaft aufgenommen: Das Anerkennungsverfahren kann in Deutschland durchgeführt werden, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich verpflichten, es unverzüglich nach der Einreise zu starten und eine gegebenfalls erforderliche Anpassungsqualifizierung durchzuführen. Währenddessen kann der Arbeitnehmer dort eine qualifizierte Beschäftigung ausüben. Auch für die Anerkennungspartnerschaft müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

3. Potenzialsäule

Bei der neuen Chancenkarte, die am 1. Juni 2024 in Kraft tritt, handelt es sich um einen Suchtitel. Personen können ohne Arbeitsplatzangebot oder Vertrag zur Suche einer Arbeit, Ausbildung oder Qualifizierung im Rahmen des Anerkennungsverfahrens für maximal zwölf Monate einreisen. Dafür müssen sie folgende Grundvoraussetzungen erfüllen:
  • gesicherter Lebensunterhalt und
  • im Herkunftsland staatlich anerkannte mindestens zweijährige Berufsqualifikation oder einen anerkannten Hochschulabschluss
  • mindestens Deutschkenntnisse Niveau A1 oder Englischkenntnisse Niveau B2
Zusätzlich müssen sie entweder eine volle Anerkennung ihres Berufs- oder Hochschulabschlusses oder mindestens sechs Punkte gemäß der so genannten Chancenkarte vorweisen. Kriterien für die Punktevergabe sind dabei Qualifikation, Berufserfahrung, Engpassberuf, weitere Sprachkenntnisse, Alter, Deutschlandbezug sowie das Potenzial des oder der mitziehenden Ehe-/Lebenspartners/in. Erhalten die Suchenden ein Arbeitsplatzangebot oder einen Arbeitsvertrag, erfüllen aber noch nicht alle Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel zur Beschäftigung, kann die Chancenkarte einmalig um bis zu zwei Jahre verlängert werden (Folge-Chancenkarte). Damit kann die erforderliche Berufserfahrung erlangt werden.
Für Ausbildungsplatzsuchende wurden die bisherigen Voraussetzungen erleichtert. Die Suchtitel ermöglichen:
  • Probebeschäftigungen von jeweils zwei Wochen (Vollzeit)
  • Nebenbeschäftigung von maximal 20 Stunden pro Woche (auch zur Unterhaltssicherung)

Möglichkeiten für Personen ohne Nachweis einer Qualifikation

Westbalkan-Regelung

Im Rahmen der Westbalkan-Regelung können Personen aus den sechs Westbalkan-Staaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien auch ohne Nachweis einer Qualifikation in Deutschland arbeiten. Es gibt folgende Änderungen:
  • Regelung wird entfristet (tritt am 18. November 2023 in Kraft)
  • Kontingent wird von 25.000 auf 50.000 Personen pro Jahr verdoppelt (tritt am 1. Juni 2024 in Kraft)

Kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung

Im Rahmen von Kontingenten, die die Bundesagentur für Arbeit für bestimmte Wirtschaftszweige beziehungsweise Berufsgruppen festlegen kann, können Personen unabhängig von ihrer Qualifikation unter bestimmten Voraussetzungen befristet beschäftigt werden:
  • regelmäßige Wochenarbeitszeit mindestens 30 Stunden
  • Befristung der Beschäftigung auf maximal acht Monate innerhalb von zwölf Monaten
  • Arbeitgeber muss der Tarifbindung unterliegen und zu tariflichen Bedingungen beschäftigen
  • Arbeitgeber muss Reisekosten tragen
  • Sozialversicherungsfreiheit ist ausgeschlossen
  • Insgesamt kann ein Unternehmen nur zehn Monate von zwölf Monaten Ausländerinnen oder Ausländer nach dieser Regelung beschäftigen.

Änderungen im Zusammenhang mit der Asylmigration

Spurwechsel für Asylbewerber

Asylbewerber können einen Aufenthaltstitel zur qualifizierten Beschäftigung in Deutschland beantragen, wenn sie ein Arbeitsplatzangebot beziehungweise Arbeitsvertrag haben. Der Asylantrag muss zurückgezogen werden.
Diese Regelung betrifft Personen,
  • die bis zum 29. März 2023 einen Asylantrag gestellt haben und
  • die die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach Paragraf 18a (anerkannter Berufsabschluss), 18b (anerkannter Hochschulabschluss oder äquivalenter Abschluss), 19c Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit Paragraf 6 BeschV (ausgeprägte berufspraktische Erfahrung) erfüllen.

Umwandlung der Ausbildungsduldung in eine Aufenthaltserlaubnis

  • Voraussetzungen bleiben unverändert
  • statt Duldung neuer Aufenthaltstitel Paragraf 16g AufenthG
  • Bestehende Ausbildungsduldungen sollen nach Inkrafttreten des Gesetzes als Aufenthaltstitel nach Paragraf 16g AufenthG fortgeführt werden.
Beratung durch das IQ Netzwerk Hessen
In Hessen hat man speziell für die Verbesserung der Arbeitsmarktintegration von Erwachsenen mit Migrationshintergrund das IQ Netzwerk Hessen geschaffen. Dort werden ausländische Fachkräfte und Arbeitgeber zu Themen rund um die Fachkräfteeinwanderung wie beispielsweise die Anerkennung von Berufsabschlüssen sowie Vernetzung und Beratung von Arbeitgeber, Fachkräften und Behörden.

Wenn Interessen kollidieren, können Gesellschafter ihr Stimmrecht verlieren

Wenn die Gesellschafter einer GmbH beschließen müssen, ob gegen eine Drittgesellschaft ein Rechtsstreit eingeleitet oder Ansprüche außergerichtlich geltend gemacht werden sollen, dürfen diejenigen nicht mitstimmen, die zusammen alle Anteile an der Drittgesellschaft innehaben. Lesen Sie im Artikel mehr zum Fall und zur Urteilsbegründung.
18. Oktober 2023
Der Kläger ist Mitgesellschafter einer GmbH, der einer Drittgesellschaft eine Konkurrenztätigkeit vorwarf. Er brachte einen Beschlussentwurf in die Gesellschafterversammlung ein, der die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Drittgesellschaft sowie gegen zwei Mitgesellschafterinnen vorsah. Beide Mitgesellschafterinnen – eine davon Geschäftsführerin - hielten je zur Hälfte die Anteile der Drittgesellschaft und stimmten in der Gesellschafterversammlung gegen die Beschlussfassung.
Der Bundesgerichtshof sah den Grundsatz, nicht in eigener Sache entscheiden zu dürfen, als verletzt an und gab der Beschlussanfechtung statt. Da die beklagten Gesellschafterinnen der GmbH sämtliche Anteile an der Drittgesellschaft hielten, sei die wirtschaftliche Verbindung so stark, dass man das persönliche Interesse der Gesellschafterinnen mit dem der Drittgesellschaft gleichstellen müsse, woraus ein Stimmverbot folge.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. August 2023 – II ZR 13/22

Wer zahlt fürs Jobrad, wenn Krankengeld bezogen wird?

Müssen Arbeitgeber die Leasingraten eines Dienstrads eines langzeiterkrankten Mitarbeiters auch übernehmen, wenn dieser Krankengeld bezieht? Über diese Frage musste das Arbeitsgericht Aachen entscheiden. Das Urteil und die Begründung finden Sie hier. Das Urteil und die Begründung finden Sie hier.
10. Oktober 2023
Arbeitnehmer haben die Leasingraten eines Dienstrads, das im Wege der Entgeltumwandlung finanziert wird, während des Krankengeldbezugs selbst zu tragen, so hat das Arbeitsgericht Aachen entschieden.
Dem Arbeitnehmer wurden im Rahmen des sogenannten "Jobrad-Modells" zwei Fahrräder zur Nutzung überlassen. Die Leasingraten wurden durch Entgeltumwandlung vom monatlichen Bruttogehalt abgezogen. Der Arbeitnehmer erkrankte arbeitsunfähig und erhielt nach sechs Wochen Entgeltfortzahlung von der Krankenversicherung Krankengeld. Ein unmittelbarer Abzug vom Gehalt war in dieser Zeit nicht möglich. Nach Wiederaufnahme der Arbeit zog der Arbeitgeber die zwischenzeitlich angefallenen Leasingraten von den nachfolgenden Gehaltszahlungen ab.
Die Klage des Arbeitnehmers gegen die Aufrechnung hatte keinen Erfolg. Die Zahlungspflicht des Arbeitnehmers bestehe auch bei entgeltfreien Beschäftigungszeiten, wie dem Bezug von Krankengeld, fort. Eine überraschende Vertragsklausel liege nicht vor, schließlich gehe der Abschluss des Leasingvertrags auf die Initiative des Arbeitnehmers zurück, ein von ihm ausgewähltes Fahrrad zu leasen und er könne das Fahrrad auch in Krankheitszeiten nutzen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und es bleibt abzuwarten, ob die nächste Instanz der Auffassung des Arbeitsgerichts Aachen folgt.

Quelle: ArbG Aachen, Urteil vom 02.09.2023 - 8 Ca 2199/22

Welche Kosten hatte Ihr Betrieb durch die vorgeschriebene Umrüstung (TSE)?

Gemeinsam mit dem DEHOGA Südhessen will die IHK Darmstadt Rhein Main Neckar mit einer Umfrage die Kosten ermitteln, die den Unternehmen durch die Umrüstung ihrer elektronischen Kassen um die seit Januar vorgeschriebene technische Sicherheitseinrichtung TSE entstanden sind. Mit den Ergebnissn wird sie in die politische Diskussion um Aufwand und Ertrag dieser Vorgaben gehen.
5. September 2023
Seit dem 1. Januar müssen alle elektronischen Kassen über eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen. Hintergrund ist, dass die deutsche Finanzverwaltung den Umsatzsteuerbetrug beim Kassenvorgang eindämmen will. Die Kosten für Umrüstung und ständige Softwareupdates belasten Unternehmen seither.
Die IHK Darmstadt Rhein Main Neckar möchte mit einer Umfrage ermitteln, welche Kosten für Unternehmen mit dem Betrieb der TSE verbunden sind, um in der politischen Diskussion das Verhältnis von Aufwand und Ertrag (Bürokratiekosten und aufgedeckter Betrug mittels TSE) thematisieren zu können. Der DEHOGA Südhessen unterstützt diese Umfrage ebenfalls.
Bitte helfen Sie uns mit Ihren Antworten dabei, Ihre Interessen zu ermitteln und gegenüber der Politik zu artikulieren.
Die Umfrage enthält acht Fragen. Starten Sie diese mit folgendem Link: https://ihkdarmstadt.limequery.com/871757?lang=de.

Influencer und Steuern - ein Überblick

Wer als Influencer, Blogger oder in ähnlicher Weise tätig ist, sollte die geltenden steuerlichen Regeln kennen. Denn was einmal als Hobby begonnen hat, kann sich im Laufe der Zeit zu einer lukrativen Tätigkeit entwickeln, wenn viele Follower das Interesse für Werbekunden wecken. Mit Cash- und Sacheinnahmen – etwa für ‎Produktrezensionen oder gesponserte Postings – lässt sich dann gutes Geld verdienen, das zu versteuern ist.
Dies hat inzwischen auch die Finanzverwaltung auf den Plan gerufen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat daher ein FAQ-Papier zur Besteuerung von Influencern veröffentlicht. Damit signalisieren die Finanzbehörden die klare Botschaft, dass sie solche Aktivitäten künftig intensiver im Blick haben werden. Durch gezielte Internetrecherchen und Auskunftsersuchen bei Geschäftspartnern (z.B. Werbekunden) ist es ein Leichtes, den Umfang der geschäftlichen Aktivitäten einzuordnen.
Die nachfolgenden Erläuterungen sollen einen ersten Überblick rund um das Thema „Steuern“ geben.
Als Influencer, Blogger usw. ist man Unternehmer, sofern eine gewerbliche Tätigkeit selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird. Damit fallen diese Online-Tätigkeiten unter die gleichen steuerlichen Pflichten wie andere Unternehmer auch. Ob und wenn ja, welche Steuern zu zahlen sind, richtet sich nach den jeweiligen Einzelsteuergesetzen.
Dabei sind vor allem
  • die Einkommensteuer,
  • die Gewerbesteuer und
  • die Umsatzsteuer
näher zu betrachten.
Achtung:
Auch minderjährige Influencer können aus steuerlicher Sicht Unternehmer sein. Unternehmer müssen Umsatz und Gewinn oder Verlust ermitteln und dem Finanzamt mitteilen.
Falls Sie als Influencer, Blogger oder mit einer ähnlichen Tätigkeit unternehmerisch aktiv sind, müssen vielfältige Regeln beachten werden. Unsere Broschüre „Steuern für Existenzgründer“ informiert über die Grundzüge der Unternehmensbesteuerung und über die Ermittlungsarten des steuerpflichtigen Gewinns.

Einkommensteuer

Sind Influencer oder Blogger in den sozialen Medien unterwegs und erhalten hierfür Güter in Geld oder Geldeswert, ist es schnell passiert, dass einkommensteuerlich relevante Einkünfte erzielt werden. Eine regelmäßig, selbständig (das heißt nicht als Arbeitnehmer), mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit reicht aus. Der Begriff „Einkünfte“ meint hierbei die Saldogröße aus Einnahmen minus Ausgaben.
  • Übersteigen die Einkünfte (Gewinn) aus der Tätigkeit als Influencer im Kalenderjahr, eventuell zusammen mit anderen Einkunftsarten, den jährlichen Freibetrag von 11.604 Euro (2024), sind diese einkommensteuerpflichtig.
  • Ausnahme: Lediglich dann, wenn hauptberuflich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt werden und der Gewinn aus der nebenberuflichen Influencer-Tätigkeit (gemeinsam mit anderen Nebeneinkünften) nicht höher als 410 Euro pro Jahr ist, unterliegt der Gewinn nicht der Einkommensteuer.
  • Zur Gewinnermittlung ist unter bestimmten Voraussetzungen die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (kurz EÜR) anzuwenden. Der Überschuss wird nach der folgenden Formel ermittelt: Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben gleich Gewinn/Verlust

Betriebseinnahmen

Als Betriebseinnahmen werden alle Zugänge an Geld und Geldeswert, die man als Influencer, Blogger für seine Tätigkeit erhält, erfasst. Als Betriebseinnahmen kommen alle Erlöse aus Leistungen oder Verkäufen in Betracht. Die Einnahme kann in Geld oder aber Sachbezügen (Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge) bestehen. Damit sind auch Zuwendungen wie Waren und Dienstleistungen, die man für die Tätigkeit als Influencer, Blogger usw. erhält, steuerlich relevant (z. B. Gratisprodukte, Gutscheine). Ebenso wie beispielsweise Vermittlungsprovisionen, die im Rahmen von Werbeaktivitäten eingehen (Affiliate-Marketing-Einnahmen).

Betriebsausgaben

Betriebsausgaben sind alle Ausgaben, die betrieblich veranlasst sind. Unter die Ausgaben zählen beispielsweise Hosting-Gebühren, Kosten für Büroeinrichtung. Nicht alle Betriebsausgaben sind steuerlich abziehbar, wie zum Beispiel Geschenke an Geschäftsfreunde, die die Wertgrenze von 35 Euro ‎überschreiten.

Müssen Gratisprodukte versteuert werden?‎

Nicht immer fließt Geld. Häufig erhalten Influencer, Blogger usw. auch Produkte von Herstellern gratis in der Erwartung, dass diese positiv dargestellt werden. Einkommen muss nicht notwendigerweise aus Geld bestehen, weshalb auch solche Geschenke zu den Einnahmen, zählen die in der Regel versteuert werden müssen. Es gibt jedoch Ausnahmen:
  • Der Hersteller, also der Schenkende, kann die Ware vorab pauschal mit 30 Prozent versteuern. Das ist vorteilhaft für den Influencer. Achtung: Der Wert des Geschenkes darf 10.000 Euro nicht übersteigen. Zudem darf, falls ein Unternehmen dem Influencer mehrere Geschenke pro Wirtschaftsjahr gewährt, der Gesamtwert die 10.000 Euro-Schwelle nicht überschreiten. Tipp: Die Pauschalbesteuerung der Ware stets vom Hersteller schriftlich bestätigen lassen.
  • Liegt der Wert unter 10 Euro, gilt die Ware als Streuartikel und es erfolgt keine Besteuerung.
  • Auch ist keine Besteuerung fällig, wenn die Ware nach Test oder Gebrauch an den Hersteller zurückgeben wird
Reiseblogger sollten sehr genau über die unterschiedlichen Einnahmenarten Buch führen, insbesondere, wenn sie zu Urlauben eingeladen werden.

Gewerbesteuer

Ist die Aktivität als Influencer, Blogger usw. als „gewerblich“ eingestuft, ist diese grundsätzlich auch gewerbesteuerpflichtig. Gewerbesteuer ist dann zu zahlen, wenn der Gewerbeertrag über 24.500 Euro liegt. Der Gewerbeertrag ermittelt sich aus den Einkünften aus Gewerbebetrieb (Paragraf 15 Einkommensteuergesetz), erhöht um bestimmte gewerbesteuerliche Hinzurechnungen (beispielsweise für Zinsaufwendungen, Mieten und Lizenzen) und vermindert um bestimmte gewerbesteuerliche Kürzungen. Die effektive Höhe, der zu zahlenden Gewerbesteuer, bestimmt sich letztendlich nach dem örtlich geltenden gewerbesteuerlichen Hebesatz.
Weitere Einzelheiten zur Gewerbesteuer haben wir in unseren Informationen zur Gewerbesteuer zusammengefasst.

Umsatzsteuer

Mit der Umsatzsteuer werden grundsätzlich die Umsätze von Unternehmen besteuert.
Als Kleinunternehmer (Umsatz im Vorjahr bis 25.000 Euro, im laufenden Jahr voraussichtlich bis 100.000 Euro) können man sich von der Umsatzsteuer-Erhebung vom Finanzamt befreien lassen. In diesem Fall werden Leistungen und Waren ohne Umsatzsteuer angeboten. Im Gegenzug kann für empfangene Leistungen keine Vorsteuer geltend gemacht werden. Am Ende ist es eine individuelle Entscheidung, ob es sinnvoll ist, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten und freiwillig Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Unternehmer, die freiwillig auf die Kleinunternehmerregelung verzichten, können das ihrem zuständigen Finanzamt formlos mitteilen. Der Verzicht gilt für fünf Jahre.

Strafrecht und sonstige Sanktionen: Was droht?

Unwissenheit oder Nachlässigkeit sind beim Thema „Steuern“ keine gute Idee. Falls man den steuerlichen Pflichten nicht nachkommt, riskieren man erhebliche Steuernachzahlungen sowie den Anfall von hohen Zinszahlungen. Daneben sind auch mögliche strafrechtliche Folgen wie Geld- oder sogar Freiheitsstrafe zu bedenken.
Daher ist es von großer Bedeutung, dass man sich beizeiten über steuerliche Pflichten informiert und notwendige Aufzeichnungen zu Einnahmen und Ausgaben anfertigt.

Wie lange muss ich die Unterlagen aufbewahren?

Steuerlich relevante Dokumente sind mindestens für zehn Jahre (zum Teil sechs Jahre) revisionssicher aufzubewahren. Unsere Informationen zu Aufbewahrungspflichten bieten grundlegende Informationen zu den Aufbewahrungsfristen.

Muss ich meine Tätigkeit anmelden?‎

Bei der Anmeldung gelten für Unternehmer im Nebenerwerb die gleichen Voraussetzungen wie für hauptberuflich Selbstständige:
  • Bei gewerblicher Tätigkeit als Influencer, Blogger usw. meldet man das Gewerbe beim Gewerbeamt der Gemeinde des Betriebssitzes an. Bisher hat das Amt die Anmeldung u. a. an das Finanzamt weitergeleitet, das dann automatisch den Steuerpflichtigen unter Zusendung des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung aufgefordert und im Anschluss eine Steuernummer erteilt hat. Seit dem 1. Januar 2021 entfällt die Aufforderung der Finanzbehörde und der Steuerpflichtige ist verpflichtet von sich aus tätig ‎zu werden.
  • Elektronische Fragebögen zur steuerlichen Erfassung sowie weitere Informationen zur Übermittlung werden im Online-Finanzamt „Mein ELSTER“ zur Verfügung gestellt.
Die steuerliche Qualifikation der Tätigkeit als Influencer, Blogger usw. ist grundsätzlich unabhängig von der Anmeldung bzw. Nichtanmeldung beim Gewerbeamt. Das heißt, dass auch dann, falls kein Gewerbe angemeldet wird, das Finanzamt sehr wohl zur Einschätzung kommen kann, dass der Umfang der Tätigkeit als gewerblich einzustufen ist.
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten lediglich erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Die vorliegenden Informationen können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Richtige Darstellung des Gründungsaufwands im Gesellschaftsvertrag

Kapitalgesellschaften müssen den Gründungsaufwand, der aus dem Stammkapital beglichen wird, im Gesellschaftsvertrag offenlegen. Ob es hier genügt, den Höchstbetrag anzugeben, den eine GmbH übernimmt, hat nun das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein geklärt.
8. März 2023
Der Geschäftsführer meldete eine GmbH zur Eintragung ins Handelsregister an. Laut Gesellschaftsvertrag sollten die Kosten bis zu einem Höchstbetrag von 2.500 Euro von der Gesellschaft übernommen werden. Das zuständige Handelsregister wies darauf hin, dass die schlichte Nennung einer Obergrenze zwar erforderlich, aber nicht ausreichend sei. Vielmehr bedürfe es einer detaillierten Darstellung der einzelnen Kostenpositionen.
Da der Geschäftsführer nicht bereit war, der Auffassung des Handelsregisters zu folgen, musste am Ende das Oberlandesgericht entscheiden. Es bestätigte die Auffassung des Handelsregisters.
Dies bedeutet, dass neben der Benennung des Höchstbetrags die von der Gesellschaft zu tragenden Kosten als Gesamtbetrag (Endsumme) auszuweisen sind. Dabei müssen die von der Gesellschaft zu tragenden Kosten im Einzelnen aufgeführt werden. Beträge, deren Höhe noch nicht feststeht, sind zu schätzen. Begründet werden diese strengen Vorgaben mit dem Schutz der Gläubiger, die ein Interesse haben, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt der Gründung über ein möglichst hohes Vermögen verfügt.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG v. 21.2.2023 - 2 Wx 50/22

Keine Corona-Regeln mehr am Arbeitsplatz

Die Bundesregierung hat die vorzeitige Aufhebung der Corona-Arbeitsschutzverordnung beschlossen, seit dem 2. Februar gilt diese nicht mehr. Ausnahmen gelten lediglich für Einrichtungen der medizinischen Versorgung und Pflege.
7. Februar 2023
Zeitgleich zur Aufhebung der Maskenpflicht im öffentlichen Personenfernverkehr sowie dem Personennahverkehr in Hessen ist zum 2. Februar auch die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung gefallen. Ursprünglich sollte diese bis noch zum 7. April gelten. Aufgrund des sinkenden Infektionsgeschehens hält die Bundesregierung einheitliche Vorgaben für Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz aber nicht mehr für erforderlich.
Einzig in Einrichtungen der medizinischen Versorgung und Pflege sind weiterhin corona-spezifische Regelungen des Infektionsschutzgesetzes zu beachten. In allen anderen Bereichen können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Beschäftigte jedoch künftig eigenverantwortlich festlegen, ob und welche Maßnahmen zum Infektionsschutz am Arbeitsplatz erforderlich sind.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) empfiehlt allerdings weiterhin am Arbeitsplatz bewährte Schutzmaßnahmen umzusetzen, um Ansteckungen zu vermeiden und krankheitsbedingte Personalausfälle zu minimieren.

Faktenpapier "Kalte Progression in Zeiten hoher Inflationsraten" veröffentlicht

Die Bundesregierung will noch in diesem Jahr gegen den Effekt der sogenannten “kalten Progression” vorgehen. Angesichts der zu erwartenden Diskussionen auch um weitere Entlastungen für Bürger und Unternehmen erläutern die Steuerexperten der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) in ihrem Faktenpapier Ursachen und Auswirkungen der hohen Inflationsraten auf diesen Effekt der “heimlichen Steuererhöhung”. Damit unterstützen sie die Politik bei der Suche nach geeigneten Maßnahmen.
27. Juli 2022
Wenn Einkommenserhöhungen sich ausschließlich an der Inflationsrate orientieren, sinkt häufig das Nettoeinkommen des Steuerzahlers, weil er in einen höheren Steuersatz rutscht. Damit zahlt er mehr Steuern, während seine Kaufkraft sinkt – er kann sich also weniger leisten als vorher, während der Staat mehr Steuern einnimmt. Werden im Einkommensteuertarif die Eckwerte der Tarifzonen nicht an die Inflation angepasst, wird dieser Effekt einer „heimlichen“ Steuererhöhung als „kalte Progression“ oder gelegentlich auch als „fiskalische Dividende“ bezeichnet.
Solche “heimlichen” Steuererhöhungen infolge der kalten Progression verletzen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – eine höhere Steuerbelastung ist erst dann gerechtfertigt , wenn die Einkommenserhöhungen die Inflationsrate übersteigen.
Die aktuell hohe Inflationsrate stellt für Unternehmen wie Bürger eine Belastung dar. Diese erhöht sich durch den Effekt der „kalten Progression“, gegen die die Bundesregierung in diesem Jahr Maßnahmen ergreifen will. Aus Sicht der DIHK-Experten sollte ein System geschaffen werden, das flexibler als jetzt auf die Inflationsrate reagiert und möglichst bürokratiearm für Unternehmen zu handhaben ist. Deshalb sollte vor allem auf unterjährige Veränderungen verzichtet werden.
Mit dem DIHK-Faktenpapier “Kalte Progression in Zeiten hoher Inflationsraten – Ursache und Auswirkungen auf die Unternehmen in Deutschland” (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1828 KB) wirken die DIHK-Steuerexperten mit bei der Entwicklung geeigneter Maßnahmen und zeigen Kriterien auf, um diese hinsichtlich ihrer Wirksamkeit einzuschätzen.

Bundesrat stimmt neuem Zinssatz für Steuernachzahlungen zu

Der Zinssatz für Steuernachzahlungen oder Erstattungen sinkt rückwirkend zum 1. Januar 2019. Der Bundesrat hat einer entsprechenden Änderung der Abgabenordnung zugestimmt. Das Gesetz kann damit nach Unterzeichnung durch den Bundesspräsidenten verkündet werden. Es soll noch im Juli in Kraft treten.
13. Juli 2022
Rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 bestimmt das Gesetz den Zinssatz nach Paragraf 233a Abgabenordnung auf 0,15 Prozent pro Monat - also 1,8 Prozent pro Jahr. Die Angemessenheit des neuen Zinssatzes wird künftig evaluiert, erstmals zum 1. Januar 2026.
Außerdem verankert das Gesetz eine bisher nur im Verwaltungsweg getroffene Regelung über den Erlass von Nachzahlungszinsen bei vor Fälligkeit freiwillig geleisteten Zahlungen. Sie erstreckt sich damit künftig auch auf die von Kommunen verwaltete Gewerbesteuer.
Hintergrund sind Forderungen des Bundesverfassungsgerichts, den bisher geltenden festen Zinssatz von sechs Prozent ab dem 1. Januar 2019 rückwirkend verfassungskonform auszugestalten. Die Bundesregierung erwartet durch die Änderung in diesem Jahr Mindereinnahmen von 2,46 Milliarden Euro und im kommenden Jahr von 530 Millionen Euro.
Zusätzlich passt der Gesetzesbeschluss einzelne Regelungen zur Mitteilungspflicht über grenzüberschreitende Steuergestaltungen an unionsrechtliche Vorgaben an.

Gesetzlicher Mindestlohn

Seit dem 1. Januar 2025 beträgt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn 12,82 Euro brutto. Bis Ende Juni 2025 muss die Mindestlohnkommission entscheiden, wie hoch der deutsche Mindestlohn in den beiden kommenden Jahren sein soll.

Grundsätzliches

Der Mindestlohn gilt in allen Branchen und Regionen für alle in Deutschland tätigen Arbeitnehmer über 18 Jahre.
Ausgenommen sind unter anderem:
- unter bestimmten Voraussetzungen Praktikanten (zum Beispiel bei Praktika von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung).
- Fälle der Arbeitnehmerentsendung durch Arbeitgeber mit Sitz im Ausland bei bestimmten Erstmontage- oder Einbauarbeiten im Bundesgebiet.

Branchenmindestlöhne

Neben dem gesetzlichen Mindestlohn steigen auch die Branchenmindestlöhne für Gebäudereiniger, Dachdecker und für das Baugewerbe. Diese Mindestlöhne basieren auf Tarifverträgen, die gemäß den Vorgaben des Arbeitnehmerentsendegesetzes durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales verbindlich erklärt wurden. Diese Branchenmindestlöhne gelten für alle Arbeitgeber und deren Beschäftigte, die in den Geltungsbereich fallen. Auch die in Deutschland tätigen Arbeitnehmer von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland werden davon erfasst. Eine Übersicht über diese Mindestlöhne kann auf der Website der Bundesregierung heruntergeladen werden. (unter „Branchenmindestlöhne im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes [PDF, 222KB]“, zuletzt abgerufen am 09.04.2025)

Ausnahmen gelten unter anderem in folgenden Fällen

  • Auszubildende sind vom Mindestlohn ausgenommen. Für sie gibt es eine eigenständige Regelung zur Mindestvergütung, welche wir in einem gesonderten Merkblatt darstellen: Mindestausbildungsvergütung - IHK Darmstadt.
  • Jugendliche unter 18 Jahre ohne Berufsabschluss sind vom Mindestlohn ausgenommen.
  • Langzeitarbeitslose (zwölf Monate oder länger) können für die ersten sechs Monate abweichend vom Mindestlohn beschäftigt werden.
  • Ehrenämter müssen nicht mit Mindestlohn vergütet werden.
  • Praktikanten sind dann vom Mindestlohn ausgenommen, wenn sie ein Pflichtpraktikum im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium absolvieren. Freiwillige Praktika während Studium oder Ausbildung sind für drei Monate ausgenommen, ebenso freiwillige Praktika, die zur Orientierung bei der Berufs- oder Studienwahl dienen.
  • Auch Praktikanten, die an einer Einstiegsqualifizierung nach Paragraph 54 a des Dritten Sozialgesetzbuches teilnehmen fallen nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes.
  • Behinderte, die in einem Werkstättenverhältnis in Behindertenwerkstätten arbeiten sind vom Mindestlohngesetz nicht erfasst.
  • In bestimmten Fällen der Arbeitnehmerentsendung durch Arbeitgeber mit Sitz im Ausland für kurzzeitige Erstmonatge- oder Einbauarbeiten im Bundesgebiet ist der Mindestlohn ebenfalls nicht verpflichtend.
  • Der Mindestlohn gilt aber auch für Saisonarbeiter.

Haftung

Hinsichtlich der Arbeitgeberhaftung verweist Paragraf 13 Mindestlohngesetz auf Paragraf 14 Arbeitnehmerentsendegesetz. Danach haftet der Generalunternehmer für Mindestlohnverstöße seiner Subunternehmer. Weitere Informationen sowie ein Formulierungsbeispiel für eine Auftraggeberhaftungs -Klausel finden Sie auf dem Merkblatt der IHK Regensburg. Die Klausel ermöglicht einen Rückgriff auf den Subunternehmer im Haftungsfall.

Mindestlohn-Hotline

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat unter Telefon: 030 60 28 00 28 eine Hotline geschaltet. Dort erhalten Arbeitgeber weitere Informationen zum Mindestlohn. Die Hotline ist von Montag bis Donnerstag von 8 bis 17 Uhr, freitags von 8 bis 12 Uhr erreichbar.

Kontrolle durch die Zollverwaltung

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit führt die Mindestlohnkontrolle in entsprechender Anwendung der Regelungen des Schwarzarbeitsgesetzes durch. Die Behörde kann etwa die Einsicht in Arbeitsverträge nehmen und Vor-Ort-Kontrollen durchführen. Zur Mitwirkung und Duldung bei der Kontrolle können u.a. Arbeitgeber, Entleiher und tatsächlich oder scheinbar beschäftigte Arbeitnehmer verpflichtet sein.
Anfragen von Unternehmen insbesondere mit Fragen zu Mitwirkungs-, Melde-, Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Bereitstellungspflichten nach dem Mindestlohngesetz, deren Einhaltung durch die Zollverwaltung (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) geprüft werden, können Unternehmen auch an die Zentrale Auskunft der Zollverwaltung richten: Telefon: 0351 44834-520; E-Mail: info.gewerblich@zoll.de.

Stand: April 2025

Neues Nachweisgesetz gilt ab 1. August 2022

Schon bisher musste der Arbeitgeber die wichtigsten Bedingungen des Arbeitsvertrages schriftlich niederlegen und dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach seiner Einstellung aushändigen. Mit dem neuen Nachweisgesetz muss diese Liste mehr Punkte enthalten.
27. Juni 2022
Aufgrund der Umsetzung der Richtlinien der Europäischen Union (EU-Richtlinie) über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen (EU-Richtlinie 2019/1152 – Arbeitsbedingungen-Richtlinie) hat der deutsche Gesetzgeber unter anderem auch das Nachweisgesetz (NachwG) geändert, in dem verankert ist, welchen Informations- und Dokumentationspflichten der Arbeitgeber nachkommen muss. Da die Umsetzungsfrist der Europäischen Union (EU) für die neuen Regeln am 31. Juli 2022 abläuft, treten die Neuregelungen recht kurzfristig zum 1. August in Kraft.
Schon bisher regelte das Nachweisgesetz, dass der Arbeitgeber die wichtigsten Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen hatte und dem Arbeitnehmer aushändigen musste. Dafür galt bislang eine Monatsfrist nach Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Welche Angaben sind notwendig?

Folgende Punkte mussten bislang dokumentiert werden:
  • Name und Anschrift der Vertragsparteien
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
  • Arbeitsort
  • Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
  • Arbeitszeit
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • Kündigungsfristen
  • Allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.
Ab August kommen folgende Punkte hinzu:
  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
  • Gegebenenfalls freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer
  • Sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
  • Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
  • Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist.
  • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; Paragraf 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden

Was ändert sich darüber hinaus?

  • Die neuen Pflichten gelten bei Neueinstellungen ab dem 1. August. Im Gegensatz zur früheren Regelung muss aber bereits am ersten Arbeitstag dem Arbeitnehmer die Niederschrift mit den Informationen über den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien, das Arbeitsentgelt und seine Zusammensetzung sowie über die Arbeitszeit vorliegen. Die weiteren Nachweise müssen spätestens in sieben Kalendertagen nachgereicht werden.
  • Beschäftigte, die vor dem 1. August eingestellt wurden, müssen nur dann schriftlich über ihre wesentlichen Arbeitsbedingungen unterrichtet werden, wenn sie den Arbeitgeber dazu auffordern. Dann gilt eine Frist von sieben Tagen. Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersversorgung, die Pflichtfortbildung, das Kündigungsverfahren und geltende Kollektivvereinbarungen müssen spätestens innerhalb eines Monats bereitgestellt werden.
  • Ändern sich die wesentlichen Arbeitsbedingungen in bestehenden Arbeitsverhältnissen, dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer spätestens am Tag der Änderung unterrichtet haben. Gesetzesänderungen oder Änderungen in Tarifverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen müssen weiterhin nicht schriftlich angezeigt werden.
  • Neu ist auch, dass bei Verstößen ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro droht.
Tipps: Bereiten Sie sich als Arbeitgeber auf die Umsetzung dieser Regelung vor. Sollten Sie Musterarbeitsverträge haben, die Sie bei der Einstellung benutzen, sollten Sie diese umgehend um die neuen Angaben ergänzen. Leider sind Musterformulierungen derzeit noch schwer zu finden.

Für alle Beschäftigten, die bereits vor dem 1. August im Betrieb sind, sollten Sie überlegen, für welche Arbeitnehmergruppen eventuell Standardschreiben mit den ergänzenden Hinweisen verfasst werden können. Allerdings geht dies nur, wenn tatsächlich identische Arbeitsbedingungen bestehen. Auf Nachfragen von Bestandsbeschäftigte müssen Sie sich jedenfalls einstellen.
Darüber hinaus sollten Sie überlegen, ob es bei Bestehen eines Betriebsrates Sinn macht, allgemeine Arbeitsbedingungen, wie Arbeitszeit, betriebliche Altersversorgung, Schichtsystem oder ähnliche in Betriebsvereinbarungen zu regeln. Darauf könnte in den Arbeitsverträgen dann Bezug genommen werden.

Online-Auftritt

Rainer Lotis
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Vertragsrecht, IT-Recht, Wettbewerbsrecht

Vitamine: Die umgangssprachliche Bezeichnung auf Verpackung reicht aus

Verpflichtende Angaben auf verpackten Lebensmitteln dienen dem Verbraucherschutz. Käufer sollen sich schnell über Inhaltsstoffe und Eigenschaften informieren können, um dann eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Verwendung umgangssprachlicher Vitaminbezeichnungen ausreichend, entschied der Europäische Gerichtshof.
6. April 2022
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass im Zutatenverzeichnis eines Lebensmittels nur die enthaltenen Vitamine und nicht auch die speziell verwendeten Vitaminverbindungen angegeben werden müssen.
In dem Gerichtsverfahren ging es um ein in Ungarn vertriebenes Margarineerzeugnis. Auf dessen Verpackung befand sich die Angabe „Vitamine (A, D)“. Dies wurde von den ungarischen Behörden bemängelt. Sie waren der Ansicht, dass nicht nur die Vitamine, sondern auch die speziell verwendeten Vitaminverbindungen angegeben werden müssen und verpflichteten den Vertreiber, die Kennzeichnung entsprechend zu ändern. Gegen diese Anordnung klagte der Lebensmittelhersteller. Der Rechtstreit ging über den Obersten Gerichtshof Ungarns zur Klärung bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Dieser bestätigte, dass ein Vitamin, wenn es einem Lebensmittel zugesetzt wird, zwingend in dem auf dem Erzeugnis anzubringenden Zutatenverzeichnis angegeben werden muss. Zu der Frage, wie die Vitamine auf Lebensmitteln zu kennzeichnen sind, führte er aus, dass die speziell verwendeten Vitaminverbindungen nicht auf den Packungen stehen müssen. Konkret bedeute dies, dass entweder die rechtlich vorgeschrieben Bezeichnung oder, wenn eine solche nicht existiert, die verkehrsübliche Bezeichnung zu verwenden ist. Im Bezug auf Vitamine folge daraus, dass diese als „Vitamin A“, „Vitamin D“ oder „Vitamin E“ zu kennzeichnen sind und keine speziell verwendete Vitaminverbindung abgebildet werden muss. Nach Ansicht des EuGHs ist nur so eine zutreffende, klare und leicht verständliche Information der Verbraucher gewährleistet.
Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 51/2022 vom 24. März 2022

Aktuelle Vorgaben für Kaufverträge

Seit dem 1. Januar 2022 gelten für Kaufverträge oder Verbrauchsgüterverträge neue gesetzliche Regelungen, die insbesondere Verkäufer vor neue Pflichten stellt. Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen wurden durch die Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/771) in deutsches Recht geändert. Diese Vorschriften betreffen alle Kaufverträge, die nach diesem Datum abgeschlossen wurden.

Aktualisierungspflicht des Verkäufers

Verkäufer von Waren mit digitalen Elementen – wie Tablets, E-Bikes, Autos, intelligente Armbanduhren, Navigationsgeräte oder Saugroboter – unterliegen einer gesetzlichen Aktualisierungspflicht. Diese Pflicht soll sicherstellen, dass die Produkte auch dann funktionsfähig bleiben, wenn sich das digitale Umfeld- wie die Cloud-Infrastruktur - ändert oder Sicherheitsupdates erforderlich sind.
Der Verkäufer muss alle funktionserhaltenden Updates bereitstellen und den Verbraucher über diese informieren. Upgrades, also Verbesserungen der digitalen Elemente, sind davon nicht umfasst.
Die Dauer der Aktualisierungspflicht ist gesetzlich nicht genau festgelegt, sondern richtet sich nach der Verbrauchererwartung. Kriterien dafür sind zum Beispiel Werbeaussagen, Materialien, Preis oder die übliche Nutzungs- und Verwendungsdauer („life-Cycle“) des Produkts. Die Pflicht kann nur unter engen Voraussetzungen im Vertrag ausgeschlossen oder verkürzt werden. So muss der Verbraucher in seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt werden, dass eine Abweichung vorliegt. Zudem muss dies im Kaufvertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Ein Ausschluss der gesetzlichen Aktualisierungspflicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist grundsätzlich nicht wirksam.

Verschärfung der Beweislast

Seit dem 1. Januar 2022 gilt eine verlängerte Beweislastumkehr im Verbrauchsgüterkauf (Verkauf an Endkonsumenten): Tritt innerhalb der ersten zwölf Monate nach Übergabe ein Mangel auf, wird vermutet, dass dieser bereits bei Übergabe bestand. Zuvor lag dieser Zeitraum bei sechs Monaten.
Der Verkäufer kann diese Vermutung widerlegen, zum Beispiel durch den Nachweis, dass der Mangel auf unsachgemäße Nutzung oder Verschleiß zurückzuführen ist.

Neue Regeln bei der Gewährleistungsfrist

Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beim Verbrauchsgüterkauf beträgt weiterhin zwei Jahre ab Ablieferung der Sache. Neu ist hier die sogenannte Ablaufhemmung: Bei einem Mangel, der sich innerhalb der regulären Gewährleistungsfrist gezeigt hat, tritt die Verjährung erst vier Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Zeigt sich somit zum Beispiel erst im 23. Monat der Mangel, kann der Käufer seine Ansprüche noch bis zum 27. Monat nach Lieferung geltend machen. Zudem greift eine Ablaufhemmung, wenn der Unternehmer während der Verjährungsfrist einem geltend gemachten Mangel durch Nacherfüllung (Reparatur oder Neulieferung) abgeholfen hat. In diesem Fall tritt die Verjährung von Ansprüchen wegen des geltend gemachten Mangels erst nach Ablauf von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die nachgebesserte oder ersetzte Ware dem Verbraucher übergeben wurde.

Erleichterte Rücktrittsmöglichkeiten für den Käufer

Grundsätzlich soll der Verkäufer bei einem Sachmangel die Möglichkeit haben, diesen Mangel zu korrigieren. Der Käufer hat daher zunächst einen Anspruch auf Nacherfüllung. Er kann also die Reparatur der mangelhaften Sache oder die Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache verlangen. Rücktritt, Minderung und Schadenersatz sind erst möglich, wenn der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, und diese ergebnislos verstrichen ist.
Während es im unternehmerischen Geschäftsverkehr bei dieser Regelung bleibt, entfällt das Erfordernis der Fristsetzung bei Verbrauchergeschäften.
Hier ist es ausreichend, dass eine angemessene Frist abgelaufen ist. Hat der Unternehmer in diesem Sinne nicht rechtzeitig nacherfüllt, ist der Verbraucher unmittelbar zum Rücktritt berechtigt. Was dabei eine angemessene Zeit ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Neue Pflichten bei der Nacherfüllung

Der Käufer ist ausdrücklich dazu verpflichtet, die Kaufsache zum Zwecke der Nacherfüllung (zum Beispiel Reparatur) dem Verkäufer zur Verfügung zu stellen, also dem Händler die Ware zu übergeben oder sie ihm zu schicken. Gleichzeitig ist der Verkäufer verpflichtet, die im Rahmen der Nacherfüllung ersetzte Kaufsache auf seine Kosten zurückzunehmen. Bei Verbrauchsgüterkaufverträgen kann hiervon nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden.

Früherer Zeitpunkt der Kaufpreiserstattung

Bei Rückgabe einer mangelhaften Kaufsache muss der Verkäufer den Kaufpreis erstatten, sobald der Käufer den Nachweis der Rücksendung erbringt – ein Einlieferungsbeleg eines Transportunternehmens genügt. Zudem trägt der Verkäufer die Rücksendekosten.

Negative Beschaffenheitsvereinbarung

Beim Verkauf von B-Ware, Vorführgeräten, Ausstellungsstücken und gebrauchter Ware kann die negative Beschaffenheit, zum Beispiel Gebrauchsspuren, nicht mehr über die Produktbeschreibung oder die Ausschilderung der Ware vereinbart werden. Eine solche sogenannte negative Beschaffenheitsvereinbarung ist nur möglich, wenn der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung „eigens“ davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht. Diese Abweichung muss zudem ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Diese gesonderte Vereinbarung kann, zum Beispiel beim Bestellvorgang im Text auf der Webseite hervorgehoben dargestellt werden. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder im Formularvertrag ist nicht mehr zulässig. Im Online-Handel genügt auch ein vorangekreuztes Kästchen nicht, welches der Verbraucher deaktivieren kann. Ein nicht vorangekreuztes Kästchen ist jedoch beispielsweise möglich.
Diese Regelung gilt nicht im unternehmerischen Verkehr (B2B) und unter Verbrauchern beziehungsweise Privatleuten (C2C).

Ergänzungen der Bestimmungen für Garantien

Eine Garantieerklärung ist dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Aus ihr muss deutlich hervorgehen, dass die Garantie neben den gesetzlichen Gewährleistungsrechten besteht, und dass die Inanspruchnahme dieser Rechte unentgeltlich ist. Die Garantieerklärung muss dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Kaufsache zur Verfügung gestellt werden. Die Garantie nur auf Verlangen des Verbrauchers zur Verfügung zu stellen, genügt nicht mehr.
Verstößt der Garantiegeber gegen diese Vorgaben, ist die Garantieerklärung dennoch wirksam, da ein Verstoß nicht zu Lasten des Verbrauchers gehen darf. Allerdings können Händler wegen eines solchen Verstoßes abgemahnt werden.
Stand: 06.03.2025

Ab 2022 gelten neue europäische Schwellenwerte

Ab dem kommenden Jahr gelten für Vergabeverfahren, die europaweit ausgeschrieben werden müssen, neue Schwellenwerte. Sie finden diese hier aufgelistet.
30. November 2021
Alle zwei Jahre werden die europäischen Schwellenwerte für Vergabeverfahren, ab denen öffentliche Auftraggeber europaweit ausschreiben müssen, von der Europäischen Union überprüft und angepasst. Ab 2022 gelten die am 10. November im europäischen Amtsblatt veröffentlichten Schwellenwerte.

Allgemeine Schwellenwerte

  • Bauleistungen: 5.382.000 Euro (bisher: 5.350.000 Euro)
  • Liefer- und Dienstleistungen: 215.000 Euro (bisher: 214.000 Euro)
  • Liefer- und Dienstleistungen durch obere und oberste Bundesbehörden: 140.000 Euro (bisher 139.000 Euro)

Aufträge nach Sektorenrichtlinie und Richtlinie Verteidigung und Sicherheit (2014/25/EU und 2009/81/EG)

  • Bauleistungen: 5.382.000 Euro (bisher 5.350.000 Euro)
  • Liefer- und Dienstleistungen: 431.000 Euro (bisher 428.000 Euro)
  • Konzessionen: 5.382.000 Euro (bisher 5.350.000 Euro)
Unterstützung bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge gibt die Auftragsberatungsstelle Hessen, eine Gemeinschaftseinrichtung des Hessischen Wirtschaftsministeriums und der hessischen Kammern. Hier gibt es auch die Möglichkeit, einen Service zu abonnieren, der sicherstellt, dass man die öffentlichen Ausschreibungen erfährt, um die sich ein Betrieb mit seinem Leistungsspektrum bewerben kann.

Kassenführung Registrierkassen

Kassen als Prüfungsschwerpunkt

Bei Betriebsprüfungen richten die Finanzbehörden zunehmend ihren Fokus auf Registrierkassen und überprüfen die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung – insbesondere bei bargeldintensiven Betrieben wie Gaststätten und dem Einzelhandel. Leider endet der Großteil der Kassenprüfungen mit Beanstandungen, was häufig zu Hinzuschätzungen führt. Im schlimmsten Fall kann sogar ein Strafverfahren eingeleitet werden.

Die aktuellen Anforderungen

Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung haben sich in den vergangenen Jahren erheblich verschärft. Grund dafür sind verschiedene Vorschriften, wie zum Beispiel das Kassengesetz (Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen), die Kassensicherungsverordnung sowie weitere Vorgaben der Finanzverwaltung.
Wichtig sind vor allem folgende Vorgaben:
  • Seit dem 1. Januar 2020 müssen grundsätzlich alle Kassen mit einer sog. zertifizierten elektronischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet werden. Diese soll die Manipulation der digitalen Grundaufzeichnungen verhindern.
  • Seit dem 1. Januar 2020 gilt eine Belegausgabepflicht für elektronische Kassensysteme. Sie verpflichtet die Unternehmen zur sofortigen Ausstellung eines Kassenbons.
  • Hierdurch wird die seit 2018 nunmehr gesetzlich geregelte Einzelaufzeichnungspflicht ergänzt: Jeder Verkaufsvorgang muss detailliert im elektronischen System aufgezeichnet – ein sogenannter Z-Bon reicht nicht aus!
  • 2018 wurde auch die sogenannte Kassennachschau eingeführt. Prüfer der Finanzverwaltung dürfen unangekündigt die Kassenbuchführung überprüfen und Zugriff auf die Kasse verlangen.
  • Erforderlich ist außerdem eine Verfahrensdokumentation. Diese muss auch die Organisationsunterlagen zum eingesetzten Kassensystem, unter anderem Kassenfabrikat, Seriennummer, Einsatzzeiten, Programmieranleitungen enthalten.
Offene Ladenkasse:
Unternehmer, die bisher keine Registrierkasse benutzen oder kein elektronisches System verwenden, sind nicht zur Anschaffung gezwungen. Eine allgemeine Pflicht zur Nutzung einer Registrierkasse besteht weiterhin nicht.

Mit dem Steuerberater und dem Kassenhersteller abstimmen!

Vor der Entscheidung für ein Kassensystem gilt es, sich sehr genau mit den Anforderungen an eine „ordnungsgemäße Kassenführung“ auseinanderzusetzen. Hilfestellung können hierbei Steuerberater und die Kassenhersteller geben.

Die Kassen-Nachschau als Prüfinstrument

Die Finanzbehörden haben bereits seit 2018 die Möglichkeit von unangemeldeten Kassenkontrollen, der sogenannten Kassen-Nachschau. Das ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und der ordnungsgemäßen Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Buchführung. In diesem Zusammenhang müssen alle relevanten Aufzeichnungen, Bücher und Unterlagen (auch elektronisch) vorgelegt und ein Datenzugriff über eine digitale Schnittstelle respektive Datenträgerüberlassung ermöglicht werden.
Die Finanzverwaltung erläuterte mit dem Schreiben vom 29. Mai 2018 die Einzelheiten der Kassen-Nachschau wie folgt:
  • Der Kassen-Nachschau unterliegen nicht nur elektronische und PC-gestützte Registrierkassen, sondern – neben Taxametern, Wegstreckenzählern, Waagen mit Registrierkassenfunktion, Geldspielgeräten – auch offene Ladenkassen.
  • Die Entscheidung, ob während der Kassen-Nachschau ein Kassensturz durchgeführt wird, liegt im Ermessen des Prüfers.
  • Die Kassen-Nachschau darf während der üblichen Geschäftszeiten, aber auch außerhalb dieser Zeiten vorgenommen werden, sofern im Unternehmen noch/schon gearbeitet wird (Arbeitszeiten).
  • Der Prüfer kann inkognito die öffentlich zugänglichen Geschäftsräume betreten, die dortigen Vorgänge beobachten und Testkäufe vornehmen. Die eigentliche Kassen-Nachschau muss nicht am selben Tag wie die Beobachtung der Kassenabläufe beginnen. Der Prüfer hat sich erst dann auszuweisen, wenn er die nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Geschäftsräume betreten möchte oder Einsicht in das elektronische Aufzeichnungssystem verlangt.
  • Bei Abwesenheit des Steuerpflichtigen oder seines gesetzlichen Vertreters (beispielsweise Geschäftsführer einer GmbH, Paragraf 35 GmbHG) sind alle Mitarbeiter zur Mitwirkung verpflichtet, soweit diese hierzu tatsächlich in der Lage sind und rechtlich vom Geschäftsinhaber befugt wurden.
  • Neben der Einsichtnahme in kassenrelevante Aufzeichnungen, Bücher und sonstige Organisationsunterlagen und dem Datenzugriff kann der Prüfer Unterlagen und Belege scannen bzw. fotografieren.
  • Die Kassen-Nachschau stellt keine Außenprüfung nach Paragraf 193 AO dar. Sofern Anlass zu Beanstandungen der Kassenaufzeichnungen bzw. -buchungen oder (ab 1. Januar 2020) der technischen Sicherheitseinrichtung besteht, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung übergegangen werden. Dieses ist schriftlich bekannt zu geben.
  • Da die Kassen-Nachschau keine Außenprüfung darstellt, ist kein Prüfungsbericht anzufertigen. Werden jedoch auf Grundlage der Kassen-Nachschau die Besteuerungsgrundlagen geändert, ist dem Steuerpflichtigen zuvor rechtliches Gehör zu gewähren. Gegen die Änderungen im Steuerbescheid kann Einspruch eingelegt werden.

Die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE)

Mit dem „Kassengesetz“ werden Unternehmen darüber hinaus verpflichtet, ab 2020 ihre elektronischen Kassen(-systeme) mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) auszustatten. Hierdurch soll verhindert werden, dass Kassendaten nachträglich und unerkannt gelöscht oder verändert werden. Die TSE besteht aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen digitalen Schnittstelle.
Jeder Kassenzugriff ist nun lückenlos, das heißt fortlaufend nummeriert und manipulationssicher auf einem Speichermedium mit folgenden Daten aufzuzeichnen:
  • Zeitpunkt von Vorgangsbeginn und -ende bzw. Abbruch
  • laufende Transaktionsnummer
  • Art des Vorgangs
  • Daten des Vorgangs
  • Zahlungsart
  • Prüfwert
  • Seriennummer des Kassensystems oder der tSE
Registrierungspflicht! Unternehmen müssen die Verwendung einer tSE der Finanzverwaltung unter Angabe der Zertifizierungsnummer sowie weiterem Angaben anzeigen. Dieses soll nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erfolgen. Überdies soll ein elektronisches Meldeverfahren eingerichtet werden.
Hinweis: Mit der Nichtbeanstandungsregelung wird die Mitteilungsfrist bis zu dem Zeitpunkt ausgesetzt, an dem ein elektronisches Meldesystem verfügbar ist.
Verwendet ein Unternehmer ein Kassensystem, das
  • nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht oder
  • nicht durch eine zertifizierte tSE geschützt ist,
stellt dieses eine Ordnungswidrigkeit dar, bei der Geldbußen bis zu 25.000 Euro verhängt werden können.

Buchführungspflicht, Kassentypen, Aufzeichnung und Aufbewahrung

Wichtige “To Do´s” für die Praxis

  • Kassenbericht/Kassenbuch: Alle Kasseneinnahmen und -ausgaben müssen täglich festgehalten werden.
  • Einzelaufzeichnung: Jeder Verkaufsvorgang ist mit den wichtigsten Angaben aufzuzeichnen. Die Kassenaufzeichnungen sind chronologisch zu erstellen und fortlaufend zu nummerieren. Tageseinnahmen sind getrennt nach dem Steuersatz für die Umsatzsteuer (7 % und 19 %) aufzuzeichnen.
  • Detailtiefe: Grundsätzlich muss jeder verkaufte Artikel genau erfasst werden, wobei eine Zusammenfassung bei gleichen Warengruppen mit gleichem VK-Preis möglich ist. Welche Detailtiefe erforderlich ist, hängt auch vom Artikelportfolio ab: je genauer Sie differenzieren, desto besser!
  • Kassensturzfähigkeit: Kassenaufzeichnungen sind so zu führen, dass der Soll- jederzeit mit dem Ist-Bestand der Kasse abgeglichen werden kann.
  • Belegpflicht: Der Grundsatz „Keine Buchung ohne Beleg“ gilt für sämtliche Tageseinnahmen und -ausgaben.
  • Z-Bons: Ein Tagesendsummenbon (oder auch Kassenabschlussbeleg) muss folgende Pflichtangaben enthalten: fortlaufende und automatisch generierte Nummer des Bons, Name des Geschäfts(-inhabers), Datum/Uhrzeit des Ausdrucks, Bruttoeinnahmen pro Umsatzsteuersatz, Storno-/ Retourbuchungen, Entnahmen bzw. alle weiteren Eingriffsvorgänge in die Kasse, Zahlungsart und Ausdruck des Nullstellungszählers. Die Z-Bons sind zusammen mit Kassenbuch oder den Kassenberichten aufzubewahren.
  • Aufbewahrung der Rechnungen: Rechnungen, die von einer Registrierkasse erstellt wurden, sind aufbewahrungspflichtig. Die Pflichtangaben darauf sind jedoch geringer, wenn es sich um sog. Kleinbetrags­rechnungen (< EUR 250 inkl. Umsatzsteuer) handelt.
  • Nachvollziehbarkeit von Veränderungen: Eintragungen sind so zu korrigieren, dass die ursprüngliche Erfassung lesbar und nachvollziehbar ist.
  • Dokumentenmanagementsysteme: Alle in einem Datensystem erzeugten Dateien können nachträglich verändert werden. Dieses gilt nicht nur für Rechnungen im WORD-Format oder Kalkulationen mit EXCEL; dieses gilt auch für erhaltene/erstellte PDF-Dateien oder sonstige Kassendaten, welche zwecks Archivierung (10 Jahre) auf einem Datenträger abgelegt werden. Hier empfiehlt sich die Anschaffung eines Dokumentenmanagementsystems (DMS), welches eine unveränderbare Archivierung („GOBD-konform“) sicherstellt.
Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Darmstadt sind ein ‎Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie enthalten nur erste Hinweise und ‎erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher ‎Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht ‎übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall, beispielsweise durch einen ‎Rechtsanwalt, Steuerberater oder Unternehmensberater, nicht ersetzen.‎

Gründungsformalitäten

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GoBD – Was ist zu tun?

Die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff werfen bei Betrieben Fragen auf. Hier finden Sie kompakt das Wichtigste in Kürze zu den GoBD.

Was ist zugänglich zu machen – welche Systeme sind betroffen?

Alle Systeme, die für Buchungen und die Besteuerung von Bedeutung sind, sind davon betroffen. Was digital eingesetzt und erstellt wird und mit dem Rechnungswesen zusammenhängt, muss den Anforderungen der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) genügen und muss den Prüfern der Finanzverwaltung zugänglich gemacht werden.
Dies umfasst: Anlagenbuchhaltung, Lohnbuchhaltung, Kassen bzw. Registrier- und PC-Kassensysteme, Warenwirtschaftssysteme, Fakturierungssysteme, Kostenrechnung, Zahlungsverkehrssysteme, Waagen, Taxameter, Zeiterfassungssysteme, Dokumenten-Management-Systeme, Archive, elektronische Fahrtenbücher, Rechnungseingangsbücher, elektronische Lieferscheine und auch Schnittstellen zwischen den Systemen.
Achtung: Auch MS-Office-Produkte (Word, Outlook/E-Mail-Korrespondenz) können buchhaltungsrelevant sein und müssen in diesem Fall für die Finanzverwaltung zugänglich sein.
Lassen sie sich beraten: Der Steuerberater berät, welche Systeme betroffen sind. Er, bereitet die Daten für die Betriebsprüfung vor um im Rahmen von Betriebsprüfungen ggf. rechtzeitig einen – unzulässigen – Zugriff unterbinden kann.

Anforderungen an Systeme

Systeme müssen revisionssicher sein

Es muss sichergestellt werden, dass Dokumente nicht verändert werden beziehungsweise Änderungen protokolliert werden. Die Randnummer 107 und folgende. der GoBD sagt, dass das zum Einsatz kommende Datenverarbeitungssystem „die Gewähr dafür bieten muss, dass alle Informationen (Programme und Datenbestände), die einmal in den Verarbeitungsprozess eingeführt werden (Beleg, Grundaufzeichnung, Buchung), nicht mehr unterdrückt oder ohne Kenntlichmachung überschrieben, gelöscht, geändert oder verfälscht werden können. Bereits in den Verarbeitungsprozess eingeführte Informationen (Beleg, Grundaufzeichnung und Buchung) dürfen nicht ohne Kenntlichmachung durch neue Daten ersetzt werden.“
Dies gilt für alle Systeme, Sie müssen somit Daten unveränderbar abspeichern beziehungsweise vorgenommene Änderungen protokollieren.
Achtung bei Office-Produkten/Dateien: Eine Vielzahl von Betrieben schreibt Rechnungen in MS-Word, wandeln die Datei gegebenenfalls in ein PDF-Format um (damit ist das Word Dokument und MS-Word noch kein System im Sinn der GoBD) und versenden dieses per E-Mail. Der E-Mail-Austausch, zum Beispiel über einen Zahlungsabzug, lässt MS-Outlook zum relevanten System werden. Folglich ist der E-Mail-Verkehr, der besteuerungsrelevante Sachverhalte betrifft, über ein Dokumenten-Managementsystem revisionssicher abzuspeichern.

Durcheinander von Papier- und elektronischem Beleg vermeiden

Mischen sie nicht Papier- und elektronische Belege! Nur wenige Steuerpflichtige kommen noch ohne digitale (Eingangs-)Belege aus. Papierausdrucke von elektronischen Belegen werden von der Steuerverwaltung nicht anerkannt, da sie laut Randnummer 119 der GoBD zu einem formellen Fehler der Buchführung führen - selbst wenn sie chronologisch einwandfrei und richtig bezeichnet erfolgt. Daher: Digitale Belege sind auch digital zu kontieren.
Angeblich planen daher einzelne Oberfinanzdirektionen Erleichterungen für Kleinstbetriebe, wenn sie nur eine geringe Anzahl von digitalen Belegen haben. Dazu wird die Einrichtung eines Dokumenten-Managersystems unerlässlich sein.
Scanweisung zu fertigen, aus der hervorgeht,
  • Wer scannen darf,
  • Zu welchem Zeitpunkt gescannt wird (zum Beispiel Posteingang, während Abschluss der Vorgangsbearbeitung),
  • Welches Schriftgut gescannt wird,
  • Ob eine bildliche oder inhaltliche Übereinstimmung
  • Wie die Qualitätskontrolle auf Lesbarkeit
  • Wie die Protokollierung von Fehlern zu erfolgen hat

Zeitgerecht und zeitnah aufzeichnen und verbuchen

Von den GoBD betroffene Steuerpflichtige müssen unbare Geschäftsvorfälle innerhalb von zehn Tagen aufzeichnen. Kreditorische Buchungen sind innerhalb von acht Tagen zu erfassen. Kasseneinnahmen und –ausgaben sollen täglich erfasst werden. Bei bargeldintensiven Betrieben ist das ein „Muss“. Nach Randnummer 50 der GoBD hat die Buchung der Geschäftsvorfälle spätestens bis zum Ablauf des Folgemonats zu erfolgen.
Hinweis: Sorgfalt ist auch bei der Lagerbuchhaltung wichtig. Handelsübliche Programme weisen zum Beispiel in einer Übersicht Warenausgang, Belegdatum, Buchungsdatum und Buchungsnummer aus. In der Praxis, sind Warenausgangs-, Beleg- und Buchungsdaten nicht synchronisiert und erfüllen die zeitlichen Anforderungen nicht.

Verfahrensdokumentation erstellen

Buchführungs- beziehungsweise aufzeichnungspflichtige Steuerpflichtige müssen eine Verfahrensdokumentation erstellen (Randnummer 151 und folgende der GoBD), aus der Inhalt, Aufbau, Ablauf und Ergebnisse des Datenverarbeitungsverfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sind.
Die Verfahrungsdokumentationen müssen beinhalten:
  • Genaue Beschreibung der eingesetzten Kassen und Kassensysteme,
  • Bedienungsanleitung/Benutzerhandbuch,
  • Programmieranleitung,
  • Einrichtungsprotokolle,
  • Arbeitsanweisungen, zum Beispiel auch Scanvorschriften
  • Beschreibung der Kontrollmechanismen,
  • Beschreibung der Archivierungsfunktionen,
  • Protokolle über Einsatzorte und –zeiträume der Registierkassen.
Praxisleitfaden für Unternehmen – der AWV-Arbeitskreis 3.4 „Auslegung der GoBD beim Einsatz neuer Organisationstechnologien“ (siehe “Weitere Informationen”) veröffenlichte im Dezember 2018 den GoBD-Praxisleitfaden in der überarbeiteten Version 1.1. Im Rahmen des Updates wurde vom AWV-Arbeitskreis unter anderem das Kapitel mit dem Titel „Verfahrensdokumentation und die Darstellung des GoBD-bezogenen internen Kontrollsystems (IKS)“ ergänzt.
Wie sich in der Praxis zeigt, sind wichtige Bestandteile für die Erstellung einer Verfahrensdokumentation in den Unternehmen bereits vorhanden und müssen lediglich mit Blick auf die Verfahrensdokumentation aufbereitet werden. Die vorliegende Version des Leitfadens liefert Anhaltspunkte für die konkrete Herangehensweise und Informationen über die wesentlichen Inhalte der Verfahrensdokumentation.

Handelsregistereintragung - A bis Z

Mit Ausnahme des nicht eingetragenen Kleingewerbebetriebes und der BGB-Gesellschaft (GbR) müssen Unternehmen aller Rechtsformen in das Handelsregister eingetragen werden. Es wird bei den Amtsgerichten geführt und dient der Rechtssicherheit im Handelsverkehr, da alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse vollständig und zuverlässig hier nachgewiesen werden. Das Merkblatt erläutert die Hintergründe einer Handelsregistereintragung und zeigt die Konsequenzen für einen Kaufmann auf.

Allgemeines

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© IHK24 e.V.
Das Handelsregister wird in zwei Abteilungen geführt:
Über einen Notar werden zur Eintragung in das Handelsregister alle Rechtsverhältnisse einer Firma angemeldet, vom Registergericht geprüft, in das Handelsregister über­nommen und in der Tagespresse veröffentlicht.
ACHTUNG: Nach der Handelsregistereintragung muss im nächsten Schritt das Gewerbe beim Gewerbeamt separat angemeldet werden!

Bedeutung des Handelsregisters

Das Handelsregister gibt Auskunft über alle rechtserheblichen Tatsachen, die für einen Geschäftspartner des Kaufmanns wichtig sein können. Hierzu gehören z. B.: die Firma, der Name des Inhabers bzw. der persönlich haftenden Gesellschafter einer Personen­gesellschaft, die Haftung des Kommanditisten, das Stammkapital der GmbH, die Erteilung und Entziehung der Prokura, die Eröffnung des Konkurses bzw. die Löschung der Firma.
Das Handelsregister ist öffentlich und bietet deshalb allen Interessierten die Möglichkeit, die eingereichten Schriftstücke gebührenfrei einzusehen. Es können auch Abschriften - gegen entsprechende Gebühr - angefordert werden. Das Handelsregister genießt - ähnlich wie das Grundbuch - öffentlichen Glauben -, d. h., es schützt in bestimmtem Umfang den gutgläubigen Rechtsverkehr in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit der Eintragungen und Bekanntmachungen.
Schließt z. B. ein Prokurist nach seiner Entlassung, aber noch vor der Löschung im Handelsregister, namens des Geschäftsinhabers mit einem Kunden einen Vertrag, dem die Entlassung des Prokuristen unbekannt ist, so ist der Vertrag dennoch voll wirksam.
Nur im Handelsregister eingetragene Kaufleute können Prokura erteilen. Sie berechtigt den Prokuristen zum Abschluss von Geschäften aller Art, die mit dem Handelsgewerbe zusammenhängen. Die Prokura ist gegenüber Dritten zur Erleichterung des Handelsverkehrs fast nicht beschränkbar. Beschränkungen können nur im Innenverhältnis zwischen Kaufmann und Prokurist vorgenommen werden.
Selbstverständlich sind Änderungen eingetragener Tatsachen ebenfalls eintragungspflichtig, etwa die Änderung der Anschrift der Niederlassung eines Kaufmanns oder die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft. Die Abberufung eines Prokuristen oder eines Geschäftsführers sollte umgehend zur Eintragung angemeldet werden, denn dies liegt - wie bereits ausgeführt - im eigenen Interesse der Firma.
Verlegt z. B. der Kaufmann den Geschäftssitz, so kann er so lange unter der alten Adresse verklagt werden, bis die Änderung im Handelsregister eingetragen ist. Ihm können also erhebliche Nachteile entstehen, wenn das Handelsregister nicht dem tatsächlichen Stand entspricht. Auch die Auflösung und Liquidation einer Gesellschaft muss zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden ebenso wie die Löschung der Firma. Eröffnete Vergleichsverfahren oder Konkursverfahren (ab dem 1.1.1999: Insolvenzverfahren) über das Vermögen einer Firma werden vom Amtsgericht von Amts wegen ebenfalls eingetragen.

Vorschriften über Handelsgeschäfte

Handelsgeschäfte sind solche Geschäfte, die der Kaufmann im bzw. für den Betrieb seines Handelsgewerbes tätigt. Die Vorschriften des Handelsgesetzbuches sind den Erfordernissen des Handelsverkehrs angepasst. Dies hat zur Folge, dass das HGB gegenüber dem BGB (Bürgerlichen Gesetzbuch) einige Unterschiede aufweist.

Allgemein:

  • Kaufleute können auch ohne besondere Vereinbarung gemäß § 354 I HGB einen Anspruch auf Vergütung geltend machen, da von ihnen noch weniger als von normalen “BGB-Bürgern” erwartet wird, Leistungen unentgeltlich zu erbringen.
  • Bei einer Gattungsschuld muss der Kaufmann “Handelsgut von mittlerer Art und Güte” leisten (§ 360 HGB). Eine Gattungsschuld liegt dann vor, wenn der Kaufmann nicht ein Einzelstück, sondern nur allgemein bestimmte Ware zu leisten hat. Der Unterschied zur BGB-Regelung in § 243 I BGB liegt darin, dass der Kaufmann Handelsgut solcher Qualität, wie sie am Erfüllungsort üblich ist, schuldet. Das kann sowohl eine Erhöhung, wie Minderung der verlangten Qualität bedeuten.
  • Kaufleute müssen bei Handelsgeschäften die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 I HGB) beachten. Die Anforderungen an einen ordentlichen Kaufmann sind erheblich höher als die an den üblichen “BGB-Bürger”, denn dieser hat nur einzustehen, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gemäß § 276 I BGB außer acht lässt.
  • Nach § 350 HGB ist eine Bürgschaft, ein Schuldanerkenntnis oder ein Schuldversprechen des Kaufmanns formfrei gültig. Damit ist auch eine z. B. am Telefon abgegebene Bürgschaft rechtsgeschäftlich bindend.
    Das HGB enthält besondere Zinsregelungen, die den Gläubiger im Vergleich zu den Regelungen des BGBs besser stellen.
  • Kaufleute können untereinander Zinsen ab dem Tag der Fälligkeit ihrer Forderungen aus beiderseitigem Handelsgeschäft fordern (§ 353 HGB). Nach dem BGB entsteht ein Zinsanspruch hingegen erst bei verschuldeter Verspätung der Kaufpreiszahlung (§ 288 BGB).
  • Der gesetzliche Zinsanspruch beträgt gemäß § 352 II HGB 5 % (dagegen § 288 I BGB 4 %).
  • Für Kaufleute ist die Vereinbarung eines Abtretungsverbotes gemäß § 354 a HGB unwirksam. Dies hat besondere Vorteile für kleine und mittlere Unternehmen. Der Kaufmann kann seine Geldforderung als Sicherheit an Banken abtreten, auch wenn es vertraglich ausgeschlossen ist. Diese Norm steht im Gegensatz zu § 399 2 Alt. BGB.
  • Eine Herabsetzung unverhältnismäßig hoher Vertragsstrafen ist für Kaufleute ausgeschlossen (§ 348 HGB). Dagegen ist dies für Schuldner nach dem Bürgerlichen Recht (§ 343 I S. 1 BGB) möglich. Dem Kaufmann wird jedoch zugemutet, die Tragweite der Vertragsstrafe selbst abzuschätzen.
  • Schweigt ein Kaufmann auf einen Antrag, der auf eine Geschäftsbesorgung gerichtet ist, so gilt dies nach § 362 I HGB als Annahme. Im Bürgerlichen Recht kommt ein Vertrag nach § 663 BGB hingegen nur bei ausdrücklicher Annahme zustande. Dem Kaufmann wird ein Zurückbehaltungsrecht der nicht bezahlten Ware gewährt, auch wenn die Ansprüche auf Kaufpreiszahlung nicht aus dem selben Rechtsverhältnis stammen (§ 369 HGB). Es handelt sich damit um eine Verbesserung der Position des Gläubigers. Daneben kann der Kaufmann die Ware unter Umständen auch öffentlich versteigern lassen (§ 371 II HGB).
  • Nach § 355 HGB kann ein Kaufmann eine Kontokorrentabrede treffen. Damit haben die Vertragspartner die Möglichkeit, bei einer längeren Geschäftsbeziehung die gegenseitige Forderungen zu verrechnen. Während der Dauer der Kontokorrentabrede können Ansprüche nicht geltend gemacht werden. Nach Abschluss der Periode werden die Einzelansprüche unter Anrechnung der erbrachten Leistungen durch den Saldoanspruch ersetzt.
Beim beidseitigen Handelskauf obliegt dem Käufer die strenge Rügepflicht nach
  • §§ 377 ff. HGB. Er ist als Kaufmann verpflichtet, die Untersuchung der Ware unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes Verzögern) vorzunehmen. Beanstandet er nicht unverzüglich, so entfallen alle Gewährleistungsansprüche.
  • Der Kaufmann hat bei Annahmeverzug des Käufers weitergehende Rechte als derjenige, dessen Rechte nur nach BGB beurteilt werden. Dazu gehören: das Recht des Verkäufers, die Ware bei Annahmeverzug des Käufers auf dessen Gefahr und Kosten zu lagern (§ 373 I HGB) und die Berechtigung des Verkäufers, die Ware öffentlich versteigern zu lassen (§ 373 II-IV HGB).
  • Bei einem Fixhandelskauf ist es dem Käufer bei Verzug, also bei verschuldeter Verspätung des Verkäufers nach § 376 HGB möglich, Schadensersatz zu verlangen.
  • § 376 HGB bewirkt somit eine Besserstellung des Käufers gegenüber den Vorschriften des BGB, da § 361 BGB nur den Rücktritt, nicht aber einen Ersatzanspruch ermöglicht.

Handelsregistereintragung

Mit Ausnahme der Kommandit- und Kapitalgesellschaften, die erst durch die Handelsregistereintragung entstehen, legen Einzelkaufleute und BGB-Gesellschaften häufig auf den Eintrag keinen Wert. Der ”Kaufmann” ist aber gesetzlich zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet.
Das Handelsgesetzbuch (HGB) bezeichnet grundsätzlich jedes ein Gewerbe betreibende Unternehmen als Handelsgewerbe” oder ”Kaufmann”, es sei denn, das Unternehmen erfordert keinen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Diese Bestimmung erfolgt unabhängig davon, welche gewerbliche Tätigkeit das Unternehmen im besonderen ausübt. Auch Unternehmen, die im wörtlichen Sinne nicht Güter oder Waren an- oder verkaufen, sind Kaufleute, also auch Industrie, Handwerker oder sonstige ”Dienstleister”.
Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung, ob ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Gewerbebetrieb erforderlich ist, sind vor allem:
  • Jahresumsatz
  • Höhe des eingesetzten Kapitals
  • Art und Anzahl der Geschäftsvorgänge
  • Inanspruchnahme und Gewährung von Kredit
  • Größe und Beschaffenheit der Geschäftsräume
  • Anzahl der Beschäftigten
  • Art der Buchführung.
Sofern der Geschäftsbetrieb eines Einzelkaufmanns oder einer Personengesellschaft (OHG / KG) nach Art und Umfang als kaufmännisch anzusehen ist, besteht die gesetzliche Verpflichtung, die Firma zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, braucht das Unternehmen nicht dort eingetragen zu werden, für dieses ist nur die Gewerbeanmeldung erforderlich. Unterlässt ein Unternehmen die Eintragung in das Handelsregister, obwohl es aufgrund seines Geschäftsumfanges eintragungspflichtig ist, kann das Amtsgericht die Anmeldung - gegebenenfalls durch Verhängung von Zwangsgeldern - durchsetzen. Erfordert ein Unternehmen keinen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb, so besteht keine Verpflichtung, wohl aber die Berechtigung, die Handelsregistereintragung zu beantragen. Sofern sich ein solches Unternehmen freiwillig in das Handelsregister eintragen lässt, wird mit der Eintragung die Kaufmannseigenschaft erworben. Aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wird eine oHG.
Die IHK ist gesetzlich verpflichtet, die Gerichte bei Handelsregistereintragungen sowie bei der Führung des Handelsregisters zu unterstützen.
Für eine eingehende Beratung zur Handelsregistereintragung wenden Sie sich bitte an die Industrie- und Handelskammer.

Zum Firmennamen

Viele bezeichnen im täglichen Geschäftsverkehr umgangssprachlich ein Unternehmen, auch ein kleineres (Kleingewerbetreibender), mit ”Firma” z. B.: "Firma Maier". Dies ist aus rechtlicher Sicht nicht korrekt. Denn "Firma" ist nach dem HGB nur der Name, mit dem das Unternehmen im Handelsregister eingetragen ist und unter dem es im Geschäftsverkehr auftritt. Da aber Kleingewerbetreibende nicht im Handelsregister eingetragen sind, haben sie auch keine ”Firma”.
Nur das im Handelsregister eingetragene Unternehmen kann einen Firmennamen im rechtlichen Sinne führen, der - zusammen mit dem Geschäftsbetrieb - verkauft, vererbt und verpachtet werden kann. Dies ist besonders bei gut eingeführten Unternehmen von Bedeutung, da dann bei einem Inhaberwechsel die alte Firmenbezeichnung fortgeführt und auf das Ansehen des eingeführten Namens beim Publikum gebaut werden kann.

Die Firmenbildung

Die Firma muss zur Kennzeichnung des Unternehmens geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen.
Herkömmlicherweise kann der bürgerliche personenstandsrechtliche Name des Kaufmanns Kennzeichnungsfunktion übernehmen. Aber auch Sachangaben oder reine Phantasie­bezeichnungen sind bei der Firmenbildung verwendbar. Auch gemischte Firmen bestehend aus Namen, Sach- und/oder Phantasiebezeichnungen sind zulässig.
In der Sachfirma wird die Branche oder der Tätigkeitsbereich des Unternehmens durch Gattungsbegriffe wiedergegeben, z. B. ”ARTOS Gesellschaft für EDV-Beratung mbH”.
Die Namensfirma enthält den Familiennamen des Inhabers ”Josef Kleinschmidt e.K.” bzw. eines oder mehrerer Gesellschafter ”Müller & Schmidt oHG”. Eine Phantasiefirma kann durch erfundene Bezeichnungen wie z. B. ”PHÖNIX AG”, ”AVALON e.Kfr.”, ”Rasende Radler e.Kfm.”, ”KUKURUMBA KG” o.ä. oder Buchstabenkombinationen gebildet werden.
Auch muss der Firmenname insgesamt und in seinen einzelnen Bestandteilen wahr sein; er darf nicht über Art und Umfang des Geschäftsbetriebes oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers täuschen. Maßgebend ist dabei die Gefahr der Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise, das sind z. B. Mitbewerber, Kunden, Lieferanten oder Banken.
Die Firma muss außerdem einen Rechtsformzusatz enthalten, der die Haftungsverhältnisse des Unternehmens erkennen lässt. Allgemein verständliche Abkürzungen können benutzt werden. Einzelkaufleute führen die Bezeichnung ”eingetragener Kaufmann”, ”eingetragene Kauffrau” oder eine Abkürzung z.B. ”e. K.”, ”eK”, ”e. Kfm.” oder ”e. Kfr.”. Die offene Handelsgesellschaft kann die Abkürzung ”oHG”; eine Kommanditgesellschaft ”KG”, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Bezeichnung ”GmbH”, eine Aktiengesellschaft die Abkürzung ”AG” verwenden. Haftet bei einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft keine natürliche Person persönlich, so muss die Haftungsbeschränkung in der Firma erkennbar sein, z. B. durch den Zusatz ”GmbH & Co. KG” bzw. ”GmbH & Co. oHG”.

Wirkung der Handelsregistereintragung

Durch die Handelsregistereintragung wird der Firmenname gegenüber gleich- oder ähnlich lautenden Firmierungen geschützt, denn jede Firma muss sich von allen bereits im Handelsregister derselben Gemeinde eingetragenen Firmennamen deutlich unterscheiden (§ 30 HGB). Um rechtzeitig eine eventuelle Verwechslungsgefahr oder mögliche Bedenken hinsichtlich der Firmenwahrheit und Firmenklarheit auszuschließen, empfiehlt sich die Kontaktaufnahme mit der zuständigen Industrie- und Handelskammer bereits vor Anmeldung der Handelsregistereintragung.

Vorteile und Pflichten der Eintragung für den Kaufmann

Der Sinn einer Handelsregistereintragung erschöpft sich jedoch nicht in den bereits beschriebenen Auskunfts- und Ordnungsfunktionen. Die Eintragung erweist sich in vielen Fällen für den Kaufmann auch von Vorteil, er erhält einen Vertrauensvorschuss. Die Eintragung vermittelt Vertragspartnern und Behörden einen ersten Eindruck vom Unternehmen. Durch die Eintragung in das Handelsregister wird nach außen erkennbar, dass sich der Betrieb der Anwendung kaufmännischer Regelungen und Gebräuche (insb. dem Handelsgesetzbuch (HGB) unterwirft.
Da inzwischen jeder Gewerbetreibende berechtigt ist, sich freiwillig in das Handelsregister eintragen zu lassen, lässt die Eintragung keine Schlüsse auf die Größenverhältnisse des Unternehmens zu. Natürlich stellt sie auch keine Aussage über Bonität und Seriosität eines Unternehmens dar.
Viele Banken und Handelsunternehmen machen die Aufnahme einer Geschäftsverbindung von der Eintragung in das Handelsregister abhängig. Auch die Mitgliedschaft in Fachverbänden hat oft die Handelsregistereintragung zur Voraussetzung.
Nur das in das Handelsregister eingetragene Unternehmen kann Prokuristen bestellen (§ 48 HGB); nur dieses ist berechtigt, eine oder mehrere selbständige Zweigniederlassungen zu gründen. Nur derjenige, der als Kaufmann, als Vorstand einer Aktiengesellschaft, als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder als Vorstand einer sonstigen juristischen Person im Handelsregister eingetragen ist oder eingetragen war und das 30. Lebensjahr vollendet hat, kann das Ehrenamt eines Handelsrichters bei einer an einem Landgericht gebildeten Kammer für Handelssachen ausüben.
Der Kaufmann hat allerdings auch Pflichten. Hierzu gehört, Bücher zu führen, aus denen sich seine Handelsgeschäfte und seine Vermögenslage ersehen lassen.
Der Kaufmann hat außerdem zu Beginn des Handelsgewerbes und zum Schluss jedes Geschäftsjahres eine Inventur und eine Bilanz zu erstellen. Handelsbücher, Inventuren und Bilanzen hat er 10 Jahre, empfangene und Kopien abgesandter Handelsbriefe 6 Jahre aufzubewahren.
Auch hinsichtlich der Angaben auf dem Geschäftsbriefen gibt es besondere Regelungen. Grundsätzlich gilt, dass die im Handelsregister eingetragene Firma (Firmenbezeichnung) einschließlich des Rechtsformzusatzes vollständig und korrekt angegeben sein muss.
Der Ort der Niederlassung oder des Sitzes, sowie das Registergericht und die Handelsregisternummer müssen genannt werden. Die GmbH muss außerdem noch zusätzlich den vollen Familiennamen mit mindestens einem Vornamen aller Geschäftsführer angeben.
Ähnliches gilt für die AG und die GmbH & Co. KG, welche zusätzlich zu den eigenen Angaben noch die entsprechenden Angaben der persönlich haftenden GmbH auf den Geschäftsbriefen zu machen hat.

Aufgaben der Industrie- und Handelskammer

Die Kammern haben auf Anfrage der Amtsgerichte - Registergericht - eine gutachtliche Stellungnahme zur Zulässigkeit der Firma abzugeben und sie dadurch bei der Führung des Handelsregisters zu unterstützen. Um eine Zurückweisung der Anmeldung durch das Registergericht zu vermeiden, ist es ratsam, sich schon vor Antragstellung durch die örtlich zuständige Industrie- und Handelskammer beraten zu lassen.
Die Kammer prüft insbesondere, ob bereits in der gleichen Gemeinde ansässige und eingetragene Unternehmen eine Firma führen, die zu Verwechslungen führen könnten.
Um auszuschließen, dass überregional Firmen existieren, die nach wettbewerbsrechtlichen Vorschriften wegen Verwechslungsgefahr eventuell Unterlassungsansprüche geltend machen könnten, kann eine zusätzliche überregionale Überprüfung der Verwechslungsgefahr sinnvoll sein. Dies kann auch durch Einschaltung eines gewerblichen Informationsdienstes geschehen.
Bei reinen Handelsbetrieben werden nur die Industrie- und Handelskammern von den Amtsgerichten zur Stellungnahme aufgefordert. Bei Handwerksbetrieben, die einen Antrag auf Eintragung in das Handelsregister stellen, werden auch die örtlich zuständigen Handwerkskammern gutachterlich beteiligt.
Stand: März 2020

Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen

Bei der Gestaltung Ihrer Geschäftsbriefe müssen Sie gesetzliche Vorschriften beachten. Die Angaben sollen Ihren Geschäftspartnern die Möglichkeit geben, sich schon beim Beginn der Geschäftsbeziehung über die wesentlichen Verhältnisse Ihres Unternehmens zu informieren. Fehlende Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen kann das Handelsregister mit Zwangsgeld ahnden.
Zu den Geschäftsbriefen zählt der gesamte externe Schriftverkehr, das heißt jede Mitteilung die Sie an einen oder mehrere Empfänger richten ganz gleich, ob per Papier, E-Mail, Fax oder Postkarte.
Nicht im Handelsregister eingetragene Unternehmen wie gewerblich angemeldete Einzelunternehmer oder BGB-Gesellschaften müssen auf Ihren Geschäftsbriefen den ausgeschriebenen Vor- und Zunamen des Inhabers beziehungsweise aller Gesellschafter angeben. Die sogenannte Kleingewerbetreibenden sind zusätzlich verpflichtet in ihren Geschäftsbriefen eine ladungsfähige Anschrift aufzunehmen. Auch ausländische Unternehmen, die in Deutschland eine Zweigniederlassung oder eine unselbstständige Zweigstelle betreiben, sind verpflichtet, eine ladungsfähige Anschrift in allen Geschäftsbriefen anzugeben.

1. Was wird als Geschäftsbrief bezeichnet?

Als Geschäftsbriefe (nach außen gerichtete Mitteilungen) gelten in aller Regel:
  • der gesamte externe Schriftverkehr, das heißt jede schriftliche Mitteilung, die an einen oder mehrere Empfänger gerichtet wird;
  • beispielsweise Angebote, Auftrags- und Anfragebestätigungen, Bestellscheine, Rechnungen, Quittungen, Preislisten und so weiter
  • durch Einfügung der Worte "gleichviel welcher Form" in Paragraf 37a Handelsgesetzbuch (HGB), Paragaf 80 Aktiengesetz (AktG), Paragraf 35 a GmbHG und Paragraf 125 a HGB (Paragraf 177 a HGB) stellte der Gesetzgeber zum 01.01.2007 klar, dass die Angabepflicht unabhängig von der äußeren Form der Geschäftsbriefe (zum Beispiel E-Mail, Fax, Postkarte und Ähnlichen) besteht
Nicht als Geschäftsbriefe gelten:
  • der interne Schriftverkehr zwischen einzelnen Abteilungen, Büros, Filialen und Niederlassungen eines Unternehmens;
  • alle Nachrichten, die an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet werden, zum Beispiel Werbeschriften, Postwurfsendungen und Zeitungsanzeigen;
  • Mitteilungen, die üblicherweise auf einem Vordruck gemacht werden, wie zum Beispiel Lieferscheine, Versandanzeigen, Reparaturabholungsbenachrichtigungen
Beachte: Grundsätzlich muss jedes Schriftstück, das geeignet ist, im Einzelfall den ersten schriftlichen Kontakt zwischen den Geschäftspartnern herzustellen, die für Geschäftsbriefe gesetzlich vorgeschriebenen Angaben enthalten. Dies trifft beispielsweise auch auf eine Rechnung zu, wenn es sich hierbei um das erste Schriftstück handelt, das zwischen den Geschäftspartnern gewechselt wird (zum Beispiel nach telefonischer Auftragserteilung).

2. Welche Gesellschaftsform muss welche Pflichtangaben machen?

Einzelkaufleute, die im Handelsregister eingetragen sind

Gemäß Paragraf 37 a HGB müssen auf allen Geschäftsbriefen der Einzelkaufleute
  • die Firma in Übereinstimmung mit dem im Handelsregister eingetragenen Wortlaut;
  • der Rechtsformzusatz "eingetragener Kaufmann", "eingetragene Kauffrau" oder eine allge-mein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung wie beispielsweise "e. K.", "e. Kfr.", "e. Kfm.";
  • der Ort seiner Handelsniederlassung;
  • das Registergericht;
  • die Nummer, unter der die Firma im Handelsregister eingetragen ist,
angegeben werden.

offene Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG)

Die Geschäftsbriefe der Offenen Handelsgesellschaft (oHG) und Kommanditgesellschaft (KG) müssen gemäß Paragrafen 125 a und 177 a des Handelsgesetzbuches (HGB) folgende Angaben enthalten:
  • die vollständige Firma in Übereinstimmung mit dem im Handelsregister eingetragenen Wort-laut
  • die Rechtsform der Gesellschaft (oHG oder KG)
  • der Sitz der Gesellschaft (zum Beispiel Darmstadt)
  • das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft (zum Beispiel Amtsgericht Darmstadt)
  • die Nummer, unter der die Gesellschaft (hier die OHG oder KG) in das Handelsregister ein-getragen ist (zum Beispiel HRA 10 000)

Aktiengesellschaft (AG)

Gemäß Paragraf 80 Aktiengesetz müssen Aktiengesellschaften auf allen individuell adressierten Geschäftsbriefen (auch auf Bestellscheinen) gleichviel welcher Form folgende Angaben machen:
  • die vollständige Firma der Gesellschaft in Übereinstimmung mit dem im Handelsregister eingetragenen Wortlaut
  • Rechtsform der Gesellschaft (AG)
  • Sitz der Gesellschaft (zum Beispiel Darmstadt)
  • Registergericht des Sitzes der Gesellschaft (zum Beispiel Amtsgericht Darmstadt)
  • Nummer, unter der die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist (zum Beispiel HRB 60000)
  • alle Vorstandsmitglieder (der Vorsitzende des Vorstandes ist als solcher zu bezeichnen) mit ihrem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen
  • der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit seinem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen.
Angaben zum Gesellschaftskapital sind nicht vorgeschrieben, aber zulässig. Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Fall das Grund-kapital sowie, wenn auf die Aktien der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag nicht vollständig eingezahlt ist, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden.
Für den Fall, dass sich die Aktiengesellschaft in Liquidation befindet, müssen die vorgenannten Daten gleichfalls angegeben werden. Statt der Vorstandsmitglieder sind alle Abwickler mit Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen anzugeben. Auch in der Firmenbezeichnung ist darauf hinzuweisen, dass sich die Gesellschaft in Liquidation befindet (ABC AG i. L.).

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) / Unternehmergesellschaft (UG) (haftungsbeschränkt)

Gemäß Paragraf 35a GmbH-Gesetz müssen die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) auf allen Geschäftsbriefen gleichviel welcher Form folgende Angaben machen:
  • die vollständige Firma der Gesellschaft in Übereinstimmung mit dem im Handelsregister eingetragenen Wortlaut
  • die Rechtsform der Gesellschaft zum Beispiel GmbH, Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) oder UG (haftungsbeschränkt)
  • der Sitz der Gesellschaft (zum Beispiel Darmstadt)
  • das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft (zum Beispiel Amtsgericht Darmstadt)
  • die Nummer, unter der die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist (zum Beispiel HRB 50 000)
  • alle Geschäftsführer, dass heißt, auch Notgeschäftsführer und stellvertretende Geschäftsführer, mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen.
Hat die GmbH einen Aufsichtsrat gebildet und hat dieser seinerseits einen Vorsitzenden, so ist der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit seinem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen zu nennen. Soweit die Gesellschaft einen Beirat oder Verwaltungsrat gebildet hat, der die Aufgaben eines Aufsichtsrats wahrnimmt (dabei kommt es nicht auf die Bezeichnung des Organs an), sind auch in diesem Fall der Zuname sowie mindestens ein ausgeschriebener Vorname des Beiratsvorsitzenden beziehungsweise Verwaltungsratsvorsitzenden anzugeben.
Werden Angaben über das Gesellschaftskapital gemacht, so muss die Höhe des Stammkapitals und der Gesamtbetrag der ausstehenden, dass heißt, noch nicht eingezahlten, Einlagen bezeichnet werden.
Gemäß Paragraf 71 Absatz 5 GmbH-Gesetz müssen für den Fall, dass sich die GmbH in Liquidation befindet, die vorgenannten Informationen entsprechend angegeben werden. Statt der Geschäftsführer sind alle Liquidatoren mit dieser Funktionsbezeichnung anzugeben; hinzukommt, dass auf die Tatsache hingewiesen werden muss, dass sich die Gesellschaft in Liquidation befindet (zum Beispiel XYZ GmbH i.L.).

GmbH & Co. KG, AG & Co. KG, GmbH & Co. OHG, AG & Co. OHG

Gemäß Paragrafen 125a und 177a des Handelsgesetzbuches (HGB) müssen Gesellschaften, bei denen - mit Ausnahme der Kommanditisten - kein Gesellschafter eine natürliche Person ist (insbesondere handelt es sich hier um GmbH & Co. KG, AG & Co. KG, GmbH & Co. OHG, AG & Co. OHG), auf allen Geschäftsbriefen (zum Beispiel auch Bestellscheinen) gleichviel welcher Form folgende Angaben machen:
  • die vollständige Firma in Übereinstimmung mit dem im Handelsregister eingetragenen Wortlaut
  • die Rechtsform der Gesellschaft (zum Beispiel GmbH & Co. KG, AG & Co. KG, GmbH & Co. OHG, AG & Co. OHG)
  • der Sitz der Gesellschaft (zum Beispiel Darmstadt)
  • das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft (zum Beispiel Amtsgericht Darmstadt)
  • die Nummer, unter der die Gesellschaft (hier die OHG oder KG) in das Handelsregister eingetragen ist (zum Beispiel HRA 10 000)
  • die Firmen der persönlich haftenden Gesellschafter, dass heißt, in der Regel der GmbH oder AG, die die Funktion der persönlich haftenden Gesellschafter übernommen haben, nicht jedoch der Kommanditisten (zum Beispiel"Komplementärin: XYZ GmbH").
Ferner müssen auf den Geschäftsbriefen der Gesellschaft zusätzlich für die persönlich haftenden Gesellschafter (GmbH oder AG) die Angaben gemacht werden, zu denen diese Gesellschaften gemäß Paragraf 35 a GmbHG oder Paragraf 80 AktG ihrerseits verpflichtet sind, also:
  • die vollständige Firma in Übereinstimmung mit dem im Handelsregister eingetragenen Wortlaut
  • die Rechtsform
  • der Sitz
  • Registergericht des Sitzes der Gesellschaft
  • die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist
  • die Namen, sämtlicher - auch stellvertretender - Geschäftsführer beziehungsweise Mitglieder des Vorstandes jeweils mit ihrem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen
  • der Vorsitzender des Aufsichtsrats mit seinem Familiennamen und mindestens einem aus-geschriebenen Vornamen (bei der Aktiengesellschaft in jedem Fall, bei der GmbH dann, wenn ein Aufsichtsrat gebildet wurde und dieser einen Vorsitzenden hat)
  • Werden Angaben über das Gesellschaftskapital gemacht, so muss die Höhe des Stamm- bzw. Grundkapitals und der Gesamtbetrag der ausstehenden, noch nicht eingezahlten, Einlagen angegeben werden.

Gewerbetreibende, die nicht im Handelsregister eingetragen sind

Für Kleingewerbetreibende, hierzu zählen Einzelunternehmer und Gesellschaften bürgerlichen Rechts, gab es bis Ende März 2009 als zentrale gewerberechtliche Reglung Paragraf 15b Gewerbeordnung (GewO) für die Pflichtangaben auf den Geschäftsbriefen. Danach mussten Einzelunternehmer auf allen Geschäftsbriefen, ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen und ihre ladungsfähige Anschrift angeben. Dasselbe galt für Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), die auf ihren Geschäftsbriefen alle Gesellschafter mit ihrem Familiennamen und jeweils mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen aufführen mussten.
Durch das Dritte Mittelstandsentlastungsgesetz wurde Ende März 2009 Paragraf 15 b GewO aufgehoben. Dadurch gibt es zurzeit keine zentrale, gewerberechtliche Vorschrift für die Pflichtangaben von Kleingewerbetreibenden mehr. Nach wie vor ergibt sich aber die Notwendigkeit, die obengenannten Angaben auf Geschäftsbriefen zu machen, auch aus anderen rechtlichen Regelungen, wie zum Beispiel aus dem Wettbewerbsrecht sowie aus Paragraf 2 Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV).
Wir raten Kleingewerbetreibenden deshalb dringend, die früher in Paragraf 15b GewO geregelten Pflichtangaben auch weiterhin auf ihren Geschäftsbriefen aufzuführen. Sofern ein Kleingewerbetreibender eine selbstständige Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung (zum BeispielGaststätte „Zum goldenen Hirsch“) führt, ist er dennoch gehalten, auf seinen Geschäftsbriefen die oben genannten Pflichtangaben aufzuführen. Allein die Angabe der Geschäftsbezeichnung ist nicht ausreichend.

Selbständige Zweigniederlassungen

Selbständige Zweigniederlassungen sind vom Hauptgeschäft räumlich getrennte Betriebsstätten, die als zusätzlicher, auf Dauer gedachter Mittelpunkt des Unternehmens geschaffen und in das Handelsregister eingetragen werden. Sie nehmen trotz interner Abhängigkeit von der Hauptniederlassung selbständig am Geschäftsverkehr teil. Auf Geschäftsbriefen muss die Zweigniederlassung ihre vollständige Firma angeben. Diese kann mit der Firma der Hauptniederlassung übereinstimmen oder aber von ihr abweichen, wobei dann ein Hinweis auf die Zweigniederlassung aufgenommen werden sollte (Bsp.: ABC GmbH Zweigniederlassung Frankfurt; XY Dienstleistungen Zweigniederlassung der ABC GmbH). Weiter ist das Register anzugeben, in dem die Zweigniederlassung eingetragen ist. Daneben sind die weiteren für die jeweilige Rechtsform vorgeschriebenen Pflichtangaben des Hauptsitzes anzugeben. Die zusätzliche Angabe der Hauptniederlassung ist wünschenswert, aber gesetzlich nicht vorgeschrieben. Inländische Zweigniederlassungen auslän-discher Unternehmen müssen bei dem vom Inland ausgehenden Schriftverkehr auf Geschäftsbriefen bestimmte Mindestangaben machen:
  • das Register, bei dem die Zweigniederlassung eingetragen ist
  • die Registernummer
  • die vollständige ausländische Firma mit Rechtsformzusatz
  • das Register der ausländischen Gesellschaft
  • die nach deutschen Recht für die jeweilige Rechtsform vorgeschrieben Angaben auf Geschäftsbriefen, es sei denn das ausländische Recht schreibt etwas anderes vor
Auf den Geschäftspapieren von ausländischen juristischen Personen außerhalb der EG oder EWR sind folgende Angaben zu machen: Firmennamen, Ort und Staat des satzungsmäßigen Sitz der Gesellschaft, gesetzliche Vertreter (Familienname mit mindestens einem Vornamen).

Unselbständige Zweigstellen

Hierbei handelt es sich um Niederlassungen oder Filialen eines Unternehmens, die als räumlich getrennte Geschäftslokale eingerichtet werden, aber von der Hauptniederlassung abhängig sind. Sie bilden daher mit der Hauptniederlassung einen einheitlichen Geschäftsbetrieb und können demnach keine, von der Hauptniederlassung abweichende Firma führen. Auf den Geschäftsbriefen der Zweigstelle müssen daher die Angaben zum Hauptsitz (Firma, Registergericht und Handelsregisternummer) gemacht werden. Zusätzlich kann die Bezeichnung "Zweigstelle Berlin" geführt werden. Bei einem nicht im deutschen Handelsregister eingetragenen Hauptsitz sind die Register-angaben für die ausländische Gesellschaft anzugeben.

3. Welche Folgen können eintreten, wenn Pflichtangaben auf dem Geschäftsbrief fehlen?

Zur Einhaltung der Vorschriften über Angaben auf Geschäftsbriefen kann das Registergericht durch Zwangsgeld anhalten; das einzelne Zwangsgeld darf zwar einen Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen, kann aber mehrfach festgesetzt werden, wenn den Pflichtangaben nicht nachgekommen wird.
Die Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen sollen den Geschäftspartnern einige wichtige Informationen vermitteln und ihnen die Einholung registergerichtlicher Informationen ermöglichen. Daher stellen sie eine Marktverhaltensregelung im Interesse der Marktteilnehmer dar. Hinsichtlich der Frage, ob die fehlenden Angaben auch einen Wettbewerbsverstoß gemäß Paragraf 4 Nummer 11 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) darstellen, kommt es auf eine Prüfung im Einzelfall an.
Allerdings ist ein Verstoß regelmäßig nicht geeignet, die Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Verstöße gegen die Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen können allerdings im Einzelfall den Tatbestand der Irreführung (Paragraf 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 UWG, Paragraf 5 a Absatz 3 Nummer 2 UWG) erfüllen und gegebenenfalls bürgerlich-rechtliche Schadensersatzansprüche auslösen.
Daher wird die Einhaltung der Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen empfohlen, um einer Abmahnung durch Mitbewerber keine Angriffsfläche zu bieten und sich vor einem drohenden Zwangsgeld zu schützen.

4. Wie sind die Pflichtangaben auf dem Geschäftsbrief darzustellen?

In der grafischen Darstellung des Geschäftspapiers ist das Unternehmen frei. Konkrete Vorschriften hierfür gibt es nicht. In der Regel werden aber Rechtsformzusatz, Sitz, Registergericht und Handelsregisternummer in einer Fußleiste und die Firma im Briefkopf platziert. Es können selbstverständlich auch zusätzliche Angaben gemacht werden. Es ist empfehlenswert, neben der genauen Anschrift, Telefon- und Telefaxnummern (gegebenenfalls E-Mail-Anschrift und Internetanschrift) auch Bankverbindungen (mit Bankleitzahl) sowie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer anzugeben.
Bitte beachten Sie, dass für den Vorsteuerabzug erforderlich ist, dass auf allen Rechnungen die Steuernummer oder die Umsatzsteueridentifikationsnummer angegeben wird.
Die Veröffentlichung von Merkblättern ist ein Service der IHK Darmstadt für ihre Mitgliedsunternehmen. Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen, die erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie kann eine umfassende Prüfung und Beratung durch einen Rechtsanwalt/Steuerberater im Einzelfall nicht ersetzen.
Dieses Merkblatt wurde uns freundlicherweise von der IHK Berlin zur Verfügung gestellt.
Stand: Mai 2023

Pflichtangaben im Internet

Das Wichtigste vorab

Wer eine eigene Homepage (Werbeseite, Shop, Blog oder Portal) betreibt oder im Internet irgendetwas anbietet (zum Beispiel. in einem Online Portal) - hat eine Reihe von Informationspflichten zu beachten. Diese sind im sogenannten „Telemediengesetz“ (TMG) geregelt. Das Telemediengesetz (TMG) gilt seit 1. März 2007 und ersetzt die früheren Regelungen des Teledienstegesetzes (TDG), des Teledienstedaten-schutzgesetzes (TDDSG) sowie des Mediendienste-Staatsvertrages (MDStV). Die früheren Begriffe „Teledienste“ und „Mediendienste“ sind nunmehr im Begriff der Telemedien zusammengefasst. Das TMG regelt Informationspflichten und die Verantwortlichkeit für Inhalte von Telemediendiensten. Dieses Merkblatt gibt einen Überblick darüber, welche Informationspflichten im TMG geregelt sind, insbesondere welche Angaben das sogenannte „Impressum“ einer Internetseite enthalten muss.

Wer muss die Informationspflichten des TMG beachten

Die Informationspflichten nach dem TMG müssen alle Anbieter von geschäftsmäßigen Telemediendiensten beachten (Paragraf 1, 5 TMG):

"Telemediendienste" sind:

  • alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste. Darunter fallen grundsätzlich alle Arten von Internetseiten, egal ob Plattformen, Shops, Werbeseiten, E-Maildienste etc.

    Keine "elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste" sind dagegen:
    • reine Telekommunikationsdienste, die ausschließlich in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen (Paragrapf 3 Nr. 24 Telekommunikationsgesetz),
    • rein telekommunikationsgestützte Dienste, bei denen die Inhaltsleistung noch während der Telekommunikationsverbindung erbracht wird (Paragraf 3 Nr. 63 Telekommunikationsgesetz)
    • Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages
  • "audiovisuelle Mediendienste auf Abruf". Das sind solche Dienste, die nach Form und Inhalt mit herkömmlichem Fernsehen vergleichbar sind und als Massenmedien erscheinen, insbesondere Spielfilme, Sportberichte, Fernsehfilme und Dokumentarfilme.
    • Keine "audiovisuellen Mediendienste auf Abruf" im Sinne dieses Gesetzes sind Angebote, bei denen die Bereitstellung von audiovisuellen Inhalten kein Hauptzweck der Dienste ist, sondern nur eine Nebenerscheinung darstellt. Das sind zum Beispiel Internetseiten, die nur zu Ergänzungszwecken audiovisuelle Inhalte enthalten, zum Beispiel. grafische Elemente, kurze Werbespots oder Informationen über ein Produkt oder nicht-audiovisuelle Dienste.

“Anbieter” nach § 1 TMG sind:

  • natürliche Personen,
  • juristische Personen (Firmen, Gesellschaften, rechtsfähige Vereine),
  • öffentliche Stellen (egal ob die Nutzung entgeltlich oder unentgeltlich ist), die eigene oder fremde Telemedien (s.o.) zur Nutzung zur Verfügung stellen oder den bloßen Zugang zur Nutzung vermitteln („elektronische Informations- und Kommunikationsdienste“)
    oder
    die die Auswahl und Gestaltung der angebotenen Inhalte wirksam kontrollieren („audiovisuelle Mediendienste auf Abruf“)
  • Beispiele
    • Inhaber einer Werbeseite (z. B. Firmenwebseite)
    • Betreiber eines Online-Shops (Werbeseite mit Einkaufsmöglichkeit)
    • Portalbetreiber (z. B. Internetauktion, Shopping-Portal, Informationsportal)
    • Händler auf Verkaufsplattformen: Händler, die ihre eigenen gewerblichen Angebote auf der von einem Dritten betriebenen Verkaufsplattform einstellen (z. . Ebay-Händler)
    • Immobilienmakler oder Eigentümer mit ihren gewerblichen Angeboten auf Vermittlungsplattformen (z.B. Angebote auf Immoscout)
    • Betreiber von Social-Media-Accounts, wenn diese Accounts zu Marketingzwecken benutzt werden und nicht nur eine rein private Nutzung vorliegt

"Geschäftsmäßig" im Sinne des Paragraf 5 TMG ist:

  • nachhaltige Tätigkeit: Der Telemediendienst wird über einen längeren Zeitraum angeboten und nicht nur im Einzelfall
  • in der Regel gegen Entgelt angeboten: Es kommt darauf an, ob ein vergleichbarer Inhalt normalerweise entgeltlich angeboten wird. Eine Absicht der Gewinnerzielung ist nicht erforderlich!
In der Regel muss jede Homepage, die nicht rein privat ist, die Pflichtangaben nach dem TMG enthalten. Das gilt auch für reine Social-Media-Seiten, etwa auf Facebook oder Instagram.
ACHTUNG: Grundsätzlich gilt das Herkunftslandprinzip, so dass das TMG für einen in Deutschland niedergelassenen Anbieter von Telemedien grundsätzlich auch dann gilt, wenn die Telemedien in einem anderen Staat innerhalb der EU erbracht werden (Paragraf 4 TMG). Bei Anbietern von „audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf“ wird das Herkunftsland nach besonderen Kriterien festgestellt, entscheidend ist dabei in der Regel der Ort, an dem die wirksame Kontrolle über den audiovisuellen Mediendienst ausgeübt wird (vgl. Paragraf 2a TMG).

Was gilt für gemeinnützige Vereine und Privatpersonen?

Sowohl bei privaten als auch bei gemeinnützigen Seiten handelt es sich um Telemediendienste. Es kommt damit darauf an, ob der Dienst geschäftsmäßig betrieben wird. Ob der der Dienst allerdings auch „geschäftsmäßig“ ist oder nicht, hängt davon ab, ob der Inhalt der jeweiligen Seite (woanders) in der Regel entgeltlich angeboten wird oder nicht.
  • gemeinnützige/soziale Einrichtungen handeln meist geschäftsmäßig und müssen die Informationspflichten beachten.
  • Private Homepages und Blogs zu ausgewählten Themen sind dagegen in der Regel nicht geschäftsmäßig und müssen dann auch keine Informationspflichten beachten.
ACHTUNG: „Geschäftsmäßig“ können auch nicht-gewerbliche Angebote z. B. in Online-Shops sein, wenn der (eigentlich private) Anbieter regelmäßig eine größere Zahl von Angeboten einstellt. Wer beispielsweise bei Ebay als „power-seller“ auftritt, handelt immer „geschäftsmäßig“, auch wenn er kein Gewerbe angemeldet hat.

Notwendige Angaben auf der Homepage

Folgende Angaben sind gemäß Paragraf 5 TMG auf einer Internetseite und ebenso auf dem Social-Media-Auftritt notwendig:
  • Name des Unternehmens, Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 1 TMG
    Bei Handelsregister-Unternehmen und eingetragenen Kaufleuten (e.K.) ist der Firmenname anzugeben. Bei nicht im Handelsregister eingetragenen Einzelunternehmen kann der Fantasiename angegeben werden, unter dem der Unternehmer auftritt und Werbung macht. Im Übrigen ist der Vor- und Zuname des Geschäftsinhabers anzugeben.
  • Rechtsform des Unternehmens, Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 1 TMG
    Dies gilt für alle Personen- und Handelsgesellschaften. (Beispiele: GbR, OHG, KG, GmbH, Ltd., UG haftungsbeschränkt, AG, KGaA.) Im Handelsregister eingetragene Kaufleute bezeichnen sich als „e.K.“.
  • Vertretungsberechtigter, Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 1 TMG
    Anzugeben ist Vor- und Zuname der vertretungsberechtigten Person. Je nach Gesellschaftsform sind dies zum Beispiel Geschäftsführer, Vorstand oder Inhaber (bei e.K.). Bei Kleinunternehmen muss der Vor- und Zuname des Geschäftsinhabers angegeben werden (Achtung: Nicht Bezeichnungen wie „Geschäftsführer“/“Geschäftsführung“ verwenden,
    da diese nur bei juristischen Personen verwendet werden dürfen).
  • Kapital, Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 1 TMG
    Sofern Angaben zum Kapital gemacht werden, ist das Stamm- oder Grundkapital und der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen anzugeben
  • (Niederlassungs-)Anschrift, Paragraf 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG
    Anzugeben ist die vollständige Postanschrift (d.h. Straßenanschrift) des Geschäftssitzes oder der Niederlassung anzugeben, da die Zustellung von Schriftstücken und insbesondere gerichtlicher Korrespondenz möglich sein muss.
  • Angaben zur Kontaktierung, Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 2 TMG:
    Es müssen Angaben vorhanden sein, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation ermöglichen. Das heißt: E-Mail Adresse und Telefonnummer. Bei Telefonnummern gilt: Es sollte möglichst auch die jeweilige Landes- und Stadtvorwahl enthalten. Wird eine Mehrwertdiensterufnummer angegeben, muss auf deren Tarif ausdrücklich und deutlich wahrnehmbar hingewiesen werden. Es sollten allerdings nicht ausschließlich Mehrwertdiensterufnummern angegeben, sondern zusätzlich eine Rufnummer zum Basistarif angeboten werden.

    Für Online-Händler ist die Angabe einer Telefonnummer auch aufgrund Paragraf 312a Absatz 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel. 246 Absatz 1 Nr. 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche
  • Pflicht. Unternehmer erfüllen diese Pflicht am besten im Impressum, da der Verbraucher dort auch eine solche Angabe erwartet.

    Online-Händler müssen darüber hinaus gemäß Art. 14 Absatz 1 der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten einen Hinweis auf die Online-Streitbeilegungsplattform der Europäischen Kommission aufnehmen. Alle weiteren Informationen dazu finden Sie hier.
  • Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde, Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 3 TMG:
    Werden Telemedien im Rahmen einer Tätigkeit erbracht, die der behördlichen Zulassung bedarf, müssen Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde samt Postadresse gemacht werden. Nach Möglichkeit sollte auch ein entsprechender Link zu dem Internetportal
    der zuständigen Behörde angegeben werden.

Tätigkeiten mit behördlicher Zulassung sind unter anderem:

  • Versicherungsvermittler/-berater, Finanzanlagenvermittler/Honorar-
    Finanzanlagenberater/: gem. Paragraf 34 d / 34 f / 34 h GewO; Aufsichtsbehörde in Hessen:
  • Immobilienmakler: gem. Paragraf 34 c Abssatz 1 S. 1 Nr. 1 GewO; Aufsichtsbehörde in Hessen: Landratsämter der Kreise oder kreisfreie Städte
  • Immobiliardarlehensvermittler: gem. Paragraf 34 i GewO; Aufsichtsbehörde in Hessen: Landratsämter der Kreise oder kreisfreie Städte
  • Darlehensvermittler: gem. Paragraf 34 c Absatz 1 S. 1 Nr. 2 GewO; Aufsichtsbehörde in Hessen: Landratsämter der Kreise oder kreisfreie Städte
  • Bauträger: gem. Paragraf 34 c Absatz 1 S. 1 Nr. 3a GewO; Aufsichtsbehörde in Hessen: Landratsämter der Kreise oder kreisfreie Städte
  • Baubetreuer: gem. Paragraf 34 c Absatz 1 S. 1 Nr. 3b GewO; Aufsichtsbehörde in Hessen: Landratsämter der Kreise oder kreisfreie Städte
  • Wohnimmobilienverwalter: gemäß Paragraf 34 c Absatz 1 S. 1 Nr. 4 GewO; Aufsichtsbehörde in Hessen: Landratsämter der Kreise oder Kreisfreie Städte
  • Güterkraftverkehr: gemäß Paragraf 3 Absatz 1 GüKG
  • Transportgewerbe: gemäß PBefG
Beispiel: „Erlaubnis nach Paragraf 34 c Absatz 1 S. 1 Nr. 4 GewO (Wohnimmobilienverwalter), Aufsichtsbehörde:”
ACHTUNG: Bei einer Verlegung des Betriebssitzes ändert sich die zuständige Aufsichtsbehörde! Die aktuell zuständige Aufsichtsbehörde ist im Impressum anzugeben.
  • Registereintragungen, Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 4 TMG:
    Ist der Anbieter in einem Register eingetragen, muss das jeweilige Register (Handels-, Vereins-, Partnerschafts- oder Genossenschaftsregister) und die dazugehörige Registernummer angegeben werden.
  • Bei Versicherungsvermittlern, -beratern, Finanzanlagenvermittlern, Honorar-Finanzanlagenberatern und Immobiliardarlehensvermittlern muss die Vermittlerregisternummer sowie die zuständige Registerbehörde angegeben werden.
    Aufgrund der Rechtsprechung empfehlen wir, vorsichtshalber die zusätzlichen Angaben gemäß Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 5 TMG im Impressum hinzuzufügen.
  • Angaben im Falle reglementierter Berufe, Paragraf5 Absatz 1 Nr. 5 TMG:
    Reglementierte Berufe sind solche, deren Zugang gesetzlich geregelt und an den Besitz eines Befähigungsnachweises gebunden ist (z.B. Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) oder bei welchen die Führung eines beruflichen Titels von bestimmten Voraussetzungen abhängig ist (z.B. Architekten, Ingenieure, fast alle Heilberufe wie Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden).
    Bei Versicherungsvermittlern und –beratern, Finanzanlagenvermittlern, Honorar-Finanzanlagenberatern und Immobiliardarlehensvermittlern empfehlen wir auf Grund der Rechtsprechung vorsichtshalber, die zusätzlichen Angaben gemäß Paragraf 5 Abs. 1 Nr. 5 TMG im Impressum hinzuzufügen.
Notwendige zusätzliche Angaben:
  • zuständige Berufskammer, welcher der Diensteanbieter angehört
  • gesetzliche Berufsbezeichnung;
  • der Staat, in dem diese Berufsbezeichnung verliehen wurde
  • jeweils geltende berufsrechtlichen Regelungen und wie diese zugänglich sind.
  • Umsatzsteuer- oder Wirtschaftsidentifikationsnummer, Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 6 TMG:
    Sofern der Anbieter eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach Paragraf 27a des Umsatzsteuergesetzes bereits besitzt, muss diese ebenfalls angegeben werden. Aufgrund des TMG müssen aber keine Umsatzsteueridentifikationsnummern beim Bundesamt für Finanzen beantragt werden. Eine Umsatzsteuer-Ident.-Nr. wird nur dann benötigt, wenn nach dem Umsatzsteuergesetz innergemeinschaftliche Lieferungen getätigt werden. Der Gesetzgeber plant für die Zukunft eine sog. „Wirtschafts-Identifikationsnummer“ gem. Paragraf 139 c der Abgabenordnung, die jedoch nur auf besondere Anforderung der Steuerbehörde vergeben werden soll. Das TMG hat diesen Fall deshalb schon vorsorglich mitgeregelt. Dies ist aber noch nicht aktuell, eine solche Nummer muss also bis jetzt nicht angegeben werden.
  • Abwicklung oder Liquidation, Paragraf 5 Absatz 1 Nr. 7 TMG:
    Befindet sich eine AG, KGaA oder GmbH in Abwicklung oder Liquidation, sollte dies angegeben werden.
ACHTUNG: Informationspflichten nach anderen Gesetzen und Bestimmungen (z.B. Dienstleistungsinformationsverordnung, Fernabsatzgesetz, Fernunterrichtsschutzgesetz, Teilzeit-Wohnrechtegesetz, Preisangaben- und Preisklauselgesetz, Preisangabenverordnung, Versicherungsaufsichtsgesetz, Versicherungsvermittlergesetz, handelsrechtliche Bestimmungen) müssen weiterhin zusätzlich beachtet werden.

Wo müssen diese Informationspflichten platziert sein?

  • Die Anbieterkennzeichnung muss „leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar“ sein. Das heißt, sämtliche gesetzlichen Pflichtangaben (siehe oben) müssen sich auf einer gesonderten, gut erreichbaren Seite der Homepage befinden.
  • Ausreichend ist es nach der Rechtsprechung, wenn der Verbraucher durch Anklicken von zwei aufeinanderfolgenden Links auf die Seite mit den Anbieter-informationen geführt wird (sog. „2-Klick-Regelung“, BGH, Urt. V. 20.07.2006 – I ZR 228/03).
  • Die Bezeichnungen für diese Links sollten leicht verständlich sein. Durchgesetzt hat sich die Bezeichnung „Impressum“. Auch die Bezeichnungen „Kontakt“ oder „Anbieterkennzeichnung“ sind aber zulässig. Achtung: In der Navigationsleiste sollen allerdings nicht mehrere Buttons (z.B. „Über uns“ und „Kontakt“ und „Impressum“) nebeneinander installiert sein, die jeder für sich den Eindruck erwecken, die erforderlichen Angaben könnten hier zu finden sein.
  • Ideal ist es, wenn sich der entsprechende Button (z. B. „Impressum“) immer an der gleichen Stelle auf jeder Seite des Auftritts in der Navigationsleiste befindet. Außerdem sollte er möglichst sofort sichtbar sein und nicht am unteren Rand einer Seite installiert sein, wenn er nur durch „scrollen“ erreicht werden kann.

Was passiert bei Missachtung dieser Informationspflichten?

Anbieter, die absichtlich oder fahrlässig die oben beschriebenen Informationen überhaupt nicht, fehlerhaft oder unvollständig erteilen, haben mit einer Geldbuße bis zu einer Höhe von 50.000 Euro zu rechnen (Paragraf 11 Absatz 3 TMG).
Häufiger ist aber eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung durch Konkurrenten oder Verbände. Der Anbieter ist in solchen Fällen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (die angedrohte Strafe beträgt meist mehrere Tausend Euro) sowie zur Tragung der Rechtsanwaltskosten (meist mehrere Hundert Euro, teilweise bis zu 1000 Euro) verpflichtet. Auch die Versendung unbestellter Werbe-E-Mails (Spam) kann jetzt als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Der unaufgeforderte Versand von E-Mail (Spam) ist bereits nach Paragraf 7 Absatz 2 Nr. 2 UWG unzulässig, ebenso wie die Verschleierung des Absenders (Paragraf 7 Absatz 2 Nr. 3 a) UWG). Diese Regelung wird nunmehr durch Paragraf 6 Absatz 2 Satz 1 TMG dahingehend verschärft, dass bei einer absichtlichen Verschleierung oder Verheimlichung des Absenders oder des kommerziellen Charakters in der Kopf- oder Betreffzeile eine Geldbuße bis zu 50.000 Euro droht (Paragraf 11 Absatz 3 TMG).
Wir danken der IHK München für die Überlassung dieser Darstellung.
Stand: April 2023

Freistellung und Ehrenamt

Muss ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmenden wegen ehrenamtlicher Tätigkeiten freistellen? Muss er ihm dabei auch noch sein Entgelt weiterzahlen und wenn ja, bekommt er es erstattet?

Grundsätzliches

Unternehmen müssen Mitarbeitende für ehrenamtliche Tätigkeiten freistellen, wenn diese im öffentlichen Interesse liegen. Private Ehrenämter dagegen können nur freiwillig zur Freistellung führen. Ein Anspruch des Mitarbeitenden besteht nicht: Unternehmen können dann frei entscheiden, ob Sie das private Ehrenamt durch Freistellung unterstützen oder nicht.

Privates versus öffentliches Ehrenamt

Industrie- und Handelskammer (IHK), Freiwillige Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW), Landessportbund - viele Organisationen, Vereine und Verbände beschäftigen eine Vielzahl von Ehrenamtlichen. Im Regelfall wird eine solche ehrenamtliche Tätigkeit in der Freizeit ausgeübt. Will der Arbeitnehmende sich aber auch während der Arbeitszeiten ehrenamtlich betätigen, so wird dies oftmals problematisch. Dann stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmende einen Anspruch darauf hat, für die ehrenamtliche Tätigkeit von seiner Arbeit freigestellt zu werden und ob er weiterhin bezahlt werden muss oder nicht.
Zur Beantwortung dieser Fragen ist die Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen Ehrenämtern wichtig:

Privates Ehrenamt

Engagiert sich ein Arbeitnehmender in einem privaten Ehrenamt, wie beispielsweise im Tierschutz oder im Wanderverein, kann er dies auch nur privat, also neben der Arbeit, ausüben. Hier hat der Arbeitnehmende keinen Anspruch auf Freistellung und müsste sich gegebenenfalls Urlaub nehmen. Sollte er dennoch während der Arbeitszeit einem privaten Ehrenamt nachgehen, verstößt er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten (ArbG Passau 16.01.1992, BB 1992, 567).

Öffentliches Ehrenamt

Nimmt ein Arbeitnehmender jedoch ein öffentliches Ehrenamt wahr, genießt er verhältnismäßig hohen Schutz. Hintergrund ist, dass die meisten Vereine und Verbände nur aufgrund ihrer ehrenamtlichen Helfenden bestehen können und gleichzeitig sehr wichtige gesellschaftliche Funktionen erfüllen. So sitzen beispielsweise in Prüfungsausschüssen von Kammern und Verbänden über 300.000 ehrenamtlich Prüfende, welche zur Sicherung und zum Erhalt der Qualität in der Berufsbildung beitragen. Auch die Freiwillige Feuerwehr besteht ausschließlich aus freiwilligen Mitgliedern und ist zur Gefahrenabwehr unabdingbar.
Um solche für die Gesellschaft wichtigen Aufgaben abzusichern, haben die meisten Bundesländer in ihren Verfassungen das Recht festgeschrieben, sich ehrenamtlich zu betätigen. So sieht für Hessen Artikel 25 der Hessischen Landesverfassung vor, dass eine staatsbürgerliche Pflicht zur Übernahme von Ehrenämtern besteht und Arbeitgebende die für das Ehrenamt erforderliche freie Zeit zu gewähren haben. Dies bedeutet, es besteht bei einem öffentlichen Ehrenamt ein Anspruch auf Freistellung gegenüber dem Arbeitgebenden. Generell kann dies dahingehend ausgelegt werden, dass dem Arbeitnehmenden keine Nachteile aus der Wahrnehmung eines solchen Ehrenamtes entstehen dürfen.
Für eine Vielzahl öffentlicher Ehrenämter bestehen ferner spezielle gesetzliche Regelungen, welche genau festlegen, für wie viele Tage im Jahr der Arbeitnehmende für das Ehrenamt von seiner Arbeit freigestellt wird und vor allem, ob er hierfür vergütet wird. Oftmals wird auch ein Ausgleichsanspruch des Arbeitgebenden gegen die Gemeinde oder sonst zuständige Stelle für das hierbei gezahlte Arbeitsentgelt gewährt.
Im Folgenden sollen die am häufigsten vorkommenden Fälle genauer dargestellt werden:

Ehrenamtliche bei der freiwilligen Feuerwehr

In Paragraf 11 Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz (HBKG) wird geregelt, dass Arbeitnehmende, die während der Arbeitszeit an Einsätzen, Übungen und Ausbildungsveranstaltungen teilnehmen, für die Dauer der Teilnahme unter Gewährung des Arbeitsentgelts von der Arbeitsleistung freizustellen sind. Daneben besteht ein Anspruch auf bezahlte Freistellung auch während der erforderlichen Regeneration nach Einsätzen. An einem solchen Anspruch kann es indes bei flexiblen Arbeitszeitmodellen (zum Beispiel bei der „Gleitzeit“) fehlen, wenn der Arbeitnehmende sowohl über die Lage als auch die Dauer der Arbeitszeit entscheiden und hierdurch den Eintritt einer Kollision zwischen Arbeitszeit und ehrenamtlicher Tätigkeit vermeiden kann.
Tipp: Dem Arbeitgebende ist auf Antrag das gewährte Arbeitsentgelt einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit, sowie zur betrieblichen Altersversorgung zu erstatten (Paragraf 11 Absatz 8 HBKG). Anträge sind jedoch innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Freistellung zu stellen.

Ehrenamtliche THW-Hilfskräfte

Das Gesetz über das Technische Hilfswerk enthält in Paragraf 3 Absatz 1 THW-Gesetz ein umfassendes Benachteiligungsverbot der Arbeitnehmende. Danach sind Arbeitnehmende und auch Auszubildende, die während der Arbeitszeit an Einsätzen oder Ausbildungsveranstaltungen teilnehmen, für die Dauer der Teilnahme unter Gewährung des Arbeitsentgelts von der Arbeitsleistung freigestellt. Den Arbeitgebenden wird jedoch das weitergewährte Arbeitsentgelt einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit, sowie zur betrieblichen Altersversorgung erstattet (Paragraf 3 Absatz 2 THW-Gesetz). Der Erstattungsanspruch des Arbeitsgebenden setzt voraus, dass der Arbeitsausfall mehr als zwei Stunden am Tag oder mehr als sieben Stunden innerhalb von zwei Wochen beträgt. Dann wird aber auch das Gehalt für die gesamte Ausfallzeit ersetzt.
Wird der Arbeitnehmende während seines Urlaubs zu einem Einsatz herangezogen, so sind aufgrund des umfassenden Benachteiligungsverbots die betroffenen Tage nicht auf den Urlaubsanspruch anzurechnen. Der Arbeitnehmende hat dann einen Anspruch auf erneute Gewährung (Bundesarbeitsgericht-Urteil vom 10.05.2005 – 9AZR251/04).
Tipp: Dieser Grundsatz dürfte für alle spezialgesetzlich geregelten Freistellungsfälle mit umfassendem Benachteiligungsverbot gelten.

Kinder- und Jugendbetreuende

In Paragraf 43 Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetz ist festgelegt, dass Arbeitnehmende zwölf Tage im Jahr oder alternativ 24 halbe Tage für ehrenamtliche Jugendarbeit bezahlt freizustellen sind. Der Arbeitnehmende muss die Freistellung zuvor beim Jugendamt oder einer im Gesetz bestimmte Einrichtung beantragen.
Tipp: Der Arbeitgebende kann die Freistellung jedoch immer dann verweigern, wenn in dem vom Beschäftigten vorgesehenen Freistellungszeitraum dringende betriebliche Erfordernisse der Freistellung entgegenstehen.
Das Land erstattet auf Antrag den Arbeitgebenden die für die Fortsetzung der Entgelte entstandenen Kosten. Die Beiträge zur Sozialversicherung werden allerdings nicht erstattet. Der Arbeitgebende muss den Erstattungsanspruch innerhalb eines Jahres geltend machen.

Ehrenamtliche Mandatsträger

Bei einem in einer Gemeindevertretung ehrenamtlich engagierten Arbeitnehmende muss der Arbeitgebenden gemäß Paragraf 35a Hessische Gemeindeordnung (HGO) die für die Mandatsausübung erforderliche Freistellung von der Arbeit gewähren. Unabhängig hiervon ist dem Mandatsträger bis zu zwei Wochen Urlaub für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Zusammenhang mit dem Mandat zu gewähren. Der Arbeitgebende kann die Entgeltzahlung einstellen und der Gebietskörperschaft den beim Mitarbeitenden entstandenen Fehlbetrag mitteilen. Dann muss die jeweilige Gemeinde dies an seiner Stelle zahlen. Der Arbeitgebende könnte aber auch das Entgelt weiterzahlen und anschließend von der Gemeinde Erstattung der dadurch entstandenen Kosten verlangen.

Helfende des Roten Kreuzes

Spezielle gesetzliche Regelungen, wie etwa bei der freiwilligen Feuerwehr, existieren nicht für Helfende des Roten Kreuzes und anderer Hilfsdienste. Werden diese zu einem Unglücksfall herangezogen, wird auf allgemeine Grundsätze zur Vergütung zurückgegriffen. Es besteht dann ausnahmsweise eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebenden aus Paragraf 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ohne Erstattungsmöglichkeit.

Ehrenamtliche Prüfertätigkeiten

Die Prüfertätigkeit in einem Prüfungsausschuss der IHK ist ein wichtiges Ehrenamt. Für diese Prüfertätigkeit besteht ebenfalls gemäß Artikel 25 der Hessischen Landesverfassung ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit. Die weiteren Details wie entgeltliche Fortzahlung und Anzahl der jährlich gewährten Freistellungstage sollten individuell zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden vereinbart werden. Wenn der Arbeitgebende keine Lohnfortzahlung zusagt, kann der Mitarbeitende für seine Prüfertätigkeit bei der IHK nach Aufwandsentschädigungen anfragen. Mittlerweile sehen die meisten Tarifverträge hierfür auch schon eigene Bestimmungen vor, welche die genauen Voraussetzungen regeln. Sie sind meist arbeitnehmerfreundlich gestaltet. Hintergrund ist, dass nicht nur die Arbeitnehmenden selbst sondern vor allem Arbeitgebende von der ehrenamtlichen Prüfertätigkeit ihrer Arbeitnehmenden profitieren. Die Alternative zum ehrenamtlichen Prüfungswesen wäre der Aufbau eines staatlichen Prüfungswesen oder spezieller Zertifizierungseinrichtungen. Beides müsste letztendlich von den ausbildenden Unternehmen bezahlt werden. Das wäre teurer und weniger praxisnah. Gleichzeitig wären Abschlüsse sehr schwer vergleichbar.

Ehrenamtliche Tätigkeit

Gesetzes-grundlage Maximale Anzahl der Freistellungs-Tage Entgelt-Fortzahlungs-Pflicht Erstattung möglich?

Freiwillige Feuerwehr

Paragraf 11 Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz



unbegrenzt


Ja


Ja
(Antragsfrist: 6 Monate)


Technisches Hilfswerk (THW)

Paragraf 3 THW-Gesetz

unbegrenzt
Ja, wenn mehr als zwei Stunden am Tag oder sieben Stunden innerhalb von zwei Wochen

Ja, bei der jeweiligen THW-Geschäftsstelle

Kinder- und Jugendbetreuer


Paragraf 43 Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetz

12
(oder 24 halbe Tage)


ja

Ja, mit Ausnahme der Sozial-Versicherungs-Beiträge,
(Antragsfrist: ein Jahr)


Ehrenamtliche Mandatsträger


Paragraf 35 a HGO

unbegrenzt

nein

Ja (falls Entgeltfortzahlung erfolgte)
Rotes Kreuz/
sonstige Hilfsdienste

Paragraf 616 BGB

unbegrenzt

ja

nein
Prüfertätigkeiten Tarif- beziehungsweise Arbeitsvertrag tariflich geregelt oder individuell vereinbart tariflich geregelt oder individuell vereinbart nein
Stand: Juni 2025

Arbeitszeit

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt die tägliche Arbeitszeit von Arbeitnehmern, um deren Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten. Leitende Angestellte sind nicht in den Schutzbereich einbezogen. Verstöße sind an der Tagesordnung, weil es den Unternehmen immer wieder Schwierigkeiten bereitet, die Regelungen einzuhalten. Von den grundsätzlichen Bestimmungen kann ein Arbeitgeber aber auch abweichen, wenn er dabei einige Besonderheiten beachtet.

Der Achtstundentag | Abweichungen

Grundsatz: Der Achtstundentag

Paragraf 3 des ArbZG ordnet als Grundsatz an, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten darf. Die acht Stunden erfassen nur die reine Arbeitszeit, nicht dagegen die Ruhepausen, Paragraf 2 Absatz 1 ArbZG.

Zulässige gesetzliche Abweichungen

Nach Paragraf 3 Satz 2 ArbZG ist eine Ausdehnung auf werktäglich zehn Stunden jederzeit zulässig. Voraussetzung ist aber, dass innerhalb eines sogenannten Ausgleichszeitraumes von sechs Monaten oder 24 Wochen ein Durchschnitt von acht Stunden werktäglich erreicht wird.
Beispiel: Der Arbeitgeber hat kurzfristig einen erhöhten Arbeitsanfall. Er kann deshalb die Arbeitszeit beispielsweise für vier Wochen auf werktäglich zehn Stunden ausdehnen, wenn innerhalb der nächsten sechs Monate vier Wochen lediglich sechs Stunden pro Werktag gearbeitet wird. In diesem Fall kann also nur noch von einem durchschnittlichen Achtstundentag die Rede sein.
Beachte: Das ArbZG enthält keine wöchentliche Höchstarbeitszeit. Sie ergibt sich jedoch mittelbar daraus, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer im Ausgleichszeitraum auf acht Stunden begrenzt ist. Bei wöchentlich sechs Werktagen (beachte: Samstag ist ein Werktag im Sinne des ArbZG) ergibt sich somit im Ausgleichszeitraum eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden.

Abweichungen durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung

Alle Branchen mit hohem Anteil an Bereitschaftsdiensten und Arbeitsbereitschaft haben die Möglichkeit über Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung längere Arbeitszeiten zu vereinbaren, Paragraf 7 Absatz 1 Nummer1 ArbZG.
Bereitschaftsdienst leistet ein Arbeitnehmer, der sich außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf unverzüglich seine Arbeit aufzunehmen.
Beispiel: Der Arbeitnehmer hält sich über Nacht an seinem Arbeitsplatz auf, darf auch schlafen, bis er einen Arbeitseinsatz bekommt und tätig werden muss.
Arbeitsbereitschaft wird von einem Arbeitnehmer geleistet, der während seiner regelmäßigen Arbeitszeit keine volle, seine gesamte Aufmerksamkeit beanspruchende Tätigkeit zu entfalten hat. Von der Rechtsprechung wird die Arbeitsbereitschaft umschrieben als „Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung”. Beispiel: Ein Arbeitnehmer beobachtet den Lauf von Maschinen, um im Störungsfall sofort eingreifen zu können.
Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft sind nicht zu verwechseln mit Rufbereitschaft. Im Gegensatz zur Rufbereitschaft muss sich der Arbeitnehmer hier nämlich am Arbeitsplatz oder an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten. Näheres zur Rufbereitschaft siehe unten.
Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst werden insgesamt als Arbeitszeit gewertet. Hier kann die Arbeitszeit über den Achtstundentag hinaus folgendermaßen verlängert werden:
Wenn die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird, kann die Arbeitszeit über zehn Stunden je Werktag mit Zeitausgleich verlängert werden. Der Ausgleichszeitraum kann für die Dauer von bis zu zwölf Monaten festgelegt werden.
Ohne Zeitausgleich darf die tägliche Arbeitszeit unter denselben Voraussetzungen über acht Stunden verlängert werden. Zusätzlich muss der Arbeitnehmer hierzu schriftlich einwilligen. Macht er dies nicht oder widerruft er seine Einwilligung innerhalb einer Frist von sechs Monaten, darf ihm daraus kein Nachteil entstehen, Paragraf 7 Absatz 2 ArbZG.

Abweichungen wegen besonderer Fälle

Vom Grundsatz des Achtstundentages kann auch in Notfällen und außergewöhnlichen Fällen abgewichen werden. Nämlich dann, wenn diese unabhängig vom Willen des Betroffenen eingetreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben und Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen, Paragraf 14 Absatz 1 ArbZG. Dem Arbeitgeber können andere Vorkehrungen nicht zugemutet werden und die Arbeiten dulden keinen Aufschub. Die Arbeitszeit darf dann im Notfall 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten, Paragraf 14 Absatz 3 ArbZG.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Aufsichtsbehörde, das zuständige Regierungspräsidium, Überschreitungen des in Paragraf 3 ArbZG festgelegten grundsätzlichen Zeitrahmens bewilligen, Paragraf 15 ArbZG. Dies gilt aber nur für kontinuierliche Schichtbetriebe, Bau- und Montagestellen, Saison- und Kampagnenbetriebe sowie bei Vorliegen von öffentlichem Interesse.

Ruhepausen | Ruhezeit

Ruhepausen

Ruhepausen sind im Voraus festzusetzen, Paragraf 4 ArbZG:
  • 30 Minuten bei sechs bis neun Stunden Arbeitszeit; 45 Minuten bei mehr als neun Stunden Arbeitszeit
Die Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepausen beschäftigt werden.
Eine Beschäftigung von mehr als sechs Stunden ist ohne Ruhepause nicht zulässig.
Am besten wird ein zeitlicher Rahmen festgelegt, innerhalb dessen die Pausen eingelegt werden müssen. Während der Ruhepausen sind die Beschäftigten grundsätzlich von jeder Arbeit freizustellen, auch darf keine Verpflichtung zur Bereithaltung zur Arbeit während der Ruhepausen bestehen.
Ausnahmen durch tarifvertragliche Regelungen können für Schichtbetriebe und Verkehrsbetriebe gemacht werden, Paragraf 7 Absatz 1 Nummer 2 ArbZG. Die Ruhepausen sind dann auf Kurzpausen von angemessener Dauer aufzuteilen.

Ruhezeit

Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit müssen die Beschäftigten zur Erholung eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben, Paragraf 5 Absatz 1 ArbZG. Die Dauer der Ruhezeit kann unter anderem in Gaststätten, Bewirtungs- und Beherbergungseinrichtungen, Verkehrsbetrieben, Landwirtschafts- und Tierhaltungsbetrieben um eine Stunde auf eine Ruhezeit von zehn Stunden verkürzt werden, Paragraf 5 Absatz 2 ArbZG.
Die Verkürzung der Ruhezeit muss innerhalb eines Monats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen werden.
Durch tarifvertragliche Regelungen kann festgelegt werden, dass die elfstündige Mindestruhezeit auf bis zu neun Stunden verkürzt wird, wenn die Art der Arbeit dies erfordert und die Kürzung der Ruhezeit ausgeglichen wird, Paragraf 7 Absatz 1 Nummer 3 ArbZG.

Nacht- und Schichtarbeit

Beschäftigte in Nacht- und Schichtarbeit sind besonderen Belastungen ausgesetzt. Daher sieht das Arbeitszeitgesetz für diese Gruppen spezielle Regelungen vor, Paragraf 2 Absatz 3 – 5, Paragraf 6 ArbZG.
Bei der Schichtarbeit werden am selben Arbeitsplatz mehrere Beschäftigte zu verschiedenen Zeiten eingesetzt. Es ergeben sich unterschiedliche Lagen der Arbeitszeit.
Nachtarbeit ist die Arbeitszeit, bei der mindestens zwei Stunden zwischen 23 Uhr und 6 Uhr liegen, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit zwischen 22 Uhr und 5 Uhr. Nachtarbeitnehmer sind Arbeitnehmer, die wegen ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht oder Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.
Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Abweichende Regelungen sind im tarifvertraglichen Rahmen möglich, Paragraf 7Absatz 1 Nummer 4 ArbZG.
Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu, Paragraf 6 Absatz 3 ArbZG. Auch muss sichergestellt werden, dass Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer, Paragraf 6 Absatz 6 ArbZG.

Sonn- und Feiertagsarbeit

Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr nicht beschäftigt werden, Paragraf 9Absatz 1 ArbZG. In Mehrschichtbetrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht kann Beginn oder Ende der Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu sechs Stunden vor oder zurückverlegt werden, wenn der Betrieb am Wochenende für 24 Stunden ruht, Paragraf 9 Absatz 2 ArbZG.
Von diesem Beschäftigungsverbot gibt es jedoch Ausnahmen:
Ausnahmen, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben sind in Paragraf 10 und Paragraf 14 Absatz 1 ArbZG aufgezählt. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die meisten Ausnahmen in der Grundversorgung und im Dienstleistungsbereich gemacht werden, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Hierzu zählen unter anderem Gaststätten, Verkehrs- und Versorgungsbetriebe sowie landwirtschaftliche Betriebe und der Bereich Bewachungsgewerbe. Weitere Ausnahmen können in den Paragraf 10 undParagraf 14 Absatz 1 ArbZG nachgelesen werden.
Das zuständige Regierungspräsidium kann in bestimmten Fällen auf formlosen Antrag hin Ausnahmebewilligungen erteilen, Paragraf 13 ArbZG.
Am besten fragen Sie Ihre Industrie- und Handelskammer oder das für Sie zuständige Regierungspräsidium, ob in Ihrem Fall eine Ausnahmebewilligung erteilt werden kann.

Aushangpflicht | Aufzeichnungspflicht

Aushangpflicht

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Abdruck des ArbZG in der jeweils aktuellen Fassung sowie gegebenenfalls die für den Betrieb geltenden Rechtsverordnungen, Tarifverträge und Dienstvereinbarungen, aus denen sich eine andere Arbeitszeit ergibt, an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen oder auszuhängen, Paragraf 16 Absatz 1 ArbZG. Geeignete Stellen sind beispielsweise Arbeits-, Aufenthalts- und Pausenräume, das schwarze Brett sowie die Kantine. Ein Verstoß gegen die Aushangpflicht stellt gemäß Paragraf 22 Absatz 1 ArbZG eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 2.500 Euro – geahndet werden kann.

Aufzeichnungspflicht

Europäischer Gerichtshof und Bundesarbeitsgericht haben entschieden, dass Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet sind, ein System zur Arbeitszeiterfassung zur Verfügung zu stellen. Entgegen der derzeit gültigen gesetzlichen Regelung sind dort nicht nur die Überstunden zu erfassen, sondern die gesamte tägliche Arbeitszeit. Die Form der Erfassung und der Umgang mit der neuen Rechtsprechung bei Vertrauensarbeitszeit ist derzeit nicht abschließend geklärt.

Problembereiche (Projekte | Rufbereitschaft)

Problembereiche

Durch eine Verdichtung der täglichen Arbeitsaufgaben auf immer weniger Personal nehmen mögliche Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz derzeit ständig zu.
Sorgen bereiten vor allem die Themenfelder „Rufbereitschaftsdienste” sowie „Projektorientiertes Arbeiten”. Dabei darf nicht vergessen werden, dass empfindliche Bußgelder gegen Arbeitgeber verhängt werden können, die die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes nicht einhalten. Je Verstoß muss mit einem Bußgeld von bis zu 15.000 Euro – gerechnet werden, Paragraf 22 ArbZG. Kommt es trotz Ermahnung und Bußgeld zu einem Wiederholungsfall oder geschieht der Verstoß vorsätzlich, handelt es sich um eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet werden kann, Paragraf 23 ArbZG.

Projektorientiertes Arbeiten

Dieser Themenkreis betrifft überwiegend die Bauwirtschaft, aber auch Anlagenbauer, die Werbebranche und sogar Wirtschaftsprüfungsunternehmen sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Sie haben auf Grund sehr enger Terminsetzung von der Planung bis zur Ausführung durch ihre jeweiligen Auftraggeber die Schwierigkeit, die maximale zulässige Arbeitszeit von zehn Stunden täglich einzuhalten. Zudem kommt es dazu, dass Arbeiten an Sonn- und Feiertagen erledigt werden müssen.
Nach dem geltenden Arbeitszeitrecht darf ein Arbeitgeber nur Aufträge annehmen, die er mit den ihm zur Verfügung stehenden Kapazitäten an Personal so ausführen kann, dass keine Verstöße gegen das Arbeitszeitrecht erfolgen. In besonderen Fällen erteilt das zuständige Regierungspräsidium für maximal fünf Sonn- oder Feiertage im Jahr eine Ausnahmebewilligung, Paragraf 13 Absatz 3 Nummer 2b ArbZG.

Rufbereitschaftsdienste

Es gibt insbesondere Unternehmen in der IT-, Kommunikations- und Versorgungsbranche, die zur Sicherstellung ihres oder der Funktionsfähigkeit eines fremden Betriebes Rufbereitschaften einrichten. Bei der Rufbereitschaft hält sich der Arbeitnehmer an einem Ort seiner Wahl auf (zum Beispiel zu Hause) und wird von diesem aus bei Bedarf des Arbeitgebers und auf Abruf tätig. Nur der Arbeitseinsatz ist dann Arbeitszeit. Das auf Abruf Bereithalten ist keine Arbeitszeit.
Durch die Arbeitseinsätze bei Rufbereitschaft entstehen oft Überschreitungen der täglich zulässigen Arbeitszeit und Unterschreitungen der gesetzlich festgelegten Ruhezeit.

Überschreitung der täglich zulässigen Arbeitszeit

Das Arbeitszeitgesetz lässt innerhalb gewisser Grenzen Ausnahmen vom Grundsatz des Achtstundentages zu. Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, abhängig von der Häufigkeit der Einsätze zu prüfen, ob nicht durch andere Maßnahmen derartige Überschreitungen der täglichen Arbeitszeit zu vermeiden sind. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass die regelmäßige Arbeitszeit der betroffenen Mitarbeiter an den Tagen, an denen Rufbereitschaftsdienst geleistet wird, verkürzt wird.

Nichteinhaltung der gesetzlichen Ruhezeit des Arbeitnehmers

Durch die Einsätze im Rahmen von Rufbereitschaften wird die vorgeschriebene Ruhezeit von elf Stunden unterbrochen. Nach Beendigung eines Arbeitseinsatzes während der Rufbereitschaft läuft die Ruhezeit von elf Stunden erneut, so dass sich der Beginn der werktäglichen Arbeitszeit entsprechend nach hinten verlagert. Der Mitarbeiter darf dann erst mit Ablauf der elf Stunden seine Tätigkeit im Betrieb wieder aufnehmen. Um diesem Problem zu begegnen, sehen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen auf Grund eines Tarifvertrages Möglichkeiten vor, eine vom Gesetz abweichende Regelung zu treffen. Bestehen für das konkrete Arbeitsverhältnis keine tarifvertraglichen oder vergleichbaren Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, kann das zuständige Regierungspräsidium eine Ausnahmebewilligung erteilen.
Stand: Juli 2022

Zuständige Ämter und Behörden

Schwerbehinderung, Schwangerschaft, Elternzeit, Elterngeld, Pflegezeit, Tarifverträge und Bildungsurlaub: Für spezielle Fragen im Arbeitsrecht haben wir hier eine Liste der Ansprechpartner bei den regionalen Ämtern und Behörden zusammengestellt.

Schwangerschaft, Elternzeit, Pflegezeit und Arbeitszeit

Regierungspräsidium Darmstadt (als Arbeitsschutzverwaltung)
Abt. Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
Luisenplatz 2
64283 Darmstadt
Telefon: 06151 12-4001
Homepage: www.rp-darmstadt.hessen.de

Elterngeld und Feststellung von Schwerbehinderung

Hessisches Amt für Versorgung und Soziales Darmstadt
Schottener Weg 3 (am Messplatz)
64289 Darmstadt
Telefon: 06151 738-0
Homepage: www.rp-giessen.hessen.de

Gleichstellung mit Schwerbehinderten

Agentur für Arbeit
Groß-Gerauer Weg 7
64295 Darmstadt
Telefon: 0180 1555111
Homepage: www.arbeitsagentur.de

Kündigung von Schwerbehinderten

Integrationsamt beim Landeswohlfahrtverband
Steubenplatz 16
64293 Darmstadt
Telefon: 06151 8010
Homepage: www.integrationsamt-hessen.de

Tarifverträge und Bildungsurlaub

Hessisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung
Dostojewskistraße 4
65187 Wiesbaden
Telefon: 0611 817-0
Tarifregister:
Telefon: 0611 817-3495
(Mo. - Do. 10:30 - 12:30 Uhr; 13:30 - 15:30 Uhr)

Heimarbeit

Regionaldirektion (bisher: "Landesarbeitsamt") Hessen
Saonestraße 2 - 4
60528 Frankfurt am Main
Telefon: 069 6670-0

Weiterführende Links

  • mit Hinweisen zu den einzelnen Landesministerien, einem Behördenwegweiser, Broschürenbestellmöglichkeit, Rechtsvorschriften aus dem hessischen Landesrecht und anderem: www.hessen.de
  • zu den Themen Arbeit und Gesundheit, Behinderung, Familie und anderem: www.sozialnetz-hessen.de
Stand: Mai 2023

Wer hat das Sagen in der GmbH?

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist hierarchisch organisiert. Oberstes Organ sind die Gesellschafter. Sie bestimmen im Rahmen des Gesellschaftszwecks die Politik des Unternehmens. Ihre Beschlussfassung findet in Gesellschafterversammlungen oder im schriftlichen Verfahren statt. Dabei wird durch Mehrheitsbeschluss entschieden, sofern Gesetz oder Satzung nichts anderes vorsehen.

Das Wichtigste vorab

Die GmbH ist hierarchisch organisiert. Oberstes Organ sind die Gesellschafter. Sie bestimmen im Rahmen des Gesellschaftszwecks die Politik des Unternehmens. Ihre Beschlussfassung findet in Gesellschafterversammlungen oder im schriftlichen Verfahren statt. Dabei wird durch Mehrheitsbeschluss entschieden, sofern Gesetz oder Satzung nichts anderes vorsehen.
Bei der Ausgestaltung der Organisationsstruktur der GmbH haben die Gesellschafter weitreichende Gestaltungsspielräume. Es gilt die so genannte Satzungsautonomie: Die gesetzlichen Vorschriften über die Willensbildung der Gesellschafter werden nur dann angewendet, wenn die Satzung insoweit keine anders lautende Regelung enthält. Die Satzung kann dabei die Rechte der Gesellschafter aber nicht unbegrenzt einschränken. Jedem Gesellschafter muss ein unverzichtbarer Kern von Mindestrechten zur Mitwirkung bei der Willensbildung verbleiben.
Dieses Merkblatt soll einen ersten Überblick über das Kompetenzgefüge in der GmbH geben und auf Gestaltungsspielräume bei der Aufgabenzuweisung an die Gesellschaftsorgane hinweisen. Es ist als erste Hilfestellung gedacht, wenn Sie sich in der Phase der GmbH-Gründung befinden und über die Möglichkeiten der Satzungsgestaltung informieren möchten. Es kann fachkundigen Rat im Einzelfall jedoch nicht ersetzen. Die Informationen wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet. Es kann aber keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden.

Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung

Die gesetzlichen Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung sind primär in Paragraf 46 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) geregelt:
Feststellung des vom Geschäftsführer aufgestellten Jahresabschlusses und Verwendung des Ergebnisses:
Der Geschäftsführer muss den Gesellschaftern zur Vorbereitung des Feststellungsbeschlusses den Jahresabschluss nebst Lagebericht in angemessener Frist vor der Gesellschafterversammlung zur Verfügung stellen. Bei der Beschlussfassung sind die Gesellschafter nicht an die von der Geschäftsführung vorgelegte Fassung des Jahresabschlusses gebunden. Es handelt sich nur um einen Vorschlag, den die Gesellschafter im Rahmen der Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung umgestalten können. Im Beschluss über die Verwendung bestimmen die Gesellschafter - im Rahmen von Gesetz und Gesellschaftsvertrag -, ob das Jahresergebnis in der GmbH verbleibt oder an die Gesellschafter ausgeschüttet wird.
Die Gesellschafter müssen zwingend innerhalb der ersten acht Monate (bei kleinen Gesellschaften im Sinn des Paragrafen 267 Handelsgesetzbuch (HGB) innerhalb der ersten elf Monate) über die Feststellung des Jahresabschlusses und Ergebnisverwendung entscheiden.
Einforderung ausstehender Einzahlungen auf die Stammeinlagen:
Sieht der Gesellschaftsvertrag nicht vor, dass die Stammeinlage sofort in voller Höhe zu leisten ist, wird der restliche Betrag (maximal 75 Prozent) erst dann fällig, wenn die Gesellschafter die Einforderung beschließen. Gegenüber anwesenden Gesellschaftern wird die Resteinlage mit Beschlussfassung fällig. Angefordert wird sie dagegen vom Geschäftsführer.
Durch Beschluss der Gesellschafter oder schon im Gesellschaftsvertrag kann auch die Einforderungsentscheidung dem Geschäftsführer der GmbH übertragen werden.
Rückzahlung von Nachschüssen:
Die Zuständigkeit der Gesellschafter kann hier wie bei der Einforderung der Resteinlage durch entsprechende Vereinbarung dem Geschäftsführer der GmbH übertragen werden.
Teilung und Einziehung von Geschäftsanteilen:
Sowohl über die Teilung als auch über die Einziehung entscheiden die Gesellschafter. Die schriftliche Genehmigungserklärung für die GmbH gibt der Geschäftsführer ab.
Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers sowie dessen Entlastung:
Ausführliche Informationen zur Bestellung des GmbH-Geschäftsführers erhalten Sie hier .
Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung:
Das Recht zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung kann nur von allen Gesellschaftern gemeinsam geltend gemacht werden. Die Gesellschafter können zum Beispiel durch Mehrheitsbeschluss beschließen, den Geschäftsführer zur Berichterstattung zu verpflichten oder Bücher und sonstige Geschäftsunterlagen vorzulegen. Außerdem kommen etwa Inaugenscheinnahme, Befragung von Mitarbeitern und Sachverständigen, die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten oder die Durchführung von Sonderprüfungen in Betracht.
Daneben hat jeder einzelne Gesellschafter unabhängig von seiner Beteiligungshöhe und sonstigen Gesellschafterrechten ein Auskunfts- und Einsichtsrecht: Auf Verlangen muss der Geschäftsführer jedem Gesellschafter unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft geben und Einsicht in die Bücher und Schriften gestatten.
Der Geschäftsführer ist nicht verpflichtet, den Gesellschaftern regelmäßig Bericht zu erstatten. Es ist aber möglich, ein entsprechendes Berichts- und Informationssystem in der Satzung festzulegen. Zustimmungsvorbehalte können sich jedoch auch ohne ausdrückliche Festlegung in der Satzung durch längere Übung etablieren.
Bestellung von Prokuristen und Generalhandlungsbevollmächtigten:
Die Gesellschafter entscheiden, ob ein solcher Posten eingerichtet wird. Die Erteilung von Prokura und Generalhandlungsvollmacht an einen Bewerber (das „wie”) erfolgt aber durch den Geschäftsführer. Dieser entscheidet auch eigenständig über den jeweiligen Anstellungsvertrag und den etwaigen Widerruf der Prokura oder Generalhandlungsvollmacht. Er muss dabei selbstverständlich im Interesse der Gesellschaft handeln.
Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer und Gesellschafter aus der Gründung oder Geschäftsführung:
Umfasst sind Ersatzansprüche gegen Geschäftsführer und Gesellschafter wegen Pflichtverletzung bei Gründung oder Geschäftsführung wie zum Beispiel die Gründerhaftung nach Paragraf 9a GmbHG, die Geschäftsführerhaftung nach Paragraf 43 GmbHG oder auch die Verletzung von Wettbewerbsverboten.
Darüber hinaus entscheiden die Gesellschafter über Nebenansprüche auf Auskunft oder Rechenschaftslegung, Bereicherungs- oder Unterlassungsansprüche. Jede Form der Geltendmachung muss durch Gesellschafterbeschluss festgelegt werden: Neben der klageweisen Geltendmachung betrifft dies also zum Beispiel auch Mahnung, Verzicht, Vergleich oder Aufrechnung.
Dies gilt auch dann noch, wenn der in Anspruch zu nehmende Gesellschafter bereits ausgeschieden oder der Geschäftsführer nicht mehr im Amt ist.
Entscheidet die Gesellschafterversammlung über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen der Gesellschafter, so hat der betroffene Gesellschafter bei dieser Beschlussfassung kein Stimmrecht. Verweigert die Gesellschaftermehrheit pflichtwidrig die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, können auch einzelne Gesellschafter den Mitgesellschafter in Anspruch nehmen (so genannte „actio pro socio”).
Vertretung der Gesellschaft in allen Prozessen gegen einen Geschäftsführer:
Schließlich entscheiden die Gesellschafter auch über die Frage der Vertretung der Gesellschaft in allen Prozessen gegen einen Geschäftsführer. Dies gilt auch dann, wenn es mehrere Geschäftsführer gibt, da deren Unvoreingenommenheit nicht sichergestellt ist. Vertreter kann dennoch ein Mitgeschäftsführer sein, sofern er zuvor durch Gesellschaftsvertrag dazu bestimmt wurde. Auch Mitglieder von Gesellschaftsorganen, Gesellschafter oder Dritte kommen als Vertreter in Betracht.

Zu den weiteren gesetzlichen Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung gehören:

  • Satzungsänderungen einschließlich Kapitalerhöhung und –herabsetzung (Paragrafen 53 Absatz 1, 57 c Absatz 4, 48 a Absatz 5 GmbHG)
  • Einforderung von Nachschüssen (Paragraf 26 Absatz 1 GmbHG)
  • Bestellung des Abschlussprüfers für prüfungspflichtige GmbHs (Paragraf 318 Absatz 1 Satz 1 GmbHG)
  • Auskunfts- und Einsichtsverweigerung gegenüber einem entsprechenden Gesellschafterverlangen (Paragraf 541 a Absatz 2 Satz 2 GmbHG)
  • Umwandlungsvorgänge wie Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel (Paragrafen 13 Absatz 1, 125, 193 Absatz 1 Umwandlungsgesetz (UmwG))
  • Auflösung der Gesellschaft durch Beschluss (Paragraf 60 Absatz 1 Nummer 2 GmbHG), Bestellung, Abberufung und Entlastung der Liquidatoren (Paragrafen 66, 71 Absatz 2 Satz 1 GmbHG), Feststellung der Liquidationsbilanzen (Paragraf 71 Absatz 2 Satz 1 GmbHG), Entscheidung über die Verwahrung der Geschäftsbücher nach Beendigung der Liquidation (Paragraf 74 Absatz 1 GmbHG).

Darüber hinaus gibt es ungeschriebene Zuständigkeiten der Gesellschafter für:

  • Abschluss, Aufhebung und Abänderung von Anstellungsverträgen sowie sonstige Regelungen des Dienstverhältnisses mit dem Geschäftsführer, zum Beispiel sofortige Beurlaubung oder Hausverbot
  • Ausschlussklage gegen einen Gesellschafter aus wichtigem Grund
  • Zustimmung zu Unternehmensverträgen wie zum Beispiel Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen
  • Befreiung des Geschäftsführers vom Verbot des Selbstkontrahierens (Paragraf 181 BGB)
  • Satzungsauslegende Beschlüsse mit Regelungscharakter.

Vorlagepflicht des Geschäftsführers in ungewöhnlichen Fällen

Die Leitung der GmbH ist - im Rahmen des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes und der Gesellschafterbeschlüsse - grundsätzlich dem Geschäftsführer zugewiesen. Neben der laufenden Geschäftsführung gibt es jedoch auch „ungewöhnliche” Geschäfte, die nicht regelmäßig vorkommen. Sie sind zwar nicht zwangsläufig der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen. Dies gilt aber stets für solche Fälle, bei denen
  • die Einberufung der Gesellschafterversammlung im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint (Paragraf 49 Absatz 2 GmbHG): Umfasst sind Geschäfte mit Ausnahmecharakter wegen außerordentlicher wirtschaftlicher Bedeutung oder hohen Risikos und Geschäfte, die substantiell in die Rechte der Gesellschafter eingreifen oder
  • mit dem Widerspruch der Gesellschafterversammlung zu rechnen ist.
Maßnahmen, die nicht vom in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand gedeckt sind, sind verboten. Sie können nur durch Satzungsänderung erreicht werden. Hierfür ist wie bereits erläutert die Gesellschafterversammlung zuständig.
Die Gesellschafter können darüber hinaus die Grundsätze der Geschäftspolitik allgemein oder für den Einzelfall aufstellen. Oftmals machen Gesellschafter hiervon keinen Gebrauch. Dann begründet der Geschäftsführer durch bloßes Tätigwerden – auf der Grundlage des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes – solche Grundsätze selbst. Hat sich in der GmbH eine bestimmte Geschäftspolitik faktisch etabliert, muss für eine umfassende Neuorientierung die Zustimmung der Gesellschafter eingeholt werden. Von einer stillschweigenden Billigung der Gesellschafter darf der Geschäftsführer nämlich nur bei der Geschäftspolitik ausgehen, die bislang über einen längeren Zeitraum in der GmbH geübt wurde.

Zuständigkeitserweiterungen

Die beschriebenen Zuständigkeiten der Gesellschafter können in der Satzung noch erweitert werden. Zum einen können die Befugnisse des Geschäftsführers zugunsten der Gesellschafter beschränkt werden, indem ein Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte in die Satzung aufgenommen wird.
Ein solcher Katalog verstärkt nicht nur den Einfluss der Gesellschafter auf die Geschäftsführung. Daneben erleichtert er auch die Entscheidung, ob eine Vorlagepflicht nach allgemeinen Grundsätzen entsteht.

Beispiele für mögliche zustimmungspflichtige Geschäfte:

  • Veräußerung und Erwerb von Unternehmen, Anteilen an Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen
  • Aufnahme neuer oder Aufgabe bisheriger Geschäftszweige und Tätigkeitsgebiete
  • Abschluss, Änderung und Beendigung von Unternehmensverträgen
  • Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken
  • Abschluss, Änderung oder Beendigung von Verträgen, die eine Laufzeit von mehr als drei Jahren vorsehen oder Verpflichtungen der GmbH von mehr als zum Beispiel 50.000 Euro begründen
  • Investitionen und Aufnahme oder Gewährung von Darlehen, die nicht im genehmigten Finanz- und Investitionsplan vorgesehen sind
  • Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstiger Haftung für Dritte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen
  • Erteilung oder Entzug von Prokura oder Generalhandlungsvollmacht
  • Abschluss, Änderung oder Beendigung von Betriebsvereinbarungen, Haustarifverträgen, Pensionsvereinbarungen, Sozialplänen
  • Einleitung von Gerichtsverfahren bei Streitwert über zum Beispiel 50.000 Euro.
Wird ein Katalog mit Zustimmungspflichten in die Satzung aufgenommen, so ist der Geschäftsführer im Innenverhältnis verpflichtet, bei den dort aufgezählten Geschäften stets vorab das Einverständnis der Gesellschafterversammlung einzuholen. Im Außenverhältnis ist eine Beschränkung zwar nicht möglich, jedoch macht sich der Geschäftsführer bei Überschreitung der im Innenverhältnis geregelten Kompetenzen schadensersatzpflichtig gegenüber der GmbH.
Tipp: Bei umfangreichen Beschränkungen der Geschäftsführung sind häufige Anpassungen des Zustimmungskatalogs erforderlich. Da jede Satzungsänderung notariell beurkundet werden muss, verursacht es einen wesentlich geringeren Aufwand, diesen Katalog dann nicht in der Satzung, sondern durch einfachen Gesellschafterbeschluss oder im Geschäftsführervertrag festzulegen.
Achtung! Dem Geschäftsführer muss ein unentziehbarer Kernbereich der Geschäftsführung verbleiben. Daher ist insbesondere eine Übertragung der organschaftlichen Vertretungsbefugnis an die Gesellschafter ausgeschlossen.

Verlagerung von Zuständigkeiten auf andere Organe – Aufsichtsrat möglich

Es können aber auch umgekehrt Zuständigkeiten der Gesellschafter auf andere Gesellschaftsorgane verlagert werden, zum Beispiel Übertragung der Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung auf den Aufsichtsrat. Dies ist dauerhaft in der Satzung oder durch einfachen Gesellschafterbeschluss im Einzelfall möglich, wenn die Satzung eine entsprechende so genannte „Öffnungsklausel” dafür enthält.
Bei der GmbH ist ein Aufsichtsrat erst ab 500 Mitarbeitern zwingend vorgeschrieben. Ein Aufsichtsrat kann aber auch bei kleineren GmbHs als Überwachungsorgan durch entsprechende Bestimmung in der Satzung errichtet werden. Einrichtung, Zusammensetzung und Kompetenzen des so genannten fakultativen Aufsichtsrates bestimmen sich dann ausschließlich nach der Satzung.
Die Überwachung des jeweiligen Organs bleibt dennoch stets Aufgabe der Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafter haben auch nach wie vor das Recht, Auskunftsbegehren zu stellen und Prüfungsmaßnahmen durchzuführen.
Zwingend in der Zuständigkeit der Gesellschafter verbleiben müssen etwa Satzungsänderungen, Umwandlungsvorgänge, Beschlussfassung über Unternehmensverträge, Einforderung von Nachschüssen, Verweigerung von Auskunfts- und Einsichtsrechten, Auflösung der Gesellschaft und Bestellung und Abberufung der Liquidatoren.
Achtung! Solche Kompetenzverlagerungen dürfen die Stellung der Gesellschafterversammlung als oberstes Organ der Gesellschaft nicht bis zur Bedeutungslosigkeit aushöhlen.
Stand: April 2025

Einzelkauffrau (e.Kfr.) / Einzelkaufmann (e.K.)

Ab wann muss sich ein Einzelunternehmer in das Handelsregister eintragen lassen? Wie ist die Haftung geregelt? Welche Gesetze finden Anwendung? Informationen zu dieser Rechtsform finden Sie hier.
Ab einer gewissen Betriebsgröße muss sich ein Einzelunternehmer in das Handelregister eintragen lassen. Er führt dann zwingend den Rechtsformzusatz "eingetragener Kaufmann", "eingetragene Kauffrau" oder eine der entsprechenden Abkürzungen "e.K.", "e.Kfr." oder "e.Kfm.".
Die Eintragung ins Handelsregister ist nach dem Gesetz erforderlich, wenn ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb vorliegt. Dies kann ab einem Jahresumsatz von etwa 250.000 Euro angenommen werden. Wird diese Betriebsgröße nicht erreicht, ist eine freiwillige Eintragung möglich. Der Unternehmer gilt dann als Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzes.
Die Haftung des Einzelkaufmanns ist unbeschränkt. Auf seine Geschäfte findet das Handelsgesetzbuch (HGB ), in dem das "Sonderrecht der Kaufleute" geregelt ist, in vollem Umfang Anwendung. Einzelkaufleute sind berechtigt eine Firma als Namen zu führen. Diese Firma kann mit Einwilligung des Kaufmanns von Erben oder anderen Erwerbern fortgeführt werden. Der Eigenname des Geschäftsinhabers muss in der Firmenbezeichnung nicht enthalten sein. Hierdurch unterscheidet er sich von dem Kleingewerbetreibenden, der im Rechtsverkehr zwingend unter seinem Vor- und Zunamen auftreten muss.
Der Kaufmann muss in allen Geschäftsbriefen seine Firma, die Bezeichnung als eingetragener Kaufmann, den Ort seiner Handelsniederlassung, das Registergericht und die Nummer, unter der die Firma im Handelsregister eingetragen ist, angeben. Unter der Firma kann der Kaufmann Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen oder verklagt werden. Ein Prokurist kann ebenfalls bestellt werden.
Der Kaufmann hat zudem die handelsrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften zu beachten. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass eine Bilanz erstellt werden muss.
Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 500.000 Euro Umsatzerlöse und 50.000 Euro Jahresüberschuss aufweisen, brauchen die Paragrafen 238 bis 241 HGB nicht anzuwenden, es reicht die weniger aufwendige Einnahmen-Überschuss-Rechnung aus.
Acht geben muss der Kaufmann bei Vertragsstrafenvereinbarung, Bürgschaften, Schuldanerkenntnissen, Schuldversprechen und Gerichtsstandvereinbarungen. Formvorschriften, die zugunsten von Nichtkaufleuten bestehen, gelten dem Kaufmann gegenüber nicht. Andererseits erleichtert dies wiederum sein Alltagsgeschäft.
Darüber hinaus können Kaufleute nach Vollendung des 30. Lebensjahres zu Handelsrichtern (ehrenamtliche Richter an einer Kammer für Handelssachen des Landgerichtes) ernannt werden.
Stand: März 2025

Besondere Beschäftigungsformen im Überblick

Für die regionalen Betriebe ist es von großer Bedeutung, Beschäftigungsverhältnisse flexibel gestalten zu können. Innerhalb des Arbeitsrechts existiert eine Vielzahl von Beschäftigungsformen, auf die besondere rechtliche Vorschriften Anwendung finden.

Berufsausbildungsverhältnis

Einen Teil des Arbeitsrechts bildet das Berufsbildungsrecht. Dieses umfasst die Berufsausbildung, die Berufsausbildungsvorbereitung, die berufliche Fortbildung und die Umschulung. Spezielle und zentrale Rechtsquelle ist das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Es enthält Regelungen über die vertraglichen Beziehungen der Auszubildenden und Vorschriften über zum Beispiel Ausbildungsstätten, Ausbildungspersonal, das Prüfungswesen und die Anerkennung von Ausbildungsberufen.
Die Berufsausbildung soll im Rahmen einer breit angelegten beruflichen Grundbildung und einer für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit speziellen Ausbildung, die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln. Eine Berufsausbildung im Sinne des BBiG liegt dabei nur vor, wenn die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt.
Es gelten zahlreiche Besonderheiten. Der Ausbildungsvertrag kann zum Beispiel nach Ablauf der Probezeit vom Ausbilder nur noch außerordentlich gekündigt werden. Daneben sind arbeitsrechtliche Vorschriften und Grundsätze anwendbar, soweit sich aus dem BBiG oder der Natur des Ausbildungsvertrags nichts anderes ergibt.

Praktikum

Das Praktikum ist eine betriebliche Tätigkeit und Ausbildung einer Person ohne systematische Berufsausbildung mit dem Zweck, einen bestimmten Beruf oder eine Tätigkeit kennen zu lernen oder einen formalen Abschluss zu erwerben.
Es gibt verschiedene Arten von Praktikantenverhältnissen; detaillierte Informationen hierzu finden Sie in dem Artikel “Das Praktikum und seine Alternativen”. Je nach Zweck gelten besondere gesetzliche Regelungen.
Landesrechtlich vorgeschriebene Schüler-Betriebspraktika sowie studentische Pflichtpraktika richten sich nach dem jeweiligen Schulrecht beziehungsweise nach der jeweiligen Studien- oder Prüfungsordnung. Arbeitsrecht und Berufsbildungsgesetz (BBiG) finden keine Anwendung.
Auf alle weiteren Praktika mit dem Zweck, berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen zu erwerben, findet das BBiG Anwendung.
Bei Anlernverhältnissen hingegen steht die Arbeitsleistung gegen Entgelt im Vordergrund. Da hier ein Arbeitsverhältnis besteht, findet das Arbeitsrecht unter Ausschluss des BBiG Anwendung. Auch hinsichtlich des Sozialversicherungsrechts ist die jeweilige Ausgestaltung der Praktikantenverhältnisse (zum Beispiel Schülerpraktikum, studentisches Pflichtpraktikum, mit oder ohne Entgelt und so weiter) von entscheidender Bedeutung für die Anwendbarkeit der jeweiligen Vorschriften.

Minijob

Bei einer geringfügigen Beschäftigung - auch Minijob genannt - wird zwischen geringfügig entlohnter und kurzfristiger Beschäftigung unterschieden. Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt regelmäßig 556 Euro im Monat nicht übersteigt. Eine kurzfristige Beschäftigung ist gegeben, wenn die Beschäftigung im Laufe eines Kalenderjahrs seit ihrem Beginn auf nicht mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt ist. Arbeitsrechtlich handelt es sich jeweils um vollwertige Arbeitsverhältnisse. Geringfügig Beschäftigte sind daher regelmäßig wie Teil- und Vollzeitkräfte zu behandeln. Besondere arbeitsrechtliche Bestimmungen bestehen nicht.
Geringfügig Beschäftigte sind in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nicht versicherungspflichtig. Von der Rentenversicherungspflicht können sie sich befreien lassen. Der Arbeitgeber hat dennoch folgende Pauschalabgaben (jeweils gerechnet vom Arbeitsentgelt) zu leisten:
  • 13 Prozent Krankenversicherungspauschale,
  • 15 Prozent gesetzliche Rentenversicherungspauschale,
  • Zwei Prozent Pauschale für Lohnsteuer und Kirchensteuer,
  • 1,1 Prozent Umlage U1 (Aufwendungsersatz für Entgeltfortzahlung bei Krankheit),
  • 0,39 Prozent Umlage U2 (Aufwendungsersatz bei Mutterschutz und Beschäftigungsverboten während der Schwangerschaft) (Stand: 1. Januar 2021),
  • 0,12 Prozent Umlage U3 (Insolvenzgeldumlage) (Stand: 1. Januar 2021),
das sind 31,61 Prozent insgesamt.
Trotz der Pauschale ist der Arbeitnehmer durch Minijobs nicht krankenversichert. Die Versicherung muss freiwillig oder durch öffentliche Kassen übernommen werden.
Die Pauschalabgaben muss der Arbeitgeber an die zentrale Einzugsstelle, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (auch Minijob-Zentrale genannt), zahlen. Diese teilt dann den Pauschalbeitrag auf die einzelnen Versicherungszweige und die Steuern auf.
Zusätzlich zu den Pauschalabgaben sind Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen. Diese fallen sowohl bei Minijobs im gewerblichen Bereich (individueller Beitrag) als auch bei den Minijobs in Privathaushalten an. Der gewerbliche Arbeitgeber muss daher die Entgelte der Minijobber gegenüber der zuständigen Berufsgenossenschaft im jährlichen Lohnnachweis aufführen.
Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Artikel "Mini- und Midijobs" oder auf der Website der Minijob-Zentrale.

Freie Mitarbeit

Freie Mitarbeit ist die selbständige unternehmerische Tätigkeit einer Person für ein fremdes Unternehmen auf dienst- oder werkvertraglicher Grundlage. Als Selbständige sind sie keine Arbeitnehmer. Die arbeitsrechtlichen Vorschriften finden daher keine Anwendung. In Abgrenzung zu Arbeitnehmern sind sie nicht oder nur eingeschränkt weisungsabhängig. Sie können ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen. In den Betrieb des Auftraggebers sind sie regelmäßig nicht eingegliedert.

Scheinselbstständigkeit

In der Praxis können sich hinter Freien Mitarbeitern aber auch sogenannten Scheinselbstständige verstecken. Diese treten zwar formal wie selbständige Freie Mitarbeiter auf, sind aber tatsächlich abhängig beschäftigte Personen und damit Arbeitnehmer mit allen arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Konsequenzen. Die Abgrenzung zwischen Freier Mitarbeit und Scheinselbstständigkeit kann sehr schwierig sein. Entscheidend ist dabei immer, wie das Rechtsverhältnis tatsächlich gelebt wird und nicht, wie es vertraglich bezeichnet ist.
Weitere Informationen finden Sie in dem Artikel “Scheinselbstständigkeit”.

Teilzeitarbeit

Teilzeitbeschäftigt ist ein Arbeitnehmer, wenn seine auf Dauer vereinbarte Arbeitszeit regelmäßig kürzer ist als die betriebliche Regelarbeitszeit, dass heißt, der Arbeitnehmer arbeitet entweder an genauso vielen Tagen wie eine Vollzeitkraft, jedoch mit weniger Arbeitsstunden, zum Beispiel halbtags, oder er arbeitet nur an einigen Arbeitstagen pro Woche. Auf die Teilzeitarbeit sind grundsätzlich dieselben arbeitsrechtlichen Vorschriften anwendbar wie auf das Vollzeitarbeitsverhältnis, da sich die beiden Beschäftigungsverhältnisse nur durch die Dauer der Arbeitszeit unterscheiden. Spezielle Vorschriften enthält daneben das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).

Befristetes Arbeitsverhältnis

Befristete Arbeitsverträge können entweder als zeitbezogene Verträge auf einen bestimmten Zeitraum (zum Beispiel ein Monat, ein Jahr) beziehungsweise bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (zum Beispiel bis zum 31. Dezember 2015) oder als zweckbezogene Verträge für einen bestimmten Zweck (zum Beispiel Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, Mitarbeit an einem bestimmten Projekt) abgeschlossen werden. Zeitbezogene Arbeitsverträge enden dann, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt. Bei zweckbezogenen Verträgen muss dagegen eine Auslauffrist von zwei Wochen eingehalten werden. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Befristung sind die speziellen Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) zu beachten. Daneben sind grundsätzlich dieselben arbeitsrechtlichen Vorschriften anwendbar wie auf das unbefristete Arbeitsverhältnis.
Mehr Informationen: Befristete Arbeitsverhältnisse

Altersteilzeit

Die Altersteilzeit ist eine Möglichkeit, in den vorzeitigen Ruhestand zu gehen (bis Ende 2009 im Altersteilzeitgesetz geregelt).
Es gibt zwei Gestaltungsmöglichkeiten der Altersteilzeit. Zum einen kann der Mitarbeiter über den ganzen Zeitraum der Altersteilzeit seine Arbeitszeit halbieren. Die zweite Form der Altersteilzeit ist das Blockmodell - hierbei wird die Altersteilzeit in zwei Beschäftigungsphasen unterteilt. In der ersten sogenannten Arbeitsphase bleibt die wöchentliche Arbeitszeit ungekürzt. In der zweiten Phase, der Freistellungsphase, wird die Arbeitszeit auf Null reduziert. Über die Gesamtdauer also eine Halbierung, genauso wie im ursprünglichen Modell. Insbesondere das Blockmodell gilt in Deutschland als das gängigste Frühverrentungsmodell. Die Altersteilzeit wurde aus öffentlichen Mitteln stark bezuschusst und war an bestimmte Voraussetzungen gebunden, zum Beispiel Vollendung des 55. Lebensjahres. Auf die Altersteilzeitarbeit sind grundsätzlich dieselben arbeitsrechtlichen Vorschriften anwendbar wie auf das Vollzeitarbeitsverhältnis. Spezielle Vorschriften enthielt daneben das Altersteilzeitgesetz hinsichtlich der Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit.

Heimarbeit

Charakteristisch für die Heimarbeit ist, dass der in Heimarbeit Beschäftigte nicht im Betrieb des Auftraggebers tätig wird, sondern an einem von ihm selbst gewählten Ort. Er ist zu keiner kontinuierlichen und keiner dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers unterworfenen Arbeitsleistung verpflichtet und damit persönlich unabhängig und selbständig. In der Regel sind Heimarbeiter als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren, da die Tätigkeit häufig nur für einen Auftraggeber erfolgt. Sie fallen zudem in den Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Auch der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten steht ihnen offen.
Als spezielle gesetzliche Regelung ist das Heimarbeitsgesetz (HAG) maßgebend. Zu den in Heimarbeit beschäftigten Personen zählen danach neben Heimarbeitern auch Hausgewerbetreibende und ihnen gleichgestellte Personen. Es gelten umfassende Sonderregelungen zum Arbeitszeit-, Gefahren- und Kündigungsrecht.

Telearbeit

Telearbeit leistet, wer in auch zumeist selbst gewählter Arbeitsstätte einfache oder qualifizierte Angestelltentätigkeiten an elektronischen Datenverarbeitungsanlagen verrichtet, die durch elektronische Kommunikationsmittel mit dem Betrieb des Arbeit-/Auftraggebers verbunden sind.
In der Regel liegt der Beschäftigung ein Arbeitsverhältnis zu Grunde. Möglich ist aber auch Freie Mitarbeit oder Heimarbeit.
Es handelt sich hierbei lediglich um ein faktisches Phänomen. Besondere Gesetze existieren bislang nicht. Wird die Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsvertrags ausgeübt, so ist das Arbeitsrecht vollumfänglich anwendbar.

Leiharbeitsverhältnis / Arbeitnehmerüberlassung

Von Arbeitnehmerüberlassung oder von einem Leiharbeitsverhältnis wird bei einem Rechtsverhältnis gesprochen, bei dem ein selbstständiger Unternehmer einen Arbeitnehmer, mit dem er einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, vorübergehend an einen anderen Unternehmer "ausleiht", wobei der Arbeitnehmer unter Fortbestand des Rechtsverhältnisses zum Verleiher verpflichtet ist, für den Betrieb des Entleihers nach dessen Weisungen zu arbeiten. Die Arbeitnehmerüberlassung ist zu unterscheiden von den Fällen, in denen ein Unternehmer durch Arbeitnehmer eines anderen Unternehmers, aber unter dessen Aufsicht, in seinem Betrieb Arbeiten ausführen lässt (zum Beispiel bei Reparaturen oder Montagen).
Die gewerbsmäßige Überlassung ist durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zum Teil geregelt, die nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ist gesetzlich nicht geregelt. Im Verhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleihunternehmen/ Überlasser - den sogenannten Zeitarbeitsfirmen- bestehen die üblichen Arbeitnehmerrechte.
Zu beachten ist, dass die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung der Erlaubnis bedarf und die „illegale” Arbeitnehmerüberlassung weitreichende arbeits-, sozialversicherungs-, sowie auch straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Auf der Website der Arbeitsagentur stehen Formulare, Merkblätter und andere Dokumente zum Download bereit.

Sonderformen

Daneben gibt es noch weitere Beschäftigungsformen, für die Sonderregelungen gelten. Für die Privatwirtschaft kommen sie nicht in Frage. Der Vollständigkeit halber werden aber auch diese kurz aufgeführt.

I. Ein-Euro-Jobs

Gesetzlich sind Ein-Euro-Jobs Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung für Empfänger des Arbeitslosengeldes II. Sie werden den Arbeitslosengeld II - Beziehern durch die Agentur für Arbeit zugewiesen. Obwohl Ein-Euro-Jobber wie alle anderen Arbeitnehmer arbeiten, stehen sie in keinem Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsrecht findet demnach auch keine Anwendung. Da die Arbeiten dem Allgemeinwohl dienen müssen, bedienen sich vor allem die Kommunen und Wohlfahrtseinrichtungen der Arbeitslosengeld II - Bezieher. Für private Arbeitgeber ist die Einstellung eines solchen Beschäftigten somit unmöglich.

II. Tendenzbetrieb

Von einem Tendenzbetrieb spricht das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in Paragraf 118 Absatz 1 dann, wenn Unternehmen oder Betriebe unmittelbar und überwiegend politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen dienen oder Medienaufgaben im Sinne des Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes erfüllen. Dann findet das BetrVG nur eingeschränkt Anwendung. Dem Betriebsrat werden Beteiligungsrechte nur insoweit eingeräumt, als die Eigenart des Unternehmens oder Betriebs nicht entgegensteht. Im Bereich der Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen findet das BetrVG dagegen keinerlei Anwendung (Paragraf 118 Absatz 2 BetrVG).

III. Öffentlicher Dienst

Für Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst gelten ebenfalls die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze. Besonderheiten bestehen vor allem im kollektiven Arbeitsrecht. Der öffentliche Dienst hat ein eigenes Personalvertretungsrecht, das die Mitwirkung der Beschäftigten auf betrieblicher Ebene regelt. Es ist unklarer gehalten als im BetrVG. Die Mitbestimmungsrechte sind im Gegensatz zu denen des Betriebsrats weniger weitreichend. Daneben werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten stärker als in der freien Wirtschaft von Flächentarifverträgen (Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT), Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD)) geprägt.
Stand: Juni 2025

Verpflichtung zur Ersatzteilbelieferung

Lieferanten (Händler und Hersteller) stehen immer wieder vor der Frage, ob, in welchem Umfang und wie lange sie ihren Kunden gegenüber verpflichtet sind, Ersatzteile für gelieferte Produkte bereitzuhalten.
Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil gesetzliche Regelungen auch nach der Schuldrechtsreform und eindeutige Rechtsprechung fehlen. Leitlinie sollte sein: Die Verpflichtung zur Ersatzteillieferung ist umso stärker, je höherwertiger und langlebiger das Gebrauchs- und Wirtschaftsgut ist.

Ansprüche des Käufers

  • Es können sich Ansprüche auf Ersatzteilbelieferung im Rahmen der Gewährleistung ergeben. Dies ist der Fall, wenn das Kaufobjekt fehlerhaft übergeben wurde und die gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren oder die vertraglich vereinbarte Garantiezeit noch nicht abgelaufen ist. Der Verkäufer ist dann zur Nachbesserung oder Nachlieferung verpflichtet.
  • Der Käufer kann auch nach zwei Jahren von seinem Lieferanten Belieferung mit Ersatzteilen verlangen, wenn dies in einem separaten Wartungs- oder Liefervertrag vereinbart wurde. Diese – in der Praxis in der Regel nur im Kraftfahrzeugbereich genutzte – Möglichkeit bietet sich vor allem bei sonstigen, teuren Investitionsgütern (Maschinen oder maschinellen Anlagen) an.
  • Ferner kommt ein Schadenersatzanspruch aus Deliktsrecht (Paragraf 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) in Betracht, wenn der Lieferant den Verkäufer bewusst wahrheitswidrig über die zukünftige Verfügbarkeit von Ersatzteilen getäuscht hat. Der Schadenersatz ist hierbei allerdings nur in Geld zu leisten.
  • In allen anderen Fällen, vor allem bei Abnutzungserscheinungen im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs, wird eine Pflicht zur Bereithaltung und Lieferung von bestimmten Ersatzteilen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (Paragraf 242 BGB) hergeleitet. Hiernach trifft den Lieferanten eine nachvertragliche Pflicht, die länger dauernde Benutzung eines Gebrauchs- und Wirtschaftsgutes nicht dadurch zu vereiteln, dass typische Verschleißteile nicht ersetzt werden können. Es wäre sicherlich ein Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn Ersatzteile für eine Maschine im Wert von 200.000 Euro nur drei Jahre lang zu bekommen wären.
  • Der Käufer kann seinen Anspruch nur dann direkt gegen den Hersteller geltend machen, wenn er von diesem erworben hat. Ob ein sogenannte "Durchgriffsanspruch" gegen den Hersteller auch besteht, wenn der Vertrieb über einen Händler erfolgte, ist umstritten, da die direkte vertragliche Beziehung zwischen Hersteller und Käufer fehlt.
In der Praxis dürfte dies jedoch keine Auswirkungen haben, weil auch der Händler seinerseits einen nachvertraglichen Anspruch auf Ersatzteilbelieferung gegen den Hersteller hat, den er entweder selbst geltend machen oder an den Käufer abtreten kann.

Umfang der Ersatzteilbelieferungspflicht

Die Belieferungspflicht kann auf Verschleißteile beschränkt sein, mit deren Abnutzung innerhalb der normalen Lebensdauer des Kaufgegenstandes erfahrungsgemäß zu rechnen ist. Bieten Dritte Ersatzteile entsprechender Qualität und zu gleichen Preisen an, so ist der Käufer auf die Belieferung durch den Lieferanten nicht angewiesen. Damit entfällt dessen Verpflichtung zur Ersatzteillieferung. Will der Hersteller die Produktion eines Gegenstandes einstellen, so hat er eine dem Bedarf im eigenen Kundenkreis entsprechende Anzahl von Ersatzteilen einzulagern. Tut er dies, besteht normalerweise kein Anspruch auf Herstellung von Sonderfertigungen wegen weiteren Bedarfs.

Zeitliche Dauer der Ersatzteilbelieferungspflicht

Einen festumrissenen generellen Zeitraum für das Vorbehalten von Ersatzteilen gibt es nicht und kann es angesichts der Vielfalt von Gebrauchs- und Wirtschaftsgütern auch nicht geben. Die steuerliche Abschreibungstabelle (AfA-Tabelle) kann hierfür nicht herangezogen werden, da steuerliche und tatsächliche Nutzungsdauer nicht übereinstimmen. Ansonsten kann bei langlebigen Investitionsgütern eine Frist von fünf bis zehn Jahren als Richtschnur gelten, steigend mit der Höherwertigkeit. Maßgeblich sind immer die Umstände des Einzelfalls.

Folgen der Nichtbelieferung

Wird eine wegen positiver Vertragsverletzung bestehende Verpflichtung zur Ersatzteilbelieferung nicht erfüllt, macht sich der Lieferant schadenersatzpflichtig. Der Käufer kann in diesem Falle den Wert der noch offenen Nutzungsdauer ersetzt verlangen. Der Verkäufer kann unter Umständen wiederum bei seinem Lieferanten Regress nehmen.

Ansprüche bei gebrauchten Produkten

Bei gebrauchten Produkten hat der Erwerber in der Regel keinen Anspruch auf Ersatzteillieferung. Nimmt man einen Direktanspruch gegen den Hersteller an (streitig), so wird dieser auf Zweit- und Drittkäufer ausgedehnt, die dann aus eigenem Recht gegen den Hersteller vorgehen können. Eine andere Meinung hilft in diesen Fällen mit der „stillschweigenden Abtretung”, die dem Zweit- beziehungsweise Dritterwerber einen Anspruch aus erworbenem Recht gegen den Hersteller zubilligt.
Wir danken der IHK Karlsruhe, die uns dieses Merkblatt freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.
Stand: Juli 2022

Bildungsurlaub in Hessen

Ziele des Bildungsurlaubsgesetzes

Ziel des Bildungsurlaubs ist es, den Beschäftigten eine ständige Weiterentwicklung zu ermöglichen. Bildungsurlaub soll die Chance bieten, außerhalb der üblichen Alltagsabläufe in geeigneter Atmosphäre zu lernen, die eigene Arbeits- und Lebenssituation besser zu erkennen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Ein politisch sowie beruflich besser qualifizierter Arbeitnehmer kommt auch dem Arbeitgeber zu Gute.

Rahmenbedingungen

Paragraf 1 Absatz 1 des Hessischen Bildungsurlaubsgesetzes (HBUG) regelt, dass alle in Hessen tätige Arbeitnehmer, Auszubildende sowie Beschäftigte der Werkstätte für Behinderte gegenüber ihrem Arbeitgeber Anspruch auf bezahlten Bildungsurlaub haben.
Allen in Hessen Beschäftigten, die in einer Fünftagewoche arbeiten, haben einen Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub im Jahr. Bei einer längeren oder kürzeren regelmäßigen Wochenarbeitszeit verlängert oder verkürzt sich der Anspruch entsprechend. (Paragraf 2 HBUG)
Voraussetzung für den erstmaligen Erwerb des Bildungsurlaubsanspruchs ist, dass das Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis seit mindestens sechs Monaten besteht. Die Dauer des täglichen Arbeitsprogrammes muss in der Regel sechs Zeitstunden betragen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Arbeitsentgelt während der Fortbildung weiter zu zahlen. Bei Auszubildenden darf der Bildungsurlaub lediglich der politischen Bildung und der Ehrenamtsschulung dienen (Paragraf 1 Absatz 2 HBUG).
Die Arbeitnehmer haben die Möglichkeit an einer Veranstaltung der politischen Bildung, der Ehrenamtsschulung oder der beruflichen Weiterbildung teilzunehmen.
Eine Bildungsurlaubsveranstaltung muss grundsätzlich an fünf aufeinander folgenden Tagen stattfinden. Sie kann jedoch auch auf zwei zeitliche Blöcke von zwei und drei Tagen verteilt werden, wenn es sich um eine inhaltlich und organisatorisch einheitliche Veranstaltung handelt und beide Blöcke innerhalb von acht zusammenhängenden Wochen durchgeführt werden. Der Anspruch kann seit 1. Januar 2018 in Ausnahmefällen auch für dreitägige Veranstaltungen geltend gemacht werden.

Anbieter in Hessen

In Hessen sind rund 250 Veranstalter, die Bildungsurlaub nach dem HBUG durchführen dürfen, anerkannt. Die Veranstalter müssen zunächst eine Anerkennung beim Hessischen Sozialministerium beantragen. Sie werden von der Behörde unter Beteiligung weiterer Gremien auf ihre Eignung überprüft. Sofern die Veranstalter die gesetzlichen Voraussetzungen (zum Beispiel: Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, keine Gewinnerzielungsabsicht, angemessene personelle und organisatorische Ausstattung, qualifizierte Bildungsarbeit) erfüllen, werden sie als Träger nach dem HBUG anerkannt und dürfen Bildungsurlaubsveranstaltungen durchführen.
Auch sämtliche Bildungsveranstaltungen müssen gemäß Paragrafen 10, 11, 12 BHUG vom Hessischen Sozialministerium als Bildungsurlaub anerkannt worden sein. Interessierte sollten die Veranstalter zunächst immer nach der Trägeranerkennung beziehungsweise vor der Buchung eines Seminars den Veranstalter nach der Veranstaltungsanerkennung fragen.
Eine Liste entsprechender Träger nach dem HBUG kann über das Internet auf der Homepage des Hessischen Sozialministeriums abgefragt werden.

Antrag auf Bildungsurlaub

Gemäß Paragraf 5 Absatz 1 HBUG müssen Ankündigungen Inanspruchnahme und die zeitliche Lage des Bildungsurlaubs dem Arbeitgeber so frühzeitig wie möglich, mindestens aber sechs Wochen vor Beginn der gewünschten Freistellung, schriftlich mitgeteilt werden. Die Beschäftigten müssen folgende Unterlagen vorlegen:
  • Anmeldebestätigung und Teilnahmebestätigung nach Ende der Veranstaltung
  • Nachweis der Anerkennung durch das Hessische Sozialministerium oder eines anderen Bundeslandes
  • Vorlage des Programms der Veranstaltung, aus dem sich Zielgruppe, Lernziele, Lerninhalte und der zeitliche Ablauf ergeben.
Wird die Freistellung durch den Arbeitgeber verweigert, so ist dies dem Beschäftigten innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Antrages schriftlich unter Angabe der Gründe zu eröffnen. Erfolgt die Ablehnung der Freistellung nicht formgerecht innerhalb dieser Frist, gilt die Freistellung als erteilt.
  1. Der Bildungsurlaub kann nur in zwei Fällen verweigert werden: Dringende betriebliche Erfordernisse stehen dem Bildungsurlaub entgegen (Absatz 4). Dies kann unter Umständen dann der Fall sein, wenn eine für den ordnungsgemäßen Betriebsablauf unbedingt erforderliche Vertretung nicht sichergestellt ist oder wenn ein unaufschiebbarer besonderer Arbeitsanfall vorliegt.
  2. Im laufenden Kalenderjahr nahmen bereits mehr als ein Drittel der Beschäftigten des Betriebes an nach diesem Gesetz anerkannten Bildungsveranstaltungen teil (Absatz 5). Lehnt der Arbeitgeber die Freistellung ab, kann der Anspruch auf bezahlten Bildungsurlaub vor den Arbeitsgerichten eingeklagt werden. Im Einzelfall kann dies mittels eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geschehen.

Übertragung von Bildungsurlaub

Gemäß Paragraf 5 Absatz 8 HBUG kann der Anspruch der Beschäftigten auf Freistellung vom laufenden auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden. Sofern ein Arbeitnehmer innerhalb des Kalenderjahres keinen Bildungsurlaub beansprucht hat, kann er die Übertragung bis zum 31. Dezember des laufenden Jahres schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erklären. Wurde die beantragte Freistellung verweigert, so ist der Anspruch auf Bildungsurlaub bei Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses auf das folgende Kalenderjahr zu übertragen, ohne dass der Beschäftigte das erklären muss.
Informationen für Arbeitgeber
Seit 2018 gibt es eine besondere Förderung von Beschäftigten von Kleinst- und Kleinbetrieben (nicht mehr als 20 Mitarbeiter). Das Land Hessen erstattet danach die Hälfte des täglich fortgezahlten Entgelts während der Freistellung der Beschäftigten zur Teilnahme an anerkannten Veranstaltungen der politischen Bildung und beruflichen Weiterbildung (nicht bei Ehrenamtsschulungen). Darüber hinaus erstattet das Land Hessen den privaten Beschäftigungsstellen nun das für den Zeitraum der Freistellung tatsächlich gezahlte Entgelt und nicht mehr lediglich den durchschnittlichen hessischen Mindestlohn.
Informationen über Termine und Programme können vom Träger unmittelbar oder den entsprechenden Trägerdachorganisationen eingeholt werden. Diese Liste kann ebenfalls über das Internet auf der Homepage des Hessischen Sozialministeriums abgefragt oder der Broschüre „Bildungsurlaub Hessen” entnommen werden. Die kostenfreie Broschüre des Ministeriums informiert sowohl Beschäftigte als auch Arbeitgeber darüber, welche Rechte und Pflichten sich für beide Parteien des Arbeitsverhältnisses aus dem derzeit gültigen Bildungsurlaubsgesetz in Hessen ergeben (Bezugsquelle: Hessisches Sozialministerium, Referat Öffentlichkeitsarbeit, Dostojewskistraße 4, 65187 Wiesbaden; Telefonnummer 0611/817-2501).
Stand: November 2021

Gewerbeuntersagung

Als Gewerbetreibender tragen Sie viel Verantwortung – für sich, für Ihre Mitarbeiter, für die ganze Firma. Ob aus finanziellen oder anderen Gründen, wenn Sie in Schwierigkeiten geraten oder diese abzusehen sind, droht Ihnen eventuell ein Gewerbeuntersagungsverfahren nach Paragraf 35 Gewerbeordnung (GewO) durch die zuständige Ordnungsbehörde aufgrund einer zu befürchtenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Damit es nicht soweit kommt, sind wir für Sie da.

Gewerbeuntersagungsverfahren (GU) - Einleitung des Verfahrens

Krankheitsbild:

  • Umsatzzahlen brechen ein
  • Lohn kann nicht gezahlt werden
  • Sozialversicherungsbeiträge stehen aus
  • Steuern können nicht bezahlt werden
  • Unangenehme Post vom Finanzamt

Diagnose:

  • drohendes Gewerbeuntersagungsverfahren durch Regierungspräsidium (RP)

Behandlung:

  • Anschreiben der IHK umgehend öffnen
  • Möglichkeit zum Gespräch nutzen
  • IHK gibt nach Einschätzung der Sachlage Stellungnahme gegenüber dem RP ab.

Gründe für die Einleitung eines GU

Als unzuverlässig im Sinne des Paragraf 35 Gewerbeordnung (GewO) gilt ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er das von ihm ausgeübte Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung dann, wenn der Gewerbetreibende nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung seines Gewerbes zu gewährleisten. Die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens dient daher dem Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten.
Die folgenden Unzuverlässigkeitsmerkmale sind die häufigsten Gründe für eine Verfahrenseinleitung:
  • Missachtung steuerrechtlicher Pflichten, zum Beispiel Steuererklärungen werden nicht oder ständig verspätet eingereicht und/oder Zahlungen an das Finanzamt werden nicht oder ständig verspätet getätigt.
  • Missachtung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten, zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträge werden nicht abgeführt.
  • Die eidesstattliche Versicherung über das Vermögen muss abgegeben werden oder es ergeht Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.
  • Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung stehen.
  • Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Gewerbeausübung fehlt, das heißt die für die Gewerbeausübung notwendigen finanziellen Mittel sind nicht vorhanden.
  • Es fehlt der wirtschaftliche Leistungswille.
  • Es fehlt das nötige berufliche Verantwortungsbewusstsein.
In den meisten Fällen kommen jedoch mehrere dieser Punkte zusammen und führen dann zur Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens durch das
Regierungspräsidium Darmstadt, Luisenplatz 2, 64283 Darmstadt.
Da es sich beim Gewerbeuntersagungsverfahren um ein förmliches Verwaltungsverfahren handelt, erfolgt bei Einleitung immer eine schriftliche Mitteilung des Regierungspräsidiums Darmstadt mit einer ausführlichen Begründung an den Betroffenen. Dieses Schreiben enthält eine Frist zur Stellungnahme, die zur Vermeidung der Gewerbeuntersagung auch unbedingt eingehalten werden sollte.

Besonderheit: Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers

Der Geschäftsführer einer GmbH übernimmt die Aufgaben eines Arbeitgebers. In dieser Funktion hat er die monatlichen Lohnsteuer- und Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben sowie die Lohnsteuer des Arbeitnehmers einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Die Pflicht zur Voranmeldung und Abführung gilt auch für die Umsatzsteuer. Auch trägt der Geschäftsführer die Verantwortung dafür, dass die GmbH ihre Pflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern erfüllt. Die einbehaltenen Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sind an die Sozialversicherungsträger abzuführen; gleiches gilt auch für die Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Nähere Informationen zu den Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers finden Sie hier.
Kommt der GmbH-Geschäftsführer diesen Verpflichtungen nicht nach, kann nicht nur gegen die GmbH, sondern auch gegen ihn persönlich ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet werden. Bitte beachten Sie daher als Geschäftsführer nicht nur den Schriftverkehr des Regierungspräsidiums mit der GmbH, sondern auch die an Sie persönlich gerichteten Schreiben.

Tipps für betroffene Gewerbetreibende

Da eine Gewerbeuntersagung einen schwerwiegenden Eingriff in Ihre Lebensumstände bedeutet, sollten Sie die Situation auf jeden Fall ernst nehmen!
Die folgenden Hinweise haben wir für Sie zusammengestellt, um die Chancen für einen positiven Verlauf des Gewerbeuntersagungsverfahrens zu erhöhen:
  • Öffnen Sie auf jeden Fall unverzüglich Ihre Post. Holen Sie bei der Post niedergelegte Schreiben schnellstmöglich ab. Sorgen Sie auch bei persönlicher Abwesenheit für die Entgegennahme, Sichtung und Bearbeitung Ihrer Post.
  • Reagieren Sie auf Schreiben des Regierungspräsidiums oder anderer Ordnungsbehörden - vor allem wenn es darin um die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens geht. Nehmen Sie binnen der dort genannten Frist unbedingt Kontakt mit dem dortigen Ansprechpartner auf. Zeigen Sie hier Interesse an der Klärung der Situation!
  • Nehmen Sie vereinbarte Gesprächstermine bei dem Regierungspräsidium oder dem Finanzamt wahr bzw. informieren Sie Ihren Gesprächspartner, wenn Sie den Termin aus einem wichtigen Grund verschieben müssen.
  • Halten Sie sich an die mit der Behörde getroffenen Absprachen. Legen Sie zum Beispiel Ratenzahlungsvereinbarungen oder Sanierungskonzepte rechtzeitig vor beziehungsweise informieren Sie die Behörde zeitnah, wenn Sie die Vereinbarung nicht halten können.
  • Signalisieren Sie Ihren Gläubigern (insbesondere: Finanzamt, Krankenkassen, Berufsgenossenschaft) die Bereitschaft zur Tilgung der Schulden. Halten Sie mit den Gläubigern getroffene Vereinbarungen schriftlich fest, damit beiden Seiten konkrete Fakten vorliegen.
  • Informieren Sie das Regierungspräsidium über die Ergebnisse der entsprechenden Gläubigergespräche. Werden Sie hier von sich aus aktiv!
  • Beachten Sie bitte, dass das Gewerbeuntersagungsverfahren auch fortgeführt werden kann, wenn der Betrieb des Gewerbes nach Einleitung des Verfahrens aufgegeben wird.

Besonderheiten in der Insolvenz

Während eines Insolvenzverfahrens gibt es einen besonderen Schutz für das Gewerbe, welches aktuell bei der Stellung des Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ausgeübt wird. Eine Gewerbeuntersagung darf wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht durchgeführt werden, wenn die Unzuverlässigkeit allein mit ungeordneten Vermögensverhältnissen begründet wird. Damit soll der Zielsetzung des Insolvenzverfahrens, eine Sanierung des Betriebes zu ermöglichen, Rechnung getragen werden. Dieser Schutz gilt auch während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach Paragraf 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (Paragraf 260 Insolvenzordnung). Wird jedoch die selbstständige Tätigkeit des Gewerbetreibenden durch den Insolvenzverwalter freigegeben und treten danach erneut Außenstände bei Steuern, Sozialabgaben oder sonstigen öffentlichen Abgaben auf, kann das Gewerbeuntersagungsverfahren aufgrund der erneuten Schulden wieder durchgeführt werden.

Juristische Konsequenzen einer Gewerbeuntersagung

Sollten alle vorherigen Bemühungen umsonst gewesen und das Regierungspräsidium von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit nach Paragraf 35 GewO überzeugt sein, erlässt es einen Bescheid, durch den die Ausübung des Gewerbes untersagt wird. Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht Darmstadt, Julius-Reiber-Straße 37, 64293 Darmstadt, einreichen. Im Falle der Anordnung des sofortigen Vollzugs der Untersagung kann beim Verwaltungsgericht ein Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt werden - hier sollten Sie ggf. den Rat eines Rechtsanwalts einholen. Sofortiger Vollzug bedeutet, dass die Gewerbetätigkeit sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden muss.
Ist der Untersagungsbescheid nach Ablauf der Monatsfrist unanfechtbar geworden, kann frühestens nach einem Jahr (in Ausnahmefällen auch früher) ein Antrag auf Wiedergestattung des Gewerbes beim Regierungspräsidium Darmstadt gestellt werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Antragstellung ist das Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt (sogenannte „positive Zukunftsprognose”).

Die Unterstützung der IHK?

Die IHK Darmstadt wird vom Regierungspräsidium Darmstadt um eine Stellungnahme zu dem eingeleiteten Gewerbeuntersagungsverfahren gebeten. Die letztendliche Entscheidung über Erlass oder Nichterlass eines Gewerbeuntersagungsbescheides trifft jedoch immer das Regierungspräsidium.
Zur Vorbereitung einer entsprechenden Stellungnahme bittet die IHK Darmstadt den betroffenen Gewerbetreibenden um eine schriftliche oder persönliche Äußerung zu den Hintergründen des Gewerbeuntersagungsverfahrens. Durch Ihre Mitwirkung erhält die IHK möglicherweise wichtige Informationen, die für eine aussagekräftige Stellungnahme - eventuell mit für Sie positiven Aspekten - hilfreich sein können.
Auf dieser Internetseite finden Sie weitere ausführliche Hinweise, wie die IHK Darmstadt Sie bei Ihrem Weg aus der Krise unterstützen kann.
Stand: März 2022
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer Kammer - nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz

1. Das Wichtigste vorab:

Mit dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) will der Gesetzgeber die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, um Beschäftigten die Pflege naher Angehöriger in häuslicher Umgebung zu ermöglichen. Neben der Pflegezeit bis zu sechs Monaten ist auch die kurzzeitige Arbeitsverhinderung bis zu zehn Tage geregelt. Ergänzt werden die Regelungen durch das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG), das die Reduzierung der Arbeitszeit um bis zu zwei Jahre als Familienpflegezeit ermöglicht.

2. Begriffsbestimmungen

Zu den "Beschäftigten" im Sinne des Pflegezeitgesetzes zählen nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch zur Berufsbildung Beschäftigte (auch Volontäre, Praktikanten) sowie arbeitnehmerähnliche Personen (arbeitnehmerähnliche Selbständige – siehe Anmerkungen zu Sonderkündigungsschutz) und Heimarbeiter, unabhängig von der jeweiligen Beschäftigungsdauer.
Zu den "nahen Angehörigen" zählt das Gesetz:
  • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern,
  • den Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Schwägerinnen und Schwäger sowie
  • eigene Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder sowie diejenigen des Ehegatten oder Lebenspartners (nicht: des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft), Schwieger- und Enkelkinder.
Pflegezeit im Sinne des Pflegezeitgesetzes sowie Familienpflegezeit im Sinne des Familienpflegezeitgesetzes liegt vor, wenn Beschäftigte einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, wobei die Familienpflegezeit in Abgrenzung zur Pflegezeit eine nur teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung bei Wahrung einer Mindestarbeitszeit vorsieht bzw. zulässt.
Als pflegebedürftig gelten solche Personen, die zumindest Pflegestufe I erfüllen, wobei für die Freistellung bereits eine voraussichtliche Pflegebedürftigkeit ausreicht.

3. Leistungsverweigerungsrecht / Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Das Pflegezeitgesetz räumt den Beschäftigten das Recht ein, bis zu zehn Arbeitstagen der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Materiell-rechtlich setzt die kurzzeitige Freistellung also eine akute, das heißt unerwartet und plötzlich auftretende Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen voraus. Hiervon wird man vermutlich nicht mehr ausgehen können, wenn zum Beispiel ein langer Krankenhausaufenthalt vorausgegangen ist, in dem sich die Pflegebedürftigkeit bereits abzeichnete. Von einer Erforderlichkeit des Fernbleibens von der Arbeit kann auch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn bereits eine andere Person für den Pflegebedürftigen eine bedarfsgerechte Pflege organisiert bzw. die pflegerische Versorgung sicherstellt.
Dem Arbeitgeber ist die Arbeitsverhinderung sowie deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Ein ärztliches Attest über die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen sowie die Erforderlichkeit der Befreiung ist dem Arbeitgeber nur auf dessen Verlangen hin vorzulegen.
Ungeregelt geblieben ist vom Gesetzgeber, wie oft der Beschäftigte von seinem Recht zur kurzfristigen Freistellung Gebrauch machen kann. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die kurzzeitige Freistellung auf Akutfälle beschränkt ist, so dass grundsätzlich hiervon nur zu Beginn der Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen auszugehen sein dürfte.

Vergütung

Die Beschäftigten haben einen Anspruch auf Zahlung von Pflegeunterstützungsgeld aus Paragraph 44a III SGB XI. Das Pflegeunterstützungsgeld wird von der Pflegekasse oder dem Versicherungsunternehmen des pflegebedürftigen nahen Angehörigen gewährt.
Daneben kann es Freistellungs- und Vergütungsfortzahlungsansprüche des Beschäftigten aus anderen gesetzlichen Vorschriften (z. B. Paragraph 616 BGB), aus Arbeitsvertrag oder aus Tarifvertrag geben. Hinsichtlich Paragraph 616 BGB ist zu sagen, dass dieser jedoch eine Vergütungsfortzahlung nur für eine verhältnismäßig unerhebliche Zeit vorsieht, wenn die Abwesenheit nicht vom Dienstverpflichteten verschuldet wurde. Was im Sinne des Paragraph 616 BGB unter einem verhältnismäßig unerheblichen Zeitraum zu verstehen ist, ist seit jeher umstritten. Dabei sollen Art, Dauer und Schwere des Verhinderungsgrundes eine Rolle spielen. Regelmäßig wird ein Zeitraum von bis zu fünf Tagen angenommen, wobei eine rein schematische Anwendung dieser Regelung abzulehnen ist. Wichtig im Hinblick auf Paragraph 616 BGB ist auch, dass bei Überschreitung des verhältnismäßig unerheblichen Zeitraums die Vergütung nicht nur für den die Unerheblichkeit übersteigenden Zeitraum entfällt, sondern insgesamt. Weiter kann Paragraph 616 BGB sowohl einzel- als auch kollektivvertraglich ausgeschlossen werden. Besonderheiten hinsichtlich der Vergütungspflicht gelten gegenüber Auszubildenden. Diesen ist nach Paragraph 19 Absatz 1 Nummer 2b BBiG für einen Zeitraum von sechs Wochen die Vergütung fortzuzahlen.
Der Anspruch auf kurzfristige Freistellung besteht unabhängig von einer bestimmten Belegschaftsgröße und Dauer der Betriebszugehörigkeit.

4. Pflegezeitanspruch

Darüber hinaus räumt das Pflegezeitgesetz den Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung zur Pflege ein, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen – dies gilt darüber hinaus auch für die außerhäusliche Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Kindes. Tatbestandsvoraussetzung für den Pflegezeitanspruch ist, dass der Beschäftigte den pflegebedürftigen Familienangehörigen in häuslicher Umgebung pflegen will. Nach dem Willen des Gesetzgebers zählt hierunter nicht nur der Haushalt, in dem der Pflegebedürftige aufgenommen werden soll, sondern insbesondere auch der eigene Haushalt des Pflegebedürftigen selbst.

Unternehmensgröße

Der Anspruch auf Pflegezeit besteht nur gegenüber Arbeitgebern, die in der Regel mehr als 15 Personen beschäftigen.

Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen

Die Inanspruchnahme der Pflegezeit setzt die Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen voraus. Pflegebedürftig sind die nahen Angehörigen dann, wenn sie wegen einer Behinderung oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit für den normalen Alltag voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem Maße Hilfe benötigen und bei Ihnen die Pflegestufe I festgestellt wurde.

Ankündigung der Pflegezeit

Wenn ein Beschäftigter Pflegezeit in Anspruch nehmen möchte, hat er dies gegenüber seinem Arbeitgeber anzukündigen. Hierbei hat der Beschäftigte zu erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang er Pflegezeit beanspruchen will. Die Ankündigung muss schriftlich erfolgen und dem Arbeitgeber spätestens zehn Tage vor dem angekündigten Beginn der Pflegezeit zugehen. Enthält die Ankündigung keine eindeutige Festlegung, ob die oder der Beschäftigte Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen will, und liegen die Voraussetzungen beider Freistellungsansprüche vor, gilt die Erklärung als Ankündigung von Pflegezeit.
Über die teilweise Freistellung haben Arbeitgeber und Beschäftigter nach Paragraph 3 Absatz 4 PflegeZG eine schriftliche Vereinbarung über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit zu treffen. Der Arbeitgeber hat hierbei den Wünschen des Beschäftigten zu entsprechen, es sei denn, diesen stehen dringende betriebliche Gründe entgegen.

Nachweispflicht des Beschäftigten

Der Beschäftigte, der Pflegezeit beanspruchen möchte, muss die Pflegebedürftigkeit seines nahen Angehörigen durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachweisen.

Dauer der Pflegezeit

Die Pflegezeit beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen maximal sechs Monate. Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Beschäftigte vollständig oder nur teilweise von seiner Arbeitspflicht freistellen lässt. Der Beschäftigte ist nach dem PflegeZG auch nicht gehalten, von Anfang an den vollen Sechsmonatszeitraum zu beantragen. Nach Paragraph 4 Absatz 1 PflegeZG kann ein anfänglich kürzerer in Anspruch genommener Zeitraum bis zur Höchstdauer von sechs Monaten verlängert werden. Dies bedarf allerdings der Zustimmung des Arbeitgebers, der hier insofern frei ist in seiner Entscheidung. Ein Anspruch auf Verlängerung besteht ausnahmsweise dann, wenn ein Wechsel in der Person des Pflegenden aus wichtigem Grund nicht möglich ist, zum Beispiel weil derjenige erkrankt ist. Eine vorzeitige Beendigung der Pflegezeit ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Etwas anderes gilt, wenn die Pflegebedürftigkeit nicht mehr besteht oder die häusliche Pflege des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar wird. Die Pflegezeit endet dann vier Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände. Der Arbeitgeber ist über die veränderten Umstände unverzüglich zu unterrichten.

Hinweis:

Nach Auffassung des BAG (Urteil vom 15.11.2011, Az. 9 AZR 348/10) ist eine Aufteilung der Pflegezeit in mehrere getrennte Abschnitte nicht möglich. Die Pflegezeit kann danach nur einmal zusammenhängend in Anspruch genommen werden. Paragraph 3 Absatz 1 PflegeZG gibt dem Arbeitnehmer ein einmaliges Gestaltungsrecht, das er durch die Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber, Pflegezeit zu nehmen, ausübt. Mit der erstmaligen Inanspruchnahme von Pflegezeit sei dieses Recht erloschen. Dies gelte nach Ansicht der Richter selbst dann, wenn die genommene Pflegezeit die Höchstdauer von sechs Monaten unterschreitet. Das Gericht hat offengelassen, ob es mit dem Pflegegesetz vereinbar ist, dass der Arbeitnehmer die Pflegezeit im Wege einer einmaligen Erklärung auf mehrere getrennte Zeitabschnitte verteilt.

Urlaub

Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der der oder dem Beschäftigten für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung um ein Zwölftel kürzen.

Sozialversicherung

Abhängig vom Umfang der Pflegezeit m Sinne des Paragraphen 3 PflegeZG ergeben sich unterschiedliche Auswirkungen hinsichtlich der Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Bei vollständiger Reduzierung der Arbeitszeit ist der Arbeitnehmer während der Pflegezeit nicht mehr sozialversicherungspflichtig, das heißt der Arbeitgeber meldet ihn ab. Der Arbeitnehmer ist dann in der Kranken- und Pflegeversicherung entweder über eine Familienversicherung versichert oder er muss sich freiwillig oder aufgrund der allgemeinen Versicherungspflicht versichern. Er kann Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung von der Pflegekasse erhalten. Die Pflegepersonen sind, sofern sie mehr als 14 Stunden pro Woche tätig sind, auch rentenversicherungspflichtig, die Pflegekasse des Pflegebedürftigen zahlt die Beiträge. Pflegende Personen sind auch arbeitslosenversicherungspflichtig, unabhängig von der Anzahl der geleisteten Stunden. Die Beiträge werden von der Pflegekasse übernommen.
Als Arbeitgeber sollten Sie Ihren Beschäftigten vor Inanspruchnahme der Pflegezeit darauf hinweisen, sich (auch bei nur teilweiser Freistellung) bei den Sozialversicherungsträgern zu informieren.

5. Verringerung der Arbeitszeit nach dem Familienpflegezeitgesetz

Nach dem Familienpflegezeitgesetz haben Beschäftigte die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für die Dauer von längstens 24 Monaten zu verringern (teilweise Freistellung), um einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen – dies gilt im Übrigen auch für die außerhäusliche Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Kindes. Die verringerte wöchentliche Arbeitszeit muss jedoch weiterhin mindestens 15 Stunden betragen.

Unternehmensgröße

Der Anspruch auf Familienpflegezeit besteht nicht gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel 25 oder weniger Beschäftigten ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.

Ankündigung

Wer Familienpflegezeit beanspruchen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen vor dem gewünschten Beginn schriftlich ankündigen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang innerhalb der Gesamtdauer die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll. Dabei ist auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anzugeben. Ist der Ankündigung keine Festlegung enthalten, ob die oder der Beschäftigte Pflegezeit oder Familienpflegezeit beanspruchen will und liegen die Voraussetzungen beider Freistellungsansprüche vor, gilt die Erklärung als Ankündigung von Pflegezeit.
Arbeitgeber und Beschäftigte haben über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit sodann eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Hierbei hat der Arbeitgeber den Wünschen der Beschäftigten zu entsprechen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.

Verlängerung der Familienpflegezeit

Für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommene Familienpflegezeit kann bis zur zulässigen Gesamtdauer von 24 Monaten verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Eine solche Verlängerung kann verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person der oder des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann.

Beendigung der Familienpflegezeit

Die Familienpflegezeit endet vier Wochen nachdem der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege der oder des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar ist. Der Arbeitgeber ist über diese veränderten Umstände unverzüglich zu unterrichten. Eine vorzeitige Beendigung der Familienpflegezeit kann nur mit Zustimmung des Arbeitgebers erfolgen.

6. Für die dargestellten Freistellungsansprüche nach Pflege- und Familienpflegezeit geltende Hinweise

Die für die Pflegezeit geltenden Paragraphen 5-8 PflegeZG gelten für die Familienpflegezeit entsprechend – daher gilt sowohl für die kurzfristige Freistellung, die Pflegezeit als auch für die Familienpflegezeit:

Kombination von Pflege- und Familienpflegezeit

Kombiniert der oder die Beschäftigte die Inanspruchnahme von Pflegezeit und Familienpflegezeit, darf die Dauer der Inanspruchnahme eine Gesamtdauer von 24 Monaten je pflegebedürftigem nahen Angehörigen nicht über-schreiten. Die Pflegezeit wird auf Berufsbildungszeiten nicht angerechnet.
Im Falle einer solchen Kombination, muss sich die Familienpflegezeit unmittelbar an die Pflegezeit anschließen. Der Beschäftigte soll in diesem Fall so früh wie möglich gegenüber dem Arbeitgeber erklären, ob er die Familienpflegezeit beanspruchen wird. Abweichend von Paragraph 2a I 1 des FPfZG muss die Ankündigung jedoch spätestens drei Monate vor Beginn der Familienpflege-zeit erfolgen. Im umgekehrten Fall, dass die Pflegezeit im Anschluss an die Familienpflegezeit beansprucht wird, muss dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen vor Beginn der Pflegezeit die Inanspruchnahme schriftlich angekündigt werden.

Förderung der pflegebedingten Freistellung von der Arbeitsleistung

Für die Dauer der vorbenannten Freistellungen gewährt das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben den die Freistellungen beanspruchenden Beschäftigten auf Antrag ein in monatlichen Raten zu zahlendes zinsloses Darlehen. Die monatlichen Darlehensraten werden in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den pauschalierten monatlichen Nettoentgelten vor und während der Freistellung gewährt. Die Inanspruchnahme eines geringeren Darlehensbetrag ist ebenfalls möglich, wobei die monatliche Darlehensrate mindestens 50 Euro betragen muss. Eine Rückzahlung des Darlehens soll innerhalb von 48 Monaten nach Beginn der Freistellung erfolgen.
Zum Zwecke einer solchen Darlehensgewährung hat der Arbeitgeber dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben den Beginn und das Ende der Freistellung anzuzeigen – insoweit trifft den Arbeitgeber hier eine Mitwirkungspflicht.

Sonderkündigungsschutz

Von dem Zeitpunkt der Ankündigung, höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn der Pflegezeit bzw. der Familienpflegezeit – aber auch der kurzfristigen Freistellung -, bis zum Ablauf der Pflegezeit bzw. der Familienpflegezeit genießt der Beschäftigte besonderen Kündigungsschutz. In besonderen Fällen kann eine Kündigung von der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ausnahmsweise für zulässig erklärt werden.

Aufsichtsbehörde:

Regierungspräsidium (als Arbeitsschutzverwaltung)
Abt. Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
Luisenplatz 2
64283 Darmstadt
Telefon: 06151 12-4001
Homepage: www.rp-darmstadt.hessen.de
Brisant an dem Sonderkündigungsschutz des PflegeZG ist, dass der Begriff der Beschäftigten auch solche Personen umfasst, die „wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind“. Mit diesem weiten Beschäftigtenbegriff werden nunmehr wirtschaftlich abhängige arbeitnehmerähnliche Selbstständige geradezu systemwidrig in den Schutzbereich dieses Sonderkündigungsschutzes hereingepresst, obwohl diese rechtlich als selbstständig gelten und denen auch kein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz zugute kommt, da sie gerade keine Arbeitnehmer sind.

Pflegezeit als Sachgrund für befristete Verträge mit Ersatzkräften

Paragraph 6 Absatz 1 des Pflegezeitgesetzes stellt klar, dass die Befristung eines Arbeitsvertrags mit einer Vertretungskraft für die Zeit, in der Beschäftigte kurzzeitig an der Arbeitsleistung verhindert sind oder Pflegezeit in Anspruch nehmen, sachlich gerechtfertigt ist. Über die sich grundsätzlich aus dem Pflegezeitgesetz ergebende Höchstdauer hinaus, kann die Befristung ausnahmsweise sogar um die für die Einarbeitung notwendige Zeit verlängert werden.
In den Fällen der vorzeitigen Beendigung einer Pflegezeit steht dem Arbeitgeber gegenüber der befristet eingestellten Vertretungskraft ein Sonderkündigungsrecht zu. Der Arbeitgeber kann in Abweichung von der regulären Kündigungsfrist in Paragraph 622 BGB unter Einhaltung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist kündigen. Das Kündigungsschutzgesetz findet hier keine Anwendung.

Unabdingbarkeit

Von den Vorschriften des PflegeZG und des FPfZG kann nicht zuungunsten des Beschäftigten abgewichen werden.
Stand: Januar 2017
Dieses Merkblatt wurde uns von der IHK Ostfwestfalen zu Bielefeld zur Verfügung gestellt.

Zahlungsansprüche noch vor Jahresende sichern

Vorsicht: Mit Ablauf des 31. Dezember verjähren die Zahlungsansprüche des täglichen Geschäftsverkehrs, die der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen. Bevor Sie auf dieses Geld verzichten - das Sie sich ja früher durch Ihre Leistung verdient haben - sollten Sie noch vor Jahresende aktiv werden!
„Gläubiger sollten ihren Forderungsbestand rechtzeitig vor Jahresende überprüfen. Denn nur wer seinen Mahnbescheid innerhalb der Verjährungsfrist bei Gericht einreicht, sichert sich seinen Zahlungsanspruch über den Stichtag hinaus”, so Reinhard Skoruppa von Creditreform Darmstadt.
Jährlich gehen Gläubigern Millionenbeträge verloren, weil die eigentlich bekannten Verjährungsfristen nicht beachtet werden. Seit 2002 beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist (Paragraf 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) drei Jahre. Diese Frist gilt für alle Ansprüche des täglichen Lebens, die nicht anderweitig geregelt sind, zum Beispiel Ansprüche auf Kaufpreis- oder Mietzahlungen. Je nach Art der Leistung sind weitere Fristen definiert.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach Paragraf 199 BGB am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Für eine am 15. Mai 2019 entstandene Forderung begann die Verjährung demnach am 31. Dezember 2019 um 24 Uhr und endet am 31. Dezember 2022 um 24 Uhr.
Verjährungsfristen können gehemmt werden oder neu beginnen. Eine Hemmung erfolgt zum Beispiel durch rechtzeitiges Beantragen und Zustellen eines gerichtlichen Mahnbescheides vor Ablauf des 31. Dezembers. Auch durch die Aufnahme von Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner tritt eine Hemmung ein. Wichtig: Außergerichtliche Mahnungen, also private Zahlungsaufforderungen, hemmen die laufende Verjährung der Ansprüche nicht, selbst wenn sie schriftlich per Einschreiben erfolgen. Die Verjährungsfrist beginnt neu, wenn ein Anerkenntnis des Schuldners vorliegt oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird (Paragraf 212 BGB).
Im Bereich der öffentlichen Hand gelten zum Teil andere Verjährungsfristen. So verjähren Bußgelder gemäß Paragraf 34 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWIG) nach drei Jahren, wenn die Forderungshöhe geringer als 1.000 Euro ist. Auch Forderungen aus Straßenverkehrsgebühren verjähren nach drei Jahren. Eine Verjährungsfrist von fünf Jahren gilt für Grund- und Erwerbssteuern, Gebühren, Beiträge, Abgaben nach dem Kommunalabgabengesetz, Verwaltungskosten nach Bundes- und Landesrecht sowie Steuern gemäß Paragraf 228 Abgabenordnung.
Verjährung droht: Ende des Jahres verjähren Zahlungsansprüche des täglichen Geschäftsverkehrs, die der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen. Die wichtigsten Fristen hat Creditreform für Sie zusammengestellt.
Fristen Art des Anspruchs
3 Jahre
beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist (Paragraf 195 BGB). Diese Frist gilt grundsätzlich für alle Ansprüche des täglichen Lebens, die nicht anderweitig geregelt sind, also zum Beispiel für Ansprüche auf Kaufpreiszahlung, Mietzahlung, Werklohn, unabhängig davon, ob der Anspruchsgegner Kaufmann oder Verbraucher ist.
Auch Zinsansprüche verjähren nach drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis erhielt.
30 Jahre
beträgt die Frist bei Herausgabeansprüchen aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten, Familien und erbrechtlichen Ansprüchen, rechtskräftig festgestellten Ansprüchen (titulierten Ansprüchen), Ansprüchen aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden, Ansprüchen, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind.
Die Frist beginnt taggenau ab Anspruchsentstehung.
1 Jahr
beträgt die Verjährungsfrist ab Ablieferung der Ware bei Fracht- und Speditionskosten.
2 Jahre
beträgt die Verjährungsfrist ab Ablieferung/Abnahme bei kauf- und werkvertraglichen Mängelansprüchen.
5 Jahre
beträgt die Frist bei Mängelansprüchen bei Bauwerken und eingebauten mangelhaften Sachen ab Übergabe/Abnahme.
Paragraf 212 BGB
Neubeginn
Das Verjährungsrecht spricht anstatt von „Unterbrechung” von „Neubeginn der Verjährung”. Die Verjährung beginnt erneut, wenn der Verjährung der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. Das heißt, „unterbrechend” wirken also nur noch diese beiden Tatbestände.
Paragraf 203 und folgende BGB
Hemmung
der Verjährung
Die Verjährung wird gehemmt durch: die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, die Zustellung des Mahnbescheids, die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren, die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Hemmung bedeutet, dass der Lauf der Verjährungsfrist gestoppt wird. Nach Ablauf des hemmenden Ereignisses läuft die restliche Frist bis zum Ende weiter, sie beginnt aber – anders als bei dem Tatbestand des Neubeginns – nicht wieder in voller Länge neu zu laufen.

Sonstige Fristen
6 Monate
beträgt die Verjährungsfrist bei Ersatzansprüchen zum Beispiel aus Miete und Leihe wegen Veränderung/Verschlechterung der Sache, beginnend ab Rückerhalt der Sache.
1 Jahr
beträgt die Verjährungsfrist ab Ablieferung der Ware bei Fracht- und Speditionskosten.
2 Jahre
beträgt die Verjährungsfrist ab Ablieferung/Abnahme bei kauf- und werkvertraglichen Mängelansprüchen.
5 Jahre
beträgt die Frist bei Mängelansprüchen bei Bauwerken und eingebauten mangelhaften Sachen ab Übergabe/Abnahme.
Paragraf 212 BGB
Neubeginn
Das Verjährungsrecht spricht anstatt von „Unterbrechung” von „Neubeginn der Verjährung”. Die Verjährung beginnt erneut, wenn der Verjährung der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. Das heißt, „unterbrechend” wirken also nur noch diese beiden Tatbestände.
Paragraf 203 und folgende BGB
Hemmung
der Verjährung
Die Verjährung wird gehemmt durch: die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, die Zustellung des Mahnbescheids, die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren, die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Hemmung bedeutet, dass der Lauf der Verjährungsfrist gestoppt wird. Nach Ablauf des hemmenden Ereignisses läuft die restliche Frist bis zum Ende weiter, sie beginnt aber – anders als bei dem Tatbestand des Neubeginns – nicht wieder in voller Länge neu zu laufen.
Zu beachten ist:
Die Tatbestände „Klageerhebung” und „Zustellung eines gerichtlichen Mahnbescheides” wirken anders als früher nicht mehr verjährungsunterbrechend, sondern nur noch hemmend.
Hinweis: Die vorstehenden Informationen erfolgen ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte lassen Sie sich im Zweifelsfall unbedingt von einem Fachmann beraten, um Fehler zu vermeiden.
Wir danken der Creditreform Darmstadt, die uns dieses Merkblatt freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.
Stand: Juli 2022

Einheitliche Kennzeichnung von Lebensmitteln in der EU

Unternehmer, die Lebensmittel in den Verkehr bringen, müssen die Vorschriften der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) beachten. Das Ziel der Verordnung ist, die Verbraucher verstärkt über Allergene, Energie- und Nährwerte, Lebensmittelimitate und die Herkunft des Produkts zu informieren.
Unternehmer, die Lebensmittel in den Verkehr bringen, müssen die Vorschriften der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) beachten. Diese Vorschriften beruhen auf der EU Verordnung (Nr. 1169/2011).
Vor allem bei der Produktetikettierung und Informationsweitergabe müssen neue Vorgaben erfüllt werden. Die Lebensmittelkennzeichnungs-Verordnung (LMKV) und die Nährwertkennzeichnungs-Verordnung (NKV) sind durch die LMIV abgelöst worden.

Allergenkennzeichnung nicht vorverpackter Lebensmittel (Lose Ware)

In Deutschland sind die Vorschriften zur Information über allergene Zutaten in unverpackten Lebensmitteln in der LMIDV (Verordnung zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel) geregelt. Egal ob beim Bäcker, Metzger, im Restaurant, im Supermarkt oder in der Eisdiele: Unternehmer müssen Informationen darüber vorhalten, in welchen Produkten Zutaten enthalten sind, die möglicherweise Allergien auslösen.
Die Informationen, über potentiell allergen wirksamen Zutaten oder Verarbeitungshilfsstoffe, die bei der Herstellung eines Lebensmittels verwendet wurden, müssen für Verbraucher unmittelbar und leicht zugänglich sein. In Gast- beziehungsweise Verkaufsräumen muss an gut sichtbarer Stelle ein deutlicher Hinweis erfolgen, wo und wie Kunden die Allergeninformation erhalten können.
14 Allergene müssen gekennzeichnet werden.
Paragraf 2 Absatz 3 der LMIEV sieht demnach eine mündliche Auskunftsmöglichkeit gegenüber den Verbrauchern bei der Allergenkennzeichnung vor. Auf diese Art der Auskunft muss allerdings ausdrücklich hingewiesen werden und es muss bei der Herstellung der Speisen trotzdem eine schriftliche Dokumentation der verwendeten Zutaten und Verabeitungshilfsstoffe erstellt werden.

Folgende Kennzeichnung der Allergene bei loser Ware ist möglich (Quelle: Dehoga):

  1. Kennzeichnung auf der allgemeinen Speisekarte mit Angabe der allergenen Zutaten - zum Beispiel: Schweizer Wurstsalat (Enthält Erdnüsse, Kuhmilch, Sellerie, Senf) mit Weizenbrot
  2. Kennzeichnung auf der allgemeinen Speisekarte mit Fuß- und Endnoten
  3. Allergikerkarte
    • a) Separate Allergikerkarte. In diesem Fall ist jedoch der Gast durch einen gut sichtbaren Aushang im Restaurant darauf hinzuweisen, dass eine separate Allergikerkarte vorgehalten wird. Der Aushang sollte zum Beispiel folgenden Hinweis enthalten: „Liebe Gäste, soweit Sie von Allergien betroffen sind, melden Sie sich. Gerne gibt Ihnen unsere separate Allergikerkarte Auskunft über die in den Speisen enthaltenen allergenen Zutaten.“
    • b) Falls Sie keine ausführliche separate Allergikerkarte produzieren möchten, reicht auch das Vorhalten eines Aktenordners oder einer sogenannten „Kladde“. Zum Beispiel Tabelle mit Ankreuzmöglichkeiten. Eine Vorlage finden Sie hier. (XLSX-Datei · 16 KB)
  4. Mündliche Auskunft mit Dokumentation: Die nationale Verordnung sieht ausdrücklich die mündliche Auskunft vor. Allerdings ist diese an konkrete Voraussetzungen geknüpft:
    • a) Durch Gastwirt oder durch hinreichend unterrichtetes Service- und Küchenpersonal
    • b) Mündliche Informationen/Auskünfte müssen unverzüglich vor Kaufabschluss und vor Abgabe des Lebensmittels zur Verfügung gestellt werden.
    • c) Gleichzeitig muss für Gäste und Lebensmittelkontrollbehörde leicht zugängliche schriftliche Dokumentation (Tabelle mit Ankreuzmöglichkeiten ausreichend) der in den Speisen vorhandenen Allergene zur Verfügung stehen.
    • d) Außerdem muss entweder bei den Speisen (zum Beispiel bei Catering und Buffet) oder in einem Aushang (zum Beispiel beim À-la-Carte-Essen) an einer gut sichtbaren Stelle in der Verkaufsstätte deutlich lesbar darauf hingewiesen werden, dass Informationen mündlich auf Nachfrage und zugleich auch schriftlich (Dokumentation) zur Verfügung stehen.

Kennzeichnung verpackter Ware

  1. Schriftgröße und Schriftfelder
    Alle Pflichtinformationen auf Lebensmittelverpackungen müssen an einer gut sichtbaren Stelle platziert werden und eine Mindestgröße haben, damit sie gut lesbar sind. Die Schriftgröße muss mindestens 1,2 mm in Bezug auf das kleine „x“ betragen. Ist die größte Oberfläche der Verpackung kleiner als 80 Quadratzentimeter muss die Schrift mindestens 0,9 mm groß sein.
    Alle Pflichtinformationen legt Artikel 9 der LMIV fest. Hinweise, wie Sie die "größte Oberfläche" der Verpackung bestimmen finden Sie in der rechten Spalte unter "Fragen und Antworten zur LMIV".
  2. Allergenkennzeichnung
    Die wichtigsten Allergene, derzeit 14 Stoffe/Stoffgruppen, müssen in der Zutatenliste aufgeführt und deutlich hervorgehoben werden (zum Beispiel durch Schriftart, Schriftstil oder Hintergrundfarbe). Die Allergenkennzeichnung ist auch bei unverpackter, sogenannter "loser" Ware verpflichtend umzusetzen (siehe Kasten unten). Hierzu sind die nationalen Umsetzungsbestimmungen zu beachten.
  3. Lebensmittelimitate
    Zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung gelten spezielle Kennzeichnungsvorschriften für Lebensmittelimitate, wie etwa Analogkäse. Der bei Lebensmittelimitaten ersatzweise verwendete Bestandteil muss in unmittelbarer Nähe des Produktnamens angegeben werden. Dabei muss die Schriftgröße des anzugebenden Bestandteils mindestens 75 Prozent der Größe des Produktnamens betragen. Fleisch- oder Fischerzeugnisse, die aus mehreren Stücken zusammengesetzt werden (zum Beispiel Klebefleisch), sind mit dem Hinweis „aus Fleisch- / Fischstücken zusammengefügt“ kenntlich zu machen.
  4. Herkunftskennzeichnung für Fleisch und Einfrierdatum
    In Ergänzung zu der bereits bestehenden Regelung zur Rindfleischetikettierung sind ab dem 1. April 2015 auch Herkunftsangaben für frisches, gekühltes oder gefrorenes unverarbeitetes und vorverpacktes Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch verpflichtend. Diese beinhaltet den Aufzuchtort und den Schlachtort. Bei eingefrorenem Fleisch oder Fleischzubereitungen oder eingefrorenem unverarbeiteten Fischereierzeugnissen muss das Einfrierdatum angegeben werden.
  5. Nährwertkennzeichnungspflicht ab Dezember 2016
    Ab 13. Dezember 2016 sind folgende Angaben in Tabellenform bezogen auf 100 Gramm oder 100 Milliliter vorgeschrieben: Brennwert (Energiewert), Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salz. Alkoholische Getränke mit weniger als 1,2 Volumenprozent sind von der verpflichtenden Nährwertdeklaration grundsätzlich ausgenommen.
  6. Raffinierte Öle und Fette pflanzlicher Herkunft
    Sofern raffinierte Öle und Fette pflanzlicher Herkunft unter der Bezeichnung „pflanzliche Öle“ beziehungsweise „pflanzliche Fette“ im Zutatenverzeichnis subsumiert werden, muss unmittelbar danach eine Liste mit den Angaben der speziellen pflanzlichen Herkunft (zum Beispiel Palmöl, Sojaöl) aufgeführt werden. Gehärtete Öle oder Fette müssen gegebenenfalls mit der Kennzeichnung „ganz gehärtet“ oder „teilweise gehärtet“ versehen werden.
  7. Koffeinhaltige Lebensmittel
    Auf Getränken mit erhöhtem Koffeingehalt (zum Beispiel „Energy drinks“) oder auf Lebensmitteln mit Zusatz von Koffein muss für bestimmte Verbrauchergruppen (Kinder, schwangere und stillende Frauen) ein Warnhinweis („erhöhter Koffeingehalt“ beziehungsweise „enthält Koffein“) in Kombination mit dem Hinweis „für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen“- im selben Sichtfeld wie die Bezeichnung des Produkts erscheinen.
  8. Internethandel mit Lebensmitteln
    Diese umfassenden Hinweise gelten mit Ausnahme des Mindesthaltbarkeitsdatums in Zukunft auch für den Onlinehandel mit Lebensmitteln. Sie müssen vor Abschluss des Kaufvertrages dem Verbraucher verfügbar gemacht worden sein. Zum Zeitpunkt der Lieferung müssen alle verpflichtenden Angaben verfügbar sein (also ab hier auch das Mindesthaltbarkeitsdatum).
  9. Warenbestände
    Grundsätzlich dürfen Lebensmittel, die vor dem 13. Dezember 2014 (LMIV exkl. Nährwertkennzeichnung) beziehungsweise vor dem 13. Dezember 2016 (Nährwertkennzeichnung) in Verkehr gebracht oder gekennzeichnet wurden, weiterhin vermarktet werden, bis die jeweiligen Bestände aufgebraucht sind.

Weitere Informationen

Weiterführende Links

Berechnung des Urlaubsanspruchs bei Kündigung

Viele Arbeitsverhältnisse werden unterjährig, also im laufenden Kalenderjahr, beendet. Viele Betroffene auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite gehen davon aus, dass der Urlaubsanspruch dann nur anteilig besteht. Das ist nicht immer korrekt. Dieser Artikel stellt die aktuelle rechtliche Lage dar und gibt Tipps für Gestaltungsmöglichkeiten. Auch auf den Sonderfall der Krankheit bei Beendigung geht er ein.
Hinweis für Ratsuchende: Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die IHK die Aufgabe, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten und ihre Mitgliedsunternehmen zu beraten. Wenn Sie als Arbeitnehmer rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich entweder an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Abteilung Arbeitsrecht, oder an den Verein „ArbeitnehmerHilfe wenden.

Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Nach der gesetzlichen Regelung in Paragraf 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat ein Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer Fünf-Tage-Woche (von 24 Tagen bei einer Sechs-Tage-Woche). Dieser Mindesturlaubsanspruch ist unabdingbar. Dies bedeutet, dass eine anderweitige geringere arbeitsvertragliche Vereinbarung unwirksam wäre. Eine Vereinbarung, die einen höheren Urlaubsanspruch vorsieht, ist dagegen selbstverständlich möglich und häufig auch die Regel.
Wenn ein Arbeitnehmer im Laufe eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ist zu unterscheiden zwischen einer Beendigung bis einschließlich 30. Juni oder zu einem späteren Zeitpunkt.

1. Bei einer Beendigung bis einschließlich 30. Juni

Scheidet der Arbeitnehmer innerhalb der ersten Jahreshälfte aus so hat er grundsätzlich Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses (Paragraf 5 Absatz 1 c, BUrlG). Scheidet der Arbeitnehmer also beispielsweise zum 31. Mai eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis aus, so hat er bei dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 20 Urlaubstagen für das gesamte Kalenderjahr, einen Urlaubsanspruch in Höhe von acht Urlaubstagen. Das Arbeitsverhältnis bestand in diesem Kalenderjahr nur fünf volle Monate (1. Januar bis einschließlich 31. Mai) und es ergibt sich folgende Berechnung:
  • 5 Monate / 12 Monate X 20 Urlaubstage = 8,33 Urlaubstage.
Bruchteile von Urlaubstagen, die weniger als einen halben Tag ergeben, sind dabei weder auf- noch abzurunden, sondern als Bruchteil in natura zu gewähren oder abzugelten.

2. Bei einer Beendigung zu einem Zeitpunkt nach dem 30. Juni

Bei einem Ausscheiden beispielsweise zum 31. Juli ist die Sachlage eine andere, jedenfalls wenn das Arbeitsverhältnis bereits seit dem 1. Januar eines Jahres bestand. Die Regelung zum Teilurlaub ist hier nicht heranzuziehen. Vielmehr hat der Arbeitnehmer immer einen Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub, bei einer Fünftage-Woche also auf 20 Urlaubstage.
In welchem Umfang der darüber hinaus arbeitsvertraglich vereinbarte Zusatzurlaub in Anspruch genommen werden kann, hängt davon ab, ob im Arbeitsvertrag eine "pro rata temporis"-Regelung getroffen wurde (deutsch etwa „zeitanteilig”). Dies ist eine Klausel, nach welcher der Urlaub im Jahr des Eintritts in ein Unternehmen oder im Jahr des Ausscheidens der Urlaub nur anteilig gewährt werden soll.
Formulierungsbeispiele finden Sie in unseren Musterarbeitsverträgen.
a) Ist eine solche zusätzliche Klausel im Arbeitsvertrag nicht enthalten,
  • hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen arbeitsvertraglich vereinbarten Urlaub. Sind beispielsweise 30 Urlaubstage vereinbart, so kann der Arbeitnehmer im Falle eines Ausscheidens nach dem 30. Juni auch 30 Urlaubstage in Anspruch nehmen.
b) Findet sich im Arbeitsvertrag eine solche "pro rata temporis"-Regelung wieder,
  • so hat der Arbeitnehmer hinsichtlich des Urlaubs, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht, nur einen anteiligen Anspruch. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer bei einem unterjährigen Ausscheiden nach dem 30. Juni immer mindestens 20 Urlaubstage bei einer Fünf-Tage-Woche beanspruchen kann.

    Im Falle eines arbeitsvertraglich vereinbarten Urlaubsanspruches in Höhe von 30 Urlaubstagen (= 20 Tage gesetzlichen Mindesturlaub plus zehn Tage freiwilliger Zusatzurlaub) hätte der Arbeitnehmer beispielsweise bei einem Ausscheiden zum 30. September folgenden Urlaubsanspruch:

    9 Monate / 12 Monate x 30 Urlaubstage = 22,5 Urlaubstage, aufgerundet: 23 Urlaubstage.

    In diesem Fall würde eine arbeitsvertragliche Regelung über eine anteilige Kürzung also dazu führen, dass statt 30 Urlaubstagen nur 23 zu gewähren wären, also sieben Urlaubstage weniger.

Urlaubsabgeltung bei Arbeitsunfähigkeit

Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) (Urteil vom 24. März 2009 – 9 AZR 983/07) hat der Arbeitnehmer auch dann einen Abgeltungsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz, wenn das Arbeitsverhältnis endet, bevor der Arbeitnehmer wieder arbeitsfähig wird. Dies betrifft zunächst nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch. Darüberhinausgehender Jahresurlaub (vertraglicher oder tarifvertraglicher) verfällt, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Ist hingegen für diesen Zusatzurlaub nichts vereinbart, hat der Arbeitnehmer auch hier einen Abgeltungsanspruch.
Anmerkung: In der Vergangenheit ging das BAG dagegen davon aus, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht erfüllt zu werden braucht, wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und danach bis zum Zeitpunkt des Anspruchsverfalls arbeitsunfähig ist.

Urlaub bei Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses

Es war lange Zeit umstritten, ob bei kurzfristigen Unterbrechungen der Arbeitsverhältnisse erneut eine Wartezeit von sechs Monaten für einen Urlaubsanspruch erforderlich ist. Nach der neuen Rechtsprechung des BAG ist das nicht mehr der Fall (Urteil vom 20. Oktober 2015, 9 AZR 224/14).
In dem zu entscheidenden Rechtsstreit vertrat der Kläger die Auffassung, dass ihm trotz einer kurzen Unterbrechung ein Anspruch auf ungekürzten Urlaub zustand. Der Kläger war seit dem 1. Januar 2009 bei der Beklagten beschäftigt. Nachdem der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2012 kündigte, haben die beiden einen neuen Arbeitsvertrag ab dem 2. Juli 2012 geschlossen, in dem ein Urlaubsanspruch von 26 Tagen vereinbart wurde. Das Arbeitsverhältnis wurde dann aufgrund einer fristlosen Kündigung durch die Beklagte zum 12. Oktober 2012 beendet. Da die Beklagte dem Kläger nur einen Teilurlaub von drei Urlaubstagen gewährte, klagte der Kläger dagegen und vertrat die Auffassung, dass die Unterbrechung von einem Tag für den ungekürzten Vollurlaub unschädlich ist. Das BAG teilte seine Ansicht.
Laut BAG schied der Kläger nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte des Kalenderjahres aus und hat somit die Wartezeit nach Paragraf 4 erfüllt. Wenn bereits vor Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses feststehe, dass es nur für kurze Zeit unterbrochen werde, habe der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ungekürzten Urlaub, wenn das zweite Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte ende. Mit dieser Begründung hat das BAG dem Kläger den Anspruch auf Vollurlaub zugesprochen
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Stand: März 2025

Das Mahnverfahren

Mit einem Mahnverfahren können Unternehmen ihre Außenstände einfordern. Außenstände belasten die Liquidität des Unternehmens. Sie führen zu Zinsverlusten und verursachen Kosten. Darüber hinaus besteht die Gefahr eines Forderungsausfalls. Für jedes Unternehmen ist es daher von großer Bedeutung, Außenstände möglichst schnell und ohne Verluste zu realisieren. Voraussetzung dafür ist ein effektives, auf Kundenerhaltung ausgerichtetes Mahnwesen. Wenn Schuldner auf außergerichtliche Mahnschreiben nicht reagieren, ist die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen (gerichtlicher Mahnbescheid oder Klage) zur Erlangung eines „Vollstreckungstitels” möglich. Der letzte Schritt ist dann die Zwangsvollstreckung.

I. Außergerichtliches Mahnverfahren

Um Zahlung verlangen zu können, muss zunächst ein Anspruch bestehen und die Forderung muss fällig sein. Die Fälligkeit ergibt sich entweder aus gesetzlichen Regelungen oder aus vertraglichen Vereinbarungen.
Der Paragraf 271 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) regelt für alle Vertragsarten grundsätzlich, dass die Zahlung sofort nach Erbringung der Vertragsleistung fällig wird. Jedoch gibt es bei einigen Vertragstypen, wie beispielsweise im Werk- oder Dienstvertragsrecht speziellere Fälligkeitsregelungen. Häufig vereinbaren die Vertragsparteien abweichend von den gesetzlichen Regelungen im Vertrag oder den allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass der Zahlungsschuldner noch mehrere Tage oder Wochen nach Rechnungsdatum zahlen kann.
Hat der Schuldner versehentlich oder absichtlich die Zahlung trotz Fälligkeit nicht geleistet, wird der Gläubiger ihm im Rahmen des außergerichtlichen Mahnverfahrens zunächst ein oder mehrere Mahnschreiben schicken. Diese Schreiben haben das Ziel, schnell und kostengünstig die offene Geldsumme zu erhalten.

1. Mahnung

Rechtlich ist die Mahnung eine einseitige, empfangsbedürftige Aufforderung an den Schuldner, die fällige Zahlung zu erbringen. Hierdurch wird der Schuldner grundsätzlich in Verzug (siehe dazu 2. a)) gesetzt. Allgemein ist zu beachten, dass ein Mahnschreiben die Angabe von Datum und Nummer der Rechnung und des Lieferscheins sowie das Zahlungsziel beinhalten sollte. Dies dient der Eindeutigkeit und bringt dem Schuldner Klarheit darüber, welche einzelnen Rechnungsposten vom Gläubiger angemahnt werden.
Die Mahnung ist an keine besondere Form gebunden. Sie kann zwar grundsätzlich schriftlich, mündlich oder auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Aus Beweisgründen sollte jedoch immer die Schriftform gewählt werden.
Die Anzahl der erforderlichen Mahnschreiben ist nicht festgelegt. Gesetzlich erforderlich ist grundsätzlich nur eine Mahnung. In einigen gesetzlich geregelten Fällen kommt der Schuldner auch ohne Mahnung in Verzug (siehe dazu 2. b)). Der kaufmännischen Gepflogenheit entsprechen jedoch bis zu drei Mahnungen je nach Bonität des Kunden. Für dieses Vorgehen spricht, dass der Kunde, welcher nur versehentlich die Zahlung versäumt hat, nicht durch sofortiges gerichtliches Vorgehen verärgert werden soll, sondern zunächst höflich an die Zahlungspflicht erinnert wird. In vielen Fällen bietet das außergerichtliche Mahnverfahren eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit, um zügig an die offene Geldsumme zu kommen.
Das außergerichtliche Mahnverfahren kann beispielsweise nach folgendem Schema ablaufen:
  • Erste Mahnung: Zahlungserinnerung
    Mit diesem Schreiben sollte der Kunde in höflicher Form an die Zahlung der Rechnung erinnert werden. Zweckmäßig wäre es diesem Schreiben eine Kopie der Rechnung beizulegen, damit der Kunde mit Hilfe der Kopie die Rechnung begleichen kann, falls er diese beispielsweise nie erhalten, verlegt oder verloren haben sollte. Eine Fristsetzung ist nicht erforderlich, ebenso wenig die Androhung bestimmter Folgen. Es genügt, wenn der Gläubiger eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er die geschuldete Geldsumme verlangt.
  • Zweite Mahnung: ausdrückliche Mahnung
    Ist trotz der Zahlungserinnerung innerhalb der nächsten zehn bis 14 Tage kein Geld eingegangen, so empfiehlt sich eine zweite Mahnung. Dieses Mahnschreiben wird im Allgemeinen etwas deutlicher formuliert und nennt regelmäßig eine Zahlungsfrist von beispielsweise zehn oder 14 Tagen.
  • Dritte beziehungsweise Letzte Mahnung: Androhung weiterer Schritte
    Mit der dritten Mahnung können weitere Schritte bei Nichteinhaltung eines erneuten und letzten Zahlungstermins angedroht werden. Weitere Schritte können beispielsweise die Einbeziehung eines Inkassoinstitutes oder die Einschaltung eines Rechtsanwaltes sein. Ferner kann mit der Androhung einer Klage oder eines gerichtlichen Mahnverfahrens dem Schuldner der Ernst der Lage deutlich vor Augen geführt werden. Die durch diese Maßnahmen anfallenden Kosten können dem Kunden in Rechnung gestellt werden.
Selbstverständlich kann im Einzelfall auch anders verfahren werden, indem beispielsweise nur eine oder zwei Mahnungen vor der Einleitung weiterer Schritte übersandt werden. Die Entscheidung über das Vorgehen erfordert jeweils eine Überprüfung des Einzelfalls.
Hinweis: In den Mahnschreiben können Verzugszinsen und Mahnkosten bereits ab Verzugseintritt verlangt werden (siehe dazu unten Ziffer 2).

2. Zahlungsverzug

Kommt der Zahlungsschuldner in Verzug mit der Begleichung der Geldschuld, so räumt das Gesetz dem Gläubiger einen Anspruch auf Verzugszinsen und Schadenersatz ein.

a) Verzug durch Mahnung

Zahlungsverzug liegt gemäß Paragraf 286 Absatz 1 BGB bei vom Schuldner zu vertretender Nichtleistung trotz Fälligkeit und Mahnung vor. Grundsätzlich setzt der Eintritt des Verzugs also eine Mahnung (siehe oben Ziffer 1) voraus. In einigen gesetzlich bestimmten Fällen kann der Schuldner aber auch ohne Mahnung in Verzug kommen (siehe unter 1.2.2). Das Erheben einer Zahlungsklage oder die Zustellung eines Mahnbescheids stehen einer Mahnung gleich.

b) Verzug ohne Mahnung

Ein Schuldner kann in einigen gesetzlich geregelten Fällen auch ohne Mahnung in Verzug kommen (Paragraf 286 Absatz 2 und 3 BGB).
  • Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt
    Der Schuldner kommt auch ohne Mahnung in Verzug, wenn die Leistungszeit nach dem Kalender unmittelbar oder mittelbar bestimmt ist. Es genügen also auch Fälligkeitsvereinbarungen, die der Geldschuldner eindeutig aus dem Kalender entnehmen kann.
    Beispiele: ”14 Tage nach Rechnungsdatum”, ”10. März 202X”, ”8. Kalenderwoche", "Mitte des Monats Y"
  • Anknüpfung an ein vorausgehendes Ereignis
    Eine Mahnung ist auch nicht erforderlich, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von diesem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.
    Beispiele: ”Zahlung zwei Wochen nach Lieferung”, ”Zahlung drei Wochen nach Zugang der Rechnung”
    Erforderlich ist aber, dass der Zeitraum zwischen Ereignis und Zahlung für den Schuldner angemessen ist. Die Frist kann also nicht auf beinahe Null reduziert werden.
  • Erfüllungsverweigerung
    Der Schuldner kann auch dann ohne Mahnung in Verzug kommen, wenn er die Zahlung ernsthaft und endgültig verweigert. Dafür genügen nicht bloße Meinungsverschiedenheiten über den Vertragsinhalt oder vom Schuldner geäußerte rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Forderungsbetrages. Vielmehr muss der Schuldner eindeutig und als sein letztes Wort zum Ausdruck gebracht haben, dass er die offene Forderung nicht erfüllen werde.
  • Sonstige besondere Gründe
    Eine Mahnung ist auch dann entbehrlich, wenn aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist. Dies kann beispielsweise sein, wenn der Schuldner die Zahlung schon angekündigt hat, dann aber trotzdem nicht leistet (sogenannte Selbstmahnung). Ebenso bedarf es keiner Mahnung, wenn der Schuldner weiß, dass er eine falsche oder fehlerhafte Leistung erbracht hat (Zahlung an falsche Person bzw. auf falsches Konto oder an falschen Ort) und den geschuldeten Betrag gleichwohl nicht erbringt. Weiterhin kann Verzug ohne Mahnung auch eintreten, wenn der Schuldner durch sein Verhalten den Zugang einer Mahnung verhindert.
  • "30-Tage-Klausel"
    Der Schuldner einer Zahlungsforderung kommt spätestens dann in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Der Gläubiger kann aber, wenn er einen früheren Verzugseintritt wünscht, auch vor Ablauf der 30-Tagefrist bereits mahnen.
    Eine Rechnung als textliche Fixierung der Zahlungsforderung muss klar erkennen lassen, welcher Geldbetrag als Entgelt für welche Leistung des Gläubigers verlangt wird. Unter der gleichwertigen Zahlungsaufstellung ist ein Schreiben des Gläubigers, aus dem in gleicher Weise die beanspruchte Zahlungssumme ersichtlich ist. Eine Zahlungsaufstellung ist also als Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner zu verstehen, die in ihrer Funktion einer Rechnung entspricht.
Beachte: Ist der Schuldner Verbraucher, das heißt er schließt den Vertrag nicht zu einem Zweck, welcher der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit dient, (vergleiche Paragraf Paragraf 13 BGB) so gilt die 30-Tage–Klausel nur, wenn in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders auf diese Rechtsfolge hingewiesen wird.
Formulierungsbeispiel: „Können wir innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Rechnung keinen Zahlungseingang feststellen, kommt der Schuldner automatisch in Verzug”.

3. Folgen des Zahlungsverzugs

Ist der Schuldner mit der Zahlung in Verzug, kann der Gläubiger Verzugszinsen sowie Ersatz des Verzögerungsschadens verlangen.

a) Verzugszinsen

Der Gläubiger einer Geldschuld hat ab Eintritt des Verzugs einen Anspruch auf Verzugszinsen. Der gesetzliche Zinssatz liegt derzeit gegenüber Verbrauchern bei fünf Prozent über dem Basiszinssatz (Paragraf 288 Absatz 1 BGB). Bei Rechtsgeschäften ohne Beteiligung eines Verbrauchers beträgt der Verzugszins neun Prozent über dem Basiszinssatz (Paragraf 288 Absatz 2 BGB). Der Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu festgelegt. Informationen zum aktuellen Basiszinssatz finden Sie auf der Homepage der Deutschen Bundesbank bei den aktuellen Zinssätzen.
Beispiele für die Berechnung des Verzugszinses anhand des Basiszinssatzes:
  • Der Basiszinssatz beträgt ab 1. Januar 2025 bis zur Neufestsetzung zum 1. Juli 2025 2,27 Prozent.
  • Gegenüber Verbrauchern: 2,27 Prozent + 5 Prozent = 7,27 Prozent
  • Ohne Verbraucherbeteiligung: 2,27 Prozent + 9 Prozent = 11,27 Prozent
Dem Schuldner wird keine Möglichkeit eingeräumt, dem Gläubiger einen geringeren Schaden bzw. Darlehenszinssatz nachzuweisen. Die Vorschrift hat insoweit Strafcharakter. Der Gläubiger hat allerdings die Möglichkeit einen weitergehenden Schaden geltend zu machen. Dies wäre zum Beispiel gegeben, wenn er einen ständigen Kontokorrentkredit in Anspruch nimmt, der mit einem höheren Zinssatz zu verzinsen ist als dem gesetzlichen Zinssatz.
Tipp: Berechnen Sie mit dem Zinsrechner die Verzugszinsen.
b) Verzugsschaden
Wenn der Schuldner die Pflicht zur Zahlung der Forderung trotz Fälligkeit und berechtigtem Anspruch nicht begleicht, kann der Gläubiger bei Zahlungsverzug Schadenersatz wegen Verzögerung verlangen.
Einen vom Schuldner zu ersetzenden Verzugsschaden bilden beispielsweise die Kosten der Mahnung, sofern es sich nicht um die den Schuldner in Verzug setzende Erstmahnung handelt. Die Ersatzpflicht erstreckt sich auch auf die Rechtsanwaltskosten, wenn der Zahlungsschuldner bereits vor Hinzuziehung des Rechtsanwalts in Verzug war. Die Kosten eines vom Gläubiger mit der Forderungseinziehung beauftragten Inkassobüros nach Verzugseintritt stellen ebenfalls einen vom Schuldner zu ersetzenden Verzugsschaden dar. Diese Kosten dürfen jedoch nicht die durch Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten übersteigen. Als Verzögerungsschaden können nur die für die Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen geltend gemacht werden.
Beachte: Allerdings hat der Gesetzgeber seit dem 29. Juli 2014 die Grundlage geschaffen, bei einem Handelsgeschäft (bei dem also der Kunde ein Unternehmen ist) eine Verzugsschadenspauschale in Höhe von 40 Euro geltend zu machen.

II. Gerichtliches Mahnverfahren

1. Das Wichtigste über das Mahnverfahren

Das Mahnverfahren:
  • Ist ein zivilgerichtliches Spezialverfahren ohne Prüfung, ob die Forderung zu Recht besteht, ohne mündliche Verhandlung, ausführliche Klageschrift und Beweiserhebung. Es ist neben der Erhebung einer normalen Zivilklage eine einfache Möglichkeit, gegen säumige Schuldner vorzugehen.
  • Ist billiger als eine Klage.
  • Können Sie ohne fremde Hilfe betreiben. Sie brauchen keinen Rechtsanwalt.
  • Ist nur möglich, wenn es um Geldforderungen geht (zum Beispiel Kaufpreis-, Werklohn- oder Darlehensforderungen). Dies aber in unbegrenzter Höhe.
Das Mahnverfahren ist in erster Linie auf den "faulen Zahler" zugeschnitten, der voraussichtlich gegen den Anspruch keine Einwände vorbringen wird. Nur in diesem Fall ist es ein relativ schnelles und wirksames Mittel gegenüber säumigen Schuldnern.
Das Mahnverfahren ist dann nicht der schnellste Weg, einen gerichtlichen Titel für die Zwangsvollstreckung zu erhalten, wenn zu erwarten ist, dass der Schuldner den Mahnbescheid nicht widerspruchslos hinnimmt. Gegenüber den normalen Klageverfahren geht Zeit verloren. Denn sobald der Schuldner gegen den ihm zugestellten Mahnbescheid rechtzeitig Widerspruch einlegt, verwandelt sich das Mahnverfahren in ein normales Zivilprozessverfahren mit eingehend zu begründender Klageschrift und mündlicher Verhandlung.
Die Entscheidung, ob Sie ein Mahnverfahren einleiten oder Klage erheben sollen, ist daher nicht immer einfach - man muss die Reaktion des Schuldners richtig einschätzen können.
Tipps:
Bei höheren Streitwerten kann man fast immer mit einem Widerspruch des Schuldners rechnen. Auch wenn es ihm nur darum geht, einen Zahlungsaufschub zu erreichen, sollte man lieber gleich klagen.
Ist die genaue Anschrift des Schuldners nicht mit Sicherheit zu erfahren, dann niemals einen Mahnbescheid beantragen! Denn wenn der Mahnbescheid nicht zugestellt werden kann, bleibt er wirkungslos. Anders als bei der Erhebung einer Klage gibt es die sogenannte öffentliche Zustellung im Mahnverfahren nicht.

2. Zulässigkeit des gerichtlichen Mahnverfahrens

Das Mahnverfahren ist nur zulässig bei fälligen Ansprüchen auf Zahlung einer Geldsumme.
Ausnahmen:
  • Bei Verbraucherdarlehensverträgen, wenn der Unternehmer seine Zinsforderungen geltend machen will und der effektive oder anfänglich effektive Jahreszins mehr als zwölf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegt.
  • Wenn die Zahlung des Schuldners von einer Gegenleistung des Gläubigers abhängt und diese noch nicht erbracht wurde.
  • Wenn die Zustellung des Mahnbescheids durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen müsste, weil der Aufenthaltsort des Schuldners bzw. Antragsgegners unbekannt ist.

3. Ablauf des Verfahrens

Der Gang des gerichtlichen Mahnverfahrens ist gesetzlich genau geregelt. Hier finden Sie eine Übersicht hinsichtlich des Verfahrensablaufs.

a) Zuständiges Gericht

Generell gilt, dass die sachliche Zuständigkeit für die Durchführung eines Mahnverfahrens ausschließlich beim Amtsgericht liegt. Dabei spielt die Höhe der Zahlungsforderung keine Rolle. Örtlich zuständig ist grundsätzlich das Amtsgericht am Wohnsitz / Sitz des Antragstellers (= Gläubiger).
Auf Grund einer Verordnung der Landesregierung werden für in Hessen ansässige Antragsteller Mahnbescheide zentral ausschließlich vom Amtsgericht Hünfeld auf Formularen bearbeitet. Für die Bearbeitung ist der Rechtspfleger zuständig, und zwar bis zum etwaigen Übergang in ein gerichtliches Verfahren. Die Höhe der Gerichtsgebühren ist abhängig vom jeweiligen Streitwert (Höhe der beanspruchten Forderung).
Hat der Antragsteller keinen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, das heißt keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland, so ist für das Mahnverfahren das
Amtsgericht Schöneberg
Grunewaldstraße 66 - 67
10823 Berlin
Telefon 030 90159-0
ausschließlich zuständig. Für Mahnbescheide, die im Ausland zugestellt werden müssten, gelten besondere Vorschriften.
Hier finden Sie weitere Informationen zum grenzüberschreitenden Mahnverfahren.

b) Mahnantrag

Der Erlass eines Mahnbescheids kann nur mit dem offiziellen Formular beantragt werden, das im Schreibwarenhandel erhältlich ist. Der Antragsteller hat den Mahnantrag vollständig auszufüllen. Er hat den Geldbetrag und die Bezeichnung der Forderung anzugeben, beispielsweise aus Werkvertrag, aus Kaufvertrag. Die Forderung ist jedoch nicht zu begründen. Ferner muss der Antrag die Parteienbezeichnung, gegebenenfalls den Prozessbevollmächtigten, enthalten. Neben dem Mahngericht muss zusätzlich das Gericht benannt werden, das für ein streitiges Klageverfahren örtlich und sachlich zuständig ist.
Tipp: Registrieren Sie möglichst sorgfältig Namen, Anschriften, Gesellschaftsformen, Vertretungsberechtigte und so weiter aller Geschäftspartner. Dies erleichtert das Ausfüllen des Mahnantrags sowie dessen Zustellung. Wenn die Angaben nicht genau bekannt sind, können Sie im Telefonbuch oder Internet, beim Gewerbe- oder Einwohnermeldeamt sowie im Handelsregister recherchieren.
Den Formularen sind ausführliche Ausfüllhinweise beigefügt. Ansonsten kann auch Hilfe bei den Rechtsberatungsstellen der örtlichen Amtsgerichte oder telefonisch beim Amtsgericht Hünfeld erhalten werden.
Mit dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids ist ein entsprechender Gebühren- und Auslagenvorschuss zu bezahlen. Die Gebühren richten sich nach der Höhe des Streitwertes, also der offenen Forderung. Der Antragsteller erhält mit dem Erlass des Mahnbescheids vom Gericht eine Kostenrechnung. Diese kann durch Überweisung oder Erteilung einer Einzugsermächtigung beglichen werden. Bis zum etwaigen Übergang in ein gerichtliches Verfahren ist für die Bearbeitung der Rechtspfleger zuständig. Die Höhe der Gerichtsgebühren ist vom Streitwert, also von der Höhe der jeweiligen Zahlungsforderung, abhängig.
Schließlich muss der Mahnantrag handschriftlich unterzeichnet sein.
Die Antragstellung ist in Hessen auch über das Internet durch einen Online-Mahnantrag möglich. Die Angaben der Antragsteller werden hierbei bereits bei der Eingabe umfangreichen Plausibilitätskontrollen unterzogen. Außerdem werden umfangreiche Hilfefunktionen angeboten. Der ausgefüllte Antrag kann auf ein Antragsformular ausgedruckt und dann an das Amtsgericht Hünfeld geschickt werden (Online-Mahnantrag Stufe 1) oder direkt via Internet an das Amtsgericht geschickt werden (Online-Mahnantrag Stufe 2).
Inzwischen kann ein Mahnbescheid auch online beim hessischen Mahngericht Hünfeld beantragt werden. Signaturkarte nebst Kartenlesegerät sind allerdings erforderlich.
Tipp: Beim Amtsgericht Hünfeld und beim Justizministerium Hessen ist eine ausführliche Broschüre "Die maschinelle Bearbeitung der gerichtlichen Mahnverfahren" als Download erhältlich, in welcher der Ablauf des Mahnverfahrens erläutert und Hilfestellung beim Ausfüllen und Einreichen der Anträge gegeben wird.

c) Kosten des Verfahrens

Im Mahnverfahren entstehen Gerichtskosten (mindestens 36 Euro), die grundsätzlich zunächst vom Antragsteller zu zahlen sind. Die Höhe dieser Gerichtskosten richtet sich nach der Höhe des Streitwerts, dass heißt, nach der Höhe der Forderungssummen.
Die Gerichtskosten werden im Normalfall mit Erlass des Mahnbescheides vom Antragsteller bzw. dem Prozessbevollmächtigen angefordert. Das heißt, dass der Erlass des Mahnbescheides nicht mehr von der Zahlung des Vorschusses abhängig ist. Zu beachten ist allerdings, dass die Gebühr bereits mit Eingang des Antrages bei Gericht entstanden ist. Wird also der Antrag vor Erlass zurückgenommen, sind die Kosten trotzdem zu zahlen.
Beachte: Die gesamten für den Mahnbescheid fälligen Gerichtskosten sollten auf dem Bescheid der Forderungssumme hinzugerechnet werden. Dies hat zur Folge, dass sie ebenso wie andere Verzugsschäden (zum Beispiel Zinsen) damit zusammen mit der Forderung vom Schuldner zu begleichen sind. Ist die Forderung berechtigt und zahlt der Schuldner aufgrund des Mahnbescheides, erhält der Gläubiger somit die Gerichtskosten in voller Höhe vom Schuldner erstattet.
Weitere Informationen zu den Kosten des Mahnverfahrens sowie einen entsprechenden Kostenrechner erhalten Sie auf der Website “Mahngericht.de”.
Wenn ein Rechtsanwalt eingeschaltet wird, fallen zusätzlich zu diesen Gerichtskosten auch noch Rechtsanwaltskosten an. Deren Höhe richtet sich ebenfalls nach der Höhe der Forderungssumme und kann auch als Verzugsschaden zusammen mit der Hauptforderung im Rahmen des Mahnbescheids geltend gemacht werden.

d) Mahnbescheid

Wenn alle Voraussetzungen zum Erlass des Mahnbescheids vorliegen, muss das Gericht diesen unverzüglich erlassen. Der Mahnbescheid wird dann dem Antragsgegner von Amts wegen zugestellt und der Antragssteller wird darüber informiert. Widerspricht der Antragsgegner dem Mahnbescheid nicht innerhalb von zwei Wochen, ergeht auf Antrag des Antragstellers ein dem Mahnbescheid entsprechender Vollstreckungsbescheid. Mit diesem kann der Antragssteller dann die Zwangsvollstreckung betreiben.

e) Widerspruch gegen den Mahnbescheid

Der Antragsgegner kann gegen den Mahnbescheid oder gegen Teile schriftlich Widerspruch einlegen. Der Vordruck für das Einlegen eines Widerspruchs liegt dem Mahnbescheid bei. Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht erforderlich. Die zweiwöchige Widerspruchsfrist beginnt ab der Zustellung des Mahnbescheids. Ein später eingehender Widerspruch ist aber dennoch wirksam, wenn noch kein Vollstreckungsbescheid verfügt ist.
Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Mahngericht den Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige Prozessgericht ab. In diesem Verfahren kann sich der Antragsgegner gegen den behaupteten Anspruch mit sachlicher Begründung zur Wehr setzen. Die Geschäftsstelle des Gerichts, an das die Streitsache abgegeben wurde, fordert sodann den Antragsteller unverzüglich auf, seinen Anspruch binnen zwei Wochen zu begründen.

f) Vollstreckungsbescheid

Widerspricht der Antragsgegner dem Mahnbescheid nicht oder zu spät, kann der Gläubiger nach Ablauf der Widerspruchsfrist beim Gericht den Vollstreckungsbescheid beantragen. Das Amtsgericht erlässt dann einen Vollstreckungsbescheid auf Grundlage des nicht angefochtenen Mahnbescheids.
Der Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids muss spätestens sechs Monate nach Zustellung des Mahnbescheids gestellt werden und die Erklärung enthalten, ob und welche Zahlungen inzwischen auf den per Mahnbescheid geltend gemachten Anspruch geleistet worden sind.
Tipp: Legen Sie sich den Vorgang rechtzeitig auf Wiedervorlage und beantragen Sie möglichst bald nach Ablauf der Widerspruchsfrist den Vollstreckungsbescheid.
Der vom Amtsgericht erlassene Vollstreckungsbescheid dient als eigenständiger und vorläufig vollstreckbarer Titel zur Betreibung des Zwangsvollstreckungsverfahrens.
Der vom Gericht erlassene Vollstreckungsbescheid wird dem Antragsgegner von Amts wegen an die im Mahnbescheid angegebene Adresse zugestellt. Der Antragssteller kann auch Parteizustellung beantragen. Hat der Schuldner in der Zwischenzeit seinen Aufenthalt gewechselt und ist seine neue Anschrift unbekannt und nicht ermittelbar (Paragraf 185 Zivilprozessordnung (ZPO)), so kann das Mahngericht den Vollstreckungsbescheid im Wege der öffentlichen Zustellung durch Anheften an die Gerichtstafel zustellen.

g) Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid

Der Vollstreckungsbescheid ist durch den Einspruch im Ganzen oder auch nur teilweise anfechtbar. Der Einspruch erfolgt schriftlich und braucht - wie der Widerspruch gegen den Mahnbescheid - nicht begründet zu werden. Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen. Sie kann nicht verlängert werden. Der Einspruch leitet in das Klageverfahren über. Wird Einspruch erhoben, so ist die Sache von Amts wegen an das im Mahnbescheid genannte zuständige Prozessgericht abzugeben.

III. Zwangsvollstreckung

Wenn der Schuldner auch nach Erlass und Zustellung eines Vollstreckungsbescheids nicht bezahlt, kann der Gläubiger zur Eintreibung seiner Geldforderung die Zwangsvollstreckung einleiten. Entsprechendes gilt beispielsweise, wenn der Gläubiger im Klageweg ein Urteil erwirkt hat, welches wie ein Vollstreckungsbescheid einen Vollstreckungstitel darstellt.
Bei Verpflichtung zur Zahlung eines Geldbetrages wird sich die Zwangsvollstreckung danach richten, über welche Vermögensgegenstände der Schuldner verfügt. Der Gläubiger kann in das bewegliche und das unbewegliche Vermögen sowie in Geldforderungen vollstrecken lassen.

Vollstreckung in das bewegliche Vermögen

Zuständig für die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen (zum Beispiel: Geld, Auto, Warenlager) ist der Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Vollstreckung stattfinden soll. Bei der ”Taschenpfändung” ist der Gerichtsvollzieher zuständig, in dessen Bezirk sich die zu pfändende Sache befindet. Der Gerichtsvollzieher muss dazu vom Gläubiger beauftragt werden. Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung. Gepfändetes Bargeld erhält der Gläubiger sofort. Andere Gegenstände versteigert der Gerichtsvollzieher öffentlich. Den hierdurch erzielten Erlös erhält der Gläubiger.

Vollstreckung in Grundeigentum

Bei Vollstreckung in das Grundeigentum (zum Beispiel: Grundstücke, Häuser, Wohnungen) des Schuldners, kann der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht die Zwangsvollstreckung beantragen. Zuständiges Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundeigentum liegt. Die Zwangsvollstreckung kann entweder durch Zwangsversteigerung des Grundeigentums oder aber auch durch Zwangsverwaltung erfolgen. Mit der Zwangsverwaltung bekommt der Gläubiger die Einnahmen aus dem Grundstück, zum Beispiel: Pachtzahlungen. Als dritte Möglichkeit kann der Gläubiger eine Zwangshypothek im Grundbuch eintragen lassen, sofern seine Forderung mehr als 750 Euro beträgt.

Zwangsvollstreckung in Geldforderungen

Die Pfändung von Geldforderungen (zum Beispiel: Pacht- und Mieteinnahmen, Arbeitsentgelt) erfolgt durch einen sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts. Zuständiges Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner seinen Wohnsitz/ Sitz hat. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss verbietet dem Drittschuldner (Arbeitgeber, Bank, Pächter, Mieter), Zahlungen an den Schuldner zu leisten und beinhaltet zugleich, dass dem Gläubiger das Geld überwiesen wird.
Zum Schutze des Schuldners gibt es Pfändungsfreigrenzen und Vorschriften über unpfändbare Gegenstände. Sinn dieser Schuldnerschutzvorschriften ist es, einen Ausgleich zwischen den Interessen des Gläubigers an dem Zugriff auf das Schuldnervermögen und der Existenzsicherung des Schuldners zu schaffen.
Alle zwei Jahre werden zum 1. Juli die Pfändungsfreigrenzen angepasst. Die zur Zeit geltende Pfändungsfreigrenze beträgt 1.491,75 Euro. Bestehen gesetzliche Unterhaltspflichten, erhöht sich dieser Betrag. Die derzeit geltenden genauen Freigrenzen können Sie der Tabelle des Bundesministeriums der Justiz zur Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung entnehmen.
Stand: Januar 2025

Was Händler bei Fernabsatzverträgen beachten müssen

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Daher gelten auch im elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce) uneingeschränkt die allgemeinen Rechtsgrundlagen aber auch spezielle Regelungen für den Fernabsatz.
Die allgemeinen Rechtsgrundlagen sind vorrangig in folgenden Gesetzen geregelt:
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz)
  • Urheberrechtsgesetz (UrhG)
  • Verbraucherkreditrecht
  • Gewerbeordnung (GewO)
  • Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG)
  • Strafgesetzbuch (StGB)
Für bestimmte Bereiche existieren darüber hinaus sogar besondere Rechtsvorschriften. Für den Bereich des E-Commerce sind insoweit relevant:
  • Telemediengesetz (TMG)
  • E-Commerce- und Fernabsatzrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)
  • Artikel 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB)
  • Preisangabenverordnung (PAngV).
  • Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates

I. Fernabsatzrecht

Insbesondere die Vorschriften über Fernabsatzverträge legen dem Unternehmer zahlreiche Pflichten auf. Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Fernkommunikationsmittel sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und Telemedien (Onlineshops).Die nachfolgenden Informationen beziehen sich insbesondere auf den Online-Handel.

1. Informationspflichten im Rahmen des Fernabsatzvertrages

Der Unternehmer hat dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Willenserklärung bestimmte Informationen zur Verfügung zu stellen (Artikel 246a EGBGB, § 1):
  • die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen in dem für das Kommunikationsmittel und für die Waren und Dienstleistungen angemessenen Umfang,
  • seine Identität sowie die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, seine Telefonnummer und gegebenenfalls seine Telefaxnummer und E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt,
  • eine Geschäftsanschrift für Beschwerden jeder Art, falls diese von oben genannter Anschrift abweicht
  • den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben, oder in den Fällen, in denen der Preis auf Grund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten, oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche Kosten zusätzlich anfallen können,
  • im Falle eines unbefristeten Vertrages oder eines Abonnement-Vertrages den Gesamtpreis; dieser umfasst die pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten und, wenn für einen solchen Vertrag Festbeträge in Rechnung gestellt werden, ebenfalls die monatlichen Gesamtkosten; wenn die Gesamtkosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, ist die Art der Preisberechnung anzugeben,
  • die Kosten für den Einsatz des für den Vertragsabschluss genutzten Fernkommunikationsmittels, sofern dem Verbraucher Kosten berechnet werden, die über die Kosten für die bloße Nutzung des Fernkommunikationsmittels hinausgehen,
  • die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden,
  • das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts,
  • gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und Garantien,
  • gegebenenfalls bestehende einschlägige Verhaltenskodizes und wie Exemplare davon erhalten werden können,
  • gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrages oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge,
  • gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht,
  • gegebenenfalls die Tatsache, dass der Unternehmer vom Verbraucher die Stellung einer Kaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangen kann, sowie deren Bedingungen,
  • gegebenenfalls die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte,
  • gegebenenfalls, soweit wesentlich, Beschränkungen der Interoperabilität und der Kompatibilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese Beschränkungen dem Unternehmer bekannt sind und bekannt sein müssen, und
  • gegebenenfalls, dass der Verbraucher ein außergerichtliches Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, dem der Unternehmer unterworfen ist, nutzen kann, und dessen Zugangsvoraussetzungen.
Die oben genannten Informationen müssen vor Abgabe der Willenserklärung des Verbrauchers, dem Verbraucher mitgeteilt werden. Das Einstellen der Informationen auf der Homepage genügt grundsätzlich nicht!
Daneben besteht die Pflicht, dem Verbraucher eine Abschrift oder Bestätigung des Vertrages auf einem dauerhaften Datenträger sowie in angemessener Frist, spätestens bei der Lieferung bzw. vor Ausführung der Dienstleistung, zur Verfügung zu stellen. Diese Bestätigung muss die oben genannten Angaben enthalten, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt.

2. Ausnahmen von der Anwendbarkeit des Fernabsatzrechtes

Eine Ausnahme besteht, wenn der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt, also beispielsweise, wenn ein Anbieter Waren über ein Ladenlokal vertreibt und nur ausnahmsweise telefonische Bestellungen annimmt.

Vom Fernabsatzrecht ausgenommen sind außerdem Verträge:

  • die notariell beurkundet sind,
  • über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken,
  • über den Bau von neuen Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden,
  • über die Beförderung von Personen
  • über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme
  • Behandlungsverträge,
  • über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden
  • die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden,
  • die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden,
  • zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Telefaxverbindung,
  • außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet, und
  • über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen.
  • über die Vermietung von Wohnraum, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat

Minimalanwendungsbereich bei folgenden Verträgen:

  • Vertragsverhältnisse über Bankdienstleistungen sowie Finanzdienstleistungen
  • Verträge über Versicherungen und deren Vermittlung
  • Pauschalreiseverträge

3. Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen

Das Fernabsatzrecht räumt dem Verbraucher ein generelles Recht auf Widerruf des Vertrages ein. Dies ist in § 312 g Absatz 1 BGB geregelt.

a) Ausnahmen vom Widerrufsrecht

Auch vom Widerrufsrecht gibt es Ausnahmen. Diese sind in § 312g Absatz 2 BGB geregelt. Ein Widerrufsrecht erlischt vorzeitig beziehungsweise besteht nicht unter anderem bei folgenden Verträgen:
  • Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind („Kundenspezifikation“),
  • Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
  • Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde (Anmerkung: was unter „Hygiene“ oder „Gesundheitsschutz“ bzw. „Versiegelung“ zu verstehen ist, ist offen),
  • Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden (zum Beispiel Heizöl),
  • Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
  • Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde (Anmerkung: auch hier ist nicht definiert, was mit „Versiegelung“ gemeint ist),
  • Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen.
  • Weitere Ausnahme sind in § 312g Absatz 2 Nummer 8 bis 13, Absatz 3 geregelt.
In denjenigen Fällen, in denen ein Widerrufsrecht nicht besteht bzw. vorzeitig erlöschen kann oder ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verliert, muss der Unternehmer den Verbraucher darauf hinweisen, Artikel 246a § 1 Absatz 3 EGBGB.

b) Vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts bei Dienstleistungen und Downloads

Nach § 356 Absatz 4 BGB erlischt das Widerrufsrecht bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht und mit der Ausführung der Dienstleistung erst nach ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers begonnen hat. Außerdem muss der Verbraucher vor Ausführung der Dienstleistung seine Kenntnis davon bestätigt haben, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.
Des Weiteren hat der Verbraucher nun auch ein Widerrufsrecht bei so genannten „nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten“. Hierunter fallen beispielsweise Downloads und Streamings. Dieses Widerrufsrecht erlischt gemäß § 356 Absatz 5 BGB allerdings bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher
  1. ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und
  2. seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.
In beiden Fällen muss der Unternehmer den Verbraucher also ordnungsgemäß belehren, wenn er die für sich günstige Rechtsfolge herbeiführen will.

c) Widerrufsfrist: Beginn und Dauer

Künftig beträgt die Widerrufsfrist einheitlich 14 Tage. Der Fristbeginn hängt vom Vertragsgegenstand ab. Der Fristlauf kann bereits mit Vertragsschluss beginnen (so beispielsweise bei Downloads), bei Warenlieferung beginnt der Fristlauf mit Erhalt der Ware. Voraussetzung ist zudem, dass der Unternehmer den Verbraucher über das Widerrufsrecht belehrt hat (siehe unter V.). Für den Fristbeginn ist allerdings nicht erforderlich, dass die Belehrung schon „in Textform“ erfolgt. Der Unternehmer muss jedoch beweisen, dass er den Verbraucher in klarer und verständlicher Form belehrt hat.
Das bisherige „ewige Widerrufsrecht“ wird es nicht mehr geben. Hat der Unternehmer den Verbraucher nicht (ordnungsgemäß) über sein Widerrufsrecht belehrt, läuft die Widerrufsfrist nach 12 Monaten und 14 Tagen ab.

d) Widerrufsbelehrung

Der Unternehmer muss den Verbraucher über das Widerrufsrecht belehren. Der Gesetzgeber stellt dafür Muster zur Verfügung. Der Unternehmer kann dies verwenden, muss es aber nicht.
Die Musterwiderrufsbelehrungen finden Sie auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums:
Hinweis: Bitte verwenden Sie nur die ab dem 13. Juni 2014 gültige Version!
Die Wahl des richtigen Textbausteins aus den Gestaltungshinweisen kann äußerst kompliziert werden, da es verschiedene Varianten für die Belehrung über den Fristbeginn gibt. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass mehrere Waren bestellt wurden, die vielleicht auch noch zu unterschiedlichen Zeitpunkten geliefert werden.
Der Unternehmer muss dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung „in Textform“ vermitteln. Das Gesetz verlangt hierfür einen „dauerhaften Datenträger“. Für die Einhaltung der Textform genügt daher nicht das Einstellen auf der Website. Eine Zusendung per E-Mail, Fax oder Brief erfüllt dagegen die Textform. Vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers genügt es, wenn der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise informiert.

e) Widerrufserklärung

Der Verbraucher muss seinen Widerruf eindeutig erklären. Die bloße Rücksendung der Ware genügt nicht. Grundsätzlich ist die Erklärung formfrei, beispielsweise auch telefonisch möglich. Aus Beweisgründen ist aber davon auszugehen, dass mündliche Widerrufserklärungen in der Praxis selten vorkommen werden. Eine Begründung ist nicht erforderlich.
Neu ist, dass das Gesetz auch ein Muster für die Widerrufserklärung vorsieht. Der Unternehmer muss den Verbraucher in der Widerrufsbelehrung hierüber informieren. Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, das Muster zu verwenden. Statt dem Musterwiderrufsformular kann der Unternehmer auch eine andere Online-Widerrufserklärung anbieten. Der Unternehmer muss den Zugang des Widerrufs unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen (zum Beispiel per automatisierter E-Mail).

f) Rückabwicklung: Rückgewährfristen und Zurückbehaltungsrecht

Bei Widerruf sind die empfangenen Leistungen unverzüglich, spätestens nach 14 Tagen, zurück zu gewähren. Das bedeutet, dass der Verbraucher die Ware binnen 14 Tagen an den Unternehmer zurückschicken muss; der Eingang beim Unternehmer muss nicht in dieser Frist erfolgt sein. Der Unternehmer muss innerhalb von 14 Tagen den Kaufpreis zurückgewähren. Er darf die Rückzahlung jedoch solange verweigern, bis er die Ware zurückerhalten oder einen Nachweis dafür bekommen hat, dass der Verbraucher die Ware an ihn zurückgeschickt hat. Der Unternehmer muss für die Rückzahlung dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung genutzt hat, es sei denn es wurde ausdrücklich (nicht in AGB) etwas anderes vereinbart und dem Verbraucher entstehen dadurch keine Kosten.

g) Rückabwicklung: Wertersatz

Widerruft ein Verbraucher einen Kaufvertrag, den er über das Internet abgeschlossen hat, kann er dazu verpflichtet sein, für eine Verschlechterung der Ware Wertersatz zu leisten. Voraussetzung dafür ist, dass der Unternehmer den Verbraucher hierüber ordnungsgemäß unterrichtet hat. Einen Ersatz kann es aber nur dann geben, wenn der Wertverlust darauf zurückzuführen ist, dass der Verbraucher die Ware in einem Umfang genutzt hat, der über die Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und Funktionsweise der Ware hinausgeht. Maßstab soll hier auch weiterhin sein, dass der Verbraucher die Ware nur so ausprobiert, wie er es in einem Ladengeschäft hätte tun können.
Ein Anspruch auf Nutzungswertersatz steht dem Unternehmer bei Warenlieferungen nicht zu.
Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen hat der Verbraucher Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung zu leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde und er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt.

h) Rückabwicklung: Hin- und Rücksendekosten

Der Unternehmer muss dem Verbraucher die Kosten für die Hinsendung erstatten. Dies bezieht sich allerdings nur auf die regulären Versandkosten, nicht aber auf etwaige Expresszuschläge. Der Verbraucher trägt die Kosten der Rücksendung, es sei denn, der Unternehmer hat den Verbraucher nicht darüber informiert, dass dieser die Kosten zu tragen hat. Die bislang geltende „40-Euro-Klausel“-Regelung entfällt damit. Kann die Ware wegen ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg verschickt werden, muss der Unternehmer auch hier den Verbraucher über die Höhe der Rücksendekosten unterrichten. Ist ihm das vernünftigerweise nicht möglich, muss er abschätzen, wie hoch die Kosten höchstens sind. Selbstverständlich kann sich der Unternehmer auch bereit erklären, freiwillig die Rücksendekosten zu übernehmen.

II. Weitere Pflichten im E-Commerce bei der Nutzung von Telemedien (Online-Shop)

1. Angaben zu Lieferbeschränkungen und Zahlungsmitteln, Zahlungsaufschläge

In Online-Shops müssen Verbraucher spätestens bei Beginn des Bestellvorganges klar und deutlich darüber informiert werden, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.
Der Unternehmer muss dem Verbraucher zudem mindestens eine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsart zur Verfügung stellen. Dies sind, zum Beispiel Lastschrift, Kreditkarte oder Vorkasse. Werden darüber hinaus weitere, kostenpflichtige Zahlungsmittel zur Verfügung gestellt, so darf das vereinbarte Entgelt nicht über die Kosten hinausgehen, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.

2. „Button-Lösung“

Der Unternehmer hat die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zur Zahlung verpflichtet. Dabei muss der Bestellbutton gut lesbar sein, nur die Wörter „zahlungspflichtig bestellen“ beziehungsweise eine andere eindeutige Formulierung enthalten. Die Formulierung „kaufen“ auf dem Bestellbutton wird weiterhin möglich sein. Hingegen sollten Formulierungen wie „Bestellung“ oder „Bestellung abgeben“ oder „weiter“ nicht verwendet werden.
Die Folge der Falschbeschriftung des Bestellbuttons ist, dass kein Vertrag mit dem Verbraucher zustande kommt.

3. Verbot von pre-ticked boxes

Zusätzliche, über den Vertragsgegenstand hinausgehende, Nebenleistungen (um Beispiel Garantieverlängerungen) dürfen nur durch ausdrückliche Vereinbarung mit dem Verbraucher getroffen werden. Eine Einbeziehung von Nebenleistungen durch vom Unternehmer vorgenommene Voreinstellungen (sogenannte pre-ticked boxes) ist nicht möglich. Der Verbraucher ist in einem solchen Fall nicht verpflichtet die Nebenleistung zu zahlen und behält den Anspruch auf die gewünschte Hauptleistung.

4. Verbot kostenpflichtiger Kundenhotlines

Kosten für Kundenhotlines, die Verbraucher für Fragen oder Erklärungen bezüglich eines bereits geschlossenen Vertrages zur Verfügung gestellt werden, dürfen die Höhe des Entgelts für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes nicht übersteigen.
Dies betrifft jedoch nur Hotlines für Kunden, nicht für Interessenten. Jedoch sollten auch hier die Kosten klar und deutlich angegeben werden.

5. Pflicht zur Preisangabe

Auch im Internet-Geschäft gelten uneingeschränkt die Regeln des Wettbewerbsrechts, insbesondere des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, der Preisangabenverordnung etcetera, soweit diese Gesetze ihrem Sinn und Zweck nach auch den elektronischen Geschäftsverkehr erfassen. Die Preisangabenverordnung enthält inzwischen eine Vorschrift speziell für Fernabsatzverträge, nach der anzugeben ist, dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatz­steuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen. Daneben können für einzelne Branchen weitere Vorschriften zu beachten sein.

6. Pflichten in technischer Hinsicht

Bei einem Vertragsabschluss über Telemedien (beispielsweise Online-Shop) muss der Unternehmer dem Verbraucher:
  • angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen und berichtigen kann,
  • folgende Informationen rechtzeitig vor Abgabe von dessen Bestellung klar und verständlich mitteilen,
    1. über die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen
    2. darüber, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglich ist,
    3. über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen und
    4. über sämtliche einschlägigen Verhaltenskodizes, denen sich der Unternehmer unterwirft, sowie über die Möglichkeit eines elektronischen Zugangs zu diesen Regelwerken,
  • den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege bestätigen und
  • die Möglichkeit verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern.

7. Online-Streitbeilegung

Aufgrund der EU Verordnung über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (ODR-Verordnung) müssen Unternehmen, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge anbieten, sowie Unternehmen, die ihre Waren oder Dienstleistungen über in der Union niedergelassen Online-Marktplätze anbieten, einen leicht zugänglichen Link auf die OS-Plattform auf ihrer Website einstellen. Die OS-Plattform ist über folgenden Link abrufbar https://ec.europa.eu/consumers/odr/. Offline-Verträge werden von der OS-Plattform nicht erfasst. Damit der Link leicht zugänglich für Verbraucher ist, bietet sich eine Aufnahme ins Impressum an. Der Link sollte aktiv verlinkt, also klickbar sein.
Unternehmen, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge anbieten müssen zudem ihre Emailadressen angeben.

8. Informationspflichten für Unternehmen nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz

Unternehmen müssen Verbraucher auf ihrer Webseite und in ihren AGBs (soweit jeweils vorhanden) darüber informieren, inwieweit sie sich entweder freiwillig bereit erklärt haben oder durch bestimmte Regeln verpflichtet sind, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen (§ 36 Abs. 1 Nummer 1 VSBG). Auch über die fehlende Bereitschaft zur Teilnahme an einer Verbraucherschlichtung müssen Unternehmen die Verbraucher unterrichten.
Ausgenommen von der Informationspflicht sind Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten (Zahl der Personen am 31.12. des Vorjahres).
Bei einer Teilnahme an der Schlichtung muss zudem die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle (zum Beispiel die „Universalschlichtungsstelle“) mit Anschrift und Webseite benannt werden (§ 34 Absatz 1 Nummer 2 VSBG). Die Kleinunternehmerausnahme gilt für diese Informationspflicht nicht.
Neben den allgemeinen Informationspflichten müssen Unternehmen nach Entstehen der Streitigkeit die Verbraucher in Textform informieren, an welche Verbraucherstelle sie sich wenden können. Der Unternehmer muss zugleich angeben, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Schlichtungsstelle bereit oder verpflichtet ist. Auch hinsichtlich dieser Informationspflicht gilt die Ausnahme für kleine Unternehmen nicht.

III. Impressum

Wer im Internet Waren oder Dienstleistungen geschäftsmäßig anbietet, muss grundsätzlich bestimmte Informationen an deutlich sichtbarer Stelle auf seiner Website bereithalten, § 5 Telemediengesetz (TMG).
§ 5 TMG findet Anwendung auf Telemediendienste. Zu den Telemediendiensten gehören unter anderem E-Commerce Angebote, Internetseiten, Suchmaschinen, Navigationshilfen, Telebanking oder Internetwerbung. Damit ist auch der Anbieter von Waren oder Dienstleistungen im Internet zur Bereithaltung der Informationen verpflichtet. Die so genannte "Anbieterkennzeichnung" muss leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sein. Sie sollte daher eindeutig ("Anbieterkennzeichnung", "Impressum") bezeichnet sein und so platziert werden, dass ein Nutzer sie ohne Probleme finden kann (kein seitenlanges Scrollen, nicht zu viele Links). Informiert werden muss über:
  • den Namen (gegebenenfalls die vollständige Firma) und die postalische Anschrift des Anbieters (Postfach und E-Mail-Adresse genügen nicht!),
  • bei juristischen Personen (wie zum Beisiel der GmbH und der AG) zusätzlich die Rechtsform, den Namen des Vertretungsberechtigten und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden, das Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen,
  • die E-Mail-Adresse und Faxnummer, dabei handelt es sich um Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation ermöglichen. Der EuGH hat durch sein Urteil im Oktober 2008 Klarheit bezüglich der Einordnung von Telefonnummern in diesem Bereich geschaffen. Er hat entschieden, dass es andere Kommunikationswege als das Telefon gibt, die den Kriterien einer unmittelbaren und effizienten Kommunikation genügen, wie das Telefax. Die Angabe einer Telefonnummer ist nach TMG folglich nicht erforderlich.
Achtung: Für Online-Händler ist die Angabe einer Telefonnummer jedoch aufgrund der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie Pflicht. Unternehmer erfüllen diese Pflicht am besten im Impressum, da der Verbraucher dort auch eine solche Nummer erwartet.
  • das für den Anbieter zuständige Handelsregister, Partnerschaftsregister, Genossenschaftsregister oder Vereinsregister, einschließlich seiner Registernummer (sofern er in einem dieser Register eingetragen ist),
  • Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde (Name, Postadresse, Telefonnummer), sofern die ausgeübte Tätigkeit einer staatlichen Genehmigung bedarf (zum Beispiel im Makler- und Bauträgergewerbe, Versicherungsvermittlung) und berufsrechtliche Angaben bei reglementierten Berufen,
  • die Umsatzsteuer-Identifikations-Nummer (USt.-ID-Nr.) sofern vorhanden (die normale Steuernummer muss im Internet nicht angegeben werden) oder die Wirtschafts-Identifikationsnummer
  • bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die sich in Abwicklung oder Liquidation befinden, die Angabe hierüber.
Anbieter von journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, müssen nach § 55 Absatz 2 Rundfunkstaatsvertrag den Namen und die Anschrift des Verantwortlichen für den Inhalt journalistisch-redaktioneller Angebote (gilt nur für so genannte Mediendienste).
Onlinehändler sollten gemäß Artikel 14 Absatz 1 Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ODR-VO) einen Hinweis auf die Online-Streitbeilegungsplattform der Europäischen Kommission erreichbar unter https://ec.europa.eu/consumers/odr/ aufnehmen.
Es empfiehlt sich weiterhin, die unter II Ziffer 8 dargestellten Informationspflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz ebenfalls in das Impressum aufzunehmen.
Da nicht ausreichende und falsche Angaben nach dem TMG mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden können, oder eine Abmahnung wegen Verstoß gegen das UWG erfolgen kann, sollte jeder Online-Anbieter seine Angaben überprüfen und gegebenenfalls korrigieren.
Stand: August 2021
Hinweis: Dieses Merkblatt soll nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Wir bedanken uns an dieser Stelle bei der IHK Bonn/Rhein-Sieg für das Erstellen des Merkblattes.

Mit einem Klick zum richtigen Merkblatt

Unsere Homepage bietet Ihnen eine Fülle an Informationen zum Arbeitsrecht. Die Antworten auf Ihre Fragen finden Sie in den einzelnen Rubriken („Mitarbeiter einstellen“, „Das laufende Arbeitsverhältnis“, „Mitarbeiter kündigen“). Sie können sich aber auch in unserer neuen Liste „Arbeitsrecht von A bis Z“ unter den zahlreichen Schlagworten Ihr Thema auswählen: ein Klick und Sie sehen sofort das Merkblatt zu Ihrer Frage und Ihrem Thema.
Hinweis für Ratsuchende: Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die IHK die Aufgabe, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten und ihre Mitgliedsunternehmen zu beraten. Wenn Sie als Arbeitnehmer rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich entweder an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Abteilung Arbeitsrecht, oder an den Verein „ArbeitnehmerHilfe” wenden.

A

Anmeldung neuer Mitarbeiter (Meldepflichten des Arbeitgebers bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, Einstellung von Mitarbeitern)
Arbeitsverhinderung (Freistellung, Vergütungspflicht, Krankheit, Entgeltfortzahlung)
______________________________________

B

Berufsgenossenschaft (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung/DGUV)
Beschäftigungsformen (besondere Beschäftigungsverhältnisseim Überblick)
betriebliches Eingliederungsmanagement/BEM (Arbeitsunfähigkeit, Krankheit)
Betriebsübergang/-übernahme (Inhaberwechsel, Unternehmensnachfolge)
Betriebsverfassungsgesetz/Betriebsrat (betriebliche Interessenvertretung, Mitbestimmung)
Bildungsurlaub (berufliche Weiterbildung, Bildungsfreistellung)
______________________________________

C

______________________________________

D

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung/DGUV (Berufsgenossenschaft)
Diskriminierungsverbot (Gleichbehandlung, AGG)
______________________________________

E

Eingliederungsmanagement (BEM, betriebliches Eingliederungsmanagement, Krankheit, Arbeitsunfähigkeit)
Einstellung von Mitarbeitern
Elterngeld
Entgeltfortzahlung (Freistellung, Vergütungspflicht, Krankheit, Entgeltfortzahlung)
______________________________________

F

Familie und Beruf (Schwangerschaft, Mutterschutz, Elternzeit, -geld, Pflegezeit, Familienpflegezeit)
Freistellung (Vergütungspflicht, Krankheit, Entgeltfortzahlung)
______________________________________

G

Gleichbehandlung (Diskriminierungsverbot, AGG)
______________________________________

H

______________________________________

IJ

Inhaberwechsel (Betriebsübergang/Betriebsübernahme)
______________________________________

K

______________________________________

L

Lohnfortzahlung (Umlageverfahren und Lohnfortzahlungsversicherung bei Krankheit und Mutterschutz)
______________________________________

M

Mankohaftung (Arbeitnehmerhaftung, Kassenfehlbestand, Warenfehlbestand)
Mehrarbeit (Vergütung)
Meldepflicht (bei Beginn bzw. Beendigung der Beschäftigung)
Midijob (Gleitzone)
Mitarbeiterkontrolle (Videoüberwachung)
Mitbestimmung (Betriebsrat, Betriebsverfassungsgesetz, betriebliche Interessenvertretung)
______________________________________

N

Nebentätigkeit (Nebenbeschäftigung)
______________________________________

O

______________________________________

P

______________________________________

Q

______________________________________

R

______________________________________

S

Sonderzahlung (Gratifikation)
Sozialversicherungspflicht:
______________________________________

T

Tarifvertrag (tarifliche und übliche Gehälter)
______________________________________

U

Überstunden (Vergütung)
Umlage (Umlageverfahren und Lohnfortzahlungsversicherung bei Krankheit und Mutterschutz)
Unfall (Arbeits- und Wegeunfall)
Unfallversicherung (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung/DGUV, Berufsgenossenschaft)
Unternehmensnachfolge (Betriebsübergang, -übernahme, Inhaberwechsel)

Urlaub (Übersicht):
Urlaubsgeld (Gratifikation)
______________________________________

V

Vergütung (Arbeitsvergütung, -entgelt)
Videoüberwachung (Mitarbeiterkontrolle)
______________________________________

W

Weihnachtsgeld (Gratifikation)
Wettbewerbsverbot (Nebentätigkeit, nachvertraglichesWettbewerbsverbot)
______________________________________

XYZ

Zuschläge (Vergütung bei Mehrarbeit und Überstunden)
______________________________________

Lockerung der Handwerksordnung

Bereits vor 10 Jahren wurde die Handwerksordnung gelockert, trotzdem sind viele Gründer unsicher, wenn sie sich im handwerklichen Bereich selbstständig machen wollen. Ein Handwerksmeister oder die Zugehörigkeit zur Handwerkskammer sind beispielsweise oft nicht notwendig. Die wichtigsten Regelungen finden Sie hier.

Das Wichtigste vorab

Tätigkeiten im Handel, in der Industrie und in nichthandwerklichen Dienstleistungen führen zu einer Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer. Handwerkliche und handwerksähnliche Tätigkeiten hingegen begründen eine Zugehörigkeit zur Handwerkskammer.
Beachte: Einige Unternehmen sind auch bei beiden Kammern zugehörig, weil sie sowohl nichthandwerkliche als auch handwerkliche bzw. handwerksähnliche Tätigkeiten ausüben (sogenannte Mischbetriebe).
Viele Tätigkeiten, die früher der Handwerkskammer zugeordnet waren, sind mittlerweile „handwerksfrei“: sie können auch ohne Handwerksmeister ausgeübt werden oder auch ohne Zugehörigkeit zur Handwerkskammer.
Existenzgründer und Unternehmen, die ihre Tätigkeiten verändern möchten, werden von beiden Kammern beraten, wenn Fragen zur Zugehörigkeit auftreten.

Die Einzelheiten

Im Folgenden listen wir alle Möglichkeiten zur derzeit geltenden Rechtslage auf. Dabei stehen die zwei wichtigsten Gesetze zur Reform des Handwerksrechts im Vordergrund, die zum 1. Januar 2004 in Kraft traten. Die letzten Neuregelungen des Handwerksrechts enthalten folgende Kernelemente:
  1. Der Meisterzwang wurde auf 41 (bisher 94) zulassungspflichtige Handwerke beschränkt. Alle übrigen 53 Handwerke sind zulassungsfrei. Ihre selbstständige Ausübung setzt keinen Befähigungsnachweis voraus. Darüber hinaus enthält die Handwerksordnung (HwO) noch 57 handwerksähnliche Gewerbe.
  2. Bis auf wenige Ausnahmen (sechs Berufe: Schornsteinfeger, Augenoptiker, Hörgeräteakustiker, Orthopädietechniker, Orthopädieschuhmacher und Zahntechniker) können sich erfahrene Gesellen in Zukunft auch in den zulassungspflichtigen Handwerken selbstständig machen (sogenannte Altgesellen-Regelung). Voraussetzung ist, dass sie sechs Jahre praktische Tätigkeit in dem Handwerk vorweisen können, davon vier Jahre in leitender Position (vgl. in der Anlage den genauen Wortlaut des § 7 b der neuen HwO). Für die Bearbeitung des Antrags auf Ausübungsberechtigung fällt bei der Handwerkskammer Rhein- Main eine Gebühr von etwa 650 € an.
  3. Das Inhaberprinzip wird abgeschafft. Betriebe, die ein zulassungspflichtiges Handwerk ausüben, können jetzt auch von allen Einzelunternehmern oder Personengesellschaften (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, GmbH & Co KG u. a.) geführt werden, die einen Meister als Betriebsleiter einstellen.
  4. Für Ingenieure, Hochschulabsolventen und staatlich geprüfte Techniker wird der Zugang zum Handwerk erleichtert.
  5. Neuen Handwerksunternehmen wird in den ersten vier Jahren nach der Existenzgründung unter besonderen Voraussetzungen eine abgestufte Befreiung von den Handwerkskammerbeiträgen gewährt. Eine ähnliche Beitragsstaffelung wurde für neu gegründete IHK-Unternehmen eingeführt.
  6. Mit der so genannten kleinen Handwerksrechtsnovelle wird die selbstständige Ausführung einfacher handwerklicher Tätigkeiten erleichtert. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung unterliegen bereits nach derzeitiger Rechtslage Tätigkeiten, die innerhalb von 2 bis 3 Monaten erlernt werden können, nicht dem Meisterzwang. Dies wird jetzt in der Handwerksordnung ausdrücklich geregelt. Allerdings dürfen einfache Tätigkeiten nicht so kumuliert werden, dass sie einen wesentlichen Teil eines Handwerks ausmachen.
  7. Das Handwerksrecht wird an die Erfordernisse der Europäischen Union angepasst. Das Verfahren für den Qualifikationsnachweis von Bürgern aus anderen EU-Staaten wird deutlich vereinfacht. Die neue Zugangsregelung für erfahrene Gesellen ohne gesonderten Kenntnisnachweis stellt eine weitgehende Annäherung an die Anforderungen an andere EU-Bürger dar. Damit wird die bestehende Inländerdiskriminierung abgebaut.
  8. Die Vorschriften der HwO finden auf die betreffende Tätigkeit im Nebenbetrieb keine Anwendung, wenn der Leistungsaustausch mit Dritten „in unerheblichen Umfang” ausgeübt wird. Voraussetzung für einen handwerklichen Nebenbetrieb ist, dass in Verbindung mit einem als Hauptunternehmen übergeordneten anderen Betrieb „Waren zum Absatz an Dritte oder Leistungen für Dritte handwerksmäßig hergestellt oder bewirkt werden” (z. B. wenn ein Kfz-Händler auch Kfz- Reparaturen für Dritte ausführt). Als Maßstab der Unerheblichkeit legt § 3 der HwO fest, dass die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebes des betreffenden Handwerkszweigs nicht überschritten werden darf. Abgestellt wird dabei auf ein Jahr (ca. 1.664 Stunden pro Jahr), wobei diese Grenze auch für Ein-Mann-Betriebe gilt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein in der Schwerpunkttätigkeit IHK-zugehöriger Betrieb (des Handels) auch zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten in unerheblichen Umfang ausüben darf, ohne dass eine Eintragungspflicht in die Handwerksrolle und ein entsprechender großer Befähigungsnachweis (Meister) vorliegen muss. Besonderheiten sind dabei jedoch insbesondere bei den Handwerken des Elektrotechnikers, des Installateur- und Heizungsbauers und des Kraftfahrzeugtechnikers zu beachten. In diesen Fällen ist dringend zu empfehlen, sich im Vorfeld rechtlich beraten zu lassen.

    Beachte: Bei der Werbung für Handwerkstätigkeiten, die im unerheblichen Nebenbetrieb ohne Eintragung in die Handwerksrolle ausgeführt werden, ist Zurückhaltung geboten. Es darf nicht der Eindruck eines zugelassenen Handwerksbetriebes erweckt werden.
  9. Reisegewerbe: Grundsätzlich kann jedes handwerkliche Gewerbe auch im Reisegewerbe ausgeübt werden. Hierauf ist die HwO nicht anwendbar, weil sie nur für stehende Gewerbe gilt. Damit dürfen im Reisegewerbe zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden, ohne dass der Meistervorbehalt gilt. Hiervon gibt es allerdings folgende gesetzliche Ausnahmen:
  • gesundheitshandwerkliche Tätigkeiten, wie z. B. der Vertrieb von Brillen, Augengläsern und orthopädischen Fußstützen
  • Maßanfertigung orthopädischer Schuhe
Ausschlaggebendes Kriterium zur Unterscheidung vom stehenden Gewerbe und damit der Anwendung der HwO ist allein, dass im Reisegewerbe der Gewerbetreibende seine Aufträge durch das Aufsuchen des Kunden direkt erhält. Er muss also die Initiative zur Erbringung seiner Leistung gegenüber dem Kunden ergreifen. D. h. erforderlich ist ein Tätigwerden ohne vorhergehende Bestellung und ein Anbieten der Waren oder Dienstleistungen außerhalb der gewerblichen Niederlassung. Die Verwendung von Werbeflyern mit entsprechenden Kontaktdaten ist nicht zulässig.
Die Novelle stellt den umfassendsten Liberalisierungsschritt im Handwerksrecht seit 1953 dar. Sie soll zur Strukturverbesserung auf den Handwerksmärkten und so zu mehr Wachstum und Beschäftigung beitragen. Existenzgründungen im Handwerk werden erleichtert, vielfach nachgefragte Leistungen aus einer Hand können angeboten und Innovationen besser umgesetzt werden. Damit sollen Angebot und Nachfrage handwerklicher Leistungen insgesamt zunehmen.
Mit der Neuregelung soll die Freiheit der Konsumenten bei der Entscheidung über die Qualität der nachgefragten Handwerksleistung ebenfalls gestärkt werden, womit einem Grundprinzip der Marktwirtschaft mehr als bisher Rechnung getragen wird. Sofern eine unsachgemäße Handwerksausübung zu einer unmittelbaren Gefahr für Leben und Gesundheit führen kann und dies nicht durch andere Rechtsvorschriften abgewendet wird, ist der Meisterbrief weiterhin vorgesehen. Neben dieser so genannten Gefahrengeneigtheit wurde zudem auch die Ausbildungsleistung bei der Klassifizierung der einzelnen Handwerke berücksichtigt.
Anlagen: Die HwO ist allein in den neunziger Jahren mehrfach geändert worden. Dabei werden zahlreiche Handwerksberufe neu strukturiert und es ist zu einer Zusammenlegung sowie neuen Zuordnung zahlreicher Handwerke gekommen, was teilweise auch zu Umbenennungen geführt hat (beispielsweise sind die Tätigkeiten des Elektroinstallateurs, Elektromechanikers und Fernmeldeanlagenelektronikers zusammengefasst worden in dem neuen Handwerk des Elektrotechnikers).
Bei Schwierigkeiten mit der Zuordnung der eigenen Tätigkeit bzw. des eigenen Ausbildungsabschlusses zu den einzelnen Handwerken der neuen Anlage A und B ist die IHK Darmstadt gerne behilflich. Die Anlagen finden Sie unter "Weitere Informationen".
Stand: Februar 2019

Geschäftsraummiete

Dieses Merkblatt behandelt schwerpunktmäßig rechtliche Aspekte, die beim Abschluss eines Mietvertrages über Geschäftsräume zu beachten sind. Es dient auch als Erläuterung mit Gestaltungshinweisen bei der Verwendung des "Mustervertrags Geschäftsraummiete". Auch bei Fragen aus dem laufenden Mietverhältnis oder bei der Beendigung ist es hilfreich.

Das Wichtigste vorab

Für den Mieter ist der langfristige Bestandsschutz seines Geschäftsraummietvertrages oftmals wichtiger als der Schutz seiner Wohnung. Mit dem Verlust des Geschäftsraumes läuft er Gefahr, seine wirtschaftliche Existenz zu verlieren. Der gesetzliche Schutz des Geschäftsraummieters ist sehr stark eingeschränkt und bei weitem nicht vergleichbar mit den gesetzlichen Schutzbestimmungen des Wohnraummieters. So gelten weder Kündigungs- und Bestandsschutz noch die Sozialklausel, noch die Vorschriften zur Regelung der Miethöhe. Ferner entfallen der spezielle Räumungsschutz für Mietraum und der ausschließliche Gerichtsstand des Amtsgerichts. Umso mehr kommt der Gestaltung des Geschäftsraummietvertrages besondere Bedeutung zu.
Tipp: Vor Abschluss eines Geschäftsraummietvertrages sollte juristischer Rat eingeholt werden. Die im Einzelhandel erhältlichen Vertragsformulare erfüllen oft die gestellten Anforderungen nicht und berücksichtigen vor allem nicht die Besonderheiten des Einzelfalles.

Geschäftsraum oder Wohnraum?

Die folgenden Erläuterungen sind dazu bestimmt, Mietern und Vermietern eine Orientierungshilfe zu bieten. Sie gelten für Geschäftsräume, also für Räume, die nach dem Zweck des Vertrages zu geschäftlichen, insbesondere gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken, angemietet werden. Hiernach sind Geschäftsräume beispielsweise Läden, Lagerräume, Verkaufsbuden, Praxisräume, Gaststätten, Werkstätten oder Garagen. Zu den Geschäftsräumen zählen auch Wandaußen- und Dachflächen, die insbesondere zur Anbringung von Schaukästen, Reklameschildern, Lichtreklamen und der Projektion von Filmen von dem Geschäftsinhaber benutzt werden.
Wird eine Wohnung zur Einrichtung eines Gewerbebetriebes angemietet, so gilt Geschäftsraummietrecht. Andererseits ist Wohnraummietrecht anzuwenden, wenn in einer Wohnung lediglich ein Arbeitszimmer für die gewerbliche Nutzung verwendet wird.
Geschäftsraum oder Wohnraum? In erster Linie entscheidet die Zweckbestimmung der Mietparteien oder eher noch die tatsächliche Nutzung der Räume, ob Geschäftsraum- oder Wohnraummietrecht Anwendung findet. Auf die Bezeichnung im Mietvertrag kommt es nicht an. Bei Mischmietverhältnissen gilt das Geschäftsraummietrecht immer dann, wenn mehr als die Hälfte der Gesamtfläche der Räume gewerblich genutzt wird oder auf der gewerblichen Nutzung das Schwergewicht des Vertragszweckes beruht.

Miete oder Pacht?

Miete und Pacht sind unterschiedlich zu behandeln. Ein Pachtvertrag kommt nur dann in Frage, wenn die Räumlichkeiten für den bestimmten Betrieb baulich geeignet sowie entsprechend ausgestattet und eingerichtet sind, so dass diese sobald wie möglich auch genutzt werden können. Dies gilt auch wenn das nötige Inventar erst noch ergänzt werden muss, wie beispiesweise im Falle einer Bäckerei. Die Überlassung von leeren Räumlichkeiten nennt man Miete, auch wenn diese gewerblich oder freiberuflich genutzt werden.
Abweichend vom Mietrecht sind bei der Pacht insbesondere die Kündigungsfristen, das Recht zur Unterverpachtung, das Kündigungsrecht bei Tod des Pächters und die Höhe der Entschädigung bei nicht rechtzeitiger Rückgabe der Pachtsache geregelt.
Miete oder Pacht? Gegenstände eines Pachtvertrages können beispielsweise eine Gaststätte, Werkstatt, Werkskantine oder Bäckerei sein. Gegenstände einer Miete können hingegen beispielsweise Büroräume, Ladenräume oder Maschinen sein.

Der Vertrag (Formularmietvertrag)

Geschäftsraummietverträge unterliegen, sofern es sich um Formularmietverträge handelt, den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (Paragrafen 305 folgende Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Wird bei Abschluss des Vertrages in Ausübung einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt (Unternehmer), so findet lediglich eine rechtliche Inhaltskontrolle statt, wonach Bestimmungen unwirksam sind, die den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Beispiel: Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters ist im Zweifel anzunehmen, wenn zum einen eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Eine unangemessene Benachteiligung ist zum anderen auch gegeben, wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragzwecks gefährdet ist.
Schriftlicher Mietvertrag
Ein Mietvertrag über Geschäftsräume ist mündlich gültig. Allerdings bedürfen Mietverträge, die für einen längeren Zeitraum als ein Jahr abgeschlossen werden, der Schriftform. Wird die Form nicht beachtet, so ist der Vertrag keinesfalls ungültig, sondern er gilt als für unbestimmte Zeit geschlossen und ist frühestens nach einem Jahr ab Gebrauchsüberlassung kündbar. Ab dem 1. Januar 2025 gilt abweichend, dass statt der Schrift- auch die Textform genügt.
Als Ausgangspunkt zur Vereinbarung eines Geschäftsraummietvertrags können Sie unser Mustervertragsformular (DOCX-Datei · 789 KB)nutzen.
Tipp: Auch so weit eine Schriftform nicht notwendig ist, empfiehlt sich aus Beweisgründen auf jeden Fall der Abschluss eines schriftlichen Mietvertrages. Mündliche Zusagen sollten daher nach Vertragsabschluss schriftlich bestätigt werden. Ratsam kann es sein, die Vertragsverhandlungen von einer Vertrauensperson führen zu lassen, die nicht Vertragspartei wird. Diese Person kann später als Zeuge vor Gericht aussagen.

Mietgegenstand

Im Mietvertrag sollten das Mietobjekt und seine Nutzung genau festgelegt werden. Räume zählen nur dann zum Mietgegenstand, wenn sie genau beschrieben oder in einem beigefügten Plan aufgeführt sind. Auseinandersetzungen um Räume mit untergeordneter Funktion, wie Abstell- oder Lagerräume, können vermieden werden, wenn sie ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen wurden.
Grundsätzlich ist der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters nicht befugt, anstelle einer vereinbarten Wohnnutzung eine gewerbliche Nutzung des Mietobjekts vorzunehmen. Durch die Wohnnutzung wird aber eine begrenzte gewerbliche Nutzung nicht ausgeschlossen, beispielsweise das Anfertigen von Schreib- oder Übersetzungsarbeiten, das Erstellen von Gutachten, eine schriftstellerische Tätigkeit oder das Ausarbeiten von Softwareprogrammen auf einem Heimcomputer. Auch gelegentliche Geschäftsbesprechungen sind zulässig. Voraussetzung ist, dass der Vertragszweck nicht verändert wird, Mitbewohner durch Kundenverkehr oder Geräuschentwicklung nicht beeinträchtigt werden und auch keine Beschädigungsgefahr für das Mietobjekt besteht.
Das Geschäftsraummietobjekt muss für den vorgesehenen Zweck baulich tauglich sein und den behördlichen Auflagen entsprechen. Hier ist nicht nur an Umweltschutzmaßnahmen gegen Lärm, Erschütterung und Luftverschmutzung zu denken, auch der ungehinderte Zugang und die Statik der gemieteten Räume müssen für die geschäftsmäßigen Zwecke geeignet sein.
Der Vermieter hat in der Regel hierfür einzustehen, weil er aus den Vertragsverhandlungen die beabsichtigte geschäftsmäßige Nutzung des Mieters kennt. Eine formularmäßige Freizeichnungsklausel des Vermieters ist nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam.

Pachtverträge für Gaststätten

Bei Pachtverträgen von Gaststätten sollte eine genaue Liste sämtlicher Inventargegenstände erstellt und deren Vorhandensein im Einzelnen überprüft werden. Fehlende Gegenstände hat der Pächter in der Regel bei Vertragsende zu ersetzen. Andererseits hat der Verpächter Inventarstücke dann zu ersetzen, wenn sich der Gesamtbestand des Inventars durch vom Pächter nicht zu vertretende Ereignisse wie beispielsweise einen Brand verringert hat. Diese gesetzliche Lastenverteilung ist allerdings abdingbar.

Außenwerbung

Das Recht auf Außenwerbung sollte im Vertrag enthalten und behördlich geklärt sein. Unter anderem sollten die Gestaltung des Transparents, die Größe der Buchstaben und die Art der Beleuchtung im Einzelnen geregelt sein. Nach der Landesbauordnung sind Werbeanlagen so zu gestalten, dass sie nach Form, Maßstab, Werkstoff, Farbe und Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander nicht verunstaltend wirken. Zuständig für die Erteilung der Genehmigung ist die örtliche Baubehörde oder das Landratsamt.

Parkplätze

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Anmietung von PKW-Abstellplätzen in der Nähe des Geschäfts, sowohl für eigene als auch für Kundenfahrzeuge. Sind sie mit angemietet, so müssen sie erkennbar gekennzeichnet oder gesichert sein, damit die ungestörte Nutzung möglich ist. Wird der Parkplatz von unbefugten Dritten oder vom Vermieter vertragswidrig genutzt, so stellt dies eine Beeinträchtigung des Mietgegenstandes dar mit dem Recht der Minderung des Mietzinses.
Tipp: Aus Beweisgründen sollte ein Übergabeprotokoll gefertigt werden, insbesondere wenn die Räume in nicht vertragsgemäßem Zustand übergeben werden. Die vorbehaltslose Übernahme kann sonst der Billigung als vertragsgemäße Leistung entsprechen.

Vertragsdauer und Kündigung

Es steht den Parteien frei, welche Laufzeit sie für den Vertrag vereinbaren. Die Laufzeit des Mietvertrages hat unmittelbar rechtliche Auswirkungen auf die Kündigungsmöglichkeiten und auf die Möglichkeit, die Miete während der Vertragsdauer zu erhöhen. Befristete Mietverhältnisse enden mit Fristablauf, vorbehaltlich einer Verlängerungsklausel. Unbefristete Mietverhältnisse enden durch Kündigung.

Unbefristetes Mietverhältnis

Bei unbefristeten Mietverhältnissen ist bei der Geschäftsraummiete die ordentliche Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres für den Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres, also erst nach rund sechs Monaten zulässig (Paragraf 580 a Absatz 2 BGB). Die Parteien können jedoch abweichende Vereinbarungen treffen. Sie können insbesondere von der gesetzlichen Regelung abweichende längere oder auch kürzere Kündigungsfristen vereinbaren.
Ausnahmsweise kann ein unbefristeter Mietvertrag aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Was ein wichtiger Grund ist, sollte in den Vertrag aufgenommen werden. In jedem Fall muss ein Verstoß gegen wesentliche Vertragsbestimmungen vorliegen. Bestimmte Gründe, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen, normiert das Gesetz, beispielsweise vertragswidriger Gebrauch, Zahlungsverzug, sonstige erhebliche Vertragsverletzung, aber auch für den Mieter die Nichtgewährung des Gebrauchs oder Gesundheitsgefährdung (Paragrafen 543, 569 BGB).
Die Beendigung einer gewerblichen Tätigkeit oder wirtschaftliche Schwierigkeiten stellen jedoch grundsätzlich keinen wichtigen Grund dar, um das Mietverhältnis zu kündigen. Falls der Mieter aus den gemieteten Räumen vor Beendigung des Mietverhältnisses auszieht, bleibt er weiterhin zur Mietzahlung verpflichtet.
Im gewerblichen Mietrecht können weitere Kündigungsgründe vereinbart werden, beispielsweise ein Verstoß gegen die Pflicht, das Geschäft zu betreiben oder offen zu halten oder die Nichteinhaltung behördlicher Anordnungen oder ähnliches.

Befristetes Mietverhältnis

Ist ein befristetes Mietverhältnis vereinbart, zum Beispiel mit einer Laufzeit von zehn Jahren, so kann während der Vertragsdauer nur noch aus wichtigem Grunde fristlos gekündigt werden, es sei denn, im Vertrag ist etwas anderes geregelt. Hierzu gilt das oben Gesagte.
Liegt kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor, bieten sich noch andere Möglichkeiten, den befristeten Vertrag zu beenden. Einmal können die Vertragspartner einen Aufhebungsvertrag schließen. Hierzu müssen sich beide Parteien einig sein, dass das Mietverhältnis aufgehoben wird, wobei dies eventuell mit einer Abfindung für den Vermieter verbunden sein kann, da dieser vielfach auf Vertragserfüllung bestehen wird. Keine der Parteien ist verpflichtet, einem solchen Aufhebungsvertrag zuzustimmen.
Kommt kein Aufhebungsvertrag zustande, hat der Mieter noch die Möglichkeit, einen persönlich und wirtschaftlich zumutbaren Nachmieter anzubieten, der zu denselben Konditionen in den Vertrag eintritt. Im Einzelfall könnte es schwierig werden, das Einverständnis des Vermieters zu erlangen. Nur unter besonderen Umständen kann der Vermieter aus dem Grundsatz von Treu und Glauben heraus verpflichtet sein, einen Nachmieter zu akzeptieren. Der Bundesgerichtshof hat 1995 bei Invalidität des Mieters so entschieden.
Anstelle eines Nachmieters kann auch über eine Untervermietung verhandelt werden. Hierzu ist die Zustimmung des Vermieters erforderlich. Er darf diese nicht ohne triftigen Grund verweigern, sonst steht dem Mieter ein Kündigungsrecht unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu. Als triftiger Grund kommen nur persönliche Verhältnisse des Untermieters in Betracht, die das Mietverhältnis stören können, beispielsweise wenn dieser ein störendes Gewerbe ausüben möchte.
Tipp: Es ist möglich und sinnvoll, im Vertrag festzulegen, ob und in welchem Rahmen der Mieter das Recht haben soll, einen Nachmieter anzubieten oder unterzuvermieten. Auch hier gehen dann die vertraglichen Regelungen vor. Ein Untermietverhältnis hat für den Hauptmieter den Nachteil, dass dieser weiterhin an den Vertrag gebunden ist und im Zweifel dem Regress durch den Vermieter ausgesetzt ist.

Verlängerungs- und Optionsklauseln

Geschäftsraummietverträge enthalten häufig Verlängerungsklauseln oder Optionen. Verträge mit Verlängerungsklauseln sind auf bestimmte Zeit geschlossene Mietverträge, die sich automatisch um eine bestimmte oder unbestimmte Zeit verlängern, sofern nicht eine Mietpartei die Verlängerung ablehnt.
Verträge mit einer Option räumen dem Mieter innerhalb einer Frist das Recht ein, durch einseitige Erklärung das Mietverhältnis zu verlängern. Wird das Recht nicht ausgeübt, endet der Vertrag durch Zeitablauf.
Mieter, die sich auf eine längere Vertragsdauer nicht einlassen wollen, können daher eine über fünf Jahre feste Laufzeit mit einem Optionsrecht auf Verlängerung um den gleichen oder einen kürzeren Zeitraum abschließen. Damit hat der Mieter die Möglichkeit, bereits nach fünf Jahren "aus dem Vertrag auszusteigen". Der Vermieter ist, soweit nichts anderes vereinbart, an die längere Laufzeit gebunden, wenn der Mieter sein Optionsrecht ausübt.
Tipp: Vorausschauende Mieter bestehen auf einem Recht zur Untervermietung oder zur Aufnahme weiterer Mieter in den Vertrag. Der Mieter hat so die Möglichkeit, spätere Gesellschafter mit zu verpflichten. Sie entgehen damit der misslichen Situation, ständige Vertragspartner des Vermieters bleiben zu müssen, wenn sie aus dem Vertrag ausscheiden wollen. Auch eine Zwangslage beim Verkauf des Geschäfts kann damit vermieden werden.

Mietzins

Für die Höhe des Mietzinses gibt es bei Geschäftsräumen keine gesetzliche Regelung. Die Parteien können die Höhe der Miete frei vereinbaren. Eine Grenze bildet der sittenwidrige Mietwucher. Deshalb sollten ortsübliche Vergleichsmieten ein Maßstab für den geforderten Mietzins sein.
Gezahlt wird der Mietzins grundsätzlich in monatlichen Beträgen, jeweils zu Beginn eines Monats im Voraus.
Grundsätzlich sind mit dem Mietzins alle Nebenkosten abgegolten, es sei denn, im Vertrag wird etwas anderes vereinbart. Die Mehrwertsteuer kann nur dann zusätzlich zur Miete gefordert werden, wenn dies ausdrücklich vertraglich vereinbart worden ist. Die Berechnungsgrundlage für die Nebenkosten ist der Quadratmeterpreis (in Pachtverträgen kann der Pachtzins auch nach der Ertragskraft, also nach dem erzielbaren Umsatz, berechnet werden). Eine Ausnahme gilt für Apothekenmietverträge, wonach die Vereinbarung einer Umsatzmiete nach Paragraf 8 Satz 2 Apothekengesetz unzulässig ist. Möglich ist aber die Vereinbarung einer Umsatzpacht.
Den Nebenkosten ist besonderes Augenmerk zu widmen. Im Gegensatz zum Wohnraummietrecht können im Geschäftsraummietrecht sämtliche Nebenkosten auf den Mieter umgelegt werden, also auch Verwaltungskosten und Erbbauzinsen. Es ist daher ratsam, die Nebenkostenbestimmungen sehr sorgfältig zu prüfen und zu formulieren. Sicherheit erreicht man nur, wenn alle Nebenkosten und ein Verteilerschlüssel zur Umlegung auf die einzelnen Mieter des Objektes aufgeführt sind.
Zu beachten ist dabei die Heizkosten-Verordnung, die Vorrang vor vertraglichen Absprachen hat, also die Parteien bindet. Heiz- und Warmwasserkosten müssen nach Paragraf 2 dieser Verordnung immer separat abgerechnet werden.
Nebenkosten, auch Betriebskosten genannt, sind alle Kosten, die durch den laufenden Betrieb des Objekts veranlasst werden und die periodisch wiederkehren. Im Einzelnen sind die Betriebskosten in Paragraf 2 der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Betriebskosten-Verordnung (VO) geregelt. Dies ist die Nachfolgeregelung zur II Berechnungsverordnung Anlage 3 zu Paragraf 27 Absatz 1, die inhaltlich kaum Änderungen enthält.
Tipp: Da auch Paragraf 2 der BetriebskostenVO – anders als im Wohnraummietrecht – nicht alle bei Geschäftsräumen möglichen Betriebskosten aufzählt, empfiehlt sich die ausdrückliche Aufzählung sonstiger Kosten im Vertrag, so dass deutlich wird, welche Betriebskosten vom Mieter zu tragen sind.
Als wesentliche Betriebskosten gelten:
  • Die laufenden öffentlichen Lasten des Grundstücks
  • Die Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung
  • Die Heiz- und Warmwasserkosten
  • Die Kosten des Betriebs des maschinellen Personen- oder Lastenaufzuges
  • Die Kosten der Straßenreinigung und Müllabfuhr
  • Die Kosten der Hausreinigung und Ungezieferbekämpfung
  • Die Kosten der Gartenpflege
  • Die Kosten der Beleuchtung
  • Die Kosten der Schornsteinreinigung
  • Die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung
  • Die Kosten für den Hauswart
  • Die Kosten des Betriebs der Gemeinschafts-Antennenanlage
  • Die Kosten des Betriebs der maschinellen Wascheinrichtung
Die Nebenkosten sind erst fällig, wenn eine ordnungsgemäße Abrechnung des Vermieters vorliegt. Hierzu gehören mindestens eine Auflistung aller entstandenen Kosten mit Angabe der Kostenverursachung, die Mitteilung der Verbrauchsmenge, so weit nach Verbrauch abgerechnet wird, die Angabe und Erläuterung des Verteilerschlüssels, aus dem sich der Anteil des Mieters errechnet, sowie der Abzug der Vorauszahlung des Mieters.

Mieterhöhungsklauseln

Im gewerblichen Mietrecht ist eine Mieterhöhung nur nach entsprechender Vereinbarung möglich. Der Vermieter ist daran interessiert, dass bei längeren Laufzeiten der Mietzins dem Geldwert angepasst wird.
Danach besteht weiterhin ein Indexierungsverbot, das jedoch nunmehr mit einem System von Legalausnahmen kombiniert ist. Ein behördliches Genehmigungsverfahren ist somit nicht mehr vorgesehen. Zuständig ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nur noch dann, wenn Preisklauseln bis zum 13. September 2007 vereinbart und deren Genehmigung bis dahin beim Bundesamt beantragt worden ist (Eingangsdatum ist entscheidend).

Allgemein zulässige Vereinbarungen

Klauseln, die auch ohne zehnjährige Bindung grundsätzlich zulässig sind:

a.) Leistungsvorbehaltungsklausel

Leistungsvorbehaltsklauseln stellen eine Abrede dar, nach welcher der vom Mieter zu zahlende Mietzins bei Veränderung der Bezugsgröße oder Ablauf einer bestimmten Zeit geändert werden kann. Allerdings führt die Veränderung der Bezugsgröße nicht zu einer automatischen Veränderung des Mietzinses, wie bei der Wertsicherungsklausel, sondern stellt nur eine Voraussetzung für eine Mietzinsänderung dar. Die Höhe des Mietzinses muss daher durch eine selbständige Vereinbarung ggf. im Rahmen des vereinbarten Erhöhungsmaßstabs angepasst oder neu festgesetzt werden, für welche noch Spielraum bleiben muss.
Tipp: Es empfiehlt sich eine Vereinbarung, die sowohl die Bezugsgröße als auch den Erhöhungsmaßstab möglichst genau bezeichnet, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Als Bezugsgröße wird in der Regel der Verbraucherpreisindex verwendet.
Als Erhöhungsmaßstab für die Anpassung oder Neufestsetzung kommen unter anderem in Betracht:
  • Marktmietzins
  • Indexentwicklung
  • Sachverständigengutachten
  • Bestimmung durch einen Vertragsteil nach Paragraf 315 BGB
  • Bestimmung durch einen Dritten nach Paragraf 317 BGB
  • Maßstab der ortsüblichen Vergleichsmiete nach Paragraf 558 BGB.
Bei der Formulierung einer Leistungsvorbehaltsklausel ist darauf zu achten, den Erhöhungsmaßstab möglichst genau festzulegen und klar herauszustellen, ob eine Anpassung oder Neufestsetzung von den Parteien gewollt ist.
Beispiel: Erhöht sich der vom Statistischen Bundesamt festgestellte Verbraucherpreisindex für Deutschland (auf Basis 2010 = 100) gegenüber dem Stand im Monat des Beginns des Mietverhältnisses, so kann der Vermieter zum 1. Januar eines jeden Jahres eine Erhöhung des Mietzinses verlangen, wobei Erhöhungsmaßstab – unter Einbeziehung von Billigkeitserwägungen – die Indexveränderung sein soll. Die Miete ist jeweils ab dem 1. Januar eines jeden Jahres zu zahlen, auch wenn das Änderungsverlangen später erfolgt.
Kommt eine Einigung zwischen den Parteien nicht innerhalb von zwei Monaten nach dem erstmaligen Erhöhungsverlangen des Vermieters zustande, so ist der neue Mietzins unter Beachtung des oben vereinbarten Maßstabes von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu ermitteln. Auf Antrag des Vermieters ist der Sachverständige von der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer zu benennen. Die Entscheidung des Sachverständigen als Schiedsgutachter ist für beide Parteien verbindlich. Das Recht, die Entscheidung wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anzugreifen, bleibt unberührt. Die Kosten des Sachverständigen tragen die Parteien je zur Hälfte.
Da es für eine Leistungsvorbehaltsklausel gerade wesentlich ist, dass die Mietzinsveränderung erst aufgrund einer noch zu treffenden Vereinbarung zustande kommt, ist diesbezüglich die gesetzliche Schriftform gemäß Paragraf 566 BGB zu beachten.

b) Spannungsklausel

Auch eine Spannungsklausel führt zu einer automatischen Mietzinserhöhung, in dem sie entweder Bezug nimmt auf die allgemeine Entwicklung des Mietzinses für vergleichbare Objekte oder auf die „ortsübliche Miete für Geschäftsräume”.
Allerdings ist von der Verwendung einer solchen Klausel eher abzuraten, da sich die externen Faktoren laufend ändern können und der Nachweis der Einzelheiten große Schwierigkeiten machen kann, so dass die Automatikwirkung weitgehend leer liefe.

c) Umsatz- oder Ertragsklausel

Koppelung des Miet- oder Pachtzinses an die Veränderung einer gewählten Bezugsgröße, beispielsweise Umsatz, Gewinn oder Ertrag des Schuldners.

d) Staffelmiete

Bei Vereinbarung der Staffelmiete wird festgelegt, welcher Mietzins in den nachfolgenden Jahren verlangt wird.
Beispiel: „Die Miete gemäß Paragraf –– dieses Vertrages erhöht sich ab –– um – Euro auf insgesamt –– Euro und so weiter”

Alternative: „Die vereinbarte Nettokaltmiete erhöht sich jährlich um drei Prozent zum 1. Januar eines jeden Jahres, bezogen auf den zuvor geltenden Mietzins.”
Die Staffelmietvereinbarung eignet sich insbesondere für kurze und überschaubare Vertragslaufzeiten. Denn wegen des Inflationsrisikos ist es ratsam, eine solche Vereinbarung nicht über einen Zeitraum von über zehn Jahren zu treffen.
Zu berücksichtigen ist, dass die Änderungsintervalle nicht kürzer als ein Jahr sein sollten.

Bedingt zulässige Indexklauseln (Wertsicherungsklausel)

Seit dem 14. September 2007 gilt für Wertsicherungsklauseln ein Indexierungsverbot mit Legalausnahme.
Das bedeutet, dass nach dem 13. September 2007 Klauseln, die in Verträgen eine automatische Veränderung des Mietzinses im selben Verhältnis wie die Veränderung eines Lebenshaltungskostenindex vorsehen, nur wirksam sind, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

Langfristige Bindung des Gläubigers

Eine langfristige Bindung des Gläubigers liegt vor, wenn
  • es sich um Vertrag mit befristeter Laufzeit von mindestens zehn Jahren (ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit) handelt,
  • der Vermieter für mindestens zehn Jahre auf sein Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet (bei Vertrag mit unbestimmter Laufzeit),
  • der Mieter berechtigt ist, die Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu verlängern,
  • der Vertrag auf Lebenszeit einer der Parteien geschlossen ist.
Achtung: Ein außerordentliches Kündigungsrecht des Vermieters sowie ein Kündigungsrecht seitens des Mieters oder Pächters stehen einer langfristigen Bindung nicht entgegen.

Koppelung der Preisklausel an bestimmte Wertmesser

Wie früher ist eine Angabe wie beispielsweise die „allgemeine wirtschaftliche Lage” wegen Unbestimmtheit nicht ausreichend. In Bezug auf Miet- und Pachtverträge sind folgende Wertmesser denkbar:
  • Der vom Statistischen Bundesamt, einem Statistischen Landesamt oder vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaft ermittelte Lebenshaltungskostenindex beziehungsweise Verbraucherpreisindex.
  • Der Index, der abhängig vom Einzelfall, die größte Nähe zum Betrieb des Schuldners aufweist. Dies ist beispielsweise bei Lebensmittelgeschäften der Index für den Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren.
  • Einschlägige Einzelwertmesser: Bei einer Bäckerei ist beispielsweise eine Koppelung des Mietzinses an die Entwicklung der Brotpreise denkbar.
  • Die Koppelung an die Wertentwicklung bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken, wenn es sich beim Schuldner um den Betreiber eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs handelt.

Keine unangemessene Benachteiligung

Keine Vertragspartei darf unangemessen benachteiligt werden. Eine solche liegt insbesondere vor:
  • wenn einseitig nur eine Erhöhung, nicht aber eine Ermäßigung des Wertmessers vorgesehen ist
  • wenn nur ein Vertragspartner die Anpassung verlangen kann
  • wenn der geschuldete Betrag sich gegenüber der Entwicklung der Bezugsgröße unverhältnismäßig ändern kann. Um dies zu vermeiden, wird geraten, eine prozentuale Anpassung zu vereinbaren.
Beispiel: Erhöht oder vermindert sich künftig der vom Statistischen Bundesamt amtlich festgestellte Verbraucherpreisindex für Deutschland (auf der Basis 2010 = 100) gegenüber dem für den Monat des Vertragsschlusses veröffentlichten Index um mindestens 10 Prozent, so ändert sich der Mietzins automatisch im gleichen prozentualen Verhältnis nach unten oder oben zum – (Datum) des Folgemonats.
Tipps:
  1. Alte Wertsicherungsklauseln: Wurde beispielsweise in einer Wertsicherungsklausel ein Index für das frühere Bundesgebiet genannt oder für einen in Zukunft nicht mehr angegebenen Haushaltstyp, so bleibt nur die Möglichkeit, sich mit dem Vertragspartner gütlich zu einigen und auf den aktuell berechneten Verbraucherpreisindex in Deutschland umzustellen. Anderenfalls droht der Wegfall der Geschäftsgrundlage und Streit ist vorprogrammiert.
  2. Neue Wertsicherungsklauseln sollten nur auf der Basis des Verbraucherpreisindexes für Deutschland abgeschlossen werden.
  3. Weitere Hinweise zur Anpassung bestehender Verträge: Eine wichtige Änderung bei der Umstellung auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland ist die Umstellung auf das Basisjahr 2010. Diese Umstellung führt bei Wertsicherungsklauseln - je nach Berechnung- zu unterschiedlichen Konsequenzen:

Bei Verträgen mit einer Prozent-Regelung in Wertsicherungsklauseln

Bei diesen Verträgen ist die Anpassung von Wertsicherungsklauseln in der Regel sehr einfach, wenn diese auf Veränderungen in Prozent abstellen. Das Preisbasisjahr spielt bei diesen Fällen keine Rolle. Es ist also lediglich eine Umstellung vom bisherigen Index auf den neuen Verbraucherindex für Deutschland vorzunehmen.

Bei Verträgen mit einer Punkte-Regelung in Wertsicherungsklauseln

Knüpfen vertragliche Wertsicherungsklauseln allerdings an Veränderungen in Punkten bzw. Prozentpunkten an, so geschieht dies unter Zugrundelegung eines Preisbasisjahres. Bei jeder Umstellung dieses Basisjahres war auch bisher schon eine Änderung angezeigt. So sollte auch die Umstellung auf das Basisjahr 2010 wieder Anlass zu einer Überprüfung der eigenen Wertsicherungsklauseln geben. Sollte sich die Notwendigkeit einer Zahlungsanpassung ergeben, so stellt das Statistische Bundesamt Umrechnungshilfen zur Umstellung von einem früheren Basisjahr auf das Jahr 2010 zur Verfügung.
Grundsätzlich empfiehlt das Statistische Bundesamt jedoch die Verwendung einer Prozent-Regelung in Wertsicherungsklauseln. Die Vertragsparteien wissen oft nicht, dass die Veränderung des Indexes sowohl in Punkten als auch in Prozenten gemessen werden kann. Dies kann bezüglich des Zeitpunktes einer Mieterhöhung zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Steigt der Index beispielsweise von 140 auf 152 Punkte, und ist eine Mieterhöhung bei einem Indexanstieg von mind. 10 Punkten vereinbart, so ist eine Mieterhöhung fällig (Differenz = 12 Punkte). Ist dagegen eine Erhöhung um 10 Prozent vereinbart, ist noch keine Mieterhöhung fällig, da die Erhöhung nur 8,5 Prozent beträgt.
Eine Wertsicherungsklausel, die auf eine prozentuale Veränderung des Indexes abstellt, ist für den Mieter dann von Vorteil, wenn der Lebenshaltungsindex rasch steigt.
Berechnungsformeln
  • Nach Prozenten:
    Neuer Index – alter Index * 100 = XX Prozent
    alter Index
  • Nach Indexpunkten:
    Mietbetrag * neuer Index = neue Miete
    alter Index
Für die Prozentberechnung ist zudem kein Bezug auf ein „Basisjahr” erforderlich.
Verbraucherindizes sollten nur für Kalendermonate und Jahre berechnet werden und nicht für Stichtage, da Preisindizes nur für Monate und Jahre erstellt werden. Stichtagsvereinbarungen sollten daher wegen möglicherweise folgender auslegungsbedingter Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.
Neue Ergebnisse zum Preisindex sind am schnellsten über den automatischen Anrufbeantworter des Statistischen Bundesamtes unter der Telefonnummer 0611 752888 oder unter der Telefaxnummer 0611 753888 beziehungsweise auf dessen Homepage unter www.destatis.de zu erhalten.
Beachte: Für alle Klauseln, die vor dem 14. September 2007 vereinbart wurden, gelten weiterhin die bisherigen Regelungen des Paragraf 2 Preisangaben- und Preisklauselgesetzes und die zu dessen Durchführung erlassene Preisklauselverordnung, die ein Indexierungsverbot mit Genehmigungsvorbehalt darstellen. Hiernach waren die Klauseln, die eine automatische Änderung des Mietzinses vorsehen, grundsätzlich nur mit Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zulässig. Für diese „alten” Klauseln ist weiterhin das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu kontaktieren.

Weiterhin gilt, dass die erhöhte Miete bei einer automatischen Wertsicherungsklausel rückwirkend nachzuzahlen ist, wenn die Parteien erst später Kenntnis von der Änderung des Wertmaßstabes erlangen, soweit nicht Verjährung oder Verwirkung eingetreten ist.

Diese Klausel birgt also die Gefahr, dass auf den Mieter gegebenenfalls hohe Nachzahlungen zukommen können. Dem könnte durch eine Vereinbarung eines notwendigen Aufforderungsschreibens entgegengewirkt werden.

Kaution

Bei Geschäftsraummieten kann einzelvertraglich eine Kaution vereinbart werden, die die Summe von drei Monatsmieten, wie im Wohnraummietrecht, übersteigt. Die Wirksamkeit des Vertrages kann von der Zahlung der Kaution abhängig gemacht werden.
Wer Geschäftsräume vermietet, muss die Kaution des Mieters angemessen verzinsen, auch wenn der Mietvertrag zu dieser Frage keine Regelung enthält. Es kann allerdings abweichend vertraglich vereinbart werden, dass die Verzinsung ausgeschlossen wird. Berechnet werden die Zinsen nach dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz.

Renovierung

Auch der Zustand der Räume, in welchem die Mieter dieselben während der Laufzeit des Vertrages zu halten und nach Vertragsende zurückzugeben haben, bedarf der Vereinbarung. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Schönheitsreparaturen einerseits sowie Instandhaltung und Instandsetzung andererseits.
Die so genannten Schönheitsreparaturen (Tapezieren, Anstreichen etc.) gehören an sich auch in den Rahmen der Instandhaltungspflicht des Vermieters. Die Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist jedoch zulässig, solange sich diese Verpflichtung im üblichen und angemessenen Rahmen hält.
Die Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache für den gewöhnlichen bzw. vertraglich vereinbarten Gebrauch ist Aufgabe des Vermieters. Auch die Instandsetzung und -haltung kann vertraglich auf den Mieter übertragen werden.
Daneben ist auch eine Beteiligung oder Übernahme der Finanzierung von Einbauten oder sonstigen Investitionen auf das Miet- oder Pachtobjekt möglich. Fehlen hierüber vertragliche Vereinbarungen, so trägt der Vermieter die Kosten.
Im Geschäftsraummietrecht kann der Vermieter alle Kosten aus Reparaturen und Renovierung auf den Mieter übertragen. Der Mieter wird versuchen, die Übernahme bestimmter Kosten der Sache und der Höhe nach zu beschränken.

Rückgabe des Mietobjekts

Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Mieter verpflichtet, die gemietete Sache zurückzugeben. Häufig wird vereinbart, dass die Mieträume bei Beendigung der Mietzeit besenrein und mit sämtlichen Schlüsseln zurückzugeben sind. Ob der Mieter noch weitere Verpflichtungen hinsichtlich des Zustandes der Mieträume haben soll, muss im Einzelfall festgelegt werden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Entfernung von Ein- oder Umbauten, Einrichtungen und Installationen oder deren Verbleiben und die Höhe der dafür von dem Vermieter zu leistenden Entschädigung. Die Verpflichtung zur Tragung der Schönheitsreparaturen kann sich bei Beendigung des Mietverhältnisses unterschiedlich auswirken, je nachdem, ob der Mieter bei Einzug die Räume renoviert oder unrenoviert übernommen hat.
Tipp: Bei größeren Mietobjekten empfiehlt es sich aus Beweisgründen, über die Rückgabe des Mietobjekts ein Rückgabeprotokoll aufzunehmen.

Konkurrenzschutz

Neben der Pflicht der Gebrauchsüberlassung trifft den Vermieter auch die Pflicht, bei der Vermietung von Geschäftsräumen im gleichen Mietobjekt oder auf dem Nachbargrundstück dem Mieter keine Konkurrenz zu machen.
Dieser Grundsatz gilt nach Treu und Glauben auch ohne vertragliche Vereinbarung. Dieser vertragsimmanente Konkurrenzschutz gilt immer im selben Gebäude (Komplex) des Vermieters.
Der Vermieter, der sich von dieser Verpflichtung befreien will, muss sich mit seinem Vertragspartner einigen.

Gewährleistungsansprüche

Der Mieter ist berechtigt, die Zahlung des Mietzinses zu verweigern oder den Mietzins der Höhe nach zu mindern, wenn die Mieträume zu Beginn des Mietverhältnisses oder danach mit einem Mangel behaftet sind, der die vertragsmäßige Nutzung aufhebt oder beeinträchtigt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob den Vermieter ein Verschulden an der Entstehung des Fehlers trifft oder nicht.
Eine nur unerhebliche Beeinträchtigung berechtigt nicht zur Mietzinsminderung. Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache oder ist ihm der Mangel in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, stehen ihm die Minderungsrechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache an, obwohl er den Mangel kennt, so kann er die Minderung nur geltend machen, wenn er sich seine Rechte bei der Annahme vorbehält.
Weitere Voraussetzung einer Mietminderung ist, dass der Mieter dem Vermieter den Mangel unverzüglich anzeigt. Ist der Vermieter mit der Mangelbeseitigung im Verzug, so kann der Mieter diesen Mangel selbst beseitigen und Aufwendungsersatz verlangen. Fristlose Kündigung ist möglich, wenn der Vermieter die Mietsache nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt, wieder entzieht und auch Mängel in angemessener Frist nicht beseitigt.
Tipp: Zur Frage, in welchen Fällen das Vorliegen eines Mangels bejaht oder verneint und in welcher Höhe die Miete gegebenenfalls gemindert werden kann, besteht eine umfangreiche Rechtsprechung. Vor einer Minderung der Miete ist dringend zu empfehlen, sich im Einzelfall beraten zu lassen!
Beide Parteien können vertraglich das Mietminderungsrecht ausschließen. Das bedeutet, dass der Mieter den Mietzins nicht einseitig mindern kann, auch wenn nach seiner Auffassung der Mietgegenstand Mängel aufweist. Der Vermieter kann sich dann mit der Beseitigung eines Mangels oder einer Beeinträchtigung der Mietsache Zeit lassen, weil der Mieter die Mietminderung erst vor Gericht einklagen muss.
Außer einem möglichen Mietminderungsrecht besteht für den Mieter einer mangelhaften Sache möglicherweise ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung. Er umfasst neben den unmittelbaren Mangelschäden auch "Begleitschäden", wie entgangener Gewinn, Investitionsaufwand, Umzugs- und Prozesskosten sowie gegebenenfalls auf dem Mangel beruhende Krankheitskosten für Arbeitnehmer.
Stand: Juli 2022

Arbeitgeberpflichten bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses

Wer neue Arbeitnehmer einstellt, sollte rechtzeitig an seine Meldepflichten und die Beitragsabführung im Sozialversicherungsrecht denken. Sonst kann dies zu einer Geldbuße führen.

Das Wichtigste vorab

Sie möchten zum ersten Mal Arbeitnehmer einstellen? Die richtige Person ist gefunden, der Vertrag ist gemacht. Und jetzt fragen Sie sich: Wem melde ich das neue Arbeitsverhältnis? Was muss ich melden? Wie muss ich diese Meldung machen? Wann muss ich das melden? Wohin sind die Beiträge abzuführen?
Kurz zusammengefasst: Bei allen Arbeitnehmern besteht die Pflicht zur Meldung und Beitragsabführung gegenüber der Krankenkasse des Arbeitnehmers als Einzugsstelle. Lediglich bei geringfügig entlohnten Beschäftigten ("Minijobs") erfolgt die Meldung und die Abführung der Pauschalabgabe bei der Minijob-Zentrale als einheitliche Einzugsstelle. Für alle Arbeitnehmer besteht zusätzlich eine Melde- und Beitragspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung.
Wer erstmalig Arbeitnehmer einstellt, sollte sich rechtzeitig über seine Meldepflichten im sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrecht informieren. Wird eine Meldung vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht, nicht rechtzeitig, nicht richtig oder nicht vollständig abgegeben, ist dies ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Zur Erstattung der Meldungen ist der Arbeitgeber also gesetzlich verpflichtet.
Rechtsgrundlage für die Arbeitgebermeldungen ist Paragraf 28a Sozialgesetzbuch (SGB) IV. Zweck der Meldungen ist es, den Sozialversicherungsträger vom Entstehen der Versicherungspflicht in Kenntnis zu setzen und ihm so die Möglichkeit zu geben, die Beitragsabführung zu überwachen und abgeführte Beiträge dem einzelnen Versicherten zuzuordnen.
Bei allen Arbeitnehmern besteht die Pflicht zur Meldung und Beitragsabführung gegenüber der Krankenkasse des Arbeitnehmers als Einzugsstelle. Lediglich bei geringfügig entlohnten Beschäftigten ("Minijobs") erfolgt die Meldung und die Abführung der Pauschalabgabe bei der Minijob-Zentrale als einheitliche Einzugsstelle. Für alle Arbeitnehmer besteht zusätzlich eine Melde- und Beitragspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung.

Meldepflichtiger Personenkreis

Bei der Einstellung sind anzumelden:
  • Arbeitnehmer, die in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert sind (Regelfall)
  • Arbeitnehmer, die wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Krankenversicherung versicherungsfrei sind
  • Arbeitnehmer, die Altersrente beziehen und für die deshalb unter Fortbestand der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung der eigene Beitragsanteil zur Rentenversicherung entfällt und insoweit nur der Arbeitgeberanteil zu entrichten ist.
  • Arbeitnehmer nach Vollendung des 65. Lebensjahres, für die zur Arbeitslosenversicherung kein Arbeitnehmeranteil zu entrichten ist, im übrigen die Beitragspflicht weiter besteht.
  • Arbeitnehmer in Altersteilzeit
  • Arbeitnehmer, die eine geringfügige und versicherungsfreie Beschäftigung ausüben (hier gelten Besonderheiten, siehe unten)
  • Studenten, die während ihres Studiums eine Beschäftigung ausüben, die die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet (Rentenversicherungspflicht)''

Adressat der Meldungen

Adressat der Anmeldung ist grundsätzlich die zuständige Krankenkasse als Einzugsstelle. (Ausnahme: sogenannte Minijobs).
Für die Anmeldung ist es daher erforderlich, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gleich zu Beginn der Beschäftigung (spätestens zwei Wochen nach deren Beginn) eine Mitgliedsbescheinigung vorlegt.
Legt der Arbeitnehmer nach Ablauf von zwei Wochen keine Mitgliedsbescheinigung vor, meldet der Arbeitgeber ihn bei der Krankenkasse an, bei der er zuletzt versichert war. Der Arbeitgeber muss einen neu Eingestellten daher stets befragen, bei welcher Krankenkasse zuletzt eine Versicherung bestanden hat. Der Arbeitnehmer ist zur Auskunft verpflichtet!
Bestand zuletzt keine Krankenversicherung, wählt der Arbeitgeber selbst eine Krankenkasse aus, wodurch der Arbeitnehmer dieser Kasse zugewiesen wird. Über die gewählte Krankenkasse muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unterrichten!

Meldefristen

Seit der Lockerung der Meldefristen ist die Anmeldung bei der Krankenkasse mit der nächsten folgenden Lohn- und Gehaltsabrechnung, spätestens jedoch sechs Wochen nach Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung abzugeben (Paragraf 6 Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV)) und nicht bereits binnen zwei Wochen nach Beginn der Beschäftigung.
Die Meldung an die Berufsgenossenschaft erfolgt einmal jährlich; Formulare für diese Anmeldung sind bei der zuständigen Berufsgenossenschaft erhältlich.
Bei der ersten Einstellung eines Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber außerdem bei der Agentur für Arbeit eine Betriebsnummer zu beantragen.

Form der Meldungen

Für die Abwicklung des Meldeverfahrens ist eine bestimmte Vorgehensweise zu beachten. Arbeitgeber sind unter anderem verpflichtet, jeden einzelnen Arbeitnehmer zu melden und die Höhe der geleisteten Abgaben nachzuweisen. Hierfür benötigen die Arbeitgeber eine achtstellige Betriebsnummer. Ist eine Betriebsnummer noch nicht zugeteilt, so muss sie bei der für den Betriebssitz zuständigen Agentur für Arbeit beantragt werden.
Die Meldungen können manuell auf Vordrucken der Einzugsstelle oder maschinell erstattet werden.

Maschinelles Meldeverfahren ist Pflicht

Seit dem 1. Januar 2006 dürfen die Meldungen zur Sozialversicherung nur durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels maschinell erstellter Ausfüllhilfen abgegeben werden. Die früher möglichen Meldungen in Papierform gehören endgültig der Vergangenheit an.
Wird im Unternehmen bereits ein Computerprogramm zur Meldung eingesetzt, muss geprüft werden, ob dieses Programm das Zertifikat „Systemuntersucht” von der Informationstechnische Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung (ITSG) erhalten hat. Die ITSG ist allein zuständig für die Systemuntersuchung.
Arbeitgebern, die bislang in Papierform gemeldet haben beziehungsweise kein systemgeprüftes Programm einsetzen, steht als Alternative die maschinelle Datenübertragung mit Hilfe einer EDV-gestützten Ausfüllhilfe zur Verfügung. Hierzu bieten die Spitzenorganisationen der gesetzlichen Krankenversicherung die kostenlose Software sv.net an, mit dem die verschlüsselte Datenübertragung vorgenommen werden kann. Arbeitgeber erhalten die Anwendung kostenlos unter folgender Adresse:
ITSG GmbH
(Informationstechnische Servicestelle der Gesetzlichen
Krankenversicherung)
Seligenstädter Grund 11
63150 Heusenstamm
Telefon: 06104 266 600500
Fax: 06104 60050300
E-Mail: kontakt@itsg.de
Website: www.itsg.de
Damit besteht die Möglichkeit, Meldungen direkt am PC auszufüllen. Die manuell zu erfassenden Daten werden plausibilitätsgeprüft; unlogische Erfassungen sind somit ausgeschlossen.

Besonderheiten: Meldung für geringfügig Beschäftigte

Das Sozialgesetzbuch unterscheidet zwischen zwei Arten von sogenannte „Minijobs”:
  • der geringfügig entlohnten Beschäftigung (sogenannte 450-Euro-Job) und
  • der kurzfristigen Beschäftigung
Minijobs sind geringfügig entlohnt, wenn der monatliche Verdienst die Höchstgrenze von 450 Euro nicht überschreitet. Ein kurzfristiger Minijob liegt vor, wenn die Beschäftigung in einem Kalenderjahr auf drei Monate oder insgesamt 70 Arbeitstage befristet ist.
Minijobs sind sozialversicherungsfrei, das heißt sie begründen keinen eigenen Sozialversicherungsschutz. Sozialversicherungsfreiheit ist aber nicht gleichbedeutend mit Beitragsfreiheit: Während die 450-Euro-Jobs der Beitragspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung unterliegen (pauschal 28 Pozent des Arbeitsentgelts sind vom Arbeitgeber zu entrichten), sind die kurzfristigen Minijobs unabhängig von der Höhe des Entgelts beitragsfrei. Für die Bereiche der Pflege- und Arbeitslosenversicherung fallen bei Minijobs generell keine Beiträge an. Allerdings unterliegen beide Beschäftigungsarten der Steuerpflicht (pauschal zwei Prozent bei 450-Euro-Jobs beziehungsweise 25 Prozent bei kurzfristigen Beschäftigungen).
Seit April 2003 ist die Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zentrale Melde- und Einzugsstelle für geringfügige Beschäftigungen. Auskünfte zum Meldeverfahren erhalten Sie im Internet unter www.minijob-zentrale.de oder beim Service-Center der Minijob-Zentrale unter der Telefonnummer 0355 2902 70799.

Meldepflichten im Zusammenhang mit dem Sozialversicherungsausweis

Der Sozialversicherungsausweis wird für jeden Arbeitnehmer ohne besonderen Antrag von Amts wegen vom Rentenversicherungsträger ausgestellt. Das geschieht bei erstmaliger Vergabe einer Versicherungsnummer, also bei erstmaliger Aufnahme einer Beschäftigung im Inland. Jeder Beschäftigte ist verpflichtet, den Sozialversicherungsausweis bei Beginn der Beschäftigung dem Arbeitgeber vorzulegen. Für den Arbeitgeber besteht die Verpflichtung, sich den Sozialversicherungsausweis vorlegen zu lassen.

Beitragsentrichtung zur Unfallversicherung

Beiträge zur Unfallversicherung sind vom Unternehmer direkt an die zuständige Berufsgenossenschaft zu zahlen. Die Beiträge sind allein vom Arbeitgeber aufzubringen. Zum Nachweis der Arbeitsentgelte versenden die Berufsgenossenschaften um die Jahreswende ein Lohnnachweisformular, das vom Unternehmer innerhalb einer bestimmten Frist auszufüllen ist. Der auf Grundlage des Lohnnachweises erstellte Beitragsbescheid wird regelmäßig im April versandt.
Die Berufsgenossenschaften sind nach Branchen, teilweise auch regional gegliedert. Eine Übersicht findet sich hier:
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV)
Vorsitzende des Vorstandes: Manfred Wirsch, Volker Enkerts
Hauptgeschäftsführung: Dr. Joachim Breuer
Glinkastraße 40
10117 Berlin
Informationen: www.dguv.de
Telefon: 0800 60 50 40 4
Stand: Mai 2025

Einstellung von Mitarbeitern (Übersicht)

Sie sind Arbeitgeber und möchten einen neuen Arbeitnehmer einstellen? Wir informieren Sie über die damit verbundenen Themen. Im Vordergrund stehen dabei die wichtigsten Inhalte des abzuschließenden Arbeitsvertrages und worauf dabei zu achten ist.
Unsere Themenliste können Sie wie eine Checkliste nutzen, die Sie im einzelnen abhaken. Die Darstellungen sind kurz gehalten, nennen Ihnen aber weitere Stellen, an denen Sie vertiefende Informationen finden. Weitere Informationen zu Beschäftigungsformen erhalten Sie auf den Merkblättern "Besondere Beschäftigungsformen im Arbeitsrecht" und "Mini- und Midijobs".

Das Wichtigste vorab

Dieses Merkblatt befasst sich ausschließlich mit der Beschäftigung von Arbeitnehmern.

Alternativen für Betriebe sind:

Beschäftigung von freien Mitarbeitern

Hier stellt sich allerdings häufig die Problematik der Scheinselbständigkeit, weshalb Vorsicht geboten ist.

Einsatz eines Leiharbeitnehmers

Auch kann der Einsatz eines Leiharbeitnehmers für einen vorübergehenden Zeitraum eine sinnvolle Lösung sein. Lassen Sie sich unbedingt vom Verleiher die Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit vorlegen, um der Gefahr einer Haftung für entgangene Sozialversicherungsbeiträge vorzubeugen. Im Baugewerbe ist die Arbeitnehmerüberlassung grundsätzlich nicht erlaubt.
In beiden Fällen sind Sie nicht Arbeitgeber und findet das Arbeitsrecht auf Sie keine Anwendung.
Mit diesen Alternativen kann man Spitzenbelastungen beherrschen.
Wichtig: Die Arbeitsgesetze sind in weiten Teilen Arbeitnehmerschutzgesetze - und die Arbeitsgerichte sind sehr arbeitnehmerfreundlich. Für Sie als Arbeitgeber heißt das: je besser Sie sich informieren und vorbereiten, um so weniger Fehler machen Sie und um so besser können Sie die Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, die Ihnen das Gesetz und die Rechtsprechung geben. So können Sie Ihre Startbedingungen deutlich verbessern und sicherere Lösungen finden!

Personalplanung

Die Personalplanung beginnt meist mit der Aufstellung eines Stellenprofils, in dem die erwarteten Anforderungen niedergelegt werden. Es sollte auch die notwendige Kapazität festgelegt werden, wird eine Voll-, Teilzeitkraft oder nur eine Aushilfe benötigt? Bei der Suche kann man Stellenausschreibungen in örtlichen oder überregionalen Tageszeitungen oder Fachblättern veröffentlichen. Diese (teure) Methode hat wird zu nehmend von günstigeren Alternativen abgelöst. Kostengünstiger ist die Nachfrage bei der zuständigen Arbeitsagentur oder die Nutzung von einschlägigen Internetportalen. Daneben können auch gewerbliche Arbeitsvermittler eingeschaltet werden, die aber für die Vermittlung regelmäßig eine Provision erhalten.
Beachte: Stellenausschreibungen dürfen nichtdiskriminierend formuliert sein, insbesondere sind die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu berücksichtigen. Arbeitsplätze müssen auch als Teilzeitarbeitsplatz ausgeschrieben werden, wenn sie sich dafür eignen. Nähere Informationen zum AGG erhalten Sie in dem entsprechenden Merkblatt.

Vorbereitung der Einstellung

Nach einer gründlichen Sichtung der Bewerbungsunterlagen – insbesondere Lebenslauf, Ausbildung, Zeugnisse früherer Arbeitgeber, Abschlüsse und sonstige Qualifikationen – sollte mit den geeigneten Bewerbern, ein Einstellungsgespräch geführt werden. In diesem Gespräch dürfen alle arbeitsplatzbezogenen Fragen gestellt werden, die der Bewerber wahrheitsgemäß beantworten muss. Nicht erlaubt ist die Erkundigung nach einer Schwerbehinderung. Unzulässig ist auch die Frage an eine weibliche Kandidatin nach einer Schwangerschaft.
Besteht (Betrieb mit mindestens fünf Mitarbeitern) ein Betriebsrat, ist dieser vor einer Einstellung umfassend zu unterrichten und muss zustimmen. Eine ärztliche Untersuchung des Bewerbers ist grundsätzlich zulässig, aber wohl nur bei besonderen Anforderungen empfehlenswert. Bei der Einstellung von Ausländern ist darauf zu achten, dass ein gültiger Aufenthaltstitel vorhanden ist, der zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt. Jugendliche unter 18 Jahren bedürfen zum Abschluss eines Arbeitsvertrages der Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten; außerdem gelten für sie besondere Schutzvorschriften.
Wenn der Bewerber noch in einem anderen Unternehmen beschäftigt ist, sollte darauf geachtet werden, dass dieses Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß beendet wird. Problematisch ist es aber, einen Arbeitnehmer zu verleiten, seinen bestehenden Arbeitsvertrag zu brechen, insbesondere, wenn er bei einem Konkurrenten arbeitet. Die wettbewerbswidrige Abwerbung kann zu Schadensersatzansprüchen führen. Hier sind die Bestimmungen des Arbeitsvertrages zu beachten.

Abschluss eines Arbeitsvertrages

Die Einstellung erfolgt dann schließlich durch Abschluss eines Arbeitsvertrages. Dafür ist grundsätzlich keine besondere Form vorgeschrieben. Allerdings verpflichtet das Nachweisgesetz Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen niederzuschreiben und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Besser ist der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages mit dem Arbeitnehmer.
Beachte: Musterarbeitsverträge sind über Formularbücher sowie bei den Arbeitgeberorganisationen zu erhalten. Musterverträge der IHK finden Sie hier. Der Abschluss von Arbeitsverträgen führt zu mehr Rechtssicherheit und erleichtert in der Regel die alltägliche Zusammenarbeit. Der Mindestinhalt einer Niederschrift des Arbeitgebers nach Nachweisgesetz beziehungsweise des Arbeitsvertrages umfasst folgende Punkte:
  • Name und Anschrift der Vertragsparteien
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
  • Arbeitsort
  • Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
  • Arbeitszeit
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • Kündigungsfristen
  • Allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.
  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
  • Gegebenenfalls freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer
  • Sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
  • Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
  • Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist.
  • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; Paragraf 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.
Die Verletzung der Nachweispflicht hat keine Auswirkung auf die Gültigkeit des Arbeitsvertrags. Der Arbeitnehmer hat aber einen gerichtlich einklagbaren Anspruch auf die Erteilung,es gibt in Streitfällen Beweiserleichterungen zugunsten der Arbeitnehmer und die Kontrollbehörde kann je Verstoß ein Bußgeld in Höhe von 2.000 Euro festsetzen.

Inhalt des Arbeitsvertrags

a) Arbeitszeit

Die gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen (insbesondere das Arbeitszeitgesetz) legen nur Höchstgrenzen fest. Danach darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten, sie kann aber bis auf zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen ein Ausgleich erfolgt. Sonderbestimmungen gibt es für Jugendliche, werdende Mütter und in bestimmten Branchen. Zu beachten sind daneben Vorschriften über von Pausenzeiten sowie die Sonn- und Feiertagsruhe. Nähere Informationen finden Sie auf dem Merkblatt "Arbeitszeitgesetz".
In Betrieben mit regelmäßig mehr als 15 Beschäftigten kann ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, verlangen, dass seine Arbeitszeit verringert wird (Wunsch nach Teilzeit). Der Arbeitgeber muss diesem Wunsch zustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein solcher Grund kann beispielsweise vorliegen, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Weitere Informationen erhalten Sie auf dem Merkblatt " Teilzeit".

b) Arbeitsentgelt

Grundsätzlich gilt seit dem 01. Januar 2015 aufgrund des „Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie“ und des darin enthaltenen Mindestlohngesetzes (MiLoG) für alle Arbeitnehmer in Deutschland ein Mindestlohn in Höhe von brutto derzeit 12,41 Euro je Zeitstunde (siehe dazu das Merkblatt „Mindestlohn“). Regelungen zur Lohnhöhe im Arbeitnehmer-Entsendegesetz, im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und in auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen sowie in für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen gehen den Regelungen des MiLoG vor, soweit die Höhe der auf ihrer Grundlage festgesetzten Branchenmindestlöhne die Höhe des Mindestlohns nicht unterschreitet.
In folgenden Branchen gibt es nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz einen vorgeschriebenen Mindestlohn:
  • Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst
  • Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch
  • Bauhaupt- und Baunebengewerbe
  • Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken
  • Briefdienstleistungen
  • Dachdeckerhandwerk
  • Elektrohandwerk
  • Geld- und Wertdienst
  • Gebäudereinigung
  • Gerüstbauerhandwerk
  • Pflegebranche (Altenpflege und ambulante Krankenpflege)
  • Schornsteinfegerhandwerk
  • Leiharbeit/ Zeitarbeit
Weitere Informationen zum Thema Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland finden Sie hier und zum Thema Arbeitsvergütung, auf den Merkblättern “Tarifliche und übliche Gehälter” und "Vergütung bei Mehrarbeit und Überstunden".

c) Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld

Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und andere Gratifikationen sind nicht gesetzlich vorgeschrieben. Häufig finden sich entsprechende Bestimmungen in Tarifverträgen. Wer seinen Arbeitnehmern Sonderzuwendungen zukommen lassen will, sollte wissen, dass eine regelmäßige und vorbehaltslose Zahlung zu einer sog. betrieblichen Übung führen kann, auf die die Arbeitnehmer dann einen vertraglichen Anspruch erwerben. Nähere Informationen erhalten Sie auf dem Merkblatt "Gratifikationen". Achten Sie hier auch auf die steuerlichen Regelungen.

d) Urlaub

Das Bundesurlaubsgesetz räumt jedem Arbeitnehmer einen Mindesturlaub von 24 Werktagen ein. Das entspricht regelmäßig vier Wochen im Jahr. Als Werktage gelten alle Tage außer Sonn- und Feiertagen; wird also beispielsweise an fünf Tagen in der Woche gearbeitet, beträgt der Urlaubsanspruch noch 20 Arbeitstage. Schwerbehinderte erhalten eine zusätzliche Urlaubswoche. Jugendliche haben altersabhängig Anspruch auf 25 bis 30 Arbeitstage Urlaub. Tarifverträge sehen häufig längere Urlaubszeiten vor.
Hier finden Sie weitere Merkblätter zum Thema "Urlaub".

e) Kündigungsfristen

Die Kündigungsfristen sind in Paragraf 622 Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gesetzlich geregelt, Abweichungen davon finden sich in einzelnen Tarifverträgen. Zwar kann auch im Arbeitsvertrag unter bestimmten Voraussetzungen eine abweichende Bestimmung getroffen werden. In den meisten Fällen ist dies jedoch nicht sinnvoll.

f) Probezeit

Zweckmäßig ist eine Probezeit zu vereinbaren. Dauer und Kündigungsfristen sind häufig in Tarifverträgen festgelegt. Soweit tarifliche Regelungen nicht eingreifen, kann man auf zweierlei Weise eine Probezeit vereinbaren.
  1. Entweder wird zunächst ein auf maximal sechs Monate befristeter Probearbeitsvertrag geschlossen, der mit dem Zeitablauf endet; danach wird dann über den endgültigen Arbeitsvertrag entschieden.
  2. Üblicherweise wird allerdings eine Probezeit bis zu sechs Monate dem von vornherein unbefristeten Arbeitsvertrag vorgeschaltet. Innerhalb dieser Zeit kann jede Seite das Arbeitsverhältnis ohne nähere Begründung wieder lösen; die dafür einzuhaltende Kündigungsfrist beträgt lediglich zwei Wochen (Paragraf 622 Absatz 3 BGB).

g) Befristeter Arbeitsvertrag

Arbeitsverträge werden grundsätzlich unbefristet geschlossen. Die Befristung von Arbeitsverträgen ist aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes nur ausnahmsweise zulässig. Zu den Ausnahmefällen zählen vor allem folgende Sachverhalte:
  • Die Befristung ist durch einen sachlichen Grund: etwa bei Mutterschutz, Erziehungsurlaub oder Wehrdienst anderer Arbeitnehmer/innen, bei Saisonarbeit, bei Spitzenbelastungen oder in der Probezeit sowie bei bestimmten hochqualifizierten Tätigkeiten.
  • Ohne Vorliegen eines besonderen Grundes ist außerdem die Befristung bei Neueinstellungen bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren erlaubt. Der Vertrag darf innerhalb dieses Zeitraumes bis zu dreimal verlängert werden. Bei einer Vorbeschäftigung des Mitarbeiters, gleich wie lange diese zurückliegt, ist eine sogenannte sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrags nicht mehr möglich. Das Bundesverfassungsgericht hat im Juni 2018 die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine sachgrundlose Befristung bei einer Unterbrechung von mehr als drei Jahren als zulässig erachtet wurde, als verfassungswidrig verworfen (BVerfG, Urteil vom 6. Juni 2018).
  • Mit Arbeitnehmern, die bei Beginn der Beschäftigung das 52. Lebensjahr vollendet haben und zuvor mindestens vier Monate beschäftigungslos gewesen sind, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlichen Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen haben, können ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsverträge bis zu fünf Jahren abgeschlossen werden. Bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung möglich.
  • Existenzgründer können in den ersten vier Jahren nach Gründung eines neuen Unternehmens befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Grund bis zur Dauer von vier Jahren abschließen. Innerhalb dieser Gesamtdauer ist auch eine mehrfache Verlängerung zulässig.
Beachte: Befristete Arbeitsverträge müssen schriftlich abgeschlossen werden. Bei einer nur mündlichen Befristungsabrede besteht das Arbeitsverhältnis als unbefristet fort.
Nähere Informationen erhalten Sie auf dem Merkblatt "Befristete Arbeitsverhältnisse".

Arbeitspapiere und Anmeldungen

Nach der Einstellung sollte sich der Arbeitgeber folgende Unterlagen aushändigen beziehungsweisevorlegen lassen:
  • Lohnsteuerkarte
  • Sozialversicherungsausweis (Kopie anfertigen!)
  • bei ausländischen Arbeitnehmern: Aufenthaltstitel/Arbeitserlaubnis (siehe oben) gegebenenfalls Führerschein (wenn arbeitsvertraglich erforderlich)
  • Urlaubsbescheinigung des früheren Arbeitgebers
  • Arbeitszeugnis oder Arbeitsbescheinigung des früheren Arbeitgebers
  • Mitteilung darüber, in welcher Krankenkasse der Arbeitnehmer versichert ist.
Werden dem Arbeitnehmer bei Beginn der Tätigkeit (oder auch später) Arbeitsmaterialien wie Werkzeuge, Bekleidung, Fahrzeug zur dauernden Verwendung ausgehändigt, sollte er dem Arbeitgeber den Erhalt in einer Empfangsbestätigung quittieren.

Arbeitgeberpflichten bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses

Wer neue Arbeitnehmer einstellt, sollte rechtzeitig an seine Meldepflichten und die Beitragsabführung im Sozialversicherungsrecht denken. Sonst kann dies zu einer Geldbuße führen.

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse

Auf die Besonderheiten bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen geht das Merkblatt "Geringfügige Beschäftigung" ein.
Stand: Januar 2024

Minijobs und Midijobs: Geringfügig entlohnte Beschäftigung, kurzfristige Beschäftigung und die "Übergangszone"

Für geringfügige Beschäftigungen (sogenannte Minijobs) gelten eigene Regelungen. Das Merkblatt informiert über die sozialversicherungs-, steuer- und arbeitsrechtlichen Besonderheiten. Auch auf kurzfristige Beschäftigungen und die "Gleitzone" wird dabei eingegangen.

1. Definitionen

Gemäß Paragrafen 8 Absatz 1, 115 Sozialgesetzbuch (SGB) IV liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn:
  1. Das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 556 Euro nicht übersteigt (Entgeltgeringfügigkeit/ sogenannter Mini-Job) oder
  2. Die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 556 Euro im Monat übersteigt (Zeitgeringfügigkeit/ kurzfristige Beschäftigung).
Da die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung bei beiden Tatbeständen unterschiedlich ausfällt, ist zu differenzieren. Einen Überblick geben die Geringfügigkeits-Richtlinien. Diese gelten seit dem 1. Januar 2019.
So findet bei der kurzfristigen Beschäftigung keine Anwendung:
  • Pflicht des Arbeitgebers zur Tragung eines Pauschalbeitrages zur Krankenversicherung versicherter Arbeitnehmer in Höhe von 13 Prozent
  • Pflicht des Arbeitgebers zur Tragung eines Pauschalbeitrages zur Rentenversicherung in Höhe von 15 Prozent, wenn sich der Arbeitnehmer von der Rentenversicherungspflicht befreien hat lassen
  • Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung.
Ein weiteres Differenzierungserfordernis ergibt sich daraus, dass es im Rahmen des Mini-Jobs die Sondergruppe der geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten gibt. Innerhalb der Pauschalbeiträge gibt es hier eine weitergehende Privilegierung. Die besonderen Regelungen zu den Minijobs in Privathaushalten haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in einem gesonderten Gemeinsamen Rundschreiben zum „Haushaltsscheck-Verfahren“ veröffentlicht.
Zu betonen ist, dass nach dem Gleichbehandlungssatz des Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz (GG) auch für geringfügige Beschäftigungen die normalen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, wie beispielsweise das Teilzeitbefristungsgesetz, Regelungen zu Zahlungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Anzahl der Urlaubstage, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und dem gesetzlichen Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes (MuSchG), dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG), des Sozialgesetzbuches (SGB IX) sowie das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), gelten.

2. Entgeltgeringfügige Beschäftigung (Mini-Job)

Entgeltgeringfügig ist eine Beschäftigung, wenn sie
  • regelmäßig ausgeübt wird und
  • das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt, das aus dieser Beschäftigung erzielt wird, 556 Euro nicht übersteigt.
  • (Durch den Mindestlohn in Höhe von 12,41 Euro ist damit die Zahl der Arbeitsstunden auf 43,33 Stunden je Monat begrenzt, wenn der Status der geringfügigen Beschäftigung beibehalten werden soll.)
  • Prototyp des Mini-Jobs ist die auf Dauer angelegte und regelmäßig ausgeübte Beschäftigung in geringem zeitlichem Umfang gegen ein geringes Entgelt, das sich eine Hausfrau/ein Hausmann, Studierende oder Rentnerinnen und Rentner nebenbei verdienen.

Höhe des Arbeitsentgelts

Als Geringfügigkeitsgrenze gilt ein Betrag von 556 Euro (Grundzone). Hierbei handelt es sich um einen Monatswert, der auch dann gilt, wenn die Beschäftigung nicht während des gesamten Kalendermonats besteht. Diese Grenze darf regelmäßig nicht überschritten werden. Wird die monatliche Entgeltgrenze von 556 Euro überschritten, liegt kein Minijob mehr vor, sondern eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.

Regelmäßig ausgeübte Beschäftigung

Entscheidend ist, dass die Beschäftigung nicht nur gelegentlich ausgeübt wird und nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung für den Beschäftigten ist. Darauf, ob im Rahmen eines befristeten oder eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses gearbeitet wird, kommt es nicht an. Der Begriff regelmäßig (nicht durchschnittlich) bedeutet, dass eine prognostische und nicht eine rückschauende Beurteilung durchzuführen ist. Ein nur gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der 556-EURO-Grenze führt nicht zur Versicherungspflicht; als gelegentlich ist ein Zeitraum von bis zu zwei Monaten innerhalb eines Jahres anzusehen. Falls zu schätzen ist und entgegen realistischer prognostischer Beurteilung die 556-EURO-Grenze dennoch überschritten wird, so tritt vom Tage des Überschreitens an Versicherungspflicht ein; für die zurückliegende Zeit verbleibt es bei der Versicherungsfreiheit. Wird der Arbeitnehmer im Laufe des Kalenderjahres in einigen Monaten mit weniger als, in einigen Monaten mit mehr als 556 EURO entlohnt, ist ein Durchschnitt zu errechnen; bleibt er unter 556 EURO ist die gesamte Beschäftigung versicherungsfrei. Bei der Berechnung des Entgelts werden Einmalzahlungen wie das Weihnachts- und Urlaubsgeld eingerechnet.
Der Anspruch auf tatsächlich nicht gewährte Einmalzahlungen (sogenannter Phantomlohn) wird nicht eingerechnet. Eingerechnet wird jedoch nicht gezahlter laufender Tariflohn.

2.1. Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Regelung beim Mini-Job

2.1.1 Sozialversicherung

Die geringfügig entlohnte Beschäftigung bis 556 Euro ist zwar sozialversicherungsfrei, jedoch nicht beitragsfrei. Der Arbeitgeber zahlt grundsätzlich Pauschalabgaben zur Sozialversicherung. Diese umfassen:
  • 13 Prozent Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung
  • 15 Prozent Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil)
  • 1,1 Prozent Umlage U1 (Ausgleich für Aufwendungen bei Krankheit)
  • 0,22 Prozent Umlage U2 (Ausgleich für Aufwendungen bei Mutterschaft)
  • 0,15 Prozent Insolvenzgeldumlage
Arbeitgeber müssen ihre Abgaben fristgerecht monatlich an die Minijob-Zentrale zahlen. Die gesamten Abgaben für Minijobber sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem der Minijobber die Beschäftigung ausübt. Damit die Beitragsnachweise noch rechtzeitig verarbeitet werden können, müssen uns diese spätestens zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge vorliegen. Einen Überblick über die Termine bietet die Minijob-Zentrale auf ihrer Homepage.
Die Minijob-Zentrale bietet zudem auf Ihrer Homepage einen Minijob-Rechner zur Berechnung der zu zahlenden Abgaben samt Erläuterungen an. Insgesamt ergibt sich eine Gesamtbelastung von etwa 30 Prozent.
Die gesetzliche Unfallversicherung hingegen kennt keine Geringfügigkeit, dort ist jeder Beschäftigte unabhängig vom Umfang seines Tätigwerdens versichert und der Arbeitgeber hat die entsprechenden Beiträge zu entrichten.
Für den Arbeitnehmer besteht grundsätzlich Rentenversicherungspflicht in Höhe von 3,60 Prozent. Der Beitrag zur Rentenversicherung bemisst sich nach der beitragspflichtigen Bemessungsgrundlage, es gilt ein Mindestbeitrag zur Rentenversicherung. Eine Befreiung des Arbeitnehmers von der Rentenversicherungspflicht ist nur auf schriftlichen Antrag bei dem Arbeitgeber möglich. Dieser Antrag ist bindend für die Gesamtdauer des Beschäftigungsverhältnisses, ein Widerruf ist nicht möglich. Ein Befreiungsantrag gilt für alle Minijobs, sofern mehrere geringfügige Beschäftigungen vorliegen.
Dies gilt auch für Minijobber in Privathaushalten, wobei in diesen Fällen der Eigenanteil des Mitarbeiters aufgrund der geringeren Arbeitgeberpauschale größer ist. Wurde bereits vor dem 1. Januar 2013 von der Aufstockungsmöglichkeit Gebrauch gemacht, ist eine Befreiung nicht mehr möglich.

2.1.2 Lohnsteuer

Das Entgelt aus einer geringfügig entlohnten Beschäftigung ist lohnsteuerpflichtig. Der Arbeitgeber kann auf den Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ElStam) verzichten (sogenannte Individualbesteuerung) und stattdessen die Lohnsteuer pauschal mit zwei Prozent (sogenannte einheitliche Pauschsteuer) erheben. Die einheitliche Pauschsteuer ist zusammen mit den Pauschalabgaben zur Sozialversicherung an die Knappschaft-Bahn-See abzuführen.
In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber die unter 2.1.1 dargelegten pauschalen Beiträge zur Rentenversicherung ausnahmsweise nicht entrichten, sondern muss die allgemeinen Beiträge zur Rentenversicherung abführen, etwa weil der Beschäftigte neben dem Minijob einen weiteren Minijob und einen Hauptberuf ausübt (zum Zusammentreffen mehrerer Beschäftigungen siehe unten). In diesen Fällen besteht neben der immer möglichen Individualversteuerung nach ElStam die Möglichkeit, die Lohnsteuer für diesen Minijob mit 20 Prozent des Arbeitsentgelts pauschal zu erheben (Paragraf 40 a Absatz 2 a Einkommenssteuergesetz (EStG)). Anders als bei der einheitlichen Pauschsteuer ist bei der Lohnsteuerpauschalierung nach Paragraf 40 a Absatz 2 a EStG allerdings Kirchensteuer nicht enthalten. Diese fällt also zusätzlich an. Die pauschale Lohnsteuer von 20 Prozent ist beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt anzumelden und an dieses abzuführen.

2.2. Haushaltsdienstleistungen

Werden Mini-Jobs im Haushalt ausgeübt, zahlt der Arbeitgeber nur eine Pauschale von 14,92 Prozent. Sie setzt sich zusammen aus
  • 5 Prozent Rentenversicherung (mit Aufstockungsoption durch den Arbeitnehmer)
  • 5 Prozent Krankenversicherung
  • 1,6 Prozent gesetzliche Unfallversicherung
  • 2 Prozent Pauschsteuer
  • 1,1 Prozent Umlage U1 (Ausgleich für Aufwendungen bei Krankheit) und
  • 0,22 Prozent Umlage U2 (Ausgleich für Aufwendungen bei Mutterschaft)
Die Minijob-Zentrale bietet einen aktuellen Überblick über die zu leistenden Abgaben. Die Minijob-Zentrale bietet zudem auf Ihrer Homepage einen Haushaltsscheck-Rechner zur Ermittlung der zu zahlenden Abgaben an. Die Einkommensobergrenze liegt auch hier bei 556 Euro. Voraussetzung ist, dass diese Beschäftigung durch einen privaten Haushalt begründet ist und die Tätigkeit sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt wird (Paragraf 8a Satz 2 SBG IV). Gemeint sind Tätigkeiten wie Kinderbetreuung, Haushaltshilfe und Gartenpflege. Beschäftigungen in privaten Haushalten, die durch Dienstleistungsagenturen oder andere Unternehmen begründet sind, fallen nicht unter diese Regelung.
Der Arbeitgeber kann Aufwendungen für Mini-Jobs im Privathaushalt steuerlich absetzen. Paragraf 35a Einkommensteuergesetz sieht vor, dass Kosten für Mini-Jobs unter folgenden Voraussetzungen direkt von der Steuerschuld abgezogen werden können:
  • In der Grundzone bis 556 Euro sind dies 20 Prozent der Kosten, höchstens jedoch 510 Euro im Jahr.
  • Liegt ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vor, können 20 Prozent der Kosten, höchstens jedoch 4.000 Euro im Jahr geltend gemacht werden.
  • Wird ein Unternehmen mit der Erledigung der Hausarbeit beauftragt, können 20 Prozent der Kosten von maximal 20.000 Euro – also maximal 4.000 Euro im Jahr – abgezogen werden.
Die Meldung für Beschäftigte im Privathaushalt erfolgt über das vereinfachte Meldeverfahren, das Haushaltscheckverfahren, durch den Arbeitgeber an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See.

2.3. Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Regelung in der Gleitzone / im Übergangsbereich (Midijob)

Arbeitsentgelte innerhalb des Übergangsbereichs von oberhalb der Minijobgrenze bis 2.000 Euro führen zur Sozialversicherungspflicht. Arbeitsverhältnisse mit einem Einkommen innerhalb dieser Entgeltzone stellen im Bereich der Sozialversicherung einen Übergang von Mini-Jobs zu regulären Arbeitsverhältnissen dar.
Bei Beschäftigungen im Übergangsbereich sind Entgeltmeldungen (Jahresmeldung, Abmeldung, Unterbrechungsmeldung) mit einem Kennzeichen Midijob zu versehen. Beschäftigungen im Übergangsbereich sind im Meldeverfahren seit 1. Juli 2019 gesondert zu kennzeichnen. Zusätzlich zur Angabe der reduzierten beitragspflichtigen Einnahme ist das Arbeitsentgelt, das ohne Anwendung der Regelungen des Übergangsbereichs zu berücksichtigen wäre, anzugeben.

Bei Fragen zur Meldung und Beitragszahlungen für Beschäftigungen im Übergangsbereich ist die Krankenkasse des Midijobbers richtiger Ansprechpartner.

2.3.1. Sozialversicherung

Für Arbeitgeber ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern innerhalb des Übergangsbereichs inzwischen regelmäßig attraktiver als die geringfügige Beschäftigung: Der Arbeitgeber muss dann nur die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung von etwa 20 Prozent des Entgelts übernehmen (gegenüber der Pauschale von regelmäßig 30 Prozent des Entgelts bei der geringfügigen Beschäftigung). Die durch den Arbeitnehmer zu zahlenden Sozialabgaben beginnen mit 4 Prozent bei einem Monatsverdienst ab oberhalb der Minijobgrenze und steigen linear bis zum vollen Arbeitnehmeranteil von rund 20 Prozent bei 1.600 EURO Verdienst. Der Arbeitnehmer erhält dadurch den Schutz aller Zweige der Sozialversicherung zu reduzierten Arbeitnehmeranteilen.
Beim Zusammentreffen einer Nebenbeschäftigung im Übergangsbereich mit der sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung von mehr als 1.600 Euro gilt diese Regelung nicht. In solchen Fällen sind für beide Beschäftigungen die vollen Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu zahlen.

2.3.2. Steuer

Im Lohnsteuerrecht gibt es keine Übergangsbereichsregelung. Die Besteuerung des Arbeitslohnes erfolgt nach den individuellen Besteuerungsmerkmalen (ElStam). Soweit bei mehreren Arbeitgebern der einzelne Arbeitslohn 556 Euro monatlich nicht übersteigt, ist eine Lohnsteuerpauschalierung in Höhe von 20 Prozent zuzüglich Kirchensteuer möglich.

2.4. Sozialversicherungspflicht beim Zusammentreffen mehrerer Beschäftigungen

Mehrere Arbeitnehmertätigkeiten werden zur Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zusammengefasst.

2.4.1. Mini-Job und Hauptberuf

  • Wird neben einem sozialversicherungspflichtigen Hauptberuf nur ein einziger Mini-Job im Umfang von bis zu 556 Euro ausgeübt, erfolgt keine Zusammenrechnung mit dem Hauptberuf. In der geringfügigen Beschäftigung muss lediglich der Pauschalbeitrag gezahlt werden.
  • Der Mini-Job darf nicht bei demselben Arbeitgeber ausgeübt werden wie der Hauptberuf. Sonst wird bereits der erste Mini-Job mit dem Hauptberuf zusammengerechnet.
  • Wird aufgrund der Ausübung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen die 556-Euro-Grenze überschritten, erfolgt eine Zusammenrechnung. Im ersten Mini-Job ist nur der Pauschalbeitrag zu zahlen. In den anderen Beschäftigungen entsteht auch dann Versicherungspflicht, wenn die Beschäftigungen für sich betrachtet unter der 556-Euro-Grenze bleiben.
  • Ist der Hauptberuf sozialversicherungsfrei, erfolgt keine Zusammenrechnung der Einnahmen aus diesen Tätigkeiten. Für die geringfügigen Beschäftigungen müssen Beiträge abgeführt werden, die abhängig von der Höhe der zusammengerechneten Entgelte pauschal (Entgelt bis 556 Euro) oder in normaler Beitragshöhe (Entgelt über 556 Euro) gezahlt werden.
  • Treffen Mini-Job und hauptberufliche selbständige Tätigkeit oder Beamtentätigkeit zusammen, ist der pauschale Rentenversicherungsbeitrag und 2 Prozent Steuer zu zahlen. Der pauschale Krankenversicherungsbeitrag fällt nur an, wenn die Person Mitglied einer Krankenkasse ist.

2.4.2. Mehrere Mini-Jobs

  • Solange das addierte Arbeitsentgelt aus den verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen die Grenze von 556 Euro nicht überschreitet, sind die Pauschalbeiträge zu zahlen.
  • Wenn diese Summe zwischen oberhalb der Minijobgrenze und 2.000 Euro liegt, sind die Beiträge nach den Maßgaben für den Übergangsbereich zu berechnen.
  • Liegt die Summe über 1.600 Euro, unterliegt das gesamte Arbeitsentgelt der normalen Beitragspflicht.
  • Wird ein Mini-Job im Privathaushalt ausgeübt und ein anderer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, werden diese Beschäftigungen addiert. Beläuft sich die Summe der Entgelte auf höchstens 556 Euro, sind für beide Beschäftigungsverhältnisse Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu zahlen – für den Minijob im Privathaushalt zehn Prozent, für den Mini-Job auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 28 Prozent.

3. Zeitgeringfügige Beschäftigung (kurzfristige Beschäftigung)

Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis zeitlich befristet im Kalenderjahr drei Monate bei einer Fünf-Tage-Arbeitswoche beziehungsweise 70 Arbeitstage bei einer Arbeitswoche mit weniger als fünf Tagen nicht überschreitet, nicht berufsmäßig und nicht regelmäßig ist. Die Höhe des Entgelts ist in diesem Fall unerheblich. Häufig sind kurzfristige Verträge befristet. Die Befristung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich in den Vertrag aufgenommen wurde. Zusammenfassend ist auf die nachstehenden Aspekte zu achten:
Begrenzung im Voraus auf drei Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr: Die Beschäftigung kann ihrer Eigenart nach begrenzt sein oder aufgrund einer vertraglichen Regelung – Beispiele: Aushilfe als Urlaubsvertretung, auf längstens ein Jahr befristeter Rahmenarbeitsvertrag.
Keine berufsmäßige Ausübung:
Ein kurzfristiger Minijob darf nicht berufsmäßig ausgeübt werden, das heißt: Wenn ein Arbeitnehmer mehr als 556 Euro im Monat verdient, die kurzfristige Beschäftigung die einzige Erwerbstätigkeit ist und diese für die Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt ist, handelt es sich nicht um einen kurzfristigen Minijob.
  • Menschen, die Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit beziehen oder als Arbeitssuchende gemeldet sind, gelten grundsätzlich als berufsmäßig beschäftigt.
  • Die Tätigkeit darf kein Dauerarbeitsverhältnis und keine regelmäßig wiederholende Beschäftigung sein. Ein auf 1 Jahr befristeter Rahmenvertrag, der die Tätigkeit auf maximal 70 Arbeitstage innerhalb dieses Zeitraums begrenzt, ist noch zulässig.
  • Prototyp und gesetzliches Leitbild der kurzfristigen Beschäftigung sind saisonal ausgeübte Aushilfsbeschäftigungen wie Erntehelferinnen und Erntehelfer.

3.1.Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Regelung bei der kurzfristigen Beschäftigung

3.1.1. Sozialversicherung

Eine kurzfristige Beschäftigung ist für den Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei. Für den Arbeitgeber eines kurzfristigen Minijobbers fallen hingegen geringe Abgaben an. Das sind die Umlagen zum Ausgleich der Aufwendungen bei Krankheit („U1“) in Höhe von 1,1 Prozent und Schwangerschaft bzw. Mutterschaft („U2“) in Höhe von 0,22 Prozent sowie die Umlage für den Fall einer Insolvenz in Höhe von 0,15 Prozent an. Diese sind an die Minijob-Zentrale zu entrichten. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber den Minijobber bei der jeweils zuständigen gesetzlichen Unfallversicherung anzumelden und entsprechende Beiträge zu entrichten.

3.1.2. Steuer

Die Versteuerung erfolgt grundsätzlich anhand individueller Besteuerungsmerkmalen. Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber nach Paragraf 40a Absatz 1 EStG die Lohnsteuer pauschal mit 25 Prozent des Arbeitsentgelts zuzüglich Kirchensteuer erheben, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
  • der Arbeitnehmer wird beim Arbeitgeber nur gelegentlich, nicht regelmäßig wiederkehrend beschäftigt
  • der Arbeitnehmer ist nicht länger als 18 zusammenhängende Arbeitstage beschäftigt (ohne arbeitsfreie Samstage, Sonn- und Feiertage, Krankheits- und Urlaubstage)
  • der durchschnittliche Stundenlohn beträgt höchstens 12 Euro
  • der Arbeitslohn übersteigt während der Beschäftigungsdauer durchschnittlich 72 Euro je Arbeitstag nicht oder der kurzfristige Minijob wird zu einem Zeitpunkt, den der Arbeitgeber nicht vorhersehen kann, sofort erforderlich
  • In der Pauschsteuer sind die Kirchensteuer noch nicht enthalten. Diese muss der Arbeitgeber zusätzlich an das zuständige Finanzamt zahlen.

4. Einzugsstelle

Pauschalbeiträge und Pauschsteuer werden zur Vermeidung aller Bürokratie an die Bundesknappschaft gezahlt:
Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
Hauptverwaltung
Pieperstraße 14 bis 28
44789 Bochum
Telefon 0234 304-0
Telefax 0234 304-66050
Kostenloses Servicetelefon 0800 1000 480 80
Auskünfte erteilt die Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung:
Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
Pieperstraße 14-28
44789 Bochum
Service-Center: 0355 2902-70799
von Montag bis Freitag 7.00 - 17.00 Uhr
minijob@minijob-zentrale.de

5. Studierende, Praktikanten und Auszubildende

Für Studierende, die keine Werkstudenten sind, sowie Schülerinnen und Schüler gelten hinsichtlich einer geringfügigen Beschäftigung keine Besonderheiten.
Für Auszubildende kommt eine geringfügige Beschäftigung nicht in Betracht, es liegt stets eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor.
Bei Praktikantinnen und Praktikanten, die ein Zwischenpraktikum bei bestehender Immatrikulation absolvieren, ist zu unterscheiden, ob es sich um ein Pflichtpraktikum oder um ein freiwilliges Praktikum handelt. Ein Pflichtpraktikum ist unabhängig von der Entgelthöhe versicherungsfrei in der Kranken- Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Das Mindestlohngesetz ist hier nicht anwendbar. Die Ausgestaltung des Praktikums unterliegt alleine eventuellen hochschulrechtlichen Bestimmungen. Versicherungspflicht besteht hier jedoch in der Unfallversicherung. Für Praktika, die während des Studiums ausgeübt werden, ohne dass sie in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben sind, besteht in der Rentenversicherung Versicherungsfreiheit im Rahmen von kurzfristigen Beschäftigungen.

6. Bußgeldbewehrte Meldepflichten

Der Arbeitgeber hat sowohl geringfügig Entlohnte als auch kurzfristig Beschäftigte anzumelden. In der Datenerfassungs- und übermittlungsverordnung wurde festgelegt, dass Anmeldungen mit der ersten Abrechnung, spätestens jedoch sechs Wochen nach der Aufnahme der Beschäftigung zu übermitteln sind. Dieselbe Frist gilt für die Abmeldung nach Beendigung der Beschäftigung. Bei geringfügig entlohnten Beschäftigten muss der Einzugsstelle zusätzlich jede Änderung des Arbeitsentgelts mitgeteilt werden, sofern die Änderung zu einer Über- oder Unterschreitung der 556 -Euro-Grenze führt. Außerdem hat der Arbeitgeber für geringfügig entlohnte Beschäftigte eine Jahresmeldung zu erstatten.
Detaillierte Informationen erhalten Sie auf der Homepage der Minijob-Zentrale.
Die Meldungen werden auf dem Vordruck Meldung zur Sozialversicherung vorgenommen. Ein Arbeitgeber kann mit einem Bußgeld bis zu 5.000 Euro belangt werden, wenn er seiner Meldepflicht nicht, nicht rechtzeitig, nicht richtig oder nicht vollständig nachkommt. Kommt es infolge der Zusammenrechnung mehrerer Beschäftigungen zur Versicherungspflicht, informiert die Bundesknappschaft die Arbeitgeber darüber. Diese sind verpflichtet, notwendige An- und Abmeldungen bei Bundesknappschaft und Krankenkassen vorzunehmen.
Nach Paragraf 17 Absatz 1 Satz. 1 Mindestlohngesetz (MiLoG) besteht für Arbeitgeber geringfügig Beschäftigter (sowie der in Paragraf 2a des Schwarzarbeitsgesetz (SchwArbG) bezeichneten Bereiche) die Pflicht, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen sowie Aufzeichnungen gemäß Paragraf 8 Absatz 2 Nr. 13 BVV bis ein Jahr nach der nächsten Prüfung gemäß Paragraf 28p aufzubewahren (ausgenommen: Beschäftigungen gemäß Paragraf 8a). Einzelheiten regelt die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung.

7. Arbeitsrecht

Mini-Jobs sind arbeitsrechtlich geregelt und Mini-Jobber in fast allen Bereichen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gleichgestellt. das bedeutet, Mini-Jobber dürfen nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.

7.1. Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag kann mündlich oder schriftlich geschlossen werden. Bei mündlichem Vertragsschluss muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer innerhalb eines Monats seit Bestehen des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich mitteilen. Ausnahmen gibt es nur noch für Aushilfstätigkeiten mit Vertragsdauer von höchstens einem Monat.

7.2. Rentenversicherungspflicht und Befreiungsmöglichkeit

Minijobs, die ab 1. Januar 2013 begonnen haben, sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Minijobber können sich durch schriftliche Mitteilung an den Arbeitgeber davon befreien lassen. Es empfiehlt sich einen entsprechenden Hinweis auf die Rentenversicherungspflicht und die Befreiungsmöglichkeit in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Auch die Minijob-Zentrale informiert detailliert über die Rentenversicherungspflicht und die Befreiungsmöglichkeiten.

7.3. Kündigungsschutz

Teilzeitbeschäftigte sind bei der Ermittlung des Schwellenwertes nach dem Kündigungsschutzgesetz zu berücksichtigen. Entscheidend dafür ist deren Arbeitsumfang. Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden, sind sie mit dem Faktor 0,5 zu multiplizieren, zählen also als halbe Arbeitnehmer. Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 30 Stunden sind sie mit dem Faktor 0,75 zu berücksichtigen.
Auch für geringfügig Beschäftigte gelten die allgemeinen Kündigungsvorschriften aus Kündigungsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, Bundeserziehungsgeldgesetz und die Regelungen für Schwerbehinderte.

7.4. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Schwangerschaft / Mutterschaft

Auch geringfügig Beschäftigte haben im Krankheitsfall nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dieser Anspruch entsteht erst, wenn das Arbeitsverhältnis seit mindestens vier Wochen Bestand hat. Arbeitgeber, die in der Regel bis zu 30 Arbeitnehmer beschäftigen (ohne Auszubildende und geringfügig Beschäftigte) können gegebenenfalls an einem Ausgleichsverfahren (Umlage U 1) teilnehmen und bis zu 80 Prozent Ihrer Aufwendungen erstattet verlangen.
Geringfügig Beschäftigte haben auch Anspruch auf Mutterschutzlohn sowie den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz. Arbeitgeber können diese Aufwendungen im Ausgleichsverfahren bei Schwangerschaft und Mutterschaft (Umlage U 2) vollumfänglich erstattet verlangen.
Zuständig für die Erstattungsansprüche ist in beiden Fällen die Arbeitgeberversicherung der Knappschaft-Bahn-See.

7.5. Lohnfortzahlung an Feiertagen

Ein Arbeitgeber muss nur Feiertagslohn zahlen, wenn der geringfügig Beschäftigte an diesem Feiertag aufgrund seines Arbeitsvertrages hätte arbeiten müssen (Lohnausfallprinzip).

7.6. Sonderleistungen

Geringfügig Beschäftigte sind wie alle Teilzeitbeschäftigten den Vollzeitarbeitnehmern gleichgestellt. Wenn ein Arbeitgeber zusätzliche Leistungen (zum Beispiel Gratifikationen, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Altersvorsorge, Beihilfe, Jubiläumszuwendungen, Zulagen, Zuschläge, Fahrtkosten, Verheiratetenzuschlag oder Prämien) zahlt, hat auch ein geringfügig Beschäftigter Anspruch auf diese Leistungen, allerdings nur in anteiliger Höhe. Werden geringfügig Beschäftigte von Sonderleistungen ausgeschlossen, verstößt dies gegen das Gleichbehandlungsgebot sowie gegen das Verbot der mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung und ist unwirksam. Zu beachten ist, dass unter Umständen durch die Zahlung von Gratifikationen die Geringfügigkeitsgrenze von 556 Euro überschritten werden kann und hierdurch Sozialversicherungspflicht eintritt.

7.7. Urlaub

Geringfügig Beschäftigten steht auch bei nur geringem Umfang ihrer Arbeitszeit (bezahlter) Erholungsurlaub zu. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt nach dem Bundesurlaubsgesetz 24 Werktage, bezogen auf eine Sechs-Tage-Woche. Ein höherer Urlaubsanspruch kann sich aus dem Arbeitsvertrag oder einem auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertrag ergeben.
Sind geringfügig Beschäftigte nicht jeden Tag, sondern nur an einzelnen festgelegten Tagen in der Woche tätig, wird der Urlaubsanspruch entsprechend dem Verhältnis Anzahl der Arbeitstage einer Vollzeitkraft zur Anzahl der Arbeitstage der Teilzeitkraft gekürzt.
Beispiel: Eine Arbeitnehmerin arbeitet am Montag, Dienstag und Mittwoch je von 8 bis 12 Uhr. Sie hat auf Grundlage des Bundesurlaubsgesetzes (24 Urlaubstage bei einer Sechs-Tage-Woche) Anspruch auf 24 : 6 x 3 = 12 Werktage Urlaub.

8. Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge

Auskünfte zur Beitragsberechnung gibt die Knappschaft-Bahn-See oder die Krankenkasse als Trägerin der Gesamtsozialversicherung. Auch die Minijob-Zentrale bietet einen Überblick über die Abgaben bei entgelt- und zeitgeringfügigen Beschäftigungen.
Berechnungsmöglichkeiten im Internet bieten zahlreiche Krankenkassen unter dem Suchwort Übergangsbereichsrechner.

9. Vorlagen

Die Minijob-Zentrale bietet auf Ihrer Homepage Musterarbeitsverträge für geringfügig entlohnte Beschäftigte, für geringfügig entlohnte Beschäftigte in Privathaushalten sowie eine Checkliste / Musterpersonalbogen zum Download an.
Bitte beachten Sie, dass Muster stets nur eine Orientierungshilfe darstellen können und grundsätzlich auf Ihre individuellen Bedürfnisse angepasst sowie von Ihnen geprüft werden müssen.
Hinweis: Dieses Merkblatt soll nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl dieses Merkblatt mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: Mai 2025

Tarifliche und übliche Gehälter - wo finde ich diese Zahlen?

Wo finden Sie konkrete Zahlen zu Gehältern in Ihrer Branche? Wer hat Daten darüber, in welchen Berufen und Tätigkeiten welche Vergütungen bezahlt werden? Wann gilt der Tarifvertrag gar nicht und Sie können sich an den üblichen Gehältern orientieren und frei entscheiden?

Das Wichtigste vorab

Die IHK Darmstadt ist nicht Tarifpartei und hat keine Sammlung von Tarifverträgen, so dass auch keine Auskünfte über den Inhalt der einzelnen Tarifverträge gegeben werden können. Es bestehen jedoch mehrere Möglichkeiten, Einsicht in die verschiedenen Tarifverträge zu nehmen beziehungsweise Auskünfte daraus zu erhalten.
Dieses Merkblatt beantwortet Ihnen folgende Fragen:
Sie suchen konkrete Zahlen zu Gehältern in Ihrer Branche? Unter dem folgenden Link finden Sie das Tarifarchiv der Hans Böckler Stiftung mit dem Tarifpolitisdchen Jahresbericht. Dort lassen sich Tabellen zur „Tarifverfügung nach Berufen“ und „Tarifvergütung nach Branchen“ anklicken. WSI Tarrifpolitischer Jahresbericht
Alternativ könnte folgende Tabelle in Betracht kommen: https://www.gehaltsvergleich.com/branchen. Hier gibt es eine „einfachere“ und übersichtliche Tabelle von etwa 50 Branchen. Wenn man die jeweilige Branche anklickt, bekommt man eine Beschreibung und mehrere Berufe der Branche mit den jeweiligen Vergütungen.
Wann gilt der Tarifvertrag gar nicht für Sie und müssen Sie keinen Tariflohn bezahlen? Dann können Sie sich an den üblichen Gehältern orientieren und frei entscheiden.

Was ist ein Tarifvertrag?

Ein Tarifvertrag regelt Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien. Dies sind Gewerkschaften und Arbeitgeber bzw. Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen (Spitzenorganisationen). Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das Tarifvertragsgesetz. Während der Lohntarifvertrag sich auf die Regelung von Löhnen (Gehältern) beschränkt und meist für einen kürzeren Zeitraum abgeschlossen wird, umfasst der Manteltarifvertrag eine für längere Zeit gedachte Regelung der allgemeinen Arbeitsbedingungen (Lohngruppeneinteilung, Akkord- und Zulagensystem, Urlaubsansprüche, Kündigungsfristen ...). In zahlreichen Branchen bestehen darüber hinaus noch Tarifverträge über Sonderzahlungen (zum Beispiel Weihnachtsgeld oder sonstige freiwillige Sonderzahlungen).

Für wen gelten die Tarifverträge?

Grundsätzlich gelten tarifliche Regelungen, die den Abschluss, den Inhalt und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses betreffen unmittelbar und zwingend nur für die Arbeitsverhältnisse, bei denen die Arbeitnehmer Mitglieder der Gewerkschaft und der Arbeitgeber Mitglied im entsprechenden Arbeitgeberverband ist (sogenannte Tarifgebundenheit).
Die Anwendung von tarifvertraglichen Regelungen kann auch einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden, ohne dass sie tarifgebunden sind. Möglich ist dabei auch, nur auf einzelne Regelungen des einschlägigen Tarifvertrages Bezug zu nehmen (zum Beispiel auf die Urlaubsregelung oder die Höhe des Arbeitslohnes). Ziel einer solchen freiwilligen Anlehnung an einen Tarifvertrag ist regelmäßig, dass damit eine gleichmäßige Behandlung der tarifgebundenen und der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer des Betriebes erreicht werden soll. Tarifvertragliche Regelungen sind außerdem anzuwenden, wenn bereits eine entsprechende betriebliche Übung besteht.
Abweichende Vereinbarungen (zum Beispiel in Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen) sind bei Tarifgebundenheit nur zulässig, so weit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder sie eine Änderung der Regelungen zu Gunsten des Arbeitnehmers enthalten.
In Deutschland existieren derzeit rund 82.000 Tarifverträge für verschiedene Branchen und zum Teil einzelne Betriebe. Diese werden zum Teil jährlich neu angepasst und liegen der Industrie- und Handelskammer ebenso wenig vor, wie Listen über die in verschiedenen Branchen üblichen Durchschnittsgehälter. Originäre Ansprechpartner zum Thema Tarifverträge sind für die Mitglieder zunächst die Arbeitgeberverbände für die einzelnen Branchen sowie die entsprechenden Gewerkschaften.

Welcher Tarifvertrag gilt?

Für einen Betrieb gilt derjenige Tarifvertrag, der dem Schwergewicht der betrieblichen Tätigkeit entspricht. Dabei wird an die überwiegend im Betrieb zu leistende Arbeit angeknüpft oder an die Merkmale, die dem Betrieb das Gepräge geben (Prospektmaterial, Eintragung ins Handelsregister).
Entscheidend ist dabei, ob der Betrieb nach der Verkehrsauffassung zu dem entsprechenden Gewerbezweig gerechnet wird. Nicht entscheidend ist der wirtschaftliche Hauptzweck oder die Größe des Wirtschaftszweiges in den einzelnen Betriebsteilen. Es gilt das Prinzip der Tarifeinheit. Dies besagt, dass der Tarifvertrag für sämtliche Arbeitsverhältnisse des Betriebes gilt, auch wenn wirtschaftsfremde Arbeiten verrichtet werden (zum Beispiel ist auch für einen Werkstattleiter oder Lageristen in einem Betrieb des Einzelhandels der Tarifvertrag des Einzelhandels anzuwenden). Den Tarifpartnern steht es jedoch frei, vom Prinzip der Tarifeinheit abzuweichen.

Was bedeutet die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen?

In Ausnahmefällen können Tarifverträge auch für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten, die nicht Mitglied der Tarifvertragsparteien sind.
Auf Antrag einer der beiden Tarifvertragsparteien können die Tarifverträge durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung oder durch die oberste Arbeitsbehörde eines Landes im Einvernehmen mit einem paritätischen besetzten Tarifausschuß für allgemeinverbindlich erklärt werden. Sie ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Über solche Tarifverträge wird beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung beziehungsweise den entsprechenden Landesministerien ein so genanntes Tarifregister geführt. Zusammen mit der Entscheidung über die Allgemeinverbindlicherklärung wird der Zeitpunkt des Beginns der Allgemeinverbindlicherklärung bestimmt. Die Allgemeinverbindlicherklärung gilt stets nur für den bestimmten Tarifvertrag, für den sie ausgesprochen wird, nicht etwa für alle bestehenden Tarifverträge des Tarifbereichs. In vielen Tarifbereichen sind – sofern überhaupt allgemeinverbindliche Erklärungen bestehen - nicht alle, sondern nur einzelne der gültigen Tarifverträge allgemeinverbindlich. Entgelttarifverträge sind nur in wenigen Fällen für allgemeinverbindlich erklärt worden.
Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrages in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das bedeutet, der Tarifvertrag ist auch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindlich, die nicht bereits als Mitglieder der den Tarifvertrag abschließenden Verbände bzw. Gewerkschaften tarifgebunden sind.
Eine Allgemeinverbindlicherklärung endet mit dem Ablauf (Kündigung oder außer Kraft treten) des Tarifvertrages.
Die allgemeinverbindlichen Tarifverträge sind nach Wirtschaftsgruppen sowie nach ihrem fachlichen und räumlichen Geltungsbereich geordnet. Es sind nur diejenigen Wirtschaftsgruppen, Fachbereiche und Tarifgebiete aufgeführt, in denen es allgemeinverbindliche Tarifverträge gibt.

Wo sind Auskünfte über allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge zu erhalten? Wo sind Daten zu üblichen Gehältern für Branchen, Berufe und Tätigkeiten zu finden?

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die ein Tarifvertrag aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung verbindlich ist, sowie deren beauftragte Interessenvertreter (zum Beispiel Rechtsanwälte, Steuerberater) können nach Paragraf 9 Absatz 1 der Verordnung zur Durchführung des Tarifvertragsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Januar 1989 (Bundesgesetzblatt (BGBl.) I Seite 76) von einer der Tarifvertragsparteien eine Abschrift des Tarifvertrages gegen Erstattung der Selbstkosten (das sind die Papier- und Vervielfältigungs- oder Druckkosten sowie das Übersendungsporto) verlangen.
Nach Paragraf 8 Tarifvertragsgesetz sind die tarifgebundenen Arbeitgeber verpflichtet, die für ihren Betrieb maßgebenden Tarifverträge an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen. Dieser Verpflichtung unterliegen auch Arbeitgeber, für die der Tarifvertrag infolge der Allgemeinverbindlicherklärung verbindlich ist (Paragraf 9 Absatz 2 Verordnung zur Durchführung des Tarifvertragsgesetzes).
  • Erste Anlaufstelle ist das Tarifregister des Landes Hessen in Wiesbaden. Unter der Telefon: 0611 192532 erteilt das Tarifregister Auskunft darüber, welcher Tarifvertrag für die einzelnen Branchen abgeschlossen wurde und welche Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt worden sind. Nur über allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge werden telefonisch inhaltliche Einzelauskünfte gegeben. Alle anderen Tarifverträge, über die keine telefonische Auskünfte gegeben werden, können vor Ort eingesehen werden. Anschrift: Tarifregister beim Hessischen Sozialministerium, Sonnenberger Straße 2/2a, 65193 Wiesbaden, Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag von 13 bis 15 Uhr und in dringenden Fällen per E-Mail: tarifregister@hsm.hessen.de.
  • Eine Übersicht über die allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge ist auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: www.bmas.de zu finden. Sie geben in der Suchmaschine die Schlagworte: Tarifverträge und allgemeinverbindlich ein. Für die Abgabe des Verzeichnisses werden keine Gebühren erhoben.
  • Unter anderem für die Metall- und Elektroindustrie sowie die Holz- und Kunststoffverarbeitende Industrie sind detaillierte Eckdaten hier zu finden. Aufgeschlüsselt für mehrere Branchen sind dort für die einzelnen Tätigkeiten (kaufmännische und technische Angestellte, Arbeiter, Meister, Auszubildende) detaillierte Eckdaten zu finden. Die Daten umfassen nicht nur Gehälter und Zuschläge, sondern auch Themen wie Arbeitszeit, Urlaub, Kündigung, Sonderzahlungen etcetera.
  • Das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) hat die tariflichen Grundvergütungen von rund 150 Berufen und Tätigkeiten aus rund 50 Branchen und Tarifbereichen zusammengestellt. Die Dokumentation „WSI – Tarifarchiv, wer verdient was? Tarifliche Grundvergütungen für ausgewählte Berufe und Tätigkeiten” enthält eine alphabetisch geordnete Berufeauswahl und kann im Internet heruntergeladen werden unter www.boeckler.de.
  • Übersichten über durchschnittliche Verdienste, insbesondere für einzelne Branchen, sind schwer zu erhalten. Einen ersten Überblick ermöglichen die Daten des statistischen Bundesamtes (unter www.destatis.de), die allerdings nur eine grobe Aufschlüsselung nach Wirtschaftszweigen unter volkswirtschaftlichen Aspekten bietet. Da die Daten mehrerer Jahre nebeneinander gestellt werden, kann dabei auch die Entwicklung von Vergütung abgelesen werden.
  • Bestimmte Tarifverträge können auch beim Arbeitsgericht Darmstadt in der Zeit von 9 bis 12 Uhr eingesehen werden. Eine vorherige telefonische Anfrage unter Telefon: 06151 80403 ist dringend zu empfehlen, um sicherzustellen, dass der betreffende Tarifvertrag dort auch vorliegt, in der aktuellen Fassung vorhanden ist und auch eingesehen werden kann. Ablichtungen der Tarifverträge können nicht angefertigt werden. Auch eine Beratung ist nicht möglich, sondern nur die Einsichtnahme. Anschrift: Arbeitsgericht Darmstadt, Steubenplatz 14, 64293 Darmstadt.
  • Das Arbeitsgericht Frankfurt hat eine umfangreiche, leider nicht vollständige Tarifvertragssammlung. Hier besteht die Möglichkeit, Fotokopien der Tarifverträge zu erstellen. Auch hier ist zu empfehlen, vorher beim Tarifregister in Wiesbaden die genaue Bezeichnung des betreffenden Tarifvertrages zu erfragen. Und: beim Arbeitsgericht Frankfurt sollte ebenfalls im Voraus telefonisch nachgefragt werden, ob der gesuchte Tarifvertrag vorliegt. Anschrift: Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Gutleutstraße 130, 60327 Frankfurt am Main, Telefon: 069 150470.
  • Das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales stellt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein kostenloses Angebot zum Thema Arbeitsrecht zur Verfügung. Montags bis donnerstags von 8 bis 20 Uhr sind dort Antworten auf Fragen aus dem arbeitsrechtlichen Bereich zu erhalten: Telefon: 030 221911004 (Ortstarif).
Stand: Mai 2025

Rückzahlung der Aus- oder Fortbildungskosten

Der Arbeitgeber übernimmt regelmäßig die gesamten Aus- oder Fortbildungskosten für seine Arbeitnehmer. Hierbei handelt es sich um die Kosten der Schulung einschließlich der materiellen Ausbildungsmittel sowie damit zusammenhängende Reisekosten inklusive Übernachtung und Verpflegung. Während der Lehrgangszeit wird die Arbeitsvergütung weitergezahlt, sofern nicht unbezahlter Urlaub vereinbart worden ist.
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber keinen Rückzahlungsanspruch, es sei denn, ein solcher ist wirksam vereinbart worden.
Hinweis für Ratsuchende: Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die IHK die Aufgabe, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten und ihre Mitgliedsunternehmen zu beraten. Wenn Sie als Arbeitnehmer rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich entweder an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Abteilung Arbeitsrecht, oder an den Verein „ArbeitnehmerHilfe” wenden.

1. Wann sollte eine Rückzahlung der Aus- oder Fortbildungskosten vereinbart werden?

Aufgrund des hohen Kostenaufwandes ist der Arbeitgeber regelmäßig daran interessiert, dass der Arbeitnehmer nach der Aus- bzw. Fortbildung zumindest zeitweise weiterhin im Unternehmen verbleibt. Eine solche Bindung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber durch die Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel erreichen.

2. Wann kann eine Rückzahlung vereinbart werden?

Grundsätzlich kann stets eine Rückzahlungsvereinbarung vereinbart werden. Eine Ausnahme hiervon bilden betriebliche Ausbildungsverhältnisse (gesetzliches Verbot, Paragraphen 12 Absatz 2, 26 BBiG).
An die Rückzahlungsklausel sind hohe Anforderungen zu stellen:
Zulässiger Anknüpfungstatbestand kann sein:
  1. Nichterreichen des Ausbildungsziels
  2. Das Ausscheiden des Arbeitnehmers aufgrund eigener Kündigung
    (Ausnahme: Die Kündigung des Arbeitnehmers, die auf einem vom Arbeitgeber zu vertretenden wichtigen Grund im Sinne des Paragraphen 626 Absatz 1 BGB beruht bzw. auf die Unzumutbarkeit der weiteren Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses infolge der vom Arbeitgeber gesetzten Umstände zurückzuführen ist)
Kein Anknüpfungstatbestand und damit unwirksam ist:
  1. Wenn die Rückzahlungspflicht an jedes Ausscheiden des Arbeitnehmers geknüpft wird
  2. Bei grundloser arbeitgeberseitiger Kündigung
  3. Bei betriebsbedingter oder personenbedingter Kündigung
  4. Wenn der Kündigungsgrund in der Sphäre des Arbeitgebers liegt
  5. Die Kündigung seitens des Arbeitgebers aufgrund unverschuldeter Krankheit des Arbeitnehmers erfolgt
Wird für den Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung durch den Arbeitnehmer eine Rückzahlungsklausel vereinbart, ohne dass danach differenziert wird, ob der Beendigungsgrund dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer zuzuordnen ist, ist eine solche Klausel unwirksam, weil sie den Arbeitnehmer unangenehm benachteiligt. Die Rückzahlungsklausel muss dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, die Rückzahlung durch eigene Betriebstreue zu vermeiden. (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Mai 2013, Aktenzeichen 3 AZR 103/12).

3. Welche Voraussetzungen müssen beachtet werden?

  • Verbesserung der beruflichen Chancen
    Der Arbeitgeber kann die Aus- oder Fortbildungskosten nur zurückverlangen, wenn die Aus- oder Fortbildungsmaßnahme dem Arbeitnehmer neue berufliche Chancen eröffnet, indem sie die Möglichkeit zum weiteren beruflichen Aufstieg oder seine Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbessert.
  • Ausdrückliche Vereinbarung
    Die Rückzahlung von Aus- oder Fortbildungskosten setzt eine ausdrückliche Einigung zwischen den Vertragsparteien voraus und ist in dem jeweiligen Arbeitsvertrag oder in einer gesonderten Vereinbarung festzuhalten. Diese muss für den Arbeitnehmer transparent sein und darf keine Unklarheiten enthalten. Andernfalls kann der Arbeitnehmer sein Zahlungsrisiko nicht hinreichend klar abschätzen (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 6. August 2013, Aktenzeichen 9 AZR 442/12). Eine exakte Bezifferung ist nicht verpflichtend, aber Art und Berechnungsgrundlage sind unverzichtbar. Fehlt eine Abrede über den Vorbehalt der Rückzahlung der Kosten, muss der Arbeitnehmer diese Kosten nicht erstatten.
  • Vereinbarungszeitpunkt
    Die Vereinbarung muss vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme getroffen werden. Andernfalls erlangt sie keine Gültigkeit.
  • Bindungsdauer
    Der Arbeitnehmer darf nicht unangemessen lange an das Arbeitsverhältnis gebunden werden. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen ist ein angemessenes Verhältnis zwischen der Aus-/ Fortbildungs- und Bindungsdauer herzustellen. Der Bundesgerichtshof hat daher für den Regelfall folgende Grundsätze zur Bindungsdauer entwickelt:
Lehrgangsdauer Bindungsdauer
bis zu 1 Monat bis zu 6 Monaten
bis zu 2 Monaten bis zu 1 Jahr
bis zu 3-4 Monaten bis zu 2 Jahre
bis zu 6-12 Monaten bis zu 3 Jahre
Mehr als 2 Jahre bis zu 5 Jahre
Je länger der Fortbildungszeitraum andauert, desto länger ist eine Bindung des Arbeitnehmers zulässig.
Im Einzelfall kann auch bei kürzerer Ausbildungsdauer eine verhältnismäßig lange Bindungsdauer gerechtfertigt sein, falls der Arbeitgeber erhebliche Mittel aufwendet und der Arbeitnehmer durch die Teilnahme an der Fortbildung eine besonders hohe Qualifikation mit überdurchschnittlichen Vorteilen erlangt. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.
  • Höhe
    Der Rückzahlungsbetrag darf die tatsächlichen Kosten der Maßnahme nicht übersteigen. Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung dürfen nicht Gegenstand der Rückzahlungsverpflichtung sein. Bei einem Bindungszeitraum von drei Jahren ist es üblich, eine Rückzahlungsverpflichtung von jeweils 1/36 für jeden nicht geleisteten Monat anzusetzen.

4. Welche Folgen treten bei unwirksamer Vereinbarung ein?

Bei zu langer Bindungsfrist, zu weitgehendem Rückzahlungstatbestand oder zu hohem Rückzahlungsbetrag ist die Rückzahlungsklausel insgesamt unwirksam. Ein Rückzahlungsanspruch besteht dann nicht.
Tipp: Der Klauselinhalt sollte besser zurückhaltend gestaltet werden, um nicht eine zu weitgehende und damit unwirksame Klausel zu vereinbaren.

5. Formulierungsvorschlag

Rückzahlungspflicht

„Hat die Firma unter Fortzahlung der Bezüge die vollen Lehrgangskosten übernommen, so ist der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der Bezüge und der Lehrgangskosten verpflichtet, wenn er das Arbeitsverhältnis aus einem nicht von der Firma zu vertretenden Grund kündigt oder wenn es seitens der Firma aus einem vom Arbeitnehmer zu vertretenden Grund gekündigt wird. Für je einen Monat der Beschäftigung nach dem Ende des Lehrgangs werden ___ des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen.
Der Arbeitnehmer ist auch dann zur Rückzahlung der Kosten verpflichtet, wenn er den Fortbildungskurs nach Ablauf von ___ Monaten nach seinem Beginn abbricht, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt.
Dies gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis seitens der Firma aus einem vom Arbeitnehmer zu vertretenem Grund gekündigt wird.”
Stand: Mai 2025

Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot

In welchem Umfang sind Nebentätigkeiten des Arbeitsnehmers genehmigungspflichtig und inwieweit bestehen gesetzliche und einzelvertragliche Grenzen für nebenberufliche Tätigkeiten? Was sind die Auswirkungen unzulässiger Nebentätigkeiten und welche steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen ergeben sich bei der Ausübung einer Nebentätigkeit?
Hinweis für Ratsuchende: Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die IHK die Aufgabe, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten und ihre Mitgliedsunternehmen zu beraten. Wenn Sie als Arbeitnehmer rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich entweder an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Abteilung Arbeitsrecht, oder an den Verein „ArbeitnehmerHilfe” wenden.

1. Das Wichtigste vorab

Unter Nebentätigkeit ist jede Tätigkeit zu verstehen, in der der Arbeitnehmer (AN) außerhalb seines Hauptarbeitsverhältnisses seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Dies kann bei demselben Arbeitgeber (AG) oder bei einem Dritten geschehen.
Teilzeitbeschäftigte unterfallen ebenfalls den Nebentätigkeitsregelungen, auch wenn die Beanspruchung durch die Teilzeittätigkeit zusammen mit der Nebentätigkeit die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten AN nicht übersteigt.
Nebentätigkeiten sind also zum Beispiel Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber, ein zweiter Job beim Hauptarbeitgeber, selbständige Tätigkeiten im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags oder unentgeltliche und/oder ehrenamtliche Tätigkeiten.
Auch in einer arbeitsrechtlichen Nebenbeschäftigung haben die Arbeitsvertragsparteien dieselben Rechte und Pflichten wie in einem normalen Arbeitsverhältnis. Der AN hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub. Außerdem ist bei Beendigung des Nebenarbeitsverhältnisses der allgemeine und besondere Kündigungsschutz zu beachten.

2. Genehmigungserfordernis

Grundsätzliche Genehmigungsfreiheit

Im Allgemeinen sind Nebentätigkeiten erlaubt, und zwar auch ohne eine ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgebers. Der AN hat seinem AG bei Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht seine ganze Arbeitskraft, sondern nur eine bestimmte Zeitspanne zur Verfügung gestellt. Daraus folgt, dass es dem AN grundsätzlich freisteht, eine Nebenbeschäftigung ohne Genehmigung des AG aufzunehmen.
Gesetzlich angeordnet ist eine generelle Genehmigungspflicht nur für die Nebentätigkeit von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst.

Anzeigepflicht des AN bei Interessenverletzung des AG

Auch wenn keine generelle Genehmigungspflicht für die Nebentätigkeit besteht, ist der AN zumindest verpflichtet, dem AG eine geplante Nebentätigkeit anzuzeigen, soweit hiervon die Interessen des AG tangiert werden können. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein pauschal versicherter geringfügig beschäftigter AN (sogenannte "450-Euro-Kräfte") eine weitere geringfügige Beschäftigung aufnimmt und damit die Grenzen der Geringfügigkeit gemäß Paragraf 8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) überschritten werden (siehe Merkblatt "Geringfügige Beschäftigung").

Vorbehalt eines Widerrufs

Wird eine bestimmte Nebentätigkeit ausdrücklich durch den AG genehmigt, stellt sich stets die Frage, ob die Genehmigung wieder "zurückgenommen" werden kann. Dies kann immer dann in Betracht kommen, wenn im Verlauf der Ausübung der Nebentätigkeit unvorhersehbare Konflikte mit der Haupttätigkeit auftreten, die bei weiterer Beibehaltung der Nebentätigkeit berechtigte Interessen des AG beeinträchtigen können. Hier bleibt dem AG lediglich die Möglichkeit der Änderungskündigung. Bei einer Änderungskündigung gibt es für den AN wie bei der "normalen" Kündigung die Möglichkeit der Kündigungsschutzklage.
Daher folgender Tipp: Um diesen Konflikten bereits im Vorfeld aus dem Weg zu gehen, besteht die Möglichkeit des AG, bei Genehmigung der Nebentätigkeit ausdrücklich einen Widerrufsvorbehalt zu vereinbaren. Bei (nachträglicher) Beeinträchtigung der Interessen des AG ist durch diesen nur ein Widerruf der Genehmigung erforderlich, keine Änderungskündigung.

3. Grenzen der Nebentätigkeit

Gesetzliche Grenzen

In einigen Fällen sind Nebentätigkeiten grundsätzlich unzulässig. So zum Beispiel:
  • Der AN macht dem AG durch seine Nebentätigkeit in rechtlich unzulässiger Weise Konkurrenz. Gesetzliche Grenzen ergeben sich unter anderem gemäß Paragraf 60 Handelsgesetzbuch (HGB) für den kaufmännischen Angestellten, dem es untersagt ist, im Rahmen einer Nebenbeschäftigung eine Konkurrenztätigkeit auszuüben. Für sonstige AN ergibt sich ein vergleichbares Wettbewerbsverbot aus der allgemeinen Treuepflicht.
Hinweis:
Hinsichtlich eines Wettbewerbsverbotes nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gibt es ein Merkblatt zum Thema "Nachvertragliches Wettbewerbsverbot".
  • Die Arbeitszeit von Haupt- und Nebentätigkeit übersteigt zusammengerechnet die nach Paragraf 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zulässige werktägliche Höchstgrenze von acht Stunden beziehungsweise von maximal zehn Stunden bei entsprechendem Zeitausgleich.
  • Paragraf 8 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) untersagt dem Arbeitnehmer, während des gesetzlichen Mindesturlaubs eine dem Urlaubszweck (Erholung!) widersprechende Erwerbstätigkeit zu leisten. Dieses Verbot gilt grundsätzlich auch für die Nebentätigkeit, wenn der Arbeitnehmer sich bei seiner Haupttätigkeit im Erholungsurlaub befindet.
  • Der AN übt während krankheitsbedingter Abwesenheit eine Nebentätigkeit aus, die den Heilungsprozess verzögert.
  • Die Nebentätigkeit unterfällt dem Begriff der Schwarzarbeit.
  • Beachte: Für Auszubildende gibt es kein Verbot der Nebentätigkeit. Zu berücksichtigen ist, dass die Lernpflicht des Auszubildenden umfassender ist als die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Wird die Lernpflicht durch die Nebenbeschäftigung beeinträchtigt, ist die Nebenbeschäftigung als unzulässig anzusehen. Im Übrigen sind hier die genannten Grundsätze auch auf das Ausbildungsverhältnis anwendbar.
  • Bei Altersteilzeit: Die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung durch einen Altersteilzeit-AN, die neben seine Teilzeitbeschäftigung tritt, kann dann zum Ruhen des Erstattungsanspruchs des AG gegen die Bundesagentur für Arbeit führen, wenn
    • es sich bei der Nebentätigkeit um eine selbstständige Tätigkeit, oder wenn
    • es sich bei der Nebentätigkeit um eine mehr als geringfügige Beschäftigung handelt, vergleiche Paragraf 5 Absatz 3 AltersteilzeitG (AltTZG).
Bei geförderter Altersteilzeit durch den Arbeitgeber besteht für diesen ein berechtigtes Unterlassungsinteresse also immer schon dann, wenn die Nebentätigkeit die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet (weitere Infos finden Sie auf der Homepage der Agentur für Arbeit).
  • Bei Elternzeit: Soll während der Elternzeit eine Teilzeittätigkeit von maximal 30 Wochenstunden bei einem anderen Arbeitgeber oder eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden, wird die Zustimmung des Hauptarbeitgebers benötigt, vergleiche Paragraf 15 Absatz 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Die Zustimmung kann innerhalb einer Frist von vier Wochen versagt werden, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Betriebs- und Geschäftsinteressen oder Wettbewerbsinteressen beeinträchtigt werden.

Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen und währenddessen in Teilzeit bei ihrem bisherigen Arbeitgeber arbeiten wollen, sollten auf dessen Nachfrage ihren Teilzeitwunsch hinsichtlich Beginn und Umfang präzisieren, um damit dem Arbeitgeber eine zeitnahe Reaktion, etwa durch Einstellen einer Ersatzkraft zu ermöglichen (weitere Informationen zu Elternzeit und Elterngeld finden Sie in unserem Merkblatt).

Vertragliche Grenzen

Einzelvertraglich kann ein Nebentätigkeitsverbot vereinbart werden, soweit der AG hieran ein berechtigtes Interesse hat. Dieses besteht immer dann, wenn durch die Nebentätigkeit die vertraglich geschuldete Leistung beeinträchtigt wird. Die oftmals in den Arbeitsverträgen vereinbarten Bestimmungen folgenden Inhalts:
"Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist jede unentgeltliche oder entgeltliche Nebenbeschäftigung unzulässig.”
oder
"Nebentätigkeiten bedürfen der Zustimmung des AG.”
beschränken den AN unangemessen in seiner Berufsfreiheit und sind unzulässig.
Formulierungsvorschlag einer zulässigen Nebentätigkeitsklausel: "Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigung nur mit schriftlicher Zustimmung der Firma zulässig. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn berechtigte Interessen der Firma nicht beeinträchtigt werden. Die Firma hat die Entscheidung über den Antrag von Herrn/Frau ... auf Zustimmung zur Nebentätigkeit innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zu treffen. Wird innerhalb dieser Frist eine Entscheidung nicht gefällt, gilt die Zustimmung als erteilt.”
Ob in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen ein Nebentätigkeitsverbot vereinbart werden kann ist umstritten. Zum Teil wird eine solche Regelung grundsätzlich als zulässig erachtet, zum Teil aber mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um die Regelung von Individualrechten der AN und insoweit fehle den Betriebs- und Tarifpartnern eine Normsetzungsbefugnis.

Allgemeine arbeitsvertragliche Pflichten im Hauptarbeitsvertrag als Grenze

Soweit weder ein gesetzliches noch ein vertragliches Nebentätigkeitsverbot besteht, ergeben sich gleichwohl Schranken der Ausübung von Nebentätigkeiten aus den allgemeinen arbeitsvertraglichen Pflichten im Hauptarbeitsvertrag. So hat der AN jede Nebentätigkeit zu unterlassen, die zu einer Vernachlässigung seiner Arbeitspflicht im Hauptarbeitsverhältnis führen würde.
Beispiel: Der AN wird durch die anstrengende Nebentätigkeit so sehr beansprucht, dass er seinen (Haupt-)Arbeitsvertrag nicht oder nicht ausreichend erfüllen kann, weil er ständig müde ist.
Unter besonderen Umständen hat der AG nach Paragraf 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Auskunftsanspruch, soweit er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist und der AN unschwer Auskunft erteilen kann. Es ist dem AN zuzumuten, den AG über etwaige Nebentätigkeiten zu informieren bzw. diese anzuzeigen. Solche weitgehenden Beschränkungen der Privatsphäre des AN können zulässig sein, nämlich zum Beispiel dann, wenn der AN den Betrieb des AG nach außen hin „repräsentiert”, dementsprechend bezahlt wird und der AG daher nicht nur die gesamte Arbeitskraft des AN beanspruchen kann, sondern auch bei der Gestaltung der Freizeit des AN ein Wort mitzureden hat.
Die Anzeige- beziehungsweise Informationspflicht des AN dient dem Schutz des AG. Dieser kann auf Grund der Anzeige des AN prüfen, ob die Nebenbeschäftigung die eigenen betrieblichen Interessen beeinträchtigt. Ein solcher Vorbehalt ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht zu beanstanden. Die Rechtfertigung eines Interesses des AG an einem vorliegenden Genehmigungsvorbehalt liegt unter anderem darin, dass es Aufgabe des AG ist, die Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften zu kontrollieren. Er hat deshalb einen Anspruch auf Auskunft über das Ob und den Umfang einer Nebentätigkeit. Der AG muss dafür Sorge tragen, dass die Vorschriften des ArbZG, die nicht nur dem Schutz des Beschäftigten, sondern auch dem Schutz der anderen AN dienen, tatsächlich beachtet werden.
Ergebnis:
Der AN hat grundsätzlich dann Anspruch auf Zustimmung des AG, wenn die Aufnahme der Nebentätigkeit betriebliche Interessen nicht beeinträchtigt (BAG Urteil vom 11. Dezember 2001 – 9 AZR 464/00). Dieser Anspruch kann einzelvertraglich auch nicht abgedungen werden.
Wenn eine Informationspflicht nicht vertraglich vereinbart wurde, muss eine Nebentätigkeit nur dann angezeigt werden, wenn durch diese berechtigte Interessen des AG bedroht sind. Der AN muss in diesem Fall selbst entscheiden, ob eine solche Interessenkollision möglich erscheint und eine Anzeigepflicht daher gegeben ist.

4. Auswirkungen der unzulässigen Nebentätigkeit

Die Frage, ob eine Nebentätigkeit zulässig ist beziehungsweise einer Genehmigung des AG bedarf, stellt sich in der Praxis zumeist erst dann, wenn der AG die Nebentätigkeit zum Anlass nimmt, den AN abzumahnen oder sogar zu kündigen.
Verletzt der AN durch die Ausübung einer Nebentätigkeit seine arbeitsvertraglichen Pflichten aus dem Hauptarbeitsverhältnis in erheblichem Umfang, so kann – im Regelfall nach Abmahnung – eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein.
Eine fristlose Kündigung kann im Ausnahmefall gerechtfertigt sein, insbesondere bei der Ausübung von Konkurrenztätigkeit oder bei Missbrauch von AG-Eigentum für die Nebentätigkeit. Soweit der AN infolge der Nebentätigkeit schlechte Arbeit leistet, kommt für den AG die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Betracht.
Fazit:
Die Frage, welche Sanktionen eine unzulässige Nebentätigkeit nach sich zieht, lässt sich daher nicht allgemein beantworten, sondern ist abhängig von der durch die Nebentätigkeit im Einzelfall verletzten Rechtspflicht.
Wenn der AG unzulässiger Weise eine Nebentätigkeit untersagt hat, kann der AN trotz dieses Verbots eine Nebentätigkeit ausüben, ohne dass der Arbeitgeber auf diesen Verstoß eine Kündigung stützen kann. Eine Kündigung ist ebenfalls ausgeschlossen, soweit der AG irrtümlich von einem gesetzlichen Nebentätigkeitsverbot ausgeht.
Ob eine Nebentätigkeit steuerrechtlich als AN oder selbstständig ausgeübt wird, ist nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien zu prüfen (siehe Merkblatt „Scheinselbständigkeit” der IHK Darmstadt).

5. Wettbewerbsverbot

Das Wichtigste vorab

Im bestehenden Arbeitsverhältnis darf der AN mit seinem AG nicht in Konkurrenz und Wettbewerb treten. Das ist gesetzlich geregelt und ergibt sich auch als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet dieser Schutz des ehemaligen AG jedoch abrupt. Wie kann ein AG verhindern, dass sein ehemaliger Mitarbeiter zur Konkurrenz wechselt oder sich in der gleichen Branche selbständig macht? Indem er für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot vereinbart. Wichtig ist dabei, die gesetzlichen Spielregeln einzuhalten, denn nur dann ist das Verbot wirksam.
Im Folgenden werden diese Spielregeln erläutert, um dem Arbeitgeber die Entscheidung zu erleichtern, wann ein Wettbewerbsverbot sinnvoll und hilfreich ist.

Wettbewerbsverbot bei bestehendem Arbeitsverhältnis

Dem kaufmännischen Angestellten ist es gemäß Paragrafen 60 und 61 HGB untersagt, ohne Einwilligung des AG ein Handelsgewerbe im Geschäftszweig des AG zu betreiben oder auf eigene oder fremde Rechnung Geschäfte in diesem Bereich zu tätigen.
Diese gesetzliche Regelung gilt aufgrund der vertraglichen Rücksichts- beziehungsweise Treuepflicht auch für die sonstigen Arbeitnehmer.
Bei einem Verstoß des AN gegen das Wettbewerbsverbot hat der AG verschiedene Ansprüche. Er kann vom AN Unterlassung verlangen, wenn mit weiteren Verstößen zu rechnen ist. Daneben kann er Schadensersatz verlangen oder aber stattdessen selbst in die Geschäfte eintreten. Der Verstoß ist auch geeignet, nach erfolgter Abmahnung eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung und bei erheblichen Verstößen auch eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Darüber hinaus steht dem AG auch noch ein Auskunftsanspruch zur Vorbereitung dieser Ansprüche zu.

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Das Wettbewerbsverbot gilt, solange das Arbeitsverhältnis rechtlich besteht, also auch für freigestellte AN für die Zeit der Freistellung.
Erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses enden grundsätzlich auch die Nebenpflichten des AN gegenüber seinem bisherigen AG.
Nur noch grob sittenwidriges Verhalten des ehemaligen AN kann von nun an Ansprüche für den AG auslösen. In Betracht kommen dabei insbesondere Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Der AG ist allerdings auch weiterhin vor einem Wettbewerb seines ehemaligen AN geschützt, wenn für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein wirksames Wettbewerbsverbot (Vergleich Paragrafen 74 und folgende HGB) vereinbart wurde.

Zu den Voraussetzungen im Einzelnen:

1. Form

In formeller Hinsicht bedarf das Wettbewerbsverbot der Schriftform und der Aushändigung eines vom AG unterschriebenen Exemplars an den AN. Die Verletzung dieser Formerfordernisse führt zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots, das heißt es hat keinerlei rechtliche Wirkung.

2. Inhalt

a) Karenzentschädigung

Inhaltlich ist die Zusage einer Karenzentschädigung erforderlich. Der AG muss sich verpflichten, dem AN für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen, die mindestens 50 Prozent des letzten Jahreseinkommens beträgt. Einzubeziehen sind dabei auch alle geldwerten Vorteile des AN. Die Entschädigungspflicht besteht selbst dann, wenn der AN - etwa wegen Erwerbsunfähigkeit, Krankheit, Ruhestand oder Auswanderung - gar nicht in der Lage ist, seinem AG Konkurrenz zu machen.
Achtung: Das Fehlen der Zusage einer Karenzentschädigung führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung. Enthält sie nicht den erforderlichen Mindestbetrag, ist das Wettbewerbsverbot unverbindlich. Der AN hat dann ein Wahlrecht zwischen der geringen Entschädigung verbunden mit der Bindung an das Verbot und der Nichteinhaltung der Vereinbarung ohne Anspruch auf Entschädigung.
Im Fall der Auszahlung der Karenzentschädigung ist allerdings noch zu beachten, dass sich der AN das anrechnen lassen muss, was er durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erworben oder böswillig zu erwerben unterlassen hat. Allerdings nur, wenn die Summe aus Entschädigung und Verdienst sein letztes Einkommen um zehn Prozent übersteigt.

b) Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers

Das Wettbewerbsverbot muss darüber hinaus dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des AG dienen.
Sinn und Zweck des Wettbewerbsverbots kann dabei nur der Schutz vor einer möglichen späteren Konkurrenz des AN sein. Die Bindung des AN an den Betrieb oder die Verhinderung der Abwerbung durch Konkurrenten können keine schutzwürdigen Interessen des AN darstellen.
Achtung: Ist kein berechtigtes geschäftliches Interesse des AG gegeben, hat dies wiederum die Unverbindlichkeit des Verbots mit einem entsprechenden Wahlrecht des AN zur Folge.

c) Keine Erschwerung des beruflichen Fortkommens

Der AN darf zudem unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand nicht unbillig in seinem beruflichen Fortkommen erschwert werden. Dabei hat jeweils eine Abwägung der wechselseitigen Interessen stattzufinden.
Bei der Festlegung der örtlichen Ausdehnung des Wettbewerbsverbots ist daher eine Begrenzung auf die tatsächlichen Interessengebiete des AG vorzunehmen.
Zeitlich gesehen beträgt die Höchstdauer des Wettbewerbsverbots zwei Jahre. Das für einen längeren Zeitraum vereinbarte Verbot wird auf die gesetzlich zulässige Zeit zurückgeführt. Das darüberhinausgehende Wettbewerbsverbot ist unverbindlich.
In gegenständlicher Hinsicht kann eine Beschränkung nur dahingehend erfolgen, dass der AN sich oder Dritten aufgrund seiner Kenntnisse keinen Wettbewerbsvorteil verschafft. Erforderlich ist ein Zusammenhang zwischen der früheren Tätigkeit und der verbotenen Tätigkeit. Eine Beschäftigung in einem ganz bestimmten Unternehmen kann allerdings nicht verboten werden.
Achtung: Eine unangemessene Erschwerung des Fortkommens zieht die Unverbindlichkeit der Vereinbarung nach sich. Der AN kann sich auch in diesem Fall für oder gegen das Wettbewerbsverbot entscheiden.

d) Vertragsstrafe

Vereinbart werden kann und sollte auch eine Vertragsstrafe für den Fall, dass der AN seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Der AG kann dann im Falle eines Verstoßes aber die Strafe nur anstelle der Erfüllung verlangen. Zu unterscheiden ist hier zwischen
  1. einer Strafe für den Wettbewerbsverstoß insgesamt und
  2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung.
Im ersten Fall erlischt der Unterlassungsanspruch für die Zukunft, wenn der AG die Zahlung der Vertragsstrafe wählt.
Zu empfehlen ist daher die zweite Alternative. Hier erhält der AG die Vertragsstrafe und behält zusätzlich seinen Unterlassungsanspruch für die Zukunft, wenn er sich für die Zahlung der Vertragsstrafe entscheidet.

e) Objektive Bedingungen

Möglich ist auch, das Wettbewerbsverbot vom Eintritt einer objektiven Bedingung abhängig zu machen. Vereinbart werden kann zum Beispiel, dass das Wettbewerbsverbot nur gelten soll, wenn das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortgesetzt wird oder der AN eine bestimmte Position oder Betriebszugehörigkeit erreicht.

Rechtsfolgen eines Verstoßes

Ansprüche aus einem wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot können von beiden Seiten gerichtlich geltend gemacht werden.
Der AG kann also mit einer Unterlassungsklage das konkurrierende Verhalten seines ehemaligen AN unterbinden. Unter Umständen stehen ihm sogar Schadensersatzansprüche zu. Der AN hingegen kann die Zahlung der Karenzentschädigung mit Hilfe einer Zahlungsklage erzwingen.
(Wegen der Rechtsfolgen bei einer vereinbarten Vertragsstrafe wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.)

Unwirksam werden

Die Vertragsparteien haben grundsätzlich die Möglichkeit, die gemeinsam geschlossene Vereinbarung auch wieder einvernehmlich - durch zum Beispiel einen Aufhebungsvertrag - zu beseitigen.
Das Wettbewerbsverbot wird unwirksam, wenn der AN seinen Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund wegen vertragswidrigem Verhalten des AG kündigt und vor Ablauf eines Monats nach Kündigung schriftlich erklärt, dass er sich an die Vereinbarung nicht gebunden erachte. Das gleiche Lossagungsrecht steht dem AN zu, wenn der AG den Arbeitsvertrag ordentlich kündigt, es sei denn, die Gründe liegen in der Person des AN.
Kündigt der AG den Arbeitsvertrag außerordentlich aus verhaltensbedingten Gründen, kann er innerhalb eines Monats schriftlich erklären, dass er sich nicht an das Wettbewerbsverbot gebunden erachtet.
Der AG kann allerdings auch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses einseitig auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Er ist dann aber auch noch bis zum Ablauf eines Jahres nach der Erklärung zur Zahlung der Karenzentschädigung verpflichtet.
Tipp: Die Möglichkeiten eines Verzichts oder einer Aufhebung sollten besonders im Fall von AN in Betracht gezogen werden, die alsbald in den Ruhestand gehen.

Zulässigkeit

Bei Auszubildenden, Volontären und sonstigen gleichgestellten Personen ist der Abschluss eines Wettbewerbsverbots generell unzulässig.
Eine Anwendung der Vorschriften bei Vertretern von Handels- oder Kapitalgesellschaften und freien Mitarbeitern kommt nicht in Betracht. Eine entsprechende Anwendung ist allerdings bei Mandantenschutzklauseln der freien Berufe gegeben. Für Handelsvertreter gelten die speziellen Regelungen des Paragrafen 90 a HGB.
Ansonsten ist der Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots in allen Branchen und Berufsfeldern zulässig. Sinn ergibt dies aber nur bei Tätigkeiten, die dem Arbeitnehmer besonders schutzwürdige Kenntnisse, Fähigkeiten und Kontakte vermitteln. Insbesondere in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und in sensiblen und schnelllebigen Branchen wie der Automobil- und Pharmaindustrie und der EDV-Branche.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach Treu und Glauben

Nur beim Vorliegen besonderer Umstände kann der AN Treuepflichten unterliegen, die eine konkurrierende Tätigkeit trotz Fehlens einer nachvertraglichen Vereinbarung verbieten.
So entschieden wurde durch das BAG zum Beispiel in dem Fall eines AN, der für seinen AG einen Kundenauftrag bearbeitet hatte. Vor der sicher bevorstehenden Erteilung des Auftrags schied der AN aus dem Arbeitsverhältnis aus und ermöglichte seinem neuen AG die Auftragserteilung durch die Kenntnisse, die er bei seinem früheren AG im Rahmen der Auftragsbearbeitung erworben hatte. Hier entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die Anstands- und Rücksichtspflichten des AN eine Vereitelung der Auftragserteilung an seinen früheren AG verbieten. Als Folge musste der AN seinem ehemaligen AG Schadensersatz leisten.

Formulierungsbeispiel

Ein Wettbewerbsverbot könnte etwa wie folgt formuliert werden:
  • Der Arbeitnehmer verpflichtet sich für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder in selbständiger, unselbständiger noch in sonstiger Weise in einem Unternehmen, das mit dem Arbeitgeber direkt oder indirekt konkurriert, im Gebiet der BRD/im Land–tätig zu sein.
  • Für jeden Monat der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Karenzentschädigung in Höhe von 50 Prozent der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen.
  • Für jeden Fall des Verstoßes hat der Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von – (drei) Brutto-Monatsgehältern zu zahlen. Besteht die Zuwiderhandlung in einer fortgesetzten Tätigkeit, ist die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat verwirkt.
  • Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen der Paragrafen 74 und folgende HGB.

Abwerben von Kunden nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots

Geht es um das Abwerben von Kunden nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, ohne dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wurde, ist zunächst festzuhalten, dass der Kundenstamm zwar einen erheblichen wirtschaftlichen Wert, jedoch kein geschütztes Rechtsgut darstellt.
Einen Anspruch auf Erhalt des Kundenstamms gibt es daher nicht, denn das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs, auch, wenn es zielgerichtet und planmäßig erfolgt.
Es ist daher grundsätzlich zulässig, sofern nicht verwerfliche Umstände hinzukommen.
Andernfalls liegt ein Verstoß gegen Paragraf 4 Nummer 10 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) vor.
Hierbei können verwerfliche Umstände insbesondere sein:
  • Verleitung zum Vertragsbruch
    Grundsätzlich ist die bewusste Beeinflussung des Kunden, gegen die Verpflichtungen aus dem mit einem Konkurrenten bestehenden Vertrag zu verstoßen, verwerflich und damit unzulässig, wobei schon der Versuch ausreicht. Dabei kann auch entscheidend sein, dass der Unternehmer die Kunden ungenügend über das Leistungsangebot der Mitbewerber oder die aus der Vertragsauflösung erwachsenen Nachteile und Risiken informiert.
    Zulässig ist dagegen ein bloßes Angebot, den Vertragspartner zu wechseln, auch wenn der Kunde noch vertraglich gebunden ist und der Anbietende dies weiß.
  • herabsetzende oder anschwärzende Äußerungen über Leistungs- und Warenangebot, Qualifikation oder Befähigung des Konkurrenten.
  • täuschende oder irreführende Angaben über das Konkurrenzunternehmen oder dessen Mitarbeitende.
  • Abwerbung von Kunden des Konkurrenten während einer Zusammenarbeit mit diesem oder während der vertretungsweisen Betreuung seiner Kunden.
  • Überrumpelung oder Bestechung des Kunden
  • Ausnutzen eines fehlgeleiteten Auftrags sowie Abfangen von Kundenaufträgen- oder -anfragen.
  • Verwendung unlauter beschaffter Geschäftsunterlagen oder -geheimnisse, insbesondere Kundenlisten und Adressen (zum Beispiel auf Datenträgern gespeicherte oder in Listen des früheren AG aufgeführte Informationen).
    Zulässig ist allerdings das Verwenden von im Gedächtnis gespeicherten Informationen.
  • unter Umständen Missachtung von Berufsstandesordnungen (zum Beispiel Werbebeschränkungen für Rechtsanwälte und Ärzte).
  • überwiegendes Umwerben der Kunden des früheren AG, um diesen wirtschaftlich zu schädigen.
  • Gründen eines eigenen Unternehmens und trotz Ähnlichkeit beider Unternehmen unzureichende Abgrenzung gegenüber dem des früheren AG, so dass Kunden die veränderte Wettbewerbslage nicht erkennen können.

Rechtsfolgen:

Sofern ein unlauteres Abwerben von Kunden vorliegt, kommen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, bei Verschulden auch Schadenersatzansprüche in Betracht. Die Beweislast für das Vorliegen verwerflicher Umstände obliegt dem Unternehmen, dessen Kunden unlauter abgeworben wurden.
Stand: Mai 2025

Verbraucherpreisindex und Wertsicherungsklauseln

Mit einer Wertsicherungsklausel im Vertrag kann beispielsweise der Mietpreis einer Immobilie regelmäßig automatisch angepasst werden. Die Berechnung des Wertes eines Objektes basiert auf dem Verbraucherpreisindex. Wie genau das funktioniert, erläutert dieses Merkblatt.
Hinweis für Ratsuchende: Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die IHK die Aufgabe, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten und ihre Mitgliedsunternehmen zu beraten. Wenn Sie als Arbeitnehmer rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich entweder an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Abteilung Arbeitsrecht, oder an den Verein „ArbeitnehmerHilfe wenden.

1. Sinn und Zweck von Wertsicherungsklauseln

Viele Verträge mit einer langjährigen Laufzeit, beispielsweise Miet- oder Pachtverträge über Geschäftsräume sind ohne eine Geldwertsicherungsklausel (oder Wertsicherungsklausel) heute nicht mehr vorstellbar. Grund hierfür ist die Inflation, also die Verringerung der Kaufkraft des Geldes. Je stärker sich der Wert des Geldes verringert, desto mehr wird der Gläubiger einer Geldforderung bestrebt sein, den ursprünglichen Wert seiner Forderung auch in Zukunft zu erhalten. Dies kann der Gläubiger dadurch erreichen, dass er die Geldforderung der Entwicklung von Preisen für Güter oder Dienstleistungen anpasst. Solche Anpassungen müssen dann von Zeit zu Zeit vorgenommen werden.

2. Auf welche Preisentwicklung soll abgestellt werden?

Um die Preisentwicklung erkenn- und berechenbar zu machen, stellt das Statistische Bundesamt anhand eines sogenannten Warenkorbs regelmäßig fest, wieviel Geld ein Haushalt aufbringen muss, um diese Waren zu erwerben. Früher hat das Bundesamt hierzu die Einkommen verschiedener Haushalte (Unterschiede in der Zahl der Personen und des Einkommens) und regionale Unterschiede (Ost und West) berücksichtigt und gesondert ausgewiesen. Ab 2003 ist eine Unterscheidung nach Ost- und Westdeutschland, sowie eine Unterscheidung nach verschiedenen Haushaltstypen weggefallen.
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht seit dem 01.01.2003 lediglich noch folgende Indizes:
  1. Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI; bisher: Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland)
  2. Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI)
Mit dem Übergang von den verschiedenen Preisindizes für die Lebenshaltung auf den „Verbraucherpreisindex für Deutschland” werden inhaltliche und methodische Anpassungen vorgenommen, die jedoch die Aussagekraft dieses wichtigen Indikators nicht beeinträchtigen. Das Statische Bundesamt und die Statistische Landesämter, die den Index in engem Zusammenwirken arbeitsteilig berechnen, treffen Vorsorge, dass der Umstieg von alten Indizes auf den neuen Index einfach und nutzerfreundlich vollzogen werden kann. Für die Nutzung von Preisindizes in Wertsicherungsklauseln wird damit die Kontinuität der Nachweisung gesichert.
Daher sind bei bestehenden Verträgen mit Wertsicherungsklauseln, die sich auf Preisentwicklungen eines bestimmten Haushaltstyps in Ost- oder Westdeutschland beziehen, Vertragsanpassungen vorzunehmen.

3. Veränderung des Indexes in Punkten oder Prozenten

  • Alte Wertsicherungsklauseln: Wurde zum Beispiel in einer Wertsicherungsklausel ein Index für das frühere Bundesgebiet genannt oder für einen in Zukunft nicht mehr angegebenen Haushaltstyp, so bleibt nur die Möglichkeit, sich mit dem Vertragspartner gütlich zu einigen und auf den aktuell berechneten Verbraucherpreisindex in Deutschland umzustellen. Mit Urteil vom 4. März 2009 hat der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt, dass nach Wegfall des alten Indexes bei Klauseln in älteren Gewerbemietverträgen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf den Verbraucherpreisindex mit dem Basisjahr 2000 abzustellen ist. Die auf das frühere Basisjahr des bisherigen Indexes bezogenen Werte müssen auf den neuen Index und das neue Basisjahr umgerechnet werden. Die frühere Unsicherheit, ob die alten Wertsicherungsklauseln in Gewerbemietverträgen ersatzlos wegfallen und Mieterhöhungen damit nicht mehr möglich wären, ist damit gegenstandslos geworden (Urteil des BGH vom 4. März 2009, Az: XII ZR 141/07).
  • Neue Wertsicherungsklauseln sollten nur auf der Basis des Verbraucherpreisindexes für Deutschland abgeschlossen werden.
Weitere Hinweise zur Anpassung bestehender Verträge:
Eine wichtige Änderung bei der Umstellung auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland ist die Umstellung auf das Basisjahr 2000. Diese Umstellung führt bei Wertsicherungsklauseln – je nach Berechnung - zu unterschiedlichen Konsequenzen:
Bei Verträgen mit einer Prozent – Regelung in Wertsicherungsklauseln
Bei diesen Verträgen ist die Anpassung von Wertsicherungsklauseln in der Regel sehr einfach, wenn diese auf Veränderungen in Prozent abstellen. Das Preisbasisjahr spielt bei diesen Fällen keine Rolle; durch die Konsistenz der preisstatistischen Nachweisungen der amtlichen Statistik lassen sich die aktuellen Werte unmittelbar den Veröffentlichungen der amtlichen Statistik entnehmen. Es ist also lediglich eine Umstellung vom bisherigen Index auf den neuen Verbraucherindex für Deutschland vorzunehmen.
Bei Verträgen mit einer Punkte – Regelung in Wertsicherungsklauseln
Knüpfen vertragliche Wertsicherungsklauseln allerdings an Veränderungen in Punkten bzw. Prozentpunkten an, so geschieht dies unter Zugrundelegung eines Preisbasisjahres. Bei jeder Umstellung dieses Basisjahres war auch bisher schon eine Änderung angezeigt. So sollte auch die Umstellung auf das Basisjahr 2000 wieder Anlaß zu einer Überprüfung der eigenen Wertsicherungsklauseln geben. Sollte sich die Notwendigkeit einer Zahlungsanpassung ergeben, so stellt das Statistische Bundesamt Umrechnungshilfen zur Umstellung von einem früheren Basisjahr auf das Jahr 2000 zur Verfügung. Grundsätzlich empfiehlt das Statistische Bundesamt jedoch die Verwendung einer Prozent- Regelung in Wertsicherungsklauseln. Die Vertragsparteien wissen oft nicht, dass die Veränderung des Indexes sowohl in Punkten als auch in Prozenten gemessen werden kann. Dies kann bezüglich des Zeitpunktes einer Mieterhöhung zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Steigt der Index beispielsweise von 140 auf 152 Punkte, und ist eine Mieterhöhung bei einem Indexanstieg von mindestens zehn Punkten vereinbart, so ist eine Mieterhöhung fällig (Differenz = 12 Punkte).
Ist dagegen eine Erhöhung um zehn Prozent vereinbart, ist noch keine Mieterhöhung fällig, da die Erhöhung nur 8,5 % beträgt.
Eine Wertsicherungsklausel, die auf eine prozentuale Veränderung des Indexes abstellt, ist für den Mieter dann von Vorteil, wenn der Lebenshaltungsindex rasch steigt.
Berechnungsformeln:
Nach Prozenten:

Neuer Index – alter Index x 100 = ... %
alter Index

Nach Indexpunkten:
Mietbetrag x neuer Index = neue Miete
alter Index
Für die Prozentberechnung ist zudem kein Bezug auf ein „Basisjahr” erforderlich.
Verbraucherindizes sollten nur für Kalendermonate und Jahre berechnet werden und nicht für Stichtage, da Preisindizes nur für Monate und Jahre erstellt werden. Stichtagsvereinbarungen sollten daher wegen möglicherweise folgender auslegungsbedingter Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.
Neue Ergebnisse zum Preisindex sind am schnellsten über den automatischen Anrufbeantworter des Statistischen Bundesamtes unter der Telefonnummer 0611 752888 oder unter der Telefaxnummer 0611 753888 bzw. auf dessen Homepage unter www.destatis.de zu erhalten.

4. Änderung des Genehmigungsverfahrens für Wertsicherungsklauseln („Euro-Einführung”)

Mit Einführung des Euro zum 1. Januar 1999 wurde Paragraf 3 Währungsgesetz (WährG), der Wertsicherungsklauseln in Verträgen regelte, aufgehoben. Nachfolgeregelung ist Paragraf 2 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes (PrAKG) und die dazu erlassene Preisklauselverordnung.
Diese neue Verordnung klärt beispielsweise, in welchen Fällen Wertsicherungsklauseln in Verträgen in Zukunft der Genehmigung bedürfen oder genehmigungsfrei sind. Die Genehmigungspflicht bezieht sich in erster Linie auf Preisklauseln zur Wertsicherung von Geldschulden in langfristigen Verträgen, wie zum Beispiel Gewerbemiet- und Gewerbepachtverträge sowie Wohnraummietverträge.
Gleichzeitig ging die Zuständigkeit für die Genehmigung von Wertsicherungsklauseln in privatrechtlichen Verträgen von der Deutschen Bundesbank und den Landesbanken auf das Bundesamt für Wirtschaft (BAW) in Eschborn über.
Bisherige Genehmigungen der Deutschen Bundesbank und Negativatteste gelten weiter, am 31. Dezember 1998 noch nicht erledigte Genehmigungsanträge wurden auf das Bundesamt für Wirtschaft übergeleitet.
Inhaltlich orientiert sich die preisrechtliche Nachfolgeregelung weit gehend an Paragraf 3 WährG und den hierzu von der Deutschen Bundesbank angewandten Genehmigungsgrundsätzen. In einigen Punkten erfolgte aber eine Lockerung des Preisklauselverbotes aus Wettbewerbsgründen und zur Entlastung der Genehmigungsbehörde.
Im neuen Paragraf 2 PrAKG ist ein Indexierungsverbot mit Genehmigungsvorbehalt vorgesehen. Auf Antrag können Ausnahmen genehmigt werden, wenn Zahlungen langfristig zu erbringen sind oder besondere Gründe des Wettbewerbs eine Wertsicherung rechtfertigen und die Preisklausel nicht eine der Vertragsparteien unangemessen benachteiligt. Ausgenommen vom Indexierungsverbot bleibt der Geld- und Kapitalverkehr und Verträge von gebietsansässigen Kaufleuten mit Gebietsfremden. Einzelheiten werden in der zum PrAKG erlassenen Preisklauselverordnung (PrKV) geregelt.
Beispiel für eine genehmigungsfähige Klausel:
„Ändert sich der von dem Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland (Basis 2010 = 100) gegenüber dem für den Monat des Mietbeginns um mindestens zeh Prozent (oder Punkte), so ändert sich automatisch der Mietzins im gleichen Verhältnis und zwar von Beginn des nächsten Monats an. Das gleiche gilt erneut, sobald sich der Index gegenüber seinem Stand im Zeitpunkt der vorangegangenen Mietanpassung wieder um mehr als volle zehn Prozent (oder Punkte) verändert hat.”
a) Genehmigungsfreie Klauseln (Paragraf 1 PrKV)
  1. Leistungsvorbehaltsklauseln
    Bei der indexorientierten Änderung des geschuldeten Betrages besteht ein Ermessensspielraum, der es ermöglicht, die neue Höhe der Geldschuld nach Billigkeitsgrundsätzen zu bestimmen. Zum Beispiel ist die Höhe des Mietpreises bei Veränderung des Indexes nach oben oder unten zwischen den Vertragsparteien neu zu verhandeln. Kommt keine Einigung zustande, könnte sie vereinbarungsgemäß mit Hilfe eines von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Gewerberaummieten erzielt werden.

    Beispiel für eine Leistungsvorbehaltsklausel:
    „Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland (Basis 2010 = 100) gegenüber dem für den Monat des Vertragsschlusses veröffentlichten Index um mindestens zehn Prozent (oder Punkte), so kann jede Partei eine Anpassung des Mietzinses verlangen. Maßstab dafür soll die Veränderung des Indexes sein, so weit dies der Billigkeit entspricht. Die Änderung des Mietzinses wird ab dem auf das Änderungsverlangen folgenden Monat wirksam. Bei jeder weiteren Indexänderung gegenüber der jeweils letzten Änderung des Mietzinses ist diese Regelung entsprechend anwendbar.
  2. Spannungsklauseln
    Darunter fällt beispielsweise eine Vereinbarung, nach der ein bestimmtes Geschäftsführergehalt von der künftigen Entwicklung der Dienstbezüge eines Beamten des höheren Dienstes abhängig sein soll. An die Gleichartigkeit oder Vergleichbarkeit der miteinander verknüpften Güter und Leistungen sind nach der bisherigen Rechtsprechung keine hohen Anforderungen zu stellen.
  3. Kostenelementeklauseln
    Hierunter fällt beispielsweise eine Vereinbarung, nach der das festgesetzte Entgelt für Bauleistungen von der künftigen Entwicklung des einschlägigen Baukostenindex abhängig gemacht wird.
b) Allgemeine Genehmigungsvoraussetzungen (Paragraf 2 PrKV)
  1. Hinreichende Bestimmtheit: Die Preisklausel muss erkennen lassen,welche konkreten Preise oder Werte für die künftige Höhe des geschuldeten Geldbetrages bestimmend sein sollen.
  2. Die Preisklausel muss sowohl eine Erhöhung als auch eine Ermäßigung des geschuldeten Betrages nach Maßgabe der gewählten Bezugsgröße vorsehen.
  3. Der geschuldete Betrag darf sich gegenüber der Entwicklung der Bezugsgröße nicht überproportional ändern.
c) Langfristige Gewerbemiet- und Gewerbepachtverträge – Genehmigungsfreiheit nach Paragraf 4 PrKV
Unter bestimmten Voraussetzungen gelten Preisklauseln in Miet- und Pachtverträgen über Gebäude oder Räume, so weit es sich nicht um Mietverträge über Wohnraum handelt, als genehmigt, ohne dass ein Antrag gestellt oder das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden muss.
  1. Erfüllung der obigen allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen
  2. Die Entwicklung des Miet- und Pachtzinses wird bestimmt entweder durch
  • die Änderung eines vom Statistischen Bundesamt oder vom Statistischen Landesamt ermittelten Preisindexes für die Gesamtlebenshaltung oder eines vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaft ermittelten Verbraucherpreisindexes

    oder durch
  • die künftige Einzel- oder Durchschnittsentwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen, die der Schuldner in seinem Betrieb erzeugt, veräußert oder einbringt,

    oder durch
  • die künftige Einzel- oder Durchschnittsentwicklung des Preises oder des Wertes von Grundstücken, wenn sich das Schuldverhältnis auf die land- und forstwirtschaftliche Nutzung beschränkt und der Vermieter oder Verpächter für die Dauer von mindestens zehn Jahren auf das Recht der ordentlichen Kündigung verzichtet oder der Mieter oder Pächter hat das Recht, die Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu verlängern.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Genehmigung einer Mietanpassungsvereinbarung bei Wohnraummietverträgen nicht mehr erforderlich ist. Dies wird jetzt durch Paragraf 10 a des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe bestimmt.
  • Dabei ist als ausschließliche Referenzgröße der Preisindex für die Gesamtlebenshaltung des Statistischen Bundesamtes heranzuziehen,
  • das Ausmaß der Mietanpassung muss bestimmt und der prozentualen Indexveränderung entsprechen und
  • der Vermieter muss für die Dauer von mindestens zehn Jahren auf die ordentliche Kündigung verzichten.
Auskünfte über die Einzelheiten der Neuregelung erteilt das Bundesamt für Wirtschaft (Referat III 6), Frankfurter Str. 29 – 31, 65760 Eschborn/Taunus, Telefon 06196 404479, Telefax 06196 94226.
Stand: Mai 2023

Urlaub: Abgeltung und Berechnung

Das Thema Urlaubsabgeltung führt immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht, da die genauen Voraussetzungen für einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung von verbliebenen Urlaubstagen oftmals unklar sind oder die Abgrenzung zu verwandten Begriffen schwer fällt. Die Urlaubsabgeltung betrifft den Fall, dass wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub ganz oder teilweise nicht gewährt werden kann. An drei Beispielsfällen und einer Berechnungsformel wird erläutert, wie die Abgeltung konkret zu berechnen ist.
Hinweis für Ratsuchende: Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die IHK die Aufgabe, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten und ihre Mitgliedsunternehmen zu beraten. Wenn Sie als Arbeitnehmer rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich entweder an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Abteilung Arbeitsrecht, oder an den Verein „ArbeitnehmerHilfe” wenden.

Begriff der Urlaubsabgeltung und Abgrenzung

Von Urlaubsabgeltung spricht man, wenn wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der gesetzlich zustehende Urlaub ganz oder teilweise nicht bis zum Beendigungszeitpunkt gewährt werden kann und die so verbliebenen Urlaubstage „abgegolten“ und damit ausgezahlt werden müssen. Geregelt ist das in Paragraf 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dies gilt sowohl im Falle einer ordentlichen, wie auch außerordentlichen Kündigung, oder bei sonstigen Beendigungsgründen.
Die Urlaubsabgeltung ist zu unterscheiden von folgenden Begriffen:
  • Urlaubsentgelt, dass heißt, die Fortzahlung von Lohn und Gehalt während des Urlaubs;
  • Urlaubsgeld, dass heißt, eine betriebliche Sonderzuwendung (zum Beispiel auf Grund von Arbeits- oder Tarifvertrag), die über das Urlaubsentgelt hinaus gezahlt wird.

Voraussetzungen eines Urlaubsabgeltungsanspruchs

Ein Urlaubsabgeltungsanspruch kommt nur in Betracht, wenn
I) ein Anspruch auf Urlaub besteht, der Urlaub also weder in Anspruch genommen wurde, noch zeitlich verfallen ist
und
II) die tatsächliche Inanspruchnahme des Urlaubes mindestens versucht wurde.

zu I) Urlaub schon genommen oder verfallen?

Grundsätzlich muss der gesetzliche Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden, da er ansonsten mit Ende des Jahres verfällt. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nicht möglich, auch wenn dies in der Praxis oft anders gehandhabt wird, was bei Zustimmung beider Parteien zulässig ist. Nur bei dringenden betrieblichen Gründen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen kann ausnahmsweise eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr erfolgen. In diesem Fall muss der Urlaub dann bis zum 31. März des Folgejahres gewährt und genommen werden. Kommt es auch in dieser Übertragungszeit nicht zum Urlaub, verfällt der Resturlaubsanspruch mit Ablauf des 31. März.
Ist der Anspruch auf Urlaub mit Ablauf des Jahres oder des 31. März des Folgejahres verfallen, kommt auch kein Abgeltungsanspruch mehr in Betracht. Nur ein tatsächlich noch bestehender Urlaubsanspruch kann sich in einen Abgeltungsanspruch wandeln.

zu II) Inanspruchnahme des Urlaubs versucht?

Weitere Voraussetzung für einen Abgeltungsanspruch ist, dass die tatsächliche Inanspruchnahme des Urlaubs mindestens versucht wurde. Denn: Eine Gewährung „in Natur“ hat immer Vorrang vor dem auf Geldzahlung gerichteten Abgeltungsanspruch. Der Arbeitnehmer muss also den Urlaub zumindest beantragt haben und die Gewährung dann versagt worden sein, oder sonst unmöglich gewesen sein, zum Beispiel weil zwischen Kündigung und tatsächlicher Beendigung nicht mehr ausreichend Zeit war.

Beispiel 1

Dem Arbeitnehmer wird am 21. Juni fristlos, dass heißt, mit sofortiger Wirkung, gekündigt. Er hat noch Anspruch auf 15 Tage Urlaub. Diese sind voll abzugelten.

Beispiel 2

Ein Arbeitsverhältnis wird kurzfristig zum 31. Dezember durch Aufhebungsvertrag beendet. Der Arbeitnehmer hat noch zehn Tage Urlaubsanspruch, welche er auch in Anspruch nehmen will. Der Arbeitgeber verlangt jedoch, dass er bis Ende Dezember weiter arbeitet. Diese verbliebenen zehn Urlaubstage sind abzugelten.
Besteht noch ausreichend Zeit, vor dem Beendigungszeitpunkt Urlaub zu nehmen, so kann der Arbeitgeber sogar ohne Antrag des Arbeitnehmers die Inanspruchnahme des Resturlaubes vorschreiben. Hierbei muss allerdings auch eine gewisse Vorlaufzeit zur Urlaubsplanung eingehalten werden.

Beispiel 3

Ein Arbeitnehmer wird im Juni ordentlich zum 31. Dezember gekündigt und hat noch Anspruch auf 15 Tage Urlaub. Für die letzten drei Monate wird er unwiderruflich von der Arbeit freigestellt, wobei seine Urlaubsansprüche angerechnet werden. Damit ist sein Anspruch auf die 15 Tage Urlaub erfüllt und der Arbeitnehmer sozusagen gezwungen, seinen Urlaub in den letzten drei Monaten zu nehmen.
Wichtig ist hierbei, dass die Freistellung unwiderruflich oder zumindest konkret genug erfolgt, sonst wüsste der Arbeitnehmer nicht, wann genau er seine 15 Tage Urlaub nehmen kann. Dies hätte zur Folge, dass sein Urlaubsanspruch weiterhin besteht und abgegolten werden müsste.

Ausschlussfristen

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung wird unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Eine Urlaubsabgeltung wird also üblicherweise direkt mit dem letzten Gehalt ausgezahlt.
Tipp: Als Arbeitgeber können Sie für die Geltendmachung von Abgeltungsansprüchen auch Ausschlussfristen vereinbaren. Diese betragen meist zwei oder drei Monate ab Fälligkeit.

Beispiel 4

Fall wie im Beispiel 2, nur dass im Arbeitsvertrag vereinbart ist, dass alle gegenseitigen Ansprüche verfallen, wenn sie nicht spätestens innerhalb von zwei Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Hier ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung mit Ablauf des 31. Dezember fällig geworden, der Arbeitnehmer muss diesen also bis spätestens Ende Februar schriftlich geltend machen, sonst geht der Anspruch unter und der Arbeitnehmer geht „leer“ aus.

"Unabdingbarkeit“ der gesetzlichen Regelungen

Die Vereinbarung einer Ausschlussfrist verstößt nicht gegen das grundsätzliche Verbot, keine Vereinbarungen über die Urlaubsabgeltung zu treffen, welche zuungunsten des Arbeitnehmers von den gesetzlichen Vorschriften abweichen. Die sogenannte „Unabdingbarkeit“ aus Paragraf 13 BurlG ist hier nicht betroffen. Grund ist, so das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass es sich bei der Urlaubsabgeltung um eine reine Geldforderung handelt und nicht der gesetzlich geschützte Urlaub selbst betroffen ist (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 9. August 2011 – 9 AZR 365/10).
Unter das in Paragraf 13 BUrlG geregelte Verbot fällt aber beispielsweise eine Klausel im Arbeitsvertrag, nach der der Arbeitnehmer auf Abgeltungsansprüche komplett verzichtet. Der Abgeltungsanspruch steht dem Arbeitnehmer gesetzlich zu, weshalb er auch nicht gezwungen werden kann, von vornherein ganz auf ihn zu verzichten. Eine solche Klausel wäre schlicht nichtig und damit unanwendbar.
Achtung: Der Arbeitnehmer kann aber im Nachhinein verzichten, wenn der Vertrag schon beendet ist und die Ansprüche tatsächlich bestehen. Hiervon wird meist bei vor Gericht geschlossenen Vergleichen Gebrauch gemacht.
Einige Tarifverträge sehen vor, dass bei dem über den gesetzlich vorgeschrieben Urlaub hinaus gewährten Urlaub, dem so genannten übergesetzlichen Urlaub, eine kürzere Verfallfrist vereinbart werden kann. Dies verstößt nicht gegen das Verbot, von vornherein auf Abgeltungsansprüche zu verzichten. Der Unterschied liegt darin, dass dieser Urlaub sozusagen freiwillig vom Arbeitgeber on top zum gesetzlich vorgeschriebenen Mindesturlaub gewährt wird. Daher darf der Arbeitgeber auch die Bedingungen für diesen Zusatzanspruch festlegen.

Sonderfall: Arbeitsunfähigkeit

Eine Besonderheit gilt im Falle von Arbeitsunfähigkeit. Das können Sie nicht direkt aus Paragraf 7 BUrlG lesen, doch europarechtliche Urteile zwingen zu dieser Auslegung. Demgemäß entstehen auch während längerer Krankheitszeiten grundsätzlich Urlaubsansprüche, da solche Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt werden sollen als nicht erkrankte Arbeitnehmer. Diese verfallen jedoch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahrs. Ein „Ansammeln“ ist also gerade bei langjährigen Erkrankungen nicht möglich. (EuGH, Urteil vom 22. November 2011, C-214/10).
Das bedeutet konkret: Endet ein Arbeitsverhältnis mit einem erkrankten Mitarbeiter, bevor dieser wieder arbeitsfähig ist, entsteht für die aus den vergangenen 15 Monaten verbliebenen Urlaubstage einen Abgeltungsanspruch (inzwischen auch BAG, Urteil vom 24. März 2009 – 9 AZR 983/07). Entscheidend ist, dass die Krankheit ursächlich dafür ist, dass der Urlaub nicht genommen werden konnte und der Anspruch noch nicht verfallen ist, also innerhalb der 15 Monate geltend gemacht wird.
Tipp: Dies gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod eines Arbeitsnehmers beendet wird. Hier steht den Erben ein Abgeltungsanspruch bezüglich nicht genommener Urlaubstage zu, so der Europäische Gerichtshof in einer aktuellen Entscheidung (EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014, C-118/13).

Berechnung

Die Berechnung des konkreten Abgeltungsanspruchs richtet sich nach der Berechnung des Urlaubsentgelts.

Berechnung des Urlaubsentgelts

Nach Paragraf 11 BUrlG bemisst sich das Urlaubsentgelt und damit auch die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt, also der letzten drei Monate. Dafür ist anhand des sich aus dieser Zeit ergebenden Gesamtverdienstes der Tagesverdienst des Arbeitnehmers zu ermitteln. Dieser Tagesverdienst stellt gleichzeitig den Wert eines Urlaubstages dar, welcher unter den beschriebenen Voraussetzungen abgegolten werden muss.
Folgende Entgeltbestandteile werden beim Gesamtverdienst berücksichtigt:
  • Arbeitsentgelt (alle Lohnarten)
  • Zulagen, die im Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stehen (zum Beispiel Schmutz-, Gefahren-, Nacht-, Auslandszulagen, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft)
  • Akkordlohn
  • Verkaufs- oder Inkassoprämien
  • Provisionen (mit Ausnahme von Umsatzprovisionen, Bezirksprovisionen und Provisionen, die für das gesamte Jahr gezahlt werden)
  • Sachbezüge (Verpflegung)
  • Verdiensterhöhungen, die nicht nur für kurze Zeit gelten (die Berechnung ist so vorzunehmen, als sei die Verdiensterhöhung mit Beginn des Berechnungszeitraums eingetreten)
Folgende Entgelte werden dagegen nicht zum Gesamtverdienst hinzugerechnet, da sie keinen Bezug zur Arbeitsleistung haben oder ungeachtet des Urlaubs ohnehin fortgezahlt werden:
  • Einmalleistungen (wie Weihnachtsgeld, Treueprämien, Jubiläumsgeld, 13. Monatsgeld)
  • Umsatz- und Gewinnbeteiligungen, Gratifikationen
  • Vermögenswirksame Leistungen
  • Aufwendungsersatz (wie Fahrgelder, Spesen)
  • Trinkgelder
  • Überstundenvergütung/-pauschale
  • Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen (zum Beispiel Betriebsunterbrechungen wegen Rohstoffmangels oder Maschinenstillstands, die dem Wirtschaftsrisikos des Arbeitgebers zuzurechnen sind) oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis (Arbeitsausfall, Krankheit) eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht

Berechnung des Abgeltungsanspruchs

Um die konkrete Höhe des gesamten Abgeltungsanspruchs zu ermitteln ist der errechnete Gesamtarbeitsverdienst aus den letzten 13 Wochen durch die Anzahl der Arbeitstage zu dividieren und dann mit der Anzahl der nicht genommenen Urlaubstage zu multiplizieren:
Gesamtarbeitsverdienst in 13 Wochen ÷ 65 Arbeitstage (fünf Tage × 13 Wochen) × verbliebene Urlaubstage = Höhe des Abgeltungsanspruchs

Beispiel 1:

Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers X endet zum 30. Juni und er hat noch fünf Tage Urlaubsanspruch. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt fünf Tage pro Woche. Sein Arbeitsverdienst beträgt 2000 Euro monatlich.
Berechnung des Gesamtarbeitsentgelts im Bezugszeitraum:
April Mai Juni
Grundlohn 2.000 2.000 2.000
Daraus ergibt sich ein Gesamtarbeitsentgelt im 13 Wochen-Zeitraum von 6.000 Euro.
Berechnung des Abgeltungsanspruches:
6.000 Euro Gesamtarbeitsverdienst ÷ 65 Arbeitstage × fünf verbliebene Urlaubstage
= 461,54 Euro Abgeltungsanspruch.

Beispiel 2:

Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers X endet zum 30. Juni und er hat noch zehn Tage Urlaubsanspruch. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt fünf Tage pro Woche. Sein Arbeitsverdienst beträgt 2.000 Euro monatlich.
Berechnung des Gesamtarbeitsentgelts im Bezugszeitraum:
April Mai Juni
Grundlohn 2.000 2.000 2.000
Schichtzuschlag 200 150 230
Schmutzzuschlag 25 25 25
Überstunden 0 0 0
Gesamt 2.225 2.175 2.255
Daraus ergibt sich ein Gesamtarbeitsentgelt von 6.655 Euro.
Berechnung des Abgeltungsanspruches:
6.655 Euro Gesamtarbeitsverdienst ÷ 65 Arbeitstage ( = fünf × 13 Wochen )
× zehn verbliebene Urlaubstage
= 1.023,85 Euro Abgeltungsanspruch

Sonderfall Teilzeitkräfte

Bei Teilzeitkräften mit regelmäßig verkürzten Arbeitszeiten gelten die gleichen Grundsätze wie für Vollzeitkräfte. Lediglich die Berechnung des Urlaubsentgelts muss entsprechend angepasst werden.
Arbeitet ein Arbeitnehmer in Teilzeit und also nicht an allen betrieblichen Arbeitstagen, so ist das im Berechnungszeitraum verdiente Arbeitsentgelt durch die Zahl der tatsächlichen Arbeitstage – unabhängig von der Zahl der an diesen Tagen geleisteten Stunden – zu dividieren und dann mit den verbliebenen Urlaubstagen zu multiplizieren.
Dies bedeutet, der Tagesverdienst und damit Wert eines Urlaubstages berechnet sich wie folgt:
  • bei einer Fünftagewoche = Gesamtverdienst aus 13 Wochen ÷ 65 Arbeitstage
  • bei einer Viertagewoche = Gesamtverdienst aus 13 Wochen ÷ 52 Arbeitstage
  • bei einer Dreitagewoche = Gesamtverdienst aus 13 Wochen ÷ 39 Arbeitstage
  • bei einer Zweitagewoche = Gesamtverdienst aus 13 Wochen ÷ 26 Arbeitstage

Beispiel 3:

Das Arbeitsverhältnis des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers Y endet zum 30. Juni. Er hat noch fünf Tage Urlaubsanspruch, den er aus betriebsbedingten Gründen nicht nehmen konnte. Die betriebliche Arbeitszeit beträgt fünf Tage pro Woche. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt drei Tage pro Woche. Sein Arbeitsverdienst beträgt 1.500 Euro monatlich.
Berechnung des Gesamtarbeitsentgelts im Bezugszeitraum:
April Mai Juni
Grundlohn 1.500 1.500 1.500
Schichtzulage 160 120 180
Schmutzzulage 20 20 20
Überstunden 0 0 0
Gesamt 1.680 1.640 1.700
Daraus ergibt sich ein Gesamtarbeitsentgelt von 5.020 Euro.
Berechnung des Abgeltungsanspruches:
5.020 Euro Gesamtarbeitsverdienst ÷ 39 Arbeitstage ( = drei Tage × 13 Wochen)
× fünf verbliebene Urlaubstage = 643,58 Euro Abgeltungsanspruch
Stand: Juni 2025

Unternehmensinformationen zum Rundfunkbeitrag

Zum 1. Januar 2013 wurde die Finanzierung des öffentlichen Rundfunks neu ausgerichtet. Statt einer Rundfunkgebühr gibt es einen Rundfunkbeitrag, der nicht mehr an das Vorhandensein von Empfangsgeräten geknüpft ist.
Die Pflicht zur Entrichtung des neuen Rundfunkbeitrags gilt grundsätzlich für alle Privathaushalte, Unternehmen sowie Institutionen und Einrichtungen des Gemeinwohls.
Die Beitragspflicht aller Unternehmen - gleich ob sie Empfangsgeräte besitzen oder nicht - wird damit begründet, dass die Nutzung des Rundfunks zu den typischen Betriebsabläufen und Organisationsstrukturen eines Gewerbebetriebes gehöre.
Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist der von allen 16 Landesparlamenten ratifizierte Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV). Er legt fest, wie der Rundfunkbeitrag berechnet wird, wer ihn zu zahlen hat und für wen besondere Regelungen gelten.
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 (Az.: 1 BvR 1675/16) ist auch geklärt, dass der Rundfunkbeitrag verfassungsgemäß ist. Die mit der Umstellung auf den geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag einhergehende Mehrbelastung für Unternehmen mit vielen Filialen und Fahrzeugen wurde für rechtmäßig erachtet.

Beitragshöhe im nicht privaten Bereich

Im nicht privaten Bereich ist für jede Betriebsstätte ein Rundfunkbeitrag von deren Inhaber zu entrichten (sogenanntes Staffelmodell), Paragraf 5 RBStV. Die Höhe der Beiträge für das gesamte Unternehmen richtet sich hierbei nach der Anzahl der beitragspflichtigen Betriebsstätten, verbunden mit der Anzahl der Beschäftigten sowie der betrieblich genutzten Kraftfahrzeuge. Hierbei bleibt pro Betriebsstätte ein Fahrzeug beitragsfrei. Für alle weiteren Fahrzeuge muss das Unternehmen einen Drittelbetrag entrichten. Weiterhin ist jeweils ein Drittel des Rundfunkbeitrages vom Inhaber einer Betriebsstätte für jedes darin befindliche Hotel- und Gästezimmer und für jede Ferienwohnung, die zur vorübergehenden entgeltlichen Beherbergung Dritter dienen, ab der zweiten Raumeinheit zu entrichten. Einrichtungen des Gemeinwohls wie Schulen oder Feuerwehren zahlen pro beitragspflichtiger Betriebsstätte maximal ein Drittel des Rundfunkbeitrags, also 6,12 Euro.

Beitragspflichtige Betriebsstätten

Betriebsstätte ist jede zu einem eigenständigen, nicht ausschließlich privaten Zweck, bestimmte und genutzte ortsfeste Raumeinheit oder Fläche innerhalb einer Raumeinheit, von der aus die anfallenden Verwaltungstätigkeiten (wie Entgegennahme von Bestellungen) erledigt werden kann. Für die Erfüllung des rundfunkrechtlichen Betriebsstättenbegriffs kommt es weder auf die steuerliche Veranlagung noch auf den Umfang der Nutzung an. Eine Betriebsstätte kann somit auch ein Ladengeschäft oder ein „Shop in Shop“ - wie eine Filiale in der Vorkassenzone eines Supermarktes - sein. Zu beachten ist, dass räumlich getrennte Teilflächen eines Betriebes separat der Beitragspflicht unterliegen. Hierbei kommt es für die Beurteilung nicht auf das Vorhandensein einer wirtschaftlichen, funktionalen oder organisatorischen Einheit an.

Ermittlung der Beschäftigtenzahl

Die Höhe des Rundfunkbeitrags pro Betriebsstätte richtet sich nach der Zahl der in der Betriebsstätte im Vorjahresdurchschnitt sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Eine Änderung der Anzahl der im Vorjahresdurchschnitt sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist der zuständigen Landesrundfunkanstalt bis spätestens zum 31.03. des laufenden Jahres anzuzeigen. Das Unternehmen kann entweder die Gesamtanzahl der Beschäftigten, also die Pro-Kopf-Zahl („Zählweise A”) angeben oder genau ausrechnen, wie viele Vollzeitstellen sich ergeben, wenn alle Teil- und Vollzeitstellen zusammengefasst werden („Zählweise B”): Bei dieser Berechnung sind Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5, Teilzeitbeschäftigte von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 und Teilzeitbeschäftigte von mehr als 30 Stunden mit 1,0 anzusetzen. Berechnungsgrundlage ist jeweils der Durchschnitt des vorangegangenen Kalenderjahres.
Nicht mitgerechnet werden beispielsweise die Betriebsstätteninhaber (Beitragsschuldner), Auszubildende und Praktikanten, geringfügig Beschäftigte und Mitarbeiter in Elternzeit, sofern sie nicht in Teilzeit arbeiten. Arbeitnehmer mit mehreren oder wechselnden Einsatzorten werden im Zweifel dem Hauptsitz des Unternehmens zugerechnet. Zeitarbeitskräfte werden der Betriebsstätte des Zeitarbeitsunternehmens zugerechnet und nicht dem entleihenden Unternehmen.

Berechnung der Beitragshöhe je Betriebstätte

Die Höhe des Beitrages pro Monat wird von einer unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) vorgeschlagen und von den Parlamenten der Bundesländer gesetzlich festgelegt. Die Beitragshöhe pro Betriebsstätte bestimmt sich nach Anzahl der Mitarbeiter pro Betriebsstätte. Die Beitragshöhe des gesamten Unternehmens wird durch die Zusammenrechnung der Einzelbeiträge pro Betriebsstätte ermittelt. Ein Unternehmen mit vielen Betriebsstätten und Beschäftigten zahlt mehr als ein kleines Unternehmen.
Unternehmen mit nur einer Betriebsstätte und bis zu 8 Beschäftigten (Staffel 1) zahlen nur einen Drittelbeitrag – monatlich 6,12 Euro. Ein Unternehmen mit 2 Betriebsstätten und jeweils bis zu 19 Beschäftigen (Staffel 2) hat je Betriebsstätte einen Rundfunkbeitrag von monatlich 18,36 Euro, also insgesamt für das Unternehmen 36,72 Euro, zu zahlen.

Anzahl der Mitarbeiter pro Betriebsstätte
monatliche Beiträge pro Betriebsstätte in Euro
0 bis 8
6,12
9 bis 19
18,36
20 bis 49
36,72
50 bis 249
91,80
250 bis 499
183,60
500 bis 999
367,20
1000 bis 4999
734,40
5000 bis 9999
1.468,80
10.000 bis 19.999
2.203,20
Ab 20.000
3.304,80

Beitragspflichtige Kraftfahrzeuge

Pro beitragspflichtige Betriebsstätte ist ein Kraftfahrzeug, das zumindest auch betrieblich genutzt wird, frei. Für jedes weitere ist ein Drittel des Beitrags zu entrichten – monatlich 6,12 Euro. Bei Einrichtungen des Gemeinwohls sind alle Kraftfahrzeuge mit dem Rundfunkbeitrag für die Betriebsstätte abgedeckt. Von der Beitragspflicht ausgenommen sind zulassungsfreie Kfz wie zum Beispiel selbstfahrende Arbeitsmaschinen, Stapler.

Beitragspflichtige Hotel- und Gästezimmer oder Ferienwohnungen

Wer Hotel- und Gästezimmer oder Ferienwohnungen vermietet, zahlt für diese jeweils 6,12 Euro im Monat. Das erste Zimmer oder die erste Wohnung pro Betriebsstätte ist beitragsfrei.

Beitragsschuldner

Beitragsschuldner ist der Betriebsstätteninhaber. Inhaber der Betriebsstätte ist die natürliche oder juristische Person, die die Betriebsstätte im eigenen Namen nutzt oder in deren Namen die Betriebsstätte genutzt wird.

Beitragsfreie Betriebsstätten
Betriebsstätten ohne Arbeitsplatz

Beitragsfrei sind Betriebsstätten, in denen kein Arbeitsplatz eingerichtet ist oder die nicht ortsfest sind, wie zum Beispiel Verkaufspavillon in Zeltform, temporäre Stände auf Wochenmärkten, Trafohäuschen, Lager, vorübergehend aufgestellte Baucontainer, Funktionsräume von Reinigungsfirmen am Einsatzort.

Betriebsstätten in Privatwohnungen

Selbstständige, die über keine gesonderte Betriebsstätte verfügen, sondern von zu Hause aus arbeiten und für ihre Wohnung bereits einen Rundfunkbeitrag zahlen, müssen keinen separaten Beitrag für die Betriebsstätte entrichten. Allerdings hat der Unternehmer in diesem Fall für ein zu betrieblichen Zwecken genutztes Kraftfahrzeug einen Drittelbetrag, also monatlich 6,12 Euro zu zahlen, sofern das Kfz auch dienstlich genutzt wird.

Beitragsfreie Saisonbetriebe

Wer sein Unternehmen saisonbedingt für mindestens drei zusammenhängende Kalendermonate hintereinander vollständig schließt, kann auf Antrag vom Rundfunkbeitrag befreit werden. Dieser Antrag muss im Voraus gestellt werden und ist unter dem nachfolgenden Link erhältlich:

Stand: Januar 2024

Außerordentliche Mietvertragskündigung

Rückläufige Geschäftsumsätze und Gewinneinbrüche rechtfertigen kein außerordentliches Kündigungsrecht des Geschäftsraummieters. Auch Staffelmietzinsanpassungen bleiben wirksam. Nur in ganz extremen Ausnahmesituationen, wenn sich beispielsweise der Vermieter bewusst am unternehmerischen Risiko seines Mieters beteiligen wollte, ist das Festhalten am Mietvertrag unzumutbar.
Die Aussicht auf gute Geschäfte bildete in Zeiten einer wirtschaftlichen Hochkonjunktur für den Mieter eines Gewerberaumes Grund genug, um sich durch einen langfristigen Mietvertrag den ausgesuchten Geschäftsstandort auch langfristig zu sichern. Selbst Staffelmietzinserhöhungen wurden vom Mieter in seiner Überschwänglichkeit bereitwillig und voller Optimismus akzeptiert.
Die bei Mietvertragsabschluss vorhandene Erwartung des Mieters, dass sich die wirtschaftliche Ausgangslage noch weiter verbessern wird, gehörte zur Tagesordnung.
Die derzeit anhaltende schlechte Wirtschaftskonjunktur führt nunmehr immer häufiger dazu, einen konkreten Blick auf die monatliche Mietbelastung zu werfen. Standortkapazitäten werden in Frage gestellt. Immer häufiger taucht die Frage auf, ob für den Mieter die Möglichkeit besteht, sich vorzeitig von langfristigen Mietverträgen zu lösen, wenn sich der erhoffte wirtschaftliche Erfolg einfach nicht wiedereinstellen will.
Natürlich besteht generell die Möglichkeit den Mietvertrag im Hinblick auf Laufzeit oder Miethöhe einvernehmlich zwischen Vermieter und Mieter neu zu regeln, um so dem Mieter das wirtschaftliche Überleben zu sichern. Zumeist aber winkt der Vermieter sofort ab und beharrt auf dem Rechtsgrundsatz, dass geschlossene Verträge zu halten sind. Muss dann der Mieter Insolvenz anmelden, zeigt sich schnell, dass der Vermieter mit einer Mietanpassung nach unten sehr häufig viel besser gefahren wäre als mit einem jetzt leerstehendem Geschäftsraum und einem zahlungsunfähigen Mieter. Denn nach der Insolvenzordnung hat der Insolvenzverwalter das Recht, das Mietverhältnis ohne Rücksicht auf die vereinbarte Mietvertragsdauer binnen dreier Monate zum Ende eines Monats oder einer im Einzelfall geltenden kürzeren vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen.
Da man den Vermieter nicht zu einer einverständlichen Mietvertragsanpassung zwingen kann, stellt sich für den Mieter die Frage, ob nicht durch ein außerordentliches einseitiges Kündigungsrecht eine Lösung möglich wäre.
Der Bundesgerichtshof hat eine solche außerordentliche Kündigung, auch vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Not, für den Mieter bislang immer abgelehnt. Wenn entgegen den politischen Prognosen oder entgegen den wirtschaftlichen Vorstellungen des Mieters die Gesamtwirtschaftslage ein Wirtschaftswachstum nicht zulässt und es zu Umsatzeinbußen kommt, ist diese Realität ausschließlich und allein dem Risikobereich des gewerblichen Mieters zuzuordnen. Das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko liegt damit grundsätzlich einzig und alleine beim Mieter (Bundesgerichtshof (BGH), Aktenzeichen: VIII ZR 192/80).
Dies gilt für die fehlende Kundenakzeptanz im Einkaufszentrum genauso, wie für die allgemeine konjunkturelle Gewinnerwartung. Dem Mieter eines Gewerberaums obliegt es daher alleine, die Erfolgsaussichten seines Geschäftsbereiches abzuschätzen (BGH, Aktenzeichen: XII ZR 279/97).
Erfüllen sich die Erwartungen des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit „nur” ein typisches Unternehmerrisiko des gewerblichen Mieters. Dies geht prinzipiell nicht zu Lasten des Vermieters. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Vermieter Garantiezusagen für einen dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg im Mietvertrag abgegeben hätte. Solche Garantieerklärungen sind eine große Ausnahme.
Nur allgemeine, eher unverbindliche Angaben reichen für eine Garantiezusage oder verbindliche Zusicherung des Vermieters nicht aus. Umsatzrückgang bildet damit für den Mieter keinen Grund, um sich durch eine außerordentliche Kündigung vom Gewerberaummietvertrag lösen zu können.
Gleiches gilt für die Sachlage, dass vergleichbare Geschäftsräume zu wesentlich günstigeren Mietpreisen angemietet werden können. Auch dieses Argument rechtfertigt keine vorzeitige Aufkündigung des Mietvertrages durch den Mieter. Denn umgekehrt kann auch der Vermieter bei einem langfristigen Mietvertrag nicht einseitig eine Mieterhöhung durchsetzen, wenn die Mieten bei anderen vergleichbaren Objekten steigen.
Selbst anstehende Staffelmietzinsanpassungen verlieren bei einem allgemein sinkenden Mietniveau nicht ihre Wirksamkeit. Der Mieter muss die vereinbarte und noch weiter erhöhte Miete zahlen. Denn es ist grundsätzlich seine eigene Angelegenheit, bei Abschluss des Mietvertrages abzuschätzen, ob sich die vereinbarte Staffelmiete im Vergleich zur Entwicklung des Marktes als günstig erweisen wird oder nicht (BGH, Aktenzeichen: XII ZR 8/00). Damit spielt es keine Rolle, ob sich die Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb in gleichem Maße erhöhen wie die Mietzinsstaffel.
Resümee: Rückläufige Geschäftsumsätze und Gewinneinbrüche rechtfertigen kein außerordentliches Kündigungsrecht des Geschäftsraummieters. Auch Staffelmietzinsanpassungen bleiben
wirksam. Nur in ganz extremen Ausnahmesituationen, wenn sich zum Beispiel der Vermieter bewusst am unternehmerischen Risiko seines Mieters beteiligen wollte, ist das Festhalten am Mietvertrag unzumutbar.
Für den Abschluss neuer Mietverträge bieten sich kürzere Laufzeiten oder die Vereinbarung von Sonderkündigungsrechten, gekoppelt an Umsatzerwartungen, an. Solche Sonderkündigungsrechte sind gerade bei langfristigen gewerblichen Mietverträgen möglich und zulässig (BGH, Aktenzeichen: XII ZR 273/98), vorausgesetzt, der Vermieter lässt sich auf diese wirtschaftliche Risikoverteilung ein. Möglich ist auch eine reine Umsatzmiete oder eine Kombination aus einem Mietgrundbetrag und einem zusätzlichen Umsatzanteil und eine Nach- und Untermietvereinbarung. Gerade bei neuen Standorten mit den entsprechenden Entwicklungsrisiken haben sich Kombinationen aus Mindestmiete, gekoppelt am Umsatz mit einer Begrenzung nach oben, bewährt.

Unternehmensnachfolge und mehr

Rainer Lotis
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Vertragsrecht, IT-Recht, Wettbewerbsrecht

Nebenjobs für Schüler

Grundsätzlich ist die Beschäftigung von Kindern (bis zum 15. Geburtstag) und Jugendlichen, die noch der Vollzeitschulpflicht unterliegen, in Deutschland verboten. In welchen Fällen Ausnahmen gemacht werden dürfen, regelt das Jugendarbeitsschutzgesetz. Sie sollen im Interesse ihrer Gesundheit, Entwicklung und Schulausbildung keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgehen (müssen).
Beachte: Die Vollzeitschulpflicht beträgt in Hessen neun Jahre und endet spätestens mit dem erfolgreichen Besuch (im Sinne von der Versetzung in die nächsthöhere Klasse) der Jahrgangsstufe 9. Im Fall des Paragraf 59 Absatz 3 Hessisches Schulgesetz verlängert sie sich auf zehn Jahre. Zu den deutlich größeren Möglichkeiten der Beschäftigung bei Wegfall der Vollzeitschulpflicht siehe unten.

Möglichkeit und Grenzen der Beschäftigung

Von diesem Beschäftigungsverbot gibt es Ausnahmen, die Aushilfs- und Ferienjobs ermöglichen:

Stundenweise Beschäftigung von schulpflichtigen Minderjährigen

Kinder ab dem 13. Geburtstag und Jugendliche (dass heißt, ab dem 15. Geburtstag, aber noch nicht 18 Jahre alt), die noch der Vollzeitschulpflicht unterliegen, dürfen mit Einwilligung der Eltern stundenweise beschäftigt werden, soweit die Beschäftigung leicht und für sie geeignet ist.
Tipp: Der Arbeitgeber sollte sich die Einwilligung der Eltern, eine Kopie der Geburtsurkunde sowie eine Schulbescheinigung geben lassen und den Ausweis zeigen lassen!
Die Beschäftigung ist leicht, wenn sie aufgrund ihrer Beschaffenheit und der besonderen Bedingungen, unter denen sie ausgeführt wird, sich weder auf die Sicherheit, die Gesundheit oder die Entwicklung, noch auf den Schulbesuch, die Vorbereitung auf Ausbildung und Beruf und die Fähigkeit, dem Unterricht mit Nutzen zu folgen, nachteilig auswirkt.
Allerdings dürfte in der Praxis die Bestimmung der Arbeit als leicht und für Kinder geeignet problematisch sein. Zulässige Arbeiten sind beispielsweise:
  • Austragen von Zeitungen, Zeitschriften und Werbeprospekte ohne schwerer Tragen
  • Tätigkeiten in Haushalt und Garten
  • Botengänge
  • Die Betreuung von Kindern und anderen zum Haushalt gehörenden Personen
  • Nachhilfeunterricht
  • Betreuung von Haustieren
  • Einkaufstätigkeiten mit Ausnahme des Einkaufs von alkoholischen Getränken und Tabakwaren
  • Arbeit in landwirtschaftlichen Betrieben
  • Handreichungen beim Sport
Warnung: Nicht erlaubt sind Arbeiten im produzierenden Gewerbe, in Gaststätten (Jugendschutz!), auf Baustellen, in Tankstellen und Kfz-Werkstätten oder als Kassierer.
Nicht leicht und damit für Kinder ungeeignet sind beispielsweise:
  • Arbeiten, die mit dem Heben, Absetzen, Schieben, Ziehen, Tragen und Bewegen von Lasten verbunden sind
  • Tätigkeiten, die aufgrund einer ungünstigen Körperhaltung physisch belastend sind
  • Arbeiten, die mit erhöhten Unfallgefahren verbunden sind, insbesondere wenn anzunehmen ist, dass Kinder sie wegen mangelnden Sicherheitsbewusstseins oder mangelnder Erfahrung nicht erkennen oder abwenden können.
Tipp: Zweifelsfragen mit der zuständigen Behörde klären [Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, Luisenplatz 2, 64283 Darmstadt, Telefon: 06151 12-4001]
Die Beschäftigung selbst mit leichten und geeigneten Arbeiten darf in ihrer Länge nicht mehr als zwei Stunden täglich, in landwirtschaftlichen Familienbetrieben in ihrer Länge nicht mehr als drei Stunden täglich, betragen. Die Arbeitszeit darf nicht zwischen 18 und 8 Uhr, nicht vor und nicht während des Schulunterrichts liegen. Weiter gilt die Fünf-Tage-Woche und die Samstags-, Sonn- und Feiertagsruhe, so dass die wöchentliche Arbeitszeit auf 10 beziehungsweise 15 Stunden beschränkt ist.
Auf Antrag bei der zuständigen Behörde können auch Kinder ab drei Jahren bei Musik- und Werbeveranstaltungen oder bei Film- und Fotoaufnahmen mitwirken. Bei Theatervorstellungen ist eine Ausnahmebewilligung für Kinder ab sechs Jahren möglich. Die maximale Arbeitszeit richtet sich nach dem Alter.
Seit dem 01.07.2005 dürfen Jugendliche bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen und anderen Aufführungen, bei Aufnahmen im Hörfunk und Fernsehen, auf Ton- und Bildträger sowie bei Film- und Fotoaufnahmen bis 23 Uhr gestaltend mitwirken. Nach Beendigung der Tätigkeit dürfen Jugendliche nicht vor Ablauf einer ununterbrochenen Frist von mindestens 14 Stunden beschäftigt werden. Dass eine Tätigkeit Jugendlicher nur bei Vorstellungen, Aufführungen und ähnlichen erlaubt ist, bei denen die Anwesenheit Jugendlicher nicht nach den Vorschriften des Jugendschutzgesetzes verboten ist, versteht sich dabei von selbst.

Jobs in den Schulferien

Jugendliche dürfen - solange sie der Vollzeitschulpflicht unterliegen - im Kalenderjahr zusätzlich zu den oben aufgezeigten Möglichkeiten einer Beschäftigung in den Schulferien für höchstens vier Wochen nachgehen. Das sind mit Blick auf die Fünf-Tage-Woche höchstens 20 Arbeitstage im Kalenderjahr. Wie diese 20 Tage auf die amtlich festgelegten Ferien verteilt werden, ist nicht vorgeschrieben, so dass mehrere kürzere Ferienjobs oder ein langer Ferienjob in den Sommerferien denkbar sind. Die Jugendlichen dürfen bis zu acht Stunden täglich zwischen 6 und 20 Uhr beschäftigt werden

Schüler-Betriebspraktika

Schulpflichtige Kinder und Jugendliche ohne Altersbeschränkung dürfen im Rahmen eines nach Landesschulrechts vorgeschriebenen Praktikums in der Vollzeitschulpflicht bis zu sieben Stunden täglich und 35 Stunden wöchentlich zu leichten, für sie geeigneten Tätigkeiten herangezogen werden.

Anzuwendende Vorschriften / Sonderschutz für Minderjährige

Minderjährige müssen aufgrund ihrer körperlich und geistig noch nicht abgeschlossenen Entwicklung vor zu langen, zu schweren, zu gefährlichen und ungeeigneten Arbeiten geschützt werden. Neben den gewöhnlichen arbeitsrechtlichen Regelungen sind ergänzend die Jugendarbeitsschutzvorschriften, wie sie auch bei jugendlichen Auszubildenden gelten, zu beachten. Diese Vorschriften sind zwingend, eine für den Minderjährigen ungünstigere einzelvertragliche Regelung wäre unwirksam.
Bei der Beschäftigung von nicht schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen muss sowohl vor als auch während der Beschäftigung eine ärztliche Untersuchung erfolgen. Dies gilt jedoch nicht, sofern nur eine dauerhaft geringfügige Beschäftigung (400 Euro Job) oder eine nicht länger als zwei Monate dauernde Tätigkeit ausgeübt wird, von der keine gesundheitliche Nachteile zu erwarten sind.

Lage der Arbeitszeiten von nichtschulpflichtigen Kindern und Jugendlichen

Kinder, die nicht mehr schulpflichtig sind, dürfen in einem Beschäftigungsverhältnis mit bis zu sieben Stunden täglich und 35 Stunden wöchentlich oder in einem Berufsausbildungsverhältnis beschäftigt werden. Die maximale Arbeitszeit von nichtschulpflichtigen Jugendlichen darf acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich nicht überschreiten; wird an einzelnen Tagen verkürzt gearbeitet, sind an den übrigen Werktagen derselben Woche bis zu achteinhalb Stunden zulässig.
Es sind ausreichende Pausen zu gewähren (30 Minuten bei mehr als viereinhalb bis sechs Stunden Arbeitszeit, darüber 60 Minuten). Arbeiten sind verboten, die zu anstrengend (zum Beispiel Akkordarbeit), zu gefährlich, ungeeignet oder gesundheitsgefährdend sind. So dürfen Jugendliche während der Nachtzeit von 20 bis 6 Uhr nicht beschäftigt werden. Ausnahmen hiervon:
  • in Gaststätten, Beherbergungs- und Schaustellerbetrieben bis 22 Uhr,
  • in Bäckereien und Konditoreien ab 5 Uhr, für über 17-Jährige ab 4 Uhr,
  • in mehrschichtigen Betrieben bis 23 Uhr und
  • in der Landwirtschaft ab 5 Uhr oder bis 21 Uhr.
An Samstagen und Sonntagen sowie Feiertagen darf grundsätzlich nicht gearbeitet werden, wobei es aber auch hier berufstypische Ausnahmen gibt.
Durch Gesetzesänderung zum 01. Juli 2005 eingeführt wurde die ergänzende Regelung, dass Jugendliche in Betrieben, in denen die Beschäftigten in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze ausgesetzt sind, in der warmen Jahreszeit ab 5 Uhr beschäftigt werden dürfen. Die Jugendlichen sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er diese nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

Urlaubsansprüche von Minderjährigen

Jugendliche haben einen gegenüber Erwachsenen erhöhten Mindesturlaubsanspruch:
  • bis 16 Jahre: 30 Werktage;
  • bis 17 Jahre 27 Werktage;
  • bis 18 Jahre 25 Werktage.
Der gesetzliche Mindesturlaub für Kinder beträgt wie bei Fünfzehnjährigen 30 Werktage.
Die Bestimmung der einschlägigen Altersstufe richtet sich danach, welches Alter der Jugendliche am 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres hat. Beispiel: Ein Jugendlicher, der am 1. Januar 18 Jahre alt wird, hat keinen Anspruch auf einen erhöhten Urlaubsanspruch, wohl aber ein Jugendlicher, der am 2.Januar oder später seinen 18. Geburtstag feiert. Werktage sind alle Wochentage bis auf Sonn- und Feiertage. Ein 15-Jähriger hat bei einer Sechs-Tage- Woche 30 Tage Urlaub. Wird in einem Betrieb nicht an sechs Tagen in der Woche gearbeitet, sind die Urlaubstage in Relation zu den Arbeitstagen zu setzen. Beispiel: Für einen 15-Jährigen mit Fünf-Tage-Woche ergibt sich ein Jahresurlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen. Ebenso erfolgt eine Reduzierung des Mindesturlaubsanspruchs bei einer Teilzeitbeschäftigung nur an einzelnen Wochentagen.
Stand: März 2025

Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld

In Krisenzeiten ist Kurzarbeit in Verbindung mit der Zahlung von Kurzarbeitergeld durch die Bundesagentur für Arbeit ein wichtiges Instrument für Unternehmen zur Vermeidung von Kündigungen. Was muss der Arbeitgeber wissen? Die wichtigsten Fragen und Antworten finden Sie hier.

Kurzarbeit

Was ist Kurzarbeit überhaupt?

Kurzarbeit ist eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit aufgrund Arbeitsausfalls, die mit einer Reduzierung des Arbeitsentgelts verbunden ist.

Wann kommt Kurzarbeit in Betracht?

Kurzarbeit bietet sich dann zur Überwindung kurzzeitig auftretender Rückläufe als Lösung an, wenn ein vorübergehender Liquiditätsengpass durch Personalkostensenkungen behoben werden kann.

Welche Maßnahmen müssen Arbeitgeber vorrangig in Betracht ziehen?

Weniger schwerwiegende Entscheidungsalternativen sind Versetzungen, der Abbau von Leiharbeit oder Arbeitszeitguthaben oder das Vorziehen anderer Arbeiten.

Bedarf die Einführung von Kurzarbeit einer besonderen Vereinbarung?

Die Anordnung von Kurzarbeit ist nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst und bedarf daher immer einer besonderen Rechtsgrundlage, die in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen festgehalten sein kann. Ansonsten müssen die individuellen Arbeitsverträge mit dem Einverständnis des jeweiligen Arbeitnehmers dahingehend geändert werden, dass die vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit zulässig ist. Letzte Alternative bleibt die Änderungskündigung.

Darf der Betriebsrat mitbestimmen?

Die Entscheidung über das „ob” liegt alleine beim Arbeitgeber. Vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist aber die Entscheidung über das „wie” der Kurzarbeit umfasst, also etwa die Verkürzung der täglichen Arbeitszeit oder der Wegfall der Arbeit an einzelnen Tagen.

In welchem Umfang kann die Arbeitszeit reduziert werden?

Die Kurzarbeit kann entweder in einer nur anteiligen Reduzierung der Arbeitszeit bestehen. Zulässig ist darüber hinaus aber auch eine vorübergehende vollständige Einstellung der Arbeit („Kurzarbeit null”).

Muss sich Kurzarbeit immer auf den ganzen Betrieb erstrecken?

Kurzarbeit kann auch nur für einen einzelnen Betriebsteil angeordnet werden, wenn dieser organisatorisch abgrenzbar ist.

Schließt Kurzarbeit das Kündigungsrecht aus?

Auch während der Kurzarbeit sind betriebsbedingte Kündigungen möglich, wenn der beweisbelastete Arbeitgeber darlegen kann, dass die Beschäftigungsmöglichkeit für den von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer unabhängig von der Kurzarbeit dauerhaft entfällt.

Kurzarbeitergeld

Was ist Kurzarbeitergeld?

Die durch Kurzarbeit beim Arbeitnehmer ausgelöste Nettoentgeltreduzierung wird durch Zahlung von Kurzarbeitergeld gemildert.

Wozu dient die Zahlung von Kurzarbeitergeld?

Kurzarbeitergeld soll nicht nur Entgeltverluste der Arbeitnehmer ausgleichen, sondern zugleich betriebsbedingte Kündigungen verhindern und damit die Arbeitsverhältnisse in den Betrieben mit schlechter Auftragslage stabilisieren.

Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen wird Kurzarbeitergeld gewährt?

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entgeltersatzleistung in den Paragrafen 169 und folgende. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind erfüllt, wenn es sich um einen erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall handelt, der vorübergehend und unvermeidbar ist und wirksam bei der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt wird.

Wichtige Infoseiten zu den Themen Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld

Anträge im Zusammenhang mit Kurzarbeitergeld:

Telefonische Beratung

Telefonisch berät Sie die Bundesagentur für Arbeit unter der Nummer: 0800 45555 20
Stand: Juli 2023

Das Praktikum und seine Alternativen: Tipps zur Vermeidung typischer Fehler

Bei der Einstellung insbesondere von Berufsanfängern greifen Arbeitgeber gerne auf ein „Praktikum” zurück. Umgangssprachlich werden viele Tätigkeiten in einem Unternehmen als „Praktikum” bezeichnet. Doch die Einstellung eines Bewerbers als „Praktikant” bedeutet nicht automatisch, dass keine arbeitsrechtlichen Vorschriften zu beachten sind und dieser keinen Vergütungsanspruch hat.
Hinweis für Ratsuchende: Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die IHK die Aufgabe, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten und ihre Mitgliedsunternehmen zu beraten. Wenn Sie als Arbeitnehmer rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich entweder an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Abteilung Arbeitsrecht, oder an den Verein „ArbeitnehmerHilfe” wenden.

Einführung

Ein „Praktikant” im umgangssprachlichen Sinne kann rechtlich unter verschiedene Kategorien fallen. Während echte Praktikanten eher selten vorkommen, fallen so genannte „Praktikanten” meist unter die zur Berufsausbildung Beschäftigten oder sind sogar Arbeitnehmer.
Wichtig ist insbesondere zu klären, ob Sie verpflichtet sind, dem "Praktikanten" den Mindestlohn zu zahlen. Eine gute Hilfestellung bietet dabei das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit dem Mindestlohngenerator und der Mindestlohnhotline. Eine Verlinkung zum BMAS finden Sie rechts unter "weitere Informationen". Bei dem Mindestlohngenerator erhalten Sie nach Beantwortung einiger automatisierter Fragen eine Antwort, ob eine Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns besteht.
Aus rechtlicher Sicht ist ein unentgeltliches Praktikum nur möglich bei:
  • echten Praktika, Schülerpraktika, Fachpraktika von Fachoberschülern, Diplomanden und im Rahmen von Umschulungsverhältnissen oder Einfühlungsverhältnissen.
Zwingende arbeitsrechtliche Bestimmungen oder ergänzend das Berufsbildungsgesetz (BBiG) müssen dagegen beachtet werden bei:
  • Schülerferienjobs, Werkstudenten, Anlernverhältnissen, Trainees, Probearbeitsverhältnissen, Aushilfsarbeitsverhältnissen, Eingliederungsverhältnissen, Ein-Euro-Jobs, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM), Einstiegsqualifikationen sowie bei unechten Praktikanten und Volontären.
Sind „Praktikanten” arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer einzustufen, gelten neben dem Anspruch auf die übliche Vergütung, Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall die normalen Kündigungsschutzbestimmungen. Auch das BBiG sieht einen Anspruch auf angemessene Vergütung vor. Die weiteren Besonderheiten des BBiG werden bei den einschlägigen Praktikumstypen ausgeführt. Für minderjährige „Praktikanten” gilt zudem das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).
Unklarheiten über den Praktikumsbegriff und über die Vielzahl möglicher anderer Vertragsgestaltungen führen oftmals dazu, dass zwingende arbeitsrechtliche Bestimmungen nicht eingehalten werden. Wird die Zusammenarbeit fälschlicherweise als unentgeltliches Praktikum deklariert, kann dies neben der Ungültigkeit des Vertrages oder zumindest der entsprechenden Vertragsklauseln erhebliche finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Dieses Merkblatt soll als erste Orientierungshilfe dabei behilflich sein, gleich zu Beginn einer Zusammenarbeit die richtige rechtliche Einordnung vorzunehmen und somit nicht Gefahr zu laufen, Vergütungsansprüche für lange Zeiträume nachzahlen zu müssen. Dabei werden zunächst die wesentlichen Merkmale der verschiedenen „Praktikumstypen” beschrieben. Dies soll auch der Feststellung darüber dienen, ob die jeweilige Tätigkeitsart überhaupt zu Ihrem Unternehmen passt. Anschließend erfolgen Hinweise zur rechtlichen Einordnung.
Dieses Merkblatt kann fachkundigen Rat bei Fragen zu Praktikumsverträgen im Einzelfall nicht ersetzen. Die Informationen wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet. Es kann jedoch keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden.

Übersicht/Arbeitsrechtliche Vorschriften

Kein Arbeitsrecht Paragraf 26 Berufsbildungsbildungsgesetz Normales Arbeitsrecht
Echtes Praktikum Unechtes Praktikum Unechtes Praktikum
Schülerpraktikum Volontariat Schülerferienjobs
Fachpraktikum von Fachoberschülern Anlern-
verhältnis
Anlernverhältnis
Diplomanden Einstiegs-
qualifikation
Werkstudenten
Umschulungs-
verhältnis
Praktikum zum Erwerb der Fachhochschulreife Trainees
Einfühlungs-
verhältnis
Probearbeits-
verhältnis
Aushilfsarbeits-
verhältnis
Eingliederungs-
verhältnis
Ein-Euro-Jobs
Arbeitsbeschaffungs-
maßnahme (ABM)

Welche Praktika gibt es

Echtes Praktikum

Um ein Praktikum im eigentlichen Sinne handelt es sich nur dann, wenn das Praktikum von einer Prüfungsordnung zwingend als studien- beziehungsweise ausbildungsbegleitend vorgeschrieben ist (Pflichtpraktikum). Die Praktikumstätigkeit hängt mit dem Studien- beziehungsweise Ausbildungsziel zusammen und ist geprägt durch die Anforderungen der Prüfungsordnung. Es werden praktische Kenntnisse und Erfahrungen zur Vorbereitung auf einen Beruf vermittelt, die im Rahmen einer (meist akademischen) Ausbildung benötigt werden.
„Echte” Praktikanten sind weder Arbeitnehmer noch ist das BBiG auf sie anwendbar. Demzufolge besteht kein Vergütungsanspruch und der Praktikant kann sich auch nicht auf Arbeitnehmerschutzrechte berufen. „Echte” Praktikanten haben also keinen Kündigungsschutz, keinen Urlaubsanspruch und kein Recht auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Es sind keine Kündigungsfristen zu beachten und auch das Schriftformerfordernis für Kündigungen gilt hier nicht. Wenn Sie sich vor Ablauf der Praktikumsdauer von einem Praktikanten trennen wollen, empfiehlt es sich aus Nachweisgründen jedoch dringend, eine Kündigung schriftlich zu fassen.
Tipp: Überprüfen Sie nicht nur, ob es sich um ein Pflichtpraktikum handelt, sondern achten Sie auch darauf, dass die Tätigkeiten des Praktikanten den Vorgaben der Studien- oder Ausbildungsordnung entsprechen. Andere Arbeitsleistungen dürfen sich höchstens bei Gelegenheit ergeben!

Unechtes „Praktikum”

„Praktikanten”, die ein freiwilliges „Praktikum” ableisten, sind von den echten Praktikanten streng zu unterscheiden. Die rechtliche Einordnung hängt von der Intention des „Praktikanten” ab.
Es besteht zum einen die Möglichkeit, dass ein solches „Praktikum” völlig ausbildungsfremden Zwecken dienen soll. Wenn dabei der Austausch von Arbeitsleistung und Vergütung im Vordergrund steht, gilt normales Arbeitsrecht. Geht es dagegen um den Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten, ohne dabei eine bestimmte Berufsausbildung zu verfolgen, gelten über Paragraf 26 BBiG die dort zitierten Regelungen des BBiG sowie das sonstige Recht der Arbeitsverhältnisse (zum Beispiel Kündigungsschutz, Urlaub).
Das BBiG ist grundsätzlich immer dann anwendbar, wenn der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten den Schwerpunkt der Zusammenarbeit bildet. Abweichend von normalen Arbeitsverhältnissen sind dann wichtige zusätzliche Besonderheiten zu beachten.
Ein unentgeltliches „Praktikum” ist innerhalb des BBiG nicht möglich. Es besteht ein gesetzlicher Anspruch auf angemessene Vergütung. Diese ist nach dem Lebensalter so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Ausbildung ansteigt und zwar mindestens jährlich. Tätigkeiten, die über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen, müssen gesondert vergütet werden. Alternativ kann Freizeitausgleich stattfinden. Die Probezeit darf höchstens vier Monate betragen. Im Unterschied zum eigentlichen Berufsausbildungsverhältnis kann sie auf einen geringeren Zeitraum als einen Monat abgekürzt werden. Nur der vollständige Ausschluss oder Verzicht ist nicht möglich. Während der Probezeit besteht die Möglichkeit einer entfristeten ordentlichen Kündigung. Das Praktikantenverhältnis kann in diesem Zeitraum von beiden Seiten jederzeit ohne Einhaltung einer Frist und ohne nähere Begründung gekündigt werden. Nach Ablauf der Probezeit gelten erhebliche Beschränkungen der Kündigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber hat dann nicht mehr das Recht zur ordentlichen Kündigung. Ausschließlich bei wichtigem Grund kann außerordentlich gekündigt werden. Die außerordentliche Kündigung ist auch dann aber nur wirksam, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Entstehen dieses wichtigen Grundes schriftlich und unter Angabe eines Kündigungsgrundes erfolgt. Durch eine vorzeitige Beendigung entstehen keinerlei Schadensersatzansprüche. Weiterhin ist zu beachten, dass jegliche Vereinbarungen über Vertragsstrafen unzulässig und damit unwirksam sind. Das BBiG verweist auf das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und gibt dem „Praktikanten” damit ein Recht auf Urlaub. Die Anzahl der zu gewährenden Urlaubstage richtet sich nach der Dauer des Praktikantenverhältnisses.
Auf die Niederschrift eines solchen „Praktikumsvertrages” kann verzichtet werden. Jedoch muss unverzüglich nach Abschluss des Vertrages dessen wesentlicher Inhalt schriftlich niedergelegt werden. Als wesentliche Mindestbedingungen, die schriftlich niederzulegen sind, gelten Art, Gliederung und Ziel sowie Beginn und Dauer des Praktikums, die Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit und der Probezeit, die Zahlung und Höhe der Vergütung, die Dauer des Urlaubs und schließlich die Kündigungsvoraussetzungen.
Des Weiteren hat der Praktikant Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, das auch vom jeweiligen Ausbilder unterschrieben ist. Er kann wahlweise ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis verlangen.
Tipp: Aufgrund der eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten empfiehlt sich der Abschluss eines befristeten Vertrages. Die Befristung ist dann aber zwingend vor Arbeitsbeginn schriftlich zu vereinbaren!

Schülerpraktikum

Schüler sollen durch Schülerpraktika an die Arbeitswelt herangeführt werden, indem sie nach Einweisung und unter Betreuung selbst über einen geschlossenen Zeitraum hinweg tätig werden und bei der Arbeit anderer mithelfen. Die Beschäftigungsmöglichkeit soll für den Schüler geeignet sein, damit diesem nicht nur Hilfs- und Wartungsarbeiten offen stehen. Bei einem Betriebspraktikum dürfen Schüler aber keine weisungsgebundene Tätigkeit verrichten, die dem arbeitstechnischen Zweck des Betriebes dient. Vielmehr sind solche Praktika in erster Linie Erziehung und Unterricht und dienen der persönlichen Information über Teile der sozialen Wirklichkeit, um die spätere Berufswahl zu erleichtern. Betriebspraktika gelten als Schulveranstaltungen, die im Betrieb als Unterrichtsort durchgeführt werden. Sie dauern in der Regel zwei oder drei Wochen. Schülerpraktika sind weder ein Ausbildungs- noch ein Arbeitsverhältnis. Rechte und Pflichten ergeben sich alleine aus dem Schulrecht beziehungsweise zu Betriebspraktika erlassenen Richtlinien. Danach ist ein Lehrer verantwortlicher Leiter des Betriebspraktikums. Dieser muss die Betriebe über die wesentlichen Unterrichtsziele und den Schülern erteilte Arbeitsaufträge informieren und die Anwesenheit der Schüler im Betrieb überprüfen. Auch der Betrieb muss der Schule eine verantwortliche Person benennen, die die Betreuung der Praktikanten über den gesamten Praktikumszeitraum hinweg übernimmt. Eine Vergütung ist in Hessen unzulässig.

Spezielle Praktika

Schüler von Fachoberschulen während der fachpraktischen Ausbildung

Die fachpraktische Ausbildung von Schülern der Fachoberschule wird in der Regel in Betrieben durchgeführt. Zur Erlangung der Fachhochschulreife ist eine mindestens einjährige Praktikantentätigkeit nachzuweisen. Diese Praktikantentätigkeit ist als Bestandteil der Gesamtausbildung zu sehen, in der die fachtheoretische Ausbildung überwiegt. Daher gelten die Schüler auch während dieses Betriebspraktikums weiterhin als Schüler im Sinne des Schulgesetzes und werden nicht im Rahmen eines den arbeitsrechtlichen Grundsätzen unterliegenden Ausbildungsverhältnisses ausgebildet. Es gelten die Ausführungen zum echten Praktikum und gegebenenfalls zusätzlich die Bestimmungen des JArbSchG, wenn die Praktikanten minderjährig sind.

Praktikum zum Erwerb der Fachhochschulreife bei Schülern beruflicher Gymnasien

Schüler beruflicher Gymnasien, die diese nach der zwölften Klasse verlassen, können durch Absolvierung eines mindestens einjährigen betrieblichen Praktikums die Voraussetzungen zum Erwerb der Fachhochschulreife erfüllen.
Dieses Praktikum ist nicht Teil der schulischen Ausbildung der beruflichen Gymnasien. Der Schülerstatus entfällt daher in dieser Zeit, da die Praktikanten organisatorisch nicht mehr dem beruflichen Gymnasium zugerechnet werden. Die Praktikanten sind auch nicht mehr über das berufliche Gymnasium unfallversichert. Das Mindestlohngesetz ist nicht anzuwenden. Praktikantinnen und Praktikanten, die ein Praktikum zum Erwerb der Fachhochschulreife nach Paragraf 48 der Oberstufen- und Abiturverordnung (OAVO) absolvieren, gelten „auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung“ nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Mindestlohngesetzes. Es besteht daher keine Verpflichtung, den betreffenden Praktikantinnen und Praktikanten ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns zu zahlen.

Andere Formen von Praktika

Schülerferienjobs

Durch Schülerferienjobs gleichen Unternehmen gerne saisonalen Mehrbedarf aus. Hier kommt regelmäßig ein Arbeitsverhältnis zustande, da die Schüler der Ferienarbeit nachgehen, um Geld zu verdienen. Der Schwerpunkt liegt in der entgeltlichen Arbeitsleistung und nicht in der Ausbildung. Es gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Geschuldet wird daher die übliche Vergütung.
Sind die Schüler minderjährig, ist das JArbSchG zu beachten. Die Schüler dürfen dann keine Tätigkeiten ausführen, die gesetzlich oder nach den Vorschriften der Berufsgenossenschaften für Jugendliche ihres Alters verboten sind. Die wöchentliche Arbeitszeit darf maximal 30 Stunden betragen. Sie liegt in der Regel von Montag bis Freitag zwischen 07:00 Uhr und 18:00 Uhr. Es sind wenige Ausnahmefälle vorgesehen, zum Besipiel für Krankenanstalten und Heime, Bäckereien, Friseurbetriebe, Landwirtschaft oder Gaststätten, in denen die Schüler auch an Samstagen zwischen 07:00 Uhr und 13:00 Uhr tätig sein dürfen. Die tägliche Arbeitszeit liegt in der Regel bei sechs Stunden und darf acht Stunden in keinem Falle überschreiten. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass den Schülern zusätzliche Ruhepausen zustehen. Diese müssen bei einer Arbeitszeit ab viereinhalb bis zu sechs Stunden mindestens 30 Minuten und wenn mehr als sechs Stunden gearbeitet wird, mindestens 60 Minuten betragen.
Die Beschäftigung von Schülern unter 15 Jahren ist im Grundsatz verboten. Sie sind Kinder im Sinne des JArbSchG und dürfen nur in wenigen Ausnahmefällen unter sehr strengen Voraussetzungen gegen Entgelt beschäftigt werden.

Berufsausbildungsverhältnis

Ein Berufsausbildungsverhältnis kann nie als „Praktikum” gelten. Das Berufsausbildungsverhältnis zeichnet sich dadurch aus, dass in einem geordneten Ausbildungsgang systematisch eine breit angelegte berufliche Grundausbildung und die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden. Die Ausbildung erfolgt nach einer vorgegebenen Ausbildungsordnung und endet mit dem erfolgreichen Bestehen der Abschlussprüfung. Der Auszubildende ist verpflichtet, sich die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen. Darüber hinaus muss er die geltende betriebliche Ordnung und das Direktionsrecht beachten. Der Auszubildende ist für die Erreichung des Berufsziels mitverantwortlich. Er hat den Ausbildenden zur Erreichung seines Berufszieles anzuhalten. Dies ist der entscheidende Unterschied zwischen einem Berufsausbildungsverhältnis und dem Praktikum, denn der Ausbilder eines Praktikanten ist diesem gegenüber nur verpflichtet, ihm die Gelegenheit zu geben, selbst den gewünschten Nutzen für das berufliche Fortkommen zu ziehen, indem er ihm die betrieblichen Informationen, personelle Einweisung, Unterlagen und Material gewährt.

Praktische Tätigkeit von Werkstudenten

Werkstudenten sind keine Praktikanten, sondern reine Arbeitnehmer. Sie sind nicht zur Berufsausbildung beschäftigt, vielmehr steht die entgeltliche Arbeitsleistung im Vordergrund. Damit gelten neben der Vergütungspflicht alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen.

Diplomanden

Unternehmen können Studien- oder Abschlussarbeiten von Studierenden fördern, indem sie ihnen die Benutzung ihrer betrieblichen Einrichtungen gestatten, soweit dies zur Erstellung der Diplomarbeit erforderlich ist. Sie erhalten dabei neben betrieblichen Informationen die Gelegenheit, betriebliche Prozesse zu begleiten und betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. In der Regel halten sich die Studierenden nur kurzfristig im Unternehmen auf, um Anregungen und Material zu erhalten oder Ergebnisse ihrer Ausarbeitung zu besprechen.
Ihre Abschlussarbeit erstellen sie selbstständig und eigenverantwortlich. Da sie weder in den betrieblichen Organismus eingebunden noch weisungsgebunden sind, greift der Arbeitnehmerstatus nicht. Denn es geht hier gerade nicht darum, dass die Studierenden ihre individuelle Arbeitskraft gegen Lohn zur Verfügung stellen. Auch Paragraf 26 BBiG kommt nicht zur Anwendung, da es sich bei der Erstellung der Abschlussarbeit formal um einen nach der Studienordnung vorgesehenen Bestandteil der Ausbildung handelt.

Volontariat

Volontär ist, wer zum Zwecke der Ausbildung für einen Arbeitgeber tätig wird ohne dabei zu beabsichtigen, mit der Tätigkeit eine vollständig abgeschlossene Fachausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf zu erlangen. Vielmehr bezweckt das Volontariat gerade, über ein bestimmtes Berufsbild hinaus einen Überblick über die Zusammenhänge zwischen betrieblichen Vorgängen sowie die Koordinierung von betrieblichen Abteilungen zu bekommen. Der Volontär ist an einer Ausbildung auf einem oder mehreren Gebieten interessiert, ohne dass diese für seinen späteren Beruf zwingend vorgeschrieben ist. Es geht ihm ausschließlich um die Verbreiterung und Vertiefung seiner Fachkenntnisse. Er ist gegenüber seinem Ausbilder zu Dienstleistungen verpflichtet, während der Ausbildende Wissens- und Kenntnisvermittlung schuldet. Im Gegensatz zum Auszubildenden im Sinne des BBiG wird keine Abschlussprüfung abgelegt und die Volontariatszeit ist in der Regel erheblich kürzer.
Das Vertragsverhältnis muss in seiner Ausgestaltung einem Berufsausbildungsverhältnis ähnlich sein. Es gilt Paragraf 26 BBiG. Hinsichtlich der zu beachtenden Bestimmungen aus dem BBiG kann daher auf die Ausführungen zum unechten „Praktikum” verwiesen werden. Die Vergütungshöhe hängt dabei wesentlich von der Ausgestaltung des Volontariats ab. Der Vergütungsanspruch ist entsprechend höher, wenn der Volontär dauernd in den Betrieb eingeordnet ist und mit nützlichen Verrichtungen beauftragt wird. Dagegen fällt er niedriger aus, wenn der Volontär seine Tätigkeit nach freiem Belieben erbringen soll oder hauptsächlich nur beobachtend tätig ist. Angemessene Vergütung ist nur dann nicht zu gewähren, wenn das Volontariat von einer Prüfungsordnung zwingend vorgeschrieben ist. Dann gelten die Ausführungen zum echten Praktikum.

Trainees

Trainees sind Hochschulabsolventen, die von einem Arbeitgeber in seinem Betrieb als Nachwuchskräfte aufgebaut werden. Während eines festgelegten Traineeprogramms werden verschiedene Stationen durchlaufen mit dem Ziel, möglichst viele Bereiche des Unternehmens kennenzulernen und auf der Basis der so erworbenen Einblicke später Fach- und Führungspositionen übernehmen zu können. Gleichzeitig können dabei die Stärken und Schwächen gut ermittelt werden. Im Vordergrund steht nicht das Lernen, sondern der Austausch von Arbeitsleistung und Entgelt. Damit gelten sämtliche arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Auch die Entgeltverpflichtung folgt aus arbeitsrechtlichen Grundsätzen. Das Gehalt wird jedoch aufgrund des zusätzlichen Lerncharakters niedriger als bei vergleichbaren Arbeitnehmern angesiedelt.

Verhältnisse

Probearbeitsverhältnis

Unter einem Probearbeitsverhältnis versteht man ein zum Zwecke der Erprobung abgeschlossenes Arbeitsverhältnis, das unter dem Vorbehalt der Beendigung steht, sofern sich herausstellt, dass eine Zusammenarbeit auf Dauer nicht in Betracht kommt. Damit kann ein doppelter Zweck erreicht werden. Der Arbeitgeber kann so prüfen, ob der Bewerber für die in Aussicht genommene Stelle dauerhaft geeignet erscheint und dem Bewerber wird vor Augen gehalten, dass er sich erst bewähren muss, wenn er auf Dauer beschäftigt bleiben will. Davon zu unterscheiden ist die gesetzliche Probezeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), die den persönlichen Anwendungsbereich des KSchG von der sechsmonatigen Bestandsdauer abhängig macht.
Ein solches Probearbeitsverhältnis steht dem normalen Arbeitsverhältnis nahezu gleich. Es ergeben sich dieselben Rechte und Pflichten einschließlich der Pflicht zur üblichen Vergütung. Einzige rechtliche Besonderheit ist die Möglichkeit der leichteren Vertragsbeendigung durch die verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen. Als Faustformel für die maximale Dauer gelten sechs Monate. Bei längerer Probezeit besteht die verkürzte Kündigungsfrist nur in den ersten sechs Monaten. Die Befristung zur Erprobung ist im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) als Sachgrund anerkannt.
Tipp: In diesem Zusammenhang gilt es unbedingt zu beachten, dass die Befristung zwingend schriftlich vereinbart werden muss und zwar vor Arbeitsantritt. Eine mündlich vereinbarte Befristung ist unwirksam. Hat der Arbeitnehmer ohne die schriftliche Befristungsvereinbarung auch nur ganz kurz gearbeitet, entsteht ein unbefristeter Arbeitsvertrag, der nur unter Beachtung des normalen Kündigungsrechts wieder beendet werden kann!

Anlernverhältnis

Ein Anlernverhältnis liegt vor, wenn es Ziel der Zusammenarbeit ist, dass der Anlernling in einem enger begrenzten Fachgebiet eine Spezialausbildung erhält. Er soll innerhalb des Anlernverhältnisses erst die notwendigen Kenntnisse sammeln. Im Vergleich zum Auszubildenden ist die Dauer des Anlernens kürzer und die persönliche Bindung an den Anlernenden geringer. Der Unterschied zum Praktikum besteht darin, dass in der Regel bereits eher der Austausch von Arbeitskraft und Lohn im Vordergrund und nicht der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten. Diese Schwerpunktsetzung ist ausschlaggebend für die rechtliche Einordnung. Überwiegt die Entgeltlichkeit, handelt es sich um ein normales Arbeitsverhältnis mit üblicher Vergütungspflicht. Wiegt dagegen der Kenntniserwerb stärker, gilt Paragraf 26 BBiG und damit die Pflicht zur angemessenen Vergütung. Es besteht also in jedem Falle eine Vergütungspflicht.
Besonders gilt es zu beachten, dass solche Anlernverträge mit Minderjährigen nur geschlossen werden dürfen, wenn sie sich auf einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf beziehen. Ansonsten wäre der Anlernvertrag nichtig.

Einfühlungsverhältnis

Vom Praktikum streng zu trennen ist auch das Einfühlungsverhältnis, das umgangssprachlich gerne als „Schnupperkurs” oder unverbindliche Kennenlernphase bezeichnet wird und als „verlängertes Bewerbungsverfahren” der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses dienen soll. Zweck ist nicht wie beim Probearbeitsverhältnis die Erprobung der Eignung des Bewerbers, sondern es soll lediglich dem potentiellen Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, die betrieblichen Gegebenheiten kennenzulernen. Der Arbeitgeber hat im Gegenzug die Möglichkeit festzustellen, ob der Bewerber in den Betrieb passt. Beim Einfühlungsverhältnis bestehen keine gegenseitigen Verpflichtungen zur Leistung und Gegenleistung. Der Arbeitgeber hat kein Direktionsrecht. Die Arbeitsleistung des Bewerbers wird auf rein freiwilliger Basis erbracht. Auch muss der Bewerber keine bestimmte Arbeitszeit einhalten. Er ist einzig dem Hausrecht des Arbeitgebers unterworfen. Folglich entsteht hier kein echtes Arbeitsverhältnis. Wenn keine anderweitige Abrede getroffen wird, besteht kein Anspruch auf Arbeitsentgelt. Die Höchstdauer für ein solches Einfühlungsverhältnis beträgt maximal sieben bis zehn Tage.
Tipp: Wird ein solches Einfühlungsverhältnis vereinbart, muss dringend beachtet werden, dass Weisungen des Arbeitgebers nicht zulässig sind, da ansonsten Entgeltansprüche bestehen!

Aushilfsarbeitsverhältnis

Auch das Aushilfsarbeitsverhältnis stellt ein normales Arbeitsverhältnis dar. Es ist nach dem TzBfG als befristetes Arbeitsverhältnis zulässig und dient dem anerkannten Sachgrund, einen vorübergehenden Arbeitskräftebedarf zu decken. Ein späterer Dauervertrag ist nicht geplant. Voraussetzung für eine wirksame Befristung ist aber, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tatsächlich vorhersehen kann, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers über das vereinbarte Vertragsende hinaus mit hinreichender Sicherheit kein Bedarf mehr bestehen wird. Typische Beispiele sind Saisonarbeitsverhältnisse oder Schwangerschaftsvertretungen.
Abweichend vom normalen Arbeitsverhältnis gilt hier die Besonderheit, dass einzelvertraglich kürzere Kündigungsfristen vereinbart werden können. Sogar die ordentliche fristlose Kündigung ist dann möglich. Hinsichtlich des allgemeinen Kündigungsschutzes bestehen keine Besonderheiten.

Umschulungsverhältnis

Wer bereits eine Ausbildung absolviert hat und nun eine Neu- oder Umorientierung anstrebt, ist Umschüler. Die Umschulung hat das Ziel, zu einer anderen beruflichen Tätigkeit zu befähigen und ist auf eine schnelle Wiedereingliederung des Umschülers in den Arbeitsprozess gerichtet. Davon abzugrenzen ist die zweite Berufsausbildung, die durchlaufen wird, um eine vielseitigere berufliche Bildung zu erreichen. Eine Umschulung liegt in der Regel nur dann vor, wenn seit der ersten Berufsausbildung über einen längeren Zeitraum berufliche Praxiserfahrung gesammelt wurde.
Umschüler sind keine Arbeitnehmer. Auch das BBiG ist nicht anwendbar, so dass dessen Beschränkungen für Umschüler nicht gelten. Folglich ist eine Vergütung nicht zwingend zu entrichten, jedoch vereinbar.

Einstiegsqualifizierung

Die Einstiegsqualifizierung ist eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme. Sie dient dazu, lehrstellensuchende junge Menschen kennenzulernen und so an eine Ausbildung heranzuführen. Ziel eines „Betriebspraktikums” als Einstiegsqualifizierung ist es, den Bewerbern vorgegebene Grundkenntnisse und –fertigkeiten zu vermitteln, die im Hinblick auf die Berufsausbildung dienlich sind. Der Einblick in betriebliche Abläufe soll die Kenntnisse der „Praktikanten” über einen anerkannten Ausbildungsberuf erweitern, um sich besser beruflich orientieren zu können. Neben berufs- oder berufsbereichsbezogenen Kenntnissen sollen auch soziale Kompetenzen vermittelt werden. Die Dauer einer Einstiegsqualifizierung kann zwischen sechs und zwölf Monaten liegen. Bei Berufsschulpflicht muss der „Praktikant” freigestellt werden für die dortige ergänzende theoretische Berufsvorbereitung.
Die Einstiegsqualifizierung findet auf der Grundlage eines Vertrages statt, der unter Paragraf 26 BBiG fällt. Der entscheidende Unterschied zum Arbeitnehmer liegt darin, dass nicht die Arbeitsleistung, sondern die Ausbildungsabsicht im Vordergrund steht. Auch ein Ausbildungsverhältnis liegt nicht vor, da es sich nicht um eine breit angelegte und systematische Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf handelt. Für die Vergütung ist eine bestimmte monatliche Regelhöhe vorgesehen. Unternehmen, die jungen Menschen diese Möglichkeit geben wollen, können dafür unter strengen Voraussetzungen Fördergelder erhalten. Dabei ist die maximale Erstattungshöhe durch eine festgelegte Regelhöhe begrenzt. Vorausgesetzt wird, dass der Bewerber zunächst zum allgemein förderungsfähigen Personenkreis und darüber hinaus zur Zielgruppe gehört. Außerdem muss das „Praktikum” Teil einer geförderten Berufsbildungsmaßnahme sein.
Vor dem Abschluss eines Einstiegsqualifizierungsvertrages ist daher unbedingt sicherzustellen, dass der Bewerber bei der Agentur für Arbeit als lehrstellensuchend bekannt und zum Starttermin auch für die Maßnahme freigegeben ist.
Tipp: Aus Praktikabilitätsgründen empfiehlt es sich hier, das Ziel des Vertrages schriftlich festzulegen, um die Fördervoraussetzungen zu erfüllen, und zugleich klarzustellen, dass der Praktikumsvertrag nicht zum Zwecke der Begründung eines Arbeitsverhältnisses erfolgt!

Eingliederungsverhältnis

Wenn Arbeitgeber Bewerber mit Vermittlungshemmnissen einstellen, können sie hierfür Zuschüsse zu dem von ihnen gezahlten Lohn bekommen. Vermittlungshemmnisse liegen dann vor, wenn die Bewerber arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind und ohne ein Eingliederungsverhältnis aus Gründen, die in ihrer Person liegen, nicht oder nicht dauerhaft in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können. Durch den Eingliederungsvertrag verpflichtet sich der Arbeitgeber, dem aufgrund des Vertrags Beschäftigten die Gelegenheit zu geben, sich unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen zu qualifizieren und einzuarbeiten. Die regelmäßige Wochenarbeitszeit muss mindestens 15 Stunden betragen. Ziel soll es dabei sein, den Bewerber nach erfolgreichem Abschluss der Eingliederung in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Der Förderungszweck des Eingliederungsverhältnisses setzt voraus, dass zwischen der Förderung und der Eingliederung in den Arbeitsmarkt ein kausaler Zusammenhang besteht. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer auch ohne Zuschuss eingestellt worden wäre, also die Eingliederung ohne Förderung erfolgt wäre.
Auch hier findet das normale Arbeitsrecht Anwendung. Der Arbeitgeber schuldet also Vergütung, kann diese aber zumindest anteilig erstattet bekommen, wenn die entsprechenden Fördervoraussetzungen vorliegen.
Tipp: Dringend zu empfehlen ist es daher, sich vor dem Abschluss eines Eingliederungsvertrages mit der zuständigen Agentur für Arbeit in Verbindung zu setzen, um sicherzustellen, dass die Fördervoraussetzungen erfüllt sind und um die genaue Förderhöhe und Förderdauer im jeweiligen Einzelfall abzuklären!

1-Euro-Job

Im Rahmen der sogenannten 1-Euro-Jobs können erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden, im öffentlichen Interesse liegende zusätzliche Aufgaben übernehmen. Ein öffentliches Interesse ist nicht gegeben bei überwiegend erwerbswirtschaftlichen Interessen oder Interessen eines nur begrenzten Personenkreises. Zusätzlich sind die Aufgaben nur dann, wenn sie nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden. Es dürfen keine Aufgaben verdrängt werden, die im ersten Arbeitsmarkt nicht gefördert werden. Ziel ist die Eingliederung in den normalen Arbeitsmarkt durch Stärkung der Arbeitsfähigkeit. Der Umfang der angebotenen Tätigkeit muss zurückbleiben hinter dem eines normalen Arbeitsverhältnisses. Der Richtwert liegt bei etwa 15 Wochenstunden. Auch die Gesamtdauer der Tätigkeit muss zur Vermeidung eines Verdrängungseffekts auf etwa sechs Monate beschränkt bleiben. Für die Übernahme dieser Aufgaben ist eine Entschädigung zu zahlen. Dabei ist das Lohnabstandsgebot zu beachten, das heißt das Entgelt darf nicht so hoch sein, dass sich zusammen mit dem Arbeitslosengeld II (ALG II) ein Stundenlohn wie in einem normalen Arbeitsverhältnis ergibt. Das entstehende Beschäftigungsverhältnis ist aber gerade kein Arbeitsverhältnis, sondern der Hilfebedürftige erhält nur eine arbeitnehmerähnliche Stellung. Lediglich die Arbeitsschutzgesetze (Arbeitsschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz, Mutterschutzgesetz und Jugendarbeitsschutzgesetz) sowie das Bundesurlaubsgesetz (mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt) und die Grundsätze über die beschränkte Arbeitnehmerhaftung sind entsprechend anwendbar. Bei berechtigtem Anlass kann die Beschäftigungsmaßnahme ohne jede Frist gekündigt werden.

Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM)

Die Beschäftigung im Rahmen von ABM erfolgt auf der Grundlage eines normalen Arbeitsverhältnisses. Daher richten sich die Rechtsbeziehungen nach normalem Arbeitsrecht. Somit gilt die Pflicht zur Entgeltzahlung. Der Arbeitgeber kann hierfür staatliche Förderung erhalten, wenn die Arbeiten im öffentlichen Interesse liegen, erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden und die Förderung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig erscheint. Dies ist der Fall, wenn keine Beeinträchtigung der Wirtschaft als Folge der Förderung zu befürchten ist. Auch hier ist die Zusätzlichkeit der Arbeiten Voraussetzung für eine mögliche Förderung. Die Befristung eines ABM-Vertrages ist sachlich begründet und kann sogar von der Dauer der staatlichen Förderung abhängig gemacht werden. Die staatliche Förderung ist dabei nicht an den Bewerber gekoppelt, sondern an den zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz. Bewerber, die zum förderungsfähigen Personenkreis gehören, werden den Arbeitgebern, die Träger von ABM-Stellen sind, zugewiesen.

Leitfaden für die Einordnung

Anhand dieser Übersicht wird deutlich, dass die unentgeltliche Einstellung eines Praktikanten nur in äußerst begrenzten Fällen zulässig ist. Sollte eine Vertragsgestaltung gewählt worden sein, die nicht zu der jeweiligen Tätigkeit passt, kann sich der Arbeitgeber nicht auf den Vertrag berufen. Es gilt dann nicht das vertraglich Fixierte, sondern die gesetzlichen Regelungen des Vertragstyps, der dem typischen Erscheinungsbild der Tätigkeit, also dem „gelebten Praktikantenverhältnis”, entspricht. Um zu vermeiden, dass eine falsche rechtliche Einordnung vorgenommen wird, ist es also unverzichtbar, die jeweiligen Charakteristika und rechtlichen Grenzen zu beachten.
Zusammenfassend erleichtert es die rechtliche Einordnung und damit die Beantwortung der Frage nach der Vergütungspflicht eines „Praktikums”, wenn Sie bei Ihren Überlegungen in folgenden Schritten vorgehen:
  1. Unentgeltliche Praktika sind nur dann möglich, wenn es sich um vorgeschriebene Praktika handelt. Fragen Sie den Bewerber daher nach seiner Ausbildungs- beziehungsweise Studienordnung.
  2. Steht der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten im Vordergrund, gelten die Besonderheiten des BBiG und ergänzend das allgemeine Arbeitsrecht. Der „Praktikant” hat Anspruch auf angemessene Vergütung.
  3. Bildet dagegen der Austausch von Arbeitsleistung und Entgelt den Schwerpunkt, ist stets allgemeines Arbeitsrecht anwendbar. Es besteht ein Anspruch auf die übliche Vergütung.
Bitte beachten Sie, dass für Minderjährige nicht nur bei Schülerpraktika, sondern bei allen Arten der Beschäftigung die besonderen Schutzvorschriften des JArbSchG gelten.
Unter "Weitere Informationen" ist neben einen Praxisleitfaden auch das BSO-Portal "Berufliche Orientierung Hessen" verlinkt.
Stand: Juni 2025

Der Zugang der Kündigung

In vielen Streitigkeiten im Zusammenhang mit Kündigungen spielt der fristgerechte Zugang immer wieder eine entscheidende Rolle.
Hinweis für Ratsuchende: Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die IHK die Aufgabe, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft zu vertreten und ihre Mitgliedsunternehmen zu beraten. Wenn Sie als Arbeitnehmer rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich entweder an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Abteilung Arbeitsrecht, oder an den Verein „ArbeitnehmerHilfe” wenden.

Allgemeines

Die Kündigung ist zwar eine einseitige Erklärung, die von der anderen Seite nicht angenommen werden muss, aber empfangsbedürftig. Das bedeutet, dass sie bei der anderen Partei zugehen muss.
Ein solcher Zugang liegt vor, wenn die Kündigungserklärung in den sogenannten Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser die Kündigung zur Kenntnis nehmen kann und die Kenntnisnahme nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist.
In vielen Streitigkeiten im Zusammenhang mit Kündigungen spielt der fristgerechte Zugang immer wieder eine entscheidende Rolle.
Im Fall der ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses kommt es auf die Einhaltung der Kündigungsfrist an, um das Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt beenden zu können.
Bei einer „verspäteten Kündigung” muss der Arbeitgeber das Gehalt des Arbeitnehmers zunächst weiter zahlen bis das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß beendet werden kann. Wird über die Wirksamkeit der Kündigung vor Gericht gestritten, kommen weitere Kosten hinzu.
Bei der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund muss die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist sogar unbedingt eingehalten werden, da die Kündigung andernfalls bereits allein auf Grund der Fristversäumnis unwirksam ist.
Der Zeitpunkt des Zugangs ist aber auch für den Arbeitnehmer von Bedeutung, weil er für die Berechnung und Einhaltung Klagefrist entscheidend ist.
Da eine wirksame Kündigung schriftlich und vom Kündigungsberechtigten eigenhändig unterzeichnet werden muss (vergleiche Paragrafen 623, 126 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), scheidet eine Kündigung per Fax oder einfacher E-Mail aus. Die Übergabe muss stets im Original erfolgen.

Die Möglichkeiten des Zugangs eines Kündigungsschreibens

Ein wirksamer Zugang ist in folgenden Fällen möglich:

Übergabe am Arbeitsplatz

Die persönliche Übergabe des Kündigungsschreibens am Arbeitsplatz sollte am besten vor Zeugen erfolgen, damit der Arbeitgeber im Streitfall die Vernehmung der Zeugen als Beweis anbieten kann. Zudem sollte er sich den Empfang des Schreibens vom Arbeitnehmer quittieren lassen.

Übergabe am Wohnsitz des Arbeitnehmers

Bei der persönlichen Übergabe des Kündigungsschreibens am Wohnsitz des Arbeitnehmers ist zwischen verschiedenen Fällen zu unterscheiden:

Persönliche Übergabe

Wird der Arbeitnehmer persönlich angetroffen, sollte sich der „Überbringer” den Erhalt der Kündigung mit einer Unterschrift quittieren lassen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist dies unter Angabe von Datum, Ort und Uhrzeit zu dokumentieren.
Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Entgegennahme grundlos verweigert. Denn in diesen Fällen gilt die Kündigung als im Zeitpunkt des Zustellungsversuchs zugegangen, da der Empfänger den Zugang treuwidrig verhindert hat.

Übergabe an Dritte

Sollte der Arbeitnehmer nicht persönlich angetroffen werden, kommt auch eine Übergabe an Dritte in Betracht, die an der Wohnungstüre angetroffen werden. Ehegatten oder Mitbewohner können als Empfangsvertreter oder Empfangsboten angesehen werden. Bei Empfangsvertretern ist die Kündigung unmittelbar zugegangen. Bei den Boten erfolgt der Zugang durch die Übermittlung.
Hierbei ist allerdings VORSICHT geboten, denn im Streitfall kann sich nachher herausstellen, dass sich der vermeintliche Ehegatte oder Mitbewohner als Bekannte/r, als Handwerker oder ähnliches herausstellt oder wohlmöglich minderjährig war und die Kündigung zu spät oder gar nicht übermittelt hat.

Übergabe an Abwesende

Kann die Kündigung nicht persönlich zugestellt werden, so ist das Schreiben in den Briefkasten des Arbeitnehmers einzuwerfen. Der Zugang erfolgt dann, sobald mit der nächsten Leerung des Briefkastens zu rechnen ist. Hierbei kommt es auf die üblichen Postzustellzeiten an. Wird das Kündigungsschreiben erst später eingeworfen, ist die Kündigung erst am Folgetag zugegangen.
Falls kein Briefkasten vorhanden oder der Einwurf nicht möglich ist, kann die Kündigung auch vollständig durch die Wohnungstür (!) hindurch geschoben oder das geöffnete Fenster eingeworfen werden.
Der Zugang der Kündigung erfolgt grundsätzlich auch bei urlaubsbedingter Abwesenheit, sogar wenn sie dem Kündigenden bekannt ist.
In jedem Fall sollte schriftlich dokumentiert werden, wann und wo genau (zum Beispiel am Tag X um – Uhr unter der 3. Tür auf der rechten Seite im 1. Stock oder in den 2. Briefkasten von oben mit der Aufschrift –) der Brief „abgelegt” wurde.
Beachte: Bei der arbeitgeberseitigen Kündigung empfiehlt es sich, das Kündigungsschreiben durch einen oder zwei zuverlässige und für jeden Fall genau instruierte Mitarbeiter zustellen zu lassen, da diese im Gegensatz zum Arbeitgeber vor Gericht als Zeuge vernommen werden können.

Zustellung durch die Post

Mit weniger Aufwand, aber problematischer, ist die Zustellung per Post.
  • Der einfache Brief scheidet wegen der Beweisproblematik aus.
  • Ebenfalls nicht empfehlenswert ist eine Übermittlung per Übergabeeinschreiben.
    Hier erhält der Adressat eine Mitteilung vom Postboten, dass das Einschreiben bei der Post zur Abholung bereit liegt. Der Zugang erfolgt aber erst, wenn das Schreiben bei der Post abgeholt wird, da die Kündigung zuvor nicht in den Machtbereich gelangt ist. Zu diesem Zeitpunkt kann die Frist dann schon versäumt sein. Schlimmstenfalls wird das Schreiben gar nicht abgeholt und an den Absender zurückgesandt.
  • Anders ist dies beim Einwurfeinschreiben.
    Hier wirft der Postbote den Brief in den Briefkasten und erstellt einen Auslieferungsbeleg. Dieser wird später eingescannt und anschließend vernichtet. Ein Urkundsbeweis scheidet wegen der Zerstörung des Originalbelegs damit aus. Ob der Beweis des ersten Anscheins für den Zugang im Zeitpunkt wie er im Auslieferungsbelag dokumentiert ist, spricht, ist in der Rechtsprechung umstritten, allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung aus dem 2025 entschieden, dass der mittels Online-Sendungsverfolgung abrufbare Sendungsstatus »zugestellt« nicht ausreicht. Anders sieht es bei Vorlage einer Kopie des Auslieferungsbelegs aus. Dies haben Bundesarbeitsgericht (Urteil aus dem Jahr 2024) und Bundesgerichtshof in der Vergangenheit als Beweis des ersten Anscheins genügen lassen.
  • Der „sicherste“ unter den Postwegen ist die Zustellung über eine Postzustellungsurkunde mit Möglichkeit der Ersatzzustellung in den Briefkasten.

Fazit

Es sollte - unabhängig von der gewählten Zustellungsart - immer schriftlich dokumentiert werden, dass die unterschriebene Kündigung unter Zeugen im Original in den Briefumschlag eingelegt und dieser anschließend fest verschlossen wurde.
Weiter empfiehlt es sich für den Arbeitgeber, wenn der Unterzeichner des Kündigungsschreibens nicht selbst kündigungsberechtigt ist, dem Kündigungsschreiben eine unterschriebene Originalvollmacht beizufügen, aus der die Kündigungsberechtigung des Unterzeichners hervorgeht. So lässt sich dem Risiko begegnen, dass der Adressat das Schreiben unter dem Hinweis auf den mangelnden Vollmachtsnachweis unverzüglich zurückweist. (vergleiche Paragraf 174 BGB)
Lästige Fehler bei der nachweisbar fristwahrenden Kündigung lassen sich am ehesten vermeiden, indem die Kündigung frühzeitig und vorausschauend vorbereitet wird.
Stand: März 2025

Arbeitsgerichtliches Verfahren

Das Arbeitsgericht ist regelmäßig das Gericht erster Instanz im eigenständigen, von der Zivilgerichtsbarkeit unabhängigen Rechtsweg der Arbeitsgerichtsbarkeit. Dieses Merkblatt informiert Sie rund um das arbeitsgerichtliche Verfahren.

I. Allgemeines

Die Arbeitsgerichte sind zuständig in allen bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie für die Streitigkeiten zwischen den Tarifvertragsparteien. Die übrigen Zuständigkeiten ergeben sich aus Paragraf 2, 2 a des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG).
Der häufigste Fall der Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht ist der Streit um die Wirksamkeit einer Kündigung (Kündigungsschutzklage). Weitere Streitfälle gibt es zum Beispiel bezüglich der Änderungskündigung, der Abmahnung, der Zeugniserteilung oder der Gehaltsforderung.
Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist unterteilt in Gütetermin und Kammertermin. Es beginnt in der Regel mit der Einreichung der Klageschrift bei Gericht. Diese Klage wird dann der anderen Partei, dem Beklagtem, durch das Gericht zugestellt.
Das Verfahren selbst ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, so unter anderem an spezielle Klagefristen, so zum Beispiel für die Kündigungsschutzklage: 3 Wochen nach Zugang der Kündigung oder bei einer Entschädigungsklage nach Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) drei Monate nach schriftlicher Geltendmachung gegenüber dem Benachteiligenden.

II. Zustellung einer Klage - was nun?

Nach Erhalt der Klage ist zu überlegen, wie darauf reagiert werden soll, welche Möglichkeiten bestehen und wie hoch das Risiko auch in Bezug auf die Kosten ist, die ein solches Verfahren mit sich bringt.
Auch wenn die Klage nun vorliegt, sollte versucht werden, in einem direkten Gespräche die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung zu erzielen. Scheitert dieser Versuch, so nimmt das nun rechthängige Verfahren seinen weiteren Gang.

1. Prozesskostenhilfe

Jede Partei kann beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Voraussetzung für die Bewilligung ist, dass die Rechtsverfolgung beziehungsweise Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg hat, nicht mutwillig ist und der Antragssteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens zu tragen.

2. Braucht man einen Rechtsanwalt?

Eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist vor dem Arbeitsgericht (1. Instanz) keine Pflicht. Die Parteien können hier den Rechtsstreit selbst führen oder sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Zudem ist eine Vertretung von Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern zulässig. Die IHK ist hier nicht vertretungsberechtigt.
Vor dem Landesarbeitsgericht (2. Instanz) und vor dem Bundesarbeitsgericht (3. Instanz) müssen die Parteien sich dagegen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. An seine Stelle kann vor dem Landesarbeitsgericht ein Vertreter von Gewerkschaften oder von Vereinigungen der Arbeitgeber treten. Vor dem Bundesarbeitsgericht muss die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erfolgen.

3. Beiordnung eines Rechtsanwalts

Im Arbeitsgerichtsverfahren hat eine mittellose Partei bereits dann ein Anspruch auf Beiordnung (und Bezahlung) eines Rechtsanwalts, wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten ist, die Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg hat und nicht offensichtlich mutwillig ist. Damit soll eine gewisse „Waffengleichheit” sichergestellt werden.

4. Schriftliche Stellungnahme

Die Terminsladung, welche in der Regel mit der Klage zugestellt wird, enthält meist die Aufforderung, sich schriftlich zur Klage zu äußern. Sofern diese Aufforderung mit einer Fristsetzung erfolgt, sollte eine schriftliche Stellungnahme innerhalb dieser Frist abgegeben werden. Erfolgt dies nicht, könnte das Fristversäumnis zur Folge haben, dass der verspätete Vortrag zurückgewiesen werden kann, das heißt, dass das Gericht bei der Beurteilung des Falls den Inhalt der Stellungnahme nicht beachten muss. Wenn die Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme ohne eine Fristsetzung erfolgt, bleibt es grundsätzlich folgenlos, wenn eine schriftliche Äußerung zur Klage nicht erfolgt. Es ist aber durchaus empfehlenswert, dem Gericht vor dem Termin seine Sicht der Dinge zu schildern sowie entsprechende Beweise vorzulegen, um das Verfahren nicht in die Länge zu ziehen.

5. Vorbereitung des Termins

Das Arbeitsgerichtsverfahren ist darauf ausgelegt, dass es möglichst schon im ersten Termin, dem Gütetermin, durch Vergleich erledigt werden soll. Es ist daher wichtig, sich sorgfältig auf diesen Termin vorzubereiten. Insbesondere sollten sämtliche Unterlagen, die für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, zusammengestellt werden. Sollten andere Mitarbeiter oder Dritte etwas zur Sache aussagen können, könnten sie zu Beweiszwecken zum Termin mitgebracht werden. Denn der Vorsitzende kann an der Gerichtsstelle anwesende Personen schon im Gütetermin zumindest informatorisch befragen. Darüber hinaus sollte vorab schon geklärt werden, zu welchen Bedingungen ein Vergleich abgeschlossen werden könnte.

Checkliste:

  • wichtige Unterlagen: Arbeitsvertrag, Kündigungsschreiben, Betriebsratsanhörung und Stellungnahmen, Verdienstabrechnungen, Arbeitszeitnachweise, Urlaubspläne (Urlaub genommen/Resturlaub), Abmahnungen, behördliche Stellungnahmen (Hauptfürsorgestelle, oberste Behörden beim Mutterschutz), Personalakte und so weiter.
  • Mitarbeiter oder Dritte informieren und zum Gütetermin mitbringen.
  • Umfassend abklären, zu welchen Bedingungen ein Vergleich abgeschlossen werden könnte.

6. Persönliches Erscheinen

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist es üblich, dass der Vorsitzende das persönliche Erscheinen der Parteien anordnet und diese auch zur Verhandlung lädt. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber, sofern er eine natürliche Person ist, selbst vor Gericht erscheinen muss. Wenn er eine juristische Person ist (zum Beispiel eine GmbH), muss sich der gesetzliche Vertreter (zum Beispiel der Geschäftsführer) einfinden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, sich durch Entsendung eines anderen Vertreters von der Pflicht des persönlichen Erscheinens zu entbinden. Dies setzt allerdings voraus, dass der Prozessvertreter die zur Aufklärung des Sachverhalts notwendigen Kenntnisse besitzt und zum Abschluss eines unbedingten Prozessvergleichs bevollmächtigt ist. Eine solche Vollmacht kann dem Rechtsanwalt, der mit der Prozessführung betraut wurde, oder aber auch einer anderen Person erteilt werden. Wichtig ist nur, dass der bevollmächtigte Vertreter tatsächlich voll informiert und zur Abgabe aller notwendigen Erklärungen ermächtigt ist.

7. Ignorieren der Klageschrift und der Ladung (Versäumnisurteil)

Eine Klage und die gerichtliche Ladung zur Güteverhandlung sollte niemals ignoriert werden. Denn der Vorsitzende kann, wenn eine Partei säumig ist, das heißt, nicht zum Termin erscheint oder unzureichend vertreten ist, in die eigentliche Verhandlung übergehen und ein Versäumnisurteil erlassen. Die besondere Gefährlichkeit eines solchen Versäumnisurteils liegt in dem Umstand, dass dieses schon von Gesetzes wegen vorläufig vollstreckbar ist. Gegen die Vollstreckung kann zwar die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt werden. Diese darf jedoch nur angeordnet werden, wenn die Vollstreckung dem Arbeitgeber einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, was der Arbeitgeber glaubhaft machen muss; zum Beispiel müssen Tatsachen dargelegt werden, die belegen, dass ein zu zahlender Betrag möglicherweise nicht zurückerstattet werden kann.
Eine Besonderheit des arbeitsgerichtlichen Verfahrens in diesem Zusammenhang ist, dass die Einspruchsfrist gegen eine solches Versäumnisurteil nur eine Woche beträgt, gerechnet ab der Zustellung des Versäumnisurteils.

III. Güteverhandlung

Die Güteverhandlung bezweckt in erster Linie eine gütliche Erledigung des Rechtsstreits. Es können daher Anträge noch nicht wirksam gestellt werden.

1. Ablauf

Sie beginnt mit der namentlichen Feststellung der für die Parteien erschienenen Personen. Dann wird der Vorsitzende insbesondere prozessunerfahrenen Parteien oder solchen, die anwaltlich nicht vertreten sind, die Sach- und Rechtslage mehr oder weniger umfassend erläutern, um so die Beweggründe für einen möglichen Vergleichsvorschlag transparent zu machen. Im Anschluss an die Erörterung des Streitverhältnisses wird meist durch den Vorsitzenden ein Vergleichsvorschlag unterbreitet werden. Die Verhandlung kann für einige Zeit unterbrochen werden, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, sich jeweils über den Vergleichsvorschlag beratschlagen zu können.

2. Mögliche Ergebnisse im Gütetermin

a) Vergleich

Güteverhandlungen enden zum größten Teil mit einem Vergleich, der direkt in der Verhandlung protokolliert wird. Der Vergleich muss verlesen und durch die Parteien genehmigt werden, was ebenfalls in das Protokoll aufzunehmen ist, da er sonst nicht wirksam ist.
Kann zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs im Gütetermin noch nicht mit Sicherheit abgesehen werden, ob der Vergleich auch von den zuständigen Entscheidungsträgern innerhalb des Betriebes mitgetragen wird, sollte um Einräumung eines so genannten Widerrufsrechtes nachgesucht werden. Dies wird in der Größenordnung von zwei bis vier Wochen in den meisten Fällen problemlos durch den Vorsitzenden gewährt. Damit kann der Vergleich dann innerhalb der gesetzten Frist widerrufen werden, sollte dies aufgrund betriebsinterner Entscheidungsgründe für sinnvoll erachtet werden.
Wird das Verfahren durch den Vergleich beendet, so entfallen die Gerichtsgebühren, das heißt, es müssen gegebenenfalls von den Gerichtskosten nur die gerichtlichen Auslagen (Zustellungskosten, Zeugengebühren, Sachverständigenkosten und so weiter) gezahlt werden. Darüber hinaus trägt jede Partei grundsätzlich die Kosten für ihren Rechtsanwalt selbst.

b) Weitere Beendigungsmöglichkeiten

Das Arbeitsgerichtsverfahren kann auch durch Klagerücknahme, Anerkenntnis, Verzicht oder Erledigungserklärung beendigt werden. Wenn dies ohne streitige Verhandlung erfolgt, also vor Stellung der Anträge, entfällt die Gerichtsgebühr (Ausnahme: gegebenenfalls bei Erledigungserklärung).

c) Anberaumung eines Kammertermins (gegebenenfalls unter Auflagen an die Parteien)

In der Praxis wird, wenn die Güteverhandlung gescheitert ist, also kein Vergleich geschlossen wurde, oder keine andere Verfahrensbeendigung vorliegt, ein neuer Termin zur Verhandlung vor der Kammer bestimmt. Den Parteien werden in den meisten Fällen dann Auflagen erteilt, um ihren Sachvortrag zu ergänzen.
Die Auflagen dienen zur Vorbereitung der streitigen Verhandlung im Kammertermin, damit diese möglichst in einem Termin zu Ende geführt werden kann. Das Arbeitsgericht wird die klärungsbedürftigen Punkte genau bezeichnen und Fristen zur Stellungnahme setzen.

Beachte:

  • Die gesetzten Fristen sind sorgfältig einzuhalten, da bei Verletzung ein entsprechender Vortrag als verspätet zurückgewiesen werden kann.
  • Sämtliche Beweismittel müssen im Schriftsatz genau bezeichnet und im Termin vorgelegt werden; hier ist noch zu beachten:
    • Vorlegen von Urkunden in Kopie zum Schriftsatz, das Original zum Kammertermin mitbringen,
    • Vorlegen von Akten, wozu sowohl Personalakten wie auch Strafakten gehören (hier reicht die Bezeichnung des Gerichtes und Angabe der Geschäftsnummer),
    • Vorlegen von Gegenständen,
    • Benennen von Zeugen mit Vor- und Zuname und ladungsfähiger Anschrift,
    • Sachverständigenbeweis für den Fall, dass Erfahrungssätze und Spezialkenntnisse von Wissenschaft, Technik oder Berufen zur Klärung des Sachverhaltes erforderlich sind.

IV. Kammertermin

Der Kammertermin dient in erster Linie der Entscheidung des Rechtsstreits, wobei auch hier immer noch eine gütliche Einigung angestrebt werden kann. Im Gegensatz zur Güteverhandlung, die nur von dem Vorsitzenden geführt wird, ist nur die gesamte Kammer zuständig. Die Kammer setzt sich zusammen aus einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern, von denen einer aus der Reihe der Arbeitnehmer und der andere aus dem Kreis der Arbeitgeber stammt.
Er beginnt mit Aufruf der Sache und der Feststellung der Anwesenheit. Nachfolgend werden die schriftsätzlich bereits eingereichten Anträge durch die Parteien selbst beziehungsweise ihre Anwälte gestellt.
Anschließend wird der Vorsitzende nochmals den Sach- und Streitstand erörtern und gegebenenfalls versuchen, noch einmal eine gütliche Einigung herbeizuführen. Das Gericht wird im Rahmen der Erörterung darlegen, ob es eine Beweisaufnahme für erforderlich hält, weil entscheidungserhebliche Teile des Sachverhaltes umstritten sind oder ob der Rechtsstreit nach seiner Ansicht entscheidungsreif ist.
Wird keine gütliche Einigung erzieht und hält das Gericht die Sache für entscheidungsreif, so wird sich die Kammer zur Beratung zurückziehen und dann direkt im Anschluss ein Urteil verkünden. Üblich ist auch, dass das Urteil erst am Ende des Sitzungstages verkündet wird; in diesem Fall können es die Parteien, falls sie so lange nicht warten wollen, am nächsten Tag bei Gericht telefonisch erfragen.
Sind entscheidungserhebliche Teile des Sachverhaltes umstritten, das heißt, die von den Parteien behaupteten Tatsachen weichen von einander ab, so ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. Das Gericht wird in diesem Fall in die Beweisaufnahme eintreten, zum Beispiel vorsorglich anwesende Zeugen vernehmen oder durch Beweisbeschluss das Beweismittel (Zeugen, Sachverständigengutachten, Vorlage von Urkunden und so weiter), das Beweisthema (umstrittene Tatsachenbehauptung) sowie einen weiteren Termin zur Beweisaufnahme verkünden. Das Gericht wird nach der Beweisaufnahme dessen Ergebnis mit den Parteien erörtern und eventuell nochmals einen Vergleichsvorschlag machen. Wird auch jetzt keine gütliche Einigung erzielt, so wird das Gericht nach geheimer Beratung, bei der die ehrenamtlichen Richter das gleiche Stimmrecht haben wie der Vorsitzende, ein Urteil fällen. Die Verkündung des Urteils kann direkt im Termin oder am Ende des Sitzungstages erfolgen. Nur wenn die Sache von besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeit ist, wird das Gericht einen besonderen Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmen.

Beendigungsmöglichkeiten

Das Arbeitsgerichtsverfahren kann auch in diesem Stadium durch Klagerücknahme, Anerkenntnis, Verzicht oder Erledigungserklärung beendigt werden. Da dies nun in der streitigen Verhandlung erfolgt, also nach Stellung der Anträge, ermäßigt sich die Gerichtsgebühr (Ausnahme: gegebenenfalls bei Erledigungserklärung).

V. Kosten

a) Begriff Kosten

Jedes gerichtliche Verfahren bringt Kosten mit sich, die sehr erheblich sein können (Kostenrisiko). Man unterscheidet hier zwischen Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten. Die Berechnung beider richtet sich nach dem Gegenstandswert beziehungsweise dem Streitwert des Rechtsstreits, wobei sich die jeweiligen Maßstäbe aus dem Gesetz ergeben.

b) Kostenvorschuss

Es ist eine Besonderheit des Arbeitsgerichtsverfahrens, das bei Klageerhebung kein Kostenvorschuss für die Gerichtskosten fällig wird. Dadurch soll auch einem mittellosen Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnet werden zum Beispiel eine fristgebundene Kündigungsschutzklage zu erheben. Die Gerichtskosten werden erst fällig, wenn das Verfahren in dem Rechtszug beendet oder das Ruhen des Verfahrens angeordnet wird.

c) Gerichtskosten

Die Gerichtskosten unterteilen sich in Gebühren und Auslagen (Zustellungskosten, Zeugengebühren, Sachverständigenkosten und so weiter). Die Berechnung der Gebühren richtet sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) und seinen Anlagen – Gerichtskostenverzeichnis und Gebührentabelle.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von 3.000 Euro führt ein Kündigungsschutzverfahren. Nach § 42 Absatz 2 GKG beträgt der Gegenstandswert maximal ein Vierteljahresgehalt, also 9.000 Euro. Aus Anlage 2 zum GKG, der Gebührentabelle ergibt sich bei einem Streitwert von 9.000 Euro eine Gebühr in Höhe von 222 Euro. Endet das Verfahren mit einem Urteil, fallen nach Anlage 1, dem Kostenverzeichnis, zwei Gebühren an. Im Ergebnis fällen also 444 Euro an Gerichtsgebühren an.
Wie bereits erwähnt, können sich die Gerichtsgebühren ermäßigen, wenn das Verfahren durch zum Beispiel Klagerücknahme nach streitiger Verhandlung beendet wird, oder sogar komplett entfallen, wenn das Verfahren zum Beispiel durch einen Vergleich beendet wird.
Im Urteilsverfahren trägt in allen Instanzen die unterliegende Partei die Gerichtskosten.
Das Beschlussverfahren (betrifft betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten mit dem Betriebsrat) ist hingegen grundsätzlich gerichtskostenfrei.
Im Berufungsverfahren (2. Instanz) entstehen erneut Gerichtskosten, die allerdings um etwa 60 Prozent erhöht sind.

d) Rechtsanwaltskosten

Die Rechtanwaltskosten unterteilen sich ebenfalls in Gebühren und Auslagen (Porto, Telefon und so weiter; meist pauschal 20 Euro). Allerdings wird auf den Rechnungsbetrag noch 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben.
Die Berechnung der Gebühren richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und seinen Anlagen – Vergütungsverzeichnis und Gebührentabelle. Die Gebühren sind abhängig von dem Streit- oder Gegenstandswert und errechnen sich nach bestimmten Gebührensätzen, die sich wiederum nach dem Schwierigkeitsgrad, dem Umfang und der Bedeutung der Angelegenheit richten.
Beispiel: Ausgehend von einem Streitwert von 9.000 Euro ergibt sich aus Anlage 2 zum RVG, der Gebührentabelle, eine Gebühr in Höhe von 507 Euro.
Im erstinstanzlichen Verfahren können folgende Gebührentatbestände anfallen:
  • Für das Betreiben des Geschäfts als solches: 1,3 Gebühren (Verfahrensgebühr)
  • Für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung: 1,2 Gebühren (Terminsgebühr)
  • Für den Abschluss eines Vergleichs vor Gericht: 1,0 Gebühren (Einigungsgebühr)
Wird das Verfahren daher nach im Gütetermin durch Vergleich beendet, fällt eine Rechtsanwaltsgebühr von 1.774,50 Euro netto (= 507 Euro * 3,5 [ = 1,3+1,2+1,0 Gebühren]) an. Der Rechnungsbetrag würde daher 2.135,45 Euro (= 1.774,50 Euro + 20 Euro + 19 Prozent) betragen.
Neben dem Streitwert für die Kündigungsschutzklage in Höhe des dreifachen Bruttoeinkommens, bestehen für die unterschiedlichen Streitgegenstände zum Beispiel folgende Streitwerte:
  • Gehaltsanspruch: Wert der Bruttoforderung
  • Zeugnisklage: 1faches Bruttoeinkommen
  • Abmahnungsstreitigkeiten: 1faches Bruttoeinkommen
  • Änderungsstreitigkeiten: 3faches Bruttoeinkommen
  • Urlaubsanspruch: Wert der Urlaubsabgeltung
Beachte: Eine Besonderheit des Arbeitsgerichtsverfahrens ist, dass im Urteilsverfahren der 1. Instanz die Parteien grundsätzlich ihre Anwaltskosten selbst tragen, unabhängig vom Unterliegen beziehungsweise Obsiegen der Parteien.
Für die 2. Instanz, also in Berufungsverfahren gelten wieder die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze, wonach die unterliegende Partei auch die Anwaltskosten der obsiegenden Partei zu tragen hat. Auch entstehen im Berufungsverfahren weitere Gebühren des Rechtsanwalts, die um ca. 11,5 Prozent - im Fall eines Vergleichs um etwa 15 Prozent - höher sind als in der 1. Instanz.

e) Kalkulation des Prozessrisikos

Wichtig: Insbesondere bei Kündigungsschutzklagen, muss das Prozessrisiko sehr genau kalkuliert werden. Denn es kann sein, dass die ausgesprochene Kündigung – entgegen der Ansicht des Arbeitgebers – nicht gerechtfertigt war. Dies hätte zur Folge, dass das Arbeitsgericht feststellt, dass die Kündigung nicht wirksam ist und das Arbeitsverhältnis somit als nicht aufgelöst gilt. Weitere Folge wäre, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Dauer des gesamten Prozesses den Lohn nachzahlen müsste, obwohl dieser nichts gearbeitet hat, und ihn außerdem noch weiterbeschäftigen müsste. Ein Vergleich mit Abfindung könnte daher wesentlich kostengünstiger sein.
Stand: August 2020

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Fällen. Im Gegensatz zu individuell ausgehandelten Vertragsbedingungen werden AGB von einer Vertragspartei (Verwender) beim Abschluss eines Vertrages vorgegeben. AGB schaffen einheitliche Regelungen für Massenverträge und erleichtern so den Geschäftsverkehr, wobei keine Pflicht zur Verwendung von AGB besteht.

Allgemeines

Durch AGB können gesetzliche Regelungen nur insoweit abgeändert oder ergänzt werden, als dies gesetzlich zulässig ist. Besonders im Verbraucherschutz sind wesentliche gesetzliche Regelungen zwingend und können nicht durch AGB umgangen werden. Insbesondere sind Klauseln unwirksam, die den Vertragspartner unangemessen benachteiligen (Paragraf 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Im kaufmännischen Geschäftsverkehr sind die Möglichkeiten zur Abänderung von gesetzlichen Regelungen größer als im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern.
Beispiel:
Die gesetzlich vorgesehene Gewährleistungsfrist kann, wenn der Verkäufer Unternehmer und der Käufer Verbraucher ist (sogenannter Verbrauchsgüterkauf), bei gebrauchten Sachen von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt werden, jedoch ist eine vollständige Freizeichnung von jeglicher Haftung für Mängelansprüche bei gebrauchten Sachen nicht möglich. Beim Verbrauchsgüterkauf (Paragraf 474 BGB) kann die gesetzliche Gewährleistung für neue Waren nicht verkürzt werden. Bei gebrauchten Waren ist eine Verkürzung auf ein Jahr möglich (Paragraf 476 Absatz 2 BGB). Während im Verbrauchsgüterkauf eine Einschränkung nur bedingt zulässig ist, sind in Business-to-Business (B2B)-Verträgen weitergehende Haftungsausschlüsse möglich, sofern kein arglistiges Verschweigen oder eine Garantie übernommen wurde.
Mit der einseitigen Vorgabe von Vertragsbedingungen besteht typischerweise die Gefahr einer Benachteiligung des anderen Vertragspartners.
Auf Erb-, Familien- und Gesellschaftsverträge sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen finden diese Regeln keine Anwendung. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen.
Beachte: Die Besonderheiten im Arbeitsrecht werden in diesem Merkblatt nicht berücksichtigt.

Begriff der AGB

Vorformuliert sind AGB dann, wenn sie für eine mehrfache Verwendung fixiert sind (schriftlich oder in sonstiger Weise, zum Beispiel als Datei oder auf einem Tonträger). Inhalt können Regelungen jeder Art sein, soweit sie sich in den Grenzen der Gesetze halten.

Da die AGB für eine Vielzahl von Verträgen gelten sollen, gelten Vertragsbedingungen nur dann als AGB, wenn sie für mindestens drei Verträge verwendet werden sollen. Die Verwendungsabsicht ist ausreichend, damit die Vertragsbedingungen ab der ersten Verwendung gelten. Benutzt der Verwender die von einem Dritten aufgestellten vorformulierten Vertragsbedingungen (zum Beispiel Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Standard-Mietvertragsformulare), so muss der Verwender selbst keine mehrfache Verwendungsabsicht haben.
Den Verwender trifft hinsichtlich der Formulierung seiner AGB ein Transparenzgebot. Die AGB müssen ohne Probleme wahrnehmbar und lesbar sein. Sie müssen zudem so formuliert sein, dass ein Nichtjurist in der Lage ist, sie zu verstehen. Unklarheiten oder Mehrdeutigkeiten gehen zulasten des Verwenders. Es gilt in diesen Fällen die günstigste Auslegung der Klausel, da der Verwender die Möglichkeit hatte, sich klarer auszudrücken.
Ein individuelles Aushandeln erfordert echte Verhandlungsspielräume für die andere Vertragspartei. Das bedeutet, dass diese die Möglichkeit haben muss, inhaltliche Änderungen an den Vertragsbedingungen vorzunehmen. Eine bloße Wahl zwischen verschiedenen vorformulierten Klauseln oder das Ausfüllen von Lücken genügt nicht, um eine Individualvereinbarung zu begründen.

Einbeziehung der AGB in den Vertrag

Wichtig ist, dass der Verwender die AGB in den Vertrag mit einbezieht, damit sie Vertragsbestandteil werden.
Die Einbeziehung erfolgt unter folgenden Voraussetzungen:
  • Der Verwender muss bei Vertragsabschluss ausdrücklich und deutlich auf die AGB hinweisen
und
  • Der Vertragspartner muss die Möglichkeit haben, von deren Inhalt Kenntnis zu nehmen und mit deren Geltung einverstanden sein.
Ein Hinweis kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Es reicht aber nicht aus, wenn die AGB auf der Rückseite eines Angebotsschreibens abgedruckt sind und ein Hinweis auf diese auf der Vorderseite fehlt. Ebenso ist ein Hinweis auf Dokumenten, die erst nach Vertragsschluss ausgehändigt werden (zum Beispiel auf Rechnungen, Quittungen, Lieferscheinen oder Auftragsbestätigungen), nicht rechtzeitig und daher unwirksam.
Bei Online-Verträgen muss der Bestellprozess so gestaltet sein, dass die Bestellung erst abgesendet werden kann, wenn der Kunde vorher die Möglichkeit hatte, die AGB zu lesen. Zudem muss der Bestell-Button nach Paragraf 312j Absatz 3 BGB klar erkennbar auf eine zahlungspflichtige Bestellung hinweisen (zum Beispiel "zahlungspflichtig bestellen").

Wirksamkeit von AGB

Klauseln sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen (Paragraf 307 BGB). Eine unangemessene Benachteiligung liegt in der Regel vor, wenn entweder wesentliche Grundgedanken gesetzlicher Regelungen verletzt werden oder wesentliche Rechte und Pflichten des Vertrages so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet wird.
Das Gesetz enthält in Paragraf 308 BGB eine Liste von Klauseln, die unter bestimmten Bedingungen unwirksam sind und in Paragraf 309 BGB Klauseln, die stets unwirksam sind.
Niemals Vertragsinhalt werden auch sogenannte überraschende Klauseln, mit denen bei Abschluss des Vertrages unter keinen Umständen gerechnet werden musste. In der Regel gilt eine Klausel nicht als überraschend, wenn sie drucktechnisch so hervorgehoben ist, dass von einer Kenntnisnahme durch den Vertragspartner auszugehen ist.
Beim Verbrauchsgüterkauf sind zudem die Bestimmungen der Paragrafen 474 und folgende BGB zu beachten. Zum Nachteil von Verbrauchern kann das Kaufrecht durch vertragliche Vereinbarungen grundsätzlich nicht abbedungen werden.

Besonderheiten im kaufmännischen Verkehr

Im B2B-Bereich gelten nicht so strenge Regelungen wie gegenüber Verbrauchern. Zwar findet weiterhin eine beschränkte Inhaltskontrolle statt, wobei sich die Prüfung an Treu und Glauben orientiert und eine Benachteiligung eines Vertragspartners ausschließen soll. Die strengen Schutzvorschriften für Verbraucher (Paragraf 310 Absatz 1 BGB) gelten jedoch nicht.
So kann zum Beispiel in B2B-Verträgen die Verjährung für Sachmängel auf ein Jahr reduziert werden, es sei denn, es handelt sich um Bauwerke oder wesentliche Bauteile (Paragraf 309 Nummer 8b BGB).
In Fällen, in denen beide Seiten ihre AGB zum Vertragsinhalt machen wollen, gilt der Grundsatz, dass nur solche Vertragsbedingungen Vertragsbestandteil werden, die übereinstimmen. Bezüglich der widersprechenden Bedingungen gelten die entsprechenden gesetzlichen Regelungen.

Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die gesetzlichen Regelungen

In diesen Fällen ist die Klausel unwirksam und der Verwender kann sich nicht auf sie berufen. An ihre Stelle tritt die gesetzliche Regelung. Der Rest des Vertrages bleibt in der Regel aber wirksam.
Beachte: Wer Vertragsbedingungen verwendet oder empfiehlt, die mit den gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar sind, kann von Institutionen der Wettbewerbsaufsicht kostenpflichtig unter Umständen im Klageweg auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Die Rechtsprechung zur Wirksamkeit und Unwirksamkeit von AGB ist umfangreich und kompliziert. Wenn Sie über die Zulässigkeit von Klauseln im Zweifel sind, sollten Sie rechtlichen Rat einholen.
Als Beispiel finden Sie auf unserer Homepage Muster für Allgemeine Geschäftsbedingungen sowohl für den kaufmännischen als auch für den nicht kaufmännischen Verkehr.
Stand: März 2025

Künstlersozialabgaben für selbstständige Künstler und Publizisten

Wann müssen Unternehmen, die selbständige Künstler und Publizisten beauftragen, die Künstlersozialabgabe bezahlen? In welcher Höhe wird diese Abgabe fällig, an wen ist sie zu entrichten und wer prüft sie?
Selbstständige Künstler und Publizisten sind seit 1983 mit der Künstlersozialversicherung in den Schutz der gesetzlichen Versicherung einbezogen worden. Die Mittel für diese Versicherung werden zur einen Hälfte durch Beiträge der Künstler und Publizisten und zur anderen Hälfte durch die Künstlersozialabgabe und durch einen Zuschuss des Bundes aufgebracht. Die Künstlersozialabgaben werden von den zur Abgaben verpflichteten Unternehmen nach einem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmten Abgabesatz (Vomhundertsatz) durch die Künstlersozialkasse erhoben (Paragrafen 23 bis 26 Künstlersozialversicherungsgesetz).
Da viele Unternehmen vor der Frage stehen, ob sie eine Abgabe an die Künstlersozialkasse (KSK) zahlen müssen, wenn sie zum Beispiel für ein Betriebsfest einen Alleinunterhalter engagieren, werden im Folgenden einige grundsätzliche Hinweise gegeben, um diese und ähnliche Frage zügig klären zu können.

Künstler und Publizisten

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.
Beispiele für Künstler und Publizisten sind Alleinunterhalter, Ballettlehrer, Choreographen, Clowns, Designer, Graphiker, Journalisten, Kabarettisten, Musiklehrer, Pressefotographen, Schriftsteller, Texter, Web-Designer oder Werbefotographen.
Für die Bereiche Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktion haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung einen Abgrenzungskatalog erarbeitet, nach dem in der Regel verfahren wird. Dieser kann über die Internetseite der Künstlersozialkasse (Informationen und Vordrucke, Download von Informationsschriften der KSK für Verwerter, Info 06 und 09) bezogen werden.

Abgabepflichtige Unternehmen

Grundsätzlich gehören alle Unternehmen, die durch ihre Organisation, besondere Branchenkenntnisse oder spezielles Know-how den Absatz künstlerischer Leistungen am Markt fördern, ermöglichen, in Auftrag geben oder diese verwerten, zum Kreis der künstlersozialabgabepflichtigen Personen.

Nach Paragraf 24 Absatz 1 Künstlersozialversicherungsgesetz sind folgende Branchen typischerweise abgabepflichtig:
  • Verlage (Buchverlage, Presseverlage und ähnliches)
  • Presseagenturen und Bilderdienste
  • Theater, Orchester, Chöre
  • Veranstalter jeder Art, Konzert- und Gastspieldirektionen, Tourneeveranstalter, Künstleragenturen, Künstlermanager
  • Rundfunk- und Fernsehanbieter
  • Hersteller von Bild- und Tonträgern (Film, TV, Musik-Produktion, Tonstudio und ähnliches)
  • Galerien, Kunsthändler
  • Werbeagenturen, PR-Agenturen, Agenturen für Öffentlichkeitsarbeit
  • Unternehmen, die das eigene Unternehmen, eigene Produkte/Verpackungen oder ähnliches bewerben
  • Design-Unternehmen
  • Museen und Ausstellungsräume
  • Zirkus- und Varietéunternehmen
  • Ausbildungseinrichtungen für künstlerische und publizistische Tätigkeiten (zum Beispiel auch für Kinder oder Laien).
Zu beachten ist, dass genannten Branchen in einem sehr weiten Sinne zu verstehen sind und sich auch auf Unternehmen beziehen können, die nur teilweise in diesen Branchen tätig werden.
Außerdem sind so genannte Eigenwerber abgabepflichtig, dass heißt, alle Unternehmen, die regelmäßig von Künstlern oder Publizisten erbrachte Werke oder Leistungen für das eigene Unternehmen nutzen, um im Zusammenhang mit dieser Nutzung (mittelbar oder unmittelbar) Einnahmen zu erzielen.

Zudem sind nach der Generalklausel des Paragraf 24 Absatz 2 KSVG alle Unternehmen abgabepflichtig, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. Die künstlerische Leistung muss mit dem Zweck des Unternehmens zusammenhängen.
Die Frage, ab welcher Häufigkeit Aufträge nicht mehr nur gelegentlich vergeben werden, ist nicht allgemein verbindlich festgelegt. Eine gute Orientierung bietet aber die Tatsache, dass Unternehmen zum Beispiel dann abgabepflichtig sind, wenn sie jährlich mehr als drei Veranstaltungen mit selbstständigen Künstler und Publizisten organisieren und dafür Eintritt verlangen oder sonst Einnahmen erzielen möchten.
Künstlerische Leistungen, die ausschließlich unternehmensinternen oder nur privaten Zwecken dienen, fallen daher nicht unter die Abgabepflicht. So besteht zum Beispiel keine Abgabepflicht für die Entgelte einer Musikgruppe, die auf einem Betriebsfest auftritt oder den Kauf von Kunstwerken zur Dekoration der Büros.

Pflichten des Unternehmens

Das Künstlersozialversicherungsgesetz sieht folgende Pflichten für die abgabepflichtigen Unternehmen vor:
  • Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Unternehmer, die zum Kreis der Abgabepflichtigen nach Paragraf 24 KSVG gehören oder regelmäßig Entgelte an Künstler oder Publizisten zahlen, verpflichtet, sich selbst bei der KSK zu melden. Dies kann zunächst formlos schriftlich, per Fax oder E-Mail, aber auch telefonisch geschehen.
  • Aufgrund der Meldepflicht (Paragraf 27 KSVG) muss das Unternehmen bis zum 31. März die Summe der Entgelte, die im Vorjahr an Künstler und Publizisten gezahlt wurden, melden.
  • Die Zahlungspflicht (Paragraf 27 KSVG) umfasst die monatlichen Vorauszahlungen, die an die KSK zu leisten sind.
  • Das Unternehmen ist zudem verpflichtet, fortlaufende Aufzeichnungen über die Entgelte zu führen (Paragraf 28 KSVG).
  • Auf Verlangen der KSK muss es Auskunft geben sowie die relevanten Unterlagen vorlegen (Paragraf 29 KSVG).
Beachte: Die Verletzung der gesetzlichen Melde- und Aufzeichnungspflichten ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bis zu einer Höhe von 50.000,00 Euro verfolgt werden kann.
Die Verhängung von sehr hohen Bußgeldern soll aber lediglich in besonders schweren Fällen und bei vorsätzlichem Handeln erfolgen.

Höhe der Künstlersozialabgabe

Die Höhe der Künstlersozialabgaben wird von zwei Faktoren bestimmt, nämlich:
a) die Summe der in dem abgelaufenen Kalenderjahr an freie Künstler oder Publizisten gezahlte Entgelte
b) der Vomhundertsatz.
Unter Entgelt fallen alle Zahlungen wie Honorar, Gagen, Lizenzgebühren, geldwerte Sachleistungen und so weiter sowie sämtliche Auslagen und Nebenkosten, ausgenommen sind nur die Erstattung von Reisekosten und übliche Aufwendungen für die Bewirtung.

Der Vomhundertsatz ist der Prozentsatz, aus dem sich die Höhe der Abgabeschuld ergibt. Er wird für jedes Jahr neu festgelegt, wobei sich seine Höhe nach dem Finanzbedarf der KSK richtet. In 2023 liegt der Beitragssatz der Künstlersozialabgabe bei fünf Prozent.
Zu beachten ist, dass die Künstlersozialabgabe auch für Zahlungen an Personen erhoben wird, die zwar künstlerisch oder publizistisch tätig sind, aber nicht über die KSK versichert sind. So Personen, die die Tätigkeit nur nebenberuflich beziehungsweise nicht hauptberuflich ausüben oder die ihren ständigen Aufenthalt im Ausland haben, sofern die Leistung im Inland erbracht wird.

Zahlungen der Künstlersozialabgaben

Es sind monatliche Vorauszahlungen für das laufende Kalenderjahr zu leisten. Basis für die Berechnung der Vorauszahlungen, die für die Zeit vom März des laufenden Jahres bis zum Februar des Folgejahres in gleicher Höhe zu leisten sind, sind die Entgelte des Vorjahres. Multipliziert man ein Zwölftel der Jahresentgelte mit den jeweils geltenden Abgabesätzen ergibt sich die monatliche Vorauszahlung. Die Höhe der Vorauszahlungen wird von der KSK mitgeteilt.

Zum 31. März des Folgejahres sind die im abgelaufenen Jahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte auf dem hierfür vorgesehenen Formular an die KSK zu melden. Anhand dieser Meldung erfolgt dann eine Abrechnung für das Vorjahr.

Mit der endgültigen Abrechnung nach Ablauf des Kalenderjahres und Abgabe der Jahresmeldung werden Überzahlungen und Fehlbeträge, die sich eventuell durch die pauschalen Vorauszahlungen ergeben haben, ausgeglichen.

Rechtsschutz

Es sind monatliche Vorauszahlungen für das laufende Kalenderjahr zu leisten. Basis für die Berechnung der Vorauszahlungen, die für die Zeit vom März des laufenden Jahres bis zum Februar des Folgejahres in gleicher Höhe zu leisten sind, sind die Entgelte des Vorjahres. Multipliziert man ein Zwölftel der Jahresentgelte mit den jeweils geltenden Abgabesätzen ergibt sich die monatliche Vorauszahlung. Die Höhe der Vorauszahlungen wird von der KSK mitgeteilt.

Zum 31. März des Folgejahres sind die im abgelaufenen Jahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte auf dem hierfür vorgesehenen Formular an die KSK zu melden. Anhand dieser Meldung erfolgt dann eine Abrechnung für das Vorjahr.

Mit der endgültigen Abrechnung nach Ablauf des Kalenderjahres und Abgabe der Jahresmeldung werden Überzahlungen und Fehlbeträge, die sich eventuell durch die pauschalen Vorauszahlungen ergeben haben, ausgeglichen.

Betriebsprüfung

Die Überwachung der Künstlersozialabgaben obliegt der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Da diese auch die Prüfung in Bezug auf die übrigen Sozialversicherungszweige vornimmt, wird der Kreis der geprüften Unternehmen erheblich ausgeweitet. Zu diesem Zweck wird die DRV schriftliche Anfragen verschicken, die gleichzeitig als Meldebogen dienen. Unternehmen, die diese Anfrage erhalten und sie nicht beantworten, müssen damit rechnen, dass sie bei ihrer nächsten Betriebsprüfung durch die DRV auch auf ihre Abgabepflicht in die Künstlersozialversicherung untersucht werden. Dies gilt auch für Betriebe, bei denen Anlass zur Vermutung besteht, dass die Angaben nicht korrekt oder vollständig sind.
Aktuelle und umfangreichere Informationen und sämtliche Formulare zum Download zu diesem Thema finden Sie auf der Homepage der Künstlersozialkasse (siehe weitere Informationen).
Stand: Mai 2023

Wettbewerb und Werbung

Was ist bei Werbung zu beachten? Wie vermeiden Sie Wettbewerbsverstöße, unzulässige Werbung und kostspielige Abmahnungen?

Das deutsche Wettbewerbsrecht ist geprägt von dem Leitgedanken, dass bei der Werbung Qualität und Preis von Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehen. Es dient dem Schutz des Mitbewerbers genauso wie dem des Verbrauchers und anderer Marktteilnehmer vor unlauterem Verhalten.

Verstöße gegen Wettbewerbsregeln sind keine Seltenheit. Sie geschehen häufig gezielt in der Absicht, sich einen Wettbewerbsvorsprung zu verschaffen, jedoch auch häufig aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit. Wie kann auf eine solche Abmahnung reagiert werden?

Das Internet eröffnet ungeahnte Möglichkeiten für gezielte Werbung und breit gestreutes Marketing: Online erhöht sich die Aufmerksamkeit nicht nur durch "klassische" Werbeformen wie Email-Marketing, sondern auch durch SEO-Optimierung, Keyword-Advertising, Social-Media- oder Influcencer-Marketing - alles ist möglich, aber nicht alles ist erlaubt. Denn im Internet gelten rechtliche Spielregeln für die lautere und faire Werbung, genau wie im Offline-Geschäft. Einige Werbe-Formen sind jedoch nur online möglich. Hier finden Sie die wichtigsten Tipps, was Sie dabei zu beachten haben und wie Sie teure Abmahnungen vermeiden können.

Wichtiger Bestandteil des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist die "Schwarze Liste" von Verhaltensweisen, die - ohne jede Wertungsmöglichkeit - gegenüber Verbrauchern auf jeden Fall unlauter sind.

Rundfunkgebührenpflicht (GEZ)

Alle Fragen rund um die

An- und Abmeldung

und viele weitere wichtige Informationen erfahren Sie auf der offiziellen Seite der Rundfunkgebühren:

www.rundfunkbeitrag.de
Rainer Lotis
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Vertragsrecht, IT-Recht, Wettbewerbsrecht

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG

Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass ihre betrieblichen Abläufe und Strukturen und alle arbeitsrechtlichen Verträge und Maßnahmen mit dem AGG vereinbar sind. Anderenfalls drohen Schadensersatzklagen sowie Unwirksamkeit arbeitgeberseitiger Maßnahmen.

Diskriminierungsschutz im Arbeitsrecht

a) Benachteiligungsverbot

Nach § 7 AGG dürfen Beschäftigte wegen Geschlecht, Rasse oder ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Alter, Behinderung und sexuelle Identität nicht benachteiligt werden. Geschützt werden nicht nur die Arbeitnehmer und Bewerber, sondern auch Auszubildende, Leiharbeitnehmer, arbeitnehmerähnliche behinderte Menschen, Heimarbeiter und ihnen Gleichgestellte, ehemalige Beschäftigte und in beschränktem Ausmaß auch Selbständige und Organmitglieder (Geschäftsführer und Vorstände). Auf der anderen Seite richten sich Regelungen des Gesetzes an Arbeitgeber als natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, Entleiher, Auftraggeber und Zwischenmeister.
Benachteiligungen sind u. a. unzulässig in Bezug auf Bedingungen für den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit, die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere individual- und kollektivrechtliche Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg (vgl. weitere Anwendungsbereiche in § 2 AGG).
Bitte beachten: Vom Anwendungsbereich des AGG ausgenommen sind Diskriminierungen im Zusammenhang mit Kündigungen. Rechtsstreitigkeiten sind hier ausschließlich nach dem Kündigungsschutzgesetz zu entscheiden (z. B. gilt hier die 3-Wochen-Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung und nicht die 2-Monatsfrist des AGG).
Das Gesetz unterscheidet zwischen unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligungen.
Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen vorgenannter Gründe eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in der vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines vorgenannten Gründen gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, soweit die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind.
Auch Belästigungen (Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung und Beleidigung), sexuelle Belästigung (unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, Bemerkungen sexuellen Inhalts usw.) und Anweisungen hierzu gelten als Benachteiligung im Sinne des Gesetzes.
Nicht jede unterschiedliche Behandlung ist jedoch eine verbotene Benachteiligung. So erlauben die §§ 8, 9 und 10 AGG unterschiedliche Behandlung unter gesetzlich definierten Voraussetzungen, z. B. wegen unterschiedlicher beruflicher Anforderungen. Eine unterschiedliche Behandlung nach dem Geschlecht gilt dann faktisch als zulässig, wenn das Geschlecht die vom Gesetz geforderte „wesentliche und entscheidende Anforderung“ bildet – Erwägungen der bloßen Zweckmäßigkeit reichen nicht. Auch beim Alter sind Ausnahmen vorgesehen. Erlaubt ist z. B. die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand. Spezielle Fördermaßnahmen zum Ausgleich bestehender Nachteile (z. B. Frauenförderung, Maßnahmen für Behinderte) bleiben ebenfalls zulässig.

b) Organisationspflichten des Arbeitgebers

Nach §§ 11 und 12 AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen präventiven Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu ergreifen. Er hat in geeigneter Art und Weise auf die Unzulässigkeit solcher Benachteiligungen insbesondere im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung, hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass diese unterbleiben. Hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten in geeigneter Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligung geschult, gilt dies als Erfüllung seiner Pflichten zum Schutz vor Benachteiligung.
Welche Maßnahmen im Einzelnen geboten sind, kann je nach der Größe des Betriebes unterschiedlich zu beurteilen sein. Zu denken ist sowohl an organisatorische Maßnahmen als auch an eine Aufklärung über die Problematik der Benachteiligung. Die Organisationspflichten hat der Arbeitgeber nach § 11 AGG schon bei der Ausschreibung einer Stelle einzuhalten, damit eine mögliche Benachteiligung bestimmter Gruppen von Bewerbern unterbleibt.
Verstoßen Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen.
Der Arbeitgeber ist nach dem Gesetz auch dazu verpflichtet, geeignete und angemessene Maßnahmen zum Schutz seiner Beschäftigten zu ergreifen, wenn diese bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Dritte (z. B. Kunden, Lieferanten) benachteiligt werden.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die gesetzlichen Vorschriften einschließlich der maßgeblichen Klagefrist in § 61 b ArbGG im Betrieb durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder mittels der üblichen Informations- und Kommunikationstechniken bekannt zu machen. Zugleich ist über die vorhandenen, für die Behandlung von Beschwerden (s. u.) zuständige Stelle (z. Benachteiligung Vorgesetzter, Gleichstellungsbeauftragte oder betrieblichen Beschwerdestelle) zu informieren.

c) Rechte der Beschäftigten

Beschwerde
Beschäftigte, die von einer Diskriminierung betroffen sind, haben zunächst ein Beschwerderecht bei Vorgesetzten, bei Gleichstellungsbeauftragten und bei betrieblichen Beschwerdestellen. Die Beschwerde muss inhaltlich geprüft und das Ergebnis dem beschwerdeführenden Beschäftigten mitgeteilt werden.
Leistungsverweigerung
In § 14 AGG ist ein Leistungsverweigerungsrecht für Beschäftigte vorgesehen. Es ist allerdings beschränkt auf Fälle von Belästigung und sexueller Belästigung, wenn der Arbeitgeber keine oder keine geeigneten Gegenmaßnahmen ergreift, z. B. der Arbeitgeber reagiert nicht auf eine Beschwerde oder die Belästigung oder sexuelle Belästigung erfolgt durch den Arbeitgeber oder Dienstvorgesetzten selbst. Die betroffenen Beschäftigten sind berechtigt, ihre Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist.
Entschädigung und Schadensersatz
§ 15 sieht als zentrale Rechtsfolge einer Verletzung des Benachteiligungsverbotes einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld für immaterielle Schäden (Schmerzensgeld) und Schadensersatz für materielle Schäden vor. Der materielle Schadenersatzanspruch – anders bei der Entschädigung – entsteht nur, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung zu vertreten hat (vorsätzlich oder fahrlässig). Immaterielle Schäden können nach wie vor verschuldensunabhängig gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Die Höhe der Entschädigung muss angemessen sein, jedoch je nach Fall auch eine abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber haben. Dies entspricht der bewährten Regelung des Schmerzensgeldes in § 253 BGB. Gem. § 15 Abs. 2 S. 2 AGG darf die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen.
Erfolgen Benachteiligungen im Betrieb durch die Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen, trifft den Arbeitgeber eine Entschädigungspflicht nur, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. Diese Grundsätze greifen auch dann, wenn – mangels Tarifbindung – die Geltung von Tarifverträgen im Arbeitsvertrag vereinbart ist, ferner wenn ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist.
Entschädigung und Schadenersatz müssen nach § 15 Abs. 4 AGG innerhalb von zwei Monaten ab Kenntniserlangung schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung durch den Arbeitgeber und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der Beschäftigten von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Es handelt sich bei den vorgenannten Rechten um individuelle Ansprüche des Beschäftigten, die er notfalls vor dem Arbeitsgericht einklagen kann.
Einen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder auf einen beruflichen Aufstieg gewähren diese Vorschriften nicht. Die sich aus sonstigen allgemeinen Rechtsvorschriften gegen den Arbeitgeber ergebenden Ansprüche, wie z. B. Anspruch auf Unterlassung, bleiben unberührt.

d) Klagerecht für Betriebsrat/ Gewerkschaften

Bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot können der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft auch ohne Zustimmung des Betroffenen gegen den Arbeitgeber auf Unterlassung, Duldung oder Vornahme einer Handlung klagen, um die Diskriminierung zu beseitigen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Betriebsrat oder Gewerkschaft individuelle Ansprüche des Benachteiligten im Wege einer Prozessstandschaft geltend machen kann.

e) Beweislast

Betroffene, die sich auf eine Benachteiligung berufen, müssen zunächst den Vollbeweis führen, dass sie gegenüber einer anderen Person ungünstiger behandelt worden sind. Weiter müssen sie Indizien (= Hilfstatsachen) vortragen, aus denen sich schließen lässt, dass diese unterschiedliche Behandlung auf einem nach dem AGG unzulässigen Grund beruht. Danach sind Erklärungen „ins Blaue hinein“ unzulässig. Ein tatsächlicher Anhaltspunkt kann sich z. B. aus einer nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibung oder Äußerungen während eines Bewerbergespräches ergeben. Wenn Indizien bewiesen sind, die eine Benachteiligung wegen eines im Gesetz genannten Merkmales vermuten lassen, kehrt sich die Beweislast um: Dann hat der beklagte Arbeitgeber die volle Beweislast dafür zu tragen, dass doch kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt. Das betrifft vor allem das Vorliegen rechtfertigender Gründe. Im Falle einer Belästigung oder sexuellen Belästigung kommt regelmäßig keine Rechtfertigung in Betracht.

f) Antidiskriminierungsverbände

Antidiskriminierungsverbände haben nach § 23 AGG das Recht, Betroffene zu beraten und im Verfahren ohne Anwaltszwang zu vertreten (kein Verbandsklagerecht). Antidiskriminierungsverbände sind Personenzusammenschlüsse, die nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend entsprechend ihrer Satzung die besonderen Interessen von benachteiligten Personen oder Personengruppe wahrnehmen. Voraussetzung für die Ausübung der Befugnisse ist, dass dem Personenzusammenschluss mindestens 75 Mitglieder angehören oder aber bei Dachverbänden sieben Verbände Mitglieder sind.
Die Bundesländer sollen für Diskriminierungsklagen ein obligatorisches Schlichtungsverfahren einführen können. Das entlastet die Gerichte. Solche obligatorischen Schlichtungen nach § 15 a EGZPO sind bereits heute in vielen Bundesländern, z. B. für Ehrverletzungsklagen, vorgesehen.

g) Antidiskriminierungsstelle

Der Abschnitt 6 des Gesetzes regelt die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle. Sie ist dem Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zugeordnet. Zu den Kernaufgaben dieser Stelle gehört ihre Unterstützungsfunktion für von Diskriminierung betroffene Personen. Diese erhalten durch die Antidiskriminierungsstelle ein niedrigschwelliges Beratungsangebot zur Klärung ihrer Situation und zu den Möglichkeiten des rechtlichen Vorgehens. Des Weiteren hat die Stelle Schlichtungsmöglichkeiten, indem sie eine gütliche Beilegung von Diskriminierungsfällen zwischen den Beteiligten anstreben kann.

Besonders betroffen

  • Stellenausschreibungen, Einstellungs- und Auswahlverfahren, Antwortschreiben, Arbeitsvertragsgestaltung
  • Beförderungen und Versetzungen
  • Abmahnungen und Kündigungen
  • Leistungsbewertungen und Beurteilungen
  • Lohn und Gehalt
  • Bonuszahlungen
  • Aus- und Weiterbildung
  • Arbeitsverträge
  • Betriebsvereinbarungen
  • Tarifverträge
  • Sonstige Vereinbarungen

Machen Sie einen Betriebs-Check

  1. Bei Stellenausschreibungen sollten Sie sicherstellen, dass diese nicht nur geschlechtsneutral formuliert sind, sondern auch keine konkreten Altersangaben oder sonstige Formulierungen enthalten, die nach Rasse, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung oder sexueller Veranlagung ausgrenzen. Gleiches gilt für Einstellungsgespräche (erarbeiten Sie diskriminierungsfreie Bewerberfragebögen).
  2. Erleichtern sie sich diskriminierungsfreie Personalentscheidungen durch Konzepte für Beurteilungssysteme, Bonuszahlungen, Beförderungen, Gesprächsführung bei Einstellungen usw.
  3. Die einer Personalentscheidung zugrundeliegenden Fakten sollten Sie zu Beweissicherungszwecken nachvollziehbar dokumentieren. Bewahren Sie alle relevanten Informationen wenigstens für die Dauer der Klagefrist auf (Stellenausschreibungen, Einstellungsentscheidungen, Beförderungen, Prämien und Kündigungen, Telefonnotizen, Gesprächsprotokolle).
  4. Checken Sie alle Abteilungen und Positionen in Ihrem Unternehmen, bei denen die beruflichen Anforderungen eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.
  5. Bauen Sie geschlechtsbezogene Benachteiligungen in Ihrem Betrieb ab (z. B. bei Einstellung, Beförderung und Vergütung).
  6. Checken Sie alle Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen auf Diskriminierungstatbestände und passen sie ggf. an die neue Rechtslage an (z. B. Befristungen, Teilzeit, Altergrenzen).
  7. Stellen Sie sicher, dass Ihren Mitarbeitern das neue AGG mit weiteren Informationen zur Beschwerdestelle bekannt gemacht wird (Rundschreiben, Intranet etc.).
  8. Kommen Sie den neuen gesetzlichen Organisationspflichten nach und ergreifen Sie vorbeugende Maßnahmen zum Schutz Ihrer Beschäftigten vor Benachteiligungen.
  9. Führen Sie Schulungen für Manager und Mitarbeiter durch, wie sie Diskriminierung verhindern bzw. sich dagegen wehren können.
  10. Unterbinden Sie Benachteiligungen z. B. durch Abmahnung, Umsetzung oder Kündigung.
  11. Schaffen Sie eine Anlaufstelle, bei der man sich über Diskriminierung beschweren kann.
  12. Implementieren Sie ein Beschwerdemanagement für Diskriminierungsfälle.
  13. Verbessern Sie die Unternehmenskultur für alle durch Managing Diversity.
  14. Schließen Sie Anti-Diskriminierungsvereinbarungen.
Stand: März 2023