Arbeitssicherheit

Pandemie: Keine Panik, sondern vorbeugen und vorsorgen!

Das Merkblatt dient der sachlichen Aufklärung und gibt Handlungsempfehlungen zu betrieblichen Maßnahmen während einer Pandemie.
Alle Jahre wieder berichten die Medien über die Gefahren und Auswirkungen von Pandemien. Jüngstes Beispiel ist der „Coronavirus”. In vielen Fällen stehen dabei unzutreffende und unzureichende Informationen im Vordergrund. Ohne in eine Hysterie oder Panikmache verfallen zu wollen, möchte die Industrie- und Handelskammer Darmstadt sachlich aufklären und Handlungsempfehlungen geben.
Jedes Unternehmen sollte sich überlegen, ob es auf einen Pandemiefall richtig vorbereitet ist und welche Sicherungs- und Vermeidungsmaßnahmen bereits jetzt zu veranlassen sind. Ruhiges, bedächtiges Handeln ist jetzt gefragt! Für weitergehende Auskünfte steht Ihnen Ihre Industrie- und Handelskammer in Darmstadt gern zu Verfügung.

1. Was ist eine Pandemie?

Das Wort Pandemie ist aus den griechischen Wörtern pan = alles und demos = Volk abgeleitet und wird für Krankheitsausbrüche verwendet, die mehrere Kontinente betreffen oder sich weltweit ausbreiten. Beim Auftreten einer Influenzapandemie werden alle Lebensbereiche und damit auch sämtliche Unternehmen betroffen. An jährlich wiederkehrenden Influenzawellen erkranken 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung, bei einer Influenzapandemie jedoch können bis zu 30 Prozent oder mehr Menschen einer Region erkranken. Eine Influenzapandemie wird von einem neuen Influenzavirus verursacht, gegen das es zu Beginn noch keinen spezifischen Impfstoff gibt. Es kann sich so schneller ausbreiten als saisonale Influenzawellen. Für neue Erreger dauert die Entwicklung von Impfstoffen länger.

2. Wie kann man sich anstecken?

Die Ansteckung mit dem Influenzavirus von Mensch zu Mensch ist hauptsächlich auf zwei Wegen möglich. Über virushaltige Tröpfchen, wie sie beim Husten oder Niesen entstehen oder über die Hände, vor allem beim Händeschütteln oder über kontaminierte Gegenstände. Der kritische Bereich ist der Umkreis von etwa zwei Metern um den Grippekranken, weil hier die Tröpfchen noch in der Luft schweben. Durch das Einatmen der Tröpfchen und auch durch Kontakt mit den Schleimhäuten in Mund, Nase und Augen kann es zu einer Infektion kommen. Die Infektion über Gegenstände ist insoweit möglich, als dass die Viren an diesen haften und diese dann sehr leicht über Nahrungsmittel, Hand-Mund- oder Hand-Augen-Kontakt den Weg in unseren Körper finden.

3. Warum muss sich der Unternehmer mit einer Pandemie auseinandersetzen?

Eine Pandemie kann zur Veränderung der Nachfrage von Produkten und Leistungen führen und auch die Infrastruktur der Wirtschaft und Gesellschaft gefährden. Eine Influenzapandemie läuft laut Robert Koch-Institut in mehreren Wellen von einigen Wochen ab, die jedoch um Monate zeitlich verzögert auftreten können. Unternehmer sollten davon ausgehen, dass die Betroffenheit durch Mitarbeiterausfall weitaus höher liegt als bei einer saisonalen Influenzawelle. Es muss damit gerechnet werden, dass ein Großteil der Mitarbeiter im Verlauf einer Influenzapandemie erkrankt und zudem aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Pflege kranker Angehöriger oder aus Angst vor Ansteckung nicht am Arbeitsplatz erscheint. Vorausschauende Unternehmen bereiten sich deshalb zunehmend auf eine Influenzapandemie vor.

4. Hygiene, ein wichtiger Faktor!

Bitte sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für die Hygiene!
Folgende Hygienemaßnahmen sollte jeder Mitarbeiter beachten:

a) richtiges Händewaschen

Die Hände kommen täglich mit Menschen und Gegenständen in Berührung und somit auch mit Viren. Daher sollten sie gut gewaschen werden. Und zwar so: Die Hände unter fließendes Wasser halten, anschließend die Seife 20 bis 30 Sekunden auch zwischen den Fingern verreiben, dann sorgfältig abspülen und abtrocknen. Versuchen Sie darüber hinaus, die Hände möglichst vom Gesicht fernzuhalten, da sonst über die Schleimhäute von Mund, Nase und Augen ein Risiko zur Ansteckung besteht.

b) Verhalten beim Husten

Beim Husten ist „Hand vor den Mund” zwar gut gemeint, aber ungesund. Zumindest für die Mitmenschen. Schließlich katapultiert man dabei eine große Anzahl von Viren aus dem Körper, die dann an den Händen kleben bleiben. Berührt man nun Gegenstände oder Mitmenschen, dann verbreiten sich die Viren weiter. Also: husten Sie lieber nicht in die Hand, sondern in Ihren Ärmel. Dann bleiben die Hände sauber. Halten Sie außerdem beim Husten größtmöglichen Abstand zu anderen Personen und wenden Sie sich dabei von Ihrem Gegenüber ab. Gleiches gilt ebenso im Umgang mit niesenden Personen.

c) Mund-Nasen-Schutz

Das Tragen von Mund-Nasen-Schutz dämmt die Gefahr ein, dass Personen, die den Erreger in sich haben, weitere Menschen anstecken.

d) Lüftungsverhalten für geschlossene Räume

Bei der Arbeitsstelle oder zu Hause gilt: In geschlossenen Räumen kann die Anzahl der Viren in der Luft stark ansteigen. Regelmäßiges Lüften (drei- bis viermal täglich für jeweils zehn Minuten) wirkt dem entgegen und senkt so das Ansteckungsrisiko. Außerdem verbessern Sie durch Lüften das Raumklima und verhindern ein Austrocknen der Mund- und Nasenschleimhäute, die zur Abwehr von Viren sehr wichtig sind.

5. Welche ersten Maßnahmen können Unternehmer und Mitarbeiter treffen, um die Gefahr einer Ansteckung im Betrieb zu verringern?

Sie als Unternehmer oder Mitarbeiter haben die Möglichkeit, die Ansteckungsgefahr im Betrieb stark zu reduzieren.

a) Reinigung

Lassen Sie die sanitären Anlagen sowie Ihr Unternehmen öfter als normal reinigen. Sie tragen so stark zur Hygiene bei. Halten Sie auch Ihre Mitarbeiter und Kollegen dazu an, ihren Arbeitsplatz stets sauber zu halten.

b) Krankheitsfall

Wenn ein Mitarbeiter krank ist, sollte er nicht zur Arbeit erscheinen. Denn er gefährdet nicht nur seine eigene Gesundheit und der Genesungsprozess, auch kann er Kollegen, Kunden und andere Menschen in seiner Umgebung anstecken. Wenn hierdurch ganze Abteilungen erkranken, schadet es dem Unternehmen mehr als der Ausfall einer Einzelperson. Wer krank zur Arbeit erscheint, kann sich ohnehin schlechter konzentrieren und macht mehr Fehler.

c) Verhalten im Umgang mit Mitarbeitern und Kunden

Führen Sie Richtlinien ein, die die Häufigkeit und Art des unmittelbaren persönlichen Kontaktes zwischen Mitarbeitern untereinander und zwischen Mitarbeitern und Kunden und Besuchern modifizieren (zum Beispiel Händeschütteln, Sitzungen, Bürogestaltung, gemeinsam benutzte Arbeitsplätze, mit Hinweisen auf die jeweiligen Hygieneempfehlungen).

6. Welche Maßnahmen zur Vorbereitung auf eine Influenzapandemie können Unternehmer treffen?

Die folgenden Punkte zeigen mögliche Vorüberlegungen und Maßnahmen von Unternehmen in der Vorbereitung auf eine Influenzapandemie.

a) Mögliche Auswirkungen auf das Unternehmen feststellen

Wesentlich ist, in einem ersten Schritt festzustellen, wie sich eine Influenzapandemie auf das Unternehmen auswirken könnte.
Die folgenden Fragen wären zu beantworten:
  • Welche Geschäftsprozesse sind unentbehrlich und welche Auswirkungen hätte deren Ausfall auf das Unternehmen?
  • Bestehen besondere Vorgaben auf Basis gesetzlicher Verpflichtungen, Rechtsverordnungen und so weiter zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit essenzieller Geschäftsprozesse?
  • Bestehen vertragliche Verpflichtungen mit Kunden, denen das Erbringen von Leistungen zugesagt wurde?
  • Welche Konsequenzen hätte der Ausfall der eigenen Geschäftstätigkeiten auf das Umfeld?
  • Wäre das Unternehmen nach der Pandemie noch existenzfähig?

b) Betriebsabläufe untersuchen

Interne und externe Unternehmensabläufe und Prozesse sind zu prüfen auf ihre Bedeutung für die Aufrechterhaltung des Betriebes.
  • Welche innerbetrieblichen Abläufe müssen ständig überwacht beziehungsweise können nicht unterbrochen werden?
  • Welche Zulieferer und Versorger sind für den Betrieb unentbehrlich (unter anderem Strom, Wasser, Gas)?
  • Welche von Externen erbrachte Dienstleistungen sind für den Betrieb unentbehrlich (zum Beispiel Wartung, Entstörung)?
  • Wo muss Vorsorge getroffen werden (zum Beispiel Kraftstoffversorgung, medizinische Versorgung, Produktionsmaterial)?
  • Wo bestehen Abhängigkeiten von Bevorrechtigungen, Sondergenehmigungen von Behörden (zum Beispiel Zugang zu gesperrten Gebieten)?

c) Unternehmensziele festlegen und umsetzen

Das Unternehmen muss über seine grundsätzliche Vorgehensweise entscheiden, ob und in wie weit der Betrieb aufrechterhalten werden soll und welche besonderen Maßnahmen dazu erforderlich sind. Bei jeder vorgesehenen Maßnahme muss zudem festgelegt werden, ab welchem Zeitpunkt bzw. bei welchen Rahmenbedingungen sie eingesetzt werden soll. Erklären Sie daher die Pandemieplanung zur Chefsache!
Als Empfehlung könnten folgenden Maßnahmen getroffen werden:
  • Bestimmen Sie eine(n) Verantwortliche(n) für die Planung und die Vorbereitungsmaßnahmen für eine Influenzapandemie.
  • Beziehen Sie die notwendigen Beteiligten beziehungsweise Betriebsbereiche mit ein.
  • In größeren Betrieben sollte ein Führungskonzept für eine Influenzapandemie festgelegt werden. Deckt ein etwa vorhandenes Krisenmanagement auch das Szenario einer Influenzapandemie ab?
  • Legen Sie Regeln der Information und Kommunikation fest, zum Beispiel zur Information von Mitarbeitern, Kunden und Öffentlichkeit. Alle Informationen müssen zentral gesteuert werden (Notfall- und Krisenplan).
  • Erstellen Sie allgemeine Verhaltensregeln, zum Beispiel Regeln für das Verhalten bei Erkrankungen von Mitarbeitern und Personen in deren häuslichem Umfeld sowie Regeln zur persönlichen Hygiene. Machen Sie die Beschäftigten mit diesen Regeln in geeigneter Form vertraut, zum Beispiel durch Unterweisungen, per E-Mail, Intranet, Aushänge und so weiter.
Prüfen Sie, welche weiteren Vorsorgemaßnahmen Sie für Ihre Mitarbeiter ergreifen wollen - zum Beispiel die Bevorratung von antiviralen Arzneimitteln, persönlicher Schutzausrüstung sowie deren Bereitstellung und Einsatzregeln.
Prüfen Sie organisatorische Maßnahmen:
  • Festlegen von Schlüsselpersonal und Sicherstellung seiner Verfügbarkeit, zum Beispiel durch Vertretungsregelungen, Information und Motivation zur Arbeitsaufnahme, durch medizinische Betreuung sowie Verpflegung und Versorgung des Schlüsselpersonals im Betrieb und gegebenenfalls durch Betreuung von Angehörigen,
  • Maßnahmen zur Reduzierung der Ansteckungsgefahr, wie Vereinzelungen, Schichtregelung, Einrichten von Heimarbeitsplätzen,
  • Motivation und Kommunikation,
  • Beteiligung des Betriebsrates.
Beachten Sie die aktuellen Informationen der örtlichen Behörden.
Unterstützen Sie die saisonale Grippeschutzimpfung und fördern Sie die Impfbereitschaft Ihrer Beschäftigten durch Information und zum Beispiel durch die Organisation von Impfterminen im Betrieb.

7. Nützliche Internetadressen zur weiteren Informationsgewinnung

Robert Koch-Institut (www.rki.de)
Verband der deutschen Betriebs- und Verbandsärzte (www.vdbw.de)
Bundesministerium für Gesundheit (www.bmg.bund.de)
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hier finden sie das Handbuch zur betrieblichen Pandemieplanung) (www.bbk.bund.de)
Homepage "Wir gegen Viren" (http://www.wir-gegen-viren.de/)
Hessisches Gesundheitsministerium (https://soziales.hessen.de/)
Wir bedanken uns bei der Industrie- und Handelskammer Schwerin, die uns die Vorlage für dieses Merkblatt freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.
Stand: August 2022