Grenzen im bestehenden Arbeitsverhältnis

Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot

In welchem Umfang sind Nebentätigkeiten des Arbeitsnehmers genehmigungspflichtig und inwieweit bestehen gesetzliche und einzelvertragliche Grenzen für nebenberufliche Tätigkeiten? Was sind die Auswirkungen unzulässiger Nebentätigkeiten und welche steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen ergeben sich bei der Ausübung einer Nebentätigkeit?

1. Das Wichtigste vorab

Unter Nebentätigkeit ist jede Tätigkeit zu verstehen, in der der Arbeitnehmer (AN) außerhalb seines Hauptarbeitsverhältnisses seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Dies kann bei demselben Arbeitgeber (AG) oder bei einem Dritten geschehen.
Teilzeitbeschäftigte unterfallen ebenfalls den Nebentätigkeitsregelungen, auch wenn die Beanspruchung durch die Teilzeittätigkeit zusammen mit der Nebentätigkeit die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten AN nicht übersteigt.
Nebentätigkeiten sind also zum Beispiel Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber, ein zweiter Job beim Hauptarbeitgeber, selbständige Tätigkeiten im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags oder unentgeltliche und/oder ehrenamtliche Tätigkeiten.
Auch in einer arbeitsrechtlichen Nebenbeschäftigung haben die Arbeitsvertragsparteien dieselben Rechte und Pflichten wie in einem normalen Arbeitsverhältnis. Der AN hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub. Außerdem ist bei Beendigung des Nebenarbeitsverhältnisses der allgemeine und besondere Kündigungsschutz zu beachten.

2. Genehmigungserfordernis

Grundsätzliche Genehmigungsfreiheit

Im Allgemeinen sind Nebentätigkeiten erlaubt, und zwar auch ohne eine ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgebers. Der AN hat seinem AG bei Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht seine ganze Arbeitskraft, sondern nur eine bestimmte Zeitspanne zur Verfügung gestellt. Daraus folgt, dass es dem AN grundsätzlich freisteht, eine Nebenbeschäftigung ohne Genehmigung des AG aufzunehmen.
Gesetzlich angeordnet ist eine generelle Genehmigungspflicht nur für die Nebentätigkeit von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst.

Anzeigepflicht des AN bei Interessenverletzung des AG

Auch wenn keine generelle Genehmigungspflicht für die Nebentätigkeit besteht, ist der AN zumindest verpflichtet, dem AG eine geplante Nebentätigkeit anzuzeigen, soweit hiervon die Interessen des AG tangiert werden können. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein pauschal versicherter geringfügig beschäftigter AN (sogenannte "450-Euro-Kräfte") eine weitere geringfügige Beschäftigung aufnimmt und damit die Grenzen der Geringfügigkeit gemäß Paragraf 8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) überschritten werden (siehe Merkblatt "Geringfügige Beschäftigung").

Vorbehalt eines Widerrufs

Wird eine bestimmte Nebentätigkeit ausdrücklich durch den AG genehmigt, stellt sich stets die Frage, ob die Genehmigung wieder "zurückgenommen" werden kann. Dies kann immer dann in Betracht kommen, wenn im Verlauf der Ausübung der Nebentätigkeit unvorhersehbare Konflikte mit der Haupttätigkeit auftreten, die bei weiterer Beibehaltung der Nebentätigkeit berechtigte Interessen des AG beeinträchtigen können. Hier bleibt dem AG lediglich die Möglichkeit der Änderungskündigung. Bei einer Änderungskündigung gibt es für den AN wie bei der "normalen" Kündigung die Möglichkeit der Kündigungsschutzklage.
Daher folgender Tipp: Um diesen Konflikten bereits im Vorfeld aus dem Weg zu gehen, besteht die Möglichkeit des AG, bei Genehmigung der Nebentätigkeit ausdrücklich einen Widerrufsvorbehalt zu vereinbaren. Bei (nachträglicher) Beeinträchtigung der Interessen des AG ist durch diesen nur ein Widerruf der Genehmigung erforderlich, keine Änderungskündigung.

3. Grenzen der Nebentätigkeit

Gesetzliche Grenzen

In einigen Fällen sind Nebentätigkeiten grundsätzlich unzulässig. So zum Beispiel:
  • Der AN macht dem AG durch seine Nebentätigkeit in rechtlich unzulässiger Weise Konkurrenz. Gesetzliche Grenzen ergeben sich unter anderem gemäß Paragraf 60 Handelsgesetzbuch (HGB) für den kaufmännischen Angestellten, dem es untersagt ist, im Rahmen einer Nebenbeschäftigung eine Konkurrenztätigkeit auszuüben. Für sonstige AN ergibt sich ein vergleichbares Wettbewerbsverbot aus der allgemeinen Treuepflicht.
Hinweis:
Hinsichtlich eines Wettbewerbsverbotes nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gibt es ein Merkblatt zum Thema "Nachvertragliches Wettbewerbsverbot".
  • Die Arbeitszeit von Haupt- und Nebentätigkeit übersteigt zusammengerechnet die nach Paragraf 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zulässige werktägliche Höchstgrenze von acht Stunden beziehungsweise von maximal zehn Stunden bei entsprechendem Zeitausgleich.
  • Paragraf 8 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) untersagt dem Arbeitnehmer, während des gesetzlichen Mindesturlaubs eine dem Urlaubszweck (Erholung!) widersprechende Erwerbstätigkeit zu leisten. Dieses Verbot gilt grundsätzlich auch für die Nebentätigkeit, wenn der Arbeitnehmer sich bei seiner Haupttätigkeit im Erholungsurlaub befindet.
  • Der AN übt während krankheitsbedingter Abwesenheit eine Nebentätigkeit aus, die den Heilungsprozess verzögert.
  • Die Nebentätigkeit unterfällt dem Begriff der Schwarzarbeit.
  • Beachte: Für Auszubildende gibt es kein Verbot der Nebentätigkeit. Zu berücksichtigen ist, dass die Lernpflicht des Auszubildenden umfassender ist als die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Wird die Lernpflicht durch die Nebenbeschäftigung beeinträchtigt, ist die Nebenbeschäftigung als unzulässig anzusehen. Im Übrigen sind hier die genannten Grundsätze auch auf das Ausbildungsverhältnis anwendbar.
  • Bei Altersteilzeit: Die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung durch einen Altersteilzeit-AN, die neben seine Teilzeitbeschäftigung tritt, kann dann zum Ruhen des Erstattungsanspruchs des AG gegen die Bundesagentur für Arbeit führen, wenn
    • es sich bei der Nebentätigkeit um eine selbstständige Tätigkeit, oder wenn
    • es sich bei der Nebentätigkeit um eine mehr als geringfügige Beschäftigung handelt, vergleiche Paragraf 5 Absatz 3 AltersteilzeitG (AltTZG).
Bei geförderter Altersteilzeit durch den Arbeitgeber besteht für diesen ein berechtigtes Unterlassungsinteresse also immer schon dann, wenn die Nebentätigkeit die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet (weitere Infos finden Sie auf der Homepage der Agentur für Arbeit).
  • Bei Elternzeit: Soll während der Elternzeit eine Teilzeittätigkeit von maximal 30 Wochenstunden bei einem anderen Arbeitgeber oder eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden, wird die Zustimmung des Hauptarbeitgebers benötigt, vergleiche Paragraf 15 Absatz 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Die Zustimmung kann innerhalb einer Frist von vier Wochen versagt werden, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Betriebs- und Geschäftsinteressen oder Wettbewerbsinteressen beeinträchtigt werden.

Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen und währenddessen in Teilzeit bei ihrem bisherigen Arbeitgeber arbeiten wollen, sollten auf dessen Nachfrage ihren Teilzeitwunsch hinsichtlich Beginn und Umfang präzisieren, um damit dem Arbeitgeber eine zeitnahe Reaktion, etwa durch Einstellen einer Ersatzkraft zu ermöglichen (weitere Informationen zu Elternzeit und Elterngeld finden Sie in unserem Merkblatt).

Vertragliche Grenzen

Einzelvertraglich kann ein Nebentätigkeitsverbot vereinbart werden, soweit der AG hieran ein berechtigtes Interesse hat. Dieses besteht immer dann, wenn durch die Nebentätigkeit die vertraglich geschuldete Leistung beeinträchtigt wird. Die oftmals in den Arbeitsverträgen vereinbarten Bestimmungen folgenden Inhalts:
"Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist jede unentgeltliche oder entgeltliche Nebenbeschäftigung unzulässig.”
oder
"Nebentätigkeiten bedürfen der Zustimmung des AG.”
beschränken den AN unangemessen in seiner Berufsfreiheit und sind unzulässig.
Formulierungsvorschlag einer zulässigen Nebentätigkeitsklausel: "Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Nebenbeschäftigung nur mit schriftlicher Zustimmung der Firma zulässig. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn berechtigte Interessen der Firma nicht beeinträchtigt werden. Die Firma hat die Entscheidung über den Antrag von Herrn/Frau ... auf Zustimmung zur Nebentätigkeit innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zu treffen. Wird innerhalb dieser Frist eine Entscheidung nicht gefällt, gilt die Zustimmung als erteilt.”
Ob in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen ein Nebentätigkeitsverbot vereinbart werden kann ist umstritten. Zum Teil wird eine solche Regelung grundsätzlich als zulässig erachtet, zum Teil aber mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um die Regelung von Individualrechten der AN und insoweit fehle den Betriebs- und Tarifpartnern eine Normsetzungsbefugnis.

Allgemeine arbeitsvertragliche Pflichten im Hauptarbeitsvertrag als Grenze

Soweit weder ein gesetzliches noch ein vertragliches Nebentätigkeitsverbot besteht, ergeben sich gleichwohl Schranken der Ausübung von Nebentätigkeiten aus den allgemeinen arbeitsvertraglichen Pflichten im Hauptarbeitsvertrag. So hat der AN jede Nebentätigkeit zu unterlassen, die zu einer Vernachlässigung seiner Arbeitspflicht im Hauptarbeitsverhältnis führen würde.
Beispiel: Der AN wird durch die anstrengende Nebentätigkeit so sehr beansprucht, dass er seinen (Haupt-)Arbeitsvertrag nicht oder nicht ausreichend erfüllen kann, weil er ständig müde ist.
Unter besonderen Umständen hat der AG nach Paragraf 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Auskunftsanspruch, soweit er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist und der AN unschwer Auskunft erteilen kann. Es ist dem AN zuzumuten, den AG über etwaige Nebentätigkeiten zu informieren bzw. diese anzuzeigen. Solche weitgehenden Beschränkungen der Privatsphäre des AN können zulässig sein, nämlich zum Beispiel dann, wenn der AN den Betrieb des AG nach außen hin „repräsentiert”, dementsprechend bezahlt wird und der AG daher nicht nur die gesamte Arbeitskraft des AN beanspruchen kann, sondern auch bei der Gestaltung der Freizeit des AN ein Wort mitzureden hat.
Die Anzeige- beziehungsweise Informationspflicht des AN dient dem Schutz des AG. Dieser kann auf Grund der Anzeige des AN prüfen, ob die Nebenbeschäftigung die eigenen betrieblichen Interessen beeinträchtigt. Ein solcher Vorbehalt ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht zu beanstanden. Die Rechtfertigung eines Interesses des AG an einem vorliegenden Genehmigungsvorbehalt liegt unter anderem darin, dass es Aufgabe des AG ist, die Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften zu kontrollieren. Er hat deshalb einen Anspruch auf Auskunft über das Ob und den Umfang einer Nebentätigkeit. Der AG muss dafür Sorge tragen, dass die Vorschriften des ArbZG, die nicht nur dem Schutz des Beschäftigten, sondern auch dem Schutz der anderen AN dienen, tatsächlich beachtet werden.
Ergebnis:
Der AN hat grundsätzlich dann Anspruch auf Zustimmung des AG, wenn die Aufnahme der Nebentätigkeit betriebliche Interessen nicht beeinträchtigt (BAG Urteil vom 11. Dezember 2001 – 9 AZR 464/00). Dieser Anspruch kann einzelvertraglich auch nicht abgedungen werden.
Wenn eine Informationspflicht nicht vertraglich vereinbart wurde, muss eine Nebentätigkeit nur dann angezeigt werden, wenn durch diese berechtigte Interessen des AG bedroht sind. Der AN muss in diesem Fall selbst entscheiden, ob eine solche Interessenkollision möglich erscheint und eine Anzeigepflicht daher gegeben ist.

4. Auswirkungen der unzulässigen Nebentätigkeit

Die Frage, ob eine Nebentätigkeit zulässig ist beziehungsweise einer Genehmigung des AG bedarf, stellt sich in der Praxis zumeist erst dann, wenn der AG die Nebentätigkeit zum Anlass nimmt, den AN abzumahnen oder sogar zu kündigen.
Verletzt der AN durch die Ausübung einer Nebentätigkeit seine arbeitsvertraglichen Pflichten aus dem Hauptarbeitsverhältnis in erheblichem Umfang, so kann – im Regelfall nach Abmahnung – eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein.
Eine fristlose Kündigung kann im Ausnahmefall gerechtfertigt sein, insbesondere bei der Ausübung von Konkurrenztätigkeit oder bei Missbrauch von AG-Eigentum für die Nebentätigkeit. Soweit der AN infolge der Nebentätigkeit schlechte Arbeit leistet, kommt für den AG die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Betracht.
Fazit:
Die Frage, welche Sanktionen eine unzulässige Nebentätigkeit nach sich zieht, lässt sich daher nicht allgemein beantworten, sondern ist abhängig von der durch die Nebentätigkeit im Einzelfall verletzten Rechtspflicht.
Wenn der AG unzulässiger Weise eine Nebentätigkeit untersagt hat, kann der AN trotz dieses Verbots eine Nebentätigkeit ausüben, ohne dass der Arbeitgeber auf diesen Verstoß eine Kündigung stützen kann. Eine Kündigung ist ebenfalls ausgeschlossen, soweit der AG irrtümlich von einem gesetzlichen Nebentätigkeitsverbot ausgeht.
Ob eine Nebentätigkeit steuerrechtlich als AN oder selbstständig ausgeübt wird, ist nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien zu prüfen (siehe Merkblatt „Scheinselbständigkeit” der IHK Darmstadt).

5. Wettbewerbsverbot

Das Wichtigste vorab

Im bestehenden Arbeitsverhältnis darf der AN mit seinem AG nicht in Konkurrenz und Wettbewerb treten. Das ist gesetzlich geregelt und ergibt sich auch als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet dieser Schutz des ehemaligen AG jedoch abrupt. Wie kann ein AG verhindern, dass sein ehemaliger Mitarbeiter zur Konkurrenz wechselt oder sich in der gleichen Branche selbständig macht? Indem er für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot vereinbart. Wichtig ist dabei, die gesetzlichen Spielregeln einzuhalten, denn nur dann ist das Verbot wirksam.
Im Folgenden werden diese Spielregeln erläutert, um dem Arbeitgeber die Entscheidung zu erleichtern, wann ein Wettbewerbsverbot sinnvoll und hilfreich ist.

Wettbewerbsverbot bei bestehendem Arbeitsverhältnis

Dem kaufmännischen Angestellten ist es gemäß Paragrafen 60 und 61 HGB untersagt, ohne Einwilligung des AG ein Handelsgewerbe im Geschäftszweig des AG zu betreiben oder auf eigene oder fremde Rechnung Geschäfte in diesem Bereich zu tätigen.
Diese gesetzliche Regelung gilt aufgrund der vertraglichen Rücksichts- beziehungsweise Treuepflicht auch für die sonstigen Arbeitnehmer.
Bei einem Verstoß des AN gegen das Wettbewerbsverbot hat der AG verschiedene Ansprüche. Er kann vom AN Unterlassung verlangen, wenn mit weiteren Verstößen zu rechnen ist. Daneben kann er Schadensersatz verlangen oder aber stattdessen selbst in die Geschäfte eintreten. Der Verstoß ist auch geeignet, nach erfolgter Abmahnung eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung und bei erheblichen Verstößen auch eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Darüber hinaus steht dem AG auch noch ein Auskunftsanspruch zur Vorbereitung dieser Ansprüche zu.

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Das Wettbewerbsverbot gilt, solange das Arbeitsverhältnis rechtlich besteht, also auch für freigestellte AN für die Zeit der Freistellung.
Erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses enden grundsätzlich auch die Nebenpflichten des AN gegenüber seinem bisherigen AG.
Nur noch grob sittenwidriges Verhalten des ehemaligen AN kann von nun an Ansprüche für den AG auslösen. In Betracht kommen dabei insbesondere Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Der AG ist allerdings auch weiterhin vor einem Wettbewerb seines ehemaligen AN geschützt, wenn für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein wirksames Wettbewerbsverbot (Vergleich Paragrafen 74 und folgende HGB) vereinbart wurde.

Zu den Voraussetzungen im Einzelnen:

1. Form

In formeller Hinsicht bedarf das Wettbewerbsverbot der Schriftform und der Aushändigung eines vom AG unterschriebenen Exemplars an den AN. Die Verletzung dieser Formerfordernisse führt zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots, das heißt es hat keinerlei rechtliche Wirkung.

2. Inhalt

a) Karenzentschädigung

Inhaltlich ist die Zusage einer Karenzentschädigung erforderlich. Der AG muss sich verpflichten, dem AN für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen, die mindestens 50 Prozent des letzten Jahreseinkommens beträgt. Einzubeziehen sind dabei auch alle geldwerten Vorteile des AN. Die Entschädigungspflicht besteht selbst dann, wenn der AN - etwa wegen Erwerbsunfähigkeit, Krankheit, Ruhestand oder Auswanderung - gar nicht in der Lage ist, seinem AG Konkurrenz zu machen.
Achtung: Das Fehlen der Zusage einer Karenzentschädigung führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung. Enthält sie nicht den erforderlichen Mindestbetrag, ist das Wettbewerbsverbot unverbindlich. Der AN hat dann ein Wahlrecht zwischen der geringen Entschädigung verbunden mit der Bindung an das Verbot und der Nichteinhaltung der Vereinbarung ohne Anspruch auf Entschädigung.
Im Fall der Auszahlung der Karenzentschädigung ist allerdings noch zu beachten, dass sich der AN das anrechnen lassen muss, was er durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erworben oder böswillig zu erwerben unterlassen hat. Allerdings nur, wenn die Summe aus Entschädigung und Verdienst sein letztes Einkommen um zehn Prozent übersteigt.

b) Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers

Das Wettbewerbsverbot muss darüber hinaus dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des AG dienen.
Sinn und Zweck des Wettbewerbsverbots kann dabei nur der Schutz vor einer möglichen späteren Konkurrenz des AN sein. Die Bindung des AN an den Betrieb oder die Verhinderung der Abwerbung durch Konkurrenten können keine schutzwürdigen Interessen des AN darstellen.
Achtung: Ist kein berechtigtes geschäftliches Interesse des AG gegeben, hat dies wiederum die Unverbindlichkeit des Verbots mit einem entsprechenden Wahlrecht des AN zur Folge.

c) Keine Erschwerung des beruflichen Fortkommens

Der AN darf zudem unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand nicht unbillig in seinem beruflichen Fortkommen erschwert werden. Dabei hat jeweils eine Abwägung der wechselseitigen Interessen stattzufinden.
Bei der Festlegung der örtlichen Ausdehnung des Wettbewerbsverbots ist daher eine Begrenzung auf die tatsächlichen Interessengebiete des AG vorzunehmen.
Zeitlich gesehen beträgt die Höchstdauer des Wettbewerbsverbots zwei Jahre. Das für einen längeren Zeitraum vereinbarte Verbot wird auf die gesetzlich zulässige Zeit zurückgeführt. Das darüberhinausgehende Wettbewerbsverbot ist unverbindlich.
In gegenständlicher Hinsicht kann eine Beschränkung nur dahingehend erfolgen, dass der AN sich oder Dritten aufgrund seiner Kenntnisse keinen Wettbewerbsvorteil verschafft. Erforderlich ist ein Zusammenhang zwischen der früheren Tätigkeit und der verbotenen Tätigkeit. Eine Beschäftigung in einem ganz bestimmten Unternehmen kann allerdings nicht verboten werden.
Achtung: Eine unangemessene Erschwerung des Fortkommens zieht die Unverbindlichkeit der Vereinbarung nach sich. Der AN kann sich auch in diesem Fall für oder gegen das Wettbewerbsverbot entscheiden.

d) Vertragsstrafe

Vereinbart werden kann und sollte auch eine Vertragsstrafe für den Fall, dass der AN seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Der AG kann dann im Falle eines Verstoßes aber die Strafe nur anstelle der Erfüllung verlangen. Zu unterscheiden ist hier zwischen
  1. einer Strafe für den Wettbewerbsverstoß insgesamt und
  2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung.
Im ersten Fall erlischt der Unterlassungsanspruch für die Zukunft, wenn der AG die Zahlung der Vertragsstrafe wählt.
Zu empfehlen ist daher die zweite Alternative. Hier erhält der AG die Vertragsstrafe und behält zusätzlich seinen Unterlassungsanspruch für die Zukunft, wenn er sich für die Zahlung der Vertragsstrafe entscheidet.

e) Objektive Bedingungen

Möglich ist auch, das Wettbewerbsverbot vom Eintritt einer objektiven Bedingung abhängig zu machen. Vereinbart werden kann zum Beispiel, dass das Wettbewerbsverbot nur gelten soll, wenn das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortgesetzt wird oder der AN eine bestimmte Position oder Betriebszugehörigkeit erreicht.

Rechtsfolgen eines Verstoßes

Ansprüche aus einem wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot können von beiden Seiten gerichtlich geltend gemacht werden.
Der AG kann also mit einer Unterlassungsklage das konkurrierende Verhalten seines ehemaligen AN unterbinden. Unter Umständen stehen ihm sogar Schadensersatzansprüche zu. Der AN hingegen kann die Zahlung der Karenzentschädigung mit Hilfe einer Zahlungsklage erzwingen.
(Wegen der Rechtsfolgen bei einer vereinbarten Vertragsstrafe wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.)

Unwirksam werden

Die Vertragsparteien haben grundsätzlich die Möglichkeit, die gemeinsam geschlossene Vereinbarung auch wieder einvernehmlich - durch zum Beispiel einen Aufhebungsvertrag - zu beseitigen.
Das Wettbewerbsverbot wird unwirksam, wenn der AN seinen Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund wegen vertragswidrigem Verhalten des AG kündigt und vor Ablauf eines Monats nach Kündigung schriftlich erklärt, dass er sich an die Vereinbarung nicht gebunden erachte. Das gleiche Lossagungsrecht steht dem AN zu, wenn der AG den Arbeitsvertrag ordentlich kündigt, es sei denn, die Gründe liegen in der Person des AN.
Kündigt der AG den Arbeitsvertrag außerordentlich aus verhaltensbedingten Gründen, kann er innerhalb eines Monats schriftlich erklären, dass er sich nicht an das Wettbewerbsverbot gebunden erachtet.
Der AG kann allerdings auch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses einseitig auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Er ist dann aber auch noch bis zum Ablauf eines Jahres nach der Erklärung zur Zahlung der Karenzentschädigung verpflichtet.
Tipp: Die Möglichkeiten eines Verzichts oder einer Aufhebung sollten besonders im Fall von AN in Betracht gezogen werden, die alsbald in den Ruhestand gehen.

Zulässigkeit

Bei Auszubildenden, Volontären und sonstigen gleichgestellten Personen ist der Abschluss eines Wettbewerbsverbots generell unzulässig.
Eine Anwendung der Vorschriften bei Vertretern von Handels- oder Kapitalgesellschaften und freien Mitarbeitern kommt nicht in Betracht. Eine entsprechende Anwendung ist allerdings bei Mandantenschutzklauseln der freien Berufe gegeben. Für Handelsvertreter gelten die speziellen Regelungen des Paragrafen 90 a HGB.
Ansonsten ist der Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots in allen Branchen und Berufsfeldern zulässig. Sinn ergibt dies aber nur bei Tätigkeiten, die dem Arbeitnehmer besonders schutzwürdige Kenntnisse, Fähigkeiten und Kontakte vermitteln. Insbesondere in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und in sensiblen und schnelllebigen Branchen wie der Automobil- und Pharmaindustrie und der EDV-Branche.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach Treu und Glauben

Nur beim Vorliegen besonderer Umstände kann der AN Treuepflichten unterliegen, die eine konkurrierende Tätigkeit trotz Fehlens einer nachvertraglichen Vereinbarung verbieten.
So entschieden wurde durch das BAG zum Beispiel in dem Fall eines AN, der für seinen AG einen Kundenauftrag bearbeitet hatte. Vor der sicher bevorstehenden Erteilung des Auftrags schied der AN aus dem Arbeitsverhältnis aus und ermöglichte seinem neuen AG die Auftragserteilung durch die Kenntnisse, die er bei seinem früheren AG im Rahmen der Auftragsbearbeitung erworben hatte. Hier entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die Anstands- und Rücksichtspflichten des AN eine Vereitelung der Auftragserteilung an seinen früheren AG verbieten. Als Folge musste der AN seinem ehemaligen AG Schadensersatz leisten.

Formulierungsbeispiel

Ein Wettbewerbsverbot könnte etwa wie folgt formuliert werden:
  • Der Arbeitnehmer verpflichtet sich für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder in selbständiger, unselbständiger noch in sonstiger Weise in einem Unternehmen, das mit dem Arbeitgeber direkt oder indirekt konkurriert, im Gebiet der BRD/im Land–tätig zu sein.
  • Für jeden Monat der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Karenzentschädigung in Höhe von 50 Prozent der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen.
  • Für jeden Fall des Verstoßes hat der Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von – (drei) Brutto-Monatsgehältern zu zahlen. Besteht die Zuwiderhandlung in einer fortgesetzten Tätigkeit, ist die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat verwirkt.
  • Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen der Paragrafen 74 und folgende HGB.

Abwerben von Kunden nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots

Geht es um das Abwerben von Kunden nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, ohne dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wurde, ist zunächst festzuhalten, dass der Kundenstamm zwar einen erheblichen wirtschaftlichen Wert, jedoch kein geschütztes Rechtsgut darstellt.
Einen Anspruch auf Erhalt des Kundenstamms gibt es daher nicht, denn das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs, auch, wenn es zielgerichtet und planmäßig erfolgt.
Es ist daher grundsätzlich zulässig, sofern nicht verwerfliche Umstände hinzukommen.
Andernfalls liegt ein Verstoß gegen Paragraf 4 Nummer 10 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) vor.
Hierbei können verwerfliche Umstände insbesondere sein:
  • Verleitung zum Vertragsbruch
    Grundsätzlich ist die bewusste Beeinflussung des Kunden, gegen die Verpflichtungen aus dem mit einem Konkurrenten bestehenden Vertrag zu verstoßen, verwerflich und damit unzulässig, wobei schon der Versuch ausreicht. Dabei kann auch entscheidend sein, dass der Unternehmer die Kunden ungenügend über das Leistungsangebot der Mitbewerber oder die aus der Vertragsauflösung erwachsenen Nachteile und Risiken informiert.
    Zulässig ist dagegen ein bloßes Angebot, den Vertragspartner zu wechseln, auch wenn der Kunde noch vertraglich gebunden ist und der Anbietende dies weiß.
  • herabsetzende oder anschwärzende Äußerungen über Leistungs- und Warenangebot, Qualifikation oder Befähigung des Konkurrenten.
  • täuschende oder irreführende Angaben über das Konkurrenzunternehmen oder dessen Mitarbeitende.
  • Abwerbung von Kunden des Konkurrenten während einer Zusammenarbeit mit diesem oder während der vertretungsweisen Betreuung seiner Kunden.
  • Überrumpelung oder Bestechung des Kunden
  • Ausnutzen eines fehlgeleiteten Auftrags sowie Abfangen von Kundenaufträgen- oder -anfragen.
  • Verwendung unlauter beschaffter Geschäftsunterlagen oder -geheimnisse, insbesondere Kundenlisten und Adressen (zum Beispiel auf Datenträgern gespeicherte oder in Listen des früheren AG aufgeführte Informationen).
    Zulässig ist allerdings das Verwenden von im Gedächtnis gespeicherten Informationen.
  • unter Umständen Missachtung von Berufsstandesordnungen (zum Beispiel Werbebeschränkungen für Rechtsanwälte und Ärzte).
  • überwiegendes Umwerben der Kunden des früheren AG, um diesen wirtschaftlich zu schädigen.
  • Gründen eines eigenen Unternehmens und trotz Ähnlichkeit beider Unternehmen unzureichende Abgrenzung gegenüber dem des früheren AG, so dass Kunden die veränderte Wettbewerbslage nicht erkennen können.

Rechtsfolgen:

Sofern ein unlauteres Abwerben von Kunden vorliegt, kommen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, bei Verschulden auch Schadenersatzansprüche in Betracht. Die Beweislast für das Vorliegen verwerflicher Umstände obliegt dem Unternehmen, dessen Kunden unlauter abgeworben wurden.
Stand: April 2023