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Gaming bringt neue Mitarbeiter
Den ersten Termin bei Startupper Gianluca Crepaldi mussten wir kurzfristig verschieben. „Ich bin krank“, krächzte er am Telefon. Geholt habe er sich das in einem Möbelhaus. Nicht, weil er sich neu einrichten wollte, sondern als er dort ein E-Sport-Event veranstaltete.
E-Sport? Spielt man das nicht zu Hause? Ja und nein, und dazwischen liegt die Geschäftsidee des 32-jährigen Groß- und Außenhandelskaufmanns. Er hat nämlich eine Plattform für Gaming gegründet.
Die Grundidee entstand beim Fifa-Zocken
Die Grundidee ist schon mehr als zehn Jahre alt, denn Crepaldi spielte mit seinen Freunden gern „Fifa“ auf der Playstation. Doch nirgends gab es ein Tool, mit dem sie die Ergebnisse festhalten konnten. „Wir waren immer noch mit Papier und Stift unterwegs, maximal mit Excel“, erinnert er sich.
Damals hatten die Freunde keine Zeit, selbst etwas zu entwickeln. Die kam erst, als Crepaldi im ersten Lockdown gekündigt wurde. „Wenn nicht jetzt, wann dann“, überlegt er sich. Auch seine Frau fand Gründen „besser als Trübsal blasen“ und die Kumpels hatten nichts dagegen, dass er die Idee professionell umsetzte und die eSport Manufaktur GmbH in Leonberg gründete.
Die konnten dann einige Bewerbungen aufsammelnCrepaldi über eine Gaming-Aktion zur Azubi-Gewinnung
„Gamifikation“ heißt die Headline. Doch aus der reinen Spieleplattform entwickelte sich in Windeseile ein Gesamtkonzept mit Software, Marketing, Trailern, Social Media und dazugehörigen Reels. Das ist auch Mit-Gründer Benjamin Wahlen zu verdanken, den Crepaldi über Networking kennenlernte. Wahlen arbeitet für Sportgrößen wie Oliver Kahn und bringt nicht nur viel Erfahrung und Wissen in die eSport Manufaktur ein, sondern auch neue Kontakte.
„E-Sport” als Unternehmensgegenstand macht neugierig
Dass der erste richtig große Auftrag vom Bayerischen Fußballverband kam, war dann aber doch ein Zufall: „Ein Funktionär war zu Besuch bei einem Nachbarn von unserem ersten Entwickler“, erzählt Crepaldi. Weil der im Handelsregister „E-Sport“ als Geschäftsfeld angegeben hatte, war er neugierig geworden und klingelte einfach mal. Zunächst wurde ein Projekt vereinbart, das so einschlug, dass daraus eine dauerhafte Zusammenarbeit wurde. Sie umfasst nicht nur die Bereitstellung der Software und der Plattform, sondern auch das gesamte Marketing zur Leadgenerierung. Das Startup sorgt aber auch für den Onlineshop, die Ausschüttung von Preisgeldern oder den Chat.
Inzwischen hat die eSport-Manufaktur schon mit mehreren Bundesligisten zusammengearbeitet, auch mit dem VfB. Aber auch immer mehr Firmen werden Kunden. „Viele fragen sich ja, wie erreiche ich die 16 bis 21-Jährigen heute noch?“, hat Crepaldi festgestellt. Gaming schient da zu funktionieren, sogar als „Recrutaining“.
Spielerisch neue Mitarbeiter finden
Spielerisch kann man so neue Mitarbeiter oder Azubis finden. Für das Möbelhaus zum Beispiel hat Crepaldi nicht nur das Event organisiert, sondern auch die Teilnehmer: „Wir sammeln die Leute online ein und bringen sie dann zu einem realen Event“, erzählt er. So konnten Interessenten aus ganz Deutschland sich „hochspielen“ bis zu einem Platz im (realen) Finale. Dort spielten sie nicht nur um den Sieg, sondern kamen auch mit den Azubis des Hauses ins Gespräch, die über ihre Ausbildug erzählten. „Die konnten dann einige Bewerbungen aufsammeln“, freut sich der Gründer.
Aber auch wer es nicht bis in Finale schaffte, lernte die Marke des Händlers kennen. Die Plattform ist nämlich als White Label konzipiert – wird also für jeden Kunden auf seine Corporate Identity zugeschnitten. Umgekehrt erfährt der Kunde, sehr genau aufgeschlüsselt nach Alter, Interesse, Wohnort oder Beruf, wer auf der Plattform spielt.
Alles ist DS-GVO-konform
Apropos Daten: „Bei uns ist alles DS-GVO-konform und läuft über deutsche Server“, erzählt Crepaldi. Ein weiterer USP gegenüber Konkurrenten, bei denen meist alles über amerikanische Server läuft. Auch das Komplettpaket gibt es so sonst nirgends.
Bleibt noch die Frage nach Crepaldis eigenem E-Sport-Erfolg. „Och“, lächelt er, „im Gaming bin ich richtig schlecht“.
Dr. Annja Maga für Magazin Wirtschaft 5-6.2023, Rubrik Menschen & Ideen
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