Magazin Wirtschaft

Zeitsprung: Straßenbau im Wandel

Mein Bruder Hans-Martin und ich hatten unseren Kindergarten auf den Baustellen unserer Firma. Besonders gut erinnere ich mich an den Hohen Neuffen, wo meine ­Familie 1964 die Wasserver- und Entsorgung gebaut hat. Weil der Hang so steil ist, mussten die Maschinen an Seilen hochgezogen werden. Und wir immer mitten drin.

Die Frage nach der Nachfolge hat sich nie gestellt

Nach dem Abi hat sich dehalb emotional und logisch nie die Frage gestellt, was wir werden wollen: Bauingenieur natürlich. Ich habe dann noch den Wirtschaftsingenieur draufgesattelt, bevor ich vor genau 40 ­Jahren in das Unternehmen eingestiegen bin,
das mein Großvater Jakob 1952 hier in ­Winnenden-Birkmannsweiler gegründet hat.  Eigentlich war er Landwirt und Küfer. Er hat aber schon damals gesehen, dass es mehr bringt, wenn er seine Maschinen und Mitarbeiter im Erdbau einsetzt.

Die Wiedervereinigung war ein Einschnitt

Ein Einschnitt für das Unternehmen, aber auch eine prägende Zeit für mich war ­sicher die Wiedervereinigung. Der Bedarf an Baumaterial in den neuen Bundesländern war ja riesig. Andererseits gab es dort auch eine Reihe von Steinbrüchen, alles natürlich Kombinate. Das Interesse von Westfirmen daran war groß. Beim Natursteinwerk Löbejün bei Halle hatten wir am Ende die Nase vorn, weil wir uns mit zwei mittelständischen Partnern zusammengetan hatten, insbesondere mit der  Firma Schön+Hippelein aus ­Satteldorf. In den folgenden Jahren haben wir daraus eine moderne Betriebsstätte gemacht und viele Arbeitsplätze gerettet.
Spannende Zeiten waren das damals. Die Geschichten, die ich da gehört habe, das war mir teilweise fern wie die aus 1001 Nacht. Die Wirtschaft, aber auch die Lebenswege waren einfach so anders als alles was ich so kannte. Unvergesslich ist mir aber auch der Spatenstich für die A14 mit Verkehrsminister ­Wissmann. Ich war eingeladen, denn das fand quasi vor unserer Haustür statt und wir ­hatten das Material geliefert.
Wenn Sie über eine rötliche Straße fahren, ist das Material fast immer von uns.
Roter Porphyr wird in Löbejün abgebaut. Ein Material, das den berüchtigten Betonkrebs verhindert, das aber auch sehr auffällig ist. Im Rennsteigtunnel ist zum Beispiel die Verkleidung aus unserem Prophyr. Überhaupt: wenn Sie über eine rötliche Straße fahren, zum Beispiel die
A8 vor München, ist das ­Material fast immer von uns.

Normalerweise liefern wir aber im Umkreis von 25 Kilometern um unsere Steinbrüche. Das ist ökologisch und ökonomisch die beste Lösung. Deswegen kann ich nur den Kopf schütteln, wenn vorgeschlagen wird, wir sollen die Steine für den Straßenbau aus China importieren, weil leider die Toleranz für Steinbrüche in der Bevölkerung immer geringer wird.

400 Mitarbeiter an 16 Standorten

Heute gehören uns vier Steinbrüche in Sachsen-Anhalt und Sachsen. Hier im ­Süden sind es zwei und zwei weitere gemeinsam mit Partnern. Zusätzlich sind wir hier weiterhin im Erd-, Tief- und Kanalbau tätig, außerdem im Straßenbau und in der ­Asphaltherstellung. Insgesamt haben wir 16 Standorte und beschäftigen 400 Menschen.

Bauschutt-Recycling kann nicht die Lösung sein

Seit ein paar Jahren engagieren wir uns auch beim Recycling von Bauschutt und mineralischen Abfällen. Das halte ich für sehr sinnvoll, aber den Bedarf an Baumaterial werden wir auf diese Weise nie decken ­können. Hinzu kommt, dass die allermeisten Ausschreibungen die Verwendung von Recycling­material gar nicht zulassen. Zum Glück ist Deutschland „steinreich“…

Bürokratiewahn: Statt 5-6 kann ein Bauleiter nur noch zwei Baustellen betreuen

kannWas sich in den letzten 40 Jahren ge­ändert hat? Ein Kilometer Straße ist immer noch ein Kilometer Straße. Was sich aber brutal verändert hat, ist das Drumherum – die Auflagen, die Bürokratie und die ganze Abwicklung. Wo ein Bauleiter früher fünf bis sechs Baustellen gleichzeitig betreuen konnte, sind es heute höchstens noch zwei.
Mein Großvater hatte neun Kinder, das Unternehmen ist aber nur an die beiden ältesten Söhne gegangen. Nun stehen wir wieder an so einem Entscheidungspunkt. Meine drei Söhne und die beiden Kinder ­meines Bruders sind alle schon in verantwortlichen Positionen im Unternehmen tätig. Alle hatten nach ihrem ­Studium erst woanders Karriere gemacht und sind dann zurück­gekommen – aus Neigung! Damit die Transformation ­perfekt läuft, lassen wir uns professionell beraten. ­Einer vierten Generation bei Klöpfer steht jedenfalls nichts im Wege.
  Aufgezeichnet von Dr. Annja Maga für Magazin Wirtschaft 3-4.2024, Rubrik “Menschen und Ideen”