Magazin Wirtschaft

Im Tandem zur Übergabe

„Wie siehts aus? Möchten Sie nicht bald in Rente gehen? Und was wird dann aus Ihrem Fahrrad­geschäft?“ Solche Fragen haben das ­Potenzial zu schwerer Kränkung. In unserem Fall stehen sie aber am Beginn eines gelungenen Nachfolgeprozesses.
Gestellt hat sie Massimiliano Mastrosimone. Der 49-Jährige ist quasi auf dem Zweirad aufgewachsen. Schon als Kind cruiste er damit durch das Filstal und später fuhr er Radrennen. Wenn etwas defekt war, ging er zu Hans-Georg Köder in dessen kleinen Fahrradladen mitten in Süßen. Eben jenem Hans-Georg Köder, dem er später die obige Frage stellte.

Nach drei Jahren soll der Wechsel kommen

Köder, heute 65 Jahre alt, hatte sich tatsächlich schon Gedanken über ­seinen Ruhe­stand gemacht. Mastrosimone schlug ihm vor, „drei Jahre arbeite ich für Sie, dann kommt der Wechsel.“ Das überzeugte ­Köder, denn schließlich hatte sein zukünftiger Kompagnon 20 Jahre lang eine Handelsvertretung für Fahrräder geführt und bis 2016 ein eigenes Radgeschäft mit Werkstatt in Salach betrieben. 2022 gründeten sie darum zusammen die KM Sports GmbH in Süßen, wobei KM für ihre Initialen steht.
Möchten Sie nicht bald in Rente gehen? Und was wird dann aus Ihrem Geschäft?
Warum hat Mastrosimone nicht einfach wieder ein eigenes Geschäft eröffnet? „Ich wollte gern die Marke Cube ­verkaufen. Die arbeitet aber nur mit Händlern zusammen, die schon einen gewachsenen Kundenstamm haben, so wie Herr Köder“, erklärt er. Außerdem verlangt das Unternehmen aus dem bayerischen Waldershof eine Verkaufsfläche von mindestens 650 Quadratmetern.

Mit IHK-Hilfe zum Businessplan

Weil auch noch eine Vororder für 2000 Fahrräder abgegeben werden musste, war der Finanzbedarf beträchtlich. Ein entsprechender Bankkredit wurde auch relativ schnell bewilligt. Das verdankt das Startup der IHK in Göppingen.
Mit ihrem ersten Businessplan war die Bank nämlich gar nicht zufrieden und schickte die beiden darum zur Bezirkskammer in die Jahnstraße. „Viele Gründer tragen zwar alle wichtigen Informationen zusammen, sie denken aber nicht daran, diese explizit und an der richtigen Stelle aufzuführen“, stellt Gründungsberater Kai Bartsch immer wieder fest.  Bei KM Sports kam zum Beispiel der etablierte Kundenstamm gar nicht vor und auch nicht die verkehrsgünstige Lage des neuen Geschäfts in der Tobelstraße.
Zudem wurde bemängelt, dass die Ren­tabilitätsvorschau und die Wettbewerbssituation fehlten. Aber auch da konnte die IHK helfen, wie Bartschs Kollegin Stefanie Suppan erzählt: „Die IHK erstellt regelmäßig Kaufkraftanalysen. Damit konnten wir belegen, dass im Landkreis tatsächlich ein Markt für den Cube-Store vorhanden ist.“ Auch bei der Firmierung habe die IHK beraten.

Ein Jahr verging, bevor das längst bewilligte Geld da war

Trotz der schnellen Zusage dauerte es jedoch ein Jahr, bis das Geld auf dem Konto war. „Ohne das Kapital, das Herr Köder eingebracht hat, hätten wir die Zeit nie überstanden!“, seufzt Mastrosimone und legt allen Gründern dringend nahe, solche Zeitspannen auf dem Schirm zu haben.
Köder hat 90 Prozent des Kapitals eingebracht, Mastrosimone zehn. Beide sind geschäftsführende Gesellschafter und zahlen sich das gleiche Gehalt aus. Die Arbeit haben sie sich aufgeteilt: Köder ist hauptsächlich für die Buchführung zuständig, Mastrosimone für die elf Mitarbeiter, die Werkstatt und den Laden. Alle halbe Jahre kauft er Köder Anteile ab, bis Ende 2024 das Verhältnis 50:50 betragen wird. Dann will Köder sich zur Ruhe setzen und sein Kompagnon ganz übernehmen.  
Und wie sieht der das Gründungs-Abenteuer? „Man ist schon sehr stolz, was wir hier alles geschaffen haben“, erzählt er, „aber wenn die Bürokratie wieder zuschlägt, denkt man schon, musste das jetzt noch mal sein?“

Dr. Annja Maga, Redaktion Magazin Wirtschaft, für Ausgabe 1-2.2024