Magazin Wirtschaft

GenZ als Azubis

Wenn jetzt das neue Ausbildungsjahr startet, werden viele Ausbilder wieder seufzen, „früher...“ Tatsächlich war es ja schon immer so, dass jede Generation mit Unverständnis auf die Nachwachsenden schaute. Oft wird dabei vergessen, dass die Bedingungen, die die Menschen prägen, ganz andere sind. Wer die Generation Z verstehen will, muss deshalb erst einmal die Themen in Betracht ziehen, mit denen die nach 1995 Geborenen aufgewachsen sind.  

Stabil, ­sicher, einfach und eindeutig – aber bloß nicht “basta!”

Internet, Social Media, Klima-Ängste und Corona und jetzt der Ukraine-Krieg spielen da sicher die Hauptrolle. Alles zusammen führt dazu, dass die jungen Leute die Welt für unberechenbar, unsicher, komplex und ambivalent halten, wie aktuelle Studien ­zeigen. Sie hätten sie jedoch lieber stabil, ­sicher, einfach und eindeutig.
In Bezug auf Ausbildung läge da die Vermutung nahe, dass Aus­bilder, die sagen, wo es lang geht, beliebt wären, weil sie genau das ermöglichen. Doch weit gefehlt: die Jungen wünschen sich Empowerment statt direktives Anweisen - also Bestärkung statt Basta.
Viele der aktuellen Azubis sind von ihren Eltern auf Augenhöhe erzogen worden. Schon die Kleinsten durften bestimmen, welche Hose sie in die Kita anziehen, und viele durften sogar bei der Entscheidung für den Urlaub oder das neue Familienauto mitreden. Umso deutlicher spüren sie das Ungleichgewicht, wenn sie in der Ausbildung ausschließlich die Lernenden sind.  

Auch die Jungen wollen etwas beibringen (dürfen)

Den Vorsprung der Ausbilder bei Inhalten und Umgangsformen können sie deshalb eher akzeptieren, wenn sie ihrerseits den Älteren etwas beibringen könnten. Unbenommen gibt es da ja einiges, zum Beispiel den Umgang mit digitalen Medien. Sie können aber auch ­Arbeitsabläufe mit frischem Blick analysieren und eventuell ­verbessern und sie können die Außendar­stellung für jüngere Zielgruppen ­optimieren, was wiederum die ­Azubi-Suche erleichtert.
Wenn entsprechende Vorschläge und Initiativen der Azubis übernommen werden, motiviert sie das immens. Besonders wenn das mit viel Lob oder gar einem „Goodie“ unterfüttert wird. Das Streben nach Anerkennung ist bei der GenZ vielleicht nicht stärker ausgeprägt als bei ­älteren Mitarbeitern. Im Gegensatz zu ­ihnen lassen sie sich die Jungen aber nicht mehr mit „Weisheiten“ wie „nicht geschimpft ist genug gelobt“ trösten.

“...da ist noch Luft nach oben”

Sie erwarten stattdessen ein regelmäßiges Feedback, und zwar ein positives.  ­Meiden Sie als Ausbilder darum alles , was irgendwie als Herabsetzung oder Kränkung verstanden werden könnte - also statt „nicht gelungen“ lieber „da ist noch Luft nach oben“.  
Überhaupt ist es wichtig, dass das Feedback vorwurfsfrei erfolgt: Bleiben Sie sachlich und werden Sie keinesfalls persönlich. Nutzen Sie Ich-Botschaften und halten Sie den Spiegel vor. Konkret: Schildern Sie Ihre Wahrnehmung und berichten Sie, was Sie als Ursache vermuten. Welche Wirkung hat das auf Sie und das Team, und was wünschen Sie sich?
Aber nicht nur bestärkende Rück­meldungen erwarten die jungen Leute, sondern auch eine  abwechslungsreiche Tätigkeit, eigenverantwortliche Projekte und natürlich ein gutes Betriebsklima – aber auch da unterscheiden sich die Generationen gar nicht.
Und was „stinkt“ den jungen Leuten? ­Unfreundlichkeit, unfair empfundene ­Kritik, mangelndes Vertrauen, lange Arbeits­zeiten, aber umgekehrt auch, wenn nichts zu tun ist. Dazu kommen Über- oder Unterforderung, Misserfolge und vor allem, wenn man keinen Sinn in seiner Arbeit erkennt.

Was – wo – wie – wann – warum  des Lernens muss klar kommuniziert werden

Was bedeutet das nun für die Ausbildung ganz konkret? Bei jedem Lernschritt sollten Sie die fünf „W“s klar kommunizieren:
was – wo – wie – wann – warum  – muss etwas gelernt werden.
Berücksichtigt werden sollte dabei, dass die Aufmerksamkeitsspanne stark gesunken ist und inzwischen auf der Länge eines kurzknackigen Youtube-Clips, also zwei bis drei Minuten, liegt. Allerdings ­variiert das je nach Lehrmethode: am schlechtesten klappt es beim Zuhören, mittelmäßig wenn man etwas selber umsetzt und dann aufschreibt und am besten, wenn man mitentscheiden und mittun kann.

Könntest Du mal...“ führt leicht zu Missverständnissen

Trotzdem bleibt es aber wichtig, klar zu formulieren. Konjunktive wie „könntest Du mal...“ führen leicht zu Missverständnissen. Fragen Sie öfter nach, was Ihr Gegenüber verstanden hat.
Überhaupt sind Fragen das A und O einer gelungen Ausbildungsführung. Sie sorgen für Information, zeigen Interesse und bringen den Gesprächspartner dazu, selber seine Position zu überprüfen. Das klappt besser mit offenen Fragen, denn sie locken auch Leute aus der Reserve, die sonst nur „ja“ oder „nein“ nuscheln.
Und natürlich müssen Sie als Ausbilder dann gut zuhören, mit Blickkontakt, und Ihrerseits zusammenfassen, was Sie verstanden haben. Dabei sollte das Emotionale nicht unter den Tisch fallen; zum Beispiel „Ich habe
den Eindruck, die Situation macht Dich sehr wütend …?“

Auch als Ausbilder sollten Sie sich hinterfragen

Apropos Position überprüfen: Auch als Ausbilder sollten Sie sich hinterfragen, wenn Sie den richtigen Zugang zur GenZ finden wollen. Jeder hat so seine blinden Flecken, also Eigenschaften und Marotten, die dem Umfeld wohlbekannt sind, einem selber aber eher nicht. Hinzu kommt ­Privates, von dem man überlegen muss, wie viel man davon preisgeben möchte. Weil Azubis von ihren Ausbildern „Nahbarkeit“ erwarten, sollten beide Bereiche nicht zu viele Dunkelfelder aufweisen. Dazu muss man allerdings Vertrauen zu den Azubis aufbauen und ihr Feedback einfordern und akzeptieren.

Drei Fragen können bei der Selbstver­ortung hilfreich sein:


Wie sehe ich mich selbst?
Was denken andere (Azubis, Kollegen …) von mir?
Wie würde ich gern wahrgenommen und wo gibt es Änderungsbedarf?
„Das hätten wir uns mal erlauben sollen“, wird jetzt mancher denken. Keine Sorge, wenn die GenZler älter sind, werden sie sich genauso über die Nachwachsenden wundern …
Michael Zonsius, TEN - Trainings & Seminare, Karlsruhe für Magazin Wirtschaft, Rubrik Rat&Tat