Lebensmittelkennzeichnung in den USA

Lebensmittelkennzeichnung: EU versus USA

Wie Lebensmittel allgemein zu kennzeichnen sind und welche Mindestinformationen auf der Verpackung stehen müssen, ist EU-weit einheitlich geregelt. In den USA gilt diese Verordnung allerdings nicht – hier entscheiden die Food and Drug Administration (FDA) und das United States Department of Agriculture (USDA) darüber, welche Informationen und wie diese Informationen auf den Gebinden der Produktverpackungen stehen müssen oder dürfen. Und tatsächlich vertreten die US-amerikanischen Behörden hier zum Teil ganz andere Ansichten als Brüssel es tut.
Gisela Leon beschäftigt sich seit 40 Jahren mit der Kennzeichnung von Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsprodukten und Kosmetika in der Europäischen Union, den USA und Kanada und hat als unabhängige Beraterin inzwischen Hunderte von Etiketten auf ihre US-Konformität überprüft. In einem Interview, das die IHK Hannover mit ihr führte, geht in zehn Fragen auf einige markante Unterschiede in der verpflichtenden Kennzeichnung von Lebensmitteln zwischen der USA und der Europäischen Union ein:  
Laut EU-Verordnung müssten die Pflichtangaben eines Lebensmittels in mindestens 1,2 Millimeter großer Schrift abgedruckt werden. Ausnahmen gibt es schon – zum Beispiel bei Verpackungen, die kleiner sind als 80 Quadratzentimeter. Dann sind 0,9 Millimeter erlaubt. Gelten für Verpackungen, die für den US-Markt bestimmt sind, andere Regeln?
„1,6 Millimeter braucht es für den Druck der Pflichtangaben in den USA schon. Allerdings nicht für alle – die Nährwerttabelle hat viele unterschiedliche Schriftgrößen. Generell ist 8 Punkt Schriftgröße gefordert, aber Fußnoten dürfen in 6 Punkt gedruckt werden. Die Kalorienangabe muss in mindesten 22 Punkt abgedruckt werden, bei kleinen Verpackungen ist auch 14 Punkt erlaubt. In welcher Buchstabengröße die Netto-Füllmenge angegeben wird, hängt wiederrum von der Größe der Hauptansichtsseite der Verpackung ab. Der Produktname muss natürlich wieder in einer anderen Größe dargestellt werden – in Abhängigkeit von den anderen Angaben auf der Hauptansichtsseite.“
Welche Unterschiede gibt es mit Blick auf die Bezeichnung von Lebensmitteln? Für einige Lebensmittel, Schokolade oder Käse zum Beispiel, gibt es laut europäischer Verordnung spezielle Vorgaben. In den USA ebenso?
„Schokolade oder Käse sind auch in den USA standardisierte Produkte. Sie sind aber anders definiert als in der Europäischen Union. Deswegen Obacht! Deutsche Herstellungsbetriebe sollten sich diese Definitionen genau ansehen, bevor sie Werbung für „Chocolate Cookies“ oder „Alpine Cheese“ in den USA machen.
Grundsätzlich muss jedes verpacktes Lebensmittel eine Übersicht über alle enthaltenden Zutaten vorweisen. Diese sollen laut EU-Verordnung absteigend nach ihrem Gewichtsanteil aufgelistet werden. Gilt diese Regel auch für die US-amerikanische Zutatenliste?
 „Die absteigende Reihenfolge ist tatsächlich auch in USA vorgeschrieben. Aber die Zutaten werden hier einzeln deklariert und anders als in der Europäischen Union nicht unter Klassennamen wie Emulgatoren oder Stabilisatoren gruppiert dargestellt.“
Was ist mit Lebensmittelzusatzstoffen und Aromen, die im Zutatenverzeichnis aufgeführt werden? In den europäischen Ländern werden diese generell mit dem Klassennamen gefolgt von der Bezeichnung oder der E-Nummer aufgeführt.
„Und in den USA eben einzeln. Konservierungsstoffe oder Farbstoffe werden allerdings mit ihrer  Funktion gekennzeichnet. E-Nummern werden in USA generell nicht verwendet.“
Welche Unterschiede gibt zwischen den USA und der Europäischen Union in der Allergenkennzeichnung? Laut europäischen Vorgaben müssen hier die 14 wichtigsten Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, im Zutatenverzeichnis aufgeführt und auch besonders hervorgehoben werden.
„Die USA hat nur neun Hauptallergene definiert. Sesam wird übrigens zu Beginn des nächsten Jahres, also zum 1. Januar 2023, auch in den USA als Allergen gekennzeichnet werden müssen. Die Allergene können in der Zutatenliste oder in der nachgeschalteten „Contains“-Kennzeichnung mit ihrem Namen deklariert werden. Eine Hervorhebung durch Farbe oder Fettdruck zum Beispiel ist in den USA nicht notwendig.“
Was ist mit den sogenannten „Big 7“ – der verpflichtenden Darstellung der Nährwerte von Brennwert, Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz in tabellarischer Form?
„Die Nährwertkennzeichnung ist in den USA komplett anders geregelt als in der Europäischen Union. Die FDA kennt mehr als doppelt so viel, also 15 verpflichtend zu kennzeichnende Nährwerte. Obwohl es durchaus ein paar Ausnahmen von der verpflichtended Angabe von 15 Nährwerten gibt…
Die Angabe der Nährwerte wird auch nicht auf 100 Gramm oder 100 Milliliter, sondern auf Portionsgrößen bezogen, die in einer speziellen Verordnung für die meisten Produktkategorien festgelegt sind.“
Lebensmittel-Imitate: Zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung sind für Lebensmittel-Imitate, also beispielsweise Pflanzenfett anstelle von Käse als Pizzabelag, spezielle Kennzeichnungsvorschriften festgelegt. Wie wird in den USA auf Imitate hingewiesen?
 „Das Wort „Imitation“ wird tatsächlich von der FDA gefordert. Lesen wird man es auf den Produktverpackungen allerdings selten, da eine beschreibende Verkehrsbezeichnung die Täuschung meistens verhindert.“
Getränke mit einem erhöhten Koffeingehalt müssen laut EU-Verordnung einen Hinweis tragen, dass sie nicht für Kinder, Schwangere und Stillende empfohlen werden. Für Lebensmittel, die auf Kaffee oder Tee basieren und bei denen die Begriffe "Tee" oder "Kaffee" in der Bezeichnung vorkommen, gilt diese Pflicht nicht. Wird dies in den USA genauso gehandhabt?
„Koffein, das nicht natürlicherweise in Kaffee oder Tee vorkommt, ist in der Zulassung in den USA sowieso stark eingeschränkt. In „Cola-artigen“ Getränken darf der Anteil von 0,02 Prozent zum Beispiel nicht überschritten werden. Wenn Koffein außerhalb dieser Zulassung in einem Produkt verwendet wird, muss der Herstellungsbetrieb nachweisen können, dass der Verzehr sicher ist.“
Was können Sie uns mit Blick auf die Verwendung von raffinierten pflanzlichen Ölen und Fetten sagen? Muss in den USA hier auch ein Hinweis auf die spezielle pflanzliche Herkunft erfolgen? Palmöl, Kokosfett und Sojaöl zum Beispiel? Oder gehärtetes oder teilweise gehärtetes Öl? 
„Ja, das wird hierzulande ausnahmsweise einmal identisch gehandhabt.“
Letzte Frage: Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum: Das Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum gehören hierzulande zu den verpflichtenden Angaben. Was liest man hierzu in den US-amerikanischen Verordnungen?
„Dass die FDA den Herstellungsbetrieben es nahelegt, ein Mindesthaltbarkeitsdatum oder Verbrauchsdatum zu verwenden. Eine verpflichtende Kennzeichnung gibt es aber nicht. In der Praxis werden deutsche Betriebe schnell merken, dass sie ohne entsprechende Daten auch in den USA nicht weit kommen: Die Handelsketten akzeptieren keine Waren, die nicht mit den entsprechenden Daten gekennzeichnet sind.“ 


Stand: 21.09.2023