USA: Dienstreisen und Entsendungen

Geschäftlich in die USA - Visa, Esta, US-Recht oder deutsches Recht?

Zur Messe nach Las Vegas, der Installation einer nach Detroit verkauften Maschine, einem Coaching nach Atlanta oder auf eine Baustelle nach Texas – für ein paar Tage, drei Monate oder auch länger. Geschäftliche Reisen aus Deutschland in die USA sind in vielen Unternehmen gang und gäbe. Routiniert gehen die meisten Betriebe sie dennoch nicht an. Erfahrungen damit, dass „falsche“ Antworten auf die Fragen der Zollbeamten am Flughafen, ein fehlendes Einladungsschreiben, unklare Jobtitel oder interpretationsfähige Aussagen im Interview beim Konsulat geplante Reisen erheblich verzögern oder sogar verhindern können, haben viele von ihnen nämlich bedauerlicherweise schon machen müssen. Und dass es in Maschinenparks, auf Baustellen oder Infrastrukturprojekten aufgrund von fehlenden Qualifikationen, Lizenzen oder Versicherungen auch schnell zum Abbruch kommen kann, wissen die meisten Betriebe auch. Für Routine und Selbstsicherheit fehlt es einfach an dem berühmten „Schema F“. Trotz der sehr genauen und gesetzlich verankerten Regeln sind die Voraussetzungen für Einreise und Tätigkeit in die USA sowie die Eignung des entsprechenden Visums und gegebenfalls notwendiger arbeitsrechtlicher Qualifikationen nämlich sehr komplex und teilweise auch nicht nur auf bundesstaatlicher Ebene geregelt.
Wir haben den zwei Experten, Sonja Pucher, Head of Visa Services, The American Dream – US Visa Service GmbH und Hans Michael Kraus, Rechtsanwalt, Attorney at Law, Smith, Gambrell, Russel im Vorfeld einige Fragen gestellt. Ihre Antworten in einem zweiteiligen Beitrag:

Teil 1: Geschäftlich in die USA – Esta oder Visa?
Auf ein Gespräch mit Sonja Pucher:
Eine erste Einschätzung zu den einreiserechtlichen Voraussetzungen der USA, Unterstützung bei der Antragstellung, Hilfestellung bei abgelehnten Anträgen – Sonja Pucher, Head of Visa Services, The American Dream – US Visa Service GmbH und ihr Team sind aufgrund ihrer Expertise und langjährigen Erfahrung täglich gefragt. Trotz der Regelmäßigkeit, mit der deutsche Unternehmen ihre Mitarbeitenden in die USA entsenden, scheint ein routiniertes Vorgehen nach Schema F nur schwer möglich.
„Viele relevante Visumkategorien sind tatsächlich seit Jahrzehnten wie in Stein gemeißelt. An den Zugangsvoraussetzungen hat sich kaum etwas verändert. Das macht es aber für die Unternehmen dennoch nicht einfacher: Neue globalisierte Arbeitsformen können zum Beispiel oft nur schwer sachgerecht abgebildet werden.   Remote- oder Freelancer-Tätigkeiten finden sich beispielsweise schlichtweg nicht in den Kategorien wieder. Auch die  Auslegung der gesetzlichen Regelungen kann in Abhängigkeit von der jeweiligen politischen Administration der amtierenden Regierung, von US-Konsulat zu US-Konsulat und in der Tat auch von den prüfenden Beamtinnen und Beamten beeinflusst sein. Reichten beispielsweise vor 20 Jahren als Nachweis eines „substantial investments“ für Investorenvisa vielleicht noch 25,000 USD, braucht es heute rund 100,000 USD oder mehr. Beim US-Arbeitsvisa hingegen beobachten wir eine immer stärkere Orientierung an der erforderlichen „Notwendigkeit“ des Mitarbeitereinsatzes. Bei den Antragsprozessen sind natürlich ständig Veränderungen zu beobachten. Sie werden heute vermehrt online gemacht, es gibt Apps, et cetera pp. Schema F oder Routine – beides also nicht wirklich möglich. Für Unternehmen bleibt es eine Herausforderung in diesem Visumdschungel der vielen Kategorien, behördlichen Zuständigkeiten, komplexen und langwierigen Antragsprozessen nicht den Überblick und auch die Nerven zu verlieren“, erläutert Sonja Pucher.

ESTA oder Visa
Das B-1-Visum gilt als das von deutschen Unternehmen am häufigsten beantragte Visum. Viele geschäftliche Reisen in die USA erfolgen allerdings auch mit einer ESTA-Einreisegenehmigung visumsfrei im Rahmen des Visa Waiver Programm (VWP). Sowohl unter ESTA als auch unter dem B-1-Visum sind geschäftliche Aktivitäten in eingeschränktem Umfang also möglich. Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Dauer des Einsatzes sowie dem Personenkreis, dem eine Einreise über ESTA überhaupt gestattet ist.
„Genau. Das VWP stellt eigentlich nämlich nur eine Ausnahme von einem B-1/B-2 Visum dar. Das heißt Staatsangehörige bestimmter Länder, zu denen auch Deutschland gehört, dürfen ohne vorherige Beantragung eines Visums für maximal 90 Tage in die USA einreisen. Bürger bestimmter anderer Staatsbürgerschaften würden hierfür immer mindestens ein B-Visum benötigen. Möchte man erfahren, welche Aufenthaltszwecke im Rahmen des VWPs gestattet sind, hilft ein Blick auf die gesetzlichen B-1/B-2 Regelungen: B-1 Visa ermöglichen einen Aufenthalt zu sehr eingeschränkt geschäftlichen Aktivitäten, B-2 Visa im Schwerpunkt für touristische Aufenthaltszwecke. Klassische Geschäftsreisen sind selbstverständlich möglich, aber beschränkt auf beispielsweise Business Meetings, Konferenzen, Messe- oder Kundenbesuche, Vertragsverhandlungen, firmeninterne Schulungen oder Trainings. „Hands-on“ Aktivitäten sind in dieser Kategorie hingegen nur unter strengen Voraussetzungen möglich, so beispielsweise im Rahmen von After-Sales Aktivitäten oder Projektabwicklungen Die Grenzen zwischen den Kategorien verlaufen oft fließend. Ob eine Person visumfrei reisen kann oder sollte, besser ein B-1 Visum beantragt, oder sogar ein Arbeitsvisum benötigt, hängt tatsächlich vom Einzelfall ab. Aber im Klartext gilt: Mit VWP/ESTA dürfen Mitarbeitende nicht mehr oder weniger als mit einem B-Visum. Sie dürfen nur kürzer vor Ort sein, also 90 Tage anstelle der durch das B-Visa genehmigten 180 Tage“, bestätigt Sonja Pucher.  

Das B-1-Geschäftsreisendenvisum
Das  B-1 After Sales Visum hat sich als Unterkategorie des B-1-Geschäfsreisendenvisum längst etabliert. Jetzt gewinnen auch Unterkategorien wie B1 in lieu of H-1B oder B-1 in lieu of H-3 Visum zunehmend an Popularität. Welche Beispiele gibt es für ihre Verwendung?
Das B-1 After Sales Visum ist seit jeher eine sehr beliebte und häufig genutzte Kategorie. Hiermit  könnte beispielsweise die Inbetriebnahme einer an ein US-Unternehmen verkaufte Maschine aus Deutschland durch einen Techniker in den USA erfolgen. Das B-1 in lieu of H-1B Visum, umgangssprachlich auch als Projektvisum bekannt, ist eine Art „Hybrid-Kategorie“ aus Geschäfts- und H-1B Arbeitsvisum, die gerne von Consulting-Firmen genutzt wird. Das B-1 in lieu of H-3 Visum ermöglicht unter strengen Auflagen ein firmeninternes Training am US-Standort. Die Nachfrage ist auf Unternehmerseite in der Tat gestiegen – vermutlich auch, weil diese Form der Visa vielen Unternehmen vorher nicht bekannt war. Aber ich rate hier zur Vorsicht. Der Versuch mit diesen Optionen aufwändigere, beziehungsweise teurere reguläre US-Arbeitsvisaverfahren zu umgehen, geht zumeist nach hinten los. Hier gibt es viel öfter ablehnende Bescheide als in anderen Fällen. Eine einzelfallbezogene Prüfung und gute Antragsvorbereitung ist damit das A und O.“

Das US-Arbeitsvisum
Erhält ein aus Deutschland entsandter Arbeitnehmer einen lokalen US-Vertrag, einen Entsendevertrag oder eine Bezahlung aus den USA, dann benötigt diese Person auch ein US-Arbeitsvisum. Diese Regel ist den meisten Unternehmen durchaus bekannt. Aber auch hier bestätigen Ausnahmen die Regel:
In der Tat können auch Mitarbeitende, die weiterhin in Deutschland bezahlt werden und angestellt sind, in den USA arbeitsvisapflichtig werden. Nämlich dann, wenn sie in den USA einer Tätigkeit nachgehen, die ansonsten durch US-amerikanisches Personal (üblicherweise bezahlt) ausgeübt werden würde oder die Art der Tätigkeit einen Mehrwert für die US-Gesellschaft generiert. Kompliziert, nicht wahr? Ein Beispiel: Am US-Standort eines deutschen Unternehmens fehlt es kurzfristig an Personal. Das Unternehmen schickt einen seiner deutschen Mitarbeitenden zur Unterstützung für vier Wochen in das US-Unternehmen. Würde der Einsatz mit der visumsfreien Einreise (ESTA) erlaubt sein? Es handelt sich um einen deutschen Staatsbürger, die Dauer seines Einsatzes bleibt unter der Grenze von 90 Tagen und eine Bezahlung vor Ort erfolgt auch nicht. Die Antwort ist „nein“. Er würde in der Tat ein US-Arbeitsvisum benötigen. Seine Tätigkeit würde nämlich normalerweise durch einen US-Amerikaner ausgeführt. Zweites Beispiel: Die Leiterin der Human Resource Abteilung, die in die USA reist, um für den US-Standort Personalgespräche zu führen. Auch sie benötigt streng genommen ein Arbeitsvisum“, erklärt Sonja Pucher.
 E-1, E-2 und L-1 Visum erscheinen vielen Unternehmen als geeignete Visa, wenn es um Personalentsendungen an Tochtergesellschaften in den USA geht.
Sonja Pucher: „E oder L Visa sind noch immer das Mittel der Wahl, wenn wir über US-Arbeitsvisa sprechen. Aber es existiert noch eine Vielzahl anderer Arbeitsvisa-Kategorien, wie beispielsweise H-1B, H-2B, O-1, et cetera pp. Sie alle unterscheiden sich deutlich mit Blick auf Zugangsvoraussetzungen, Antragswege, Laufzeiten, aber auch Kosten. Dass heißt: Mit der Auswahl des geeigneten Arbeitsvisumtyps können Unternehmen nicht nur die Antragszeiten, sondern insbesondere auch die Kosten minimieren. Stichwörter:  E-Registrierung oder L-Blanket. Aber, lassen Sie sich nicht täuschen: Eine relativ große Auswahl an Visumoptionen bedeutet nicht automatisch, dass für alle geplanten Arbeitseinsätze auch zwingend eine Kategorie zutrifft. Nicht selten wenden sich Unternehmen zu spät mit ihrem Anliegen an uns und wir müssen mitteilen, dass für diesen Mitarbeiter/diese Mitarbeiterin kein Arbeitsvisum (zumindest aktuell) greift. Eine frühzeitige Planung und Identifizierung zum Visumtyp ist deshalb gefragt.“

Zeiten und Fristen
Für die Beantragung einer ESTA-Einreisegenehmigung gibt es inzwischen eine App. Für die Bewilligung eines Visums ist immer noch der Kontakt mit der Botschaft, bzw. den Konsulaten notwendig. Das kann schon mal etwas dauern. Gleichzeitig müssen Entsendungen – gerade im Montagebereich – oftmals auch sehr adhoc passieren und können nicht immer von langer Hand geplant werden. Eine Nummer für alle Fälle gibt es vermutlich nicht, aber vielleicht Erfahrungswerte in Bezug auf die Bearbeitungszeiten?   
„Es kommt natürlich darauf an, ob ein Visum benötigt wird, wenn ja welches oder ob gegebenfalls sogar die visumfreie Einreise genutzt werden kann. Eine ESTA-Genehmigung ist online in 72 Stunden erhältlich. Für ein Geschäftsreisendenvisum ist im Regelfall ein persönliches Interview im US-Konsulat notwendig. Im günstigsten Fall erhält man einen Termin innerhalb weniger Tage. Im ungünstigsten Fall wartet man wochenlang. Dreh- und Angelpunkt ist die Terminlage in den jeweiligen US-Konsulaten. Unter Umständen können dann in der Tat Notfalltermine die Rettung sein. Bei Visumerneuerungen sind derzeit auch postalische Einreichungen unter bestimmten Auflagen möglich, aber auch hier muss man meist zwei bis Wochen einplanen. Die Antragszeiten von US-Arbeitsvisa variieren je nach Kategorie von drei bis sechs Wochen für E-Visa (bei vorliegender E-Registrierung) bis hin zu mehreren Monaten für beispielsweise L-1 Individual Visa. Ad-hoc Lösungen sind hier also kaum zu realisieren. Je früher sich Unternehmen bei einem US-Personaleinsatz also mit der Visumthematik beschäftigen, desto besser. Ohne geeignetes Visum, kein US-Aufenthalt, so simpel ist es.“

Teil 2: Geschäftlich in die USA – US-Recht oder deutsches Recht?
Auf ein Gespräch mit Hans Michael Kraus:
„Die Uhren im US-Arbeitsrecht gehen anders“, erklärt Hans Michael Kraus, der seit 1983 als Rechtsanwalt bei der US Kanzlei Smith, Gambrell & Russell, LLP in Atlanta arbeitet und als Leiter der internationalen Praxisgruppe eine Vielzahl von deutschen Unternehmen sowie deren Tochtergesellschaften in den Vereinigten Staaten vertritt. Ein paar Beispiele für diesen anderen Takt hat Kraus parat. Beispiele, die auch für deutsche Unternehmen gelten, die ihre Mitarbeitenden geschäftlich in die USA senden.

Entsendung oder Diensteise?
Die Begrifflichkeiten „Entsendung“ und „Dienstreise“ werden oftmals in einen Topf geworfen. Aber es gibt einen Unterschied. „Unter Dienstreisen verstehen wir, dass ein deutscher Arbeitnehmer im Auftrag der deutschen Muttergesellschaft in die USA reist, um zum Beispiel einen Kunden zu besuchen, die Bücher zu prüfen, Marktrecherche zu betreiben und vieles mehr. Entsendung bedeutet hingegen, dass der Mitarbeitende – meist längerfristig – für die US-Tochtergesellschaft als ‚Expat‘ entsandt wird“, erklärt Kraus. „Für eine Dienstreise wird man einen deutschen Arbeitsvertrag in der Regel nicht anpassen. Ausnahmen gibt es natürlich. Zum Beispiel, wenn der deutsche Mitarbeiter in einem gewerkschaftlich organisierten Umfeld tätig wird und sich nach den Vorgaben der Gewerkschaft richten muss. Fachexperten aus Deutschland, die beispielsweise nur in beratender Tätigkeit zum Bau eines Windparks hinzugezogen worden sind, müssen gemäß des örtlichen Tarifvertrages, einschließlich der Zahlungen in die Gewerkschaftsversorgung entlohnt werden. Bei Entsendungen würde ich hingegen empfehlen, der Anstellung von Anfang an US-Arbeitsrecht zu Grunde zu legen, um nicht versehentlich gegen zwingendes lokales Recht zu verstoßen. Dies könnte gegebenfalls mit einer Rückkehrvereinbarung in das Mutterhaus verbunden werden.“

Deutsches Recht oder US-Recht?
Ob vier Tage, drei Wochen oder ein ganzes Jahr - amerikanisches Recht kann bei einem Arbeitseinsatz vor Ort immer zur Geltung kommen. Dafür sollten deutsche Unternehmen immer sensibilisiert sein. Fettnäpfchen gibt es genüge. Dazu gleich. Vorab wollen wir von Herrn Kraus wissen, wo überhaupt der größte Unterschied im Arbeitsrecht zwischen Deutschland und den USA liegt:
Kraus: „Ganz allgemein gesprochen ist das deutsche und zentraleuropäische Arbeitsrecht wesentlich arbeitnehmerfreundlicher als das US Recht. In den USA gilt nämlich grundsätzlich „employment at will“, das heißt ein Arbeitsnehmer kann auch nach langjähriger Betriebszugehörigkeit, sofern nichts anderes vereinbart ist oder eine entgegenstehende Unternehmenspraxis besteht, entlassen werden.“
Einige Bestimmungen des amerikanischen Arbeitsrechtes sind landesweit geregelt. Es gibt in der Tat aber viele Bereiche, in denen die 50 Bundesstaaten ihre ganz eigenen Ansichten vertreten. Kraus ergänzt: „Beim Thema Mindestlohn zum Beispiel. Bundesweit beträgt der derzeitige Mindestlohn der 7,25 US-$ pro Stunde. In Kalifornien beträgt er aber derzeit 15,50 US-$ und in der Stadt San Francisco 18,07 US-$. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wäre ein anderes Beispiel. In Kalifornien ist es generell unzulässig; in Massachusetts ist ein Wettbewerbsverbot nur gegen Zahlung, also ähnlich wie in Deutschland zulässig. Viele US-Bundesstaaten lassen aber auch ein Wettbewerbsverbot ohne Zusatzvergütung, allein begründet durch das vorherige Arbeitsverhältnis zu.“
Kommen wir nun auf die Fettnäpfchen zu sprechen.
Kraus: „Bei Entsendungen wird die Tragweite des amerikanischen Diskriminierungsverbotes von deutschen Unternehmen beispielsweise generell unterschätzt. Geschlecht, Alter, Hautfarbe, Rasse, Religion, nationale Zugehörigkeit, Behinderung, und auch andere Umstände dürfen sowohl bei Bewerbungs- und Einstellungsgesprächen als auch bei Beförderungen und Entlohnung kein Entscheidungskriterium sein. Dass hierauf besonders drauf geachtet werden muss, ist auch vielen deutschen Unternehmen klar. Dennoch tappen sie durchaus in die Falle. Vermutlich weil man in Deutschland für das Thema Diskriminierung nicht so extrem sensibilisiert ist, wie in den USA. ‚Deutsche Hemdsärmeligkeit‘ kann schnell zu Missverständnissen oder gar teuren Schieflagen für den Arbeitgeber führen. Ein in Deutschland üblicher Arbeitsvertrag mit einem Geschäftsführer ,endet mit der Erreichung des Rentenalters von 65‘ wäre in den USA beispielsweise eine klassische Diskriminierung wegen Alters. Auch ein deutscher Mitarbeiter, der die amerikanische Tochtergesellschaft besucht, kann unbewusst ein sogenanntes ‚Hostile Work Environment‘ schaffen oder dulden und damit gegen das amerikanische Diskriminierungsgesetz verstoßen. Nämlich immer dann, wenn Worte oder Handlungen die Fähigkeiten anderer Mitarbeitenden, ihre Arbeit zu erledigen, negativ oder stark beeinträchtigen. Ein recht einfaches, aber zugängliches Beispiel sind auch die strikten amerikanischen Überstundenregeln. Ein ‚Überstundenkonto‘ ist in den USA nicht erlaubt. Überstunden, das heißt mehr als 40 Stunden Arbeitszeit pro Woche müssen unmittelbar ausgezahlt werden. Von dieser Regelung gibt es nur sehr begrenzte Ausnahmen “, ergänzt Kraus.
„Aber auch bei nur kurzen Dienstreisen kann es zu Überraschungen kommen. Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter ist für einen kurzen Kundenbesuch in den USA unterwegs und verschuldet mit einem Mietwagen einen schweren Unfall. So etwas kann passieren. Nach Gesetzgebung vieler Bundesstaaten ist der deutsche Arbeitgeber in diesem Fall mit für den Schaden verantwortlich. Ein anders Beispiel: Ein deutscher Vertriebsleiter reist wiederholt in die USA und schließt dort regelmäßig direkt Geschäfte mit Kunden ab. Dies führt steuerlich zur Begründung einer Betriebsstätte der deutschen Gesellschaft mit der Folge und nachfolgenden Pflicht, in den USA (und gegebenfalls zusätzlich in den betreffenden US Bundesstaaten) Steuererklärungen einreichen zu müssen.
Welche Gewerke in den USA reglementiert sind und welche nicht, kann man nicht pauschalisieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass in Deutschland reglementierte Gewerke es auch in den USA sind, ist hoch. Um sicherzugehen, lohnt hier immer ein Gespräch mit einem Experten aus dem Arbeitsrecht. Ein Blick auf die Webseiten der Departments of Labour der US-Bundesstaaten, kann auch helfen.

Ein „gängiger“ Sonderfall – Montagen.
„Bei Montagen gibt es in der Tat einige Aspekte zu beachten. Gegebenenfalls muss hierfür ein Arbeitsvisum beantragt werden. Dann gibt es möglicherweise steuerliche Folgen (Thema Betriebsstätten) für den Arbeitnehmer und auch für das entsendende Unternehmen. Schließlich, die besonders häufig übersehene Frage, ob und inwieweit das Unternehmen die Zulassung als ‚Contractor‘, zum Beispiel als Elektriker, für die Durchführung der Montage in den USA benötigt. Das Thema ‚Contractor´s License‘ ist überaus vielschichtig und regional, teilweise sogar kommunal geregelt und sollte unbedingt vor Abgabe eines bindenden Angebotes des deutschen Unternehmens geprüft werden“, meint Kraus.

Besteuerung und Sozialversicherung
„Wer sich in den USA länger als 183 Tage pro Jahr aufhält, genauer gesagt 121 Tage, da in das Limit von 183 Tagen auch Aufenthalte des Steuervorjahres und des Steuervorvorjahres mit eingerechnet werden, wird in den USA unbeschränkt steuerpflichtig. Die Folgen hiervon sollten mit dem Mitarbeiter unter Zuhilfenahme eines amerikanischen Steuerberaters vor Umsiedlung besprochen werden. Häufig und insbesondere, wenn der Mitarbeiter mittelfristig plant, nach Deutschland zurückzukehren, werden Unternehmen und Arbeitnehmer einen Antrag auf Fortzahlung der deutschen Sozialversicherung stellen, um so eine Freistellung von der amerikanischen Versicherungspflicht (Social Security und Medicare) zu veranlassen. Medicare bedeutet im Übrigen eine Alterskrankenversicherung und ist nicht mit der laufenden Krankenversicherung zu verwechseln.“
Stand: 18.03.2024