Fortführungsklausel

Wann endet eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)?

Der Bundesgerichtshof musste entscheiden, ob das Vermögen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters auf den letzten verbleibenden Gesellschafter übergeht. Entscheidend für diese Frage war seine Auslegung der Fortführungsklausel des Gesellschaftervertrags - also der Zeitpunkt der Beendigung der GbR.
10. Januar 2025
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 29. Oktober 2024 die Frage zur Auslegung einer Fortführungsklausel im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) getroffen. Gegenstand der Entscheidung war die Frage, ob das Vermögen einer GbR nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters auf den letzten verbleibenden Gesellschafter übergeht.
Der Kläger und ein sogenannter Streithelfer hatten eine Anwaltssozietät in Form einer GbR gegründet. Der Gesellschaftsvertrag enthielt eine Fortführungsklausel, welche regelt, dass die Sozietät nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters von den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt werden soll, sofern mindestens zwei Gesellschafter verbleiben.
Im Jahr 2016 kündigte der Streithelfer die Sozietät zum Ende des Jahres 2017. Kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist widerrief er die Alleinverfügungsberechtigung des Klägers über die Sozietätkonten bei der beklagten Bank. Der Kläger forderte daraufhin die Bank auf, die Konten auf ihn als alleinigen Verfügungsberechtigten und Gesamtrechtsnachfolger der GbR umzuschreiben. Die Bank lehnte dies ab, woraufhin der Kläger gerichtlich gegen die Bank und den Streithelfer vorging.
Das Landgericht wies die Klage ab, während das Kammergericht dem Kläger teilweise Recht gab und feststellte, dass er Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft sei. Gegen dieses Urteil wandten sich sowohl der Streithelfer als auch die Bank in Revision. Der BGH hob das Urteil des Kammergerichts auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück.
Der BGH stellt klar, dass die Auslegung des Kammergerichts nicht den anerkannten Auslegungsregelungen entsprach. Die Fortführungsklausel des Gesellschaftsvertrages setzt für die Fortführung der GbR nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters voraus, dass mindestens zwei Gesellschafter verbleiben. Diese Regelung ist eindeutig und schließt die Fortsetzung der Gesellschaft durch nur einen Gesellschafter aus. Die in dieser Klausel geregelte Rechtsfolge, wonach er Anteil des ausscheidenden Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern zufällt, könne nicht isoliert betrachtet werden. Sie setzt eine Fortsetzung durch mindestens zwei Gesellschafter voraus.
Der BGH betonte jedoch, dass selbst ein klarer Wortlaut nicht die Auslegung anhand der Gesamtumstände ausschließt. Zu prüfen sei daher, ob die Vertragsparteien bei der Vertragsanbahnung andere Absprachen getroffen haben, die eine abweichende Auslegung rechtfertigen könnten. Solche Feststellungen hatte das Kammergericht bislang nicht getroffen, weshalb die Sache zurückverwiesen wurde.
Der BGH stellt somit klar, dass eine GbR nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters in der Regel endet, sofern keine abweichende Regelung getroffen wurde.
Das Kammergericht muss nun klären, ob besondere Umstände oder Vereinbarungen vorlagen, die eine andere Auslegung der Fortführungsklausel rechtfertigen.
Quelle: BGH, Urteil vom 29. Oktober 2024 (Az. II ZR 222/21)
Kristina Hirsemann
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: AGBs, Lebensmittelrecht, Vertragsrecht