„Booking.com” vor Gericht: Hotels fordern Schadensersatz

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sorgt für Bewegung im Hotelgewerbe: Mehr als 10.000 Hotels in Europa, darunter auch zahlreiche aus Deutschland, fordern Schadensersatz von der Buchungsplattform Booking.com. Grund ist die jahrelange Anwendung sogenannter Bestpreisklauseln, die laut EuGH gegen das europäische Kartellrecht verstoßen.
8. August 2025
Im Zentrum des Verfahrens steht die Praxis von „Booking.com”, Hotels zu verpflichten, auf ihrer eigenen Website keine günstigeren Preise anzubieten als auf der Plattform selbst. Diese sogenannte enge Bestpreisklausel sollte Preisparität sichern und Trittbrettbuchungen vermeiden. Bereits in Deutschland hatte das Bundeskartellamt solche Klauseln 2015 untersagt, der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte 2021 die Rechtswidrigkeit.
„Booking.com” versuchte dennoch, die Klauseln über ein Verfahren in den Niederlanden europarechtlich legitimieren zu lassen. Der Fall landete beim EuGH, der im Herbst 2024 entschied, dass selbst die engen Preisbindungen gegen Artikel 101 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen. Die Richter machten klar: Solche Klauseln behindern den Wettbewerb und können nicht mit der Gefahr von Trittbrettbuchungen gerechtfertigt werden.
Infolge des Urteils haben über 10.000 Hotels, organisiert durch die „Hotel Claims Alliance“ und unterstützt von Branchenverbänden wie Hotrec und dem Hotelverband Deutschland (IHA), eine Widerklage beim Bezirksgericht Amsterdam eingereicht. Sie fordern Schadensersatz für den Zeitraum 2004 bis 2024. Der Beitritt zur Klage ist bis Ende August 2025 möglich.
Die wirtschaftliche Dimension ist enorm: „Booking.com” hält einen Marktanteil von über 70 Prozent im Online-Hotelvertrieb – Tendenz steigend. Gleichzeitig ist der Anteil an Direktbuchungen in Deutschland zwischen 2013 und 2023 um mehr als acht Prozent zurückgegangen. Viele Hotels sehen sich daher wirtschaftlich in eine Abhängigkeit gedrängt und fordern nun finanzielle Kompensation für die jahrelangen Einschränkungen.
Das Verfahren in Amsterdam könnte ein wegweisendes Urteil für den europäischen Plattformmarkt bringen, und neue Maßstäbe im Verhältnis zwischen Buchungsportalen und Hotellerie setzen.
Quelle: EuGH, Urteil v. 19.09.2024, C-390/22
Kristina Hirsemann
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: AGBs, Lebensmittelrecht, Vertragsrecht