Kündigung auf Druck der Kollegen unwirksam
Wenn Kollegen oder Kolleginnen die Entlassung eines bestimmten Mitarbeiters fordern, darf der Arbeitgeber diesem Druck nicht einfach nachgeben. Eine sogenannte Druckkündigung ist nur in engen Ausnahmefällen zulässig. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen mit Urteil vom 13. Mai 2025 entschieden.
17. November 2025
Ein öffentliches Nahverkehrsunternehmen hatte einem langjährigen Fahrer außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt. Der Mitarbeiter war tariflich ordentlich nicht kündbar. Hintergrund war ein über Jahre schwelender Konflikt im Team: Zahlreiche Kollegen weigerten sich, weiter mit dem Mann zusammenzuarbeiten, beantragten Versetzungen oder meldeten sich krank. Schließlich drohten mehrere Beschäftigte sogar mit eigenen Kündigungen, falls der Arbeitgeber nicht handeln würde.
Daraufhin kündigte das Unternehmen dem Fahrer – mit der Begründung, der Druck aus der Belegschaft lasse keine andere Möglichkeit mehr zu.
Das LAG Niedersachsen erklärte die Kündigung für unwirksam. Weder lagen die Voraussetzungen einer Druckkündigung vor, noch ein anderer wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung.
Nach Auffassung der Richter darf ein Arbeitgeber einer solchen Forderung der Belegschaft nur dann nachgeben, wenn die Kündigung das einzige Mittel ist, um drohende Streiks, Massenkündigungen oder erhebliche wirtschaftliche Schäden abzuwenden. Zuvor müsse der Arbeitgeber jedoch seiner arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht nachkommen und alles Zumutbare unternehmen, um den Konflikt anders zu lösen – etwa durch Gespräche, Mediation oder organisatorische Maßnahmen.
Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber lediglich erklärt, es sei „nicht so leicht, wegen Verfehlungen arbeitsrechtlich gegen ihn vorzugehen“. Für das Gericht war das kein ausreichender Versuch, die Situation zu entschärfen.
Das begonnene Mediationsverfahren hätte fortgeführt werden müssen. Auch ein konkretes Fehlverhalten des Arbeitnehmers, das eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen könnte, lag nicht vor. Zudem fehlte es an einer Abmahnung.
Einen Auflösungsantrag – also die gerichtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung – konnte der Arbeitgeber ebenfalls nicht stellen. Ein solcher Antrag ist nur möglich, wenn eine ordentliche Kündigung unwirksam war. Hier lag jedoch eine außerordentliche Kündigung vor, weil eine ordentliche Kündigung tariflich ausgeschlossen war. Die Ausgestaltung mit sozialer Auslauffrist änderte daran nichts.
LAG Niedersachsen Urteil vom 13. Mai 2025 Az. 10 SLa 687/24
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Kristina Hirsemann
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Unternehmen und Standort
Themen: AGBs, Lebensmittelrecht, Vertragsrecht