Unfall mit einem Firmenfahrzeug: Wann haften die Beschäftigten?
Arbeitnehmer*innen, die mit einem Firmenfahrzeug einen Unfall verursachen, können nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass ihr Arbeitgeber für den Schaden aufkommt, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen.
22 Juli 2024
Ein Mitarbeiter erhielt im Laufe seines Arbeitsverhältnisses ein Firmenfahrzeug über einen Leasingvertrag. Für dieses Fahrzeug bestand eine Vollkaskoversicherung. Auf dem Betriebsgelände des Arbeitgebers kam es zu einem Unfall, als der Arbeitnehmer beim Zurücksetzen gegen einen PKW fuhr, der dem Geschäftsführer des Unternehmens gehörte und zum Unfallzeitpunkt abgemeldet war. Der entstandene Schaden am PKW des Geschäftsführers belief sich auf knapp 2.315 Euro. Der Schaden am Fahrzeug des Mitarbeiters war durch Versicherungen gedeckt.
Das LAG Niedersachsen musste entscheiden, ob der Arbeitnehmer für den Schaden am PKW des Geschäftsführers haftbar sei. Es entschied, dass der Arbeitnehmer nur anteilig haften muss, konkret in Höhe von 1.543 Euro. Dies begründete das Gericht damit, dass die Grundsätze der sogenannten privilegierten Arbeitnehmerhaftung, wie sie vom Bundesarbeitsgericht (BAG) aufgestellt wurden, auch hier Anwendung finden.
Diese Haftungsregelung besagt, dass Arbeitnehmer*innen bei leichtester Fahrlässigkeit gar nicht, bei normaler Fahrlässigkeit anteilig und bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz im vollen Umfang haften. Leichte Fahrlässigkeit liegt typischerweise bei einem „sich vertun“ oder „sich vergreifen“ vor. Mittlere Fahrlässigkeit besteht, wenn die nötige Sorgfalt im Verkehr nicht beachtet wurde und der Schaden vorhersehbar und vermeidbar war. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt wurde.
Die beschränkte Haftung der Arbeitnehmer*innen setzt voraus, dass ihre Handlungen betrieblich veranlasst waren. Betrieblich veranlasst sind Tätigkeiten, die entweder arbeitsvertraglich vereinbart sind oder im Interesse ihrer Arbeitgeber*innen zum Betrieb gehören und mit seiner betrieblichen Wirkungsweise eng verbunden sind. Diese Voraussetzungen sah das LAG als erfüllt an.
Das Gericht bewertete im konkreten Fall das Verhalten des Arbeitnehmers als „mittlere Fahrlässigkeit im oberen Bereich“ und legte die Haftungsquote auf 2/3 des Schadens fest. Während des Rückwärtsfahrens sei es erforderlich, durch die Nutzung der Innen- und Außenspiegel sowie durch Schulterblicke sicherzustellen, dass die Fahrstrecke frei von Hindernissen ist. Gegebenenfalls müsse sich der Fahrer oder die Fahrerin auch durch eine dritte Person einweisen lassen, so das LAG.
Die Beweislast liegt grundsätzlich beim Arbeitgeber.
Quelle: LAG Niedersachsen, Urteil v. 10.04.2024, AZ: 2 Sa 642/23)
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Kristina Hirsemann
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Unternehmen und Standort
Themen: AGBs, Lebensmittelrecht, Vertragsrecht