Green Claims: DIHK nimmt Stellung zu geplanter EU-Richtlinie gegen Greenwashing

Die EU-Kommission hatte im März 2023 den Entwurf für eine Richtlinie zu Green Claims vorgelegt. Damit will die EU-Kommission gemeinsame Kriterien gegen Greenwashing und irreführende Umweltaussagen einführen. Die DIHK hat in einer aktuellen Stellungnahme (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 145 KB) Kritik an der Richtlinie geübt. Es drohten eine Überregulierung, hohe Risiken und Kosten für die Unternehmen sowie neue bürokratische Strukturen. Die Richtlinie wird erstmals im März 2024 im Plenum des EU-Parlaments und nach der Europa-Wahl im Juni vom neuen Parlament weiterverhandelt.
Die Richtlinie ergänzt die Vorschläge der Kommission zu den Änderungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken aus dem letzten Jahr.

Stellungnahme der DIHK

Aus Sicht der Deutschen Industrie- und Handelskammer ist es richtig, dass Werbung mit Umweltaussagen, also mit Green Claims, der Wahrheit entsprechen muss und dass diesbezüglich Transparenz wichtig ist. Greenwashing durch irreführende Umweltaussagen in der Werbung darf nicht sein.
Der Entwurf der Green Claims-Richtlinie sei aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft dennoch eher schädlich als nützlich. Durch die geplante Green Claims-Richtlinie drohten eine Überregulierung, hohe Risiken und Kosten für die Unternehmen sowie neue bürokratische Strukturen.
Green Claims werden nach Einschätzung der DIHK denjenigen Unternehmen vorbehalten sein, die sich Assessment- und Verify-Verfahren leisten können. Eine Zertifizierung stellt insbesondere für KMUs ein Problem dar und wird sie gegebenenfalls auch benachteiligen, da sich nur große Unternehmen den Zeit- und Arbeitsaufwand sowie die hohen Kosten für eine Zertifizierung leisten können. So rechnet die EU-Kommission selbst mit Kosten in Höhe von über 50.000 EUR für die Zertifizierung eines einzelnen Green Claims. Der Kommissionsvorschlag stellt aus Sicht der DIHK einen erheblichen Eingriff in die Wettbewerbsfähigkeit von KMU dar. Dass es einzelne Ausnahmen für Mikro-Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten geben soll, helfe nur sehr beschränkt.
Die geplanten Sanktionsmaßnahmen seien einzeln, aber vor allem in ihrer kumulierten Wirkung, unverhältnismäßig. Die sehr hohen Bußgelder von bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes machten umweltbezogene Werbung zu einem unwägbaren Risiko. Hinzu komme die Einziehung von Einnahmen, die der Gewerbetreibende mit den betreffenden Produkten erzielt hat. Zudem seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, als Sanktion zusätzlich auch noch einen bis zu 12 Monaten dauernden Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung vorzusehen. Statt Nachhaltigkeit zu fördern, drohe damit letztlich ein Rückschlag, weil Unternehmen nicht mehr in ökonomisch sinnvoller Weise werblich über ihr Engagement für die Umwelt kommunizieren können.
Schon jetzt seien irreführende Werbung und Werbung mit Selbstverständlichkeiten verboten, weshalb die geplanten Regelungen zu weitreichend erscheinen.

Zentrale Anforderungen

Laut dem Kommissionsvorschlag sollen Gewerbetreibende künftig gegenüber privaten Verbrauchern bei allen freiwilligen Werbeaussagen über umweltbezogene Auswirkungen, Aspekte oder Leistungen von Produkten, Dienstleistungen und des Gewerbetreibenden Mindeststandards einhalten. Bevor Unternehmen eine Umweltaussage in ihre Verbraucherinformationen aufnehmen, müsste diese Aussage anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse belegt werden. Dafür sollen die tatsächlich für das Produkt im Lebenszyklus relevanten Umweltauswirkungen und etwaige Zielkonflikte mit anderen Umweltmedien und -themen analysiert werden. Die Umweltaussagen müssen zudem von einer akkreditierten unabhängigen Prüfstelle zertifiziert worden sein. Ausnahmen gelten nur für Kleinstunternehmen (unter 10 Mitarbeitenden und 2 Mio. Euro Umsatz oder Bilanzsumme).
Ausgenommen von den Informationsanforderungen sind darüber hinaus Umweltaussagen, die unter bestehende EU-Vorschriften fallen, wie das EU-Umweltzeichen oder das EU-Bio-Logo für ökologische/biologische Lebensmittel, da durch die geltenden Rechtsvorschriften bereits gewährleistet wird, dass diese regulierten Aussagen zuverlässig sind.
Der Vorschlag sieht auch eine Regelung für Umweltzeichen vor. Derzeit gibt es laut Kommissionsangaben mindestens 230 verschiedene Umweltlabel. Künftig sollen neue öffentliche Kennzeichnungssysteme nur dann zulässig sein, wenn sie auf EU-Ebene entwickelt werden. Neue private Systeme müssten vorab genehmigt werden und nachweisen, dass ihre Umweltziele ehrgeiziger sind als die von bestehenden Systemen. Bestehende Umweltlabel müssten die Anforderungen der Artikel 3 bis 6 und 10 erfüllen.

Begleitende Verbraucherinformationen

Der Gewerbetreibende soll dem Verbraucher in physischer Form oder in Form eines Weblinks, QR-Codes oder Ähnlichem folgende Informationen zur Umweltaussage inkl. Begründung und Deklaration zur Verfügung stellen:
  • von der Deklaration erfasste Umweltaspekte, Umweltauswirkungen oder Umweltleistungen;
  • gegebenenfalls einschlägige Unionsnormen oder internationale Normen;
  • zugrunde liegende Studien oder Berechnungen, die zur Bewertung, Messung und Überwachung der Umweltauswirkungen, Umweltaspekte oder Umweltleistungen verwendet wurden, sowie Ergebnisse widersprechender Studien oder Berechnungen und Erläuterungen;
  • kurze Erläuterung, wie die Umweltverbesserungen erzielt werden;
  • Konformitätsbescheinigung gemäß Artikel 10 zur Begründung des Anspruchs und die Kontaktinformationen der Prüfstelle;
  • für klimabezogene explizite Umweltaussagen, die auf dem Ausgleich von Treibhausgasemissionen beruhen, Informationen darüber, welche Rolle der Ausgleich selbst sowie Emissionsminderungen oder -beseitigungen dabei spielen;
  • eine Zusammenfassung der Bewertung einschließlich der in diesem Absatz aufgeführten Elemente, die für die Verbraucher, auf die sich die Angabe bezieht, klar und verständlich ist und die in mindestens einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats vorgelegt wird, in dem die Angabe gemacht wird.

Unterstützung von KMU

Die Mitgliedstaaten sollen geeignete Maßnahmen ergreifen, um kleine und mittlere Unternehmen bei der Anwendung der Anforderungen dieser Richtlinie zu unterstützen, z.B. durch
  • finanzielle Unterstützung;
  • Zugang zu Finanzmitteln;
  • spezialisierte Management- und Mitarbeiterschulung oder
  • organisatorische und technische Unterstützung.
(Quelle DIHK)