CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM): Berichtspflicht für Import bestimmter Waren

Die Europäische Union (EU) hat das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden. Ein Baustein, um dieses Ziel zu erreichen, ist der sogenannte CO2-Grenzausgleichsmechanismus (carbon border adjustment mechanism, CBAM). Damit führt die EU einen CO2-Preis für importierte Waren ein. Am 16. Mai 2023 wurde die finale Verordnung (EU) 2023/956 zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Umsetzung erfolgt stufenweise ab Oktober 2023 bis zur vollständigen Anwendung ab 1. Januar 2026. Betroffene Unternehmen müssen bis 31. Januar 2024 für das letzte Quartal 2023 erstmals einen Bericht abgeben.
Im Amtsblatt L 228 vom 15. September 2023 hat die EU-Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2023/1773 veröffentlicht, die die Anforderungen an die Ermittlung von Emissionsdaten und die Berichtsinhalte konkretisiert. Zwei neue Leitlinien liegen bisher nur in englischer Sprache vor.
Wie von der DIHK gefordert plant die EU-Kommission ein IT-Tool, das Unternehmen die CBAM-Umsetzung erleichtern soll. Zusätzlich bietet die EU-Kommission auf der Schulungswebseite Webinare mit einem Fokus auf die unterschiedlichen betroffenen Waren an. Für den Vollzugriff und Anmeldung zu Webinaren ist eine kostenfreie Registrierung erforderlich.
Auf der Schulungswebseite werden auch digitale Schulungsmaterialien veröffentlicht (unter Suche: “cbam”). 
Die eLearnings werden alle gleich aufgebaut sein. In Kapitel 3 finden sich die Informationen zur warenspezifischen Berechnung der Emissionen, in Kapitel 4 zu CBAM-Bericht und -Meldung. Nach der Einführung können Sie auch über die “Course Map” (Kopfleiste, oben mittig-rechts) direkt zu den für Sie interessanten Punkten navigieren. In Punkt 4 finden Sie Screenshots aus dem Meldeportal.

Zielsetzung

Der CBAM soll einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und faire Wettbewerbsbedingungen für EU-Hersteller sicherstellen: Zum einen soll das sogenannte Carbon Leakage verhindert werden. Zum anderen sollen Produzenten außerhalb der EU motiviert werden, ihre Produktionsprozesse klimafreundlicher zu gestalten.
Um diese Ziele zu erreichen, werden Einfuhren dadurch verteuert, dass EU-Importeure CO2-Zertifikate kaufen müssen. Der Preis der Zertifikate orientiert sich am CO2-Preis, den produzierende Unternehmen in der EU im Rahmen des Emissionshandels zahlen.

Betroffene Waren

Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus gilt zunächst nicht für alle Einfuhren, sondern nur für Waren, die in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 aufgeführt sind. Maßgeblich sind die dort genannten Warennummern / Zolltarifnummern / Kombinierte Nomenklatur.
Betroffen sind:
  • Eisen und Stahl – Kapitel 72
    (mit Ausnahme einzelner Waren der Position 7202, nämlich: 7202 2*, 7202 30, 7202 50, 7202 70 bis 7202 9980)
  • Waren aus Eisen und Stahl – Kapitel 73: Erfasst sind die Positionen 7301 bis 7311, 7318, 7326.
    (Ausgenommen: 7312 bis 7317 sowie 7319 bis 7325)
  • Aluminium und Waren daraus – Kapitel 76: erfasst sind 7601, 7603 bis 7614, 7616.
    (Ausgenommen: 7602 und 7615)
  • Eisenerz 2601 1200;  Wasserstoff 2804 1000;
  • Elektrizität 2716
  • Zement: 2507 0080, 2523
  • Ammoniak 2814, Kaliumnitrat 2834 21 00, Düngemittel 3102 und 3105 
Unter CBAM fällt damit auch der Import von Produkten, wie Schrauben und ähnliche Artikel aus Eisen, Stahl oder Aluminium. Die EU-Kommission will bis 2026 prüfen, ob der Anwendungsbereich auf andere Güter, einschließlich organischer Chemikalien und Polymere, ausgeweitet werden soll. Bis 2030 sollen alle Güter einbezogen werden, die unter den EU-Emissionshandel fallen.
Entscheidend dafür, ob eine Ware unter CBAM fällt, ist, ob die beim Import verwendete Warennummer/Zolltarifnummer in Anhang I der CBAM-Verordnung genannt ist. Die betroffenen Waren sind mit ihrer Position oder ihrer KN (Kombinierte Nomenklatur) erfasst. Wenn die Warennummer nicht genannt ist, dann fällt die Ware auch nicht unter CBAM, egal ob darin Eisen, Stahl oder Aluminium enthalten ist.
Von CBAM erfasst sind grundsätzlich nur Anmeldungen von betroffenen Waren mit Ursprung in einem Drittland zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Um Umgehungen zu vermeiden, gilt CBAM zudem auch für Waren oder Verarbeitungserzeugnisse aus diesen Waren im Rahmen des Verfahrens der aktiven Veredelung.
Vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich
  • Kleinsendungen: Waren, die zwar von Anhang I erfasst sind, deren Gesamtwert je Sendung aber 150 EUR nicht übersteigt,
  • Waren, die sich im persönlichen Gepäck von Reisenden befindet und deren Wert 150 EUR nicht übersteigt,
  • Waren mit Ursprung in den EFTA-Staaten (die in Anhang III Nummer 1 aufgeführten Länder und Hoheitsgebiete: Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island). Diese Ausnahme gilt nicht für Waren mit Ursprung in anderen Drittländern, die über die EFTA-Staaten in die EU eingeführt werden. Entscheidend ist der nichtpräferenzielle Ursprung der Ware, nicht das Versendungsland. Es gibt bislang keine weiteren Länder oder Ursprungswaren, die befreit sind.
Eine Ausnahmeregelung für Unternehmen mit wenigen Importen gibt es nicht.
Hinweis: Der Ursprung der eingeführten Waren muss in Zukunft bekannt sein. Er bestimmt sich nach den nichtpräferenziellen Ursprungsregeln des Unionszollkodex.
In einem Übergangszeitraum vom 1. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2025 findet die Verordnung jedoch nur mit beschränkten Verpflichtungen für die Einführer betroffener Waren Anwendung, bevor sie ab 1. Januar 2026 vollständig anzuwenden ist.

Berichtspflicht

Importeure müssen Ihre Einfuhren ab Oktober 2023 dokumentieren und ab 31. Januar 2024 quartalsweise Berichte abgeben. Berichtspflichtig ist der Zollanmelder oder falls der Zollanmelder nicht in der EU ansässig ist, dessen indirekter Vertreter. Folgende Angaben sind laut CBAM-Verordnung und delegierter Verordnung zu machen:
  • Berechnung und Dokumentation der direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind
  • Registrierung im CBAM-Meldeportal
  • Berichtspflichtig ist der Zollanmelder oder falls der Zollanmelder nicht in der EU ansässig ist, dessen indirekter Vertreter.
  • Gesamtmenge jeder Warenart, ausgedrückt in Megawattstunden bei Elektrizität und in Tonnen bei anderen Waren, angegeben für jede Anlage, die die Waren im Ursprungsland herstellt;
  • Art der Waren gemäß ihrem KN-Code
  • Ursprungsland der eingeführten Waren
  • Herstelleranlage
  • verwendete Produktionswege
  • Berechnung und Dokumentation der direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind
    • die tatsächlichen eingebetteten Gesamtemissionen, ausgedrückt in Tonnen CO2(äquivalent)-Emissionen pro Megawattstunde Elektrizität oder für andere Waren in Tonnen CO2(äquivalent)-Emissionen pro Tonne jeder Warenart, berechnet nach der in Anhang IV beschriebenen Methode;
    • Alternative: Verwendung von Standardwerten, bereitgestellt von der EU-Kommission
    • die gesamten indirekten Emissionen, (alternativ Verwendung von Standardwerten)
    • den CO2-Preis, der in einem Ursprungsland für die in den eingeführten Gütern enthaltenen Emissionen zu zahlen ist, unter Berücksichtigung einschlägiger Rabatte oder sonstiger Formen des Ausgleichs.
Anhang III (Vorschriften für die Bestimmung von Daten einschließlich Emissionen auf Anlagenebene, Herstellungsverfahren zugeordneter Emissionen und mit Waren verbundener grauer Emissionen), A.1 – „Gesamtansatz“ der Durchführungsverordnung (EU) 2023/1773 liefert die Grundlagen für die Berechnung. Hilfreiche Informationen liefert auch die CBAM-Webseite des österreichischen Bundesfinanzamts. Für die Übergangsphase sieht die Durchführungsverordnung Vereinfachungen bei der Berechnung der Treibhausgasemissionen vor:
  • Bis 31. Dezember 2024 kann die THG-Emissionsberechnung unter bestimmten Umständen auch auf einem Emissionsmonitoring-System im Ursprungsland beruhen (Verordnung (EU) 2023/1773, Art. 4 Abs. 2 ).
  • Die Emissionsberechnung bei komplexen Waren – d.h. Waren mit CBAM unterliegenden Vorprodukten – kann zu 20 Prozent zeitlich unbegrenzt auf Schätzwerten der Anlagenbetreiber basieren (Verordnung (EU) 2023/1773, Art. 5).
  • Bis zum 31. Juli 2024 können zudem für die THG-Berechnung im Rahmen der CBAM-Berichte auch Standardwerte angewendet werden. Allerdings muss begründet werden, weshalb keine tatsächlichen Daten verwendet werden können. Die Standardwerte (nach KN-Code) zu den direkten und indirekten THG-Emissionen sollen voraussichtlich im Dezember auf der Webseite der Europäischen Kommission veröffentlicht werden.
Die Meldepflichten gelten nicht für die Einfuhr von Veredelungserzeugnissen aus dem Verfahren der passiven Veredelung (Artikel 259 UZK) sowie Rückwaren im Sinne von Artikel 203 UZK. Finanzielle Ausgleichszahlungen müssen in diesem Zeitraum noch nicht entrichtet werden.
Die Europäische Kommission veröffentlichte Ende Oktober 2023 auf ihrer Webseite ein Benutzerhandbuch zum CBAM Transitional Registry für Berichtspflichtige. Es enthält Hinweise zu den einzelnen Funktionen des Transitional Registry. Auch wird die Eingabemaske für die CBAM-Berichte vorgestellt und erklärt wie die CBAM-Berichte auch mittels Excel/XML-Datei hochgeladen werden können. Einen ersten Überblick zum CBAM Tansitional Registry und zur Eingabemaske für die CBAM-Berichte gibt ein von der EU Kommission auf der Internetseite bereitgestelltes E-Learning Modul. Dieses ist derzeit nur für den Zementsektor verfügbar. Der darin erläuterte Aufbau, insbesondere der Eingabemaske, bleibt jedoch auch für andere Sektoren grundsätzlich gleich.

CBAM-Zertifikat

Ab 1. Januar 2026 gilt der CBAM vollständig. Ab diesem Zeitpunkt ist die Einfuhr der betroffenen Waren nur noch mit CBAM-Zertifikaten möglich. Von CBAM betroffen ist das Zollverfahren zur "Überführung zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr". Während des Übergangszeitraums sind unabhängig von anderen Verpflichtungen in der Zollanmeldung keine Angaben nach der vorgenannten Verordnung erforderlich.
Der Preis der CBAM-Zertifikate ist an den EU-Emissionshandel (EHS) gekoppelt, über den die EU bereits CO2-Emissionen von Unternehmen innerhalb der EU bepreist.

Registrierung

Ohne Zulassung als CBAM-Anmelder ist die Einfuhr der betroffenen Waren verboten. Einführer mit Sitz in der EU müssen sich daher als zugelassene CBAM-Anmelder im CBAM-Meldeportal registrieren oder einen “indirekten Zollvertreter” benennen, der ihre Pflichten übernimmt. Die Regelungen zur Beantragung einer "Zulassung als CBAM-Anmelder" gemäß Art. 5 und 17 der Verordnung (EU) 2023/956 gelten erst ab dem 31. Dezember 2024 (Art. 36 Abs. 2 Buchstabe a) Verordnung (EU) 2023/956). Hierzu richtet die Europäische Kommission CBAM-Register ein. Dort erhält jeder Anmelder ein entsprechendes Konto, über das die Abrechnungen erfolgen. CBAM-Anmelder müssen ihre jährliche CBAM-Erklärung bis zum 31. Mai für das Vorjahr abgeben. Der erste Bericht ist somit zum 31. Mai 2027 einzureichen.

Nächste Schritte

Unternehmen sollten sich schon jetzt auf die Einführung des CBAM vorbereiten und dabei folgende Punkte beachten: 
  • Überprüfung des eigenen Produktportfolios, um vom CBAM betroffene Waren zu identifizieren
  • Austausch mit Geschäftspartnern und Lieferanten: Um die Emissionen berechnen zu können, sind umfassende Informationen der Hersteller beziehungsweise Exporteure notwendig
  • Vorbereitung und Erstellung der CBAM-Berichte während der Übergangsphase
  • Registrierung als zugelassener CBAM-Anmelder
Mit Ablauf der Übergangsphase ab 2026 gelten weitergehende Verpflichtungen für Importeure:
  • Beantragung einer CBAM-Anmeldeberechtigung als „zugelassener Anmelder“ am Ort der Niederlassung. Die betroffenen Waren dürfen dann nur noch von „zugelassenen Anmeldern“ in das Zollgebiet der Union eingeführt werden.
  • Berechnung der eingebetteten direkten und indirekten Emissionen der Einfuhrware in die EU.
  • Kauf der entsprechenden Anzahl an CBAM-Zertifikaten bei der zuständigen CBAM-Behörde, die zur Deckung der eingebetteten direkten und voraussichtlich auch indirekten Emissionen erforderlich sind.
  • Abgabe einer jährlichen CBAM-Erklärung bis zum 31.05. jedes Kalenderjahres für die mit dem vorausgehenden Kalenderjahr importierten Güter verbundenen Emissionen.
  • Überprüfung der Angaben der CBAM-Erklärung durch eine akkreditierte Prüfstelle (aktuell noch unklar, wer hierfür zuständig sein wird).
Viele Details zur Umsetzung fehlen noch, so dass Unternehmen die weiteren Entwicklungen genau verfolgen sollten. Die Durchführungsverordnung zeigt, dass die Meldeanforderungen sehr umfassend und die Vorgaben für die Ermittlung der CO2-Emissionen komplex sind. In der Einführungsphase ist eine gewisse Flexibilität bezüglich der Berechnung von Emissionen vorgesehen. Im ersten Jahr der Umsetzung können Unternehmen zwischen drei Wegen wählen:
  • vollständige Berichterstattung nach der neuen Methode (EU-Methode)
  • Berichterstattung auf der Grundlage gleichwertiger nationaler Systeme von Drittländern und
  • Berichterstattung auf der Grundlage von Referenzwerten.
Weitere Informationen haben die Germany Trade & Invest (GTAI) und die Zollverwaltung jeweils auf ihren Homepages veröffentlicht. Das Umweltbundesamt hat ein Fact-Sheet veröffentlicht.

DIHK-Stellungnahme

Die DIHK kritisiert in ihrer Stellungnahme, dass die übereilte und sehr bürokratische Umsetzung für viele deutsche Unternehmen eine erhebliche Belastung darstelle. Zudem fehlten für die konkrete Umsetzung zum 1. Oktober immer noch wichtige Informationen. Angesichts der Rechtsunsicherheit gerade bei den hochkomplexen Berechnungs- und Nachweismethoden seien Nachbesserungen dringend nötig, etwa in Form von zusätzlichen Bagatellgrenzen. Die DIHK fordert von den nationalen Behörder ein "CBAM-Selbsteinschätzungs-Tool", das insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen bei der Administration unterstützen könne.  
(Quellen: GTAI, zoll.de, DIHK, IHK Stuttgart, wko.at, österr. BMF)