Monitoringbericht zur Energiewende vorgelegt: 10 Schlüsselmaßnahmen

Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag ein Monitoring zur Energiewende vereinbart. Mitte September 2025 hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) den Bericht des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) sowie von BET Consulting veröffentlicht. Die Klimaziele werden als Bedingung berücksichtigt.
Der Monitoringbericht analysiert als Meta-Studie die vorhandenen Zukunftsszenarien für die Energiewende. Es weist auf Unsicherheiten u.a. mit Blick auf die Nachfrageentwicklung von Strom und Wasserstoff und Leerstellen in den Zukunftsszenarien für die Energiewende hin. Der Zahlungsfähigkeit von Industrie, Gewerbe und Haushalten sowie dem gesamten Finanzierungsbedarf sei zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Die Forschenden kündigen hierzu Folgeuntersuchungen an.

BMWE: 10 Schlüsselmaßnahmen

Aus Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums benötigt eine erfolgreiche und bezahlbare Energiewende mehr Markt, Technologieoffenheit und Instrumente, die Innovationen fördern und die die gesellschaftliche Akzeptanz erhöhen. Alle Optionen für Flexibilität würden benötigt. Digitalisierung sei zwingend und europäische Kooperation dringend geboten. Die Energiepolitik müsse pragmatisch und flexibel ausgerichtet werden. Fehlinvestitionen und Überregulierung seien zu vermeiden.
Für die Umsetzung empfiehlt das BMWE zehn Maßnahmen, die das Fundament für mehr Wirtschaftswachstum und Wohlstand, für eine krisenfeste Versorgung und eine dauerhafte internationale Wettbewerbsfähigkeit schafften:

1. Ehrliche Bedarfsermittlung und Planungsrealismus

Systemkosten sind künftig entscheidend. Der Ausbau erfolgt nur nach realistischem Bedarf, um Überkapazitäten zu vermeiden. Offshore und Netze müssen bis 2045 bedarfsgerecht angepasst werden.

2. Erneuerbare Energie markt- und systemdienlich fördern

Das Förderregime wird reformiert: Weg von fixen Einspeisevergütungen und der Vergütung bei negativen Preisen, hin zu CfDs und Clawback-Mechanismen. PPAs reduzieren Investitionsrisiken. Neuanlagen sollen zur Direktvermarktung verpflichtet werden.

3. Netze, erneuerbare Energie und dezentrale Flexibilität synchron ausbauen

Das Ziel von 80 Prozent Erneuerbare Energien bis 2030 bleibt. Steuerungsinstrumente beschleunigen den Anschluss und optimieren den Netzausbau. Speicher puffern Erzeugungsspitzen. Netzampeln, Überbauung, kapazitätsbasierte Netzentgelte und regional differenzierte Baukostenzuschüsse fördern den netzfreundlichen Zubau und Netzeffizienz.

4. Technologieoffenen Kapazitätsmarkt schnell implementieren

Versorgungssicherheit wird durch Ausschreibungen für flexible Kraftwerke gesichert. Der technologieoffene Kapazitätsmarkt startet idealerweise 2027 und bietet Planungssicherheit. Bis Ende 2025 steht der Rahmen für die ersten Ausschreibungen für neue Gaskraftwerke.

5. Flexibilität und Digitalisierung voranbringen

Der Smart Meter-Rollout wird beschleunigt und kostenneutral gestaltet. Verbraucher erhalten marktnahe Preissignale. Lokale und dezentrale Flexibilität wird durch Aggregator-Modelle und regulatorische Änderungen gehoben.

6. Einheitliche und liquide Energiemärkte stärken

Die einheitliche Stromgebotszone bleibt erhalten. Freie Märkte für Strom, Gas, Wasserstoff und CO₂ sichern Standortvorteile. Netzengpassmanagement wird effizienter gestaltet. Das Netzengpassmanagement wird effizienter gestaltet.

7. Förderregime überprüfen, Subventionen senken

Förderungen werden auf volkswirtschaftlichen Nutzen geprüft und reduziert. Der europäische Emissionshandel (ETS) übernimmt eine zentrale Rolle. Unterstützende Maßnahmen sind gezielt auf energieintensive Unternehmen, Forschung und Innovationen ausgerichtet und befristet.

8. Forschung und Innovation fördern

Technischer Fortschritt ist die Basis für das Energiesystem der Zukunft: KI, Geothermie, Fusion, Wasserstoff und CCS/CCU sollen zur Kosteneffizienz beitragen.

9. Wasserstoff-Hochlauf pragmatisch fördern, überkomplexe Vorgaben abbauen

Der Wasserstoff-Hochlauf erfolgt technologieoffen und pragmatisch. Komplexe Vorgaben werden reduziert, Infrastruktur und Nachfrage schrittweise ausgebaut, Low-Carbon-H₂ gleichberechtigt behandelt.

10. Abscheidung und Nutzung/Lagerung von CO₂ (CCS/CCU) etablieren

CCS/CCU sind essenziell für die Dekarbonisierung industrieller Prozesse. Regulierungen werden technologieoffen angepasst, Infrastruktur gefördert, Planungssicherheit geschaffen und Akzeptanz durch Transparenz erhöht.

DIHK: Stärker auf den Markt setzen

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) mahnt, das Gutachten als Startschuss für umfassende Reformen zu begreifen. Kleinere Anpassungen der aktuellen Energiewendepolitik reichen nicht aus. Um Klimaneutralität zu erreichen, ohne Wachstum und Wohlstand einzubüßen, müsse die Energiewende neu gedacht werden: Sie müsse flexibler, kosteneffizienter und internationaler werden. Dazu gehöre aus Sicht der DIHK "eine übergreifende Netzplanung, ein effizienterer Energiemix und ein drastischer Bürokratieabbau". Dies zeige auch die kürzlich veröffentlichte DIHK-Studie “Plan B”.
Das Energiewende-Monitoring zeige, wie hoch die Unsicherheiten über künftige Entwicklungen bei Technologien, dem Strombedarf und der Wasserstoffnachfrage sind. So gehe das Gutachten von einem deutlich geringeren Anstieg des Strombedarfs aus als bislang angenommen. Die DIHK begrüßt, dass das Bundeswirtschaftsministerium stärker auf Kosteneffizienz, einen systemdienlichen Ausbau der erneuerbaren Energie sowie die Potenziale von Wasserstoff und CCS setzen wolle.
Das Gutachten zeige Handlungsbedarf bei der Versorgungssicherheit im Strombereich. Dafür brauche man auch neue Gaskraftwerke. Allerdings sollte die Bundesregierung nicht auf staatliche Detailsteuerung und hohe staatliche Zahlungen an Gaskraftwerke über einen Kapazitätsmarkt setzen. Das würde zu erheblichen Kosten für die Wirtschaft führen, die schon heute unter hohen Strompreisen leide. Sinnvoller sei es, Stromversorger dazu zu verpflichten, ihre Lieferungen abzusichern – also nachzuweisen, dass sie jederzeit die zugesagten Strommengen liefern könnten. Dann entscheide der Markt, mit welchen Technologien die Versorgung gesichert werde.
(Quelle BMWE)