Expertenrat und DIHK: Kritik am Klimaschutzprogramm des Bundes
Der Expertenrat für Klimafragen und der DIHK äußern in ihren Stellungnahmen Kritik am Klimaschutzprogramm des Bundes. Die Bundesregierung hatte das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vorgelegte Klimaschutzprogramm Ende Juni verabschiedet. Viele der im Klimaschutzprogramm vereinbarten Maßnahmen in den einzelnen Sektoren sind bereits ergriffen worden oder stehen kurz vor der Umsetzung. Das Programm ermöglicht aber auch einen Blick in künftige Maßnahmen.
Expertenrat rügt Klimaschutzprogramm
Der von der Bundesregierung benannte Expertenrat für Klimafragen hat im August in seiner Stellungnahme das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung kritisch bewertet.
Mit dem Klimaschutzprogramm 2023 habe die Bundesregierung zwar ein umfangreiches Programm von rund 130 Maßnahmen vorgeschlagen. Auch wenn mit der konsequenten Umsetzung des Programms die Lücke zur Erreichung der Ziele nach Bundes-Klimaschutzgesetz reduziert werden könne, verbleibe eine substanzielle Zielerreichungslücke von deutlich mehr als 200 Mt CO2-Äq. kumuliert bis 2030. Das vorgelegte Klimaschutzprogramm 2023 erfülle daher nicht die Anforderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes an ein Klimaschutzprogramm.
Für die Überprüfung der tatsächlichen Realisierung der anvisierten Minderungsmengen wäre ein systematisches Monitoring wichtig. Es fehle zudem ein genauer Zeitplan für die Umsetzung von relevanten sektorenübergreifenden Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2023.
Für die Schließung der Zielerreichungslücke sei ein zusammenhängendes, in sich schlüssiges und konsistentes Gesamtkonzept erforderlich. Dafür brauche es einen übergreifenden Maßnahmenrahmen, der alle Handlungsfelder gleichermaßen und konsequent adressiert. Ein solches Gesamtkonzept sollte die genannten Herausforderungen offen und transparent ansprechen und eventuelle Zielkonflikte gegeneinander abwägen.
DIHK fordert weitere Maßnahmen
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat im August eine erste Einschätzung (PDF-Datei · 115 KB) abgegeben. Eine dezidierte Stellungnahme sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, da die geplanten Maßnahmen noch unkonkret seien und ihre Umsetzung unbestimmt sei.
Stattdessen schlägt die DIHK vor, das Klimaschutzprogramm in drei Themenfeldern durch zusätzliche Maßnahmen zu ergänzen:
Energieverfügbarkeit
- Abschaltung von Kraftwerken nur bei Alternativen
- Begrenzung der Netzentgelte
- Förderprogramm für Erweiterungen des Stromnetzanschlusses
- H2-Kernnetz
- Bilanzieller H2-Handel
- CO2-Abscheidung und CO2-Infrastruktur
- Geothermiebohrungen und Wärmenetze
- Biomasse
Energiekosten
- Einführung der StromPartnerschaft, virtuelle Power Purchase Agreements (PPAs)
- Umlagen in Bundeshaushalt übernehmen
- Stromsteuer auf ein Minimum absenken
- Erhalt der einheitlichen Strompreiszone
Bürokratie und Ressourcenverfügbarkeit
- Entschlackung und Digitalisierung von Nachweis-, Planungs- und Genehmigungsverfahren
- Stärkung des Marktes für Energiedienstleister
- Innovationen erleichtern, Förderprogramme bürokratiearm umsetzen
- Ressourcenverfügbarkeit fördern
Klimaschutzprogramm: Maßnahmenüberblick
Zu den bereits beschlossenen Maßnahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien zählen das Energiesofortmaßnahmenpaket aus EEG-Novelle, Wind-an-Land-Gesetz, Windenergie-auf-See-Gesetz, EnWG-Novelle und Bundesnaturschutzgesetznovelle. Die für die Wärmewende zentrale Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes steht trotz viele Probleme kurz vor der Verabschiedung, die Reform der Bundesförderung für effiziente Gebäude ist auf den Weg gebracht. Klimaschutzverträge und eine Carbon-Management-Strategie sollen der Kurs der Industrie Richtung Klimaneutralität unterstützen.
Energiewirtschaft
- Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
- WindSeeG-Novelle
- Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes
- Windenergieflächenbedarfsgesetz und Änderungen des BauGB, BNatSchG, ROG
- Kohleverstromungsbeendigungsgesetz
- Geothermie-Kampagne
- Fortschreibung des Energieforschungsprogramms
- Gebäude
- Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)
- Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)
- Förderprogramm Bundesförderung Serielle Sanierung
- Initiative öffentliche Gebäude
- Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur
- Zukunft Bau Modellvorhaben für Innovation im Gebäudebereich
- Wärmeplanungsgesetz
- Klimaneutrale Fernwärme
- Bundesförderung für effiziente Wärmenetze
- Wärmepumpenoffensive
- Optimierung bestehender Heizungssysteme (EnSimiMaV)
- EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) und Mindestenergieeffizienzstandards (MEPS)
Industrie
- Förderprogramm Dekarbonisierung in der Industrie (Investitionsförderung)
- Klimaschutzverträge
- Carbon Management-Strategie (CMS)
- Important Project of Common European Interest (IPCEI) Wasserstoff
- EU-Innovationsfonds
- Leitmärkte für klimafreundliche Produkte
- Aufbau von Elektrolyseuren
- Investitionsprämie („Superabschreibung“)
- Technologietransfer-Programm Leichtbau
- Erweiterung der Bundesförderung Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft
- Stärkung der Marktüberwachung im Bereich Ökodesign und Energielabel
- Erweiterung des Ökodesgins, Ecodesign for Sustainable Products Regulation (ESPR)
- Beschleunigter Aufbau digitaler und datenbasierter Ökosysteme für eine klimaneutrale Industrie
- Förderprogramm Industrielle Bioökonomie
- Ausbau IPCEI Batteriezellfertigung
- Förderprogramm Transformationstechnologien
- Absicherungsinstrumente
Verkehr
- Stärkung Investitionshochlauf Schiene
- Stärkung und Digitalisierung des Bestandsnetzes Schiene
- Stärkung Schienengüterverkehr
- Digitalisierungspaket Schiene
- Verbesserungen Bahncard 100
- Stärkung von Terminals des Kombinierten Verkehrs
- Ausbauinitiative Radverkehrsinfrastruktur
- Ausbau- und Qualitätsoffensive ÖPNV
- Förderung alternativer Antriebe bei Schienenfahrzeugen
- Zulassung reiner E-Fuels
- E-Fuels-Dialog und Roadmap klimaneutrale Kraftstoffe
- Neuzulassungen für E-Fuels-Fahrzeuge
- Forschungsförderung und Entwicklungszusammenarbeit E-Fuels
- CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut
- Lkw-Maut ab 3,5 Tonnen
- Aufbau Infrastruktur-Grundnetze für batterieelektrische und Wasserstoff-Lkw
- Förderung von Infrastruktur an Depots, Betriebshöfen, Hubs
- Beschluss einer ambitionierten EU-Verordnung zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR)
- Novelle Flottengrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge (Lkw)
- Erweiterung Lkw-Förderung („Umweltbonus Lkw“)
- Emissionsfreie Busse und öffentliche Fuhrparks
- Förderung Sonderfahrzeuge
- Förderung Effizienzmaßnahmen Trailer
- Stärkung Innovationscluster
- Masterplan Ladeinfrastruktur
- Kurzfristige Maßnahmen zur Verstärkung des Ladesäulenausbaus
- CO2-neutrale Fahrzeuge ab 2026 bei Car-Sharing
- Förderung kommunale und gewerbliche Flotten
- Klare Ausweisung beim Autokauf
- Beschluss einer ambitionierten EU-Verordnung zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR, Teil Pkw und leichte Nutzfahrzeuge)
- Besteuerung nach Klimawirkung
- Erneuerbare Energien und Elektrifizierung Luft- und Seeverkehr
- Digitalisierung
- Raum- und Verkehrsplanung, Mobilitätsmanagement
(Quelle BMWK)