Brennstoffumstellung: Was ist genehmigungsrechtlich zu beachten?

Durch die stark gestiegenen Gaspreise und drohende Versorgungseinstellung häufen sich Fragen von Unternehmen nach einer möglichen Brennstoffumstellung. Der Bundesgesetzgeber hat jetzt weitreichende Ausnahmen für den “Fuel-Switch” beschlossen. Interessierte Unternehmen sollten schnell Kontakt mit ihrer Genehmigungsbehörde aufnehmen. Die Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz hat Vollzugshinweise zum Thema veröffentlicht.
Viele Unternehmen besitzen noch alte Heizöltanks oder Brenner, die sowohl Gas als auch Heizöl oder Diesel (Dual Fuel) verfeuern können. Andere könnten von Gas- auf Kohle- oder Holzfeuerung umstellen oder mobile Analgen einsetzen. Ihnen stellt sich nun die Frage, ob und wie sie ihre bestehende Gasfeuerung umstellen können. Neben den technischen und finanziellen Herausforderungen sind auch eine Reihe rechtlicher Herausforderungen zu berücksichtigen.
Im Oktober 2022 wurden auf Bundesebene – befristet auf zwei Jahre – umfangreiche Erleichterungen für die Brennstoffumstellung oder den Einsatz von Erdgas eingeführt. Dazu zählen beispielsweise die Möglichkeit, eine Anlage schon vor der Genehmigung zu betreiben, Ausnahmen von Abgasgrenzwerten und Erleichterungen beim Einrichten neuer oder bei der Wiederinbetriebnahme alter Heizöl- oder Flüssiggastanks.
Das Wichtigste zuerst: Die rechtlichen Voraussetzungen sind ebenso vielfältig wie die in der Praxis anzutreffenden Fallkonstellationen. Deshalb sollten sich Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen zuerst bei ihrer zuständigen Behörde (meist die Immissionsschutzbehörde) erkundigen, ob und wie eine Umstellung in ihrem Fall möglich ist. Ob Ausnahme, Duldung oder Anzeige: Meist muss für die Umstellung einiges an Unterlagen und Prüfungen vorbereitet werden.

Wie ersetzen Unternehmen derzeit Erdgas?

Je nach Technologie, Verfügbarkeit oder Preis setzen Unternehmen derzeit sehr unterschiedliche Mittel zum Ersatz von Erdgas ein. Hier eine Auswahl von Fällen, die auch kombiniert werden können:
  • Der ursprüngliche Erdgasbrenner wird durch einen Heizölbrenner ersetzt.
  • Der vorhandene Erdgasbrenner kann auf Heizöl oder Flüssiggas (Propan) umgestellt werden.
  • Stillgelegte Heizöltanks oder komplette Feuerungsanlagen (beispielsweise auch für Kohle) lassen sich reaktivieren.
  • Anlagen (meist auf Heizölbasis) für den Notbetrieb können erdgasbetriebene Anlagen längere Zeit ersetzen.
  • Bei der Nachverbrennung von Abgasen ist der Erdgaseinsatz reduzierbar oder durch ein anderes Verfahren ersetzbar.
  • Erdgasbetriebene Anlagen werden durch Anlagen abgelöst, die Biomasse (meist Holz), Reststoffe oder Biogas einsetzen.

Wann benötigt man eine Genehmigung zur Brennstoffumstellung?

Eine Genehmigung der Immissionsschutzbehörde muss bei der Änderung oder Errichtung genehmigungsbedürftiger Anlagen eingeholt werden. Das ist bei folgenden Anlagen der Fall:
Zwei Voraussetzungen müssen bei der Brennstoffumstellung dabei erfüllt sein:
  • Die Anlage erreicht die Leistungsgrenzen der 4. BImSchV. Diese Werte finden sich im Anhang 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (BImSchV) und sind je nach Art der Anlage oder Brennstoff sehr unterschiedlich.
    Bei Feuerungsanlagen zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme liegt die Schwelle beispielsweise
    • für Kohle oder Holz ab 1 Megawatt,
    • für Heizöl EL und Erdgas 20 MW,
    • für Biogas bei 10 MW,
    • für Verbrennungsmotor- oder Gasturbinenanlagen ab 1 MW.
  • Bis 50 MW können die Genehmigungsverfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Alle Einheiten in Feuerungswärmeleistung (thermisch). Für andere Feuerungs- oder Industrieanlagen, die Erdgas einsetzen, gelten gesonderte Schwellenwerte.
  • Eine Genehmigungspflicht kann auch bei der Lagerung von Brennstoffen eintreten. Für Flüssiggas ist das beispielsweise schon ab drei Tonnen der Fall.
Die Genehmigungspflicht gilt nur für Anlagen, die länger als zwölf Monate an demselben Ort betrieben werden. Mobile Anlagen oder solche, die nur übergangsweise genutzt werden sollen, benötigen deshalb in vielen Fällen keine Genehmigung.
Auch die wesentliche Änderung einer Anlage kann genehmigungsbedürftig sein. Fällt eine Brennstoffumstellung allerdings unter eine der neuen Ausnahmemöglichkeiten, ist die in der Regel nicht notwendig.
Der Kreis Lippe und die IHK Lippe haben gemeinsam ein Merkblatt zur Brennstoffumstellung veröffentlicht.

Was ist zu tun, wenn die Brennstoffumstellung nicht genehmigt werden muss?

Für das Errichten einer neuen Feuerungsanlage unterhalb der Leistungsschwelle der 4. BImSchV kann ein Baugenehmigungsverfahren notwendig werden. Das kann auch für das Errichten eines Gebäudes für einen Heizöltank gelten. Je nach Bauordnung des Bundeslandes werden diese Anlagen bis zu einer bestimmten Größe (Heizöl z.B. bis zehn m³) jedoch freigestellt. Dann reicht meist eine Anzeige. Unternehmen sollten sich zu den notwendigen Schritten beim zuständigen Bauamt oder bei einem Schornsteinfeger erkundigen.
Wenn keine Genehmigung für den Einsatz eines anderen Brennstoffes in einer bestehenden Anlage notwendig ist, muss sie für Anlagen von 1 bis 50 MW dennoch angezeigt werden (44. BImSchV, § 6). Bei vielen Öl- oder Gasfeuerungsanlagen ab 4 Kilowatt ist die Einhaltung der geltenden Grenzwerte zudem von einer Schornsteinfegerin oder einem Schornsteinfeger durch Messungen festzustellen.
Neben den immissionsschutzrechtlichen Vorschriften sind bei Heizöltanks auch wasserrechtliche Pflichten zu beachten: Die meisten Heizöltanks (außerhalb von Schutzgebieten bspw. ab 1 m³) müssen vor Inbetriebnahme von einem Sachverständigen geprüft werden. Das Errichten oder die Änderung muss sechs Wochen zuvor angezeigt werden.
Flüssiggastanks müssen zudem vor Inbetriebnahme auf ihre Betriebssicherheit geprüft werden. Je nach Anlage sind dazu sogenannte befähigte Personen, TRF-Sachverständige oder zugelassene Überwachungsstellen zu beauftragen.
Für beide Anlagen gelten im Fall des Brennstoffwechsels Ausnahmen.
Zusätzlich müssen Vorgaben an die Standsicherheit, Brandschutz, Betriebssicherheit oder den Arbeitsschutz eingehalten werden.

Welche Ausnahmemöglichkeiten wurden zugelassen

Für den Fall einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage wurden mehrere immissionsschutzrechtliche Verfahrenserleichterungen und Ausnahmen eingeführt. Die Gasmangellage liegt laut Begründung bereits bei Ausrufung der Alarmstufe vor – dies erfolgte bereits im Juni 2022. Ausnahmeregeln können bei einem daraus begründeten Brennstoffwechsel genutzt werden, aber auch, wenn Betriebsmittel für Abgaseinrichtungen fehlen oder andere Notwendigkeiten vorliegen. Die Regelungen werden auf zwei Jahre befristet eingeführt. Unternehmen, denen die Behörde in der Vergangenheit aufgrund gesetzlicher Regelungen keine Ausnahme gewährt haben, sollten sich deshalb erneut an die zuständigen Stellen wenden.
Folgende Ausnahmen und Erleichterungen können in Anspruch genommen werden:
  • Vorzeitiger Baubeginn (§31e BImSchG): Über die bestehenden Möglichkeiten nach § 8a BImSchG hinaus können Behörden den vorzeitigen Beginn der Vorhaben zulassen, auch wenn die Antragsunterlagen noch nicht vollständig sind. besonders ist, dass die Anlagen schon vor der Genehmigungsentscheidung in Betrieb genommen werden können. Dies ist zudem vor einer Öffentlichkeitsbeteiligung zulässig.
  • Öffentlichkeitsbeteiligung (§31f und §31h BImSchG): Die Fristen zur Auslegung von Unterlagen und für Einwendungen werden auf eine Woche (statt vier) verkürzt. Auf die Erörterung der Einwendungen soll die Behörde verzichten. Die Schwelle zur Pflicht eines förmlichen Genehmigungsverfahrens (mit Öffentlichkeitsbeteiligung) für Flüssiggastanks wird auf 200 Tonnen angehoben.
  • Formloser Antrag für Ausnahmen (§31g BImSchG): Es werden kein Anzeige- oder Änderungsgenehmigungsverfahren (§15 oder §16 BImSchG) notwendig. Ausnahmen sollen (können nicht nur) bei Vorliegen der Voraussetzungen aufgrund eines formlosen Antrags erteilt werden.
  • Ausnahmen von TA Luft und TA Lärm (§31i und §31j BImSchG): Neben den Ausnahmen von den Emissionsgrenzwerten der 13. BImSchV (Großfeuerungsanlagen) und der 44. BImSchV (mittelgroße Feuerungsanlagen) sind nun auch Ausnahmen von der TA Luft und TA Lärm zulässig. Bei der TA Luft sollen Ausnahmen von den Immissionsrichtwerten nach Nr. 7.1 (Ausnahme in Notsituation) zugelassen werden.
  • Mit der Änderung des Energiesicherheitsgesetzes wurde einer Ausnahme von der Erlaubnispflicht überwachungsbedürftiger Anlagen nach Betriebssicherheitsverordnung zugestimmt (z.B. größere Flüssiggastanks- oder -tankstellen). Diese Erlaubnis kann nun innerhalb von drei Monaten nach Inbetriebnahme nachgeholt werden.
  • Vor allem für Heizöltanks wurden eine Reihe von Erleichterungen in der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen beschlossen:
    • Die Pflicht zur Anzeige sechs Wochen vor Errichten oder einer wesentlichen Änderung (§ 2 BG-V) nach § 40 Absatz 1 AwSV entfällt. Jedoch müssen Sachverständigenprüfungen vor Inbetriebnahme durchgeführt werden
    • Eignungsfeststellungen (§ 3BG-V) können nach § 63 Absatz 1 AwSV entfallen, wenn Anlagenteile doppelwandig ausgeführt sind und über eine Leckanzeigesystem verfügen oder einwandig und in Rückhalteeinrichtungen errichtet werden.
    • Wesentliche Änderungen (§ 4 BG-V) sind mit Sachverständigengutachten und keinen oder nur geringfügigen Mängeln möglich. Die Beseitigung wesentlicher Mängel muss vorher bestätigt worden sein.
    • Für bereits stillgelegte Anlagen (alte Heizöltanks) (§ 5 BG-V) soll eine Eignungsfeststellung mit den ursprünglichen Unterlagen einschließlich der ursprünglichen Genehmigung dieser Lageranlage durchgeführt werden können. Die Eignungsfeststellung kann entfallen, wenn ein Sachverständigengutachten zu treffende Maßnahmen festlegt und ihre Durchführung bescheinigt.
    • Abfüllflächen (§ 6 BG-V) können abweichend von der AwSV auf Flächen in Asphalt- oder Betonbauweise betrieben werden. Allerdings muss dies auf hydrogeologisch günstigen Standorten und mindestens 10 Meter von Oberflächengewässern entfernt erfolgen. Außerdem müssen organisatorische Maßnahmen “in Abstimmung mit Sachverständigen” getroffen werden (Verschließen von Kanaleinläufen, Bereitstellen von Bindemitteln, Auffangbehältern und durchgehende Überwachung). An die Tankfahrzeuge werden besondere Anforderungen gestellt (§ 7 BG-V). Diese Anlagen dürfen zudem nur für maximal 12 Monate oder länger nur mit Genehmigung der Behörde betrieben werden.
    • Wiederkehrende Prüfpflichten (§ 8 BG-V) können um bis zu 12 Monate verschoben werden.
(Quelle DIHK)