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Außenhandel zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Ostbayern ist eine Exportregion. Knapp die Hälfte des Gesamtumsatzes verdienen die Unternehmen im IHK-Bezirk Oberpfalz / Kelheim mit Auslandsgeschäften. „Die Weltwirtschaft leidet unter handelspolitischen Spannungen. Konflikte zwischen Sicherheitspolitik und wirtschaftlichen Zielen nehmen den Unternehmen Planungssicherheit“, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim Dr. Jürgen Helmes bei einer Diskussion der IHK-Vollversammlung mit MdB Ulrich Lechte am Mittwochabend in Regensburg. Lechte ist Sprecher für Außenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion und Obmann des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag.

China bleibt wichtiger Partner

Mit ihrer neuen China-Strategie möchte die Bundesregierung die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Reich der Mitte reduzieren. Wunsch und Wirklichkeit klaffen dabei auseinander, denn China bleibt der wichtigste Handelspartner für deutsche Unternehmen. In einer PwC-Umfrage bekräftigten 94 Prozent der befragten Unternehmen, ihr Engagement auf dem chinesischen Markt fortführen. 88 Prozent sehen in China weiterhin einen unerlässlichen Rohstofflieferanten und Handelspartner.
„China ist ein riesiger Markt, der gut funktioniert“, sagte Unternehmer Thomas Hanauer von der emz - Hanauer GmbH & Co KGaA in Nabburg. Er hatte erst vor kurzem sein Werk in China nach mehrjähriger Pause besucht und zeigte sich beeindruckt vom Wachstum vor Ort. Aufgefallen ist ihm jedoch auch, dass die Wirtschaft vor Ort immer mehr chinesisch wird. „Im Zusammenhang mit China müssen wir unsere eigenen Investitionen und unsere Lieferketten unabhängiger aufstellen. Gleichzeitig werden wir weiterhin wichtige Schlüsselrohstoffe dort beziehen“, schätzte Hanauer. MdB Lechte warnte die ostbayerischen Unternehmerinnen und Unternehmer gleichzeitig davor, alles auf die China-Karte zu setzen, weil sich in der Weltpolitik heute schnell die Realitäten ändern könnten.

Freien Handel stärken

Der Wirtschaft bereitet es Sorge, dass EU-Freihandelsabkommen wie CETA mit Kanada nicht vorankommen, oder wie TTIP mit den USA in weiter Ferne liegen. „Mit wem sonst sollen wir denn noch erfolgreich Handelsabkommen schließen können als mit uns nahestehenden Staaten wie Kanada oder USA?“, stellte IHK-Chef Helmes in den Raum. MdB Lechte stimmte dem zu, zeigte sich angesichts der politischen Lage jedoch skeptisch, dass die EU zeitnah größere Freihandelsabkommen abschließen werde. Die dringend benötigte Ratifizierung des EU-MERCOSUR-Abkommens mit Südamerika etwa verzögere sich weiter wegen großer Akteure wie beispielsweise der Agrarwirtschaft in Frankreich.
Der Landtechnikhersteller HORSCH Maschinen GmbH aus Schwandorf hat auch ohne Freihandelsabkommen den Schritt nach Südamerika gewagt. Bereits seit 2015 betreibt er in Brasilien eine Niederlassung mit Produktionsstätte. Dieses Jahr hat Unternehmer Michael Horsch weiter nach Lateinamerika expandiert und im brasilianischen Curitiba ein neues Werk eröffnet. Dort entstehen 300 Arbeitsplätze. HORSCH investierte bisher etwa 60 Millionen Euro in das Projekt. „Bürokratisch und protektionistisch gesehen ist Brasilien eines der schwierigsten Länder“, so Horsch. Heute ist er glücklich, den steinigen Weg in den brasilianischen Markt genommen zu haben. Denn die Geschäfte dort liefen so gut, dass sie den Wegfall des für ihn einst immens wichtigen Ukraine- und Russlandgeschäfts kompensiert hätten.
(11.12.2023)