Pressemeldung
Starke Netze für die Energiewende
Die Herausforderungen, die Politik, Gesellschaft und Wirtschaft mit Blick auf die Energieversorgung zu meistern haben, sind vielfältig. Wie kann Energie konstant und in ausreichender Qualität sichergestellt werden? Wie bleiben Strom und Wärme angesichts eines härteren Standortwettbewerbs bezahlbar? Darüber diskutierten die Unternehmerinnen und Unternehmer des IHK-Gremiums Regensburg in ihrer jüngsten Sitzung zu Gast bei Landrätin Tanja Schweiger im Landratsamt Regensburg.
Der stellvertretende Gremiumsvorsitzende Christian Kronseder begrüßte dazu Gudrun Alt, Geschäftsführerin der Bayernwerk Netz GmbH, Dr. Robert Greb, Vorstandsvorsitzender der REWAG AG & Co. KG, Béla Szabó, Geschäftsführer der KERL Projekt GmbH, Maximilian Köckritz, stellv. Abteilungsleiter Regionalentwicklung und Wirtschaft beim Landkreis Regensburg und Ludwig Friedl, Geschäftsführer der Energieagentur Regensburg e.V.
Landrätin Tanja Schweiger berichtete über die Herausforderungen, mit denen sich der Landkreis aktuell konfrontiert sieht. Neben den Themen Asyl und Integration machen den Kommunen vor allem die zahlreichen Gesetze und bürokratischen Anforderungen zu schaffen, die oftmals vom Bund über den Freistaat an die Landkreise delegiert werden. Allein für den zusätzlichen Verwaltungsaufwand des Bundesteilehabegesetzes benötige der Bezirk Oberpfalz rund 40 neue Stellen – etwa 4.000 seien es bundesweit. Der Handlungsspielraum des Landkreises werde aufgrund bundesgesetzlicher Ansprüche der Bürger gegen die Kommunen immer geringer, so Schweiger.
Nachhaltige Energiesicherheit
Umso wichtiger sei es, dass trotzdem in Zukunftsthemen wie die Energiewende vor Ort investiert werde. Mit der KERL Projekt GmbH will der Landkreis Bürger und Unternehmen künftig mit sauberer, zuverlässiger und bezahlbarer Energie versorgen. Alle 41 kreisangehörigen Gemeinden sowie die Stadt und der Landkreis Regensburg sind Mitglied der dazugehörigen Genossenschaft. Maximilian Köckritz und Béla Szabó stellten die Projektfortschritte seit der Gründung Ende 2023 vor.
Neben der Grundstücksakquise und der Entwicklung eigener PV- und Windparks hat sich die KERL Projekt GmbH bereits an vier PV-Projekten mit einer Gesamt-Nennleistung von 44 MWp beteiligt. Eines der PV-Projekte wird beispielsweise in Eitlbrunn bei Regenstauf umgesetzt. Der Ausbau Erneuerbarer Energien solle fair und transparent zusammen mit den Kommunen und den Menschen vor Ort gestaltet werden, so Szabó. Ziel sei es, dass schlussendlich nicht Einzelne viel verdienen, sondern möglichst viele Zugang zu bezahlbarem Strom im Landkreis erhalten.
In Systemen denken
Um das Potenzial Erneuerbarer Energien zu entfalten und nachhaltigen Klimaschutz zu erreichen, brauche es vor allem Vernetzung, zeigte sich Ludwig Friedl, Geschäftsführer der Energieagentur Regensburg e.V., sicher. In enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden und Bürgern ermittelt der Verein Potenziale zur Energieeinsparung und zur Steigerung der Energieeffizienz und treibt den Ausbau von regionalen erneuerbaren Energieanlagen voran. 215 Mitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen zählt die Energieagentur aktuell.
In Zeiten der dezentralen Energieversorgung sei es entscheidend, in Systemen zu denken, betonte Friedl. Das Zusammenspiel von Energieversorgung, -verteilung, -speicherung und -nutzung müsse künftig effektiv vernetzt werden, um die Energiewende umzusetzen und CO₂ nachhaltig zu verringern. Auch beim Thema Wasserstoff dürfe die Region nicht abgehängt werden, daher engagiere sich die Energieagentur für den Ausbau der bestehenden Leitungen nach Regensburg.
Intelligente Netze
Um Energiesysteme zu vernetzen, braucht es eine leistungsstarke und intelligente Infrastruktur. Wie hier die regionalen Netzbetreiber ins Spiel kommen, präsentierten Dr. Robert Greb von der REWAG AG & Co. KG und Gudrun Alt von der Bayernwerk Netz GmbH. Die Hauptaufgaben von Bayerns größtem Strom- und Gasnetzbetreiber seien die Bereitstellung der Netz-Infrastruktur sowie die allgemeine Versorgungssicherheit, erläuterte Alt. Um diese angesichts der wachsenden Anforderungen zu gewährleisten, müssten die Netze künftig massiv ausgebaut werden.
Mehr als 500.000 erneuerbare Energieanlagen hat die Bayernwerk Netz GmbH bisher ans Netz angeschlossen. Im Landkreis Regensburg stammen mittlerweile rund 80 Prozent der Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien – knapp 65 Prozent werden aus PV-Anlagen gewonnen. An mehr als der Hälfte der Tage wurde mehr Energie erzeugt als verbraucht. Die bayerischen Regionen seien mittlerweile ein wetterabhängiges Großkraftwerk, betonte Alt. Um eine gleichbleibende Versorgungsqualität sicherzustellen und den Stromnetzverbund von der Nieder- bis zur Höchstspannung nicht zu überlasten, muss durch zwischenzeitliche Regeleingriffe die Menge an Energie, die ins Netz eingespeist wird, zeitweise reduziert werden. Als Lösung, um diese Eingriffe zu minimieren und Energiespitzen netzdienlich zu nutzen, werden Speicher, bidirektionales Laden und dezentrale Energiekreisläufe entscheidend sein. Der Netzausbau bleibe auf Platz eins der Energiewende-Agenda, sagte Alt.
Neue politische Rahmenbedingungen
Dass es ohne Erweiterungen und den Neubau von Umspannwerken nicht gehen wird, um Kapazitäten zu erhöhen und die Systemsicherheit zu gewährleisten, bestätigte auch Dr. Robert Greb. Mehr als 400 Mio. Euro sollen bis 2033 in den Netzausbau rund um Regensburg investiert werden, um künftige Herausforderungen der Energiewende zu meistern. Dafür seien vor allem auch neue politische Rahmenbedingungen erforderlich.
Die zentrale Aufgabe der Politik bestehe darin, für die Breite der Unternehmen eine dauerhaft stabile sowie wettbewerbsfähige Energieversorgung zu sichern, waren sich die Gremiumsmitglieder einig. Der staatlich beeinflusste Strompreisbestandteil müsse auf ein Maß reduziert werden, der die Strompreise im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig hält, beispielweise durch eine Übernahme der Netzentgelte für Unternehmen durch den Klima- und Transformationsfonds. Blieben die Energiepreise auf einem derart hohen Niveau, entziehe man den Unternehmen die Grundlage für ein wettbewerbsfähiges Wirtschaften und schwäche so den gesamten Standort, so der Konsens.
Diskutierten gemeinsam mit den Mitgliedern des IHK-Gremiums Regensburg über die Umsetzung der Energiewende in der Region (v.l.): Gremiumsgeschäftsführer Dr. Martin Kammerer, die Gremiumsvorstände Christian Kronseder und Petra Betz, Dr. Robert Greb von der REWAG AG & Co. KG, Gudrun Alt von der Bayernwerk Netz GmbH, Béla Szabó von der KERL Projekt GmbH, Landrätin Tanja Schweiger, Maximilian Köckritz vom Landkreis Regensburg sowie Ludwig Friedl von der Energieagentur Regensburg e.V.
© Ramona Bayreuther
(29.11.2024)