Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel

In seiner Begrüßung zum Regionalen Wirtschaftsausschuss Peine am 27. September verwies der Vorsitzende, Jan Dietrich Radmacher, im Vorgriff auf den Vortrag von Evelyne Beger von der Agentur für Arbeit Hildesheim auf die angespannte Arbeitsmarktsituation im Bereich Hochbau. Aus der Sicht von Radmacher werde das dazu führen, dass nicht alle Zeitverträge verlängert werden könnten.
Gastgeber des Regionalen Wirtschaftsausschusses war Vollversammlungsmitglied Bernd Weymann mit seinen Wendezeller Stuben. Weymann ist außerdem ehrenamtlicher Vorsitzender des Dehoga Kreisverbandes Braunschweig-Wolfenbüttel sowie stellvertretender Bezirksvorsitzender. In dieser Funktion sprach er sich klar für den Erhalt von sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen in den Gastronomiebetrieben aus. „Viele Betriebe werden mit einer geplanten Anhebung der Mehrwertsteuer von sieben auf 19 Prozent Probleme bekommen, diese Preise an die Kunden weiterzugeben“, befürchtete Weymann und setzte das in den Kontext des zusätzlich bedrohlichen Fachkräftemangels.

Arbeits- und Fachkräfte für Peine – gemeinsam Chancen nutzen

Mit ihrem Vortrag zum Thema „Arbeits- und Fachkräfte für Peine – gemeinsam Chancen nutzen“ hat die Referentin Evelyne Beger vielfältige Lösungen für die Arbeitsmarktsituation aufgezeigt. Beger ist seit sechs Jahren die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hildesheim, welche mit rund 120 Mitarbeitenden in acht Teams für die Landkreise Hildesheim und Peine sowie Alfeld zuständig ist. Zur Routine der Arbeitsagentur gehört der Blick auf die monatlichen Arbeitsmarktdaten, um daraus den Arbeitsmarktbericht zu veröffentlichen, welcher die Aussichten und die Stimmung bei den Arbeitgebern im Raum Peine zurzeit eher dämpft. Die Zahlen aus August 2023 weisen für Niedersachsen, aber auch für Peine, einen leichten Anstieg der Arbeitslosenzahlen aus, der saisonbedingt typisch ist. Positiv zu vermerken ist aber der Anstieg gemeldeter Stellen, sowohl im Landkreis wie auch auf Landesebene. „Allerdings hat sich die Abschwächung der Konjunktur auf der arbeitgebenden Seite mit dem Rückgang der freien Stellen zum Vormonat schon gezeigt“, so Beger. Gleiches gelte für die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Im Gegensatz zu früheren Zeiten wirke sich ein Konjunkturrückgang deutlich geringer aus, da die Unternehmen, bedingt durch den Fachkräftemangel, bestrebt seien, ihre Mitarbeitenden zu halten und nicht augenblicklich freizusetzen. Festzustellen sei, dass die Zahl der Bewerber weiter sinke, wohingegen die Zahl der freien Stellen weiter zunehme. Dies habe auch Auswirkungen auf die Vakanzen der freien Stellen in Peine, die inzwischen im Schnitt auf 170 Tage angestiegen seien.

Auswirkungen des demografischen Wandels

Die demografische Entwicklung, bedingt durch das zunehmende Ausscheiden der Babyboomer aus dem Erwerbsleben, lässt das Erwerbspersonenpotenzial in den nächsten Jahren weiter sinken. Werden keinerlei Maßnahmen ergriffen, wird die Zahl der Erwerbstätigen bis 2035 um sieben Millionen zurückgehen.
Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) braucht Deutschland eine Nettozuwanderung von 400 000 Menschen pro Jahr, um die Zahlen konstant zu halten. „Wir benötigen eine höhere Erwerbsquote und eine höhere Erwerbsbeteiligung bestimmter Personengruppen: Ältere, Frauen, Migranten“, ordnet Beger die Entwicklung ein. Fachkräftemangel sei auch in Peine ein Thema, mit dem die Mitarbeitenden der Arbeitsagentur im Arbeitgeberservice jeden Tag zu tun hätten.
Für die Arbeitgebenden bedeute dies, sich immer wieder zu hinterfragen und in der Mitarbeitergewinnung neue Wege zu gehen, führt Beger fort. Hierzu könnten sie Angebote wie die Arbeitsmarktberatung, Beratung im Betrieb, Beschäftigtenqualifizierung oder die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland nutzen. Ein großer Vorteil beim Arbeitgeberservice sei der feste Ansprechpartner, den jeder Arbeitgeber in Anspruch nehmen könne, um gemeinsam die Möglichkeiten auszuloten. Im Bereich der Beschäftigtenqualifizierung biete das Qualifizierungschancengesetz die Möglichkeit für Arbeitgeber, eine monetäre Förderung für Mitarbeiterqualifizierungen und einen Arbeitsentgeltzuschuss in Anspruch zu nehmen. Allerdings könnten nur Maßnahmen gefördert werden, für die es eine Zertifizierung gebe.
Eine weitere Maßnahme zur Mitarbeitergewinnung sei das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Hierzu gebe es zeitnah attraktive neue Optionen, um die Erwerbsmigration deutlich zu steigern. Auch dazu berät der Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Hildesheim, welcher die Arbeitgebenden im Kreis Peine grundsätzlich in vielen Bereichen mit vielfältigen Angeboten bei der Findung neuer Mitarbeitenden unterstützt.
Ein hochinteressanter Vortrag, der den Mitgliedern des Regionalen Wirtschaftsausschusses Peine viele Aspekte bei der Fachkräftegewinnung aufgezeigt und auch im Anschluss zu Gesprächen und Diskussionen angeregt hat.
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