„Die Haltung ehrbarer Kaufleute ist zeitgemäßer denn je“

Westfälische Kaufmannsgilde empfing Ministerin Mona Neubaur in der IHK zu Dortmund

Der ehrbare Kaufmann, ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten? Nein, ganz sicher nicht. Klare Werte und das Bekenntnis zur gesellschaftlichen Verantwortung sind so aktuell und wichtig wie selten zuvor. Das wurde bei der Festveranstaltung der Westfälischen Kaufmannsgilde am 14. März im Großen Saal der IHK zu Dortmund sehr deutlich. Zur ersten Leuchtturmveranstaltung im Jubiläumsjahr hatte die Gilde, die 1924 gegründet wurde, unter dem Motto „Gilde trifft Politik“ Mona Neubaur, die Wirtschaftsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen und stellvertretende Ministerpräsidentin, als Gastrednerin eingeladen.  
Nach den einleitenden Worten von Gilden-Vorsitzerin Gabriele Kroll und IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann zog Mona Neubaur Parallelen zum Gründungsjahr der Kaufmannsgilde. Damals wie heutzutage habe es eine große gesellschaftliche Verunsicherung und eine hohe Inflation gegeben. Auf diesem Nährboden hätten Extremisten, denen der Anstand und die Werte ehrbarer Kaufleute fremd gewesen seien, vor 100 Jahren leichtes Spiel gehabt. „Mit diesem Blick in die Vergangenheit kann ich Ihnen deshalb versichern: Sie sind so modern, wie man es sich kaum vorstellen kann. Die Haltung der ehrbaren Kauffrauen und Kaufmänner, die mit starker sozialer Verantwortung ehrliche und nachhaltige Geschäfte machen wollen, ist zeitgemäßer denn je“, sagte Neubaur unter dem Beifall der rund 140 Gäste.  
Gleichzeitig warb die NRW-Wirtschaftsministerin für einen konstruktiv-kritischen Dialog von Landesregierung und Unternehmen. Die angestrebte Transformation der Wirtschaft – maßgeblich geprägt von Digitalisierung und Dekarbonisierung (Klimaneutralität) – sei ein „Marathon“ und benötige Zeit. Und ein enges Miteinander. „Die Unternehmen, die Verbände, die IHK und Institutionen wie die Kaufmannsgilde sollen und müssen sich zu Wort melden und ihre Meinungen und Erfahrungen einbringen. Nur so können wir die zahlreichen Aufgaben, die vor uns liegen, bewältigen. Was die Kaufmannsgilde in diesem Jahr feiert, das erfolgreiche Zusammenspiel von Wirtschaft und Gesellschaft, ist von besonderer Bedeutung“, betonte Neubaur, die auch das Thema „Bürokratieabbau“ eingehend beleuchtete. „Es braucht auch in der Wirtschaft einen politischen Rahmen, der für Sicherheiten sorgt. Aber wir müssen die Regeln von unnötiger Bürokratie entrümpeln, die zu viel Energie für andere wichtige Aufgaben verschlingt.“  

Ehrbare Kaufleute geben Einblicke in ihre Überzeugungen 
In der sich anschließenden Podiumsrunde, moderiert von Gilden-Vorsitzerin Gabriele Kroll und dem stellvertretenden Vorsitzer Carsten Jäger, stellten sich vier ehrbare Kaufleute eingehender vor: Heinz-Herbert Dustmann, Katja Kortmann, Uta Alborn und Thomas Grüner.  
IHK-Präsident Dustmann – der die 1953 gegründete Dula-Gruppe in zweiter Generation führt und zu einem der führenden Ladenbauunternehmen in Europa ausgebaut hat, das in über 60 Länder weltweit liefert – erinnerte an die Ursprünge des ehrbaren Kaufmannes im Mittelalter. „Die vermittelten Werte sind immer noch wichtig und gültig, und sind heute in der modernen Version „Corporate Social Responsibility“ integriert. Es geht dabei um ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung, also um wichtige Leitplanken, an denen wir uns als ehrbare Kaufleute unbedingt orientieren sollten.“  
Auch Katja Kortmann sind diese Leitplanken wichtig, gerade in schweren Zeiten. Die junge Direktorin des Dortmunder Hotels Esplanade, das auf eine 125-jährige Tradition zurückblicken kann, hatte nach aufwändigen Sanierungsarbeiten ihr Haus im Februar 2020 gerade neu eröffnet, als die Corona-Pandemie mit allen Einschränkungen über sie hereinbrach. „Aufgeben kam für mich nie in Betracht. Wertschöpfung durch Wertschätzung war mir stets wichtig und deshalb habe ich auch damals die Verantwortung für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wahrgenommen“, betont sie. Der Erfolg gibt ihr Recht.  
Verantwortung übernimmt auch Uta Alborn, die zusammen mit ihrem Ehemann und Geschäftsführer Helmut den auf Schwerlasten spezialisierten Logistikdienstleister August Alborn GmbH führt. Uta Alborn setzt sich seit vielen Jahren leidenschaftlich für das Thema duale Berufsausbildung ein. „Die duale Berufsausbildung ist die Basis für den Erfolg unserer Wirtschaft, leider hat sie in den vergangenen 20 Jahren viel an Wertschätzung verloren. Nur ein Beispiel: Jedes Jahr gehen 60.000 Berufskraftfahrer in den Ruhestand, es kommen nur 30.000 nach. Wer aber soll zukünftig die Waren transportieren? Wir müssen entschieden gegensteuern“, betonte Alborn, die sich zudem ehrenamtlich stark bei der Kinder-Unfallhilfe engagiert.  
Das schöne Gefühl, Werte und Wissen zu erhalten und weiterzugeben, hat auch Thomas Grüner. Als Unternehmer hat er nicht nur die Lack-Manufaktur „Kaddi Lack“ gegründet, sondern 2008 auch das einzigartige „Deutsche Industrielack-Museum“ mit mittlerweile über 6.000 Exponaten im Dortmunder Hafen ins Leben gerufen. „Wir wollen zeigen, wie vielfältig und leistungsstark Lacke sind. Wer weiß denn etwa schon, dass in jedem Smartphone durchschnittlich drei Gramm Lack enthalten sind?“ Das Museum hat schon viele Besucherinnen und Besucher in seinen Bann gezogen und ganz nebenbei auch etwas Werbung für den schönen Ausbildungsberuf des Lacklaboranten gemacht. 
Bei Stehempfang und guten Gesprächen klang der „Gilde trifft Politik“-Abend aus.  
Die Westfälische Kaufmannsgilde plant für das Jubiläumsjahr 2024 zahlreiche weitere Events, darunter auch drei Leuchtturmveranstaltungen zu den Themenfeldern Sport, Wirtschaft und Kultur. Aktuell hat die Kaufmannsgilde rund 180 Mitglieder.  
20. März 2024  
IV – B. – 11.