Stellungnahme von IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann
Was die regionale Wirtschaft von der neuen Bundesregierung erwartet:
Die Ergebnisse der aufgrund des Auseinanderbrechens der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen vorgezogenen Bundestagswahlen liegen seit gestern Abend vor.
Die Union aus CDU/CSU hat die Bundestagswahlen gewonnen, die bisherigen Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben deutlich an Stimmen verloren. Die FDP scheitert sogar an der Fünf-Prozent-Hürde und gehört dem neuen Bundestag nicht mehr an. Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat den Einzug ins Parlament verpasst. Die Linke hingegen ist klar im Bundestag vertreten. Die AfD stellt die zweitstärkste Fraktion nach der Union.
Die Union unter Führung von Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat nun die Aufgabe, eine Regierungsmehrheit zu bilden. Dafür kommt nach aktuellem Stand vor allem die SPD als Koalitionspartner infrage.
Welche Parteien auch immer die neue Bundesregierung stellen – sie müssen sich überaus großen Herausforderungen stellen. Die schwache Inlandsnachfrage und die schlechten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen belasten auch die Wirtschaft in Dortmund, in Hamm und im Kreis Unna zunehmend. Das haben die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet Anfang Februar nochmal schmerzlich bestätigt. Die Unternehmen brauchen daher jetzt eine entschlossene Politik, die endlich für verlässliche Rahmenbedingungen sorgt. Heute, zwei Monate nach Weihnachten, ist eine Regierungsbildung bis Ostern für uns nicht ein frommer Wunsch, sondern schlicht eine notwendige Forderung.
Deutschland befindet sich in einer historisch schlechten Situation. Nach zwei Jahren mit schrumpfendem Bruttoinlandsprodukt drohen auch für 2025 Stagnation oder sogar Rezession. Wachstum ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Hohe Energiekosten, erdrückende Bürokratie, hohe Steuerlasten, schleppende Genehmigungsverfahren und der zunehmende Fachkräftemangel belasten unsere Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig hat in den letzten Jahren ein erheblicher Vertrauensverlust der Unternehmen in die Politik stattgefunden. Häufig waren die durch die Politik geschaffenen Rahmenbedingungen zu unsicher, unberechenbar und wenig motivierend.
Der Trend zu Abwanderungen und Produktionsverlagerungen insbesondere in der Industrie könnte sich daher verfestigen. Das wäre dramatisch für unseren Standort und unseren Wohlstand. Die neue Bundesregierung muss deshalb schnell klare Prioritäten setzen – und handeln. Die Unternehmen brauchen eine entschlossene Politik, die endlich für verlässliche Rahmenbedingungen sorgt, die unseren Unternehmen ermöglicht, ihr Potenzial zu entfalten und im Wettbewerb erfolgreich zu sein. Dann entstehen auch wieder Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand.
Was die Politik nach der Wahl anpacken muss, dazu hat unsere Dachorganisation, die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), anhand von fünf Punkten erläutert, was auch für unsere IHK-Region Gültigkeit haben muss:
1. TEMPO – DEUTSCHLAND MUSS SCHNELLER WERDEN!
Deutschland hat einen großen Nachholbedarf bei Investitionen in seine Infrastruktur. Private Investitionen und wirtschaftliche Aktivitäten werden dadurch zunehmend behindert. Hinzu kommen schleppende Planungs- und Genehmigungsverfahren und eine zu langsame Digitalisierung, die zu erheblichen Verzögerungen bei wichtigen Projekten führen.
2. WIRTSCHAFT BRAUCHT ENERGIE – BEZAHLBAR UND SICHER
Die hohen Energiekosten belasten die deutsche Wirtschaft massiv, insbesondere im Vergleich zu Wettbewerbern wie den USA und China. Eine sichere und bezahlbare Energieversorgung ist entscheidend für deren Planbarkeit und den Erfolg von Unternehmen.
3. WENIGER BÜROKRATIE, MEHR FREIRAUM
Bürokratie ist ein wachsendes Problem, das den Handlungsspielraum von Unternehmen erheblich einschränkt. Komplexe Vorschriften und überbordende Dokumentations- sowie Meldepflichten binden Ressourcen, die in der Wertschöpfung fehlen.
4. FACHKRÄFTEMANGEL BEKÄMPFEN – ARBEITSANREIZE VERBESSERN
Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft. Er betrifft nahezu alle Branchen, von der Industrie über das Gastgewerbe und Handwerk bis hin zu Pflege und Logistik. Weil Arbeitskräfte fehlen, kommt es bereits jetzt zu erheblichen Einschränkungen bei Produktion, Dienstleistungen und Innovationen.
5. STEUERLICHE ENTLASTUNGEN UND INVESTITIONSANREIZE SCHAFFEN
Die Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland zählt zu den höchsten weltweit. Das hemmt Investitionen und schwächt die Innovationskraft.
Ähnlich haben wir uns als IHK zu Dortmund bereits mit der von unserem Industrieausschuss erarbeiteten und von unserer Vollversammlung verabschiedeten Resolution geäußert und an die Öffentlichkeit gewandt. Unsere Unternehmen habe sich an Kampagnen der DIHK beteiligt, um auf Missstände in Verwaltung und Politik aufmerksam zu machen. Und jetzt appellieren wir an die Parteien, möglichst schnell eine stabile Regierungsmehrheit zu bilden. Wir brauchen eine starke, handlungsfähige Regierung und eine konstruktiv-kritische Opposition im Bundestag. Nur so können wir in Deutschland und auch in unserer IHK-Region wieder zu alter wirtschaftlicher Stärke finden und unseren Wohlstand sichern.
24. Februar 2025