Jahresvortrag der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e. V.
Rund 150 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft begrüßte Dr. Ansgar Fendel, Vizepräsident der IHK zu Dortmund und Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte, am 26. März 2025 im Großen Saal der IHK zu Dortmund.
Anlass war der traditionelle Jahresvortrag der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG), den in diesem Jahr der Historiker Professor Dr. Kiran Klaus Patel von der LMU München, einer der führenden Experten für die Geschichte der europäischen Integration, hielt.
In seinem Vortrag „Die dritte Neugründung der EU. Geschichte und Gegenwart der europäischen Integration“ beschäftigte sich Professor Patel mit der Frage, ob die europäische Integration seit ihrer Gründung ein Friedensprojekt war. Weiterhin erläuterte er die Gründe für den Aufstieg der EU und gab eine Einschätzung über ihre Rolle in der gegenwärtigen geopolitischen Lage ab.
Patel eröffnete neue Perspektiven auf die Geschichte des europäischen Integrationsprozesses. So sei die heutige EU nicht das Ergebnis einer Erfolgsgeschichte, die seit den 1950er-Jahren geplant war. Vielmehr habe sich die EG, wie die EU zunächst hieß, vielfach äußerst resilient in Krisenzeiten gezeigt. Sie ging gestärkt aus diesen hervor. Die Gründungsväter der EU hätten Frieden im Sinne des Wohlstandsgewinns für die Mitgliedsstaaten verstanden. So trug die gemeinsame europäische Agrarpolitik zum sozialen Frieden in vielen europäischen Ländern bei. Motoren des Erfolgs waren in erster Linie eigene Mittel, die Einführung einer gemeinsamen Währung sowie eine eigene europäische Rechtskultur. Patel blickte abschließend auf die Krisen und Herausforderungen der Gegenwart. Derzeit entwickele sich die EU von einem Freiheits- zu einem Sicherungsprojekt. Anders als in den Jahren von 1980 bis ca. 2009, als die Wirtschafts- und Finanzpolitik im Vordergrund stand, bemühe sich die EU nun um die Sicherung des Erreichten. In Zeiten des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine und der erneuten Wahl Donald Trumps zum US-amerikanischen Präsidenten komme es darauf an, ein „Europa, das schützt“ zu schaffen.
Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich eine angeregte Diskussion mit dem Publikum. Die Fragen drehten sich u.a. um das Thema, ob die EU heute besser dastehe als zu ihrer Gründungszeit und ob sie den gegenwärtigen sicherheitspolitischen Herausforderungen, wie etwa zur Zeit des Kuba-Krise, gewachsen sei. Deutlich wurde hier einmal mehr die Bedeutung historischen Wissens für das Verständnis der Gegenwart. Die GWWG konnte mit Professor Patel erneut einen herausragenden Wissenschaftler für ihren Jahresvortrag gewinnen. Der Abend klang bei einem Empfang im Foyer der IHK zu Dortmund aus, bei dem die Gäste die Gelegenheit nutzten, das Thema weiter zu vertiefen und sich über die aktuellen Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft auszutauschen.
Der Jahresvortrag 2025 wurde gefördert von Marx & Marx Versicherungsmakler GmbH & Co KG. Die Veranstaltung findet einmal im Jahr statt. Wer Mitglied der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte wird, erhält zudem aktuelle Informationen zu weiteren Veranstaltungen, die die Gesellschaft ausrichtet.
28. März 2025