Pressemeldung

Kurze Wege für Auszubildende

Die Staatliche Berufsschule in Cham bietet angehenden Köchen, Kaufleuten für Hotelmanagement oder Servicekräften ein optimales, praxisnahes Lernumfeld. Im Neubau stehen seit 2020 unter anderem zwei moderne Küchen, ein Schulrestaurant sowie drei Multifunktionsräume für Veranstaltungen zur Verfügung. Die Unterrichtsinhalte werden von der engagierten Lehrerschaft mit modernster, digitaler Ausstattung vermittelt.
Trotz idealer Voraussetzungen müssen die aktuell rund 50 Auszubildenden aus dem Landkreis Cham nach dem 1. Lehrjahr die Berufsschule vor Ort verlassen. Ihre restliche Schulzeit absolvieren sie an der Hotelberufsschule in Viechtach im niederbayerischen Landkreis Regen. So sieht es der geltende Sprengel vor. „Für viele Azubis aus dem Landkreis Cham, die oft noch keinen Führerschein besitzen, bedeutet das einen hohen Aufwand“, betont Dr. Jürgen Helmes, Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim.

Hoher Aufwand für Azubis und Betriebe

Sebastian Wittmann, Geschäftsführer des Hotels Randsbergerhof in Cham, kann das bestätigen: „Sobald unsere Azubis die Berufsschule in Viechtach besuchen, beginnt die Organisation der Fahrten dorthin – und diese gestaltet sich oft schwierig. Entweder pendeln die Auszubildenden jeden Tag oder sie bleiben die Woche über im Internat und müssen Sonntagabend jemanden finden, der sie nach Viechtach bringt.“ Der Betrieb unterstütze die Azubis, wo es nur geht, auch bei der Organisation der Fahrten. „Eine komplette Beschulung in Cham wäre aber sowohl für uns als auch unsere Azubis wesentlich effektiver und einfacher. Fällt der Aufwand weg, den die Aufspaltung der Berufsschulorte mit sich bringt, könnten wir als Hotel auch mehr Azubis ausbilden“, ist sich Wittmann sicher. 
Das Hotel Randsbergerhof ist kein Einzelfall. „Wir wissen von den Unternehmen in der Region, dass sich der Schultourismus an den Standort Viechtach negativ auf die Ausbildungsbereitschaft auswirkt. Auch von den Bewerberinnen und Bewerbern werden die weiten Fahrstrecken zunehmend weniger toleriert. Darum sollte mit der jüngsten Neuordnung der HOGA-Berufe auch die Chance ergriffen werden, die Beschulung neu zu ordnen und den Fachsprengel anzupassen – zumal in Cham auf qualitativ hohem Niveau beschult werden kann“, appelliert Helmes in Richtung der Regierungsbezirke und des Bayerischen Kultusministeriums. Konkret sehe die IHK am Standort Cham die Ausweitung der Beschulung auf die 11. und 12. Klasse als erforderlich und zielführend an. 

Modernisierung der Berufe vor Ort umsetzen

Der Fachkräftemangel ist ein Dauerbrenner für die Unternehmen. „Was für viele Branchen gilt, trifft insbesondere auch den Tourismus als einen der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Region Bayerischer Wald“, sagt IHK-Geschäftsstellenleiter in Cham Richard Brunner. Die aktuelle Neuordnung der Ausbildungsberufe im Hotel- und Gaststättengewerbe, die der DEHOGA-Verband und die IHKs vorangetrieben haben, macht die Branche mit hervorragenden Karriere- und Qualifikationsmöglichkeiten für junge Menschen attraktiv. Entsprechend sei auch die Zahl der Azubis im Landkreis Cham gestiegen. 
„Nach jahrelangem Ringen ist es endlich gelungen, die Ausbildung in den Hotel- und Gastroberufen zu modernisieren. Jetzt muss diese Neuordnung auch ihren Niederschlag in der Beschulung finden, um die Möglichkeiten gemeinsamer Berufsgruppenbeschulung in den Bereichen Hotel, Küche und Gast in die Praxis umzusetzen“, zeigt sich IHK-Hauptgeschäftsführer Helmes sicher. Dies wirke sich nicht nur stabilisierend auf die Berufsschulstandorte und deren Klassengrößen aus, sondern sichere zudem den Nachwuchs für die Hotel- und Gastrobetriebe vor Ort. 
„Eine wohnort- und betriebsnahe Beschulung im Landkreis Cham unterstützt wirkungsvoll die berufliche Ausbildung, vermeidet einen kosten- und zeitaufwändigen Ausbildungstourismus und fördert die Zusammenarbeit zwischen Ausbildungsbetrieben und Berufsschulen“, so Helmes. Zudem erspare sie dem Land, den Betrieben und den Schulpflichtigen zusätzliche Unterbringungs-, Transport- und Verpflegungskosten. 

Neue Zielgruppen erschließen

Die Bündelung der Gastroberufe am Standort Cham ermögliche darüber hinaus, die Ausbildung in der Branche weiter voranzubringen und neue Zielgruppen zu erreichen. „Mit Blick auf die demographische Entwicklung suchen die regionalen Betriebe ihre Auszubildenden immer öfter auch im Ausland“, weiß IHK-Geschäftsstellenleiter Brunner. Die Berufsschule Cham sei dafür gut aufgestellt. „Schon jetzt waren im Schuljahr 2022/23 mehr als die Hälfte Nichtdeutsche in den Gastronomieklassen – Tendenz steigend.“ Die berufliche Sprachförderung hat in Cham einen entsprechend hohen Stellenwert.
Ein zusätzlicher Baustein sei das Vorantreiben der Inklusion, um optimale Beschulungsergebnisse bei weiteren wichtigen Zielgruppen zu erreichen. „Im Landkreis Cham gibt es momentan keine Förderberufsschule. Daher entscheiden sich die Eltern als Schulort oft für die Berufsschule Cham, die sich auf dem Weg zum Schulprofil Inklusion befindet“, so Brunner. Als Kooperationspartner sei ab dem kommenden Schuljahr die Förderberufsschule „Haus des Guten Hirten“ im Schwandorfer Ortsteil Ettmannsdorf vorgesehen. Dort solle kooperativ die dreijährige Ausbildung „Fachpraktiker/-in Küche“ für Menschen mit Behinderung angeboten werden.
„Berufliche Sprachförderung und Inklusion im Gastro-Bereich müssen als kontinuierliche Prozesse über die gesamte Ausbildungszeit verankert sein. Erst dann sind sie optimal wirksam“, bekräftigt IHK-Chef Helmes. Dies könne nur im Rahmen einer durchgehenden Beschulung an einem Standort sichergestellt werden. Eine gebündelte Beschulung in Cham könne damit auf die wichtige gesellschaftliche Aufgabe der Integration und Inklusion einzahlen.
Seit Jahren stelle der Landkreis Cham als Sachaufwandsträger sicher, dass die Hotel- und Gastroausbildung vor Ort auf einem hohen Niveau erfolgen kann. Deshalb gebe es auch für besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler Angebote: Als Zusatzqualifikationen könne beispielsweise das IHK-Zertifikat „Internationales Hotelmanagement“ erworben werden. Im neuen Lehrplan seien außerdem Zusatzmodule wie „Vegetarische und vegane Ernährung“ oder „Bar und Wein“ enthalten. 
(21.03.2023)