14.07.2022

Was heißt der Abschied vom Verbrennungsmotor für die Wirtschaft?

IHK Erfurt fordert Technologieoffenheit und Versorgungssicherheit als Grundlage zukünftiger Mobilität

Der Verkehrssektor und das Thema Mobilität rücken immer stärker in den Fokus. Zum einen wegen der steigenden Kosten für Treibstoffe, zum anderen durch die erhebliche Klimawirkung, beschleunigt durch den Ausstoß von Kohlendioxid, und nun auch aufgrund des geplanten Aus für den Verbrennungsmotor ab 2035. Hierfür braucht es zukünftig Alternativen. 
Maßnahmen zur Verkehrswende werden innerhalb der Wirtschaft unterschiedlich bewertet. Bei den alternativen Antrieben setzen sich Unternehmen einerseits auch für die Fokussierung auf eine Technologie (insb. die Batterieelektromobilität) ein. Dadurch könnten Ineffizienzen, beispielsweise beim Ausbau der Infrastruktur oder Vergabe von Fördermitteln, vermieden werden. Auf der anderen Seite betonen große Teile der Wirtschaft die Vorteile alternativer Kraftstoffe oder Hybridtechnologien zur Erreichung der Klimaschutzziele.
 
„Um Unternehmen in ihrer Geschäftstätigkeit mit klima- und umweltfreundlichen Technologien nicht einzuschränken, sollten EU und die Bundesregierung deshalb technologieoffen alternative Antriebe oder Kraftstoffe, innovative Logistik- und Mobilitätskonzepte, Telematik oder autonomes Fahren unterstützen. Für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben sollte flächendeckend und technologieoffen eine Versorgungsinfrastruktur, z. B. durch Schnellladesäulen oder Wasserstofftankstellen, geschaffen werden. Für Unternehmen, die im Bereich Automotive aktiv sind, bedeuten die aktuellen Entwicklungen, sie müssen ihre Geschäftsmodell mittelfristig weiterentwickeln, anpassen und in einigen Fällen auch umstellen. Grundlage einer zukünftigen Mobilität ist ein Mix aus verschiedensten Antriebstechnologien, ergänzt durch digitale Steuerungs- und Automatisierungsanwendungen sowohl bei den Fahrzeugen wie auch bei Verkehrs-Leitsystemen“, erläutert Dr. Cornelia Haase-Lerch, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Erfurt.
Es muss nicht immer der Verbrenner sein 
Auch in der Wirtschaft lassen sich inzwischen Autos mit alternativen Antrieben sinnvoll einsetzen – wenn man sich vorher genau überlegt, wofür sie eigentlich genutzt werden sollen. Für manche Unternehmer sind derartige Fahrzeuge Teil einer noch größeren Strategie. 
Eine abwägende, prüfende und analysierende Herangehensweise ist nicht nur mit Blick auf Elektroautos eine, die zweifelsohne in den nächsten Monaten und Jahren immer wichtiger werden wird. Denn inzwischen ist völlig klar, dass eigentlich nur noch der passgenaue und kombinierte Einsatz verschiedener Mobilitätskonzepte dazu führen wird, insbesondere die damit verbundenen Kosten beherrschbar zu halten.  
Die Automobilhersteller müssen und werden demnächst Modelle mit alternativen Antrieben auf den Markt bringen. Viele Unternehmen sind gegenüber der E-Mobilität aufgeschlossen und befinden sich in einigen Fällen im Testmodus, doch die müssen besser als bislang zu den Bedürfnissen von Unternehmen passen. „Wenn es Fahrzeuge gibt, mit denen wir am Montag sicher und ohne Nachladen 600 Kilometer auf eine Baustelle kommen und dort dann einfach den Stecker reinstecken können, dann sind wir dabei“, sagt Peter Huschenbeth, Geschäftsführer der Denkmalpflege Mühlhausen.
Auch Wasserstoff gilt als alternative Antriebsform 
„In kaum einem Expertenkreis wird derzeit nicht über Wasserstoff diskutiert. Bei einigen leuchten die Augen, andere wiederum können nur mit dem Kopf schütteln“, weiß IHK-Energieexperte Karsten Kurth und ergänzt: „Tatsächlich bietet dieser Stoff aufgrund seiner Eigenschaften vielfältige Einsatzmöglichkeiten in unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft.“ 
Zukünftig wird Wasserstoff als Treibstoff besonders im Bereich des Schwerlasttransportes, des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), der Luftfahrt sowie in der Intralogistik Anwendung finden. Der Individualverkehr im Bereich PKW spielt keine Rolle – hier setzen die Verantwortlichen nach wie vor auf batteriebetriebene Fahrzeuge. Ein Großteil der Thüringer Projekte orientiert sich daher an den politischen Richtlinien und forscht und entwickelt im Logistik- und ÖPNV-Sektor.   
Mobilitätskonzepte sind gefragt 
„Es geht nicht mehr nur darum, sich zu fragen, welche Antriebsform und welcher Treibstoff genutzt werden, sondern auch darum für welche Strecke und welchen Zweck ich als Unternehmer welches Verkehrsmittel einsetze. Und hierbei umfasst betriebliches Mobilitätsmanagement weitaus mehr!”, erklärt Karsten Kurth, Experte für Klima und Energie bei der IHK Erfurt. Dabei zielen Mobilitätskonzepte in Unternehmen darauf ab, mit geringem Aufwand die verschiedenen Mobilitätsbedürfnisse des Unternehmens und der Mitarbeiter effizient zu erfüllen. Gleichzeitig können mit einem erfolgreichen und etablierten betrieblichen Mobilitätsmanagement die Ausgaben gesenkt, die Verkehrsinfrastruktur entlastet und die Gesundheit der Mitarbeiter verbessert werden. Betriebliches Mobilitätsmanagement umfasst dabei eine Vielzahl von Maßnahmen im Mobilitätsbereichs des Unternehmens, angefangen vom Mitarbeiterverkehr (Berufspendler) über den dienstlichen Mitarbeiterverkehr, bis hin zum Wirtschafts- und Lieferverkehr. Die IHK Erfurt informiert über die verschiedenen Möglichkeiten im Mobilitätsmanagement.

Zum Hintergrund: 
Laut Umweltbundesamt (2020) ist der Verkehrssektor ist in der Bundesrepublik Deutschland für 20 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich – dass sind rund 170 Millionen Tonnen Treibhausgase. Damit kommt der Verkehr nach der Energiewirtschaft und der Industrie an dritter Stelle der größten Emittenten (Menge an verursachten Treibhausgasen). Der Verkehr ist der einzige Sektor, der seit 1990 keine oder nur sehr geringe nachhaltig wirksame Emissionsminderungen erreicht hat. Grund genug, um zu handeln!