13.05.2025

Konjunkturmotor springt nicht an – Konjunkturbericht der IHK Erfurt: Unternehmer fordern zügige Reformen

Die Wirtschaft in Nord-, Mittel- und Westthüringen tritt auf der Stelle. Trotz leicht verbesserter Erwartungen im Vergleich zum Jahresbeginn 2025 bleiben Skepsis und Unsicherheit in den Unternehmen vorherrschend. Der Blick auf die kommenden Monate bleibt überwiegend negativ, die aktuelle Geschäftslage wird weiterhin nur verhalten eingeschätzt. Der Konjunkturklimaindikator – ein Maß für Lageeinschätzung und Geschäftserwartung – steigt zwar um sechs Punkte, liegt mit 83 Punkten aber noch immer deutlich unter dem langjährigen Mittel von 103 Punkten.
„Die Unternehmen in unserer Region senden ein klares Signal: Die wirtschaftliche Lage ist nach wie vor ernst, aber etwas hoffnungsvoller als zuletzt“, sagt Dr. Cornelia Haase-Lerch, Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt.
Ein wesentlicher Belastungsfaktor bleibt die überbordende Bürokratie, gefolgt von steigenden Arbeitskosten und unkalkulierbaren Entwicklungen im Zollkonflikt mit den USA. Auch die nachlassende Binnennachfrage drückt auf die Stimmung. Nur noch 19 Prozent der Unternehmen bewerten ihre derzeitige Lage als gut (Jahresbeginn: 25 Prozent), während 35 Prozent ihre Situation als schlecht einstufen (Jahresbeginn: 32 Prozent). Etwas optimistischer fällt der Blick nach vorn aus: Der Anteil der Unternehmen mit pessimistischer Erwartung sinkt von 42 auf 32 Prozent. Zugleich steigt der Anteil jener, die eine Verbesserung erwarten, von 5 auf 13 Prozent.

Energiepreise, Politik und Nachfrage drücken auf Investitionsbereitschaft

Die strukturellen Herausforderungen für die Unternehmen sind enorm und sorgen nach wie vor für Verunsicherung. Die größten Risiken für die weitere Entwicklung sehen die Unternehmen in den hohen Energie- und Rohstoffpreisen (71 Prozent), in der Unzufriedenheit mit den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (ebenfalls 71 Prozent) sowie in der schwachen Inlandsnachfrage (56 Prozent) und dem Fachkräftemangel (48 Prozent).
Mit diesem Bündel von Risikofaktoren im Rücken fallen die Antworten bei der Frage nach den Investitionsplänen entsprechend zurückhaltend aus: Nur neun Prozent der Unternehmen planen aktuell höhere Investitionen, während 56 Prozent Investitionen einschränken oder ganz aussetzen wollen. Die angespannten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen reduzieren derzeit wichtige Spielräume für dringend benötigte Investitionen in Wettbewerbsfähigkeit und Transformation.
Trotz der angespannten Konjunkturlage bleibt der Arbeitsmarkt vergleichsweise stabil – nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung. 77 Prozent der Unternehmen wollen ihren Personalbestand halten, 18 Prozent ziehen jedoch einen Stellenabbau in Betracht. Viele Personalplanungen stehen unter Beobachtung, da Unsicherheiten und strukturelle Herausforderungen zunehmen.

Forderung an die Politik: Taten statt Ankündigungen

Angesichts dieser Entwicklungen steht die neue Bundesregierung nun besonders in der Verantwortung, das Vertrauen der Unternehmen zurückzugewinnen und ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Erste wichtige Schritte wären die zügige Verabschiedung des Bundeshaushalts 2025 und die Umsetzung des 500 Milliarden schweren Infrastrukturfonds. Das kann ein Wachstumstreiber und somit eine Grundlage für Investitionen und Beschäftigung werden.
„Vieles hängt daran, wie schnell und wirkungsvoll die neue Bundesregierung neues Vertrauen und konkrete Umsetzungen schafft“, so Dr. Cornelia Haase-Lerch. Dazu zählen schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, sichere und bezahlbare Energie, weniger Bürokratie, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, steuerliche Entlastungen und Investitionsanreize.
„Und auch in Thüringen sind wichtige Weichenstellungen erforderlich“, mahnt die Hauptgeschäftsführerin. Hier braucht es vor allem erkennbare Fortschritte in der Digitalisierung, weniger Schüler ohne Schulabschluss und weniger Stundenausfall, eine zentrale Anlaufstelle für die Fachkräfteeinwanderung, einen Personalabbau in der Landesverwaltung, einen Rückgang bei konsumtiven Ausgaben sowie die Bündelung und Verschlankung der Förderprogramme.

Informationen zur Konjunkturumfrage:
Die IHK Erfurt befragt dreimal pro Jahr (zum Jahresbeginn, im Frühjahr und im Herbst) rund 700 Unternehmen aus Nord-, Mittel- und Westthüringen der Branchen Industrie, Bau, Verkehrsgewerbe, Handel, Gastronomie und Dienstleistungen zur aktuellen Geschäftslage sowie zu den Erwartungen und Plänen für die kommenden Monate. Die aktuellen Ergebnisse wurden zwischen dem 24. März und dem 25. April 2025 erhoben. Die Rücklaufquote liegt bei 29 Prozent. Die Entwicklung in den einzelnen Wirtschaftsbereichen ist im Branchenbericht zusammengefasst.