15.05.2025
Transatlantischer Handel in Gefahr: Politik muss gegensteuern – IHK Erfurt warnt vor Auswirkungen auf die Thüringer Wirtschaft
Die USA erheben auf bestimmte Eisen-, Stahl- und Aluminiumprodukte sowie auf Autos aktuell Zusatzzölle in Höhe von 25 Prozent – auf nahezu alle übrigen Warengruppen pauschal 10 Prozent, mit nur wenigen Ausnahmen. Diese Maßnahmen sorgen für erhebliche Verunsicherung in der Thüringer Wirtschaft. Zusatzzölle auf Kfz-Teile und in Teilen auch auf Kraftfahrzeuge wurden zwar für 90 Tage ausgesetzt – ebenso auf sonstige Waren aus der EU. Dennoch bleibt die Lage angespannt. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt warnt vor den Folgen für Unternehmen in Nord-, Mittel- und Westthüringen und fordert von der EU sowie der Bundesregierung eine strategisch kluge und deeskalierende Verhandlungsführung.
Die metallverarbeitende Industrie ist ein bedeutender Pfeiler der Thüringer Wirtschaft. Unternehmen aus diesem Bereich beliefern unter anderem den Maschinen- und Fahrzeugbau – direkt oder als Teil internationaler Zulieferketten. Besonders Aluminiumverarbeiter und Stahlerzeuger sind weiterhin von den 25-Prozent-Zöllen betroffen. 2024 exportierten Thüringer Unternehmen entsprechende Waren im Wert von rund 5 Mio. Euro in die USA. Im Vergleich zum Gesamtexportwert Thüringens in die USA von 2,2 Mrd. Euro entspricht das einem Anteil von lediglich 0,2 Prozent. Weitaus bedeutender ist die Kfz-Zulieferindustrie: Mit 558 Mio. Euro machten Kraftwagen und -teile rund ein Viertel aller Thüringer US-Exporte aus.
Dr. Cornelia Haase-Lerch, Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt, erklärt: „Die von Donald Trump angekündigten pauschalen Strafzölle sind purer Protektionismus – sie treffen auch Thüringer Unternehmen mitten in die Lieferketten. Die EU muss jetzt geschlossen, mit Weitsicht und Entschlossenheit reagieren und für faire Handelsbedingungen eintreten. Gerade unsere mittelständischen Zulieferbetriebe sind eng in internationale Wertschöpfungsketten eingebunden. Trumps Zollpläne gefährden transatlantisches Vertrauen und belasten den Standort massiv – noch bevor konkrete Auswirkungen bezifferbar sind. Die anstehende USA-Reise des Thüringer Ministerpräsidenten ist ein rechtes Mittel zur rechten Zeit und zeigt, dass wirtschaftliche Beziehungen in die USA Priorität haben.“
Eine aktuelle Umfrage der IHK Erfurt im Rahmen von „Going International“ zeigt: 70 Prozent der international aktiven Unternehmen aus dem Kammerbezirk erwarten negative Auswirkungen der US-Handelspolitik. Noch im Vorjahr galten die Vereinigten Staaten als Hoffnungsträger – inzwischen sehen viele Unternehmen ihre Geschäftsbeziehungen akut gefährdet.
„Wir beobachten die Situation sehr genau. Die Auswirkungen der ersten Trump-Legislatur sind uns noch präsent – gestiegene Kosten, verschobene Aufträge, Unsicherheit bei Investitionen. Sollte sich der transatlantische Handelskonflikt erneut zuspitzen, stehen viele gut funktionierende Partnerschaften auf dem Spiel“, so Sven Kirchner, Vorsitzender des Außenwirtschaftsausschusses der IHK Erfurt.
Die IHK Erfurt spricht sich klar gegen ein Wiederaufleben von Handelskonflikten aus und fordert eine geschlossene und entschlossene Verhandlungsführung der EU, den Verzicht auf Eskalation und ein Bekenntnis zu multilateralen Abkommen im Rahmen der WTO. Ebenso sollten gezielte Unterstützungsmaßnahmen zur Diversifizierung von Absatzmärkten geprüft werden.
„Unsere Unternehmen prüfen bereits aktiv alternative Märkte – vor allem in Europa, aber auch in wachstumsstarken Regionen wie Südostasien oder Südamerika“, sagt Dr. Cornelia Haase-Lerch. „Jetzt braucht es politische Rückendeckung, um diese Wege auch beschreiten zu können.“
Weiterführende Informationen und aktuelle Handlungsempfehlungen für Unternehmen sind auf der Website der IHK Erfurt zu finden.