03.02.2021

Heftiger Dämpfer für die konjunkturelle Erholung

Noch im Herbst 2021 gehegte Hoffnungen auf eine nachhaltige Erholung der regionalen Wirtschaft müssen verschoben werden. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen dominieren weiterhin die konjunkturelle Entwicklung. Zahlreiche Betriebe kämpfen mit unterbrochenen Lieferketten, Rohstoffknappheit, enorm gestiegenen Preisen sowie dem sich weiter verschärfenden Fachkräftemangel. Derzeit fehlen die entscheidenden Impulse, um das Vorkrisenniveau wieder zu erreichen. Wichtig ist deshalb, alle Wachstumskräfte im Inland zu mobilisieren: mit Investitionen in Bildung und Digitalisierung, weniger Bürokratie und ein investitionsfreundlicheres Steuersystem.
„Der Klimaindex, der die aktuelle Situation sowie die Erwartungen und Pläne für die nächsten Monate beschreibt, verdeutlicht die momentan verhaltene Stimmungslage in den Unternehmen im Bereich der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt. Er fällt ganze 25 Punkte und erreicht jetzt nur noch 87 von 200 möglichen Prozentpunkten. Damit bewegt sich der Wert wieder klar unter dem langjährigen Durchschnitt von 105 Prozent“, informiert IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Cornelia Haase-Lerch mit Blick auf die Ergebnisse der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage.
Vor allem die gegenwärtige Geschäftslage werde im Vergleich zur vorhergehenden Umfrage negativer eingeschätzt. Branchenübergreifend bewerteten zwar 27 Prozent der Befragten ihre geschäftliche Situation mit gut, allerdings votierten auch 37 Prozent mit „schlecht“. Bei der Herbst-Umfrage lag dieser Wert nur bei 14 Prozent. Fast die Hälfte der Firmenchefs berichtete damals von gut gehenden Geschäften.
„Auswirkungen sind auch auf die Finanzlage der Unternehmen spürbar. Fast jeder zweite Betrieb steht vor diesbezüglichen Herausforderungen“, erklärt die IHK-Chefin. Schwierigkeiten gebe es nach wie vor durch den Eigenkapitalrückgang (30 Prozent) sowie Liquiditätsengpässe (15 Prozent). Von einer Insolvenz würden sich branchenübergreifend zwei Prozent der Unternehmen bedroht sehen. Dabei gelte: Je kleiner das Unternehmen, desto kritischer stellt sich die Finanzlage dar. Damit bleibe der Spielraum für Investitionen eher begrenzt. 45 Prozent der Befragten wollten deshalb in den nächsten Monaten das Investitionsbudget kürzen oder gar nicht investieren.
„Die Entwicklung in den kommenden Monaten ist mit zahlreichen Unsicherheitsfaktoren belastet. Zwar erwartet jeder fünfte Befragte einen besseren Geschäftsverlauf, 35 Prozent äußern sich allerdings skeptisch und hegen Zweifel hinsichtlich eines schnellen nachhaltigen Aufschwungs“, so die IHK-Hauptgeschäftsführerin.
Inzwischen würden nicht nur die Ungewissheit über den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie und der Fachkräftemangel die Geschäftserwartungen bremsen. Die Sorgen um die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise hätten nun die Spitzenposition eingenommen. „Der Anteil der Unternehmer, die diesen Faktor als Risiko angeben liegt inzwischen bei fast 75 Prozent und damit so hoch, wie noch nie seit Beginn der Befragung im Jahr 2011“, erklärt Dr. Cornelia Haase-Lerch. Zum Tragen komme hier auch die Unsicherheit vieler Unternehmen, welche Kosten mit der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft, z. B. durch CO2-Bepreisung, und der Umsetzung des Green Deal auf sie zukommen werden.
Das Thema Fachkräfteknappheit spiegele sich in den Beschäftigungsplänen der Firmen deutlich wider. Die Mehrzahl der Unternehmer (67 Prozent) wolle den vorhandenen Mitarbeiterbestand beibehalten, 16 Prozent sogar neues Personal einstellen. Der Stellenabbau, der von 17 Prozent der Befragten in Erwägung gezogen werde, sei häufig auch auf den Mangel an geeigneten Mitarbeitern zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund wäre eine Verlängerung der vereinfachten Zugangsregelungen zum Kurzarbeitergeld über den März 2022 hinaus sehr hilfreich.
Fazit der IHK-Hauptgeschäftsführerin: „Der Weg der konjunkturellen Erholung ist langwierig und steinig. Viele Unternehmen sind von einer normalen Geschäftstätigkeit noch weit entfernt. Es ist deshalb umso wichtiger, dass sich private Investitionen am Wirtschaftsstandort Deutschland wieder lohnen. Gerade die Steuer- und Finanzpolitik muss in dieser Situation einen wichtigen Beitrag leisten.“
Hintergrund: Die Befragung fand von Mitte Dezember 2021 bis Mitte Januar 2022 statt. Befragt wurden rund 700 Unternehmen aus Nord-, Mittel- und Westthüringen aus den Branchen Industrie, Bau, Verkehr, Handel, Gastronomie und Dienstleistungen. Die Rücklaufquote beträgt 42 Prozent.