19.03.2021

Corona-Pandemie überlagert Fachkräftemangel

Der Arbeitsmarkt erweist sich in der Corona-Pandemie bislang als recht robust. Massenentlassungen konnten dank einer vereinfachten Kurzarbeitergeldregelung weitgehend vermieden werden. Allerdings hat in der Krise auch die Personalnachfrage der Unternehmen im Vergleich zu den Vorjahren deutlich nachgelassen. Der Fachkräftemangel ist deshalb bei vielen Betrieben nicht mehr das größte Geschäftsrisiko. Dies zeigt eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt unter knapp 800 Firmen in Nord-, Mittel- und Westthüringen.
„Aktuell sehen 78 Prozent der Unternehmer in den Auswirkungen der Corona-Pandemie das größte Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Der bisher dominierende Fachkräftemangel hat als Hemmnis etwas an Bedeutung verloren“, informiert IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Cornelia Haase-Lerch. Bei 48 Prozent der Befragten würde dieser Faktor momentan ganz oben auf der Risikoliste stehen. Das seien deutlich weniger als vor zwölf Monaten. Zu Jahresbeginn 2020 hätten noch 64 Prozent der Firmen den Fachkräftemangel genannt.
Galt der Fachkräftemangel in den letzten Jahren durchgängig als das größte Geschäftsrisiko, so sorgten sich die Unternehmen während der Corona-Pandemie nun stärker um die Inlandsnachfrage (45 Prozent) und um die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (41 Prozent).
„Allerdings wird das Fehlen qualifizierten Personals als Risiko in den einzelnen Branchen durchaus unterschiedlich bewertet“, gibt die IHK-Chefin zu bedenken. In der Bauwirtschaft sei er aktuell sogar das größte Geschäftsrisiko und werde von 83 Prozent der Betriebe genannt. Bei den Händlern bereite das Thema mit 33 Prozent merklich weniger Unternehmen Kopfzerbrechen.
Die Pandemie habe den Arbeitskräftebedarf der Betriebe im vergangenen Jahr verringert. Laut Arbeitsagentur lag der durchschnittliche Stellenbestand im Jahr 2020 bei 18.200 gemeldeten Stellen. 2019 wurden im Schnitt 23.400 offene Jobs gemeldet. Im Herbst 2020 berichtete fast jedes zweite Unternehmen, dass es keinen Personalbedarf habe – ein Jahr zuvor hätte dies nur für 35 Prozent gegolten. Spiegelbildlich sank der Anteil der Betriebe, die offene Stellen längerfristig nicht besetzen konnten, weil keine passenden Arbeitskräfte zu finden waren, binnen Jahresfrist von 49 auf 41 Prozent.
„Längerfristig dürften die demografische Entwicklung, der Strukturwandel mit tiefgreifenden Veränderungen in der Automobilindustrie und anderen Wirtschaftszweigen sowie die Digitalisierung die Fachkräftethematik wieder ganz oben auf die Liste der Herausforderungen setzen. Aufgrund der Alterung der Erwerbsbevölkerung und dem damit verbundenen Ersatzbedarf in vielen Unternehmen, werden die Chancen für Fachkräfte und junge Menschen in Thüringen weiterhin gut bleiben“, ergänzt die IHK-Hauptgeschäftsführerin.