Tourismussaison 2021

Den Neustart nutzen

Sinkende Inzidenzwerte, Impfungen und erprobte Hygienekonzepte - die Zeichen stehen auf Neustart. Der Tourismus in Schleswig-Holstein setzt auf die Saison 2021. Dass nicht alles werden kann wie früher, ist klar. Mit Engagement und neuen Konzepten stehen viele Unternehmen in den Startlöchern.
Die vollen Strände und ausgebuchten Unterkünfte im vergangenen Sommer haben gezeigt, dass Schleswig-Holstein im Zeichen der Coronakrise noch interessanter für Urlauber geworden ist. “Eine erdgebundene Anreise ist für Gäste attraktiv, ebenso eine möglichst autarke und als sicher empfundene Unterkunft. Betriebe werden mit diesem erhöhten Sicherheitsbedürfnis umgehen müssen“, sagt Dr. Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TA.SH). “Flexible Stornobedingungen erleichtern den Gästen zudem die Buchungsentscheidung. Gemeinden und Touristiker wiederum müssen die Herausforderung einer Besucherlenkung am Urlaubsort meistern.”
Touristenströme
Einen Ansatz dafür bietet Birte Schmidt. “Urlaub im eigenen Land erfreut sich wachsender Beliebtheit und wird auch 2021 für viele die erste Option sein, wenngleich auch mit Abstand.” Die 34-jährige Flensburgerin hat einen digitalen Reiseführer ins Leben gerufen. mitabstand.sh ist ein Online- Portal, das Ideen für Ausflüge an wenig frequentierte Orte bereithält. Im Vordergrund stehen dabei besondere Erlebnisse. “Kinder lassen sich viel leichter von einem Spaziergang überzeugen, wenn die Chance besteht, eine Robbe zu entdecken oder Babystörche zu beobachten.” Auch Einheimischen soll das Portal Lust machen, die eigene Region neu zu erleben.
“In einer Kommentarfunktion können Leser eigene Hinweise ergänzen. Zusätzlich gebe ich Tipps für besondere Mitbringsel, die sich in der Natur oder auch bei kleinen Händlern finden lassen”, erzählt Schmidt. Damit wolle sie gezielt den regionalen Einzelhandel stärken. Das Prinzip ist einfach: Die Ausflugstipps sind in Kategorien gegliedert und können auf einer Landkarte angezeigt werden. Wer das Angebot nutzen möchte, muss einen festen Betrag zahlen, um die Artikel zu lesen. Die Coronakrise sei für Schleswig-Holstein eine Chance, meint Birte Schmidt. “Wir können nun Menschen für unsere Region gewinnen, die sonst eher in ferne Länder reisen. Und wenn es ihnen gefällt, dann kommen sie sicher auch in Zukunft wieder.” Mit ihrem Angebot möchte Schmidt helfen, Touristenströme sinnvoll zu lenken. “Wir bemühen uns gerade um Kooperationen mit Hotels und Gastronomen, die ihren Gästen einen Zugang zu mitabstand.sh geben möchten”, sagt Schmidt. So könne ein Betrieb dazu beitragen, den Urlaub seiner Gäste zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen.
Hybridformate
Auch Hilke Flebbe, Inhaberin des Klassik Altstadt Hotels in Lübeck, setzt auf besondere Eindrücke. Seit 1984 entwickelt die Unternehmerin das Traditionshaus - in dem bereits Günther Grass regelmäßiger Gast gewesen sei - kontinuierlich weiter. Da bilde auch die Coronakrise keine Ausnahme, so Flebbe. “Wir haben uns mit allen Sinnen der Kultur verschrieben.” Ob Hauskonzerte, Lesungen oder Theaterdarbietungen im Hotelzimmer - wer sich für das Haus mit spätklassischer Fassade im Seefahrerviertel entscheidet, bekommt eine große Bandbreite an kulturellen Erlebnissen geboten. “Corona hat Präsenzveranstaltungen natürlich gestoppt”, sagt Flebbe. Seit Jahren produziert sie bereits sogenannte Zimmergespräche, bei denen beispielsweise ein Gast aus der Kulturbranche interviewt wird. “Wir haben uns schnell entschieden, das Format auszubauen, und uns auf die digitalen Medien konzentriert.” Im Web können Neugierige nun unter dem Motto “Lesen! - mit Abstand” Interviews und Lesungen verfolgen.
“Damit möchte ich die Bindung zu meinen Gästen halten, aber auch zeigen, was der Norden kulturell zu bieten hat.“ Flebbe hofft auf die baldige Öffnung ihres Hotels, ist sich aber zugleich sicher, dass in solchen Hybridformaten eine echte Chance steckt. “Klar, den Gast kann ich nicht digitalisieren. Ich kann aber einiges tun, um ihm bereits vor seinem Aufenthalt Erlebnisse zu verschaffen.” Und das höre nicht bei der Online-Buchung auf. “Über die sozialen Medien kann ich in Kontakt treten und bleiben. Vielleicht kauft sich der Gast so im Vorfeld schon das passende Buch für seinen Aufenthalt.” Flebbe zählt auf ihre Stammgäste, beobachtet aber auch, dass die Region zunehmend attraktiv für jüngere Leute wird. “Entschleunigung ist ein wichtiges Thema geworden und dafür bieten wir die besten Bedingungen.”
Minimalismus
Das sieht auch TA.SH-Chefin Bunge so: “Schleswig-Holstein hat als Flächenland mit zwei Küsten und viel Platz im seenreichen Binnenland Natur pur zu bieten. In der aktuellen Situation werden diese Naturräume, die viel Platz und Abstand bieten, auch von Menschen entdeckt, die bisher noch nicht in Schleswig- Holstein Urlaub gemacht haben.” So steige etwa bei Gästen aus dem benachbarten Hamburg und anderen Großstädten das Bedürfnis, dem Stadtalltag zu entfliehen, ohne lange Wege in Kauf zu nehmen, beobachtet Sophie Müller. Die Hamburgerin vermietet unter dem Namen Tiny Escape kleine Ferienhäuser jenseits der touristischen Ballungsgebiete, etwa in dem kleinen Ort Delve an der Eider. “Meine Mission ist es, Städtern viel öfter den Zugang zur Natur und damit das typische Urlaubsgefühl zu bieten. Unkomplizierte, schnelle Erholung vom Alltag - und das in einem Umfeld, von dem nichts ablenkt.”
Tiny Houses liegen im Trend und bieten ohne viel Aufwand ein gewisses Maß an Wohnkomfort unmittelbar in der Natur. “Das ist Minimalismus auf Probe”, so Müller. Man stelle schnell fest, was man wirklich brauche. “Das wirkt auch nach dem Kurzurlaub noch nach.” Bereits während der Krise hatte Müller gehofft, ihre Unterkünfte zur Verfügung stellen zu dürfen, um gerade Ballungsgebiete zu entzerren. “Leider wurde hier pauschal geschlossen, obwohl kontaktlose Abwicklung etwa bei uns längst zum Standard gehört und die Hygieneanforderungen leicht hätten eingehalten werden können.” Hier zeigt Müller deutliches Unverständnis und wünscht sich künftig mehr Differenzierung. Für 2021 aber ist die junge Unternehmerin optimistisch. “Sobald Reisen wieder erlaubt sind, werden auch die Gäste zurückkehren.” Denn zu entdecken gebe es in der Region noch viele wundervolle Orte. Die Reiselust sei ungebrochen, das zeige auch die Marktforschung, sagt Bettina Bunge. Schleswig-Holstein hat einiges zu bieten. Worauf es ankommt, ist der Rückgang der Infektionswelle und damit der Neustart im Tourismus.  
René Koch
Veröffentlicht am 26. Februar 2021
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