Mein Standpunkt

So kann Gastronomie nicht funktionieren

Oliver Firla, Jahrgang 1967, ist Gastgeber aus Leidenschaft. Neben dem Haithabu Café führt er in Busdorf auch das Café und Restaurant Odins Haithabu am Schleiufer und das Erlebnisrestaurant Wikingerschänke. Seit 2014 ist er zudem Vorsitzender der Genussinitiative Feinheimisch. In der Rubrik „Mein Standpunkt“ fordert er weniger Bürokratie für Gastronomiebetriebe.
Oliver Firla
Oliver Firla © ARENDT SCHMOLZE
Für eine neue Terrassenüberdachung muss der Bebauungsplan geändert werden, vier meiner Leute beschäftigen sich jeden Tag mit der Verfahrensdokumentation für die Buchhaltung, alle Daten der Temperaturerfassung von Kühlgeräten müssen zehn Jahre aufbewahrt werden und im Bereich Arbeitssicherheit begegne ich täglich 125 Auflagen. Laut einer Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) verbringen wir Gastronomen 14 bis 20 Stunden im Monat mit bürokratischen Anforderungen und geben etwa 2,5 Prozent unseres Umsatzes für Auflagen und die damit verbundenen Maßnahmen aus. Dazu kommt, dass sich einzelne Regelungen doppeln – wie etwa die Kassenbon- Verordnung und das Kassengesetz, die beide die Manipulation von Daten verhindern sollen. Und wenn wir regionale Produzenten unterstützen wollen, scheitern wir daran, dass sie nicht die nötigen Labels oder Zertifizierungen haben. Die Liste der Regularien und Auflagen in der Gastronomie kann ich endlos fortführen.
Viele fühlen sich mit den Vorschriften alleingelassen.
Viele Berufskollegen haben stets das Gefühl, dass sie mit einem Bein im Gefängnis stehen – und das nicht, weil sie absichtlich etwas falsch machen. Im Gegenteil: Wenn wir Auflagen wie etwa die Kühlung oder Hygienemaßnahmen nicht erfüllen, tun wir uns selbst keinen Gefallen. Viele fühlen sich mit den Vorschriften alleingelassen. Es fehlen Ansprechpartner, die die Anforderungen erklären und die Betriebe bei der Umsetzung der Anforderungen unterstützen. Stattdessen herrschen auch in der Verwaltung Unsicherheit und Unwissen. Dienstleister für diese Aufgaben zu beauftragen, belastet die Betriebe mit zusätzlichen Kosten. Die Zeit und das Geld sollten wir lieber in andere Dinge stecken, um zukunftsfähig zu bleiben – etwa in unsere Mitarbeiter und das Kerngeschäft. Nur so schaffen wir einen Mehrwert für die Region und bleiben für die Gäste attraktiv.
Als Unternehmer müssen wir jeden Tag Entscheidungen treffen, klare Grenzen ziehen und Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden. So einen Mut wünsche ich mir von der Politik, aber dafür müsste sie aktiv werden und bürokratische Hürden abschaffen. Stattdessen werden neue Gesetzte entwickelt, deren Umsetzung noch gar nicht geplant ist und die kleineren Betriebe schaden. Denn je kleiner ein Unternehmen ist, desto schwieriger ist es, mit all der Bürokratie zu funktionieren.
Veröffentlicht Juli 2023