Mehrweg im Handel

Schleswig-Holstein bechert um

Becher für Kaffee, Eis, Salat oder Müsli - Deutschland produziert mehr Verpackungsmüll als der europäische Durchschnitt, so das Umweltbundesamt. Die Lösung: Mehrwegbehälter. Gerade bei Heißgetränken ist das eine naheliegende Idee, aber auch andere Einsatzmöglichkeiten sind denkbar. Drei Initiativen im Norden zeigen, wie Mehrwegsysteme in den Alltag integrierbar sind.
Dafür hat es jüngst sogar Auszeichnungen gegeben. Wer in Kiel unterwegs Lust auf einen Kaffee bekommt, hat nun die Möglichkeit, diesen ohne den für die Umwelt schädlichen Einwegbecher zu genießen: 108 Standorte bieten den Tobego-Pfandbecher der Firma cup&more in Bad Segeberg an.
Die Initiative "Kaffee geht Mehrweg" ist im September gestartet und stellt eines der ersten Projekte dar, die Kiel auf dem Weg zur Zero Waste City bereits vor Fertigstellung des eigentlichen Zero- Waste-Konzepts umgesetzt hat, so Nicoline Henkel vom Umweltschutzamt der Landeshauptstadt Kiel. Die Verwaltung hat sich mit Handelsvertretern zusammengetan, um eine abfallfreie Alternative für den Coffee-to-go-Becher anbieten zu können.
Das Projekt hat sich durch mehrere runde Tische fokussiert, die Café-Inhaber und Bäckereien haben das Pfandsystem von Beginn an mitinitiiert. Wer die Mehrwegbecher nicht spülen kann oder will, kann sie von cup&more reinigen lassen.

Akzeptanz steigern

Auf dem Weg zur Arbeit schaut Andreas Fey auf sein Handy. Er guckt in der reCup-App nach, ob er in der Nähe einen Coffee to go im Pfandbecher bekommt. Mit der Initiative "Wir für Mehrweg" hat der Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz der Stadt Lübeck, bei dem Fey arbeitet, mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik ein Mehrwegpfandsystem ins Leben gerufen: Hier werden Pfandbecher der reCup GmbH in 22 Betrieben für einen Euro Pfand ausgegeben - und wieder zurückgenommen.
Die Initiative sei auch offen für andere Mehrwegbecher und Rabattanbieter, so Fey: "Das hat den Vorteil, dass sich auch Cafés beteiligen können, die den reCup-Becher aus Kostengründen nicht einführen können, aber trotzdem ihren Beitrag leisten möchten." Das System ist erfolgreich: Im Oktober hat die Initiative den Bundespreis Verbraucherschutz bekommen, die Anzahl der teilnehmenden Betriebe steigt stetig.
Auch Flensburg sagt Einweglösungen den Kampf an. Die Stadt hat dafür den Becher der FairCup UG aus Göttingen eingeführt. Nicht nur der Coffee to go lässt sich so verpackungsfrei genießen: "Wir haben sowohl einen Verschluss- als auch einen Trinkdeckel entwickelt", erklärt Geschäftsführerin Sibylle Meyer. "So eignet sich der FairCup auch zum Transport einer Vielzahl von Lebensmitteln."
Der Becher, der bei einem Schulprojekt einer Berufsschule in Göttingen entstand, ist im Mai mit dem Blauen Engel zertifiziert worden. Er besteht aus Polypropylen und ist vollständig recycelbar. FairCup ist zudem unter den ersten drei für den Sonderpreis Verpackung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises nominiert.
Meyer wünscht sich, dass FairCup wie die Pfandflasche angenommen wird - so können die Becher nicht nur in Cafés, Imbissen und Bäckereien zurückgegeben werden, sondern auch in freigeschalteten Flaschen-Rückgabeautomaten. Ein nächster Schritt wäre die Einführung in Supermärkten: "So würde die Akzeptanz für Mehrwegsysteme über den Coffee to go hinaus steigen - und einen echten Unterschied für Verbraucher und Anbieter bewirken."
Jutta Lasner
Veröffentlicht am 4. Dezember 2019