Statistik

Krisenjahr bremst den Außenhandel

Ukraine-Krieg, hohe Energiepreise und weltweite Lieferkettenprobleme sorgen für einen Rückgang der Exportmengen in Südhessen. Dennoch besteht weiterhin eine hohe Nachfrage nach südhessischen Produkten im Ausland. Polen ist auf Platz 3 der Exportländer.

Pressemeldung vom 5. Januar 2023

Ukraine-Krieg, hohe Energiepreise und weltweite Lieferkettenprobleme sorgen für einen Rückgang der Exportmengen in Südhessen. Dennoch besteht weiterhin eine hohe Nachfrage nach südhessischen Produkten im Ausland. Polen ist auf Platz 3 der Exportländer.
„Die aktuelle Krisensituation bremst den Außenhandel in Südhessen. Probleme in der weltweiten Logistik, Rohstoffmangel und ein deutlicher Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise haben sich im vergangenen Jahr negativ ausgewirkt“, sagt Axel Scheer, Experte für Außenhandel bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar. „Viele Unternehmen können Aufträge nicht abarbeiten, weil Zulieferteile nicht rechtzeitig oder gar nicht kommen. Das wirkt sich spürbar auf den Export aus“, sagt Scheer. Diese Einschätzung spiegelt sich auch in den Zahlen der durch die IHK Darmstadt ausgestellten Exportdokumente wider.
Die IHK Darmstadt stellte im vergangenen Jahr 32.151 Außenhandelsdokumente aus und damit deutlich weniger als im Vorjahr (2021: 37.882; minus 15 Prozent). Die Auswirkungen der Krisen lassen sich auch an den Carnet A.T.A. ablesen, mit denen Waren ohne größere Zollformalitäten zeitweilig ausgeführt werden können. Dieses Dokument benötigen Unternehmen, wenn sie ihre Waren auf Messen ausstellen oder Servicetechniker ihre Ausrüstungen ins Ausland mitnehmen wollen. Zwar ist 2022 mit 422 ausgestellten Carnets (2021: 324 Carnets; plus 30 Prozent) ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Dennoch habe die aktuelle Krisensituation ein Ergebnis wie 2019 (556 Carnets) verhindert, so Scheer.

EU und USA wichtigste Handelspartner

Die vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes für die ersten neun Monate 2022 scheinen ein anderes Bild zu zeichnen. Danach stiegen die hessischen Exporte von Januar bis September um 14,6 Prozent auf 59,07 Milliarden Euro (2021: 51,54 Milliarden Euro). Importiert wurden im gleichen Zeitraum Waren im Wert von 96,64 Milliarden Euro (2021: 88,89 Milliarden Euro) und damit 8,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. „Doch trügen die Zahlen“, meint IHK-Experte Scheer. „Denn die Zuwächse sowohl beim Export als auch beim Import sind weitgehend inflationsbedingt. Höhere Material-, Energie- und Logistikkosten machen die Einkäufe teurer und damit natürlich auch die Verkäufe. Die tatsächliche Export- oder Importmenge steigt indes nicht. Das zeigt uns der deutliche Rückgang der Zahl der Außenhandelsdokumente“, sagt Scheer.
Inflationsbedingt sind die Exporte in die Länder der EU in den ersten neun Monaten um 20,8 Prozent auf 32,42 Milliarden Euro (2021: 26,84 Milliarden Euro) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Importiert wurden Waren im Wert von 39,12 Milliarden Euro (2021: 33,43 Milliarden Euro; plus 17,0 Prozent).
Ebenso stark haben die Exporte in die USA zugelegt. Sie betrugen von Januar bis September 2022 8,48 Milliarden Euro und sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (7,07 Milliarden) um knapp 20 Prozent gestiegen. Auch die Importe haben kräftig zugelegt. Importiert wurden in den ersten neun Monaten Waren im Wert von 11,26 Milliarden Euro (2021: 10,77 Milliarden Euro; plus 4,5 Prozent.

Weiterhin hohe Exportquote in Südhessen

Die Exportquote im verarbeitenden Gewerbe liegt im Kammerbezirk der IHK Darmstadt bei 65,4 Prozent und damit deutlich über der für Hessen (55,4 Prozent) und für Deutschland (48,5 Prozent).
„Chemische und pharmazeutische Produkte, Fahrzeuge und Fahrzeugteile, elektrotechnische Erzeugnisse und Maschinen sind im Ausland weiter stark nachgefragt.“ sagt Außenhandelsexperte Scheer.
Von Januar bis September wurden chemische und pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von 19,32 Milliarden Euro aus Hessen exportiert und damit 13,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum (2021: 17,07 Milliarden Euro). Importiert wurden Waren im Wert von 15,26 Milliarden Euro (2021: 13,39 Milliarden Euro) und damit 14,0 Prozent mehr als im Vorjahr.
Auch der Maschinenbau vermeldet positive Zahlen. Die Exporte stiegen mit 6,39 Milliarden Euro (2021: 5,63 Milliarden Euro) um 13,5 Prozent. Die Importe stiegen mit 9,45 Milliarden Euro (2021: 8,03 Milliarden Euro) um 17,7 Prozent.
Der Export von elektrotechnischen Erzeugnissen legte in den ersten neun Monaten mit 4,9 Milliarden um knapp 14 Prozent zu (2021: 4,3 Milliarden Euro). Beim Import beträgt der Zuwachs mit 12,26 Milliarden Euro 10,8 Prozent (2021: 11,06 Milliarden Euro).
Besonders gut lief es in der Automobilbranche. Dort stiegen die Exporte mit 4,8 Milliarden Euro (2021: 3,43 Milliarden Euro) um 39,9 Prozent. Die Importe kletterten mit 9,83 Milliarden Euro (2021: 8,81 Milliarden Euro) um 11,6 Prozent.

Frankreich zweitwichtigster Abnehmer / Exporte nach China sinken

Zweitwichtigster Abnehmer hinter den USA bleibt weiterhin Frankreich. Sowohl die Exporte ins Nachbarland als auch die Importe aus Frankreich sind in den ersten neun Monaten deutlich gewachsen. Exportiert wurden in den ersten neun Monaten Waren im Wert von 4,57 Milliarden Euro (2021: 3,74 Milliarden Euro; plus 22,2 Prozent) und für 6,28 Milliarden Euro importiert (2021: 4,99 Milliarden Euro; plus 25,9 Prozent). 
Auch Polen stärkt seine Position als wichtiger Handelspartner Hessens. Exportiert wurden von Januar bis September Waren im Wert von 4,00 Milliarden Euro (2021: 3,61 Milliarden Euro; plus 10,8 Prozent) und für 2,56 Milliarden Euro importiert (2021: 2,12 Milliarden Euro; plus 20,8 Prozent). Für Gesamtdeutschland liegt Polen auf Platz 5 der größten Handelspartner.
Die Exporte nach China sind in den ersten neun Monaten geschrumpft Die Ausfuhren dorthin betrugen von Januar bis September 2,90 Milliarden Euro (2021: 3,23 Milliarden). Das ist ein Minus von 10,2 Prozent. Importiert wurden Waren im Wert von 10,84 Milliarden Euro (2021: 9,64 Milliarden Euro; plus 12,4 Prozent). „Hintergrund für den Rückgang dürften vor allem Lockdowns und die Unsicherheiten durch die strikte Null-Covid-Politik in China sein“, sagt Scheer.

Exporte in die Ukraine nehmen zu

Die Exporte in die Ukraine sind in den ersten neun Monaten leicht angewachsen. Die Ausfuhren dorthin betrugen von Januar bis September 0,167 Milliarden Euro (2021: 0,151 Milliarden). Das ist ein plus von 9,9 Prozent. Importiert wurden Waren im Wert von 0,065 Milliarden Euro (2021: 0,067 Milliarden Euro; Minus 3,0 Prozent).
Erwartungsgemäß geschrumpft sind die Exporte nach Russland in den ersten neun Monaten erwartungsgemäß geschrumpft. Die Ausfuhren dorthin betrugen von Januar bis September 0,561 Milliarden Euro (2021: 0,778 Milliarden). Das ist ein Minus von 27,9 Prozent. Die Importe aus Russland sind sogar um die Hälfte eingebrochen. Importiert wurden Waren im Wert von 1,71 Milliarden Euro (2021: 3,68 Milliarden Euro; Minus 53,5 Prozent). Ursache sind die Sanktionen gegenüber Russland.
Über die IHK Darmstadt: Die IHK Darmstadt vertritt die Interessen von rund 65.000 Mitgliedsunternehmen aus den Landkreisen Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und dem Odenwaldkreis sowie der kreisfreien Stadt Darmstadt. 150 hauptamtliche Mitarbeiter unterstützen die rund 2.000 in der IHK ehrenamtlich tätigen Unternehmer, Prüfer und Dozenten in ihrer Arbeit und setzen die Beschlüsse der Vollversammlung um.
Axel Scheer
Teamleiter
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Team International