
Konjunkturimpuls bleibt aus
Es geht nicht voran mit der Konjunktur. Die Geschäfte laufen kaum besser als zu Jahresbeginn. So lauten die zentralen Erkenntnisse der Konjunkturumfrage der IHK Darmstadt im Frühsommer. Der Koalitionsvertrag kann die Stimmung auch nicht drehen. Die Unternehmen zeigen sich mehrheitlich enttäuscht.
Pressemeldung vom 24. April 2025
IHK-Hauptgeschäftsführer Robert Lippmann
Die südhessische Wirtschaft tut sich schwer, die Rezession abzuschütteln. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar, für die sie rund 900 Unternehmen aus der Region befragt hat. In der Industrie läuft es nicht rund, und das Zollchaos der US-Regierung macht den Exporteuren Sorgen. Im Einzelhandel bleibt die Situation angespannt, bei den Dienstleistern ist die Geschäftslage durchwachsen. Mit Blick auf die kommenden Monate herrscht bei den Unternehmen weiter Skepsis.
Geschäftsklimaindex unter Wachstumsschwelle
Der IHK-Geschäftsklimaindex fasst Lage und Erwartung der Unternehmen zusammen. Gegenüber Jahresbeginn gewinnt der Index zwei Punkte, er beträgt aktuell 90 Punkte. Nur 20 Prozent der befragten Unternehmen in Südhessen beurteilen ihre aktuelle Lage als gut, 56 Prozent als befriedigend, 24 Prozent als schlecht. Gegenüber Jahresbeginn klettert der Saldo aus zufriedenen und unzufriedenen Unternehmen um zwei Punkte. Er liegt jetzt bei minus vier Prozentpunkten. „Das ist keine Frühjahrsbelebung, eher ein Frühjahrslüftchen“, ordnet Robert Lippmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar, das Ergebnis ein.
…keine Frühjahrsbelebung, eher ein Frühjahrslüftchen.Robert Lippmann
Von Koalitionsvertrag enttäuscht
Auch die Zukunftserwartungen verbessern sich nur marginal. Nur elf Prozent der Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung der Situation, 62 Prozent glauben, dass es so bleibt wie es ist. Rund jedes vierte Unternehmen (27 Prozent) ist pessimistisch. Damit klettert der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen nur um zwei Punkte. Er beträgt aktuell minus 16 Prozentpunkte. „Dass die neue Regierung ohne Vorschusslorbeeren startet, wussten wir noch aus der Vorumfrage“, erläutert Hauptgeschäftsführer Lippmann die Zahlen. „Umso aufmerksamer verfolgen die Unternehmen, ob die Standortprobleme jetzt wirklich in Angriff genommen werden.“
Dass sich die Koalitionsparteien schnell auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben, ist positiv, so Lippmann. Inhaltlich bleibt der Koalitionsvertrag aber hinter den Erwartungen zurück. Der IHK-Hauptgeschäftsführer: „Der Koalitionsvertrag enthält zahlreiche richtige und wichtige Maßnahmen. Das gilt auch für das Sondervermögen, wenn es richtig eingesetzt wird. An anderen Stellen wie der dringend nötigen Unternehmenssteuerreform oder der langfristigen Sicherung des Sozialversicherungssystems bleibt der Koalitionsvertrag mutlos.“
Von Aufbruchstimmung bei den Unternehmen durch den Koalitionsvertrag kann keine Rede sein.Robert Lippmann
In einer zusätzlichen Umfrage hat die IHK Darmstadt südhessische Unternehmen explizit zum Koalitionsvertrag befragt. Das Ergebnis: Nur 27 Prozent der Unternehmen blicken durch den Koalitionsvertrag optimistischer in die Zukunft als zuvor. Für die meisten Unternehmen, nämlich 39 Prozent, ändert sich nichts, für 18 stellt der Koalitionsvertrag sogar eine Verschlechterung dar. 16 Prozent der antwortenden Unternehmen können noch keine Aussage treffen. „Dieses Ergebnis ist ernüchternd“, bewertet Lippmann die Zahlen. „Von Aufbruchstimmung bei den Unternehmen durch den Koalitionsvertrag kann keine Rede sein.“ Auch deswegen sind die Unternehmen bei Investitionen sehr zurückhaltend. Zwar verbessert sich der Saldo aus investitionswilligen und investitionsunwilligen Unternehmen um fünf Prozentpunkte. Mit minus zwölf Prozentpunkten bleibt der Saldo aber tief im roten Bereich. Bei den Einstellungsplänen der Unternehmen ist es nicht anders. Die Zeichen stehen eher auf Stellenabbau.
Drei zentrale Risiken
Als größtes Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sehen die Unternehmen in Südhessen die Inlandsnachfrage. Diese Auffassung äußern 62 Prozent der Unternehmen (minus fünf Prozentpunkte). „Hier sehen wir einen positiven Effekt der Sondervermögen, die sicher zu einem Nachfrageimpuls führen werden“, bewertet Lippmann das Ergebnis. Als zweitgrößtes Risiko sehen die Unternehmen die Entwicklung der Arbeitskosten (61 Prozent der Nennungen, plus sechs Prozentpunkte). „Die hohen Tarifabschlüsse, die schwelende Diskussion um den Mindestlohn und die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge schlagen durch“, so Lippmann. Am dritthäufigsten nennen die Unternehmen die Qualität der Wirtschaftspolitik (60 Prozent der Nennungen, plus ein Prozentpunkt).
Worauf es jetzt ankommt
Wer den Standort stärken will, muss liefern – und zwar zügig.Robert Lippmann
„Mit Blick auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags und die kommenden Jahre ist wichtig, dass die Politik jetzt ins Handeln kommt. Deutschland braucht mehr als Absichtserklärungen, nämlich Tempo und Umsetzungstreue. Die Betriebe erwarten konkrete, spürbare Fortschritte – weniger Bürokratie, bezahlbare Energie, schnellere Genehmigungen. Die Sondervermögen schaffen finanzielle Spielräume – aber ohne effiziente Umsetzung und mutige Entscheidungen bleibt es bei Symbolpolitik. Wer den Standort stärken will, muss liefern – und zwar zügig“, betont Lippmann.
Weiterlesen: Konjunkturbericht Frühsommer 2025
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Annabel Aulehla
Bereich:
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