„Wir lehnen eine Verpackungssteuer ab“

Die Vollversammlung der IHK Darmstadt hat sich in ihrer jüngsten Sitzung gegen die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer in Südhessen ausgesprochen. Hintergrund sind Diskussionen über die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer wie aktuell in Darmstadt.

Pressemeldung vom 15. September 2025

Porträt der IHK-Vizepräsidentin Ulrike Jakobi
Ulrike Jakobi, Vizepräsidentin der IHK Darmstadt © IHK Darmstadt / Jens Steingässer
„Wir lehnen eine kommunale Verpackungssteuer ab“, sagt Ulrike Jakobi, Vizepräsidentin der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar. „Der Salat in der Mittagspause an der Frischetheke im Supermarkt wäre wahrscheinlich genauso betroffen wie der morgendliche Kaffee auf dem Weg zur Arbeit. Unseren Kundinnen und Kunden sind die dadurch entstehenden – für sie nicht nachvollziehbaren – Preiserhöhungen schwer zu vermitteln. Das Unverständnis dafür landet dann nicht bei den Verantwortlichen, den Entscheidenden bei Städten und Kommunen, sondern bei uns und unseren Mitarbeitenden“, so Jakobi, die selbst Geschäftsführerin mehrerer Edeka-Märkte ist.
Unseren Kundinnen und Kunden sind die dadurch entstehenden – für sie nicht nachvollziehbaren – Preiserhöhungen schwer zu vermitteln.

Ulrike Jakobi

Robert Lippmann
Robert Lippmann, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar. © IHK Darmstadt / Dennis Möbus
Robert Lippmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Darmstadt hinterfragt die Sinnhaftigkeit: „Die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer wäre ein Kostentreiber – für betroffene Unternehmen und Kommunen zugleich.“ Betriebe müssten ihre Kassensysteme anpassen, Mitarbeitende entsprechend schulen und neue Dokumentationspflichten erfüllen. Gleichzeitig entstehen zusätzliche Personalkosten in der Verwaltung, weil betroffene Unternehmen ermittelt, Steuerbescheide geprüft und regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden müssten. „Ob die Kommunen damit überhaupt nennenswerte Mehreinnahmen erzielen, ist fraglich. Sicher allerdings ist der deutliche bürokratische und personelle Mehraufwand auf beiden Seiten. Und das in Zeiten, in denen von allen Seiten bürokratische Entlastungen versprochen werden“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer wäre ein Kostentreiber – für betroffene Unternehmen und Kommunen zugleich.

Robert Lippmann

Nach Einschätzung der IHK fehlen außerdem belastbare Nachweise, dass eine Verpackungssteuer das angestrebte Ziel, weniger Müllaufkommen im öffentlichen Raum, tatsächlich erreicht. „Auch wir als Unternehmen wünschen uns saubere Parks und Innenstädte“, betont IHK-Vizepräsidentin Jakobi. „Aber ein Blick nach Tübingen – wo eine solche Steuer bereits eingeführt wurde – zeigt: Die erhoffte Wirkung ist bislang ausgeblieben.“ Laut einer Studie der Universität Tübingen ist die Menge an Einwegverpackungsmüll dort nicht signifikant zurückgegangen.
… ein Blick nach Tübingen … zeigt: Die erhoffte Wirkung ist bislang ausgeblieben.

Ulrike Jakobi

Lippmann gibt weiter zu bedenken: „Eine kommunale Verpackungssteuer würde Insellösungen schaffen, die Unternehmen in betroffenen Kommunen gegenüber Mitbewerbern in benachbarten Städten benachteiligt, die keine solche Steuer erheben. Unternehmen, die überregional tätig sind, sehen sich mit einem Flickenteppich aus heterogenen Regelungen konfrontiert, der nochmals zusätzlichen Aufwand mit sich bringt.“ IHK-Vizepräsidentin Jakobi ergänzt: „Und das Unverständnis der Kunden muss man auch gleich einpreisen.“
Angesichts des gleichzeitig hohen organisatorischen Aufwands für Betriebe und Verwaltung stellt sich aus Sicht der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar die grundsätzliche Frage nach der Verhältnismäßigkeit. „Wenn weder eine klare ökologische Lenkungswirkung erkennbar ist noch die Umsetzung ohne erhebliche zusätzliche Bürokratie auskommt, muss die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer grundsätzlich hinterfragt werden“, so das Fazit von IHK-Vizepräsidentin Ulrike Jakobi.
Die Vollversammlung hat dem Antrag und damit dem Positionspapier „Kommunale Verpackungsteuer – Belastung statt Lösung“ bei vier Enthaltungen zugestimmt.
Hintergrund: Seit 2022 erhebt Tübingen auf alle Speisen und Getränke, die in Einwegverpackungen zum unmittelbaren Verzehr verkauft werden, eine zusätzliche Steuer. Das führte zu großem Widerstand, der auch Gerichte beschäftigt hat. Im Januar 2025 wies das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen die Erhebung einer kommunalen Verpackungssteuer in Tübingen zurück. Seit dieser Entscheidung denken bundesweit immer mehr Kommunalparlamente – auch in Südhessen – darüber nach, eine ähnliche Steuer einzuführen. Intensiv wird die Einführung in Darmstadt diskutiert. Hier ist die IHK Darmstadt bereits in zahlreichen Hintergrundgesprächen mit den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlungen in der Region unter Beteiligung von betroffenen Unternehmen aktiv
Patrick Körber
Geschäftsbereichsleiter, Pressesprecher
Bereich: Kommunikation und Marketing