
Zwischen Hoffen und Bangen
Die südhessische Wirtschaft kommt nicht aus dem konjunkturellen Tal. Die Geschäfte laufen eher schlechter als im Herbst. Auf das Ende der Ampelregierung reagieren die Unternehmen verhalten. So lauten die zentralen Erkenntnisse der Konjunkturumfrage der IHK Darmstadt zum Jahresbeginn.
Pressemeldung vom 5. Februar 2025
Robert Lippmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Darmstadt
© IHK Darmstadt / Klaus Mai
Die südhessische Wirtschaft befindet sich noch immer in der Rezession. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar, für die sie rund 900 Unternehmen aus der Region befragt hat. Die Industrie meldet Rückgänge bei Aufträgen und Umsatz, das Baugewerbe berichtet von Auslastungsproblemen. Die Einzelhändler sind vom Weihnachtsgeschäft enttäuscht. Lediglich im Dienstleistungsgewerbe gibt es neben Schatten auch Licht. Für die kommenden Monate sind die meisten Unternehmen unverändert pessimistisch. An die künftige Bundesregierung richtet die Wirtschaft klare Erwartungen.
Geschäftsklimaindex unter Wachstumsschwelle
Der IHK-Geschäftsklimaindex fasst Lage und Erwartung der Unternehmen zusammen. Gegenüber Herbst 2024 verliert der Index einen Punkt. Er beträgt aktuell 88 Punkte und liegt damit 12 Punkte unter der Wachstumsschwelle. Erst bei mehr als 100 Indexpunkten kann von einer Wachstumserwartung gesprochen werden.
Es gibt derzeit nur wenig Auftriebskräfte, die die Konjunktur stützen.Robert Lippmann
Nur 20 Prozent der befragten Unternehmen in Südhessen beurteilen ihre Lage als gut, 54 Prozent als befriedigend, 26 Prozent als schlecht. Gegenüber Herbst verliert der Saldo aus zufriedenen und unzufriedenen Unternehmen zwei Punkte. Er liegt jetzt bei minus sechs Prozentpunkten. „Es gibt derzeit nur wenig Auftriebskräfte, die die Konjunktur stützen“, bewertet Robert Lippmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar, die aktuelle Befragung.
Stellenabbau, aber kaum Insolvenzen
Die Zukunftserwartungen haben sich nicht verbessert. Nur 13 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung der Situation, 56 Prozent glauben, dass es so bleibt wie es ist. Knapp jedes dritte Unternehmen (31 Prozent) befürchtet eine weitere Verschlechterung. Damit bleibt der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen unverändert bei minus 18 Prozentpunkten. „Die schlechte Stimmung verfestigt sich“, erläutert Hauptgeschäftsführer Lippmann. „In der Folge treten die Unternehmer bei Personal und Investitionen weiter auf die Bremse, weil Geld und Zuversicht fehlen“, ergänzt Lippmann. So wollen nur sieben Prozent der Unternehmen einstellen, aber 19 Prozent der Unternehmen erwarten, sich von Personal trennen zu müssen oder ausscheidende Mitarbeiter nicht zu ersetzen. Bei Investitionen ist die Zurückhaltung der Unternehmen noch deutlicher.
Während sich in Hessen die Krise auch in steigenden Insolvenzzahlen zeigt, ist Südhessen von einer Insolvenzwelle bislang verschont geblieben. „Die Liquiditätslage der südhessischen Unternehmen ist aber angespannter als im Herbst“, erklärt Lippmann. „Eine zeitverzögerte Entwicklung können wir nicht ausschließen. Südhessen ist keine Insel“.
Drei zentrale Risiken
Als größtes Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sehen die Unternehmen in Südhessen die Inlandsnachfrage. Diese Auffassung äußern aktuell zwei von drei Unternehmen (67 Prozent, plus neun Prozentpunkte). Am zweithäufigsten nennen die Unternehmen die Qualität der Wirtschaftspolitik (59 Prozent der Nennungen, minus zwei Prozentpunkte). Robert Lippmann: „Die Erwartungshaltung der Unternehmen hinsichtlich der Lösung unserer Standortprobleme ist offensichtlich gering. Die künftige Regierung wird absehbar ohne Vertrauensvorschuss starten.“
Die künftige Regierung wird absehbar ohne Vertrauensvorschuss starten.Robert Lippmann
Als drittgrößtes Risiko sehen die Unternehmen die Entwicklung der Arbeitskosten (55 Prozent der Nennungen). „Hier machen sich die hohen Tarifabschlüsse sowie die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge bemerkbar, die von den Arbeitgebern anteilig finanziert wird“, ergänzt Lippmann.
Erwartungen an künftige Regierung
„Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl ist wichtig, dass der drängende wirtschaftspolitische Handlungsbedarf im Fokus bleibt“, so Lippmann. Im Dialog mit den Unternehmen haben die hessischen Industrie- und Handelskammern deswegen einen Forderungskatalog zur Bundestagswahl 2025 erarbeitet. Ziel ist es, der neuen Bundesregierung konkrete Handlungsempfehlungen an die Hand zu geben, um der Konjunktur wieder Schwung zu geben. „Unternehmen brauchen stabile und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Hier hat die Politik vieles in der Hand, hier kann sie gestalten, allen voran beim Abbau bürokratischer Hürden, etwa durch die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und Meldepflichten“, betont Lippmann. Alle Maßnahmen, die Wachstum und Innovation fördern, müssen auf der Prioritätenliste nach oben.
Weiterführende Informationen: Aktueller Konjunkturbericht
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Patrick Körber
Geschäftsbereichsleiter, Pressesprecher
Bereich: Kommunikation und Marketing