29.04.2025
USA für viele Unternehmen kein verlässlicher Handelspartner mehr
- IHK-Umfrage zieht kritische Bilanz nach 100 Tagen Trump
- Unternehmen kritisieren "Chaos" und "unvorhersehbare Folgen"
- Handelshemmnisse und Sanktionen als größte Risiken
- Drei von vier Unternehmen rechnen mit Negativauswirkungen der US-Zölle
- Unternehmer auf der Suche nach neuen Handelspartnern
- Freier Welthandel als Gegenmodell zu Trumpschen Zöllen
IHK-Umfrage zieht kritische Bilanz nach 100 Tagen Trump
Die sprunghafte Politik des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump verunsichert die oberfränkischen Unternehmen mit Geschäftskontakten in die USA massiv, wie eine aktuelle Blitzumfrage der IHK für Oberfranken Bayreuth zeigt. Das Urteil über die ersten 100 Tage seiner Präsidentschaft zeichnet ein ernüchterndes Bild: Für 34 Prozent der Befragten sind die USA kein verlässlicher Handelspartner mehr.
Für gerade einmal acht Prozent der befragten Unternehmen mit US-Geschäftskontakten sind die USA weiterhin ein verlässlicher Geschäftspartner, weitere 58 Prozent können dies aktuell noch nicht abschätzen. "Wirtschaft braucht Verlässlichkeit", macht Dr. Michael Waasner deutlich, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth. "Die Unberechenbarkeit verunsichert unsere Unternehmen zutiefst, insbesondere die Folgen der teilweise extremen Zollsätze sind kaum abzuschätzen. Den Unternehmen bleibt in der aktuellen Lage nur übrig, auf Sicht zu fahren."
Die transatlantischen Spannungen treffen die Wirtschaft hart, sind die USA doch der größte Abnehmer bayerischer Produkte. Dazu kommen die unsicheren Konjunkturaussichten. Vor allem die Automobilzulieferer, Oberfrankens bedeutendste Arbeitgeber, spüren den zunehmenden Druck. Dr. Waasner: “Viele Unternehmen sind ohnehin schon in einer schwierigen Situation, die durch die aktuelle US-Politik noch verschärft wird. Flexibilität in den Lieferketten und alternative Absatzmärkte stehen jetzt weit oben auf der strategischen Agenda.”
Unternehmen kritisieren "Chaos" und "unvorhersehbare Folgen"
Die Kommentare der befragten Unternehmen zur aktuellen US-Politik fallen deutlich aus. "Die Welt spielt Schach", so die Einschätzung eines Handelsunternehmens zu den aktuellen Entwicklungen im Welthandel. "Ein absolutes Chaos mit unvorhersehbaren Folgen", ergänzt ein Unternehmensvertreter aus der Industrie. "Chaotisch, unseriös, erpresserisch, arrogant und selbstzerstörerisch" die Meinung eines Unternehmens aus dem Bausektor zu dem ersten 100 Tagen Trump. Verschiedene Statements zeigen aber auch die Angst der Unternehmen um die Stabilität der Demokratie in den USA.
Handelshemmnisse und Sanktionen als größte Risiken
Die Unternehmen sehen vielfältige Risiken durch die aktuelle US-Politik. Besonders kritisch bewertet werden mögliche Handelshemmnisse (83 Prozent), negative Auswirkungen der US-Sanktionen auf andere Weltmärkte (77 Prozent) sowie die Instabilität der Finanzmärkte (63 Prozent).
Natürlich bedeutet das nicht, dass die Unternehmen künftig auf den US-amerikanischen Markt verzichten: 56 Prozent der Befragten bleiben bei ihrer bisherigen Unternehmensstrategie, immerhin fünf Prozent wollen ihr Engagement in den USA erhöhen, weitere 16 Prozent dagegen ihr Engagement zurückfahren.
Drei von vier Unternehmen rechnen mit Negativauswirkungen der US-Zölle
Sollten die derzeit ausgesetzten US-Zölle tatsächlich in Kraft treten, rechnen rund drei Viertel der befragten Unternehmen mit negativen Auswirkungen auf ihr US-Geschäftsmodell.
Ein gutes Drittel der Befragten befürchtet außerdem eine Beeinträchtigung des China-Geschäfts durch die US-Handelspolitik. In ihren Kommentaren befürchten betroffene Unternehmen eine Instabilität der Lieferketten und einen verstärkten Wettbewerbsdruck durch chinesische Anbieter auf dem europäischen Markt. "Ich befürchte eine Flut chinesischer Billigprodukte“, so ein Unternehmensvertreter. Zudem weisen mehrere Unternehmen darauf hin, dass eine Verlagerung der Produktion von China in die USA erhebliche Mehrkosten verursachen würde und das notwendige Know-how für die Produktion in den USA oft gar nicht vorhanden sei.
Unternehmer auf der Suche nach neuen Handelspartnern
Unterschiedlicher könnte die Einschätzung der Geschäftsbeziehungen in den kommenden vier Jahren nicht ausfallen. Während gerade einmal 13 Prozent der Befragten mit einer positiven Entwicklung der Geschäftsbeziehungen mit den USA rechnen, sind es bei China 50 Prozent. Genau umgekehrt fallen die negativen Erwartungen aus. Während 53 Prozent der Unternehmen pessimistisch auf die weiteren Geschäftsbeziehungen mit den USA blicken, sind es bei China trotz aller Herausforderungen nur 17 Prozent.
Andere Märkte gewinnen aus Sicht der exportorientierten Unternehmen an Attraktivität. Vor allem die Eurozone (68 Prozent), die anderen EU-Länder (inclusive Schweiz und Norwegen mit 40 Prozent), China (28 Prozent), der Asien-Pazifik-Raum (28 Prozent), das Vereinigte Königreich (22 Prozent) und Kanada (22 Prozent) rücken verstärkt in den Fokus oberfränkischer Unternehmen.
Freier Welthandel als Gegenmodell zu Trumpschen Zöllen
"Protektionismus statt Globalisierung - diese Entwicklung drückt der amerikanische Präsident der gesamten Welt auf. Umso wichtiger ist es, dass die Politik in Brüssel und Berlin weiter geschlossen für einen freien Welthandel eintritt und sich konsequent für niedrige Zölle zwischen den USA und der EU stark macht", fordert Dr. Waasner.
Die Zahl der Anfragen zu den Themenkomplexen "Außenhandel" und vor allem "Zölle" ist bei der IHK für Oberfranken Bayreuth zuletzt auf jeden Fall deutlich angestiegen.