Aufschwung auf Eis: Oberfranken braucht die Wirtschaftswende

Reformstau als Hemmschuh für die Wirtschaft

Zum Auftakt des Winterhalbjahres gibt es für die oberfränkische Wirtschaft kaum Anzeichen einer konjunkturellen Erholung, so die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK für Oberfranken Bayreuth. Ihre aktuelle Geschäftslage schätzen die Unternehmen im Schnitt etwas besser ein, die Erwartungen für 2026 lassen aber spürbar nach.

Der IHK-Konjunkturklimaindex, welcher die Bewertungen der Geschäftslage und der Geschäftserwartungen miteinander verknüpft, pendelt sich auf einem niedrigen Niveau ein und liegt bei 94 Punkten. "Die anhaltend schwache Konjunktur der letzten Jahre macht deutlich, dass Deutschland dringend eine Wirtschaftswende benötigt, um aus der Krise wieder herauszukommen", macht Dr. Michael Waasner deutlich, Präsident der IHK für Oberfranken Bayreuth.

Rahmenbedingungen unverändert schlecht

Die Unternehmen kämpfen weiterhin mit hohen Kosten, einer schwachen Nachfrage und viel Bürokratie. Geopolitische Krisen und Unsicherheiten, etwa die US-Handelspolitik, belasten zusätzlich. Besonders im Einzelhandel und in der Industrie ist die Lage angespannt. "Jahrelang wurde der Erfolg der Industrie als selbstverständlich angenommen. Inzwischen müsste sich herumgesprochen haben, dass unsere Industrie ohne entsprechende Rahmenbedingungen chancenlos ist", so Tobias Hoffmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK für Oberfranken Bayreuth.

26 Prozent der Unternehmen bewerten ihre aktuelle Geschäftslage positiv, 27 Prozent negativ – eine leichte Verbesserung gegenüber der Frühjahrsbefragung. Während bei den Dienstleistungen, aber auch im Tourismus und im Baugewerbe – hier oft auch saisonal bedingt - die Positiveinschätzungen überwiegen, sind Industrie und Handel spürbar unter Druck. Auffallend ist die deutlich verschlechterte Lageeinschätzung im Einzelhandel.

Im Inland hat das Auftragsvolumen spürbar nachgelassen, vor allem im Einzel- und Großhandel und in der Industrie. Nicht besser ist das Auftragsvolumen der Industrie im Ausland, vor allem mit der Türkei und Osteuropa sowie China und der Eurozone.

Während Industrieunternehmen mehrheitlich von einer unzureichenden Auslastung berichten, wird diese im Dienstleistungssektor, dem Baugewerbe und dem Tourismus im Saldo positiv bewertet

Herbstblues statt Frühjahrszuversicht

Die Erwartungen haben spürbar nachgelassen. Gerade einmal 13 Prozent der befragten Unternehmen im Kammerbezirk der IHK für Oberfranken Bayreuth rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage, 25 Prozent dagegen mit einer Verschlechterung. Vor allem Dienstleistungen und Einzelhandel rechnen dabei mit spürbar nachlassenden Geschäften. Die Nachfrage aus dem Ausland bleibt schwach, nur in wenigen Regionen wie Asien-Pazifik (ohne China) und Mittel- und Südamerika gibt es vorsichtigen Optimismus.

Investitionsklima auch 2026 verhalten

Die Investitionsplanungen der Unternehmen im Inland bleiben im Saldo weiter zurückhaltend. Nur 18 Prozent rechnen mit steigenden, 25 Prozent mit sinkenden Investitionen. Weitere 24 Prozent geben an, gar keine Investitionen zu tätigen. Vor allem der Großhandel, aber auch Einzelhandel und Industrie bleiben bei den Investitionsplanungen sehr zurückhaltend. Immerhin im Saldo leicht positiv sind die Investitionsplanungen im Dienstleistungssektor.

Zukunftsinvestitionen weiterhin vor allem im Ausland

Investiert wird weiterhin vor allem in Ersatzbeschaffungen (71 Prozent der Unternehmen) und Rationalisierungen (35 Prozent). Erst dann folgen Produktinnovationen, Investitionen in Umweltschutzmaßnahmen und Kapazitätserweiterungen.

Auch bei den Auslandsinvestitionen stehen Ersatzbeschaffungen im Fokus, dann folgen aber bereits Kapazitätserweiterungen und Produktinnovationen. "Diese Planungen zeigen deutlich, dass der Standort Deutschland weiterhin nur bedingt wettbewerbsfähig ist", so Hoffmann.

Das bleibt nicht ohne Auswirkung auf die Beschäftigtenentwicklung: 26 Prozent der Unternehmen rechnen mit weniger Personal, nur 8 Prozent mit mehr.

Risikofaktoren: Arbeitskosten im Fokus

"Angesichts der anhaltend schwachen wirtschaftlichen Entwicklung muss vorrangig die Frage geklärt werden, wie die deutsche Wirtschaft aus der Krise herausgeführt werden kann", macht IHK-Präsident Dr. Waasner deutlich. Eine Analyse der aus Unternehmenssicht größten Risikofaktoren für deren wirtschaftliche Entwicklung zeigt die Schwächen des Standortes auf. Die Belastung durch die Energie- und Rohstoffpreise und den Fachkräftemangel wird etwas niedriger eingeschätzt, bleibt aber auf einem hohen Niveau. Immer mehr zum Risikofaktor werden die hohen Arbeitskosten. Das sehen inzwischen 60 Prozent der Befragten so, im Frühjahr 2021 waren es erst 37 Prozent.

Reformbedarf: Wirtschaftswende als Voraussetzung für Wachstum

"Der von der Bundesregierung angekündigte 'Herbst der Reformen' ist aus Unternehmenssicht längst überfällig. Die Politik hat den Ernst der Lage endlich erkannt. Ohne umfassende strukturelle Reformen wird ein nachhaltiger wirtschaftlicher Aufschwung jedoch nicht möglich sein", macht Dr. Waasner deutlich. "Wenn es tatsächlich gelingt, die Bürokratiekosten zeitnah um 25 Prozent zu senken – so wie in der Modernisierungsagenda auf der jüngsten Kabinettsklausur angekündigt – wäre das ein Schritt in die richtige Richtung", ergänzt Hoffmann. Der Anspruch, international wieder an die Spitze zu kommen, sei da. Dr. Waasner: "Jetzt geht es darum, den Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen."