Keine Angst vor der Nachhaltigkeits-Berichterstattung: Wichtig ist, erste Schritte zu gehen
TANDEM-Reihe Wissenschaft & Praxis beschäftigt sich mit Nachhaltigkeit in der Betriebsführung – Wer sich schrittweise darum kümmert, generiert langfristigen Nutzen
Bamberg. Bringt es Vorteile, sich mit Nachhaltigkeit im Unternehmen zu beschäftigen? Vor welchen Herausforderungen stehen Betriebe dabei? Wie wichtig ist das Thema aus der wissenschaftlichen Betrachtung? Die Tandem-Reihe „Wissenschaft & Praxis“ gab bei der Diskussion unter dem Titel „Daten, Druck und Durchblick – Unternehmerische Nachhaltigkeit zwischen Anspruch und Alltag“ allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Einblick in verschiedene Herangehensweisen, Erfahrungen und grundsätzliche Fragen. Gemeinsam vertraten die Diskutierenden die Haltung, dass Nachhaltigkeit im Betrieb viele positive Effekte für die zukunftsorientierte Ausrichtung von Unternehmen und Betrieben bieten kann. Wichtig sei nur, die ersten Schritte zu wagen. Auf dem Podium waren Prof. Dr. Frank Schiemann, Inhaber des Lehrstuhls für BWL, insbesondere Controlling an der Universität Bamberg, Schreinermeister Johannes Lange, Geschäftsführer der HANNESLANGE GmbH & Co. KG aus Ebermannstadt, Nicole Wagner, Corporate Social Responsibility Managerin bei der GREIFF Mode GmbH & Co. KG aus Bamberg sowie Dr. Sergio Drawert, Technischer Leiter bei RZB Rudolf Zimmermann Bamberg GmbH, vertreten.
Als Basis der Diskussion diente eine Umfrage unter den Besucherinnen und Besuchern der TANDEM-Reihe: 61 Prozent der Teilnehmenden an der Veranstaltung wären mit einer verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung für Betrieb und Unternehmen einverstanden. Immerhin messen und steuern 39 Prozent Nachhaltigkeit bereits intern. Sie verbinden den Begriff „Nachhaltigkeit“ in erster Linie mit Verantwortung, Wettbewerbsfähigkeit und Zukunft. Die Praxispartner in der Diskussionsrunde sind da in ihren Betrieben schon ein Stück weiter, haben nachhaltige Elemente längst in ihre Unternehmensstrategie integriert.
Für Schreinermeister Johannes Lange steckt die Nachhaltigkeit automatisch in der DNA des Handwerks. Trotzdem sieht er sich als „Überzeugungstäter“ und hat in seinem Betrieb schon viele nachhaltige Projekte realisiert: bei der Energieversorgung und Energieeinsparung, der Abfallentsorgung, der Nutzung regionaler Wertschöpfungsketten und bei der Reduktion von „grauer Energie“ beim Bau. Sein Credo: „Nachhaltigkeit ist eine Herausforderung, die sich rentiert. Wenn man am Thema dranbleibt, kommt am Ende auch etwas Gutes heraus.“ Zudem sieht er einen weiteren Nutzen für seine Schreinerei: „Unsere Kunden erleben unsere nachhaltige Arbeit direkt in der Werkstatt, sehen sie auf unserer Homepage und in den Social-Media-Kanälen. Auch dadurch entwickelt sich Vertrauen zum Betrieb.“ Eine Pflicht zur Berichterstattung sieht er dennoch kritisch: „Für kleine Betriebe ist der Aufwand personell nicht machbar.“
Laut Nicole Wagner habe sich die GREIFF Mode GmbH & Co. KG für ihre Nachhaltigkeitsreise entschieden, um die vorhandenen Unternehmenswerte weiter zu stärken. „Wir arbeiten seit 2014 systematisch an unserer nachhaltigen Ausrichtung, allerdings ohne exakt ausgearbeiteten Leitfaden. Nachdem wir internationale Zulieferer haben, spielt die soziale Verantwortung zu den weltweiten Partnern eine Schlüsselrolle.“ So habe man die eigenen Standards auf ein gutes Niveau gebracht. Besonders bei der Transparenz der Lieferketten müsse man sich ständig weiterentwickeln. Das Textilunternehmen erstellt einmal im Jahr einen Social Report. „Zur Nachhaltigkeit gehört aber auf jeden Fall auch das Vertrauen von Kunden“, unterstreicht Wagner. Klar sei zudem: Mit oder ohne Leitfaden müsse man Nachhaltigkeit immer neu denken und an die eigenen Herausforderungen anpassen.
Beim Leuchtenhersteller RZB Rudolf Zimmermann, Bamberg GmbH ist Nachhaltigkeit längst zur Chefsache geworden. Der Technische Leiter Dr. Sergio Drawert schildert den Einstieg: „Für uns war es anfangs eine Überraschung, was wir in Sachen Nachhaltigkeit schon alles tun.“ Einer Pflicht-Berichterstattung steht er zwar positiv gegenüber, weist aber darauf hin, dass man auch das Personal dafür haben muss. Für sein Unternehmen sei die Erstellung aber ohnehin alternativlos, „denn gerade Großkunden fordern diesen Nachweis aktiv ein und sortieren Zulieferer auch hin und wieder aus, wenn sie nicht nachhaltig genug aufgestellt sind.“ Sein Tipp für die ersten Schritte: „Einfach mal anfangen! Besser mit wenig Inhalten starten als gar nicht.“
Die Tandem-Reihe „Wissenschaft & Praxis“ fördert den beidseitigen Transfer aus der Wissenschaft in die Betriebspraxis und umgekehrt. Deshalb beurteilte Prof. Dr. Frank Schiemann die genannten Praxisbeispiele anschließend aus wissenschaftlicher Sicht, ging auf die Vorteile einer nachhaltigen Unternehmensausrichtung ein und räumte auch einige Mythen zu dem Thema aus. „Für eine nachhaltige Ausrichtung sprechen der leichtere Zugang zu Finanzierungen, eine verbesserte Reputation und der langfristige Nutzen bei der strategischen Ausrichtung“, so der BWL-Professor. Zudem helfe der Nachhaltigkeitsgedanke beim frühzeitigen Erkennen von Risiken. Laut Schiemann heißt Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht gleich mehr Bürokratie, wenn man das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält. Und zuletzt: „Nachhaltigkeit im Unternehmen gefährdet nicht den Wirtschaftsstandort, sondern ist ein Teil der aktiven Zukunftssicherung für Betriebe.“
Die Tandemreihe ist eine Gemeinschaftsinitiative der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, der IHK für Oberfranken Bayreuth und der Handwerkskammer für Oberfranken. Sie bringt einmal pro Jahr Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. Ziel ist es, den Austausch untereinander zu fördern und den beidseitigen Transfer von Wissen anzuregen.
Weitere, ständig aktualisierte Informationen zu der Veranstaltungsreihe finden Sie unter www.uni-bamberg.de/transfer/veranstaltungen/tandem
Weitere, ständig aktualisierte Informationen zu der Veranstaltungsreihe finden Sie unter www.uni-bamberg.de/transfer/veranstaltungen/tandem
Im Live-Talk (von links): Prof. Dr. Frank Schiemann (Uni Bamberg), Dr. Sergio Drawert (RZB Rudolf Zimmermann, Bamberg GmbH), Nicole Wagner (GREIFF Mode GmbH & Co. KG), Johannes Lange (HANNESLANGE GmbH & Co. KG) und Moderatorin Sandra Peter (IHK für Oberfranken Bayreuth).