Wirtschaft: “Es muss ein Ruck durch Kulmbach gehen“
IHK-Gremium Kulmbach diskutiert mit Landrat und OB
Das IHK-Gremium Kulmbach mit Harry Weiß an der Spitze tauscht sich regelmäßig im Rahmen eines Wirtschaftsfrühstück mit Landrat Klaus Peter Söllner und Oberbürgermeister Ingo Lehmann aus, ganz nach dem Motto "miteinander reden" statt "übereinander reden".
Die wirtschaftliche Lage der Unternehmen in Stadt und Landkreis Kulmbach hat sich in den letzten Wochen laut IHK-Konjunkturbefragung etwas verbessert. Und doch ist das Umfeld alles andere als rosig, wie bei der jüngsten Sitzung des IHK-Gremiums Kulmbach deutlich wurde. Vielschichtige Herausforderungen gibt es in allen Branchen. Was Unternehmen aus Industrie, Handel, Dienstleistung und Gastgewerbe aber eint, ist die Klage über die Regulierungswut, die längst zum Hemmnis für wirtschaftliches Wachstum geworden ist.
Das regelmäßige Wirtschaftsfrühstück mit Landrat Klaus Peter Söllner und Oberbürgermeister Ingo Lehmann ist für das IHK-Gremium Kulmbach inzwischen zur Tradition geworden. Die Mitglieder des Gremiums nutzen die Gelegenheit gerne, um auf die Themen hinzuweisen, die ihnen in ihren Unternehmen aktuell besonders unter den Fingernägeln brennen. Harry Weiß (Sparkasse Kulmbach-Kronach), Vorsitzender des IHK-Gremiums Kulmbach, betonte dann in seiner Begrüßung auch den guten und direkten Kontakt, den die Kulmbacher Kommunalpolitik zur Wirtschaft pflegt. Den Landkreis sieht er gut aufgestellt.
Steigende Kostenbelastungen der Kommunen schaden letztendlich auch Wirtschaft
Landrat Söllner geht in einem Statement kurz auf die Lage im Landkreis ein. Den sieht er angesichts der Branchenvielfalt im Vergleich zu anderen Regionen gut aufgestellt. Dennoch sei die Lage schwierig. “Vor allem wegen der Sozialausgaben laufen den Kommunen die Kosten davon“, so Söllner, der von der Bundesregierung entlastende Maßnahmen erwartet. Aufgrund dieser Kostenbelastungen könnten Landkreis und Gemeinden viele geplante Investitionen nicht tätigen, was wiederum der Wirtschaft schade.
Wie auch der Landrat versichert Oberbürgermeister Ingo Lehmann, dass Stadt und Landkreis eine wirtschaftsfreundliche Politik machen wollen. Schließlich könne man als Kommune nur ausgeben, was über Einnahmen wie die Gewerbesteuer in den Stadtsäckel fließe. Für die Zukunft der Stadt setzt Lehmann auch auf Impulse aus dem Uni-Campus, an dem inzwischen über 400 Studierende ihren Platz gefunden haben. Die Stadtwerke Kulmbach sieht der OB als verlässlichen Partner der Unternehmen.
Kulmbacher Wirtschaft vor vielfältigen Herausforderungen
In der anschließenden Diskussion kommen die unterschiedlichsten Themen auf den Tisch, nicht nur lokale. Aus Sicht der Industrie geht es aktuell um die internationale Wettbewerbsfähigkeit, die etwa Stefan Soiné (Ireks GmbH) durch hohe Kosten am Standort Deutschland gefährdet sieht. Soiné: “Wir müssen unseren gesellschaftlichen Kompass neu justieren“. Auch Sebastian Groppweis (Johann Bergmann GmbH &Co., Azendorf) sieht einzelne Themen “ideologisch aufgeladen“ und hofft auf durchgreifende Entscheidungen der Politik: “Die CO2-Bepreisung hängt wie ein Damoklesschwert über der konjunkturellen Entwicklung“. Viel Zustimmung erfährt Florian Schneider (ASK August Schneider GmbH & Co KG) für seine Äußerungen zur Bürokratie. Themen wie der Datenschutz, die Arbeitszeiterfassung oder aktuell der EU-AI-Act führten zu Überregulierungen, die Unternehmen erheblich belasteten. Die Regulierung komme zu den ohnehin großen Herausforderungen der Wirtschaft noch hinzu, pflichtet Sibylla Kneitz (Wilhelm Kneitz AG, Wirsberg) bei. Ihr Textilunternehmen, das vor allem in der Automotive-Branche tätig ist, muss hohe Preissteigerungen verkraften, die einerseits von Zulieferern kommen, aber eben auch durch bürokratische Auflagen verursacht werden.
Als Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes nutzt Alexander Schütz (Restaurant Ursprung, Wartenfels) die Gelegenheit, um auf die extrem schwierige Lage des Gastgewerbes hinzuweisen. Er habe kein Verständnis, wenn mit hoher staatlicher Förderung Gebäude saniert und dann als gastronomische Einrichtungen genutzt werden, während private Gastronomiebetriebe alle Investitionen selbst finanzieren müssten. “Diese Förderdiskrepanz führt zu Wettbewerbsverzerrungen“. Von den kommunalen Spitzen fordert er Planungssicherheit und ein entschiedenes Vorgehen gegen unnötige kommunale Auflagen ein. Einen Hotelneubau in Kulmbach hält er angesichts einer aktuellen Bettenauslastung in der Stadt von 35% für falsch.
Lösungen zur Belebung der Innenstadt gesucht
“Es muss ein Ruck durch Kulmbach gehen“, fordert Carolin Schuberth (waschis GmbH). Angesichts der Konkurrenz durch den Onlinehandel müsse sich die Stadtgesellschaft gemeinsam neu aufstellen und Lösungen zur Belebung der Innenstadt entwickeln.
IHK-Präsident Dr. Michael Waasner bedankt sich abschließend für die rege Diskussion. Er sieht es als Aufgabe der IHK an, in Gesprächen mit der Politik alles dafür zu tun, um die oberfränkischen Unternehmen wieder in die Spur zu bringen. “Um bei der Politik wirklich Gehör zu finden, brauchen wir Ihre Berichte aus der Unternehmenspraxis“, so Dr. Waasner.
