Pressemeldung

Ein steiniger Weg

Ob Arbeits- und Fachkräftemangel, die strukturelle Schwäche in Leitindustrien, nicht wettbewerbsfähige Preise bei der Energieversorgung oder die mangelnde Agilität des Staates und der Verwaltungen: Die Rahmenbedingen für die Unternehmen in der Region könnten besser sein. Die Unsicherheit, wie Betriebe künftig wettbewerbsfähig bleiben, ist täglicher Begleiter. Das bestätigten auch die Mitglieder des IHK-Gremiums Cham bei ihrer letzten Sitzung zu Gast bei der MAC Mode GmbH & Co. KGaA in Rossbach/Wald.
Gremiumsvorsitzender Dr. Alois Plößl begrüßte zur Sitzung den virtuell zugeschalteten Chefvolkswirt und Leiter Research der BayernLB Dr. Jürgen Michels, der einen Überblick über die Erwartungen für die bayerische Wirtschaft im Jahr 2024 gab. „Der Wirtschaft in Ostbayern geht es noch vergleichsweise gut, aber die durchaus ungewohnten Nachrichten über Insolvenzen und Übernahmen heimischer Unternehmen, steigende Kurzarbeit in der Industrie und die permanent angespannte Situation bei der Energieversorgung strapazieren die Nerven vieler Unternehmen“, betonte Plößl.
Bei der Sitzung wurden zudem Alexander Gmach von der Holzwerke Gmach GmbH sowie der ehemalige Leiter des Technologie Campus Cham Prof. Dr. Wolfgang Aumer verabschiedet. Alexander Gmach unterstützte die Interessen der regionalen Wirtschaft als langjähriges Mitglied der Vollversammlung der IHK, des regionalen IHK-Gremiums Cham und des IHK-Industrieausschusses. Wolfgang Aumer habe den Campus als Technologiedienstleister und Partner für Forschung und Entwicklung zu den Unternehmen gebracht sowie viele erfolgreiche Kooperationen mit der Wirtschaft vor Ort umsetzt, sagte Plößl.

Schwaches Wachstum setzt sich fort

Mit Fokus auf den Themen Konjunktur, Energie und internationale Märkte berichtete Dr. Jürgen Michels anschließend, welche Perspektiven die Unternehmen 2024 erwarten können. Das vergangene Jahr war nicht nur für die Wirtschaft in Deutschland sehr herausfordernd, auch international betrachtet gab es überall eine Abnahme der wirtschaftlichen Aktivitäten. Allerdings seien die Unternehmen hierzulande größtenteils mit einem blauen Auge davongekommen.
Dennoch werde sich die konjunkturelle Schwäche ausweiten, so Michels. Im Euro-Raum befinden sich die Inflationsraten im Rückwärtsgang – der Weg zu niedrigen Raten sei jedoch nach wie vor lang. Der angespannte Arbeitsmarkt biete Raum für höhere Löhne, was die Gefahr einer Preis-Lohn-Spirale am ansonsten soliden Arbeitsmarkt weiter aufrechterhalte. Des Weiteren planen nur noch wenige Unternehmen Preiserhöhungen. Die Straffung der Geldpolitik seitens der Leitbanken habe damit zumindest kurzfristig seinen Zweck erfüllt.

Investitionen versäumt

Deutschland werde die letzten Jahre im Euro-Raum mit Blick auf die Wirtschaftskraft zunehmend nach hinten durchgereicht, sagte Michels. Der Grund: Es wurde versäumt, nachhaltig in Innovationen zu investieren. Die Industrie in Deutschland werde dabei erneut zum Sorgenkind, da der Vorteil günstiger Lohnstückkosten mittlerweile verpufft sei. Darüber hinaus falle China als wichtiges Exportland immer mehr weg, auch wenn sich Richtung USA künftig mehr Marktchancen ergeben.
Bayern habe seinen wirtschaftlichen Vorsprung innerhalb Deutschlands kontinuierlich ausbauen können, jedoch werde das künftig aufgrund der schwachen Rahmenbedingungen immer herausfordernder werden. Als entscheidende Punkte und Treiber für die mittelfristige, auch internationale Entwicklung gab Michels vier Punkte an: den demographischen Wandel und den Umgang damit, eine Ausweitung der Digitalisierung, Strategien der Deglobalisierung sowie die Dekarbonisierung, also der Umstieg auf grüne Technologien und die Folgen davon.

Selbstverantwortung vorantreiben

Auch die kommenden Jahre sei in Deutschland mit einem schwachen Wachstum, aber mit einem weiteren Inflationsrückgang zu rechnen. Seitens der Zentralbanken sei das Zinsplateau erreicht, günstige Finanzierungen würden künftig immer unwahrscheinlicher werden. Insgesamt werde es für die Wirtschaft ein herausforderndes Jahrzehnt, in dem seitens des Staats Reformen und ein massiver Bürokratieabbau nötig seien.
Vor allem hinsichtlich der gestiegenen Strompreise, der hohen Steuerbelastungen für Unternehmen hierzulande und im Bereich Innovationsförderung sieht Michels Handlungsbedarf. Dabei müsse die Privatwirtschaft und die Eigenverantwortung von Betrieben und Menschen wieder mehr in den Vordergrund rücken. Der Staat sollte sich insbesondere auf die Schaffung passender Rahmenbedingen konzentrieren, so der Chefvolkswirt.
(16.10.2023)