IHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2024 | 16.2.24

Hoffnung trotz stotternder Konjunktur

Im IHK-Bezirk Ostwürttemberg hat sich das konjunkturelle Stimmungsbild zu Jahresbeginn 2024 gegenüber den Vormonaten leicht verbessert. Unterschiede in Lage und Erwartungen sind jedoch sektorenabhängig: Während weiterhin mehr als 40 % der Dienstleistungsunternehmen von einer guten Geschäftslage sprechen, ist es in der Industriebranche jedes fünfte. Die Baubranche sowie das Transport- und Verkehrsgewerbe blicken pessimistisch in die Zukunft. Der Arbeitsmarkt bleibt weitgehend stabil. Impulse für eine verstärkte Investitionstätigkeit in Kapazitätserweiterungen und Innovationen bleiben verhalten.
Im Vergleich zum Herbst 2023 ist sowohl der Geschäftslageindikator als auch der Geschäftserwartungsindikator gestiegen. Der Geschäftslageindikator ist 10,1 Punkte höher und verbleibt weiterhin im positiven Bereich mit einem Wert von 12,8. Der Geschäftserwartungsindikator ist um 14,9 Punkte gestiegen und weist wie zu Jahresbeginn 2023 einen leicht negativen Wert (-6,4) auf. Ein Drittel der Unternehmen beschreiben ihre Geschäftslage weiterhin als gut (28,6 %). Während im Herbst 2023 27,7 % von einer schlechten Geschäftslage sprachen, sind es nun lediglich 15,8 %. Die Verschiebung hin zu einer pessimistischen Erwartungshaltung setzte sich nicht fort: Jedes fünfte Unternehmen geht von einer Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten aus (20,9 %), während der Anteil der Betriebe, die von einer Verschlechterung ausgehen, um 8,4 Prozentpunkte auf 27,3 % gefallen ist.

Multiple Risiken und Herausforderungen

Bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Risiken kommt es im Ranking zu Verschiebungen: Hauptrisiken sind zwar weiterhin die Inlandsnachfrage, gefolgt von den Energie- und Rohstoffpreisen bzw. Energiepreisen. Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, geopolitische Spannungen und Lieferketten/Lieferengpässe beeinflussen insbesondere die Produktionstätigkeit in den Industrieunternehmen stärker als die Sorgen um den Fachkräftemangel. Bei den überwiegend arbeitsintensiven Dienstleistern bleibt der Fachkräftemangel dagegen Hauptrisiko gefolgt von Arbeitskosten und Inlandsnachfrage.

Zurückhaltung bei Investitionen

Die Einschätzungen zu wirtschaftlichen Risiken und die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) führen zu einer verhaltenen Investitionsbereitschaft. Daher sprechen 16 % der Unternehmen weiterhin von abnehmenden Investitionen. Mehr als die Hälfte der Unternehmen in Ostwürttemberg wollen in den nächsten zwölf Monaten Inlandsinvestitionen tätigen. Dies entspricht 15,7 Prozentpunkten mehr als im Herbst 2023. Bei den Inlandsinvestitionen handelt es sich allerdings vor allem um Ersatzbedarf (61,8 %). Von Kapazitätserweiterungen sprechen lediglich 14,3 % der Unternehmen. Wird der Zeitraum seit Jahresbeginn 2007 bis Jahresbeginn 2024 betrachtet, dann ist dieser Wert der niedrigste nach der Finanz- und Wirtschaftskrise (Frühjahr 2009 und Jahresbeginn 2010: 13,8 %; Frühsommer 2010: 12,2%). Auch der Wert für Innovationen mit 31,5 % liegt unter dem Durchschnitt der Umfragen seit Jahresbeginn 2007 (35,9 %).
„Für positive Impulse und die Transformation der ostwürttembergischen Wirtschaft waren und sind Innovationen sowie Kapazitätserweiterungen unerlässlich. Diese müssen von Seiten aller Akteure unterstützt werden“,
so Thilo Rentschler, Hauptgeschäftsführer der IHK Ostwürttemberg.
„Innovative Ideen entstehen im engen Austausch mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft. Dafür brauchen die Akteure Planungssicherheit und verlässliche wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Unsere Mitgliedsunternehmen fordern klare, berechenbare politische Vorgaben sowie konkrete schnelle Schritte zum Bürokratieabbau wie auch eine sichere und bezahlbare Energieversorgung.“
Positiv zu beurteilen ist weiterhin, dass sich 60 % der Unternehmen in Ostwürttemberg der Herausforderung der Digitalisierung annehmen und 41 % der Investitionen aus Umweltschutz- bzw. Energieeffizienzgründen tätigen. Die Nachfrage nach Krediten für Investitionen und Betriebsmittel bleibt weiterhin verhalten.

Stabile Finanzlage

Des Weiteren sprechen mehr als die Hälfte der Unternehmen von einer unproblematischen Finanzlage (54,6 %). Von drohender Insolvenz ist keines der befragten Unternehmen betroffen. 15 % der Unternehmen sprechen von zunehmenden Forderungsausfällen bzw. Liquiditätsengpässen, nicht einmal jedes Zehnte von hoher Fremdkapitalbelastung bzw. erschwertem Fremdkapitalzugang. Die Nachfrage nach Krediten für Betriebsmittel als Kurzzeitfinanzierung für die laufende Geschäftstätigkeit bleibt weiterhin verhalten, jedoch auch die Kreditnachfrage aus Investitionsmotiven.

Arbeitsmarkt bleibt stabil

Trotz schwieriger konjunktureller Lage bleibt der Arbeitsmarkt weitgehend stabil: Am Jahresbeginn 2024 gehen 14,2 % der Unternehmen von steigenden Beschäftigtenzahlen aus, während eine Mehrheit von 54,6 % von gleich bleibende Beschäftigtenzahlen spricht. 30,1 % wollen ihre Beschäftigtenzahlen voraussichtlich reduzieren. Gleichwohl bleibt der Fachkräftemangel bei der Hälfte der Unternehmen in Ostwürttemberg (51,2 %) ein Konjunkturrisiko.

Umsatzrückgänge mit Hoffnung auf Besserung

Bei jedem vierten Unternehmen in Ostwürttemberg sind die Umsätze gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal gestiegen (24,9 %). Dieser Anteil ist um 13,8 Prozentpunkte gefallen und entspricht nun in etwa dem Wert zu Beginn des Jahres 2021 (24,4 %). Eine optimistischere Haltung im Vergleich zum Herbst 2023 zeigt sich bei den Umsatzerwartungen. Während im Herbst lediglich 23,9 % mit steigenden Umsätzen rechnen, sind es nun 27,4 %. Der Anteil von Unternehmen, die von fallenden Umsätzen ausgehen, ist auf 28,4 % gesunken (Herbst 2023: 36,1 %).

Gemischtes Bild bei Ertragslage, Auftragseingängen und Exporten

Mit „gut“ bewerten 20 % der Unternehmen in Ostwürttemberg ihre Ertragslage. Dies ist der niedrigste Wert seit Herbst 2020 (16,9 %). Jedes fünfte Unternehmen spricht von einer „schlechten“ Ertragslage (21,8 %). Das Bild bei den Auftragseingängen hat sich im Vergleich zum Herbst 2023 gering verändert: 36,4 % gehen von fallenden Auftragseingängen aus (Herbst 2023: 37,0 %). 19,9 % gehen von steigenden Auftragseingängen aus; das entspricht einer Erhöhung von 7,7 Prozentpunkten. Trotz der anhaltenden geopolitischen und wirtschaftspolitischen Unsicherheiten fallen die Erwartungen an steigende Exporte optimistischer aus: Es gehen mit 19,9 % nun 4,4 Prozentpunkte mehr Unternehmen von steigenden Exporten aus. 17,2 % der Unternehmen stellen sich auf rückläufige Exporte ein. Dies sind 9,2 Prozentpunkte weniger als im Herbst 2023 (26,4 %).

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