IHK zieht Bilanz und fordert mehr Tempo im Wohnungsbau

Vor gut einem Jahr unterzeichneten die fünf Oberbürgermeister, beide Landräte und IHK-Spitze der Region Ostwürttemberg die gemeinsame Erklärung „Wohnraum jetzt!“. Seither hat sich einiges getan – sichtbar, konkret und in vielen Fällen bereits baulich realisiert. Die IHK zieht eine positive Zwischenbilanz und fordert gleichzeitig, die aktuellen Fortschritte nicht als Endpunkt zu sehen, sondern als Anfang einer langfristigen Entwicklung.
„Wir stehen an einem Wendepunkt: Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat sich zur echten Standortfrage für die Fachkräfteakquise entwickelt – und die Region Ostwürttemberg zeigt, dass sie nicht auf Berlin oder Stuttgart wartet, sondern selbst handelt“,
betont Thilo Rentschler, Hauptgeschäftsführer der IHK Ostwürttemberg.
„Die vielen kommunalen Aktivitäten im letzten Jahr machen Mut – aber wir brauchen weiterhin Tempo, Mut zur Vereinfachung und die richtigen Rahmenbedingungen.“
Konkrete Fortschritte vor Ort – die fünf Großen Kreisstädte mit klarer Bautätigkeit
In Aalen wurden seit 2024 insgesamt 124 Wohneinheiten neu geschaffen, darunter Projekte in der Zehntscheuergasse, Schlatäcker II, der Schwester-Ingona-Straße und dem Saumweg. Weitere Vorhaben wie der Bildungscampus und die Entwicklung rund um die Markuskirche sind in Planung.

„Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist eine Kernaufgabe der Stadtentwicklung“,
erklärt Oberbürgermeister Frederick Brütting (Aalen).
„Dabei entwickeln wir vor allem auch Flächen im Innenbereich, die bisher nicht oder anders genutzt wurden.
Darüber hinaus haben wir mit der Wohnungsbau Aalen vereinbart, dass mindestens 35 Prozent des neu geschaffenen Wohnraums als geförderte Wohnungen gebaut werden.“
In Ellwangen soll mit dem neuen Wohngebiet „Ellwangen Süd“ Wohnraum für rund 1.800 Menschen entstehen. Oberbürgermeister Michael Dambacher (Ellwangen) ergänzt:
„Wir nehmen unsere Verantwortung für junge Familien, Auszubildende und Fachkräfte ernst. Die Initiative der IHK hat Rückenwind erzeugt – und wir nutzen diesen Rückenwind für mutige Stadtentwicklung.“
In Giengen werden bis 2026 120 zusätzliche Wohneinheiten realisiert, bis 2028 sollen 250 weitere entstehen: in der „Neuen Schule“ Sachsenhausen und auf innerstädtischen Flächen, unter anderem im Lamm-Areal. Die Initiative „Mitarbeiterwohnen“ von Kommune und Unternehmen – Schritt eins nach der Unterzeichnung von „Wohnraum jetzt!“ – komme ebenfalls voran, so Oberbürgermeister Dieter Henle:
„Wir verbinden Wohnraumsicherung mit Standortattraktivität und investieren mittels Innenentwicklung nachhaltig in unsere liebens- und lebenswerte Stadt.“
Auch Heidenheim bringt mit über 660 neuen Wohnungen bis 2026 ein starkes Signal. Wohnprojekte wie am Kleebühlweg, Schlossberg und Schlachthofareal sind Teil eines umfassenden Stadtentwicklungsprogramms. Im Baugebiet Reutenen Süd, welches überwiegend aus Einzel-und Doppelhausgrundstücken besteht, wurden nahezu alle Bauplätze verkauft, was nochmals 100 Wohneinheiten entspricht.

„Wohnraum jeglicher Art schafft Lebensqualität und Standortbindung – beides ist entscheidend für unsere wirtschaftliche Zukunft“,
erklärt Oberbürgermeister Michael Salomo (Heidenheim).
„Wir sehen es als Teil kommunaler Daseinsvorsorge, aktiv Bauland für alle Zielgruppen zu schaffen.“
In Schwäbisch Gmünd wurden 2024 bereits 70 neue Wohneinheiten geschaffen. Die Fehrle-Gärten mit 147 Wohnungen und das Projekt „Neues Wohnen Sonnenhügel“ mit 73 Einheiten gelten als Leuchttürme für innerstädtischen Wohnbau.

„Wir nutzen gezielt innerstädtische Potenziale, um Wohnen, Arbeiten und Leben wieder näher zusammenzubringen“,
sagt Oberbürgermeister Richard Arnold (Schwäbisch Gmünd).
„Das neue Baurecht für urbane Gebiete hilft uns dabei – aber wir brauchen noch mehr Handlungsspielraum.“
IHK fordert bessere Rahmenbedingungen für noch mehr Dynamik
Trotz der positiven Entwicklungen sieht die IHK weiteren Handlungsbedarf auf Landes- und Bundesebene.
„Wohnraum entsteht nicht allein durch Absichtserklärungen, sondern durch zügige Verfahren, digitalisierte Prozesse und realitätsnahe Standards“,
so Thilo Rentschler. Die IHK formuliert daher fünf zentrale Forderungen, um den kommunalen Wohnungsbau anzukurbeln:
1. Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen - Digitalisierung der Bauverwaltung muss flächendeckend und einheitlich über alle Verwaltungsebenen hinweg umgesetzt werden.
2. Bauland aktivieren und mobilisieren - Kommunen brauchen gezielte Unterstützung bei der Ausweisung und Entwicklung neuer Flächen – inklusive Fördermitteln und Beratung für Nachverdichtung und Flächenrecycling.
3. Einheitliche, wirtschaftsfreundliche Standards - Zusätzliche Auflagen über Landes- oder Bundesrecht hinaus sollen auf ihre wirtschaftliche Machbarkeit geprüft werden.
4. Urbane Gebiete stärken - Die neue Baurechtskategorie muss konsequent genutzt werden, um flexibles Wohnen und Arbeiten in Innenstadtlagen zu fördern.
5. Pilotprojekte fördern - Die IHK plädiert für landesweite Modellkommunen, in denen neue Wohnkonzepte erprobt und beschleunigte Verfahren umgesetzt werden – als Blaupause für andere Regionen, wie in Giengen bereits in Arbeit mit der Initiative zum mitarbeiterbezogenen Wohnen.
„Die Initiative ‚Wohnraum jetzt!‘ zeigt, was möglich ist, wenn Kommunen, Wirtschaft und Verwaltung an einem Strang ziehen“,
fasst Thilo Rentschler zusammen.
„Aber: Wir haben die Basis gelegt – jetzt müssen wir weiterbauen, im wahrsten Sinne des Wortes.“
Weitere Informationen zur Initiative und Projekten vor Ort unter: www.ihk.de/ostwuerttemberg. (Wohnen und Bauen)