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Webinar: HR-Digitalisierung und HR-Software

Was muss bei der Einführung arbeits- und datenschutzrechtlich beachtet werden?

Veranstaltungsdetails

Human Resources (HR) spielt bei der Digitalisierung von Unternehmen eine Schlüsselrolle. Per-sonaler treiben die Entwicklung digitaler Arbeitsformen voran und unterstützen andere Ge-schäftsbereiche und Fachabteilungen bei der Digitalisierung von personalbezogenen Prozessen. Gleichzeitig kommen bei den HR-internen Prozessen verstärkt moderne Softwaresysteme zum Einsatz. Mit der Auswahl und der Implementierung der passenden Softwarelösung ist es dabei nicht getan. Unternehmen müssen praxistaugliche Lösungen für die vor allem arbeits- und daten-schutzrechtlichen Fragestellungen finden, obwohl häufig noch keine belastbare Rechtsprechung zur Verfügung steht. Daneben müssen die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten bei der Ein-führung der neuen Systeme und bei etwaigen Prozessänderungen beachtet werden. Weitere Herausforderungen ergeben sich nicht zuletzt aufgrund der wegweisenden „Schrems II“ Ent-scheidung des Europäischen Gerichtshofs bei der internationalen Datenübermittlung in die USA.

Zur Zielgruppe der Veranstaltung gehören insbesondere: Geschäftsführer, Personaler, Betriebs-räte und IT-ler, soweit diese mit der Einführung von (HR-)Software bzw. der Digitalisierung im Unternehmen befasst sind


Programm: 

09:30 Uhr

 

 

 

 

 

Begrüßung Rainer Simshäuser, IHK Region Stuttgart

  • Was bei der Einführung einer HR-Software schief gehen kann. Eine Case-Study zur Einführung
  • Wie machen wir es besser? Praxisanleitung für ein Einführungs-Projekt aus anwaltlicher/beratender Sicht
  • Datenschutzrechtliche Anforderungen an HR-Software und IT
  • Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung von HR-Software; Umgang mit typischen Konfliktsituationen
  • Gestaltung von Betriebsvereinbarungen

 Referent: Herr Dr. Tassilo-Rouven König, NAEGELE Rechtsanwälte Arbeitsrecht, Stuttgart, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Lehrbeauftragter an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management, Hochschulzentrum Stuttgart

 

12:30 Uhr

Ende der Veranstaltung


 

Termine, Veranstaltungsorte und Referenten

Es konnte keine Veranstaltung gefunden werden zur Identnummer: 175168424
Veranstaltung am 28.03.2023

Veranstaltung: Incoterms® 2020 für Praktiker

Die Incoterms® (International Commercial Terms) der Internationalen Handelskammer (ICC) sind fester Bestandteil für Angebote, Bestellungen und Vertragsabschlüsse im internationalen Geschäftsverkehr.
Sie sind bekannt und akzeptiert in allen globalen Handelsräumen und Rechtsordnungen. Trotz der enormen Bedeutung dieser Handelsklauseln zeigt sich in der Praxis häufig, dass die Incoterms® falsch oder zumindest unvorteilhaft eingesetzt werden. In dieser Veranstaltung wird Praktikern, die häufig mit den Incoterms® arbeiten, der rechtssichere und korrekte Umgang mit den Klauseln geschult. Anhand zahlreicher Beispiele lernen die Teilnehmer, welche Klausel die „richtige“ ist und wie diese zu verwenden ist.
Angesprochen sind Fach- und Führungskräfte, die im Bereich Import, Export, Recht, Vertrieb und Einkauf tätig sind und mit internationalen Lieferverträgen zu tun haben.
Die Veranstaltung findet in Präsenz in den Räumen in der IHK Stuttgart am 28. März 2023 von 9.15 Uhr bis 12.00 Uhr statt.
Melden Sie sich direkt über unsere Veranstaltungsseite an.
Hinweis für mitgliedsunternehmen

Warnung vor Rechnung von D.D.N Deutschland

Ein Unternehmen mit der Bezeichnung „D.D.N Deutschland“ versendet zurzeit angebliche Rechnungen per E-Mail an Webseiteninhaber.
Dabei fällt zunächst auf, dass in der Rechnung kein Adressat genannt wird. Gezeichnet sind die E-Mails von einer „Karin Müller“ für den „Kundendienst, D.D.N Hosting, Domain & Web Hosting Service“.
Der Betrag von ca. 290 Euro soll für eine Domain Registrierung für den Zeitraum 2023/2024 innerhalb von 14 Tagen an ein estländisches Konto überwiesen werden. Zusätzlich werden noch 24 Euro „Servicekosten“ berechnet, die im Wege der „Reduktion“ wieder abgezogen werden.
Das Schreiben wird als „Rechnung“ bezeichnet. Erst im Kleingedruckten folgt der Hinweis, dass es sich nicht um eine Rechnung, sondern um ein „Angebot“ handelt und eine Zahlung als „Annahme des Angebots“ verstanden wird. Es werden auch keine weiteren Details zu den angeblichen Domains genannt. 
Wir weisen darauf hin, nicht auf diese „Rechnung“ zu reagieren und keine unbegründeten Zahlungen zu leisten!
Die ausführliche Pressemitteilung entnehmen Sie bitte der Webseite des Deutschen Schutzverband für Wirtschaftskriminalität (DSW).
Arbeitsrecht

Arbeitszeiterfassung

Stand: Januar 2023
Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind Arbeitgeber verpflichtet, die gesamte Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer zu erfassen.
Die Entscheidung bringt weitreichende Folgen mit sich. Wir informieren Sie, wie es zu dieser Entscheidung kam, was die Entscheidung des BAG konkret aussagt und was Arbeitgeber jetzt tun sollten.

1. Bisherige gesetzliche Regelungen zur Arbeitszeiterfassung

Im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gibt es aktuell keine Verpflichtung zur generellen Aufzeichnung der Arbeitszeit.
Nach § 16 Abs. 2 ArbZG sind Arbeitgeber verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit nach § 3 Satz 1 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Es galt somit bisher schon, dass Überstunden und die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen aufgezeichnet werden müssen.
Gesonderte Aufzeichnungspflichten galten bereits zudem u.a. für:
  • Geringfügig Beschäftigte (Minijobber), § 17 Abs. 1 MiLoG
  • Arbeitnehmer in den in § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschaftsbereichen
  • Arbeitnehmer im Straßentransport, § 21a Abs. 7 ArbZG
  • Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft, § 6 Abs. 1 GSA Fleisch
  • Bestimmte Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG), § 19 Abs. 1 AEntG
  • Bestimmte Leiharbeitnehmer, § 17c Abs. 1 AÜG
Bislang war die überwiegende Auffassung, dass im deutschen Recht keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung existiert.
Für alle überraschend hat das BAG aber nun entschieden, dass bereits jetzt eine generelle Aufzeichnungspflicht besteht.

2. Wie es zur Entscheidung des BAG kam („Stechuhr-Urteil“ des EuGH)

Bereits im Jahr 2019 fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein maßgebendes Urteil, wonach ein nationales Arbeitsrecht mit der EU-Grundrechtecharta unvereinbar sei, wenn Arbeitgeber nicht verpflichtet sind, die tägliche Arbeitszeit jedes Mitarbeiters aufzuzeichnen (EuGH, Urteil vom 14.5.2019, Az.: C-55/18).
Nach dem EuGH müssen die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.
Aus dieser EuGH-Entscheidung wurde vielfach der Schluss gezogen, dass der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben des EuGH erst noch umsetzen müsse (was bis heute nicht geschehen ist) und Arbeitgeber ohne entsprechende gesetzliche Neuregelung nicht verpflichtet seien, die gesamte Arbeitszeit aller Arbeitnehmer aufzuzeichnen.

3. Verpflichtung zur generellen Arbeitszeiterfassung nach der BAG-Entscheidung

In seinem Beschluss vom 13. September 2022 ( BAG, Beschluss vom 13.9.2022, Az. 1 ABR 22/21) entschied das BAG, dass Arbeitgeber jetzt schon kraft Gesetzes verpflichtet sind, die gesamten Arbeitszeiten aller Arbeitnehmer aufzuzeichnen.
In der Entscheidung des BAG ging es um einen Rechtsstreit zwischen einem Arbeitgeber und einem Betriebsrat und die Frage, ob dem Betriebsrat ein Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems zusteht. Das BAG lehnte ein Initiativrecht ab. Entscheidend für alle Arbeitgeber (auch solche ohne Betriebsrat) ist aber die überraschende Begründung: 
Der Arbeitgeber sei bereits jetzt gesetzlich verpflichtet, ein Zeiterfassungssystem einzuführen, mit dem die Arbeitszeit eines jeden Arbeitnehmers erfasst werden kann, daher stünde dem Betriebsrat kein Initiativrecht zu. Denn Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen nach § 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nur, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht existiert.
Die Pflicht zur generellen Arbeitszeiterfassung ergebe sich aus der Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), welche europarechtskonform auszulegen sei.
§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet Arbeitgeber allgemein, „für eine geeignete Organisation zu sorgen und erforderliche Mittel bereitzustellen“, um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten.
Da die Einhaltung der Höchstarbeitszeiten und der Ruhezeiten nach dem ArbZG arbeitsschutzrechtlichen Zwecken dient, gehöre die Arbeitszeiterfassung zu den dem Arbeitgeber obliegenden „erforderlichen Maßnahmen“ des Arbeitsschutzes, so das BAG.

4. Was Arbeitgeber jetzt tun müssen

Inzwischen liegen die ausführlichen Entscheidungsgründe vor. Aus diesen können folgende Vorgaben für Arbeitgeber abgeleitet werden:
  • Die Pflicht zur generellen Arbeitszeiterfassung gilt ab sofort.
  • Die Arbeitszeiterfassung muss in jedem Fall objektiv, verlässlich und für jeden Arbeitnehmer einsehbar sein.
  • Es muss ein System eingeführt werden, das Beginn, Ende und damit die Dauer der Arbeitszeit einschließlich etwaiger Überstunden erfasst.
  • Nach allgemeinem Verständnis müssen auch der Beginn und das Ende der Ruhepausen aufgezeichnet werden, auch wenn dies der BAG-Entscheidung nicht explizit zu entnehmen ist. Denn Ruhepausen sind gesetzlich vorgeschrieben, gehören aber laut ArbZG nicht zur Arbeitszeit und müssen entsprechend abgezogen werden, um die Dauer der Arbeitszeit zu ermitteln. Ein pauschaler Abzug von Pausen (beispielsweise Mittagspause 30 Minuten) genügt nicht.
  • Solange der Gesetzgeber keine konkretisierende Regelung getroffen hat, bleibt die Art und Weise der Arbeitszeiterfassung (etwa handschriftlich, über Excel-Tabellen, analoge/digitale Stechuhren, Online-Zeiterfassung über den Arbeitsplatz-PC oder -Laptop oder mobile Zeiterfassung über eine App) dem Arbeitgeber überlassen. Bei der Auswahl sind insbesondere die Besonderheiten der jeweils betroffenen Tätigkeitsbereiche der Arbeitnehmer und die Eigenheiten des Unternehmens (insbesondere seine Größe) zu berücksichtigen. Reine Schichtpläne genügen aber nicht.
Hinweis: Bei einer digitalen/elektronischen Lösung (hier gibt es kostenlose und kostenpflichtige Varianten) sollte darauf geachtet werden, dass die Software nicht nur die Arbeitszeitdaten erfasst. Die Software muss  fälschungssicher und datenschutzkonform sein. Insbesondere sollte beim Anbieter nachgefragt werden, wo sich der Speicherort befindet (innerhalb oder außerhalb der Europäischen Union). Sie sollte möglichst auch verknüpfbar sein mit Systemen, die im Unternehmen bereits genutzt werden.
  • Es wäre auch grundsätzlich denkbar, verschiedene Systeme im Unternehmen oder Betrieb einzuführen – etwa differenziert je nach Art der von den Arbeitnehmern ausgeübten Tätigkeiten.
  • Laut BAG ist es nicht ausgeschlossen, die Arbeitszeiterfassung als solche an die Arbeitnehmer zu delegieren. Arbeitgeber haben aber die tatsächliche und korrekte Erfassung der Arbeitszeiten sicherzustellen und (jedenfalls durch regelmäßige Stichproben) zu kontrollieren.
  • Das System darf nicht nur angeboten werden. Arbeitgeber können also ihren Mitarbeitern nicht freistellen, ob sie das Zeiterfassungssystem nutzen oder nicht. Sie müssen auch dafür Sorge tragen, dass es tatsächlich genutzt wird. 
  • Gesetzlich vorgeschrieben und damit der Mitbestimmung des Betriebsrats entzogen ist das „Ob“ der Einführung eines Zeiterfassungssystems. Bei der näheren Ausgestaltung und Durchführung (dem „Wie“) dieses Systems steht dem Betriebsrat jedenfalls nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zu. Soll ein elektronisches Zeiterfassungssystem eingeführt werden, ist der Betriebsrat auch nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beteiligen. 
In Unternehmen/Betrieben, in denen die Arbeitszeiten nicht erfasst werden, sollten Arbeitgeber überlegen, welches Zeiterfassungssystem für das eigene Unternehmen kurzfristig/langfristig umsetzbar ist. Existiert bereits ein Zeiterfassungssystem, sollte dieses daraufhin überprüft werden, ob die Vorgaben des BAG erfüllt sind.
Das Bundesarbeitsministerium hat im Anschluss an die BAG-Entscheidung ein FAQ veröffentlicht, in dem auf die wichtigsten Fragen zur Arbeitszeiterfassung eingegangen wird.

5. Drohen Bußgelder bei Verstößen?

Das ArbSchG sieht derzeit keine direkten Sanktionen für einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG vor. Ein Verstoß gegen diese Regelung stellt keine Ordnungswidrigkeit nach § 25 ArbSchG dar.
Eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit kann aber entstehen, wenn die Arbeitsschutzbehörde (dies sind die Gewerbeaufsichtsämter) einen Verstoß feststellen. Dann kann sie nach § 22 Abs. 3 ArbSchG eine konkrete Anordnung zur Einrichtung eines Arbeitszeiterfassungssystems erlassen. Erst wenn der Arbeitgeber einer solchen Anordnung nicht oder nicht innerhalb einer gesetzten Frist nachkommt, kann ein Bußgeld verhängt werden.

6. Gilt die Zeiterfassungspflicht auch für leitende Angestellte?

Ob die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auch für leitende Angestellte gilt, ist derzeit nicht eindeutig.
§ 5 Abs. 3 BetrVG definiert den Begriff des leitenden Angestellten im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn. Aber Achtung: Nicht jede Führungskraft ist automaisch ein leitendender Angestellter. Leitende Angestellte kennzeichnet insbesondere, dass sie zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. Faktisch ist das also ein sehr kleiner Kreis. Ob diese von der Entscheidung des BAG erfasst werden, wird derzeit unterschiedlich gesehen. Man wird vermutlich annehmen können, dass leitende Angestellte nach obiger Definition von der Entscheidung des BAG ausgenommen sind, weil es in der Entscheidung nur um Initiativrechte des Betriebsrats ging und der Betriebsrat leitende Angestellte nicht vertritt. 
Auch vom persönlichen Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes sind leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG ausgenommen.
Das Arbeitsschutzgesetz hingegen erfasst jedoch auch leitende Angestellte.
Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber in dieser wichtigen Frage eine klarstellende Regelung treffen wird. Die EU-Arbeitsschutzrichtlinie lässt jedenfalls zu, dass „leitende Angestellte oder sonstige Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis“ ausgenommen werden.

7. Ist Vertrauensarbeitszeit noch möglich?

Die Vertrauensarbeitszeit ist bislang gesetzlich nicht geregelt. Darunter versteht man in der Regel, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit weitestgehend selbst bestimmen kann. Meist wird lediglich das Volumen der wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit vertraglich festgelegt. Beginn und Ende der Arbeitszeit wird vom Arbeitgeber aber nicht vorgegeben. Der Fokus liegt nicht auf die Kontrolle der Arbeitszeiten, sondern der Arbeitgeber vertraut darauf, dass der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten erfüllt und die ihm aufgetragene Arbeit erledigt.
Vertrauensarbeitszeit im Sinne einer selbstbestimmten Lage der Arbeitszeit ist weiterhin möglich und wird wohl auch künftig erhalten bleiben. Vertrauensarbeitszeit heißt jedoch nicht mehr, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit nicht aufzeichnen müssen, selbst wenn der Arbeitgeber ihnen insoweit vertraut. Auch hier müssen die Arbeitszeiten vollständig erfasst werden, was einen zusätzlichen organisatorischen Aufwand mit sich bringt.

8. Was gilt für Homeoffice und mobiles Arbeiten?

Auch Homeoffice und mobiles Arbeiten sind weiterhin möglich. Allerdings sind auch diese Arbeitszeiten vollständig zu erfassen.

9. Ausblick: Was ist vom Gesetzgeber zu erwarten?

Das Bundesarbeitsministerium hat angekündigt, die Entscheidung des BAG aufzugreifen und zeitnah (noch im ersten Quartal 2023) eine praktikable gesetzliche Regelung vorzuschlagen. Es ist davon auszugehen, dass flexible Arbeitszeitmodelle wie Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich bleiben werden. Dies sieht der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien ausdrücklich vor. Zudem ist zu erwarten, dass die bestehende Bußgeldregelung des § 22 ArbZG auf die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ausgedehnt wird. Denkbar ist auch, dass die Gesetzesreform Ausnahmen oder Erleichterungen bei der Arbeitszeiterfassungspflicht für bestimmte Unternehmen (etwa wegen der Eigenart oder der Größe) beinhalten wird. Es bleibt auch abzuwarten, ob die gesetzliche Regelung konkret regeln wird, in welcher Form die Arbeitszeit aufgezeichnet werden muss. 
Aktuell wurden noch keine Gesetzentwürfe vorgelegt.
Wir werden Sie in diesem Artikel über neue Entwicklungen im Gesetzgebungsverfahren laufend informieren.

Präsenzveranstaltung am 08.02.2023

Veranstaltung: Rechtssicher in Asien - Standortvergleich und Streitbeilegung

Der asiatische Raum bietet ein enormes Marktpotenzial und stellt zusammen mit einem dynamischen Wachstum die ideale Ausgangsbasis für ausländische Investitionen dar. Dabei ändern sich auch die Rahmenbedingungen für ein Engagement deutscher Unternehmen fortlaufend. Wo geht in Asien die Reise wirtschaftlich hin? Welche Risiken habe ich als Unternehmer und wo liegen meine Chancen?
In unserer Veranstaltung gibt zunächst der ausgewiesene Asienexperte und Wirtschaftsanwalt Michael Lorenz von der Kanzlei Lorenz & Partner (Bangkok, Berlin, Hongkong, Vietnam) einen Überblick über die wichtigsten Länder und Standorte. Anschließend beleuchtet Rechtsanwalt Dr. Thomas Klötzel von der Kanzlei Thümmel, Schütze & Partner den Aspekt der Streitbeilegung in Asien und insbesondere Singapur. Herr Klötzel ist als Registered Foreign Lawyer in Singapur zugelassen. Danach gibt es die Gelegenheit zum Get-together.
Die Veranstaltung richtet sich an Unternehmer sowie Führungs- und Fachkräfte von Unternehmen, die im Asiengeschäft aktiv sind.
Die kostenfreie Veranstaltung findet in Präsenz in den Räumen in der IHK Stuttgart am 8. Februar 2023 von 16.00 Uhr bis 17.30 Uhr statt.
Melden Sie sich direkt über unsere Veranstaltungsdatenbank an.
Rechtliche Grundlagen

Rechtstipps für den Onlinehandel

Im Onlinehandel sind rechtliche Grundlagen zu beachten. Insbesondere betrifft dies Informationspflichten, die dem Verbraucherkunden im Bestellvorgang mitgeteilt werden müssen, wie Impressum, AGB, Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular, Zahlungs- und Versandhinweise, Datenschutzerklärung, ggf. spezielle Produkthinweise.
Kennen Händler diese Pflichten nicht, oder fehlt die Angabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Information, kann dies von Mitwettbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden abgemahnt werden. Dies kann vermieden werden, wenn sich der Händler mit den rechtlichen Voraussetzungen für Webshops auseinandersetzt.

Worüber ist im Bestellvorgang zu informieren?

Folgende Informationen sind anzugeben:
  • Die Identität, Anschrift und Kontaktmöglichkeit des Online-Händlers („Impressum“)
  • Zwecke und Umfang der Datenverarbeitung („Datenschutzerklärung“)
  • Das Produkt (Ware oder Dienstleistung) muss im Wesentlichen beschrieben werden (z.B. Größe, Farbe, Gewicht, Material, Eigenschaften, Zustand, kompatibel/nicht kompatibel mit... etc.), ggf. bestimmte Kennzeichnungspflichten
  • Belehrung über das vierzehntägige Widerrufsrecht einschließlich Musterwiderrufsformular
  • Mindestlaufzeit eines Vertrags (z. B bei einem Abo-Vertrag)
  • Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung inklusive aller damit verbundenen Preisbestandteile sowie aller über den Unternehmer abgeführten Steuern, sowie- Versand- und Zusatzkosten
  • Einzelheiten hinsichtlich Zahlung und Lieferung (z.B. Lieferzeiten/Lieferbeschränkungen) oder Erfüllung (bei Dienstleistung)
  • Information, dass ein gesetzliches zweijähriges Mängelhaftungsrecht gegenüber Verbraucherkunden besteht
  • Erläuterung des Bestellvorgangs: wann kommt der Vertrag zustande, unverzügliche Bestätigung auf elektronischem Wege (gewöhnlich per E-Mail), dass die Bestellung des Kunden erhalten wurde, Zahlungsmodalitäten, Gültigkeitsdauer befristeter Angebote, Vertragssprachen, die zur Verfügung stehen
  • Geltung von AGB (falls vorhanden). Diese müssen bei Vertragsschluss abrufbar sein und in wiedergabefähiger Form gespeichert werden können
  • Möglichkeit einer Online-Schlichtung mittels anklickbaren Link. Der Link lautet: https://ec.europa.eu/consumers/odr/ und kann im Impressum und in den AGB erscheinen
  • Der Bestellbutton auf der Bestellübersichtsseite muss deutlich auf eine kostenpflichtige Bestellung hinweisen (z.B. „Zahlungspflichtig bestellen")
Im Einzelnen sind die Informationspflichten nachlesbar in Art. 246a, § 1 EGBGB.   

Wo und wann ist im Bestellvorgang  zu informieren?

Die oben genannten Informationen sind mitzuteilen, bevor die Bestellung abgegeben wird:
  • „Impressum“, „Datenschutzerklärung“,„AGB“ und „Widerrrufsrecht“ sollten auf klar bezeichneten Unterseiten über eigene Links abgelegt und von jeder Seite im Shop anklickbar sein. Gewährleistung, Zahlungsabwicklung, Einzelheiten zum Vertragsschluss etc. lassen sich in AGB unterbringen.
  • Angaben zu Eigenschaften des Artikels oder der Dienstleistung, Preis, Versandkosten und Lieferzeit sollten direkt auf der Produktseite gemacht werden, bevor die Ware in den Warenkorb gelegt wird.
  • Auf der Bestellübersichtsseite sind unmittelbar vor Betätigung des Bestellbutton nochmal folgende Informationen zu wiederholen: die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung, Gesamtpreis inklusive aller Preisbestandteile, Steuern, Versandkosten, sonstige Kosten. Ggf. die Vertragsmindestdauer, Laufzeiten und Kündigungsrechte sowie der Hinweis auf AGB und die Widerrufsbelehrung. Die Kenntnisnahme von AGB und Widerrufsbelehrung kann sich der Online-Händler unmittelbar vor der Bestellung durch Anklicken einer Checkbox bestätigen lassen. Erst wenn das Häkchen gesetzt ist, sollte der Bestellbutton betätigt werden können.
  • Nach Abgabe der Bestellung sind die bisher erteilen Informationen, inklusive Widerrufsbelehrung, Musterwiderrufsformular und AGB - spätestens mit der Lieferung der Ware in Textform mitzuteilen. Die Informationen können z.B. in der Bestätigungsmail, die auf die Bestellung folgt, untergebracht werden.
Wichtig: Fremde Texte und Bilder für Artikel oder Dienstleistungen dürfen nicht einfach aus anderen Webshops oder aus anderen Quellen im Internet ohne Einwilligung des Rechteinhabers kopiert werden. Dies kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Daher entweder eigene Bilder/Texte anfertigen, oder für die Nutzung fremde Bilder oder Texte vorher die Erlaubnis des Urhebers einholen.  
Sieht die Webseite ein Kontaktformular vor, dürfen nur die für die Abwicklung der Kundenanfrage oder Bestellung erforderlichen Daten (wie Name, Lieferanschrift, und in der Regel ein Kontaktdatum wie die E-Mail-Adresse) abgefragt werden. Das Kontaktformular ist nach dem Stand der Technik zu verschlüsseln.
Einzelheiten und weiterführende Hinweise sind in der Artikelreihe zum E-Commerce-Recht abrufbar.
  1. Impressum und Datenschutz
  2. Produkt- und Preisangaben
  3. Widerrufsbelehrung
  4. Vertragsschluss und Bestellung
  5. Mängelrechte und Widerrufsfolgen


Arbeits- und Sozialversicherungsrecht

Minijob, kurzfristige Beschäftigung, Midijob

Stand: Januar 2023
Update Oktober 2022: Mit dem “Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigungen” traten zum 1. Oktober 2022 Änderungen zum gesetzlichen Mindestlohn sowie für geringfügige Beschäftigungen und Beschäftigungen im Übergangsbereich in Kraft. Mit dem Gesetz wurde unter anderem der gesetzliche Mindestlohn einmalig auf 12 Euro angehoben und im Zuge dessen die Entgeltgrenze für Minijobs auf 520 Euro sowie die Entgeltgrenze für Midijobs auf 1.600 Euro angehoben.
Update Januar 2023: Zum 1. Januar 2023 wurde die obere Entgeltgrenze für Midijobs von monatlich 1.600 Euro auf 2.000 Euro angehoben
Die nachfolgenden Informationen beziehen sich auf das seit dem 1. Oktober 2022 geltende Recht. 

I. Definitionen

Gemäß § 8 Abs. 1 SGB IV liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn
  1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt (entgeltgeringfügige Beschäftigung, im Folgenden “Minijob”) oder
  2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt (zeitgeringfügige Beschäftigung, im Folgendenkurzfristige Beschäftigung”).
Bis zum 30. September 2022 betrug die Entgeltgrenze für Minijobs maximal 450 Euro. Ab dem 1. Oktober 2022 beträgt die Geringfügigkeitsgrenze maximal 520 Euro und ist dynamisch gestaltet. Näheres hierzu im Text unter II. 
Da die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung bei beiden Tatbeständen (Minijob und kurzfristige Beschäftigung) unterschiedlich ausfällt, ist zu differenzieren. 
Ein weiteres Differenzierungserfordernis ergibt sich daraus, dass es im Rahmen des Minijobs die Sondergruppe der geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten gibt. Innerhalb der Pauschalbeiträge gibt es hier eine weitergehende Privilegierung. Auf diese besonderen Regelungen zu den Minijobs in Privathaushalten wird in diesem Artikel nicht näher eingegangen. Ausführliche Informationen hierzu enthält das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zum “Haushaltsscheck-Verfahren” sowie die Internetseite der Minijob-Zentrale.
Eine Beschäftigung im Übergangsbereich (im Folgenden  ”Midijob”) liegt gemäß § 20 Abs. 2 SGB IV vor, wenn das erzielte Arbeitsentgelt im Monat mehr beträgt als die Geringfügigkeitsgrenze im Minijob, aber eine bestimmte Höchstgrenze nicht übersteigt. 
Bis zum 30.September 2022 umfasste der Übergangsbereich ein Arbeitsentgelt zwischen 450,01 Euro und maximal 1.300 Euro. Vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2022 betrug das Arbeitsentgelt im Übergangsbereich zwischen 520,01 Euro und maximal 1.600 Euro. Übergangsvorschriften gelten bis längstens zum 31. Dezember 2023. Zum 1. Januar 2023 wurde die obere Entgeltgrenze auf maximal 2.000 Euro angehoben. Näheres hierzu im Text unter IV. 

II. Entgeltgeringfügige Beschäftigung (Minijob)

1. Voraussetzungen und Geringfügigkeitsgrenze

Der Prototyp eines Minijobs ist die auf Dauer angelegte und regelmäßig ausgeübte Beschäftigung in geringem zeitlichem Umfang gegen ein geringes Entgelt, das sich Hausfrauen/Hausmänner, Studierende oder Rentnerinnen/Rentner nebenbei verdienen. 
Bis zum 30. September 2022 konnte ein Minijobber regelmäßig monatlich  bis zu 450 Euro verdienen (bzw. höchstens 5.400 Euro jährlich). Diese Entgeltgrenze war starr, sodass Anhebungen des gesetzliches Mindestlohns oft dazu führten, dass die wöchentliche bzw. monatliche Stundenzahl durch Arbeitsvertragsänderung reduziert werden musste. 
Seit dem 1. Oktober 2022 gibt es keine feste Entgeltgrenze mehr, sondern eine  dynamische Geringfügigkeitsgrenze, die sich an einer  Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientiert. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird. Somit beträgt die Geringfügigkeitsgrenze ab dem 1. Oktober 2022 bei einem Mindestlohn in Höhe von 12 Euro pro Zeitstunde aufgerundet  520 Euro
Unter Berücksichtigung des gesetzlichen Mindestlohns und der Entgeltgrenze von 520 Euro dürfen Minijobber ab dem 1. Oktober 2022 maximal 43,33 Stunden pro Monat arbeiten (dies entspricht einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden). 
Wenn der gesetzliche Mindestlohn künftig steigt, wird auch die Geringfügigkeitsgrenze entsprechend steigen. Da die Geringfügigkeitsgrenze auf Basis von 10 Wochenstunden berechnet wird, bedeutet dies, dass ein Minijobber künftig immer 10 Stunden pro Woche für den Mindestlohn arbeiten kann. 
Hinweis Branchenstundenlöhne: In einigen Branchen können sich aus Tarifverträgen abweichende – höhere – Stundensätze ergeben. Ist der Branchenstundenlohn höher als der gesetzliche Mindestlohn, reduziert sich entsprechend der Umfang der Stundenzahl pro Monat. 
Achtung: Wird die Entgeltgrenze überschritten, liegt kein Minijob mehr vor, sondern eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. 

Regelmäßiges monatliches Entgelt:

Für die Prüfung der Entgeltgrenze von 520 Euro ist das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt maßgeblich. Der Begriff regelmäßig bedeutet, dass der Arbeitgeber bei Beschäftigungsbeginn und bei jeder dauerhaften Veränderung in den Verhältnissen der Beschäftigung eine  vorausschauende Beurteilung vornehmen muss, ob die Entgeltgrenze nicht überschritten und damit ein Minijob tatsächlich vorliegt.
Hierzu muss er alle laufenden und einmaligen Arbeitsentgelte einbeziehen, die dem Arbeitnehmer im Beurteilungszeitraum (maximal 12 Monate) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zufließen werden und durch die Anzahl der Beschäftigungsmonate des Beurteilungszeitraums (maximal 12 Monate) teilen. Das so ermittelte regelmäßige Arbeitsentgelt darf die Geringfügigkeitsgrenze von 520 Euro pro Monat nicht überschreiten. 
Einmalige Zahlungen (z.B. Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) sind zu berücksichtigen, wenn die Zahlung mit hinreichender Sicherheit mindestens einmal jährlich zu erwarten ist. Zudem sind auch solche Entgeltbestandteile zu berücksichtigen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer monatlich zwar nicht auszahlt, auf die er aber einen gesetzlichen oder (tarif-)vertraglichen Anspruch hat (z.B. nicht gezahlter laufender Mindestlohn oder Tariflohn, Arbeitsvergütung für die fingierte Wochenarbeitszeit bei Arbeit auf Abruf nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG). 
Schwankt der monatliche Verdienst des Minijobbers (in einigen Monaten wird weniger, in einigen Monaten mehr als 520 Euro gezahlt), muss das regelmäßige Arbeitsentgelt geschätzt und ein Durchschnittswert errechnet werden. Wird dabei die Jahresverdienstgrenze von 6.240 Euro bei 12 Beschäftigungsmonaten nicht überschritten (6.240 Euro : 12 = 520 Euro), kann in einzelnen Monaten auch mehr als 520 Euro verdient werden. Gemeint sind hier insbesondere Arbeitsschwankungen, die für betriebliche Arbeitsabläufe typisch sind (z.B. Schwankungen des Arbeitsentgelts aufgrund anfallender Mehrarbeit wegen geplanter Urlaubsvertretungen). 
Vorsicht bei erheblichen Schwankungen: Wird der Arbeitnehmer nur wenige Monate im Jahr in Vollzeit, das restliche Jahr aber so stark reduziert beschäftigt, dass die Jahresverdienstgrenze von 6.240 Euro nicht überschritten wird, handelt es sich um eine erhebliche Schwankung und es liegt kein Minijob vor. 

Gelegentliche, unvorhersehbare Überschreitungen:

Ein gelegentliches, unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze steht dem Fortbestand eines Minijobs nicht entgegen. In diesem Ausnahmefall darf auch die Jahresgrenze von 6.240 Euro überschritten werden. Hierzu müssen aber zwei Voraussetzungen vorliegen: 
  1. Die Zahlungen müssen unvorhersehbar gewesen sein: Der Arbeitgeber hat diese daher im Rahmen der vorausschauenden Beurteilung zur Ermittlung des regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelts außer Acht gelassen. Hierzu gehört beispielsweise ein plötzlicher Mehraufwand des Minijobbers aufgrund eines krankheitsbedingten Ausfalls eines anderen Mitarbeiters. Eine Urlaubsvertretung ist hingegen kein unvorhersehbares Ereignis. 
  2. Das Überschreiten ist gelegentlich: Gelegentlich ist ein Zeitraum von bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres. Der Jahreszeitraum ist dahingehend zu ermitteln, dass vom letzten Tag des zu beurteilenden Beschäftigungsmonats ein Jahr zurück gerechnet wird. Innerhalb dieses Jahreszeitraums darf also nur an zwei Kalendermonaten das Entgelt unvorhersehbar überschritten werden. Zudem ist zu beachten, dass in diesen beiden Monaten insgesamt das Doppelte der Geringfügigkeitsgrenze – also maximal 1.040 Euro – nicht überschritten werden darf. Ein Minijobber darf also 6.240 Euro über 12 Monate und in begründetem Ausnahmefall maximal 7.280 Euro verdienen. 
Tipp: 
Arbeitgeber sollten die Fälle des gelegentlichen, unvorhersehbaren Überschreitens in den Entgeltunterlagen für eine spätere Betriebsprüfung sorgfältig dokumentieren. 
Das gelegentliche, unvorhersehbare Überschreiten der Entgeltgrenze im Rahmen eines Minijobs ist nicht neu. Dieser Fall war aber bislang nur in den Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung erwähnt. Der Fall ist nun mit Wirkung zum 1. Oktober 2022 gesetzlich geregelt worden, wobei die Grenze von 1.040 Euro ganz neu ist. 
Nähere Einzelheiten zu der versicherungsrechtlichen Beurteilung von geringfügigen Beschäftigung sind den  Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zu entnehmen. Diese wurden zum 16. August 2022 aktualisiert und enthalten auch Ausführungen zu der seit dem 1. Oktober 2022 geltenden Rechtslage. 

2. Sozialversicherungsrechtliche Regelungen beim 520-Euro-Minijob

Minijobs sind  in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sozialversicherungsfrei, jedoch nicht beitragsfrei. In der Rentenversicherung besteht grundsätzlich Versicherungspflicht, von der sich der Minijobber aber auf Antrag befreien lassen kann. Der Arbeitgeber muss folgende  Pauschalabgaben (Stand 2023) leisten, die nicht vom Verdienst abgezogen werden dürfen: 
  • 13 % Pauschalbeitrag zur Krankenkasse, wenn der Minijobber gesetzlich krankenversichert ist (versicherungspflichtig, freiwillig- oder familienversichert). Hinweis: Der Pauschalbeitrag begründet keinen Krankenversicherungsschutz für den Minijobber. 
  • 15 % Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung, wenn sich der Minijobber von der Rentenversicherungspflicht hat befreien lassen.* 
  • 1,1 % Umlage U1 (Ausgleich für Aufwendungen bei Krankheit des Arbeitnehmers)
  • 0,24 % Umlage U2 (Ausgleich für Aufwendungen bei Schwangerschaft/Mutterschaft) 
  • 0,06 % Insolvenzgeldumlage
* Hat sich der Minijobber nicht von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreien lassen, entrichtet der Arbeitgeber einen Beitrag von 15 % und der Minijobber einen Eigenanteil in Höhe von 3,6 % zur Rentenversicherung. Eine Befreiung des Arbeitnehmers von der Rentenversicherungspflicht ist  nur auf schriftlichen Antrag bei dem Arbeitgeber möglich. Der Arbeitgeber muss dann der Minijob-Zentrale die Befreiung innerhalb von sechs Wochen (42 Kalendertage) melden. Die Befreiung ist für die gesamte Dauer des Minijobs bindend und gilt für alle Minijobs, sofern mehrere vorliegen. Im Falle der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zahlt nur der Arbeitgeber einen Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung in Höhe von 15 %
Tipp: Es empfiehlt sich, einen entsprechenden Hinweis auf die Rentenversicherungspflicht und die Befreiungsmöglichkeit in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Auch die Minijob-Zentrale informiert detailliert über die Rentenversicherungspflicht und die Befreiungsmöglichkeiten. 
Die Pauschalabgaben muss der Arbeitgeber fristgerecht monatlich an die Minijob-Zentrale zahlen. Die gesamten Abgaben für Minijobber sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem der Minijobber die Beschäftigung ausübt. Einen Überblick über die Fälligkeits- und Übermittlungstermine bietet die Minijob-Zentrale auf ihrer Homepage
Die Minijob-Zentrale bietet zudem auf ihrer Homepage einen Minijob-Rechner zum Berechnen der zu zahlenden Abgaben samt Erläuterungen an.
Die  gesetzliche Unfallversicherung hingegen kennt  keine Geringfügigkeit, dort ist jeder Beschäftigte unabhängig vom Umfang seines Tätigwerdens versichert und der Arbeitgeber hat die entsprechenden Beiträge zu entrichten. Es gelten individuelle Beiträge der zuständigen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften). 

3. Sozialversicherungsrecht beim Zusammentreffen mehrerer Beschäftigungen/Minijobs 

Grundsätzlich gilt, dass mehrere Arbeitnehmertätigkeiten zur Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zusammengerechnet werden. 

3.1. Minijob und Hauptberuf 

  • Wird neben einem sozialversicherungsrechtlichen Hauptberuf nur ein einziger Minijob im Umfang von bis zu 520 Euro ausgeübt, erfolgt keine Zusammenrechnung mit dem Hauptberuf, sofern die Beschäftigungen bei unterschiedlichen Arbeitgebern ausgeübt werden. In der geringfügigen Beschäftigung müssen dann lediglich die Pauschalabgaben gezahlt werden. 
  • Wird der Hauptberuf und der Minijob bei demselben Arbeitgeber ausgeübt, gelten diese sozialversicherungsrechtlich als ein einziges Beschäftigungsverhältnis, sodass diese zusammengerechnet werden. 
  • Hat der Minijobber eine sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigung und nimmt er später noch einen oder mehrere Minijobs auf, werden diese mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und sind mit Ausnahme der Arbeitslosenversicherung in der Regel versicherungspflichtig. 
  • Ist der Hauptberuf sozialversicherungsfrei, erfolgt keine Zusammenrechnung der Einnahmen aus diesen Tätigkeiten. Für die geringfügigen Beschäftigungen müssen Beiträge abgeführt werden, die abhängig von der Höhe der zusammengerechneten Entgelte pauschal (Entgelt bis 520 Euro) oder in normaler Beitragshöhe (Entgelte über 520 Euro) gezahlt werden. 

3.2. Mehrere Minijobs

  • Hat der Minijobber keine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung, kann er grundsätzlich mehrere Minijobs bei verschiedenen Arbeitgebern nebeneinander ausführen. Solange das addierte Arbeitsentgelt aus den verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen die Grenze von 520 Euro nicht überschreitet, sind die Pauschalbeiträge zu zahlen. 
  • Nicht zusammengerechnet werden die Entgelte aus einem Minijob und einer kurzfristigen Beschäftigung, sofern die Beschäftigung bei unterschiedlichen Arbeitgebern ausgeübt wird. 
  • Wenn die Summe zwischen 520,01 und 1.600 Euro bzw. (ab 1. Januar 2023) 2.000 Euro liegt, liegt kein Minijob vor. Hier sind die Beiträge nach den Maßgaben über den Übergangsbereich (siehe IV.) zu berechnen. 
  • Liegt die Summe über 1.600 Euro bzw. (ab 1. Januar 2023) 2.000 Euro, unterliegt das gesamte Arbeitsentgelt der normalen Beitragspflicht. 

4. Lohnsteuer beim Minijob 

Das Entgelt aus einem Minijob ist lohnsteuerpflichtig. 
Der Arbeitgeber kann auf den Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM, sogenannte Individualbesteuerung) verzichten und stattdessen die  Lohnsteuer pauschal mit 2 % (sogenannte einheitliche Pauschsteuer) erheben, sofern Rentenversicherungsbeiträge gezahlt werden oder die Tätigkeit versicherungsfrei ist. Der Arbeitgeber kann die 2 % Pauschsteuer im Innenverhältnis auf den Arbeitnehmer abwälzen. Die einheitliche Pauschsteuer von 2 % ist zusammen mit den Pauschalabgaben zur Sozialversicherung an die Knappschaft-Bahn-See abzuführen. 
In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber die pauschalen Rentenversicherungsbeiträge ausnahmsweise nicht entrichten, sondern muss die allgemeinen Beiträge zur Rentenversicherung abführen. Dies ist insbesondere der Fall bei Minijobs, die wegen Zusammenrechnung mit weiteren Beschäftigungen nicht bei der Minijob-Zentrale, sondern bei der Krankenkasse gemeldet werden (z.B. wenn der Beschäftigte neben dem Minijob einen weiteren Minijob und einen sozialversicherungspflichtigen Hauptberuf ausübt). In diesen Fällen besteht neben der immer möglichen Individualbesteuerung nach ELStAM die Möglichkeit, die Lohnsteuer für den Minijob mit 20 % des Arbeitsentgelts pauschal zu erheben (§ 40a Abs. 2a EStG). Anders als bei der einheitlichen Pauschsteuer sind bei der Lohnsteuerpauschalierung nach § 40a Abs. 2a EStG allerdings Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer nicht enthalten. Sie fallen also zusätzlich an. Die pauschale Lohnsteuer von 20 % ist beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt anzumelden und an dieses abzuführen. 

III. Zeitgeringfügige Beschäftigung (kurzfristige Beschäftigung) 

1. Voraussetzungen 

Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis zeitlich befristet  im Kalenderjahr drei Monate oder 70 Arbeitstage nicht überschreitet, nicht berufsmäßig und nicht regelmäßig wiederkehrend ist. 
Der Prototyp bzw. das gesetzliche Leitbild der kurzfristigen Beschäftigung sind saisonal ausgeübte Aushilfsbeschäftigungen wie Erntehelferinnen und Erntehelfer. 
Kurzfristige Arbeitsverträge sind in der Regel befristet. Die  Befristung ist nur wirksam, wenn sie  schriftlich erfolgt. 
Die  Höhe des Arbeitsentgelts ist bei der kurzfristigen Beschäftigung grundsätzlich unerheblich. Eine Verdienstgrenze wie beim 520-Euro-Minijob gibt es nicht. Die kurzfristige Beschäftigung darf aber  nicht berufsmäßig sein. Beschäftigungen, die nur gelegentlich ausgeübt werden, sind grundsätzlich von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung. Wenn der kurzfristig Beschäftigte aber  mehr als 520 Euro im Monat verdient, ist die  Berufsmäßigkeit gesondert zu  prüfen. Ist die kurzfristige Beschäftigung die einzige Erwerbstätigkeit und ist sie zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt, liegt keine kurzfristige Beschäftigung vor. 
Nicht berufsmäßig sind in der Regel: 
  • Hausfrauen/Hausmänner
  • Rentnerinnen/Rentner
  • Schülerinnen/Schüler
  • Studierende
  • Beschäftigungen zwischen Schulentlassung und beabsichtigter Aufnahme eines Studiums oder einer Fachschulausbildung 
  • Hauptberuflich Beschäftige mit kurzfristiger Nebenbeschäftigung
Diese Personengruppen können im kurzfristigen Beschäftigungsverhältnis mehr als 520 Euro pro Monat verdienen. 
Stets berufsmäßig sind hingegen folgende Beschäftigungen: 
  • Beschäftigungen von Menschen, die Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit beziehen oder als Arbeitssuchende gemeldet sind 
  • Beschäftigungen zwischen Schulentlassung und Beginn einer Berufsausbildung, Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres, eines Bundesfreiwilligendienstes oder eines freiwilligen Wehrdienstes 
Des Weiteren darf die kurzfristige Beschäftigung  nicht auf Dauer angelegt und keine regelmäßig wiederholende Beschäftigung sein.
Rahmenvereinbarungen im Sinne der Sozialversicherung sind aber möglich. Hier vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass dieser innerhalb eines bestimmten Zeitraums (längstens für 12 Monate) im Rahmen der Zeitgrenzen der kurzfristigen Beschäftigung (maximal drei Monate oder 70 Arbeitstage) tätig werden soll. Beispiel: Rahmenvereinbarung vom 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 mit maximal 70 Arbeitstagen. Wird die Rahmenvereinbarung über den Zeitraum von 12 Monaten verlängert, liegt eine Dauerbeschäftigung und damit grundsätzlich keine kurzfristige Beschäftigung mehr vor. Rahmenvereinbarungen bei demselben Arbeitgeber sind grundsätzlich nur möglich, wenn zwischen den Rahmenvereinbarungen eine Pause von mindestens zwei Monaten liegt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Rahmenvereinbarung auch über mehrere Jahre hinweg bestehen. 
Weitere Informationen zu den Voraussetzungen der kurzfristen Beschäftigung und zu den Bedingungen für Rahmenvereinbarungen finden Sie auf der Internetseite der Minijob-Zentrale
Einzelheiten zu der versicherungsrechtlichen Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen sind den  Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zu entnehmen, die zum 16. August 2022 aktualisiert wurden. 

2. Änderungen bei der kurzfristigen Beschäftigung seit Januar 2022

2.1. Meldeverfahren ab Januar 2022

Seit dem 1. Januar 2022 müssen Arbeitgeber bei der Anmeldung von kurzfristig Beschäftigten zusätzlich angeben, wie diese krankenversichert sind
Der Arbeitgeber muss einen Nachweis über den Krankenversicherungsschutz (bspw. eine Bescheinigung der gesetzlichen Krankenkasse oder des privaten Krankenversicherungsunternehmens oder eine Kopie der Versicherungskarte) zu den Entgeltunterlagen nehmen. 
Nähere Informationen, wie der Nachweis des Krankenversicherungsschutzes bei der Minijob-Zentrale gemeldet werden muss, finden Sie auf der Internetseite der Minijob-Zentrale

2.2. Elektronische Rückmeldung zu Vorbeschäftigungszeiten

Seit dem 1. Januar 2022 erhalten Arbeitgeber nach der Anmeldung eines kurzfristig Beschäftigten eine Rückmeldung über Vorbeschäftigungszeiten von der Minijob-Zentrale. Nähere Informationen hierzu finden Sie in dem Beitrag der Minijob-Zentrale “Kurzfristige Minijobs: Ab 2022 elektronische Rückmeldung zu Vorbeschäftigungszeiten”

3. Sozialversicherungsrechtliche Regelungen bei der kurzfristigen Beschäftigung 

Kurzfristige Beschäftigungen sind  sozialversicherungsfrei, aber nicht beitragsfrei. Für den Arbeitgeber fallen aber – im Vergleich zu 520-Euro-Minijobs –  geringere Abgaben an. Diese umfassen (Stand 2023):
  • 1,1 % Umlage U1 (Ausgleich für Aufwendungen bei Krankheit des Arbeitnehmers)
  • 0,24 % Umlage U2 (Ausgleich für Aufwendungen bei Schwangerschaft/Mutterschaft)
  • 0,06 % Insolvenzgeldumlage 
Diese sind an die Minijob-Zentrale zu entrichten. 
Darüber hinaus hat der Arbeitgeber den kurzfristig Beschäftigten bei der jeweils zuständigen  gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) anzumelden und entsprechende Beiträge zu entrichten. 

4. Sozialversicherungsrecht beim Zusammentreffen mehrerer (kurzfristiger) Beschäftigungen

Grundsätzlich gilt: Mehrere kurzfristige Beschäftigungen innerhalb eines Kalenderjahres – auch bei verschiedenen Arbeitgebern – werden zusammengerechnet. 
Bei einer Zusammenrechnung von mehreren Beschäftigungszeiten treten an die Stelle der drei Kalendermonate  90 Arbeitstage. Hierbei werden volle Kalendermonate mit 30 Tagen und Teilmonate mit den tatsächlichen Tagen berücksichtigt. Umfasst ein Zeitraum keinen Kalendermonat, aber einen Zeitmonat, ist dieser ebenfalls mit 30 Kalendertagen zu berücksichtigen. 
Von dem Zeitpunkt, von dem an absehbar ist, dass die  Grenze von 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres überschritten wird,  handelt es sich nicht mehr um eine kurzfristige Beschäftigung. 
Die Einhaltung der zulässigen Zeitgrenzen ist jeweils zu Beginn der neuen Beschäftigung unter Berücksichtigung bereits schon im laufenden Kalenderjahr ausgeübter kurzfristiger Beschäftigungen zu prüfen. 
Nicht zusammengerechnet werden: 
  • Neben einem 520-Euro-Minijob ist eine kurzfristige Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber möglich, ohne dass die Beschäftigungszeiten zusammengerechnet werden. Möglich wäre es beispielsweise, dass der Beschäftigte das ganze Jahr über einen 520-Euro-Minijob und zusätzlich für einen begrenzten Zeitraum eine kurzfristige Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber ausübt. 
  • Erfolgt neben einem sozialversicherungspflichtigen Hauptberuf eine kurzfristige Beschäftigung, erfolgt keine Zusammenrechnung mit dem Hauptberuf, sofern de Beschäftigungen bei unterschiedlichen Arbeitgebern ausgeübt werden. 
  • Es besteht auch die Möglichkeit, zusätzlich zu einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung und einem 540-Euro-Minijob eine kurzfristige Beschäftigung aufzunehmen. Die Beschäftigungen müssen aber bei unterschiedlichen Arbeitgebern ausgeübt werden. 

5. Lohnsteuer bei kurzfristigen Beschäftigungen

Einkünfte aus kurzfristigen Beschäftigungen sind grundsätzlich nach den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) des Arbeitnehmers zu versteuern. 
Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber nach § 40a Abs. 1 EStG die Lohnsteuer pauschal mit 25 % des Arbeitsentgelts zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer erheben, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
  • der Arbeitnehmer wird beim Arbeitgeber nur gelegentlich, nicht regelmäßig wiederkehrend beschäftigt
  • der Arbeitnehmer ist länger als 18 zusammenhängende Arbeitstage beschäftigt (ohne arbeitsfreie Samstage, Sonn- und Feiertage, Krankheits- und Urlaubstage)
  • der durchschnittliche Stundenlohn beträgt höchstens 15 Euro 
  • der maximale Verdienst durchschnittlich bei 120 Euro pro Arbeitstag liegt oder die kurzfristige Beschäftigung zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt sofort erforderlich wird 
Unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den kurzfristig Beschäftigten individuell oder pauschal versteuert, ist das Betriebsstättenfinanzamt zuständig. 

IV. Beschäftigung im Übergangsbereich (Midijob) 

1. Voraussetzungen 

Eine Beschäftigungen im sogenannten Übergangsbereich (früher “Gleitzone”) liegt vor, wenn sich das erzielte Arbeitsentgelt im Monat innerhalb des Bereichs bewegt, der höher ist als die Entgeltgrenze im Minijob, aber eine bestimmte Obergrenze nicht übersteigt. 
Man kann sagen: Der Midijob beginnt dort, wo der Minijob aufhört. Arbeitsverhältnisse mit einem Einkommen innerhalb dieser Entgeltzone stellen im Bereich der Sozialversicherung einen Übergang von Minijobs zu regulären Arbeitsverhältnissen dar. 
Bis zum 30. September 2022 umfasste der Übergangsbereich ein regelmäßiges Arbeitsentgelt zwischen 450,01 Euro und maximal 1.300 Euro
Ab dem 1. Oktober 2022 beträgt das regelmäßige Arbeitsentgelt im Übergangsbereich zwischen 520,01 Euro und 1.600 Euro. Anstelle der bisherigen starren Untergrenze von 450,01 Euro tritt auch hier die dynamische Untergrenze. Steigt also der Mindestlohn und wird die Geringfügigkeitsgrenze beim Minijob angepasst, erfolgt auch eine Anpassung der Untergrenze beim Midijob. Die Obergrenze von nunmehr 1.600 Euro bleibt aber starr. 
Update: Zum 1. Januar 2023 wurde die Obergrenze von 1.600 Euro  auf 2.000 Euro im Monat angehoben.
Voraussetzung ist, dass das  regelmäßige Arbeitsentgelt innerhalb der Entgeltzone liegt. Bei schwankenden Entgelten muss das jährliche Entgelt ermittelt und durch zwölf geteilt werden. Das gilt auch dann, wenn der Midijobber Einmalzahlungen wie Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld erhält. 
Werden mehrere Beschäftigungen nebeneinander ausgeübt, werden die Entgelte aus diesen Beschäftigungen grundsätzlich zusammengerechnet (§ 20 Abs. 2 SGB IV). Eine sozialversicherungsfreie geringfügige Beschäftigung (Minijob oder kurzfristige Beschäftigung) bleibt hingegen unberücksichtigt. 

2. Sozialversicherungsrechtliche Regelungen beim Midijob

Midijobber sind sozialversicherungspflichtige Beschäftigte
Für die Beitragsberechnung und Beitragstragung in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gelten aber besondere Regelungen
Der Vorteil besteht darin, dass Midijobber nur einen reduzierten Beitragsanteil zu den einzelnen Versicherungszweigen zu tragen haben, sie aber trotz der geringeren Beiträge zur Sozialversicherung die vollen Leistungen in allen Versicherungszweigen in Anspruch nehmen können. Auch die reduzierten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wirken sich nicht mehr nachteilig auf die Rentenansprüche der Midijobber aus. Denn dem Rentenkonto wird der tatsächliche Verdienst aus dem Midijob gutgeschrieben. 
Beschäftigungen im Übergangsbereich sind im Meldeverfahren gesondert zu kennzeichnen. Zusätzlich ist das Arbeitsentgelt, das ohne die Anwendung der Regelungen des Übergangsbereichs zu berücksichtigen wäre, anzugeben. 
Die Beiträge des Arbeitgebers und des Midijobbers werden über aufwendige Formeln berechnet. Wesentlich ist hierbei der Faktor F. Je nach Entgeltabrechnungszeitraum (bis 30. September 2022, vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2022, ab 1. Januar 2023) variiert die Berechnungsweise und der Faktor F. 
Um die Beiträge zu berechnen, können  Midijobrechner genutzt werden, die unter anderem die Deutsche Rentenversicherung oder die Minijob-Zentrale zur Verfügung stellen. 
Bei Fragen zur Meldung und Beitragszahlungen für die Beschäftigungen im Übergangsbereich ist die Krankenkasse des Midijobbers richtige Ansprechpartnerin. Auch die Krankenkassen stellen häufig Midijobrechner zur Verfügung. 
Einzelheiten zur versicherungs-, beitrags- und melderechtlichen Behandlung von Beschäftigungsverhältnissen im Übergangsbereich sind dem Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zu entnehmen. Dieses wurde zum 16. August 2022 aktualisiert und enthält auch Ausführungen zur Rechtslage ab dem 1. Oktober 2022. 

3. Bestandsschutzregelungen längstens bis 31.12.2023

Für diejenigen Beschäftigten, für die bis zum 30. September 2022 die Regelungen für den Übergangsbereich galten und die ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt zwischen 450,01 Euro und 520 Euro erzielt haben, gilt eine Bestandsschutzregelung
Diese bleiben versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung und behalten diesen Versicherungsschutz auch ab dem 1. Oktober 2022 längstens bis zum 31.Dezember 2023, solange sich das durchschnittliche Arbeitsentgelt zwischen 450,01 Euro und 520 Euro bewegt und der Arbeitnehmer nicht die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt.
Bei der Kranken- und Pflegeversicherung ist die Besonderheit zu beachten, dass der Bestandsschutz  nicht eintritt, wenn in der Krankenversicherung die Voraussetzungen für eine Familienversicherung vorliegen. 
In der  Rentenversicherung gibt es hingegen keine Bestandsschutzregelung (eine solche gibt es nur für Beschäftigte in Privathaushalten). Arbeitnehmer, die über den 30. September 2022 hinaus beschäftigt sind und ein regelmäßiges Arbeitsentgelt zwischen 450,01 Euro und maximal 520 Euro verdienen, werden ab dem 1. Oktober 2022 Minijobber in der Rentenversicherung. In diesem Fall beträgt der Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung 15 % und der Arbeitnehmeranteil nur 3,6 %. 
Die Beiträge für die Bestandsschutzfälle berechnen sich nach der bis zum 30. September 2022 geltenden Berechnungsweise und nach der alten Formel.  
Die betroffenen Beschäftigten können in jedem einzelnen Versicherungszweig die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragen

4. Lohnsteuer bei Midijobs

Im Lohnsteuerrecht gibt es keine Regelung im Übergangsbereich. Die Besteuerung von Midijobbern erfolgt nach den individuellen Besteuerungsmerkmalen (ELStAM). 
In den Fällen, in denen ab dem 1. Oktober 2022 in der Rentenversicherung ein Minijob vorliegt, können pauschal mit 2 % versteuert werden. Die Pauschsteuer hat der Arbeitgeber dann an die Minijob-Zentrale zu zahlen. 

V. Einzugsstellen

Die Pauschalbeiträge, Umlagen und Pauschsteuer bei 520-Euro-Minijobs sowie die Umlagen bei kurzfristigen Beschäftigungen werden zur Vermeidung aller Bürokratie an die Bundesknappschaft gezahlt:
Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
Hauptverwaltung
Pieperstraße 14-28
44789 Bochum
Telefon 0234 304-0
Telefax 0234 304-66050
Kostenloses Servicetelefon 0800 1000 480 80
Auskünfte erteilt auch die Minijob-Zentrale:
Kostenloses Servicetelefon 0355 2902-70799 erreichbar von Montag bis Freitag 7.00 - 17.00 Uhr
E-Mail:  minijob@minijob-zentrale.de
Die Sozialversicherungsbeiträge bei Beschäftigungen im Übergangsbereich sind bei den jeweiligen Krankenkassen der Midijobber abzuführen. 
In den Bestandsschutzfällen (siehe oben unter IV., 3.) gibt es zwei Einzugsstellen, da zumindest für den Zweig der Rentenversicherung ein Minijob vorliegt, bei dem die Minijob-Zentrale die zuständige Einzugsstelle ist. In allen anderen Zweigen bleibt der Beschäftigte versicherungspflichtig, sofern er keine Befreiung beantragt hat. Für diese Versicherungszeige ist die jeweilige Krankenkasse des Beschäftigten die zuständige Einzugsstelle. 

VI. Studierende, Praktikanten und Auszubildende

Für Studierende gelten besondere Vorschriften zur Sozialversicherung, wenn sie neben einem Studium einer Beschäftigung als sogenannte Werkstudenten nachgehen. Bei einer Beschäftigung als echter Werkstudent entfallen für den Arbeitgeber und den Werkstudenten die Abgaben zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (= sogenanntes Werkstudentenprivileg). Beiträge zur Rentenversicherung müssen allerdings geleistet werden. Voraussetzung ist die Einstellung als “ordentlicher Studierender”, d.h., die Person muss an einer Hochschule, Universität oder an einer staatlich anerkannten Fachhochschule eingeschrieben sein und sie muss den Großteil ihrer Zeit in das Studium investieren. Während der Vorlesungszeit darf grundsätzlich nicht mehr als 20 Stunden in der Woche gearbeitet werden. 
Studierende können bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen aber auch als  geringfügig Beschäftigte (520-Euro-Minijobber oder kurzfristig Beschäftigte) eingestellt werden, dann gelten keine Besonderheiten (siehe Ausführungen unter II. und III).
Ein wesentlicher Unterschied zwischen einem 520-Euro-Minijobber und einem Werkstudenten ist, dass ein echter Werkstudent während den Semesterferien bis zu 40 Stunden in der Woche beschäftigt werden kann und hierbei die Höhe des Arbeitsentgelts keine Rolle spielt, währen ein Minijobber auch in den Semesterferien nur so viele Stunden eingesetzt werden kann, wie das ohne Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze unter Einhaltung des Mindestlohns möglich ist. 
Die kurzfristige Beschäftigung ist im Gegensatz zur Einstellung als Werkstudent sozialversicherungsfrei. Für den Arbeitgeber fallen nur geringe Umlagen an. Die kurzfristige Beschäftigung ist aber im laufenden Kalenderjahr auf maximal drei Monate oder 70 Arbeitstage beschränkt, das Arbeitsverhältnis mit einem Werkstudenten hingegen nicht. 
Auch  Schülerinnen und Schüler können als  geringfügig Beschäftigte eingestellt werden. Auch hier gelten hinsichtlich der geringfügigen Beschäftigung keine Besonderheiten (siehe Ausführungen unter II. und III.)
Bei  Praktikantinnen und Praktikanten ist zu unterscheiden, ob es sich um ein Pflichtpraktikum oder ein freiwilliges Praktikum und ob es sich um ein Zwischenpraktikum oder um ein Vor- oder Nachpraktikum handelt. Ein vorgeschriebenes Zwischenpraktikum ist unabhängig von der Entgelthöhe versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Das Mindestlohngesetz ist nicht anwendbar. Die Ausgestaltung des Praktikums unterliegt alleine eventuellen (hoch-)schulrechtlichen Bestimmungen. Versicherungspflicht besteht hier grundsätzlich in der Unfallversicherung. Bei allen anderen Praktika fällt die sozialversicherungsrechtliche Einordnung unterschiedlich aus, je nachdem, ob es sich um Pflicht- oder freiwilliges Vor-, Zwischen- oder Nachpraktikum handelt und ob eine Vergütung gezahlt wird. 
Einzelheiten zu der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Studenten und Praktikanten finden sich im Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, zuletzt aktualisiert am 23.11.2016
Für Auszubindende kommt weder eine geringfügige Beschäftigung noch eine Beschäftigung im Übergangsbereich in Betracht. 

VII. Bußgeldbewehrte Melde- und Dokumentationspflichten

Der Arbeitgeber hat sowohl geringfügig entlohnte als auch kurzfristig Beschäftigte anzumelden. In der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) wurde festgelegt, dass Anmeldungen mit der ersten Abrechnung, spätestens jedoch 6 Wochen nach der Aufnahme der Beschäftigung zu übermitteln sind. Dieselbe Frist gilt für die Abmeldung nach Beendigung der Beschäftigung. Bei geringfügig entlohnten Beschäftigten muss der Einzugsstelle zusätzlich jede Änderung des Arbeitsentgelts mitgeteilt werden, sofern die Änderung zu einer Über- oder Unterschreitung der 520-Euro-Grenze führt. Außerdem hat der Arbeitgeber für geringfügig entlohnte Beschäftigte eine Jahresmeldung zu erstatten.
Die Meldungen werden auf dem Vordruck Meldung zur Sozialversicherung vorgenommen. 
Detaillierte Informationen erhalten Sie auf der Homepage der Minijob-Zentrale
Ein Arbeitgeber kann mit einem Bußgeld bis zu 5.000 Euro belangt werden, wenn er seiner Meldepflicht nicht, nicht rechtzeitig, nicht richtig oder nicht vollständig nachkommt.
Kommt es infolge der Zusammenrechnung mehrerer Beschäftigungen zur Versicherungspflicht, informiert die Bundesknappschaft die Arbeitgeber darüber. Diese sind verpflichtet, notwendige An- und Abmeldungen bei Bundesknappschaft und Krankenkassen vorzunehmen.
Nach § 17 Abs. 1 S. 1 MiLoG besteht für Arbeitgeber geringfügig Beschäftigter (sowie der in § 2a des SchwArbG bezeichneten Bereiche) die Pflicht, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen sowie Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre  aufzubewahren . Einzelheiten regelt die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung. Nähere Informationen zur Aufzeichnungspflicht finden Sie auf der Internetseite der deutschen Zollverwaltung

VIII. Arbeitsrecht

Sowohl geringfügige Beschäftigungen (520-Euro-Minijobs, kurzfristige Beschäftigungen) als auch Beschäftigungen im Übergangsbereich (Midijobs) sind arbeitsrechtlich gesehen normale Arbeitsverhältnisse. Zu betonen ist insbesondere, dass nach dem  Gleichbehandlungsgrundsatz auch für diese Beschäftigungsarten alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen gelten und sie nicht schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. So genießen sie auch den Kündigungsschutz, wenn das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung kommt, haben Anspruch auf Urlaub, auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder auch auf Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld. 

1. Arbeitsvertrag

Arbeitsverträge können grundsätzlich formfrei, d.h. mündlich, elektronisch oder schriftlich geschlossen werden. Bei mündlichem oder elektronischem Vertragsschluss muss der Arbeitgeber aber nach dem neu gefassten Nachweisgesetz die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederlegen, die Niederschrift eigenhändig unterschreiben und dem Arbeitnehmer bereits am ersten Arbeitstag aushändigen. Dies gilt nunmehr auch bei Aushilfstätigkeiten
Informationen zum neuen Nachweisgesetz finden Sie in unserem Artikel: Änderungen des Nachweisgesetzes ab dem 1. August 2022
Bei befristeten Arbeitsverhältnissen muss die Befristungsabrede zwingend schriftlich erfolgen, § 14 Abs. 4 TzBfG. 

2. Kündigungsschutz

Auch für geringfügig Beschäftigte gelten die allgemeinen Kündigungsvorschriften aus Kündigungsschutzgesetz (KSchG), Mutterschutzgesetz (MuSchG), Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) und die Regelungen für Schwerbehinderte, wenn die jeweiligen Voraussetzungen gegeben sind. 
Teilzeitbeschäftigte sind bei der Ermittlung des Schwellenwertes nach dem Kündigungsschutzgesetz zu berücksichtigen. Entscheidend dafür ist deren Arbeitsumfang. Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden, sind sie mit dem Faktor 0,5 zu multiplizieren, zählen also als halbe Arbeitnehmer. Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 30 Stunden sind sie mit dem Faktor 0,75 zu berücksichtigen.

3. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Schwangerschaft / Mutterschaft

Auch geringfügig Beschäftigte haben im Krankheitsfall nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dieser Anspruch entsteht erst, wenn das Arbeitsverhältnis seit mindestens vier Wochen Bestand hat. Arbeitgeber, die in der Regel bis zu 30 Arbeitnehmer beschäftigen (ohne Auszubildende und geringfügig Beschäftigte) können gegebenenfalls an einem Ausgleichsverfahren (Umlage U 1) teilnehmen und bis zu 80 Prozent Ihrer Aufwendungen erstattet verlangen.
Auch geringfügig Beschäftigte haben Anspruch auf Mutterschutzlohn sowie den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz. Arbeitgeber können diese Aufwendungen im Ausgleichsverfahren bei Schwangerschaft und Mutterschaft (Umlage U 2) vollumfänglich erstattet verlangen.
Zuständig für die Erstattungsansprüche ist in beiden Fällen die Arbeitgeberversicherung der Knappschaft-Bahn-See.

4. Lohnfortzahlung an Feiertagen

Ein Arbeitgeber muss nur Feiertagslohn zahlen, wenn der geringfügig Beschäftigte an diesem Feiertag aufgrund seines Arbeitsvertrages hätte arbeiten müssen (Lohnausfallprinzip).

5. Sonderleistungen

Geringfügig Beschäftigte sind wie alle Teilzeitbeschäftigten den Vollzeitarbeitnehmern gleichgestellt. Wenn ein Arbeitgeber zusätzliche Leistungen (zum Beispiel Gratifikationen, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Altersvorsorge, Beihilfe, Jubiläumszuwendungen, Zulagen, Zuschläge, Fahrtkosten, Verheiratetenzuschlag oder Prämien) zahlt, hat auch ein geringfügig Beschäftigter Anspruch auf diese Leistungen, allerdings nur in anteiliger Höhe. Werden geringfügig Beschäftigte von Sonderleistungen ausgeschlossen, verstößt dies gegen das Gleichbehandlungsgebot sowie gegen das Verbot der mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung und ist unwirksam.
Zu beachten ist, dass unter Umständen durch die Zahlung von Gratifikationen die Geringfügigkeitsgrenze von monatlich 520 Euro bzw. die Jahresverdienstgrenze von 6.240 Euro) überschritten werden kann und hierdurch Sozialversicherungspflicht eintritt.

6. Urlaub

Geringfügig Beschäftigten steht auch bei nur geringem Umfang ihrer Arbeitszeit (bezahlter) Erholungsurlaub zu. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt nach dem Bundesurlaubsgesetz 24 Werktage, bezogen auf eine Sechs-Tage-Woche. Ein höherer Urlaubsanspruch kann sich aus dem Arbeitsvertrag oder einem auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertrag ergeben.
Sind geringfügig Beschäftigte nicht jeden Tag, sondern nur an einzelnen festgelegten Tagen in der Woche tätig sind, wird der Urlaubsanspruch entsprechend dem Verhältnis Anzahl der Arbeitstage einer Vollzeitkraft zur Anzahl der Arbeitstage der Teilzeitkraft gekürzt.

Beispiel: Eine Arbeitnehmerin arbeitet am Montag, Dienstag und Mittwoch je von 8 bis 12 Uhr. Sie hat auf Grundlage des Bundesurlaubsgesetzes (24 Urlaubstage bei Sechs-Tage-Woche) Anspruch auf 24 : 6 x 3 = 12 Werktage Urlaub.
Weitere Informationen zum Thema: Urlaub

IX. Vorlagen

Die Minijob-Zentrale bietet auf Ihrer Homepage Musterarbeitsverträge für geringfügig entlohnte Beschäftigte, für geringfügig entlohnte Beschäftigte in Privathaushalten sowie eine Checkliste / Musterpersonalbogen zum Download an.
Ein Arbeitsvertragsmuster für geringfügig Beschäftigte gibt es auch auf der Internetseite der IHK Offenbach
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass Muster stets nur eine Orientierungshilfe darstellen können und grundsätzlich auf Ihre individuellen Bedürfnisse angepasst sowie von Ihnen geprüft werden müssen.

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK Region Stuttgart – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl dieses Merkblatt mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. 

Whistleblowing: Das Hinweisgeberschutzgesetz kommt

Stand: Februar 2023

Aktueller Stand 

Die „EU-Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ (2019/1937) gibt Mindestvorgaben für den Schutz von Hinweisgebern (sog. Whistleblowern) vor. Sie soll Anreize schaffen, Rechtsverstöße zu melden und verpflichtet öffentliche und private Organisationen sowie Behörden dazu, sichere Kanäle für die Meldung von Missständen einzurichten.
Die EU-Richtlinie hätte bis zum 17. Dezember 2021 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Dies ist dem deutschen Gesetzgeber nicht gelungen.
Update Juli 2022: Im April 2022 hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJ) einen Entwurf für ein deutsches Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG-E) vorgelegt. Dieser wurde mit wenigen Änderungen am 27.07.2022 vom Kabinett beschlossen. 
Update Dezember 2022: Am 16. Dezember 2022 hat der Bundestag den Gesetzentwurf mit den vom Rechtsausschuss vorgeschlagenen Änderungen beschlossen. Eine wesentliche Änderung zum Vorentwurf besteht darin, dass die  Meldestellen entsprechende Vorkehrungen treffen müssen, um auch anonyme Meldungen zu ermöglichen. Eine Pflicht, auch anonyme Meldungen bearbeiten zu müssen, war in den vorherigen Entwürfen nicht vorgesehen. 
Update Februar 2023: Der Bundesrat hat dem zustimmungspflichtigen HinSchG in der vom Bundestag beschlossenen Fassung in seiner Sitzung am 10. Februar 2023  nicht zugestimmt. In der Folgezeit wird sich die Ampelkoalition mit der im Bundesrat geäußerten Kritik insbesondere hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs und der Belastungen für Unternehmen auseinandersetzen müssen. Es kann ein Vermittlungsausschuss einberufen werden, der die Aufgabe hat, einen Kompromiss auszuarbeiten. Wann und in welcher Fassung das HinSchG in Kraft treten wird, bleibt weiter abzuwarten. 

Welche Verstöße können von Hinweisgebern gemeldet werden?

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Personen geschützt werden, die Verstöße gegen das EU-Recht in bestimmten Bereichen melden – etwa wenn es um öffentliche Aufträge, Finanzdienstleistungen, Produktsicherheit, Verkehrssicherheit, Umweltschutz, Lebensmittel, öffentliche Gesundheit, Verbraucher- und Datenschutz geht.
Der aktuelle Gesetzentwurf (HinSchG-E) geht weit darüber hinaus und bezieht das deutsche Recht mit ein.  
Nach dem HinSchG-E fallen folgende Verstöße in den sachlichen Anwendungsgereich:
  • Verstöße gegen Strafvorschriften: Dies umfasst jede Strafnorm nach deutschem Recht.
  • Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit sie dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. Darunter fallen beispielswese Vorschriften aus den Bereichen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, Verstöße gegen das Mindestlohngesetz, Bußgeldvorschriften, die Verstöße gegen Aufklärungs- und Auskunftspflichten gegenüber Organen der Betriebsverfassung wie Betriebsräten sanktionieren.
  • Zudem alle Verstöße gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie unmittelbar geltende EU-Rechtsakte in einer Vielzahl verschiedener Bereiche, etwa: Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche, Vorgaben zur Produktsicherheit, Vorgaben zur Verkehrssicherheit, Vorgaben zur Beförderung gefährlicher Güter, Vorgaben zum Umwelt- und Strahlenschutz, Lebensmittel- und Fleischmittelsicherheit, Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, Regelungen des Verbraucherschutzes, Vorgaben des Datenschutzes und der Sicherheit in der Informationstechnik, Vergaberecht, Regelungen zur Rechnungslegung bei Kapitalgesellschaften, Regelungen im Bereich des Wettbewerbsrechts etc.
  • Zuletzt wurde der sachliche Anwendungsbereich auf Äußerungen von Beamtinnen und Beamten ausgeweitet, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen (wohl aufgrund der aktuellen Geschehnisse um die “Reichsbürger-Razzia”).
Der Anwendungsbereich wird zusätzlich dadurch ausgeweitet, dass nach § 3 Absatz 2 HinSchG-E  unter den Begriff “Verstöße” nicht nur rechtswidrige, sondern auch rechtmäßige Handlungen oder Unterlassungen fallen, soweit sie dem Ziel oder dem Zweck der Regelungen in den Vorschriften oder Rechtsgebieten zuwiderlaufen, die in den sachlichen Anwendungsbereich fallen. 

Wer kann Hinweisgeber sein?

Hinweisgeber sind Personen, die Informationen über Verstöße melden oder offenlegen. Der persönliche Anwendungsbereich soll weit gefasst sein und umfasst alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben, insbesondere:
  • Arbeitnehmer, auch Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist, Stellenbewerber, Praktikanten, Leiharbeitnehmer
  • Selbstständige, die Dienstleistungen erbringen, Freiberufler, Auftragnehmer, Unterauftragnehmer, Lieferanten und deren Mitarbeiter
  • Anteilseigner und Personen in Leitungsgremien
Nach dem HinSchG-E müssen die internen Meldekanäle zumindest den eigenen Beschäftigten und dem Unternehmen überlassenen Leiharbeitnehmer/-innen offenstehen. Die zur Einrichtung verpflichteten Unternehmen können selbst entscheiden, ob das Meldeverfahren darüber hinaus auch (außenstehenden) Personen, die im Kontakt zum Unternehmen stehen, offenstehen soll.

Welche Unternehmen müssen zu welchem Zeitpunkt interne Meldekanäle einrichten?

Nach der EU -Richtlinie sind Unternehmen, die 50 und mehr Mitarbeiter beschäftigten oder im Finanzdienstleistungsbereich tätig sind sowie öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, ein internes Meldekanal einzurichten.
Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten müssen voraussichtlich spätestens innerhalb von drei Monaten nach Verkündung des Hinweisgeberschutzgesetzes interne Meldekanäle eingerichtet haben und betreiben. Dies gilt auch für Unternehmen im Finanzdienstleistungsbereich unabhängig von der Zahl der Beschäftigten.
Für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten sieht der HinSchG-E eine verlängerte Einrichtungsfrist bis zum 17. Dezember 2023 vor. Diesen Unternehmen ist nach dem HinSchG-E zudem erlaubt, Ressourcen zu teilen und mit anderen Unternehmen eine „gemeinsame Meldestelle“ zu betreiben.

Was ist bei der Einrichtung und beim Betrieb interner Meldekanäle zu beachten?

Folgende 10 Punkte sollten berücksichtigt werden:

1. Die internen Meldekanäle sollten Meldungen in mündlicher, schriftlicher oder auch in persönlicher Weise ermöglichen:

  • Schriftliche Meldekanäle können sein: IT-gestütztes Hinweisgebersystem wie etwa eine Plattform im Internet oder Intranet, eine eigens für die Entgegennahme und Bearbeitung von Hinweisen eingerichtete E-Mail-Adresse, Beschwerde-Briefkasten oder Meldungen über den Postweg
  • Mündliche Meldekanäle können sein: Whistleblower-Hotline, Anrufbeantwortersystem
  • Auf Wunsch des Hinweisgebers sollte es über diese Kanäle auch möglich sein, innerhalb eines angemessenen Zeitraums Hinweise in einem persönlichen Treffen zu besprechen
Für die Abgabe von Meldungen können die Unternehmen mehrere Kanäle zur Verfügung stellen.
Update Dezember 2022: Nach der vom Bundestag beschlossenen Fassung des HinSchG sollen bis zum 1. Januar 2025 anonyme Meldekanäle eingerichtet werden. Zudem soll ein persönliches Treffen in Abstimmung mit dem Hinweisgeber auch in Form einer Videokonferenz erfolgen können. Wenn die Verpflichtung zur Einrichtung anonymer Meldekanäle kommt, werden Unternehmen auf jeden Fall webbasierte Lösungen oder eine Ombudsperson benötigen. 
Update Februar 2023: Ob die vom Bundestag beschlossene Verpflichtung zur Einführung anonymer Meldekanäle tatsächlich kommen wird, bleibt abzuwarten. Die Bundesländer, die dem HinSchG in der Sitzung vom 10. Februar 2023 nicht zugestimmt haben, haben unter anderem an dieser Verpflichtung Kritik geäußert. 

2. Bei allen Meldewegen muss die Vertraulichkeit des Hinweisgebers sowie Dritter geschützt sein:

  • Die internen Meldekanäle müssen so konzipiert sein, dass die Vertraulichkeit der Integrität des Hinweisgebers und Dritter, die in der Meldung erwähnt werden, gewahrt bleibt und nicht befugten Mitarbeitern der Zugriff darauf verwehrt wird.
  • Vertraulichkeit bedeutet, dass die Integrität des Hinweisgebers ohne dessen ausdrückliche Zustimmung grundsätzlich keinen anderen Personen als gegenüber den befugten Mitarbeitern, die für die Entgegennahme von Meldungen oder für das Ergreifen von Folgemaßnahmen zu Meldungen zuständig sind, offengelegt werden darf.
  • Vertraulichkeit und Anonymität: Nach den bisherigen Gesetzentwürfen bestand keine Verpflichtung, die internen Meldekanäle so einzurichten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen. Zuletzt war im Regierungsentwurf geregelt, dass anonyme Meldungen auch bearbeitet werden sollen, soweit dadurch die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Hinweise nicht gefährdet wird. Nach dem aktuellen, vom Bundestag beschlossenen Entwurf müssen Meldekanäle die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen. Auch nach der ersten anonymen Kontaktaufnahme, also bei der weiteren Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und interner Meldestelle muss die hinweisgebende Person anonym bleiben. Für die Einrichtung eines anonymen Meldekanals ist eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2025 vorgesehen. Ob die Pflicht zur Annahme anonymer Meldungen tatsächlich kommen wird, bleibt abzuwarten. 

3. Bestimmung der Zuständigkeit innerhalb des Unternehmens mit einer sehr eingeschränkten Zugriffsrechte-Zuweisung:

  • Innerhalb des Unternehmens müssen „Meldestellen-Beauftragte“ bestimmt werden (eine/mehrere Person/en oder Abteilung), die die Meldungen entgegennehmen, dem Hinweisgeber innerhalb der 7-Tage-Frist den Eingang der Meldung bestätigen, die Meldung prüfen, entsprechende Folgemaßnahmen in die Wege leiten und dem Hinweisgeber innerhalb von 3 Monaten über ergriffene Folgemaßnahmen informieren.
  • Konkrete Vorgaben gibt es nicht. Maßgeblich ist die jeweilige Organisationsstruktur, Größe und Art der ausgeübten Unternehmenstätigkeit.
  • Diese Personen können insbesondere sein: Compliance-Leiter, Legal Councel, Datenschutzbeauftragter, Finanzdirektor, Auditverantwortlicher.
  • Diese Personen können neben ihrer Tätigkeit für die interne Meldestelle andere Aufgaben und Pflichten wahrnehmen. Wichtig ist aber, sicherzustellen, dass derartige Aufgaben und Pflichten nicht zu Interessenskonflikten führen und diese Personen unabhängig handeln können und die notwendige Fachkunde besitzen. Hierzu wird es in der Regel erforderlich sein, die betreffenden Personen im Hinblick auf die mit der Übernahme der Funktion verbundene Verantwortung zu schulen. 
Alternative: Auch Dritte können als interne Meldestellen beauftragt werden. Die Entgegennahme und Bearbeitung von Hinweisen kann auch auf externe Anbieter von Meldeplattformen bzw. auf Ombudspersonen (etwa Rechtsanwälten) ausgelagert werden, sofern diese entsprechende Garantien für die Wahrung der Unabhängigkeit und Vertraulichkeit bzw. Anonymität, des Datenschutzes und der Geheimhaltung bieten.

4. Bei (internationalen) Konzernstrukturen:

Im Konzern sind verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten denkbar. Zum einen eine lokale Organisation, in der jedes Konzernunternehmen ein eigenes Hinweisgeberschutzsystem unterhält. Denkbar ist auch eine regionale Organisation in der Form, dass einzelne Konzerngesellschaften für eine bestimmte Region ein Hinweisgebersystem betreiben. Auch eine zentrale Lösung kommt in Betracht in der Form, dass die Meldestelle zentral in einer Einheit (in der Regel bei der Konzernmutter) angesiedelt ist.
Der HinSchG-E erlaubt es, auch einen „Dritten“ mit der Aufgabe einer internen Meldestelle zu beauftragen. Nach der Begründung des HinSchG-E kann auch bei einer anderen Konzerngesellschaft (zum Beispiel Mutter-, Schwester-, oder Tochtergesellschaft) eine unabhängige und vertrauliche Stelle als „Dritter“ eingerichtet werden, die auch für mehrere selbstständige Unternehmen in dem Konzern tätig sein kann. Dabei ist es aber notwendig, dass die originäre Verantwortung dafür, einen festgestellten Verstoß zu beheben und weiterzuverfolgen, immer bei dem jeweiligen beauftragenden Unternehmen verbleibt. Der Entwurf unterscheidet nicht zwischen Konzerngesellschaften mit mehr oder weniger als 249 Mitarbeitern, sondern die Option der Einrichtung einer zentralen Meldestelle im Konzern ist wohl unterschiedslos für alle Konzerngesellschaften möglich.
Achtung:
Es wird darauf hingewiesen, dass eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht. Denn nach früheren Aussagen der EU-Kommission müsse jedes Unternehmen, welches mehr als 249 Mitarbeiter beschäftigt, ein eigenes Hinweisgebersystem einrichten. Ein zentrales Hinweisgebersystem im Konzern solle nach der EU-Kommission nicht ausreichen. 
Das weitere Gesetzgebungsverfahren und die Reaktion der EU-Kommisson sowie der europäischen Rechtsprechung bleibt abzuwarten.
Sollte die Konzernregelung, wie sie aktuell im Gesetzentwurf angekündigt ist, tatsächlich Gesetz werden, wird man die Regelung in Deutschland sanktionslos umsetzen können. Mit Blick auf etwaige Umsetzungsunterschiede in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sollte bei international tätigen Konzernen auch das Recht des jeweiligen Staates geprüft werden.

5. Von der im Unternehmen zuständigen Person oder Abteilung müssen ordnungsgemäße Folgemaßnahmen ergriffen werden, diese können beispielsweise sein:

  • Einleitung interner Nachforschungen
  • Mögliche Maßnahmen zur Behebung des Problems
  • Verweis auf andere Kanäle oder Verfahren bei Meldungen
  • Abschluss des Verfahrens aufgrund mangelnder Beweise oder anderer Gründe
  • Befassung einer zuständigen Behörde

6. Bearbeitungsfristen müssen beachtet werden:

  • Innerhalb von sieben Tagen muss dem Hinweisgeber bestätigt werden, dass seine Meldung eingegangen ist.
  • Innerhalb von spätestens drei Monaten nach der Bestätigung des Eingangs der Meldung muss der Hinweisgeber über geplante oder bereits ergriffene Folgemaßnahmen sowie die Gründe für diese informiert werden.

7. Dokumentation der Meldungen und Datenaufbewahrung:

  • Alle eingehenden Meldungen müssen im Einklang mit den Vertraulichkeitspflichten dokumentiert werden. 
  • Wie die Meldungen dokumentiert werden müssen, hängt davon ab, über welchen Kanal die Meldung eingegangen ist.
  • Das gewählte Meldesystem sollte entsprechende Anwendungen haben, dass Meldungen und Folgemaßnahmen so dokumentiert werden, dass sie gegebenenfalls als Beweismittel verwendet werden können. 
Nach dem aktuellen HinSchG-E müssen die Dokumentationen drei  Jahre nach Abschluss des Verfahrens gelöscht werden. Diese Regelung ist auf Kritik gestoßen. Ob sie im Gesetzgebungsverfahren so bleiben wird, bleibt abzuwarten.

8. Informationspflicht über Meldeverfahren:

  • Unternehmen müssen Informationen über den internen Meldeprozess und über alternative externe Meldeverfahren an die jeweils zuständigen Behörden bereitstellen.
  • Diese Informationen müssen leicht verständlich und zugänglich sein, zum Beispiel über die Unternehmens-Website, im Intranet oder am Schwarzen Brett.

9. Datenschutz:

  • Im Hinweisgebersystem werden personenbezogene Daten verarbeitet. Bei der Einrichtung und Durchführung des internen Meldeverfahrens sind alle rechtlichen Bedingungen des Datenschutzes einzuhalten. Alle personenbezogenen Daten, sowohl die des Hinweisgebers als auch etwaiger beschuldigter Personen, müssen im Einklang mit der EU-Datenschutzgrundverordnung sowie des Bundesdatenschutzgesetzes verarbeitet werden.
  • Aufbewahrungs-/Löschfristen müssen festgelegt werden (siehe hierzu Punkt 7).
  • Die Erstellung einer Datenschutzerklärung für Hinweisgeber wird erforderlich sein.
  • Wenn externe Anbieter als interne Meldestellen beauftragt werden, wird der Abschluss einer Auftragsdatenverarbeitung erforderlich sein.
  • Der Prozess über den internen Meldekanal muss im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten aufgenommen werden.
  • In der Regel wird die Durchführung einer Datenschutz-Folgeabschätzung erforderlich sein.
  • Eine sichere Datenverarbeitung verlangt geeignete technische und organisatorische Maßnahmen.
  • Der (externe) Datenschutzbeauftragte sollte daher frühzeitig eingebunden werden. Zur Klärung von Zweifelsfragen stehen auch die Datenschutzbehörden zur Verfügung.

10. Bei der Einrichtung des Verfahrens für interne Meldungen sind Mitbestimmungsrechtliche des Betriebsrats zu beachten:

  • Zunächst haben Betriebsräte gemäß § 80 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) einen Anspruch auf Unterrichtung vor der geplanten Einrichtung eines Hinweisgeberschutzsystems. 
  • Bei der Frage des „Ob“, also ob ein Hinweisgebersystem überhaupt eingerichtet werden soll, hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Auch bei der Frage, welche Stelle (intern oder extern) mit dem Betrieb des Hinweisgebersystems betraut wird, gibt es keine zwingende Mitbestimmung.
  • Bei der Frage des „Wie“, also im Hinblick auf die Ausgestaltung von Meldekanälen und Meldeverfahren könnten Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ausgelöst werden. Insbesondere das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Absatz 1 Nummer 6 BetrVG, nämlich im Falle der Einrichtung und Anwendung technischer Einrichtungen, kommt in Betracht, sofern die Identifikation des Hinweisgebers möglich ist.
  • Sofern der Arbeitgeber ein über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehendes Verfahren zur Meldung und zum Umgang mit Verstößen einführt (bspw. ein Verhaltenskodex, Compliance-Richtlinien etc.), wird in der Regel auch ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Absatz 1 Nummer 1 BetrVG zu bejahen sein, weil Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Beschäftigten im Betrieb betroffen sind. 
  • Beteiligungsrechte des Betriebsrats ergeben sich auch aus §§ 96 ff. BetrVG hinsichtlich Schulungsmaßnahmen für die im Unternehmen zuständigen Fallbearbeiter und/oder für die Beschäftigten. 
  • Es empfiehlt sich die frühzeitige Einbindung des Betriebsrats im Rahmen eines Gesprächs.

Welche Möglichkeiten der Meldung hat der Hinweisgeber?

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einer internen und einer externen Meldestelle. Die hinweisgebende Person soll die freie Wahl haben, ob sie an eine interne Meldestelle des Unternehmens oder an eine externe Meldestelle der Behörden wendet. Beschäftigungsgeber sollen Anreize für interne Meldungen setzen, dürfen aber gleichzeitig externe Meldungen nicht erschweren. Die externen Meldestellen müssen von der öffentlichen Hand eingerichtet werden.
Nach dem HinSchG-E soll eine zentrale externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz (BfJ) eingerichtet werden. Daneben sollen die bestehenden Meldesysteme bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie beim Bundeskartellamt als weitere externe Meldestellen mit Sonderzuständigkeiten weitergeführt werden. Den Ländern steht es frei, für Meldungen, die die jeweilige Landesverwaltung und die jeweiligen Kommunalverwaltungen betreffen, eigene externe Meldestellen einzurichten.
Darüber hinaus können sich hinweisgebende Personen mit ihren Informationen über Verstöße auch an die Öffentlichkeit (etwa an die Presse) wenden, dies jedoch nur unter engen Voraussetzungen. Die hinweisgebende Person ist nach dem letzten Gesetzentwurf im Falle der Meldung eines Verstoßen an die Öffentlichkeit nur dann durch das HinSchG geschützt, wenn sie sich zuvor erfolglos an eine externe Meldestelle gewendet hat oder Gefahr für die Allgemeinheit droht. 

Wie werden Hinweisgeber geschützt?

Ziel der EU-Richtlinie ist der Schutz von Personen, die auf Missstände in Unternehmen und Behörden aufmerksam machen, und sicherzustellen, dass ihnen keine Benachteiligungen drohen. Hinweisgeber genießen Haftungsprivilegien und umfangreichen Schutz:
  • Zentrales Element ist das Verbot von Repressalien. Unternehmen müssen beachten, dass sämtliche Repressalien einschließlich der Androhung und des Versuchs von Repressalien untersagt sind. Verboten sind inbesondere: Suspendierung, Kündigung, Herabstufung oder Versagung von Beförderung, Nötigung, Einschüchterung, Mobbing oder Aussetzung, aber auch Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge, Rufschädigung, Entzug einer Lizenz oder Genehmigung, negative Leistungsbeurteilung etc.
  • Um die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen gegen Repressalien gegen den Schädiger zu verbessern, enthält der HinSchG-E in Umsetzung der EU-Richtlinie eine Beweislastumkehr zugunsten der geschützten Person. Bisher musste der Arbeitnehmer bzw. der Hinweisgeber den Zusammenhang zwischen Meldung und Benachteiligung im Streitfall nachweisen. Künftig muss der Arbeitgeber / das Unternehmen den (abweichenden) Grund für eine vermeintliche Benachteiligung darlegen und ggf. beweisen, wenn die Benachteiligung nach der Meldung erfolgt. Tipp: Vor diesem Hintergrund sollten Personalverantwortliche künftig die Gründe für arbeitsrechtliche Maßnahmen sorgfältig dokumentieren. 
  • Hinweisgeber, die sich Repressalien ausgesetzt sehen, sollen Zugang zu Rechtsbehelfen haben.
  • Bei einem Verstoß gegen das Repressalienverbot ist zudem der hinweisgebenden Person der daraus entstehende Schaden zu ersetzen. Diese kann sowohl materiellen als auch immateriellen Schadensersatz (also Schmerzensgeld) verlangen. 
Um diesen Schutz zu genießen, muss der Hinweis zutreffend sein und die Meldung muss Verstöße treffen, die in den Anwendungsbereich des HinSchG fallen. Ausreichend ist aber auch, wenn der Hinweisgeber zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu solcher Annahme hatte.
Ein Schutz für Hinweisgeber besteht aber nicht, wenn es sich um eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschmeldung handelt. In solchen Fällen ist der bösgläubige Hinweisgeber sogar zum Ersatz des dadurch entstehenden Schadens verpflichtet.

Welche Sanktionen drohen bei Nichtumsetzung?

Unmittelbar aus der EU-Richtlinie drohen keine Sanktionen oder Bußgelder. Die Richtlinie verpflichtet aber die Mitgliedstaaten dazu, in den nationalen Gesetzen wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen festzulegen, wenn gegen die Vorgaben verstoßen wird.
Nach dem HinSchG-E sollen Verstöße gegen die wesentlichen Vorgaben des HinSchG als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße geahndet werden können. Die Höhe des Bußgeldrahmens hängt vom jeweiligen Verstoß ab:
  • Mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 100.000 Euro soll belegt werden, wer eine Meldung oder die darauffolgende Kommunikation verhindert (oder dies versucht), wer eine verbotene Repressalie ergreift (oder dies versucht) oder wer vorsätzlich oder leichtfertig das Vertraulichkeitsgebot missachtet. Wenn fahrlässig das Vertraulichkeitsgebot missachtet wird, droht ein Bußgeld in Höhe bis zu 10.000 Euro.
  • Für Unternehmen, die ihrer Pflicht zur Einführung und zum Betrieb einer internen Meldestelle nicht nachkommen, soll eine Geldbuße in Höhe bis zu 20.000 Euro eingeführt werden.
Unternehmen ohne Hinweisgebersystem riskieren zudem, dass Hinweise an Behörden oder die Öffentlichkeit gelangen, wodurch Reputationsrisiken und Haftungsrisiken für das Unternehmen steigen. Aus diesem Grund dürfte es im eigenen Interesse liegen, Kenntnis von Missständen zu erlangen, ehe Ermittlungsbehörden oder die Medien davon erfahren.

Was sollten Unternehmen jetzt schon vorbereiten?

Auch, wenn das deutsche HinSchG noch nicht verabschiedet ist, sollten Unternehmen jetzt schon Vorbereitungen treffen, damit dann die erforderlichen Hinweisgebersysteme schnell funktionsfähig sein werden.
Checkliste – Folgende Punkte sollten Unternehmen zeitnah klären:
  • GAP-Analyse: Existiert im Unternehmen bereits ein Hinweisgebersystem? Wenn ja, besteht Anpassungsbedarf?
  • Welche Kanäle sollen eingerichtet werden? Telefonisch, E-Mail, webbasierte Lösung, Briefkasten? Soll zugleich eine webbasierte Lösung gewählt werden, die auch anonyme Meldungen ermöglicht? 
  • Soll der interne Meldekanal nur den eigenen Beschäftigten sowie überlassenen Leiharbeitnehmern offenstehen oder allen Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit dem Unternehmen in Kontakt stehen?
  • Wie sollen Mitarbeiter und ggf. sonstige hinweisgebende Personen über mögliche Meldestellen informiert werden? Unternehmenswebsite, Unternehmens-Intranet, Schwarzes Brett?
  • Wie soll die Vertraulichkeit sichergestellt werden?
  • Sollen von vornherein auch anonyme Meldungen möglich sein? Nach dem aktuellen Gesetzentwurf soll eine Pflicht dazu ab 1. Januar 2025 bestehen. 
  • Wer soll innerhalb des Unternehmens zuständig sein für die Entgegennahme und Bearbeitung der Hinweise? Wer erhält die eingeschränkten Zugriffsrechte? Es darf jedenfalls nicht passieren, dass bei Eingang eines Hinweises erstmal im Unternehmen an verschiedenen Stellen nachgefragt wird, wer sich weiter um die Meldung kümmert, da dies mit dem Vertraulichkeitsgebot nicht vereinbar wäre.
  • Wie soll bei Eingang einer Meldung konkret vorgegangen werden? Wer versendet fristgerecht die Eingangsbestätigung an den Hinweisgeber?
  • Sind die Personen im Unternehmen, die für die Entgegennahme und Bearbeitung der Hinweise zuständig sein werden, unabhängig und ausreichend qualifiziert für diese Aufgabe? Besteht bei den zuständigen Personen ausreichend juristische Expertise, um eingehende Meldungen zu bearbeiten? Benötigen diese Personen eine Schulung?
  • Soll ein externer Dienstleister mit der Entgegennahme und ggf. Bearbeitung von Meldungen beauftragt werden? Aktuell bieten sehr viele Berater und Verkäufer von Softwarelösungen ihre Dienste an.
  • Wie wird die Bearbeitung dokumentiert?
  • Wie macht man das Hinweisgebersystem Hinweisgebern einerseits so schmackhaft, dass sie sich mit Meldungen nicht gleich an externe Behörden oder gar an die Öffentlichkeit wenden, sondern den internen Meldekanal nutzen, aber andererseits auch so, dass von missbräuchlichen Beschwerden und Denunziantentum abgeschreckt wird?
  • Datenschutzrechtliche Fragen mit Datenschutzbeauftragtem klären und ggf. weitere Fachbereiche wie Personal, Recht und Compliance in den Prozess einbinden.
  • Der Betriebsrat sollte frühzeitig in die Auswahl eines passenden Meldekanals eingebunden werden. 
  • Bei Konzernstrukturen: Soll das Hinweisgebersystem bei einer anderen Konzerngesellschaft eingerichtet werden? Nach dem aktuellen Gesetzentwurf wäre dies möglich. Laut Aussagen der EU-Kommission benötigt allerdings jedes Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten ein eigenes Hinweisgebersystem.
  • Personalabteilungen sollten sich auf die verschärften Beweislastregeln vorbereiten. Sie werden künftig beweisen müssen, dass nicht der Hinweis zu der jeweiligen arbeitsrechtlichen Maßnahme geführt hat, sondern dass es dafür andere Gründe gab. Eine entsprechende Dokumentation von Gründen für arbeitsrechtliche Sanktionen ist insofern hilfreich.
Arbeitsrecht

Urlaub

Stand: Januar 2023
Update Dezember 2022: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 20. Dezember 2022 ein Grundsatzurteil getroffen, wonach Urlaubsansprüche nicht automatisch nach drei Jahren verjähren, wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nicht auf ihren offenen Resturlaub und den drohenden Verfall rechtzeitig hingewiesen haben. Weitere Informationen hierzu unten im Text unter Punkt 4.  
Update Januar 2023: Nach der Entscheidung des BAG vom 20. Dezember 2022 war unklar, ob diese Rechtsprechung auch im Hinblick auf die Auszahlung von nicht genommenem Urlaub bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (Urlaubsabgeltungsanspruch) gilt. Das BAG hat nun in seiner – aus Arbeitgebersicht zu begrüßenden – Entscheidung vom 31. Januar 2023 klargestellt, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung weiterhin der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist unterliegt. Weitere Informationen hierzu unten im Text unter Punkt 8. 

Vorbemerkung

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Die gesetzlichen Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (im folgenden abgekürzt: BUrlG) gewährleisten jedem Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch und regeln die Modalitäten der Urlaubsgewährung und -vergütung.
Diese IHK-Information erläutert die wesentlichen Regelungen zum Urlaub einschließlich der besonderen Urlaubsregeln für bestimmte Arbeitnehmergruppen. 

1. Geltungsbereich des BUrlG

Urlaub ist die Freistellung von der Arbeit zu Erholungszwecken unter Fortzahlung der Vergütung (Urlaubsentgelt).
Anspruch auf Erholungsurlaub haben alle Arbeitnehmer einschließlich
  • der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten,
  • Teilzeitbeschäftigte,
  • Aushilfsbeschäftigte,
  • geringfügig Beschäftigte,
  • in Ferienarbeit und in Nebentätigkeit Beschäftigte etc. 
Zu beachten ist, dass im Falle der Entsendung von Arbeitnehmern das BUrlG nur dann Anwendung findet, wenn das Arbeitsverhältnis deutschem Arbeitsrecht unterliegt.
In der Praxis werden Inhalt und Umfang des Urlaubsanspruchs häufig durch vertragliche Vereinbarung für den Arbeitnehmer günstiger gestaltet. Tarifvertraglich können allerdings auch für den Arbeitnehmer ungünstigere Regelungen getroffen werden. Das heißt konkret:
Abweichende Urlaubsregelungen, die für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen vorsehen, sind stets zulässig (z.B. mehr Urlaubstage als der gesetzliche Urlaubsanspruch). Bei ungünstigeren Regelungen ist zu differenzieren: Regelungen (auch kollektiv-rechtliche), die den Mindestanspruch der §§ 1 bis 3 BUrlG beschneiden, sind nichtig. Ansonsten sind Schlechterstellungen auf tariflicher Grundlage möglich (§ 13 Abs. 1 BUrlG).
Andere Freistellungsansprüche, auf die das BUrlG keine Anwendung finden: 
Neben dem Anspruch auf Erholungsurlaub gibt es weitere Fälle, in denen Arbeitnehmer aus anderen Gründen als zur Erholung einen Anspruch auf Freistellung haben – sei es mit oder ohne Fortzahlung der Vergütung. In diesen Fällen ist das BUrlG nicht anwendbar. Solche Ansprüche können sich aus dem Gesetz, aus Tarifverträgen, betrieblichen Regelungen oder arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ergeben. Beispiele: 
  • Bei kurzzeitiger Verhinderung des Arbeitnehmers kommt häufig ein Anspruch auf Freistellung unter Vergütungsfortzahlung nach § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht. Beispiele hierfür sind persönliche oder familiäre Ereignisse (etwa eigene Hochzeit, Geburt eines Kindes, Tod naher Angehöriger, Betreuung des kranken Kindes, Quarantäne aufgrund Virusinfektion ohne Erkrankung) oder Ladungen zu Behörden oder Gerichten im öffentlichen Interesse. Hier spricht man häufig vom “Sonderurlaub”, der aber mit dem Erholungsurlaub nach dem BUrlG nichts gemein hat. 
  • Vom Erholungsurlaub ist auch der sogenannte Bildungsurlaub abzugrenzen, der einen gesonderten, durch Landesgesetz geregelten Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeitsverpflichtung zum Zwecke der Weiterbildung gewährt. Nähere Informationen zu: Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg (BzG BW)

2. Urlaubsdauer

2.1. Gesetzlicher Mindesturlaub nach dem BUrlG

Der jährliche Mindesturlaub beträgt gemäß § 3 BUrlG 24 Werktage. Unter Werktagen in diesem Sinne versteht man alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Das BUrlG geht also von einer 6-Tage-Woche aus. Um den Mindesturlaub für einen geringeren Arbeitsumfang/Teilzeitkräfte festzulegen, ist eine Umrechnung erforderlich (24 : 6 x tatsächliche Arbeitstage):
  • 6-Tage-Woche: 24 Urlaubstage
  • 5-Tage-Woche: 20 Urlaubstage
  • 4-Tage-Woche: 16 Urlaubstage
  • 3-Tage-Woche: 12 Urlaubstage
  • 2-Tage-Woche: 8 Urlaubstage
  • 1-Tag-Woche: 4 Urlaubstage
In allen Fällen ergibt sich so ein Jahresurlaub von vier Wochen. Dieser errechnete Mindesturlaub gilt unabhängig von den geleisteten Stunden an den Arbeitstagen. Entscheidend ist allein, an wie vielen Tagen der Arbeitnehmer in der Woche beschäftigt ist.
Beispiel: 
Ein Teilzeitbeschäftigter, der jeweils eine Stunde an fünf Tagen die Woche arbeitet, hat Anspruch auf 20 Urlaubstage. 

2.2. Gesetzlicher Zusatzurlaub für Minderjährige und Schwerbehinderte

Besonderheiten hinsichtlich des Umfangs des gesetzlichen Mindesturlaubs gelten für Jugendliche und Schwerbehinderte. 
Der Arbeitgeber hat auch  Jugendlichen nach § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) für jedes Kalenderjahr bezahlten Urlaub zu gewähren. Dieser beträgt mehr als der Mindesturlaub nach dem BUrlG, nämlich mindestens: 
  • 30 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt ist,
  • 27 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt ist und
  • 25 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch keine 18 Jahre alt ist.
Schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX (= Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50) haben nach § 208 SGB IX einen Anspruch auf bezahlten zusätzlichen Urlaub von mindestens fünf Arbeitstagen basierend auf einer 5-Tage-Woche. Arbeiten sie regelmäßig mehr oder weniger als an fünf Arbeitstagen in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Anspruch entsprechend. Diesen Urlaub muss der Arbeitgeber immer  zusätzlich gewähren, auch wenn tarif- oder arbeitsvertraglich mehr Urlaub als der gesetzliche Mindesturlaub gewährt wird. Er darf weder auf den gesetzlichen Mindesturlaub noch auf den vertraglichen Zusatzurlaub angerechnet werden. 
Personen, die schwerbehinderten Menschen  gleichgestellt sind im Sinne des § 2 Abs. 3 SGB IX haben  keinen Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX. 
Weitere Informationen zum Thema: Beschäftigung schwerbehinderter Menschen

2.3. Vertraglicher Zusatzurlaub 

Viele Arbeitgeber gewähren ihren Arbeitnehmern im Arbeitsvertrag freiwillig einen zusätzlichen Urlaubsanspruch, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht. Auf den vertraglichen Zusatzurlaub findet das BUrlG grundsätzlich keine Anwendung. Für den Zusatzurlaub kann der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vom BUrlG abweichende Regelungen treffen, etwa Regelungen über Verminderung des Zusatzurlaubs für Zeiten des Ruhens des Arbeitsverhältnisses, bei Arbeitsunfähigkeit oder bei Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte. 
Achtung: Dies setzt aber voraus, dass im Arbeitsvertrag klar zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem vertraglichen Zusatzurlaub differenziert wird, sonst teilt der vertragliche Zusatzurlaub das gleiche rechtliche Schicksal wie der gesetzliche Mindesturlaub, es gelten also die Regelungen des BUrlG auch für den vertraglichen Zusatzurlaub. 
Ein zusätzlicher, über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehender Urlaubsanspruch kann sich zudem aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben. 
Insbesondere in Tarifverträgen, teilweise auch in Arbeitsverträgen werden Regelungen aufgenommen, nach denen der Urlaubsanspruch sich mit zunehmendem Alter der Arbeitnehmer erhöht ( Staffelung nach Alter). Hier ist Vorsicht geboten vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), wonach eine Benachteiligung wegen des Alters grundsätzlich unzulässig ist. Verstößt die Regelung gegen das AGG, so wird eine Anpassung nach oben vorgenommen (BAG, Urteil vom 18.10.2016, Az. 9 AZR 123/16). Solche Regelungen können wirksam sein, wenn sie im Einzelfall gerechtfertigt sind etwa unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter (BAG, Urteil vom 21.10.2014, Az. 9 AZR 956/12). 

2.4. Berechnung der Urlaubsdauer bei wöchentlich unregelmäßiger Arbeitszeit

Bei Arbeitnehmern mit wöchentlich unregelmäßiger Arbeitszeit, wenn also von Woche zu Woche an unterschiedlich vielen Tagen gearbeitet wird, ist der  Jahresdurchschnitt der tatsächlichen Arbeitstage für die Berechnung des Urlaubsanspruchs relevant. 
Der Urlaubsanspruch kann in solchen Fällen nach folgender Formel berechnet werden: 
Anzahl der tatsächlich gearbeiteten Tage im Kalenderjahr multipliziert mit den vereinbarten Urlaubstagen für Arbeitnehmer in Vollzeit. Das Produkt hieraus ist durch die Anzahl der Jahresarbeitstage bei Arbeitnehmern in Vollzeit zu dividieren. 
Bei dieser Berechnung ist bei einer 5-Tage-Woche von möglichen 260 Arbeitstagen im Jahr auszugehen (52 Wochen x 5 Tage). Bei einer 6-Tage-Woche ist hingegen von 312 Arbeitstagen im Jahr auszugehen (52 x 6 Tage). 
Beispiel 1:
Ein Arbeitnehmer arbeitet wöchentlich alternierend an zwei bzw. drei Arbeitstagen. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Anwesenheit von 130 Arbeitstagen im Kalenderjahr (52 Wochen x 2,5 Tage). Der Urlaubsanspruch im Unternehmen für Vollzeitarbeitnehmer beträgt 30 Tage auf Basis einer 5-Tage-Woche. Die Anzahl der Jahresarbeitstage bei Arbeitnehmern in Vollzeit beträgt 260 Tage (52 Wochen x 5 Tage). Daraus ergibt sich ein Urlaubsanspruch von 15 Tagen (130 x 30 : 260 = 15).
Beispiel 2:
Eine Arbeitnehmerin arbeitet in einem Jahr während 26 Wochen fünf Tage und während 26 Wochen vier Tage (26 x 5 + 26 x 4 = 234 Jahresarbeitstage). Der Urlaubsanspruch für Vollzeitarbeitnehmer beträgt 24 Tage bei einer 6-Tage-Woche. Die Anzahl der Jahreswerktage im Unternehmen beträgt 312 Tage (52 Wochen x 6 Tage). Daraus ergibt sich ein Urlaubsanspruch von 18 Tagen (234 x 24 : 312 = 18). 

2.5. Urlaubsdauer bei Veränderung der Arbeitszeit 

Die Urlaubsdauer hängt von der Anzahl der Wochenarbeitstage ab. Ändert sich im Verlauf eines Kalenderjahres die Arbeitszeit, ist der Urlaubsanspruch ggf. neu zu berechnen. 
Hierbei sind mehrere Konstellationen denkbar: 
  • Die Wochenarbeitszeit verändert sich, aber die Zahl der Arbeitstage pro Woche bleibt gleich. Hier bleibt der Urlaubsanspruch unverändert, weil nur die Anzahl der Wochenarbeitstage relevant ist, nicht jedoch die Anzahl der geleisteten Stunden pro Tag. 
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer arbeitet halbtags von Montag bis Donnerstag. Er stockt nun auf ganztags auf, die Arbeitstage (Montag bis Donnerstag) bleiben aber gleich. Hier ändert sich an der Anzahl der Jahresarbeitstage nichts. Der Urlaubsanspruch bemisst sich nach wie vor an einer 4-Tage-Woche. Der Freistellungsanspruch bezieht sich dann aber auf den ganzen Tag und nicht nur auf halbe Tage. 
  • Die Anzahl der Arbeitstage pro Woche ändert sich ab Jahresbeginn. Hier ist der Urlaubsanspruch entsprechend anzupassen. 
Beispiel:
Eine Arbeitnehmerin arbeitete im Jahr 2022 an drei Tagen die Woche. Ab Januar 2023 arbeitet sie an vier Tagen die Woche. Der Urlaubsanspruch beträgt 20 Tage bei einer 5-Tage-Woche. Im Jahr 2022 stand ihr ein Urlaubsanspruch in Höhe von 12 Tagen zu. Ab 2023 muss der Urlaubsanspruch erhöht werden auf 16 Tage. 
  • Ändert sich die Anzahl der Arbeitstage (z.B. Wechsel von Vollzeit in Teilzeit) unterjährig, ist der Urlaubsanspruch für das Kalenderjahr unter Berücksichtigung der einzelnen Zeiträume der Beschäftigung und der auf sie entfallenden Wochentage umzurechnen. Hier ist zu beachten, dass der bereits in der Vollzeitphase überproportional gewährte Urlaub nachträglich nicht neu berechnet werden darf. Auch dürfen Urlaubsansprüche, die im Rahmen der Vollzeitbeschäftigung erworben wurden, nicht reduziert werden. 
Beispiel:
Eine vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin arbeitet von Januar bis Ende Juni an fünf Tagen die Woche mit je acht Stunden pro Tag. Ab Juli arbeitet sie nur noch zwei Tage die Woche. Der Urlaubsanspruch im Unternehmen beträgt 30 Tage bei einer 5-Tage-Woche. Bis Ende Juni hat sich die Arbeitnehmerin bereits 20 Tage Urlaub genommen. Die restlichen 10 Urlaubstage sind auf die 2-Tage-Woche umzurechnen. Bis Ende Dezember stehen der Arbeitnehmerin nicht 10, sondern nur noch 4 Urlaubstage zu (10 x 2 : 5 = 4). 
Eigentlich hätten ihr anteilig bis Ende Juni nur 15 Urlaubstage und ab Juli bis Ende Dezember 6 Urlaubstage, also insgesamt 21 Urlaubstage zugestanden. Da ihr innerhalb der ersten sechs Monate in der Vollzeitphase bereits überproportional Urlaub gewährt wurde (20 Tage) und dieser nicht nachträglich neu berechnet werden darf, stehen ihr insgesamt 24 Urlaubstage zu. 
Hinweis: Dies ist auch bei der Berechnung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen. Wechseln Arbeitnehmer von einer Vollzeittätigkeit in eine Teilzeitbeschäftigung, so muss der in der Vollzeitphase erworbene Urlaubsanspruch entsprechend der Vollzeittätigkeit vergütet werden – auch dann, wenn dieser Urlaubsteil vom Arbeitnehmer im Zeitraum der Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird (BAG, Urteil vom 20.03.2018, Az. 9 AZR 486/17).

2.6. Urlaubsanspruch und Zeiten der Nichtbeschäftigung bzw. des Ruhens des Arbeitsverhältnisses

Ob der Arbeitgeber den Urlaub für Zeiten kürzen kann, in denen der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringt, das Arbeitsverhältnis aber rechtlich fortbesteht, hängt vom Grund für die Nichterbringung der Arbeitsleistung ab: 
  • Elternzeit: Grundsätzlich entsteht auch während einer mehrmonatigen oder mehrjährigen Elternzeit der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers, weil es grundsätzlich nur auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses ankommt und nicht darauf, ob tatsächlich gearbeitet wird. Allerdings kann der Arbeitgeber nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 kürzen (Ausnahme: bei Teilzeittätigkeit des Arbeitnehmers während der Elternzeit). Von dieser gesetzlichen Kürzungsmöglichkeit muss der Arbeitgeber aktiv Gebrauch machen. Die Kürzungserklärung kann vor, während und nach der Elternzeit, spätestens aber vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegeben werden. Tipp: Es empfiehlt sich, die Kürzungserklärung möglichst früh, am besten schriftlich zusammen mit der Bestätigung der Elternzeit abzugeben. 
  • Mutterschutzzeiten: Für Zeiten des Mutterschutzes sieht § 24 Satz 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ausdrücklich vor, dass die Ausfallzeiten wegen eines Beschäftigungsverbots als Beschäftigungszeiten gelten. Die Arbeitnehmerin erwirbt also in diesen Zeiten ihren vollen Urlaubsanspruch. Dieser Urlaub kann vom Arbeitgeber nicht gekürzt werden. 
  • Krankheit: In Zeiten, in denen Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig sind, entstehen weiterhin Urlaubsansprüche. Eine Kürzung kommt lediglich hinsichtlich des vertraglichen Mehrurlaubs bei entsprechender wirksamer Arbeitsvertragsklausel in Betracht. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch darf nicht gekürzt werden. 
  • Auch gesetzliche Feiertage werden nicht auf den Urlaub angerechnet. Hier ist nicht der Wohnort des Arbeitnehmers maßgeblich, sondern der Arbeitsort. Die Bundesländer haben Feiertagsgesetze erlassen, denen die jeweils geltenden Feiertage entnommen werden können. 
  • Zeiten von Kurzarbeit “Null” dürfen bei der Urlaubsberechnung in Abzug gebracht werden (BAG, Urteil vom 30.11.2021, Az. 9 AZR 225/21). Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit “Null” darf der Arbeitgeber somit den Urlaubsanspruch um 1/12 kürzen. 
  • Sabbatical: Der Zeitraum eines vereinbarten unbezahlten Sonderurlaubs (Sabbatical), in dem die Arbeitsvertragsparteien die Hauptleistungspflichten suspendiert haben, kann bei der Berechnung mit “null” Arbeitstagen in Ansatz gebracht werden (BAG, Urteil vom 19.3.2019, Az. 9 AZR 315/17). In Kalenderjahren, in denen der Arbeitnehmer sich durchgehend in unbezahltem Sonderurlaub befindet, entsteht daher kein Urlaubsanspruch. Erstreckt sich der Sonderurlaub nur auf einen Teil des Kalenderjahres, muss der Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten berechnet werden. 
  • Altersteilzeit im Blockmodell: Die Grundsätze des BAG zum unbezahlten Sonderurlaub gelten auch hier, da die Arbeitsverpflichtung einvernehmlich aufgehoben wird. Arbeitnehmer, die sich in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befinden und im gesamten Kalenderjahr von der Arbeitspflicht entbunden sind, haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub. Bei Wechsel von Arbeits- und Freistellungsphase während des laufenden Kalenderjahres muss der Urlaubsanspruch anteilig berechnet werden. 

3. Voller Urlaubsanspruch/Teilurlaub

Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben ( Wartezeit, § 4 BUrlG).
Die Frist zur Berechnung der Wartezeit beginnt regelmäßig mit dem Anfang des Tages der vereinbarten Arbeitsaufnahme. Unerheblich ist dabei, ob die Wartezeit innerhalb ein und desselben Kalenderjahres erfüllt werden kann. Sie wird durch den Jahreswechsel nicht unterbrochen.
Beispiel:
Beginnt das Arbeitsverhältnis am 15.12.2022, entsteht der volle Urlaubsanspruch am 15.6.2023. 
Nach der Wartezeit entsteht der volle Urlaubsanspruch dann immer bereits mit Beginn jeden Kalenderjahres.
Beispiel:
Das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer beginnt am 1.5.2022. Er hat einen Anspruch auf 28 Urlaubstage. Erst mit Ablauf des 31.10.2022 entsteht der volle Urlaubsanspruch von 28 Tagen. Der volle Urlaubsanspruch für das Kalenderjahr 2023 entsteht hingegen sogleich mit Ablauf des 31.12.2022. 
Achtung: Hat der Arbeitnehmer die sechsmonatige Wartezeit erfüllt und scheidet er nach dem 30.6. eines Kalenderjahres aus, steht ihm der Urlaubsanspruch für das gesamte Kalenderjahr zu! 
Anspruch Teilurlaub, nämlich auf je 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat (nicht: Kalendermonat) des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 BUrlG:
  • für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt; erfasst sind hiermit alle Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis erst nach dem 1. Juli eines Jahres begonnen wird. Dem Arbeitnehmer steht in diesem Fall für jeden vollen Monat 1/12 des Jahresurlaubs zu.
Beispiel: 
Arbeitsverhältnis beginnt am 15.11.2022. Der Urlaubsanspruch im Unternehmen beträgt 30 Tage bei einer 5-Tage-Woche. Für das Kalenderjahr 2022 hat der Arbeitnehmer einen Teilanspruch von 1/12 des Jahresurlaubs, also auf 2,5 Urlaubstage. Nach § 5 Abs. 2 BUrlG sind Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Urlaubstage, hier also auf 3 Urlaubstage aufzurunden. 
Achtung: Bruchteile, die weniger als 0,5 Urlaubstage betragen, dürfen nach der Rechtsprechung vom Arbeitgeber ohne gesetzliche, tarif- oder arbeitsvertragliche Regelung nicht abgerundet werden. Sie müssen dann in ihrem genauen Umfang gewährt werden. 
  • wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet; hier sind die Fälle gemeint, in denen der Arbeitnehmer innerhalb der ersten sechs Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses geht.
Beispiel: 
Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1.2. und wird innerhalb der Probezeit zum 31.5. gekündigt. Hier besteht ein Teilurlaubsanspruch von 4/12 des Jahresurlaubs. 
  • wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet; betroffen sind hier sämtliche Fälle, in denen zunächst ein Vollanspruch entstanden ist, das Arbeitsverhältnis dann aber bis zum Ende des 30. Juni (24 Uhr) des Kalenderjahres beendet wird.
Beispiel: 
Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1.9. und der Arbeitnehmer kündigt zum 30.4. des Folgejahres. Hier hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Teilurlaub im Folgejahr (“gekürzter Vollurlaub”). 
Die Gewährung von 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses bedeutet, dass für Beschäftigungszeiten unter einem Monat überhaupt kein Urlaubsanspruch gewährt wird. Gemeint ist hier nicht der Kalendermonat. Zu beachten ist weiter, dass angefangene Monate bei der Berechnung grundsätzlich keine Berücksichtigung finden, es sei denn, vertraglich wurde etwas anderes vereinbart.
Beispiel:
Eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin, die an zwei Tagen die Woche arbeitet, scheidet nach einem Monat und zwei Wochen aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Der (Mindest-)Jahresurlaub nach dem BUrlG beträgt acht Tage für eine 2-Tage-Woche (unabhängig von der geleisteten Stundezahl). Nachdem die Beschäftigung nur einen vollen Monat angedauert hat, ist ein Urlaubsanspruch von 1/12 von acht Urlaubstagen (0,66 Urlaubstage) entstanden.
Da Bruchteile von Arbeitstagen, die bei der Berechnung mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Urlaubstage aufzurunden sind, besteht ein Urlaubsanspruch von einem Tag.

4. Übertragung, Verfall und Verjährung von Urlaubsansprüchen/Hinweispflichten des Arbeitgebers

Der Urlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr, also vor Ablauf des 31.12. gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG). 
Eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr ist nur zulässig, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 BurlG).
  • Dringende betriebliche Gründe: Dabei handelt es sich um Umstände, die in der betrieblichen Organisation, dem technischen Arbeitsablauf oder der Auftragslage ihren Grund haben und die es im Hinblick auf einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf es zwar nicht zwingend erforderlich, aber doch geboten erscheinen lassen, Urlaub nicht mehr im ablaufenden Kalenderjahr zu gewähren (z.B. Hauptsaison, Grippewelle im Betrieb etc.). 
  • In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe: Klassischer Fall ist hier die lang anhaltende Erkrankung eines Arbeitnehmers, aufgrund derer die Gewährung des Urlaubs im Urlaubsjahr ausgeschlossen ist. 
In diesen Fällen muss der übertragene Urlaub grundsätzlich bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden, ansonsten kann er verfallen.
Vereinbarungen über weitergehende Übertragungszeiträume (z.B. Übertragbarkeit bis 30. Juni) in Arbeits- oder Tarifverträgen sind zulässig und werden häufig praktiziert. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien kann dabei auch stillschweigend – etwa durch Gewährung des Urlaubs im Übertragungszeitraum – zustande kommen. 
In folgenden Fällen verfällt der Urlaubsanspruch nicht mit Ablauf des 31.12. bzw. des Übertragungszeitraums: 
  • Andauernde Arbeitsunfähigkeit: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits 2009 entschieden, dass der Mindesturlaubsanspruch nicht deshalb verfallen darf, weil er wegen Krankheit nicht genommen werden kann. Dauert die Erkrankung des Arbeitnehmers bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres bzw. bis zum Ende des vertraglich vereinbarten Übertragungszeitraums, verfällt dieser erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (EuGH, Urteile vom 20.1.2009, Az. C-350/06 sowie C-520/06; BAG, Urteil vom 7.8.2012, Az. 9 AZR 353/10). 
Beispiel: 
Ein Arbeitnehmer ist seit dem 1.1.2020 arbeitsunfähig erkrankt und ab dem 20.5.2022 wieder gesund. Er hat laut Arbeitsvertrag einen Jahresurlaubsanspruch von 30 Tagen. Bis 31.12.2022 hat er keinen Urlaub genommen. Zum Zeitpunkt der Genesung waren aus 2020 30 Urlaubstage offen, die jedoch mit Ablauf des 31.3.2022 verfallen sind (15-Monatsfrist). Dazu kommen 30 Tage Urlaub aus 2021, die noch bis zum 31.3.2023 genommen werden können und 30 Tage Urlaub aus dem aktuellen Jahr 2022. 
Hinweis: Für den vertraglichen Zusatzurlaub kann vereinbart werden, dass dieser am 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres oder mit Ablauf des Übertragungszeitraums auch dann verfällt, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht genommen werden kann. Voraussetzung ist aber eine deutliche Differenzierungsklausel. 
  • Gesetzliche Erweiterung der Übertragung bei Elternzeit und Mutterschutz: Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den ihm oder ihr zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren (§ 17 Abs. 2 BEEG). Entsprechendes gilt auch im Falle eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG). Hat eine Frau ihren Urlaub vor Beginn eines Beschäftigungsverbots nicht oder nicht vollständig erhalten, kann sie nach dem Ende des Beschäftigungsverbots den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen (§ 24 Satz 2 MuSchG). 
Achtung: Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BAG verfallen und verjähren Urlaubsansprüche aber generell nicht, wenn der Arbeitgeber bestimmten Hinweispflichten nicht nachkommt. 
Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen:
  • Der EuGH hatte im November 2018 entschieden, dass Arbeitnehmer ihre erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch zum Jahresende oder mit Ablauf des zulässigen Übertragungszeitraums verlieren, nur weil sie keinen Urlaub beantragen. Zu einem Verfall kommt es nach dem EuGH nur dann, wenn der Arbeitgeber beweist, dass der Arbeitnehmer freiwillig auf seinen Urlaub verzichtet hat, nachdem der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer durch eine angemessene Aufforderung und Belehrung tatsächlich in die Lage versetzt hat, rechtszeitig Urlaub zu nehmen (EuGH, Urteile vom 6.11.2018, Az. C-619/16 und C-684/16). 
  • Das BAG hat sich dieser Auffassung angeschlossen (BAG, Urteil vom 19.2.2019, Az. 9 AZR 541/15). 
  • Die Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten des Arbeitgebers gelten grundsätzlich nur für den gesetzlichen Mindesturlaub. Nach dem BAG gelten sie aber auch für den vertraglichen Zusatzurlaub, wenn arbeitsvertraglich oder in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung keine andere Regelung getroffen wurde (BAG, Urteil vom 25.6.2019, Az. 9 AZR 546/17; BAG, Urteil vom 25.8.2020, Az. 9 AZR 214/19). 
  • Die Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten des Arbeitgebers gelten auch für den gesetzlichen Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 208 SGB IX. Erlangt der Arbeitgeber aber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers und ist diese nicht offenkundig, kann er den Arbeitnehmer auch nicht dazu auffordern, seinen gesetzlichen Zusatzurlaub wahrzunehmen. Ohne diese Kenntnis verletzt der Arbeitgeber seine Hinweisobliegenheit nicht und der Anspruch auf den gesetzlichen Sonderurlaub verfällt. Die Hinweisobliegenheiten des Arbeitgebers entstehen, wenn er von einer Schwerbehinderung oder Anerkennung Kenntnis erlangt (BAG, Urteil vom 26.4.2022, Az. 9 AZR 367/21).
  • Fraglich ist, ob die Urlaubsansprüche Langzeiterkrankter 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfallen, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist. Denn eine Aufforderung und Belehrung von Seiten des Arbeitgebers macht nur dann Sinn, wenn der Arbeitnehmer in der Lage ist, auf diese zu reagieren und den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Dieselbe Frage stellt sich auch bei Arbeitnehmern, die ihren Jahresurlaub aufgrund voller, aber nicht dauerhafter Erwerbsminderung nicht nehmen konnten. 
Der EuGH hat in seinen Urteilen vom 22. September 2022 entschieden, dass ein Verfall des Urlaubs ohne entsprechenden Hinweis des Arbeitgebers nicht in Betracht kommt, wenn der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum (also in dem entsprechenden Kalenderjahr) jedenfalls teilweise tatsächlich gearbeitet hat, bevor er arbeitsunfähig oder voll erwerbsgemindert wurde (EuGH, Urteile vom 22.9.2022, Az. C-727/20 und C-518/20).
Daraufhin hat  BAG in seinem Urteil vom 20. Dezember 2022 (Az. 9 AZR 245/19) entschieden, dass ein Urlaubsanspruch bei längerer Krankheit des Arbeitnehmers nach Ablauf von 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres  verfallen kann, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist. Das gilt aber  nur dann, wenn der Arbeitnehmer vom Beginn des Urlaubsjahres bis einschließlich 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen Urlaub anzutreten, also  durchgängig arbeitsunfähig war. Für diesen Fall kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber seinen Hinweisobliegenheiten nachgekommen ist, weil diese nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs hätten beitragen können. Wenn der Arbeitnehmer hingegen im Urlaubsjahr tatsächlich gearbeitet hat, bevor er arbeitsunfähig geworden ist, verfällt der Urlaubsanspruch nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit durch entsprechenden Hinweis in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen. 
Rechtsprechung zur Verjährung von Urlaubsansprüchen:
  • Aus Gründen der Rechtssicherheit verjähren Urlaubsansprüche nach §§ 195, 199 BGB grundsätzlich drei Jahre nach dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Kenntnis vorlag. Der EuGH hat kürzlich entschieden, dass der Urlaub nicht nur nicht verfällt, sondern auch nicht verjährt, wenn der Arbeitgeber seine Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nicht erfüllt (EuGH, Urteil vom 22.9.2022, Az. C-120/21). Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben, beruft, um daraus einen Vorteil zu ziehen. 
  • Das BAG hat die Vorgaben des EuGH umgesetzt und nun entschieden, dass Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern nur verjähren, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten rechtzeitig nachgekommen ist (BAG, Urteil vom 20.12.2022, Az. 9 AZR 266/20). Dies gelte nach dem BAG auch für die Jahre vor 2019, als das BAG erstmals entschieden hat, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer aktiv über den ausstehenden Urlaub und seinen drohenden Verfall informieren müssen. Im vorliegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin Ende 2017 ihren damaligen Arbeitgeber nach über zehn Jahren verlassen und forderte Urlaubsabgeltung für 101 Tage aus den Jahren bis 2017, weil sie nach ihrer Aussage ihren Urlaub wegen des hohen Arbeitsanfalls nicht nehmen konnte. Das BAG hat der Arbeitnehmerin Recht gegeben und ihr die offenen Resturlaubstage zugesprochen, weil der Arbeitgeber seiner Hinweis- und Aufforderungsobliegenheit nicht nachgekommen ist. 
Praxistipps für Arbeitgeber, um den Verfall und die Verjährung von Urlaubsansprüchen zu ermöglichen:
Der Arbeitgeber sollte zu Beginn jeden Kalenderjahres und am besten ein zweites Mal in der zweiten Jahreshälfte rechtzeitig vor Ende jeden Kalenderjahres schriftlich oder in Textform (z.B. E-Mail) über Folgendes informieren: 
  • Im Betreff des Schreibens/der E-Mail sollte auf die Wichtigkeit des Inhalts hingewiesen werden (beispielsweise: “Wichtig / Achtung: Urlaub 2022, Urlaubsübertrag und Verfall”)
  • Jedem einzelnen Mitarbeiter muss konkret mitgeteilt werden, wie viele Urlaubstage einschließlich der aus Vorjahren übertragenen Resturlaubstage ihm im Kalenderjahr zustehen. Dies muss individualisiert erfolgen. Abstrakte Angaben in Verträgen oder allgemeine Rundschreiben genügen nicht. Kann der Arbeitnehmer seine Urlaubstage bspw. in einem digitalen System selbst einsehen, dürfte auch ein konkreter Hinweis genügen, wo die Anzahl der Urlaubstage eingesehen werden kann (z.B. Link zu Self-Service im Intranet). 
  • Jeder Arbeitnehmer muss aufgefordert werden, seinen Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Kalenderjahres genommen werden kann. 
  • Jeder Arbeitnehmer muss darüber belehrt werden, dass nicht entsprechend der Aufforderung beantragter und nicht genommener Urlaub mit Ablauf des 31.12.XX, spätestens mit Ablauf des Übertragungszeitraums verfällt.
  • Vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung zur Verjährung von Urlaubsansprüchen sollte auch der Hinweis aufgenommen werden, dass Urlaubsansprüche der dreijährigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB unterliegen. 
Wir empfehlen Ihnen, Ihre internen Prozesse entsprechend anzupassen und beim Versand des Hinweisschreibens darauf zu achten, dass dieser so rechtzeitig erfolgt, dass der (Rest-)Urlaub auch tatsächlich noch genommen werden kann. Was “rechtzeitig” bedeutet, haben die Gerichte nicht festgelegt. Jedenfalls muss der Hinweis so frühzeitig erteilt werden, dass der restliche Urlaub in der Zeit nach dem Hinweis bis zum Verfallszeitpunkt noch in vollem Umfang genommen werden kann. Es empfiehlt sich zudem, eine Zugangs- bzw. Lesebestätigung anzufordern. Zudem sollte der gesamte Vorgang entsprechend dokumentiert werden. 
Unterbleibt der Hinweis, kann man sich als Arbeitgeber grundsätzlich weder auf den Verfall noch auf die Verjährung berufen. 

5. Urlaubsgewährung

Der Urlaub ist vom Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer zu gewähren. Voraussetzung der Urlaubsgewährung ist ein entsprechender Antrag des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muss diesen Urlaubswunsch bei der Festsetzung des Urlaubs vorrangig berücksichtigen und darf nur bei Vorliegen wichtiger Gründe hiervon abweichen
Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Urlaubserteilung für den vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitraum aus zwei Gründen zu verweigern (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG):
  • dringende betriebliche Belange oder
  • Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, wenn eine gleichzeitige Beurlaubung aus betrieblichen Gründen ausscheidet. Abwägungskriterien sind z.B. das Lebensalter, die Betriebszugehörigkeit, Anzahl der schulpflichtigen Kinder.
Lehnt der Arbeitgeber den Urlaubsantrag ohne rechtfertigenden Grund ab, kann der Arbeitnehmer unter Umständen einen Ersatzurlaubsanspruch als Schadensersatz geltend machen (siehe auch Punkt 5.3.).
Eine ohne einen Wunsch des Arbeitnehmers erfolgte zeitliche Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber ist zulässig, wenn der Arbeitnehmer auf die Erklärung des Arbeitgebers hin keinen anderweitigen Urlaubswunsch äußert (BAG, Urteil vom 25.8.2020, Az. 9 AZR 612/19). 
Der Urlaub muss zusammenhängend gewährt werden, jedenfalls aber mindestens ein Urlaubsteil mit mindestens 12 aufeinanderfolgenden Tagen (§ 7 Abs. 2 BUrlG). 
Ein bereits gewährter Urlaub kann grundsätzlich nicht widerrufen werden. 

5.1. Verbot der Selbstbeurlaubung 

Der Arbeitnehmer darf seinen Urlaubsanspruch nicht eigenmächtig durchsetzen. Dieses Verbot der Selbstbeurlaubung gilt absolut. Selbst dann, wenn 
  • der Arbeitgeber den Urlaubsantrag grundlos oder zu Unrecht nicht stattgegeben hat oder 
  • bis zum Fristablauf des Urlaubsanspruchs überhaupt noch eine den Urlaubstagen entsprechende Zahl an Arbeitstagen zur Verfügung steht, 
darf der Arbeitnehmer keine Selbstbeurlaubung vornehmen. 
Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten und muss nicht nur eine ordentliche, sondern ggf. auch die außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber hinnehmen. 

5.2. Betriebsurlaub

Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber nicht einseitig die Lage des Urlaubs anordnen kann. Er muss hierbei die Wünsche der Arbeitnehmer berücksichtigen, soweit dem nicht dringende betriebliche Belange entgegenstehen (§ 7 Abs. 1 BUrlG). 
Die Anordnung von Betriebsurlaub ist somit eine Ausnahme und nur unter bestimmten, gesetzlich nicht näher beschriebenen Voraussetzungen möglich
  • Nach der Auffassung vieler Juristen muss der Arbeitgeber dringende betriebliche Belange geltend machen, um Betriebsurlaub anordnen zu können. Der Grund für die Anordnung von Betriebsurlaub muss seinen Ursprung im Betrieb haben, z.B. in der betrieblichen Organisation, im technischen Arbeitsablauf oder ähnlichen Umständen. Grundsätzlich müssen Umstände vorliegen, die ein normales Arbeiten nicht möglich machen (z.B. wenn die Auftragszahl in manchen Branchen beispielsweise in den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr drastisch sinkt oder im Falle des Stillstands bei Saisonbetrieben außerhalb der Saison). Ob auch ohne Vorliegen eines dringenden betrieblichen Grundes die Lage des Urlaubs durch den Arbeitgeber einseitig festgelegt werden kann, sofern dies vorab im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt wurde, ist umstritten. 
  • Der Betriebsurlaub darf nur mit einer angemessen langen Ankündigungsfrist angeordnet werden, damit die Beschäftigten genügend Zeit zur Planung haben. Wie lange die Ankündigungsfrist sein muss, ist nicht näher festgelegt. Teilweise wird von einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten ausgegangen. 
  • Der Arbeitgeber darf nur einen Teil des Jahresurlaubs seiner Mitarbeiter fest verplanen. Nach der Rechtsprechung muss noch ein wesentlicher Teil des Jahresurlaubs für die Arbeitnehmer frei planbar bleiben. Das BAG hat in einem Urteil die Faustformel 3/5 Betriebsferien – 2/5 individuelle Urlaubsplanung als angemessen angesehen (BAG, Beschluss vom 28.7.1981, Az. 1 ABR 79/79). Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch eine andere Regelung zulässig wäre. 
  • In Betrieben mit Betriebsrat ist zwingend dessen Zustimmung betreffend Einführung und zeitlicher Festlegung des Betriebsurlaubs erforderlich (meist in Form einer Betriebsvereinbarung). In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber Betriebsurlaub dagegen im Rahmen seines Direktionsrechts einführen. 
Hat ein Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Betriebsurlaubs noch keinen Urlaubsanspruch erworben, etwa weil die Wartezeit noch nicht vorüber ist, müsste ihn der Arbeitgeber grundsätzlich weiterbeschäftigen. Tut er das nicht, bleibt er trotz fehlender Arbeitsleistung zur Vergütungszahlung verpflichtet. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer bereits den Urlaub zu gewähren, den er sich (gedanklich) bereits erarbeitet hat. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass weder der zu viel gewährte Urlaub noch das Urlaubsgeld zurückgefordert werden kann, wenn der Arbeitnehmer vor Ende der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. 
Hat ein Arbeitnehmer bereits alle ihm für das entsprechende Urlaubsjahr zustehenden Urlaubstage aufgebraucht oder wurden dem Arbeitnehmer die restlichen Urlaubstage für einen Zeitraum genehmigt, bevor der Betriebsurlaub beginnt, hat der Arbeitgeber nur die Möglichkeit, den Arbeitnehmer während der Zeit des Betriebsurlaubs arbeiten zu lassen oder ihn gegen Bezahlung von der Arbeit freizustellen, da bereits gewährter Urlaub vom Arbeitgeber nicht einseitig widerrufen werden kann. 
Wurde der Betriebsurlaub zu Unrecht oder zu kurzfristig angeordnet, kann der Arbeitgeber im sogenannten Annahmeverzug geraten, wenn sich die Arbeitnehmer der Anordnung, Betriebsurlaub zu nehmen, widersetzen und ihre Arbeit anbieten. Dann muss der Arbeitgeber diese Arbeitnehmer während des Betriebsurlaubs beschäftigen oder diese gegen Bezahlung von der Arbeit freistellen, ohne dass die Tage des unzulässigen Betriebsurlaubs vom Urlaubskonto der Arbeitnehmer abgezogen werden. 

5.3. Ersatzurlaubsanspruch

Dieser steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er seinen Urlaubsanspruch rechtzeitig geltend gemacht hat und der Arbeitgeber ihm diesen unzulässigerweise versagt hat. Erlischt dann der Urlaubsanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres bzw. des Übertragungszeitraumes, steht dem Arbeitnehmer als Schadensersatz ein Ersatzurlaubsanspruch zu, der dem geltend gemachten Urlaubsanspruch in vollem Umfang entspricht. Dieser Ersatzanspruch ist an keine Fristen gebunden.

6. Vergütung im Urlaub

6.1. Urlaubsentgelt

Urlaubsentgelt ist das Arbeitsentgelt (Vergütung), das während des Erholungsurlaubs fortgezahlt wird. Das Urlaubsentgelt ist grundsätzlich vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen (§ 11 Abs. 2 BUrlG) – wobei andere Vereinbarungen möglich sind – und bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn (§ 11 Abs. 1 BUrlG). 
Grundsätzlich berechnet sich die konkrete Höhe des Urlaubsentgelts in folgenden Schritten: 
  1. Bestimmung der Arbeitsvergütung im Referenzzeitraum 13 Wochen vor Urlaubsantritt: Zunächst ist zu schauen, welches Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer 13 Wochen vor Urlaubsantritt erhalten hat. Hierbei wird jede Arbeitsvergütung berücksichtigt, die Gegenleistung für Arbeitstätigkeit war (auch Zulagen, Provisionen, Umsatzbeteiligungen, variable erfolgsunabhängige Vergütung). Wurde dem Arbeitnehmer in diesen 13 Wochen Vergütung für Überstunden gezahlt, muss diese Vergütung abgezogen werden. Nicht berücksichtigt werden auch nur vorübergehende Verdiensterhöhungen wie einmalige Prämien, Gratifikationen o.Ä. sowie eingetretene Verdienstkürzungen infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis. 
  2. Dieser Entgeltbetrag ist durch die Zahl der diesen Lohnzahlungen zugrunde liegenden geleisteten Stunden (einschließlich Stunden mit Entgeltfortzahlung für Arbeitsunfähigkeit, Urlaub oder Feiertage) zu dividieren. So erhält man den sog. Geldfaktor als Stundensatz.
  3. Im nächsten Schritt ist die Arbeitszeit während des Urlaubs zu bestimmen (sog. Zeitfaktor). Hierbei werden – anders als beim Geldfaktor – auch Überstunden berücksichtigt, wenn der Arbeitnehmer diese hätte leisten müssen, wäre er nicht im Urlaub gewesen. Auch eine Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit ist hier zu berücksichtigen. 
  4. Im letzten Schritt multipliziert man den ermittelten Geldfaktor (“Stundensatz”) mit dem ermittelten Zeitfaktor (Zahl der Urlaubsstunden). Das Ergebnis ist das zu zahlende Urlaubsentgelt. 
Alle Abreden, nach denen der Arbeitnehmer während des Urlaubs eine geringere Arbeitsvergütung erhält als während seiner Beschäftigung, sind nichtig.
Das Urlaubsentgelt ist wie das Arbeitsentgelt zu versteuern, da das Urlaubsentgelt der gesetzlichen Bestimmung nach den laufenden Bezügen für einen der Dauer des Urlaubs entsprechende Lohnzahlung entspricht. Entsprechend sind auch die Sozialversicherungsabgaben abzuführen.

6.2. Urlaubsgeld

Urlaubsgeld ist eine betriebliche Sonderzahlung, die der Arbeitnehmer neben dem zu gewährenden Urlaubsentgelt vom Arbeitgeber als freiwillige zusätzliche Leistung erhalten kann. Diese zusätzliche Vergütung kann der Arbeitnehmer jedoch nur aufgrund von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträgen beanspruchen. Weiterhin kann sich ein Anspruch aus betrieblicher Übung ergeben. Dies ist der Fall, wenn das Urlaubsgeld mindestens drei Mal ohne einen deutlichen Hinweis auf die Freiwilligkeit ausbezahlt worden ist.
Urlaubsgelder sind als einmalige Einnahmen in dem Lohnzahlungszeitraum für die Beitragsberechnung der Sozialversicherung heranzuziehen. Auch ein zusätzlich neben dem Arbeitslohn gezahltes Urlaubsgeld ist lohnsteuerpflichtig.

7. Erwerbstätigkeit und Krankheit im Urlaub

7.1. Verbot der Erwerbstätigkeit während des Urlaubs

Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten (§ 8 BUrlG). Mit dieser Regelung soll gewährleistet werden, dass sich der Arbeitnehmer nach der Rückkehr aus dem Urlaub erholt und seine Arbeitskraft aufgefrischt hat.
Von dem Begriff Erwerbstätigkeit sind  sowohl selbstständige als auch nicht selbstständige Tätigkeiten erfasst. Nicht erfasst werden hingegen sonstige Tätigkeiten, die zwar anstrengend sein mögen, aber keine Erwerbstätigkeiten darstellen (z.B. das Bauen am eigenen Haus, Hilfeleisten für einen Fremden am Hausbau, Familienmithilfe im Betrieb der/des Ehefrau/Ehemanns oder Weiterbildungen während des Urlaubs). 
Ob eine Erwerbstätigkeit dem Urlaubszweck widerspricht, ist nach den subjektiven und objektiven Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Maßgebend sind Inhalt, Art und Dauer der Erwerbstätigkeit. Eine Beschäftigung des Arbeitnehmers gegen Arbeitsentgelt oder Sachleistung während der vollen täglichen Arbeitszeit wird regelmäßig zweckwidrig sein, während ein stundenweise Aushelfen an manchen Tagen nicht gegen das gesetzliche Verbot verstoßen dürfte. 
Der Verstoß gegen § 8 BUrlG stellt eine Pflichtverletzung dar, die mit verschiedenen Personalmaßnahmen geahndet werden kann. Denkbar wäre der Ausspruch einer Abmahnung. Im Wiederholungsfall kann die Pflichtverletzung ggf. zu einer Kündigung führen. Dem Arbeitgeber kann ferner ein Anspruch auf Unterlassung der urlaubszweckwidrigen Erwerbstätigkeit zustehen, was ggf. mit einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden könnte. Schließlich kommen auch Schadensersatzansprüche in Betracht, sofern vom Arbeitgeber ein kausaler Schaden dargelegt und bewiesen werden kann.  Auf die Gewährung des Urlaubs bzw. Zahlung des Urlaubsentgelts hat ein Verstoß aber keine Auswirkungen. 

7.2. Krankheit im Urlaub

Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs, so ist die Erfüllung des Urlaubsanspruchs für den Zeitraum der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unmöglich. Nach § 9 BUrlG können Tage, an denen der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, nicht auf seinen Jahresurlaub angerechnet werden, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer kann einen Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest erbringen. Der Erholungsurlaub wird dann für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit unterbrochen und ist neu zu gewähren. Soweit ein Arbeitnehmer auf Grund seiner Erkrankung seinen Urlaub nicht spätestens bis zum 31. März des Folgejahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, nehmen kann, erlischt der Urlaubsanspruch unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber seinen Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nachgekommen ist (siehe auch oben Punkt 4.)
Fraglich ist, ob dies auch für den Fall gilt, dass der Arbeitnehmer während seiner geplanten Urlaubszeit zwar nicht erkrankt, aber aufgrund behördlicher Anordnung oder aufgrund einer landesrechtlichen Vorschrift  in Quarantäne muss. Hierüber hat aktuell das BAG zu entscheiden und hat diese Frage dem EuGH vorgelegt (BAG, Beschluss vom 16.8.2022,  Az. 9 AZR 76/22).
Der Gesetzgeber hat hierauf durch die Neufassung des § 59 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) reagiert: Tritt nach dem 16. September 2022 oder über den 16. September 2022 hinaus der Fall ein, dass ein Arbeitnehmer sich während seines Urlaubs gemäß dem IfSG absondern muss, werden die entsprechenden Urlaubstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet.  
Wie mit Fällen vor dem 17. September 2022 umzugehen ist, wird letztlich der EuGH entscheiden müssen. 

8. Urlaubsabgeltung

Urlaubsabgeltung, also die Auszahlung des Urlaubs, tritt ausnahmsweise an die Stelle der Freizeitgewährung, wenn der Urlaub nicht mehr in natura gewährt werden kann. 
Eine Urlaubsabgeltung ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG nur zulässig, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht erst mit Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis.
Für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet, hat der EuGH entschieden, dass der  Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auch bei Tod des Arbeitnehmers weiter bestehen bleibt und vererbbar ist. Die Erben des verstorbenen Arbeitnehmers können vom Arbeitgeber die Auszahlung des Resturlaubsanspruchs verlangen (BAG, Urteil vom 22.1.2019, Az. 9 AZR 45/16 im Anschluss an EuGH, Urteil vom 6.11.2018, Az. C-570/16). 
Die  Höhe der Urlaubsabgeltung entspricht der Urlaubsvergütung, die der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis erhalten hätte. Die Urlaubsvergütung ist die Fortzahlung der Arbeitsvergütung während des Urlaubs.
Der Abgeltungsanspruch verfällt nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG am Jahresende oder am Ende des Übertragungszeitraums.
Er unterfällt jedoch tariflichen und arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen und der regelmäßigen dreijährigen gesetzlichen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB (BAG, Urteil vom 24.5.2022, Az. 9 AZR 461/21).
Dies hat das BAG in seiner aktuellen Entscheidung ( BAG, Urteil vom 31.1.2023, Az.: 456/20) bestätigt: Danach unterliegt der Urlaubsabgeltungsanspruch weiterhin der dreijährigen Verjährungsfrist.
Diese beginnt in der Regel am Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es auf die Erfüllung der Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten des Arbeitgebers ankommt.
Das Gericht begründet dies damit, dass es beim Urlaubsabgeltungsanspruch – anders als beim Urlaubsanspruch – nicht um die Freistellung von der Arbeitsverpflichtung zu Erholungszwecken gehe, sondern um einen “reinen Geldanspruch”, also um die finanzielle Kompensation für Urlaub. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfalle die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers. 
Das BAG stellt weiter fest, dass die Verjährungsfrist jedoch nicht beginnen kann, solange eine Klageerhebung aufgrund einer gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zumutbar ist. Relevant in diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des EuGH vom 6. November 2018 zum Verfall von Urlaubsansprüchen (Näheres hierzu siehe oben unter Punkt 4.). Wurde ein Arbeitsverhältnis vor der EuGH-Entscheidung beendet und werden arbeitnehmerseitig noch Urlaubsabgeltungsansprüche geltend gemacht, muss im Einzelfall geprüft werden, wann die Verjährungsfrist zu laufen begann und ob der Urlaubsabgeltungsanspruch zwischenzeitlich verjährt ist. 

9. Vermeidung von Doppelansprüchen bei Arbeitgeberwechsel

Wechselt der Arbeitnehmer in der zweiten Jahreshälfte den Arbeitgeber, hat er beim alten Arbeitgeber den vollen Mindesturlaubsanspruch für das gesamte Urlaubsjahr erworben. Zudem erwirbt er beim neuen Arbeitgeber einen Teilurlaubsanspruch. 
Um zu gewährleisten, dass ein Arbeitnehmer im Kalenderjahr nur einmal den vollen Jahresurlaub in Anspruch nehmen kann, hat der Gesetzgeber die Entstehung derartiger Doppelansprüche weitgehend unterbunden: Nach § 6 BUrlG ist der Urlaub insoweit ausgeschlossen, als dem Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Der Urlaubsanspruch beim neuen Arbeitgeber reduziert sich demnach um die Urlaubstage, die der Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr bereits bei einem alten Arbeitgeber erhalten hat oder sich hat abgelten lassen. 
Aus diesem Grund ist der alte Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub bei Beendigung auszuhändigen. 
Tipp: Arbeitgeber sollten die Urlaubsbescheinigung des alten Arbeitgebers bei einer Neueinstellung verlangen, um nicht doppelten Urlaub zu gewähren. Bis zur Vorlage der Bescheinigung darf der neue Arbeitgeber Urlaubsansprüche verweigern. 
Diese Ausführungen können nur erste Hinweise geben und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt recherchiert und erstellt wurden, geben sie die Rechtsprechung und Rechtsentwicklung nur auszugsweise wieder und können eine individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt nicht ersetzen. Eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit kann nicht übernommen werden. 
Neuerung im Arbeitsrecht

Die neue elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Stand: November 2022

I. Ab wann gilt das neue elektronische Verfahren?

Bereits seit dem 1. Oktober 2021 sind Arztpraxen grundsätzlich verpflichtet, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zu nutzen und dabei Daten an die zuständige Krankenkasse zu übermitteln, wenn die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Solange in einer Praxis die technischen Voraussetzungen für die eAU nicht verfügbar sind, muss die Praxis das Ersatzverfahren anwenden: Der Versicherte erhält eine mittels Stylesheet erzeugte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf Papier in dreifacher Ausfertigung (zum Verbleib bei dem Versicherten, zur Einreichung bei der Krankenkasse und zur Vorlage beim Arbeitgeber).
Am 1. Januar 2022 startete eine Pilotphase. Seitdem sind die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, Arbeitsunfähigkeitsdaten zum Abruf bereit zu stellen. Arbeitgeber, die bereits technisch dazu in der Lage sind, können die Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch von der Krankenkasse abrufen.
Ab dem 1. Januar 2023 ist das neue elektronische Verfahren für alle Beteiligten verpflichtend. Die Krankschreibung erfolgt dann nur noch digital und die gesetzlichen Krankenkassen müssen den Arbeitgebern die Arbeitsunfähigkeitsdaten zum Abruf bereitstellen.

II. Was ändert sich ab dem 1. Januar 2023?

1. Rechtslage bei einer Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.12.2022

Bei einer Arbeitsunfähigkeit treffen den Arbeitnehmer nach § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) zwei verschiedene Pflichten:
Mitteilungspflicht: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich (spätestens am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit während der ersten Betriebsstunden) mitzuteilen (§ 5 Abs. 1 S. 1 EFZG).
Nachweispflicht: Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber am darauffolgenden Arbeitstag (am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit) eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform vorzulegen, sofern der Arbeitgeber dies nicht vertraglich oder im Einzelfall durch Weisung bereits zu einem früheren Zeitpunkt verlangt. Aus dieser muss sich die Arbeitsunfähigkeit an sich als auch deren voraussichtliche Dauer ergeben ( § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG).
Arbeitnehmer, die ihrer Anzeige- und Nachweispflicht aus § 5 EFZG nachkommen und unverschuldet aufgrund einer Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert sind, erhalten für bis zu sechs Wochen eine Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit.
Erfüllt der Arbeitnehmer seine Mitteilungs- und/oder Nachweispflicht nicht, begeht er Pflichtverletzungen, die einzeln abgemahnt werden können. Im Fall von wiederholten Verstößen kann unter Umständen eine Kündigung ausgesprochen werden. Verletzt der Arbeitnehmer die Nachweispflicht, steht dem Arbeitgeber ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 7 EFZG zu, er kann also die Entgeltfortzahlung bis zur Nachweiserbringung verweigern.

2. Rechtslage nach Einführung der eAU ab dem 1. Januar 2023

Bei einer Arbeitsunfähigkeit ab dem 1. Januar 2023 gilt für die verschiedenen Beteiligten (Arbeitnehmer, Arzt, Krankenkasse, Arbeitgeber) Folgendes:
Schritt 1: Der Arbeitnehmer ist nach wie vor verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich zu melden (§ 5 Abs. 1 S. 1EFZG a.F./n.F.). An der Mitteilungspflicht ändert sich nichts.
Anstelle der Nachweispflicht tritt jedoch eine Feststellungspflicht: Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer müssen ihre Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt feststellen lassen (§ 5 Abs. 1a S. 2 EFZG n.F.). Aus einer Bringschuld der Arbeitnehmer wird also eine Holschuld der Arbeitgeber.
An den relevanten Zeitpunkten ändert sich nichts: Die Verpflichtung des Arbeitnehmers, die Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen, besteht, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauert (also ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit). Der Arbeitgeber kann aber verlangen, dass der Arbeitnehmer das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer früher als im Gesetz vorgesehen ärztlich feststellen lässt (§ 5 Abs. 1a S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 3 EFZG n.F.).
Für den gesetzlich versicherten Arbeitnehmer besteht außerdem die Obliegenheit, sich eine lediglich für ihn bestimmte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform aushändigen zu lassen (Ausfertigung für den Versicherten, die auch die Diagnose enthält).
Schritt 2: Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen haben die Arbeitsunfähigkeitsdaten unmittelbar elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln.
Schritt 3: Die Krankenkasse ist verpflichtet, nach Eingang der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsdaten eine Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber zu erstellen, die insbesondere folgende Daten enthält:
  • den Namen des Beschäftigten,
  • den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit,
  • das Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
  • die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung und
  • die Angabe, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall oder auf Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfalls beruht.
Schritt 4: Der Arbeitgeber erhält vom Arbeitnehmer keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform mehr, sondern muss die Arbeitsunfähigkeitsdaten bei der Krankenkasse elektronisch abrufen.
Hierzu ist er nur berechtigt, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit gesetzlich krankenversichert und beim Arbeitgeber beschäftigt ist. Zudem darf ein Abruf immer nur dann erfolgen, wenn der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer zuvor mitgeteilt hat, d.h., ein Abruf auf Verdacht soll nicht möglich sein. Die Mitteilungspflicht des Arbeitnehmers wird also ab dem 1. Januar 2023 eine zentrale Bedeutung haben. Sofern der Arbeitgeber keine vorzeitige Feststellung nach § 5 Abs. 1a S. 2 i.V.m. Abs.1 S. 3 EFZG n.F. verlangt, kann er regelmäßig erst am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit von einer ärztlichen Untersuchung ausgehen, sodass ein Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten erst ab dem fünften Tag der Arbeitsunfähigkeit realistisch ist. Es empfiehlt sich, die Anfrage verzögert zu stellen, weil derselbe Arbeitsunfähigkeitszeitraum nur einmal innerhalb von 14 Tagen abgefragt werden kann.

III. Wer ist von der Änderung (nicht) umfasst?

Das elektronische Verfahren ab dem 1. Januar 2023 gilt grundsätzlich für alle gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer und wenn die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch eine/n an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt oder Einrichtung erfolgt.
Die Änderungen gelten nicht:
  • für privat krankenversicherte Arbeitnehmer,
  • für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer, deren Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt festgestellt wurde, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt (also bei Krankschreibung von einem Privatarzt),
  • bei Krankschreibung von einem Arzt im Ausland (insbesondere relevant bei Grenzgängern und im Urlaub),
  • für geringfügig Beschäftigte (Minijobber) in Privathaushalten,
  • bei Krankschreibung in Rehabilitationseinrichtungen,
  • bei Krankschreibung wegen Mutter-Kind-Kur,
  • bei „Krankschreibung“ wegen Erkrankung des Kindes (für den Bezug von Kinderkrankengeld).
In diesen Fällen bleibt es bei dem bisherigen Prozedere, also bei Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform nachzulegen (Nachweispflicht).
Das elektronische Verfahren gilt zudem nicht, wenn keine abruffähige Fehlzeit vorliegt, etwa beim Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft.

IV. Was müssen Arbeitgeber tun?

Auf Arbeitgeberseite besteht folgender Handlungsbedarf:
1. Technische Voraussetzungen: Der Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten gesetzlich krankenversicherter Arbeitnehmer kann nur durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung erfolgen. Arbeitgeber benötigen hierzu:
  • ein systemgeprüftes Entgeltabrechnungsprogramm,
  • eine elektronisch gestützte systemgeprüfte Ausfüllhilfe oder
  • ein systemüberprüftes Zeiterfassungssystem.
Arbeitgeber können auch einen Dritten (z.B. den externen Lohnabrechner) mit dem Abruf der Meldung bei der Krankenkasse beauftragen. Auch hier bedarf es einer gesicherten und verschlüsselten Datenübertragung.
2. Information der Arbeitnehmer: Der Arbeitgeber sollte die Arbeitnehmer auf betriebsübliche Art (Intranet, Schwarzes Brett etc.) über die neuen Regelungen informieren. Hierbei sollten die Arbeitnehmer auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie Papierbescheinigungen, die sie im Störfall ausgehändigt bekommen, zeitnah an die Krankenkasse übermitteln sollen. Es sollte zudem der Hinweis erfolgen, dass sie dem Arbeitgeber (formlos) mitzuteilen haben, wenn im Laufe des Arbeitsverhältnisses ein Wechsel der Krankenkasse stattfindet (insbesondere bei Wechsel von privat zu gesetzlich versichert und umgekehrt).
Ein Musteranschreiben für Beschäftigte stellt die BDA zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass Mustertexte nur eine Orientierungshilfe für eine mögliche Formulierung darstellen und diese unbedingt auf den konkreten Einzelfall anzupassen sind.
3. Anpassung der Standardarbeitsverträge für Neueintritte ab 1.1. 2023: Die Standardverträge für Neueintritte sollten angepasst werden. Hierbei ist bei der Formulierung zu berücksichtigen, dass das EFZG künftig zwischen privat und gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern unterscheidet und dass sich der Versichertenstatus während des Arbeitsverhältnisses ändern kann. Auch die vorgesehenen Ausnahmen, insbesondere für Fälle der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Nichtvertragsarzt müssen berücksichtigt werden. Die Verträge sollten zudem eine Klausel enthalten, dass die Mitteilungs- und Feststellungspflicht auch für den Fall gilt, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als in der elektronischen Bescheinigung angegeben dauert.
Hinweis: Arbeitgeber können mit gesetzlich versicherten Arbeitnehmern nicht wirksam vereinbaren, dass auch nach der obligatorischen Einführung der eAU weiterhin Bescheinigungen in Papierform vorgelegt werden müssen (§ 12 EFZG). Eine solche Regelung kann auch nicht in einer Betriebsvereinbarung oder in einen Tarifvertrag aufgenommen werden.
4. Änderung der bestehenden Arbeitsverträge? Bei bestehenden Arbeitsverträgen mit gesetzlich versicherten Arbeitnehmern und einer Regelung im Arbeitsvertrag, wonach die Nachweispflicht erst ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit gilt, besteht nicht zwingend Handlungsbedarf. Denn an die Stelle der bisherigen Klausel im Arbeitsvertrag, die ab dem 1.1.2023 wegen Abweichung von den Neuregelungen des EFZG gemäß § 12 EFZG unwirksam werden dürfte, treten automatisch die neuen gesetzlichen Regelungen.
Ist in den Arbeitsverträgen hingegen geregelt, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, eine ärztliche Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit generell früher vorzulegen (also vor dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit) und will der Arbeitgeber diese Regelung in zeitlicher Hinsicht auf die künftige Feststellungspflicht erstrecken, sollte eine entsprechende Änderung des Arbeitsvertrages erfolgen. Existiert im Unternehmen ein Betriebsrat, hat dieser bei einer solchen allgemeinen früheren Feststellungspflicht ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

V. Wie ist mit Störfällen umzugehen?

Insbesondere in der Anfangszeit wird es wahrscheinlich zu Störfällen kommen. Die Störung kann etwa bei der Übermittlung vom Arzt zur Krankenkasse oder von der Krankenkasse zum Arbeitgeber auftreten.
Wenn bereits beim Arztbesuch klar ist, dass eine Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten an die Krankenkasse nicht möglich ist (weil beispielsweise die Technik ausfällt), erhält der versicherte Arbeitnehmer eine mittels Stylesheet unterschriebene Papierbescheinigung in dreifacher Ausfertigung (für den Versicherten selbst, zur Vorlage bei der Krankenkasse sowie zur Vorlage beim Arbeitgeber).
Stellt der Arzt nach dem Arztbesuch fest, dass die elektronische Datenübermittlung an die Krankenkasse nicht funktioniert und ist die Übermittlung bis zum Ende des nachfolgenden Werktags nicht möglich, muss der Arzt eine Ersatzbescheinigung auf dem Postweg an die Krankenkasse senden.
Liegen (egal aus welchen Gründen) zum Zeitpunkt des Abrufs durch den Arbeitgeber keine Daten bei der Krankenkasse vor, erfolgt zunächst eine ablehnende Mitteilung durch die Krankenkasse. In diesem Fall ist die Krankenkasse verpflichtet, innerhalb von 14 Tagen zu prüfen, ob Arbeitsunfähigkeitsdaten für den angefragten Zeitraum bei der Krankenkasse eingehen. Ist dies der Fall, wird dem Arbeitgeber der entsprechende Datensatz proaktiv durch die Krankenkasse ohne erneute Anfrage des Arbeitgebers zur Verfügung gestellt.
Mit der neuen Rechtslage gehen zudem mehrere ungeklärte Folgefragen einher.
Derzeit ungeklärt ist, ob der Arbeitgeber dem gesetzlich versicherten Arbeitnehmer die Entgeltzahlung verweigern kann, wenn der Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten nicht möglich ist oder es zu einer verzögerten Übermittlung kommt. Dies wird man wohl verneinen müssen, weil der Arbeitgeber nach dem unveränderten Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG die Entgeltfortzahlung nur verweigern kann, wenn der Arbeitnehmer die von ihm nach § 5 Abs. 1 EFZG vorzulegende ärztliche Bescheinigung nicht vorlegt. Nach der obligatorischen Einführung der eAU wird den gesetzlich versicherten Arbeitnehmer diese Nachweis- bzw. Vorlagepflicht in der Regel aber nicht mehr treffen.
Problematisch ist auch der Umstand, dass der Arbeitgeber ab dem 1. Januar 2023 nicht mehr erfährt, welcher Arzt mit welcher Fachausrichtung die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt hat. Grundsätzlich gilt, dass Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen einen hohen Beweiswert haben und der Arbeitgeber im Streitfall den Beweiswert durch “ernstliche Zweifel„ erschüttern muss. Zweifel sind insbesondere anzunehmen, wenn die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt wurde, der durch die Häufigkeit ausgestellter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auffällig geworden ist. Bislang konnten Arbeitgeber in diesem Fall bei der Krankenkasse beantragen, dass eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes eingeholt wird. Die eAU enthält aber weder Name noch Sitz des ausstellenden Arztes. Hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer ein Fragerecht hat und ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist dem Arbeitgeber mitzuteilen, welcher Arzt die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat.
Wie mit den bislang ungeklärten Fragen umzugehen ist, bleibt abzuwarten. Rechtssicherheit wird es erst nach (höchst-)richterlichen Entscheidungen geben.

VI. Wo finde ich weitere Informationen für Arbeitgeber?

Einen kurzen Erklärfilm und Termine zu kostenpflichtigen Webinaren finden Sie auf der Internetseite der DIHK-Bildungs-gGmbH.
Der GKV-Spitzenverband stellt die Grundsätze für die Meldung der Arbeitsunfähigkeitszeiten und eine Verfahrensbeschreibung auf seiner Seite „Meldung der Arbeitsunfähigkeitszeiten (eAU) zur Verfügung.
In den Fragen und Antworten zum Datenaustausch (FAQ) des GKV-Spitzenverbands finden Sie hilfreiche Informationen.

Infoletter Recht

 Ausgabe 3/2022

Überarbeiteter Deutscher Corporate Governance Kodex

Der überarbeitete Deutsche Corporate Governance Kodex wurde seitens der Regierungskommission dem Bundesjustizministerium vorgelegt. Der überarbeitete Kodex enthält größere Änderungen im Vergleich zur im Januar 2022 konsultierten Version. Die Präambel präzisiert nun die Rolle des Unternehmens in der Gesellschaft und dessen gesellschaftliche Verantwortung sowie die Auswirkungen von und auf Sozial- und Umweltfaktoren. Vorstand und Aufsichtsrat haben dies bei der Führung und Überwachung im Rahmen des Unternehmensinteresses zu berücksichtigen. Die neue Empfehlung A.1 konkretisiert die Unternehmensplanung und -strategie, A.3 inkludiert nachhaltigkeitsbezogene Ziele sowie die Erfassung und Verarbeitung nachhaltigkeitsbezogener Daten in das interne Kontrollsystem und das Risikomanagementsystem und A.5 bezieht sich nun auf Angaben im Lagebericht.
In der Empfehlung C.1 wird in das Kompetenzprofil des Aufsichtsrats Expertise zu den für das Unternehmen bedeutsamen Nachhaltigkeitsfragen aufgenommen. In die Erklärung zur Unternehmensführung soll hierzu eine Qualifikationsmatrix integriert werden. Nach der Empfehlung D.3, die auch Teile der bisherigen Empfehlung D.4 aufnimmt, soll die Erklärung zur Unternehmensführung auch die Mitglieder des Prüfungsausschusses mit den besonderen Kenntnissen nennen und nähere Angaben zu ihrem Sachverstand auf den genannten Gebieten enthalten. D.7 empfiehlt, dass im Bericht des Aufsichtsrats auch angegeben wird, wie viele Sitzungen von Aufsichtsrat und Ausschüssen in Präsenz oder als Video- oder Telefonkonferenzen durchgeführt wurden und D.10 befasst sich mit der Vorgehensweise bzw. mit den Aufgaben des Prüfungsausschusses bzw. des Vorsitzenden. Darüber hinaus werden die Grundsätze ergänzt und verändert und nehmen geänderte rechtliche Vorgaben, wie z. B. zur Mindestbesetzung der Geschlechter im Vorstand oder zum Prüfungsausschuss auf.

Der Digital Markets Act (DMA) ist in Kraft getreten

Am 01.11.2022 ist das Gesetz über Digitale Märkte (Digital Markets Act/DMA) in Form einer Verordnung in Kraft getreten. Es wird ab dem 02.05.2023 anwendbar sein. Ab dann müssen es potenzielle Gatekeeper innerhalb von zwei Monaten und spätestens bis zum 03.07.2023 der Kommission mitteilen, wenn ihre zentralen Plattformdienste die im Gesetz über digitale Märkte festgelegten Schwellenwerte erreichen. Sobald die Kommission die vollständige Mitteilung erhalten hat, muss sie binnen 45 Arbeitstagen prüfen, ob das betreffende Unternehmen die Kriterien erfüllt, und sie als Gatekeeper benennen (der späteste Termin dafür wäre der 06.09.2023). Nach ihrer Benennung haben Gatekeeper sechs Monate Zeit, um die Anforderungen des Gesetzes über digitale Märkte zu erfüllen. Diese Frist läuft spätestens am 06.03.2024 ab.
Das Gesetz über Digitale Märkte beabsichtigt, das europäische Wettbewerbsrecht zu ergänzen. Ziel ist es sicherzustellen, dass auf großen zentralen Online-Plattformen, die als Torwächter (den sogenannten Gatekeepern) fungieren, nicht auf unfaire Geschäftspraktiken zurückgegriffen wird. Darunter können zum Beispiel Online-Dienste sozialer Netzwerke, Online-Suchmaschinen, Online-Werbedienste, virtuelle Assistenten und Webbrowser fallen, wenn sie einen zentralen Plattformdienst bereitstellen, welcher gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern dient und sie einen erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt ausüben. Zudem muss das Unternehmen bezüglich seiner Tätigkeiten eine dauerhafte und gefestigte Position innehaben oder das Erlangen solch einer Stellung in naher Zukunft absehbar sein. Die Torwächtereigenschaft wird beim Erreichen bestimmter Schwellenwerte vermutet.
Wenn ein Unternehmen als Torwächter einzustufen ist, muss es verschiedene Gebote und Verbote beachten. Dabei geht es um Selbstbegünstigungsverbote, Regelungen zur Datennutzung und zur Dateninteroperabilität bis hin zu Diskriminierungsverboten und fairen Bedingungen. 

Bundesministerium für Justiz plant Zentralisierung der Aufsicht über nichtanwaltliche Rechtsdienstleister

Einem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) zufolge, soll künftig das Bundesamt für Justiz in Bonn die Aufsicht über die „Rechtsdienstleister aufgrund besonderer Sachkunde“ i.S.d. § 10 RDG führen. Zu diesen Rechtsdienstleistern gehören vor allem Inkassounternehmen und Unternehmen, die Rentenberatung anbieten. Doch auch Online-Angebote wie myflightright.com oder billiger-miete.de, die Verbraucher direkt beim Durchsetzen ihrer Ansprüche unterstützen, werden hierunter gefasst. Bislang liegt die Aufsicht bei den Landesjustizverwaltungen, die diese wiederum häufig den Oberlandesgerichten oder Staatsanwaltschaften übertragen haben. Insoweit stellt der geplante Aufsichtswechsel eine Zentralisierung dar. Auch die Registrierung der entsprechenden Unternehmen soll nach dem Entwurf künftig durch das Bundesamt für Justiz vorgenommen und verwaltet werden.

Auslaufen von Coronaregelung: virtueller Teilnahme in Vereinen

Nach dem Auslaufen der Corona bedingten Sonderregelung für Vereine Ende August 2022 im Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie wird eine Ergänzung von § 32 BGB nun auch im Bundestag (vgl. Bundestags-Drucksache 20/4318) diskutiert. Der Bundesrat (vgl. Bundestag-Drucksache 20/2532) hatte bereits vor der Sommerpause eine dauerhafte gesetzliche Regelung im Vereinsrecht vorgeschlagen.
In § 32 BGB soll eingefügt werden „(1a) Der Vorstand kann auch ohne Ermächtigung in der Satzung vorsehen, dass Vereinsmitglieder an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der Bild- und Tonübertragung teilnehmen und Mitgliederrechte auf diesem Wege ausüben können.“

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen

Das Bundeskabinett hat einen Entwurf für das sog. Sanktionendurchsetzungsgesetz II beschlossen, welcher demnächst von Bundesrat und Bundestag beraten wird (Pressemitteilung des BMF). Um den Vollzug der von der EU erlassenen Sanktionen im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sicherzustellen, sind aus Sicht der Bundesregierung ein Gesetz zur Durchsetzung von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen zu erlassen sowie Änderungen im Außenwirtschafts-, Geldwäsche-, Kreditwesen-, Wertpapierhandelsgesetz etc. erforderlich. Das Sanktionsdurchsetzungsgesetz enthält folgende Schwerpunkte:
  • Einrichtung einer Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung auf Bundesebene zur Durchsetzung des Sanktionsrechts in Deutschland, soweit nicht das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) oder die Deutsche Bundesbank (BBk) zuständig sind
  • Schaffung eines Verwaltungsverfahrens zur Ermittlung von Vermögen sanktionierter Personen und rechtsfähiger Personengesellschaften sowie eines korrespondierenden Registers
  • Einrichtung einer Hinweisannahmestelle
  • Möglichkeit der Bestellung eines Sonderbeauftragten zur Überwachung der Einhaltung von Sanktionen in Unternehmen
  • Transparenzmeldungen durch die Notare
  • Verknüpfung von Immobiliendaten mit dem Transparenzregister
  • Mitteilungspflicht von Vereinigungen mit Sitz im Ausland, die Immobilieneigentum in der Bundesrepublik Deutschland halten (auch Bestandsfälle statt bisher nur bei Neuerwerb)
  • Einführung eines Barzahlungsverbotes bei Immobilientransaktionen
  • Schaffung von mehr Transparenz bei der Figur des fiktiven wirtschaftlich Berechtigten nach § 3 Abs. 2 Satz 5 Geldwäschegesetz
  • Nutzbarmachung von Eigentums- und Kontrollstrukturübersichten für Behörden
  • Erklärung von UN-Listungen unmittelbar anwendbar
  • Anpassung der Zuverlässigkeitsregelungen in den Finanzaufsichtsgesetzen (Unzuverlässigkeit von sanktionierten Personen, Tätigkeits- bzw. Berufsverbote)
Über den Gesetzentwurf hinaus, plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Geldwäscheprävention, u. a. weitere Verknüpfungen und die Schließung von Schlupflöchern bei den vorhandenen Registern mit Vermögensbezug, die Einrichtung einer Datenbank mit Angaben aus notariellen Beurkundungen zu Immobilientransaktionen, eine Ermittlungsmöglichkeit zur Aufklärung nicht bestimmbarer wirtschaftlich Berechtigter für eine Bundesbehörde, Verfügungsbeschränkungen oder Eigentumsentzug bei hochwertigen Vermögensgegenständen, deren Eigentumszuordnung vollständig unklar ist oder offensichtlich verschleiert wird, den Aufbau einer neuen Bundesoberbehörde sowie Verbesserungen bei der Aufsicht im Nichtfinanzsektor.

Geldwäsche: EU-Liste der Hochrisikoländer angepasst

Nachdem die FATF aufgrund neuer Erkenntnisse ihre Listen der Hochrisikostaaten für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung angepasst hat, hat nun auch mit ein paar Monaten Zeitverzögerung die EU im Januar 2022 ihre eigenen Risikolisten überarbeitet und sich dabei an den Änderungen der FATF orientiert. Hierfür wurde die Delegierte Verordnung (EU) 2016/1675 geändert. Die Delegierte-VO vom 07.01.2022 wurde am 21.02.2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Am 20. Tag nach der Veröffentlichung treten die Änderungen in Kraft und sind zu beachten.
Fünf Länder wurden von der Liste der Hochrisikostaaten (Länder der Kategorie 3) gestrichen: Bahamas, Botswana, Ghana, der Irak und Mauritius.
Der Liste der Hochrisikostaaten (Länder der Kategorie 3) hinzugefügt wurden: Burkina Faso, Cayman Islands, Haiti, Jordanien, Mali, Marokko, die Philippinen, der Senegal und Süd-Sudan.

Künstlersozialabgabe-Verordnung 2023 veröffentlicht

Die Verordnung legt die Höhe des Abgabesatzes der Künstlersozialabgabe für das Jahr 2023 in Höhe von 5 Prozent fest. Ein Teil wird durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen finanziert, die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten. Vgl. BGBl. vom 26.09.2022, Teil I, Seite 1508.

EU-Richtlinienentwurf zu Verbraucherrechten und Werbung mit Nachhaltigkeit

Die Kommission hat am 30.03.2022 eine Aktualisierung der EU-Verbrauchervorschriften vorgeschlagen, um das Bewusstsein für den ökologischen Wandel zu stärken. Durch die aktualisierten Vorschriften soll laut Kommission sichergestellt werden, dass Verbraucher beim Kauf von Produkten fundierte und umweltfreundliche Entscheidungen treffen können. Sie sollen darüber informiert werden, für welche Lebensdauer ein Produkt ausgelegt ist sowie ob und wie es sich reparieren lässt. Darüber hinaus sollen sie besser vor unzuverlässigen oder falschen Umweltaussagen geschützt werden, indem das sogenannte Greenwashing und irreführende Angaben zur Lebensdauer eines Produkts verboten werden. Hierfür sollen in der Richtlinie über Verbraucherrechte neue Informationspflichten eingeführt werden. Außerdem schlägt die Kommission Änderungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vor, indem sie das Irreführungsverbot konkretisiert und zusätzliche Per-se-Verbote einführt
Die Pressemeldung der Kommission mit weiteren Hintergrundinformationen hierzu finden Sie unter Kreislaufwirtschaft: Kommission schlägt neue Verbraucherrechte vor (europa.eu). Den Vorschlag der Kommission und ergänzende Papiere (letztere zum Teil ausschließlich in Englisch) finden Sie unter Vorschlag für eine Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel und Anhang | EU-Kommission (europa.eu).
Der DIHK hat hierzu eine Stellungnahme abgegeben und sich wie folgt geäußert:
  • Das Ziel der Förderung nachhaltiger Verbrauchsmuster von Verbrauchern wird geteilt.
  • Die vorgeschlagenen Regelungen helfen nicht, dieses Ziel zu verwirklichen. Sie sind rechtlich entbehrlich und verbraucherpolitisch falsch, indem sie zu ausufernden, für Verbraucher unverständlichen Informationen führen.
  • Die neu hinzugefügten Per-se-Verbote erscheinen eher zufällig und unsystematisch, ihrem Inhalt nach sind sie bereits heute sanktionierbar.
  • Sustainabilty Claims bedürfen keiner Zulässigkeitskontrolle über die geltenden Irreführungsverbote hinaus.
  • Jede „Verbraucherlenkung“ ist insgesamt als latent paternalistische staatliche Lenkung im Einzelfall zu hinterfragen und ausreichend zu begründen.

Neue Haftungsvorschriften für Produkte und Künstliche Intelligenz (KI)

Um mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten, soll der EU-Rahmen für die zivilrechtliche Haftung durch die Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie sowie der geplanten Einführung einer Richtlinie über KI-Haftung ergänzt und modernisiert werden.
Bereits mit ihrem Vorschlag zu einem Gesetz über Künstliche Intelligenz (KI-Gesetz) hat die Kommission ihre Absicht, eine Initiative zu den KI-Haftungsfragen vorzubereiten, verlautbaren lassen. Nun hat die Kommission zwei Richtlinienentwürfe vorgestellt, mit dem Ziel, das Vertrauen in KI zu stärken. Im Schadensfall sollen Opfer eine wirksame Entschädigung erhalten.
Ziel der Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG ist es, die verschuldensunabhängige Produkthaftung, welche auf Klagen von Privatpersonen begrenzt ist, zu modernisieren. Mit der geplanten Überarbeitung einhergeht eine Haftungsverschärfung zulasten der Unternehmen.
Der Anwendungsbereich der Produkthaftungsrichtlinie soll neben beweglichen Sachen und Elektrizität auch KI-Systeme und Software erfassen. Bei der Frage der Fehlerhaftigkeit eines Produkts sollen künftig auch Aspekte der „Vernetzung“, der „selbstlernenden Funktionen“ sowie die Anforderungen der Cybersicherheit zu berücksichtigen sein. Die Haftung soll über den Zeitpunkt des Inverkehrbringens eines Produkts hinaus bestehen, wenn der Fehler auf verbundene Dienstleistungen, fehlerhafte Software oder fehlende Updates zurückzuführen ist. Des Weiteren sieht der Kommissionsvorschlag eine Ausweitung der Anspruchsgegner sowie Beweiserleichterungen zugunsten von Verbrauchern vor. Von Bedeutung für Unternehmen ist zudem, dass der bisherige Haftungshöchstbetrag von 85 Mio. EUR sowie die bisherige Selbstbeteiligung bei Sachschäden von 500 EUR ersatzlos entfallen sollen.
Mit ihrem Vorschlag für eine Richtlinie über KI-Haftung beabsichtigt die Kommission, Vorschriften einzuführen, welche nationale Haftungsansprüche abdecken, die auf Unterlassen oder Verschulden beruhen und sich auf Entschädigung für alle unter das nationale Recht fallende Arten von Schäden beziehen. Auch Unternehmer kommen als Opfer und damit als potenzielle Kläger in Betracht.
Der Richtlinienvorschlag über KI-Haftung sieht einerseits eine Kausalitätsvermutung vor, um die Beweislast zu Gunsten der Opfer zu erleichtern. Kann der Kläger nachweisen, dass der Beklagte für die Nichteinhaltung einer bestimmten, für den Schaden relevanten Verpflichtung verantwortlich war und dass ein ursächlicher Zusammenhang mit der KI-Leistung nach vernünftigem Ermessen wahrscheinlich ist, kann das Gericht unter bestimmten Bedingungen davon ausgehen, dass diese Nichteinhaltung den Schaden verursacht hat, wobei diese Vermutung vom Beklagten widerlegt werden kann. Zum anderen soll Opfern geholfen werden, Zugang zu einschlägigen Beweismitteln zu erhalten.

Start des Einheitlichen Patentgerichts 2023

Mit kommendem Jahreswechsel soll das neue Einheitliche Patentgericht (EPG) seine Arbeit aufnehmen.
Das EPG ist ein spezialisiertes europäisches Patentgericht. Es wurde mit Unterzeichnung des EPG-Übereinkommens durch 25 teilnehmende Mitgliedstaaten der Europäischen Union (darunter auch Deutschland) errichtet.
Das EPG soll für Fragen der Gültigkeit und Verletzung von europäischen Patenten und Einheitspatenten zuständig sein. Die teilnehmenden Mitgliedstaaten erhoffen sich hierdurch eine schnellere und effektivere Durchführung von Patentstreitigkeiten sowie mehr Rechtssicherheit durch einheitliche Auslegung in umstrittenen Rechtsfragen.
Das EPG besteht aus einem Gericht erster Instanz, einer Berufungskammer und einer Kanzlei. Das Gericht erster Instanz hat seine Zentralkammer in Paris und eine Abteilung in München. Es besteht zudem aus mehreren Lokal- und Regionalkammern der Unterzeichnerstaaten. Die Berufungskammer des Gerichts hat ihren Sitz in Luxemburg.
Die Entscheidungen des EPG entfalten Rechtswirksamkeit in allen Unterzeichnerstaaten. Dritte und die Öffentlichkeit können unter bestimmten Voraussetzungen Nichtigkeitsklage vor dem EPG erheben. Die Zuständigkeit für den Rechtsschutz im Erteilungsverfahren verbleibt hingegen beim Einheitlichen Patentamt (EPA).

EU-Parlament verabschiedet Richtlinienentwurf zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung (CSRD)

Das Europäische Parlament hat am 10.11.2022 den im Sommer gefundenen politischen Kompromiss zwischen Rat und Parlament formal verabschiedet ( Pressemitteilung des EU-Parlaments). Es bedarf noch eines entsprechenden Beschlusses des Rates, bevor die neue Richtlinie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden kann. Erst die im Amtsblatt veröffentlichte Fassung ist verbindlich.
Die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung weitet den Anwendungsbereich deutlich aus und sieht unterschiedliche Zeitpunkte für die erstmalige umfangreichere Berichterstattung vor. Die bisher bereits zur sog. CSR-Berichterstattung verpflichteten Unternehmen haben ihren Nachhaltigkeitsbericht für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2024 beginnen, nach den neuen Vorgaben zu erstellen. Darüber hinaus sind künftig alle großen Unternehmen und alle Mutterunternehmen einer großen Gruppe verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2025 beginnen, anzufertigen. Kleine und mittlere Unternehmen, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt in der Union zugelassen sind, und die keine Kleinstunternehmen sind, müssen für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2026 beginnen, einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen. Diese kapitalmarktorientierten KMU können für Geschäftsjahre, die vor dem 01.01.2028 beginnen, beschließen, auf einen Nachhaltigkeitsbericht zu verzichten und müssen dies begründen. Darüber hinaus sind auch bestimmte Institute, sowie bestimmte Versicherungsunternehmen vom Anwendungsbereich erfasst. Zudem ist für Emittenten nach der Richtlinie 2004/109/EG eine parallele gestufte Anwendung zur erweiterten Nachhaltigkeitsberichtserstattung vorgesehen. Für bestimmte Drittstaatsunternehmen gilt die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2028 beginnen.
Der Nachhaltigkeitsbericht als separater Abschnitt des Lageberichts muss künftig zur Erlangung begrenzter Sicherheit und später zur Erlangung hinreichender Sicherheit geprüft werden. Die neue Richtlinie sieht zudem Formatvorgaben für die Veröffentlichung, das einheitliche europäische Berichtsformat gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2019/815, und eine Etikettierung/Tagging der Informationen vor.
Parallel werden derzeit die in der neuen Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgesehenen verbindlichen europäischen Standards von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt. EFRAG hatte im Frühjahr 2022 Entwürfe für 13 Standards vorgelegt, die bis Anfang August kommentiert werden konnten. Die überarbeiteten Standardentwürfe sollen demnächst durch EFRAG finalisiert und der EU-Kommission übermittelt werden. Die EU-Kommission soll diese verbindlichen europäischen Standards bis zum 30.06.2023 in Form delegierter Rechtsakte erlassen. Die vorgesehenen sektoralen europäischen Berichtsstandards sowie der Standard für kapitalmarktorientierte KMU sind bis zum 30.06.2024 von der Kommission zur Verfügung zu stellen.

Neues aus der Rechtsprechung

EuGH zum ”Vorher-Nachher-Prinzip” bei Umwandlung in eine Europäische Gesellschaft (SE)

Der EuGH hat in einem Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung von Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2001/86/EG zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (ABl. 2001, L 294, S. 22) nach einer Umwandlung in eine Europäische Gesellschaft Stellung genommen. Dabei hat er das sog. „Vorher-Nachher-Prinzip“ betont. Die Umwandlung einer Gesellschaft nationalen Rechts in eine Europäische Gesellschaft darf – so der Gegenstand der Vorlage – die Beteiligung der Gewerkschaften bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht verringern.
Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2001/86 ist nach dem EuGH dahin auszulegen, „dass die für eine durch Umwandlung geschaffene SE geltende Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer im Sinne dieser Bestimmung für die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat der SE in Bezug auf die von den Gewerkschaften vorgeschlagenen Kandidaten einen getrennten Wahlgang vorsehen muss, sofern das anwendbare nationale Recht einen solchen getrennten Wahlgang in Bezug auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der in eine SE umzuwandelnden Gesellschaft vorschreibt; im Zusammenhang mit diesem Wahlgang muss die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer dieser SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe sowie der in ihnen vertretenen Gewerkschaften gewahrt sein.“
Vgl. hierzu auch die detaillierte Argumentation des EuGH in seinem Urteil vom 18.10.2022, Az. C-677/20 sowie die Pressemitteilung des EuGH.

BGH urteilt zur Haftung wegen unvollständiger Rechtsformbezeichnung

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 13.01.2022, Az. III ZR 210/20, mit der persönlichen Haftung des Vertreters einer UG (haftungsbeschränkt) bei Auftreten im Geschäftsverkehr ohne vollständige Bezeichnung befasst. Im gegenständlichen Fall ist eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ohne den Zusatz „haftungsbeschränkt“ im Rechtsverkehr aufgetreten. Der BGH führt aus, dass die Unternehmergesellschaft gemäß § 5a Abs. 1 GmbHG in ihrer Firma die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen muss. Er sieht ein besonderes Bedürfnis des Rechtsverkehrs an einem solchen Hinweis, da die Unternehmergesellschaft mit einem geringen Stammkapital ausgestattet sein kann. In diesem Fall besteht die Gefahr aus Sicht des BGH, dass der Geschäftspartner „Dispositionen trifft, die er bei Kenntnis des wahren Sachverhalts ganz oder zumindest teilweise unterlassen hätte“.
Die Vertrauenshaftung des Vertreters einer UG (haftungsbeschränkt) gemäß § 311 Abs. 2, 3, § 179 BGB analog greift unter anderem ein, wenn der gemäß § 5a Abs. 1 GmbHG zwingend vorgeschriebene Zusatz – „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ – weggelassen oder unzulässig abgekürzt wird, z. B. wenn der zwingend gebotene Hinweis „haftungsbeschränkt“ fehlt. Der bloße Verweis auf die Rechtsform der Unternehmergesellschaft genügt laut BGH als solcher nicht, „denn – anders als beim Rechtsformzusatz „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ - trägt die Unternehmergesellschaft die Haftungsbeschränkung nicht bereits im Namen. Bei Weglassen nur dieses Hinweises kann vielmehr gleichermaßen der Eindruck erweckt werden, für die Unternehmergesellschaft hafte mindestens eine natürliche Person unbeschränkt.“ Leitsatz des BGH: „Weist eine Unternehmergesellschaft im Sinne von § 5a GmbHG nicht - wie im Gesetz vorgesehen - ihre Rechtsform und die Haftungsbeschränkung in der Firma aus, haftet ihr im Rechtsverkehr auftretender Vertreter für den dadurch erzeugten unrichtigen Rechtsschein gemäß § 311 Abs. 2 und 3, § 179 BGB analog (Anschluss an BGH, Urteil vom 12. Juni 2012 - II ZR 256/11).“

BAG zur Rückzahlungsklausel bei Fortbildungsvereinbarungen

Das Bundesarbeitsgericht urteilte am 01.03.2022, AZ: 9 AZR 260/21, über Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsverträgen. Durch Fortbildungsvereinbarungen sollen, die durch den Arbeitgeber finanzierten, erlangten Qualifikationen der Arbeitnehmer im eigenen Unternehmen eingesetzt werden. Die meisten solcher Vereinbarungen halten jedoch eine AGB-rechtliche Überprüfung nicht stand. Konkret wurde entschieden, dass die Rückzahlungsklausel einer Inhaltskontrolle nach§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten muss. Es ist demnach zu prüfen, ob eine Rückzahlungsklausel eine unangemessene Benachteiligung beinhaltete und die Berufsfreiheit des Arbeitsnehmers eingeschränkt. Die Rückzahlungspflicht im Fortbildungsvertrag darf nicht an sämtliche Eigenkündigungen des Arbeitnehmers anknüpfen. Eine mögliche Klausel sollte also Fälle vorsehen, die unverschuldet herbeigeführt sind und aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers heraus resultieren. Konkret, wenn diese nicht mehr in der Lage sind, die neu gewonnene Qualifikation einzusetzen. Die Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel in einem Fortbildungsvertrag führt zum ersatzlosen Wegfall der Klausel. Angesichts der hohen Hürden ist mehr denn je in der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass die krankheitsbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers aus der Rückzahlungspflicht herauszunehmen ist.

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Fußball WM 2022

Werben mit der Fußball-WM 2022 in Katar

Am 20. November ist es wieder soweit: Das Großereignis Fußball-Weltmeisterschaft steht an. In diesem Zusammenhang gibt es etwa für Unternehmen der Tourismusbranche und Gastronomie, die Spiele der WM öffentlich übertragen möchten (Public Viewing) oder Betriebe, die ihre Produkte und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Fußball-WM vermarkten wollen, einige rechtliche Regelungen zu beachten.
Die WM ist einerseits eine Veranstaltung der FIFA (Fédération Internationale de Football Association), andererseits ein Markenprodukt ihrerseits. Die FIFA ist alleinige Inhaberin etlicher Schutzrechte im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft.
So hat ausschließlich die FIFA die Hoheit über alle kommerziellen Rechte, wie z. B. Medien-, Marketing-, Lizenzierungs- und Ticketing-Rechte. Für Unternehmen, die sich im Zusammenhang mit der WM betätigen möchten, ist daher Vorsicht geboten.
Der nachfolgende Artikel soll einen kurzen Überblick zu den wichtigsten Rechtsfragen geben und dabei helfen, teure Abmahnungen zu vermeiden.

Werben mit der WM

Achtung: Nicht nur das offizielle Logo der FIFA ist markenrechtlich geschützt, sondern auch verschiedene Symbole und Wortkombinationen. So genießen u. a. der Pokal, das offizielle Emblem der WM sowie das Maskottchen und der Slogan “Now is all” kennzeichenrechtlichen Schutz. Außerdem sind die Begrifflichkeiten “FIFA World Cup Qatar 2022”, “FIFA Fußball-Weltmeisterschaft” oder “WORLD CUP” zu kennzeichnen. Die FIFA hat für die Nutzung Richtlinien auf ihrer Homepage veröffentlicht.
Grundsätzlich gilt, dass es nur offiziellen Partnern, Sponsoren und Regionalen Unterstützern gestattet ist, mit den Schutzmarken zu werben, alle anderen Unternehmen müssen sich hierfür eine Lizenz einholen. Oftmals kann keine pauschale Aussage über die Zulässigkeit von Werbemaßnahmen getroffen werden, sodass es einer Prüfung auf marken- und wettbewerbsrechtliche Risiken im Einzelfall bedarf. Daher ist jeder Unternehmer, der - ohne ein Nutzungsrecht zu besitzen – für die WM werben möchte, gut beraten, sich vorab rechtlichen Rat einzuholen, da die FIFA die Verletzung Ihrer Rechte erfahrungsgemäß sehr genau prüft und Rechtsverletzungen auch nachgeht.
Einen groben Überblick über die geschützten FIFA-Marken können Sie einer Veröffentlichung der FIFA entnehmen.
Unternehmen ist es zudem nur dann gestattet, Produkte mit offiziellen Marken (“offizielle Lizenzprodukte”) zu entwerfen und herzustellen, wenn sie Inhaber von FIFA-Rechten sind bzw. die FIFA ihnen das Recht hierzu gewährt hat. Alle anderen Unternehmen, die mit den geschützten Logos und Marken werben wollen, müssen bei der FIFA vorab eine Lizenz erwerben. Andernfalls ist es ihnen untersagt, mit den geschützten Marken zu werben oder Nachahmungen zu verwenden, die den Originalmarken zum Verwechseln ähnlich sind.
Neben der (teilweisen) Verwendung markenrechtlich geschützter Logos und Bezeichnungen ist auch jede Art von Werbung untersagt, die geeignet ist, eine unzulässige Geschäftsverbindung zur FIFA herzustellen. So darf beispielweise durch die Vermarktung von Produkten, Dienstleistungen und Veranstaltungen nicht der irreführende Eindruck erweckt werden, das Unternehmen sei offizieller Partner, Sponsor oder Lizenznehmer der FIFA-Weltmeisterschaft. Es darf auch keine unlautere Rufnausnutzung oder -beeinträchtigung, Behinderung und Herkunftstäuschung oder sonstige Verwechslungsgefahr oder Verknüpfung mit der FIFA hervorgerufen werden. Aus diesem Grund ist zum Beispiel der Verkauf und die Verlosung von WM-Tickets (WM-Eintrittskarten) durch nicht-lizenzierte Anbieter verboten.
Unterdes kann Werbung unter Bezugnahme auf die Weltmeisterschaft zulässig sein, wenn die Werbeaussage einen rein beschreibenden Charakter hat und nicht gegen die “guten Sitten” verstößt. Zulässige Begriffe können z. B. sein: “Fan-Wurst”, “Weltmeister-Produkt” oder generelle Aussagen wie “Fußball in Katar”. Eine allgemeine dekorative Gestaltung von Schaufenstern oder Innenräumen von Gasträumen zum Thema Fußball (z. B. mit Fahnen, Bällen und Toren), die ohne die offiziellen FIFA-Symbole auskommt, ist ebenfalls erlaubt.

Verkauf von Merchandising-Produkten

Darüber hinaus bedarf auch der bloße Vertrieb von Merchandising-Produkten mit offiziellen FIFA-Marken oder Symbolen einer Lizenz. Entsprechende Gestattungen können bei der FIFA über die Kontakt-Adresse retail-licensing@fifa.org angefragt werden.

Public Viewing Veranstaltungen

Bei der Ausrichtung von Public Viewing Veranstaltungen gibt es ebenfalls viele Auflagen der FIFA zu beachten. Um WM-Spiele im TV oder auf einer Großleinwand als Public Viewing anzubieten, ist auch hier die Einholung einer Lizenz grundsätzlich verpflichtend. Es wird hierbei jedoch unterschieden zwischen “gewerblichen” Veranstaltungen, die eine kostenpflichtige Lizenz benötigen und “besonderen nicht gewerblichen” Veranstaltungen, die sich an mehr als 5.000 Zuschauer richten, bei denen eine kostenfreie Lizenz erforderlich ist. 
Bei jeder gewerblichen Veranstaltung ist eine kostenpflichtige Lizenz notwendig. Von einem solchen gewerblichen Zweck wird bei einer Public-Viewing-Veranstaltung auszugehen sein, wenn für die Teilnahme eine direkte oder indirekte Eintrittsgebühr (z. B. durch erhöhte Speisen- und Getränkepreise) erhoben wird oder wenn durch die Veranstaltung anderweitige geschäftliche Vorteile (z. B. Sponsoring-Veranstaltungen) erzielt werden sollen. Die Kosten für eine notwendige Lizenz richten sich dabei nach der Anzahl der Events und der Zuschauerkapazität.
Das Reglement der FIFA in diesem Bereich ist komplex. Daher sollte sich jedes Unternehmen vorab genau über die Vorschriften erkundigen und sich im Zweifelsfall rechtlichen Rat zu den konkret geplanten Veranstaltungen einholen.
Wichtig: Für Public Viewing in an sich gewerblichen Einrichtungen wie Bars, Kneipen und Clubs, die keine direkten oder indirekten Eintrittsgelder für die Veranstaltung erheben, ist nach den Vorgaben der FIFA keine kostenpflichtige Lizenz erforderlich, wenn das Event nicht zu gewerblichen Aktionen (z. B. Sponsoring) genutzt wird. Hier sind die üblichen Regelungen im Zusammenhang mit der öffentlichen Wiedergabe von Sportübertragungen zu beachten.
Die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern hat auf Ihrer Webseite ergänzende Informationen rund um rechtliche Fragen zur Fußball-WM in Katar zusammengestellt. Sie finden die Informationen unter folgenden Links:

Stand: November 2022

Hinweis für Mitgliedsunternehmen

Warnung des Deutschen Patent- und Markenamt

Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) warnt vor irreführenden Zahlungsaufforderungen für Markenanmeldungen.
Im aktuellen Fall geht es um Rechnungen für Markeneintragungen, die unerlaubterweise das Logo des DPMA sowie die gefälschte Unterschrift eines hochrangigen Mitarbeiters des DPMA enthält und zur Zahlung bestimmter Summen auf ausländische Konten auffordert. Die gefälschten Rechnungen werden offenbar per frankiertem Brief verschickt und verweisen auf polnische Bankverbindungen. Das DPMA ruft dazu auf, keineswegs solche Zahlungen zu leisten!
Die ausführliche Pressemitteilung entnehmen Sie bitte der Webseite des DPMA.
Gesetzesänderung ab 1. August 2022

Änderungen des Nachweisgesetzes ab 1. August 2022

Stand: Juli 2022
Aufgrund der Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (EU-Richtlinie 2019/1152 – Arbeitsbedingungen-Richtlinie) muss der deutsche Gesetzgeber das Nachweisgesetz (NachwG) ändern, in dem verankert ist, welchen Informations- und Dokumentationspflichten der Arbeitgeber nachkommen muss. Der Bundestag hat am 23. Juni 2022 den Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie beschlossen. Das Inkrafttreten der Neuregelungen ist für den 1. August 2022 geplant.
Schon bisher verpflichtet das NachwG Arbeitgeber, die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsvertrages schriftlich niederzulegen, diese Mitschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Dafür gilt bislang eine Monatsfrist nach Beginn des Arbeitsverhältnisses. Dies betrifft bislang folgende Punkte:
  • Name und Anschrift der Vertragsparteien
  • der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses
  • der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann
  • eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit
  • die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, der Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit
  • die vereinbarte Arbeitszeit
  • die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses 
  • ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind

Ab 1. August 2022 müssen zusätzlich noch folgende Punkte dokumentiert werden:

  • Bei befristeten Arbeitsverhältnissen ist die Angabe des Enddatums oder der vorhersehbaren Dauer des Arbeitsverhältnisses erforderlich
  • Ggf. Hinweis, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsort frei wählen kann (etwa bei Vereinbarung von mobiler Arbeit)
  • Sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
  • Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
  • Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • Bei Arbeit auf Abruf (§ 12 Teilzeitbefristungsgesetz) sollen die Angaben ausgeweitet werden: Bereits nach derzeit geltendem Recht muss bei Arbeit auf Abruf die wöchentliche und tägliche Arbeitszeit im Arbeitsvertrag festgelegt sein, andernfalls gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche als vereinbart. Künftig muss der Arbeitgeber über die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden unterrichten, einen Zeitrahmen – bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden – angeben, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist und die Frist benennen, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat
  • Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist
  • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden
  • Umfangreichere Pflichten zur Niederschrift bei Auslandstätigkeit und Entsendung: Hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung länger als vier aufeinanderfolgende Wochen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen, hat der Arbeitgeber künftig nicht nur über Dauer, Währung, etwaige zusätzliche Vergütungsleistungen und Rückkehrbedingungen, sondern auch über das Einsatzland zu unterrichten. Liegt eine Entsendung im Sinne der Entsenderichtlinie vor, muss der Arbeitgeber zudem über die Entlohnung, auf die der Arbeitnehmer im Einsatzland Anspruch hat, und den Link zu der offiziellen nationalen Webseite, die der Mitgliedstaat betreibt, unterrichten.
Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Nachweisgesetzes weiterhin  schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu  unterzeichnen und dem Arbeitnehmer  auszuhändigen. Das strenge Schriftformerfordernis (in Papierform mit eigenhändiger Unterschrift) gilt also ab dem 1. August 2022 fort. Die elektronische Form scheint nach dem Willen des Gesetzgebers ausgeschlossen zu sein. Zwar betrifft das Schriftformerfordernis nicht die Arbeitsverträge selbst, sondern nur die Niederschrift nach dem NachwG. Arbeitsverträge könnten daher auch weiterhin elektronisch abgeschlossen werden (abgesehen von den Befristungsabreden). Der Arbeitgeber müsste dann aber die wesentlichen Vertragsbedingungen nach dem NachwG zusätzlich in Schriftform niederlegen und dem Arbeitnehmer aushändigen. Arbeitgeber könnten der Unterrichtungspflicht aber auch dadurch nachkommen, dass sie dem Arbeitnehmer einen im Original unterzeichneten Arbeitsvertrag aushändigen, der sämtliche nachweispflichtigen Angaben enthält. 
Die neuen Pflichten gelten bei Neueinstellungen ab dem 1. August 2022. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung muss bereits am ersten Arbeitstag dem Arbeitnehmer die Niederschrift mit den Informationen über den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien, die Höhe des Arbeitsentgelts und seine Zusammensetzung sowie über die vereinbarte Arbeitszeit vorliegen. Die Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersversorgung, die Pflichtfortbildung, das Kündigungsverfahren und geltende Kollektivvereinbarungen müssen spätestens innerhalb eines Monats bereitgestellt werden. Alle übrigen Informationen müssen  spätestens in sieben Kalendertagen nachgereicht werden.
Für Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem geplanten Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 2022 bestehen, sieht der Entwurf vor, dass Arbeitnehmern nur auf Verlangen die Niederschrift mit den wesentlichen Angaben spätestens am siebten Tag nach der Anfrage ausgestellt werden muss. Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersversorgung, die Pflichtfortbildung, das Kündigungsverfahren und geltende Kollektivvereinbarungen müssen spätestens innerhalb eines Monats bereitgestellt werden. Sollten Beschäftigte von diesem Recht Gebrauch machen, erwartet Arbeitgeber eine große Bürokratie.
Ändern sich die wesentlichen Arbeitsbedingungen in bestehenden Arbeitsverhältnissen, dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer spätestens am Tag der Änderung unterrichtet haben. Gesetzesänderungen oder Änderungen in Tarifverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen müssen weiterhin nicht schriftlich angezeigt werden.
Neu ist auch die Einführung gewichtiger Sanktionen: Bislang enthält das NachwG keine Straf- oder Bußgeldvorschriften. Verstöße gegen das NachwG konnten bislang zu Beweisnachteilen auf Arbeitgeberseite führen und in seltenen Fällen Schadensersatzforderungen von Arbeitnehmern nach sich ziehen.  Nun droht bei Verstößen ein Bußgeld bis zu 2.000 Euro, wenn Arbeitgeber ihrer Nachweispflicht nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig nachkommen.

Weitere Gesetzesänderungen:

Der Gesetzentwurf zur Umsetzung o.g. EU-Richtlinie enthält neben den Änderungen des NachwG weitere Vorgaben zur materiellen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen. Diese sind jedoch nicht bußgeldbewehrt. Die wesentlichen Änderungen sind hierbei:

Änderungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG):

  • Die Dauer der vereinbarten Probezeit muss künftig im Verhältnis zur Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Art der Tätigkeit stehen (§ 15 Absatz 3 TzBfG neue Fassung).
  • Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat und die ihrem Arbeitgeber in Textform ihren Wunsch nach Veränderung von Dauer und Lage der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit anzeigen, haben einen Anspruch auf eine begründete Antwort innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige (§ 7 Absatz 3 TzBfG neue Fassung). Die Antwort kann in Textform (z.B. per E-Mail) übersandt werden.
  • Den gleichen Anspruch haben befristet beschäftigte Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate beschäftigt sind und den Wunsch nach einem unbefristeten Arbeitsvertrag angezeigt haben (§ 18 Absatz 2 TzBfG neue Fassung).
  • Zudem hat der Arbeitgeber (befristet) beschäftigte Arbeitnehmer bei Erörterung über die Verlängerung der Dauer oder Lage der Arbeitszeit über Arbeitsplätze zu informieren, die im Unternehmen besetzt werden sollen.

Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG):

  • Der Verleiher muss dem Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung Firma und Anschrift des Entleihers in Textform (z.B. per E-Mail) mitteilen.
  • Neue Informationspflichten des Entleihers, durch die den Leiharbeitnehmern die Übernahme in die Stammbelegschaft erleichtert werden soll.

Empfehlungen/Tipps:

  • Bereiten Sie sich als Arbeitgeber auf die Umsetzung dieser Regelung vor.
  • Sollten Sie Musterarbeitsverträge haben, die Sie bei der Einstellung benutzen, sollten Sie diese umgehend um die neuen Angaben ergänzen.
  • Für alle Beschäftigten, die vor dem 1. August 2022 bereits im Betrieb sind, sollten Sie überlegen, für welche Arbeitnehmergruppen ggf. Standardschreiben mit den ergänzenden Hinweisen verfasst werden können. Allerdings geht dies nur, wenn tatsächlich identische Arbeitsbedingungen bestehen. Auf Nachfragen von Bestandsbeschäftigte müssen Sie sich jedenfalls einstellen.
  • Sie sollten zu Beweiszwecken mindestens eine Kopie des dem Arbeitnehmer ausgehändigten, im Original unterzeichneten Arbeitsvertrages bzw. der Niederschrift aufbewahren. Die Kopie sollte möglichst eine Empfangsbestätigung des Arbeitnehmers enthalten, wonach der Arbeitnehmer bestätigt, das Dokument im Original erhalten zu haben.
  • Darüber hinaus sollten Sie überlegen, ob es bei Bestehen eines Betriebsrates Sinn macht, allgemeine Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeit, betriebliche Altersversorgung, Schichtsystem etc. in Betriebsvereinbarungen zu regeln. Darauf könnte in den Arbeitsverträgen dann Bezug genommen werden.
Arbeitsrecht

Homeoffice und mobiles Arbeiten im Ausland

Rechtsgrundlage für die Arbeit im Home-Office

Ein Recht auf Home-Office haben Arbeitnehmer nach derzeitigem Stand (August 2021) grundsätzlich nicht (vgl. aktuell gültige Corona-Arbeitsschutzverordnung).
Ansonsten darf der Arbeitnehmer nur dann im Home-Office arbeiten, wenn er dies mit seinem Arbeitgeber vereinbart. Hierfür empfiehlt sich zwingend eine schriftlich fixierte Vereinbarung.
Diese sollte mindestens folgende Punkte enthalten:
  • Beginn und Ende der Home-Office-Zeit, gegebenenfalls abweichende Regelung während der Probezeit
  • Arbeitszeiten
  • Arbeitsmittel, welche der Mitarbeiter zur Verfügung stellt und solche, die der Arbeitgeber zur Verfügung stellt
  • gegebenenfalls private Nutzungsmöglichkeiten der zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel
  • gegebenenfalls Pauschale für die Kosten für die Unterhaltung des Home-Office-Arbeitsplatzes
  • Verpflichtung zu Verschwiegenheit und Datenschutz
  • Pflicht des Arbeitnehmers zur Dokumentation der täglichen Arbeitszeit
  • Länder, von denen der Arbeitnehmer aus Home- bzw. Mobile-Office ausüben darf
  • gegebenenfalls Informationspflichten über den Aufenthalt des Arbeitnehmers
Da je nach Aufenthaltsstaat des Arbeitnehmers unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen auf den Arbeitgeber zukommen können, sollte dringend geregelt werden, in welchen Staaten der Arbeitnehmer mobil arbeiten darf.
Wenn mehrere Staaten in Frage kommen, sollte der Arbeitnehmer sich zudem verpflichten, dem Arbeitgeber seinen aktuellen Aufenthalt mitzuteilen, damit dieser die Einhaltung der jeweils gültigen rechtlichen Vorschriften sicherstellen kann. Außerdem kann er nur so gegebenenfalls seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht nachkommen, zum Beispiel wenn sich die Sicherheitslage im jeweiligen Aufenthaltsstaat verschlechtert.

Aufenthaltsrechtliche Überlegungen

Ist der Arbeitnehmer zum Aufenthalt im jeweiligen ausländischen Staat berechtigt?
Bürger der Europäischen Union genießen in der EU zahlreiche Erleichterungen: Innerhalb eines anderen EU-Mitgliedsstaates ist ein Aufenthalt ohne besondere Erlaubnis möglich, Art. 7 Abs. 1 a) u. b) EU-RL 2004/38/EG. In den Staaten, die Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), aber nicht der EU sind, also Island, Liechtenstein und Norwegen, ist außerdem ein Aufenthalt von bis zu drei Monaten Dauer erlaubnisfrei möglich. Dasselbe gilt aufgrund eines bilateralen Abkommens auch für die Schweiz. Bei allen länger andauernden Aufenthalten in diesen oder sonstigen Nicht-EU-Staaten muss das jeweilige nationale Aufenthaltsrecht des Aufenthaltsstaates beachtet werden.
Mehr Informationen hierzu:
Zusätzlich sind bei der Einreise die jeweiligen Corona Bestimmungen in Erfahrung zu bringen und zu beachten. Darüber hinaus sind neben dem Aufenthaltsrecht gegebenenfalls die nationalen Meldebestimmungen einzuhalten.

Arbeitserlaubnis

Neben dem Recht zum Aufenthalt kann zudem eine Arbeitserlaubnis notwendig sein. Innerhalb der EU genießen die Unionsbürger hierbei Freizügigkeit. Das heißt, dass sie für die Arbeit in einem anderen EU-Staat keine Arbeitserlaubnis benötigen. Dies gilt ebenso für die Schweiz.
Für alle sonstigen Staaten sind die jeweiligen nationalen Vorschriften zu beachten.

Arbeitsrechtliche Überlegungen

Arbeitszeit

Auch bei der Arbeit im Home- bzw. Mobile-Office gilt das Arbeitszeitgesetz. Da eine Überwachung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber nur sehr eingeschränkt möglich ist, sollte der Arbeitgeber seine Pflicht zur Dokumentation der täglichen Arbeitszeit daher an den Mitarbeiter delegieren. Außerhalb der Arbeitszeiten ist der Arbeitnehmer nicht zur Erreichbarkeit verpflichtet.

Arbeitsmittel und Aufwendungsersatz

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber für die Einrichtung des Home-Office zuständig und trägt auch die damit verbundenen Kosten. Es ist jedoch nicht zwangsläufig notwendig, dass der Arbeitgeber alle erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss. Der Arbeitnehmer kann auch eigene Arbeitsmittel verwenden, die entsprechenden finanziellen Aufwendungen hierfür können gegebenenfalls durch Kostenpauschalen kompensiert werden Die Einzelheiten sollten durch Vereinbarung geregelt werden.

Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz

Bei den Vorschriften zur Arbeitssicherheit und zum Arbeitsschutz müssen zwei Fälle unterschieden werden: Beim Home-Office im eigentlichen Sinne arbeitet der Arbeitnehmer von einer Wohnung aus, die nicht nur vorübergehend als Lebensmittelpunkt eingerichtet ist. Ist der Arbeitnehmer hingegen nur kurzfristig an einem Ort, zum Beispiel im Rahmen eines Aufenthalts in einem Hotel oder einer Ferienwohnung, so arbeitet er im Mobile-Office. Grundsätzlich finden die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes und der Arbeitsstättenverordnung auf beide Fälle Anwendung.

Zusätzliche Anwendung der Arbeitsschutzvorschriften des Aufenthaltsstaates

Möglich ist jedoch, dass über die deutschen Arbeitsschutzregeln hinaus auch noch die Regeln des Aufenthaltsstaates anwendbar sind. In der EU wird dieser Sachverhalt durch die Rom-I-Verordnung geregelt: Sollte der Arbeitnehmer dauerhaft in einem anderen EU-Staat arbeiten als in dem Land, in dem er angestellt wurde, so darf sein Arbeitsschutzniveau nicht unter das des Aufenthaltsstaates sinken. Das heißt, dass nationale Arbeitsschutzvorschriften anzuwenden sind, soweit diese in ihrem Schutzniveau weitergehend sind, als die Vorschriften, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Weiterhin können sich in Nicht-EU-Mitgliedsstaaten auch weitere Arbeitsschutzregelungen nach dem jeweiligen nationalen Recht ergeben. Insofern sollte der Arbeitgeber stets vorab prüfen, wie stark das Arbeitsschutzniveau des jeweiligen Aufenthaltsstaates ist.

Sozialversicherungsrechtliche Überlegungen

Europäischer Wirtschaftsraum sowie die Schweiz

Die Regelungen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes unter Einbeziehung der Schweiz wurden vereinheitlicht. Die maßgebliche Verordnung (EG) Nr. 883/2004 der Europäischen Union findet daher auch in der Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island Anwendung.
Es gilt der Grundsatz, dass eine Person in demjenigen Mitgliedsstaat sozialversicherungspflichtig ist, in welchem sie ihre Tätigkeit ausübt. Zudem kann eine Person für bis zu 24 Monate ins EWR-Ausland (oder die Schweiz) entsandt werden, ohne dass sich die Sozialversicherungspflicht ändert. Voraussetzung ist dabei aber, dass die Entsendung durch den Arbeitgeber veranlasst wird.
Sollte eine Person in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten eine Beschäftigung dauerhaft ausüben, ordnet Art. 13 VO (EG) 883/04 folgendes an:
Wenn ein wesentlicher Teil der Tätigkeit im Wohnsitzstaat ausgeübt wird (mindestens 25% der gesamten Arbeit wird im Wohnsitzstaat erbracht) , so ist der Arbeitnehmer im Wohnsitzstaat sozialversicherungspflichtig. Ebenso richtet sich die Sozialversicherungspflicht nach dem Wohnsitzstaat, wenn der Arbeitnehmer bei mehreren Unternehmen tätig ist, die ihre Sitze in verschiedenen Mitgliedsstaaten haben. Sollte aber nur ein unwesentlicher Teil der Tätigkeit im Wohnsitzstaat ausgeübt werden, so ist der Arbeitnehmer im Staat des Unternehmenssitzes sozialversicherungspflichtig.
Aufgrund der Corona-Pandemie ergibt sich noch eine zusätzliche Besonderheit für Grenzgänger, die in Deutschland beschäftig sind, aber in einem anderen Mitgliedsstaat wohnen:
  • Arbeitnehmer gelten auch dann weiterhin in Deutschland als sozialversicherungspflichtig, falls sie ihre Tätigkeit aufgrund der Corona-Pandemie nunmehr ganz oder teilweise im Home-Office erbringen. Als Nachweis der Versicherung gilt auch hier die A1-Bescheinigung.
Mehr Informationen auch unter:

Drittstaaten

Außerhalb der EU, des EWR und der Schweiz hat die Bundesrepublik zudem Sozialversicherungsabkommen mit einer Reihe von Staaten abgeschlossen. Eine Liste dieser Abkommen kann auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eingesehen werden. Bei Staaten, mit denen kein derartiges Abkommen besteht, ist zu empfehlen, die jeweilige Rechtslage vorab in Erfahrung zu bringen. So kann ein fehlender Versicherungsschutz oder eine Doppelversicherung vermieden werden.

Steuerrechtliche Überlegungen für den Arbeitnehmer

Fraglich ist die Besteuerung von Arbeitnehmern, die sich zeitweise oder vorübergehend auch außerhalb von Deutschland aufhalten. Grundsätzlich finden für die steuerliche Behandlung sowohl die Regeln des Arbeitgeberlandes als auch des Aufenthaltsstaates Anwendung, wobei gegebenenfalls zwischen den Staaten bestehende Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten sind.
Die Pflicht zur Zahlung von Einkommenssteuer in Deutschland fällt weg, wenn der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in der Bundesrepublik hat, vgl. § 1 Abs. 1 EStG. Der gewöhnliche Aufenthalt liegt außerhalb der Bundesrepublik, wenn sich der Arbeitnehmer mehr als 183 Tage im Ausland aufhält, vgl. § 9 S. 2 Abgabenordnung. Innerhalb der Europäischen Union sind Angestellte nach den meisten Doppelbesteuerungsabkommen nur in ihrem Wohnsitzland steuerpflichtig. Auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums findet sich eine Liste der Staaten, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen wurde. Sollte kein Doppelbesteuerungsabkommen vorliegen, kann die im Ausland gezahlte Steuer gegebenenfalls auf die deutsche Steuerbelastung angerechnet werden, § 34c EStG.

Datenschutz

Auch im Home- oder Mobile-Office sind die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung einzuhalten. Daten und Unterlagen müssen vor der Einsichtnahme durch Dritte geschützt werden. Viele Informationen zum Schutz und der Sicherheit von Daten für mobiles Arbeiten finden sich beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik „Tipps für sicheres mobiles Arbeiten“.

Homeoffice als Betriebsstätte im Ausland

Wenn ein Mitarbeiter im Ausland eine Tätigkeit ausführt und hierzu zum Beispiel Verträge abschließt, so kann es sich nach dem Recht des jeweiligen Staates unter Umständen um eine Betriebsstätte handeln, was wiederum für das Unternehmen steuerliche Pflichten und Belastungen auslösen kann. Neben teils umfangreichen Registrierungs- und Deklarationspflichten können sich zudem auch Gewinnabgrenzungserfordernisse ergeben, deren Nichtbeachtung Strafen und Bußgelder nach sich ziehen kann. Insofern ist eine vorherige Prüfung der entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften und etwaiger Doppelbesteuerungsabkommen dringend anzuraten. Arbeitgeber sollten prüfen, ob nach den nationalen Vorschriften des Aufenthaltsstaates eine Steuerpflicht ausgelöst wird, wenn Arbeitnehmer dort mobil arbeiten möchten. Als nächstes ist zu klären, ob ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen dem Aufenthaltsstaat des Mitarbeiters und dem Staat des Unternehmenssitz besteht. Wenn dies der Fall ist, so ist zu prüfen, ob die Steuerpflicht aufgrund der Regelungen dieses Doppelbesteuerungsabkommens wieder entfällt. Hierbei ist im Einzelfall die Hinzuziehung einer auf das Zielland spezialisierten Steuerberatungskanzlei zu empfehlen, insbesondere auch weil es zwischen dem Wortlaut des Doppelbesteuerungsabkommens und der praktischen Anwendung durch die Finanzverwaltung Diskrepanzen geben kann.

Leitlinien der OECD zur Interpretation der DBS im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie

Die meisten Doppelbesteuerungsabkommen basieren auf dem OECD-Musterabkommen. In den im Jahr 2020 herausgegebenen Leitlinien der OECD spricht sich diese für eine großzügige Auslegung der Doppelbesteuerungsabkommen im Hinblick auf die zunehmende Home-Office-Arbeit aus. So sollen Personen, die nur aufgrund der COVID-19-Pandemie in einem anderen Staat arbeiten, nicht automatisch eine ausländische Betriebsstätte gründen. Allerdings sind die Staaten, die Doppelbesteuerungsabkommen nach dem OECD-Musterabkommen abgeschlossen haben, nicht an die Leitlinien der OECD gebunden. Insofern ist die Rechtslage individuell zu beurteilen und insbesondere der Standpunkt der jeweils zuständigen Steuerbehörden vorab in Erfahrung zu bringen. Die OECD-Leitlinien können aber gerade bei Staaten, deren DBA sich an dem OECD-Musterabkommen orientieren, als Argumentationshilfe dienen und gegebenenfalls dazu führen, dass die Staaten eine Neubeurteilung im Vergleich zu Sachverhalten vor der Pandemie durchführen.
Informationen zur Rechtslage und der Verwaltungspraxis in bestimmten Ländern können bei lokalen Behörden sowie den deutschen Auslandshandelskammern angefragt werden.

IHK Region Stuttgart

Online-Terminbuchung – Digitaler Service der IHK

Beratung „Made in Germany“ und Softwareexport

Im Außenhandel tauchen viele spezielle Fragestellungen aus den Bereichen Zoll, Handelsabkommen, Warenursprung und Exportkontrolle auf. Zu diesen Fragen stellt die IHK Region Stuttgart ein Erstberatungsangebot über die Telefonnummer 0711 2005 1466 bereit. Ergänzend dazu bieten wir unseren Mitgliedsunternehmen für die Themen „Made in Germany“ und Softwareexport virtuelle Beratungstermine an. Welche Voraussetzungen gelten für das Label „Made in Germany“ und wie wird dieses international eingesetzt? Welche Besonderheiten gelten beim Export von Software im Hinblick auf den Zoll und die Umsatzsteuer?
Für diese Fragen können Sie einen persönlichen virtuellen Beratungstermin über den Online-Terminkalender buchen.

Beratung zum Thema Digitale Wirtschaft

Die Digitalisierung ist aus vielen Bereichen unseres Lebens nicht mehr weg zu denken. Dennoch stellt sie gerade kleine und mittelständische Unternehmen oftmals noch vor Herausforderungen. Um ihre Mitgliedsunternehmen auf dem Weg zu modernen und digital transformierten Unternehmen bestmöglich zu unterstützen, bietet die IHK Region Stuttgart ein breites Erstberatungsangebot rund um die Digitale Wirtschaft an. Gerne informieren und beraten wir Sie zu Themen wie E-Commerce, digitale Geschäftsmodelle, Online-Marketing, Förderung der Digitalisierung und vielen weiteren Themen. Bitte beachten Sie, dass wir eine spezielle fachliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen können.
Ihren persönlichen Beratungstermin zum Thema Digitale Wirtschaft können Sie über den Online-Terminkalender buchen.

Beratung IT- und Internetrecht

Internet-Recht, E-Commerce und App-Entwicklung spielen in einer digitalen Geschäftswelt zunehmend eine wichtige Rolle. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen werfen gesetzliche Anforderungen an die rechtliche Gestaltung von Webshops und Webseiten, die Entwicklung und den Vertrieb von Apps, sowie die Einhaltung des Datenschutzes viele Fragen auf. Die IHK Region Stuttgart gibt in diesem Zusammenhang Ihren Mitgliedern eine Erstberatung zu rechtlichen Fragestellungen. Bitte beachten Sie, dass wir eine spezielle anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen können.
Ihren persönlichen Beratungstermin können Sie über den Online-Terminkalender buchen.

Beratung Allgemeines Vertragsrecht

Ob Kaufvertrag, Werk- oder Dienstleistungsvertrag: die Gestaltung von Verträgen spielt in der Geschäftswelt eine fundamentale Rolle. Sei es als Existenzgründer um das Wissen des 1x1 der Vertragsgestaltung mit anderen Unternehmen oder dem Aufsetzen eigener AGB oder Ihre bisherigen Dokumente auf den aktuellen Stand der Rechtslage zu bringen. So vielfältig wie das Geschäftsleben und die Branchen kann auch die Vertragsgestaltung sein. Sollten Sie eine Auskunft hinsichtlich den gesetzlichen Anforderungen an die rechtliche Gestaltung benötigen hilft Ihnen die IHK Region Stuttgart hier weiter. Die Erstberatung steht den Mitgliedern der IHK Region Stuttgart zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass wir eine spezielle anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen können.
Ihren virtuellen Beratungstermin können Sie über den Online-Terminkalender buchen.

Beratung Gewerbliche Schutzrechte und Urheberrecht (IP)

Ob als Nutzer, Verwerter oder Werkschaffender. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen werfen die verschiedenen nationalen und internationalen Regelungen im Bereich des Schutzes geistigen Eigentums viele Fragen auf. Die IHK bietet daher neben einer Einstiegs- und Erstberatung für gewerbliche Schutzrechte auch eine rechtliche Beratung im Hinblick auf den Schutz und die Verwertung geistigen Eigentums an.
Beratungsschwerpunkte: Abgrenzung der einzelnen Schutzrechte, Grundlagen der Schutzfähigkeit, Verfahren der Schutzerlangung, Verwertung bestehender Rechte, Lizenzvertragsrecht, Vorgehen bei Rechtsverletzungen, Umgang mit Abmahnungen
Ihren persönlichen Beratungstermin zu den genannten Themenfeldern können Sie über den Online-Terminkalender buchen.

Beratung zum Mitarbeitereinsatz im Ausland

Mit der zunehmenden Internationalisierung des Wirtschaftsverkehrs steigt auch die Anzahl grenzüberschreitender Leistungserbringung. Immer häufiger senden Unternehmen Mitarbeiter ins Ausland, beispielsweise für vorübergehende Dienstleistungserbringungen, wie Montage, Reparaturen und Projektbetreuungen. Dabei sollte man sich vorher im Klaren darüber sein, welche rechtlichen, steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen mit einer Mitarbeiterentsendung verbunden sind. In vielen Ländern, insbesondere auch in Europa sind zudem zusätzliche Meldepflichten zu beachten.
Ihren Beratungstermin können Sie über den Online-Terminkalender buchen oder über diesen Online-Terminkalender.

Beratung zur Existenzgründung 

Die IHK Region Stuttgart bietet Existenzgründerinnen und Existenzgründern aus der Region Stuttgart kostenfreie Beratungen in Form einer virtuellen Gründungssprechstunde an. Wir helfen Ihnen bei den ersten Schritten in die Selbständigkeit. Ausgehend von Ihrer Person und Ihrer Geschäftsidee geben wir Ihnen Hinweise und Anregungen zur Planung Ihres Unternehmens. Sie erhalten in unserer Beratung grundlegende Informationen zur Existenzgründung und wir gehen individuell auf Ihr Vorhaben ein.
Ihre Beraterinnen und Berater stehen Ihnen auch virtuell standortbezogen zur Verfügung. Bitte buchen Sie Ihr virtuelles Beratungsgespräch daher nach geplantem Standort Ihrer Gründung über die jeweiligen Links:


Recht und Steuern

Onlineberatung Allgemeines Vertragsrecht

Ob Kaufvertrag, Werk- oder Dienstleistungsvertrag: die Gestaltung von Verträgen spielt in der Geschäftswelt eine fundamentale Rolle. Sei es als Existenzgründer um das Wissen des 1x1 der Vertragsgestaltung mit anderen Unternehmen oder dem Aufsetzen eigener AGB oder Ihre bisherigen Dokumente auf den aktuellen Stand der Rechtslage zu bringen. So vielfältig wie das Geschäftsleben und die Branchen kann auch die Vertragsgestaltung sein. Sollten Sie eine Auskunft hinsichtlich den gesetzlichen Anforderungen an die rechtliche Gestaltung benötigen hilft Ihnen die IHK Region Stuttgart hier weiter.
Die Erstberatung steht den Mitgliedern der IHK Region Stuttgart zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass wir eine spezielle anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen können.
Ihren virtuellen Beratungstermin können Sie über den Online-Terminkalender buchen.
Internationales Wirtschaftsrecht

Das neue chinesische Datenschutzgesetz PIPL

In unserer kostenlosen Präsenzveranstaltung „ Rechtssicher in Asien - Standortvergleich und Streitbeilegung“ am 8. Februar 2023 referieren Rechtsexperten über asiatische Standortvergleiche, Geschäftsmodelle und Streitbeteiligung. Danach besteht im Get-Together die Möglichkeit zum Netzwerken.

Rechtsrahmen

Die chinesische Legislative hat am 20.08.2021 das neue Gesetz zum Schutz persönlicher Daten (Personal Information Protection Law – PIPL) verabschiedet. Das Gesetz tritt zum 01.11.2021 in Kraft. Es schafft einen neuen einheitlichen Rechtsrahmen zum Schutz personenbezogener Daten und baut auf bereits bestehender Gesetzgebung auf, namentlich dem chinesischen Verbraucherschutzgesetz von 2014, dem Cybersecurity-Gesetz (CSL) von 2017, den Zivilrechtsreformgesetzen von 2017 und 2021, dem Datensicherheitsgesetz (DSL)  von 2021, sowie den bereits bestehenden sogenannten nationalen Datenschutzleitlinien.

Hintergrund

Das PIPL soll in erster Linie Tätigkeiten der Datenerhebung und Datenverarbeitung der chinesischen Privatwirtschaft und der größeren in China tätigen Internetkonzerne regulieren und dient gleichzeitig als präventives Instrument zur Schadensbegrenzung bei Datendiebstahl und bei Datenlecks – so haben die chinesischen Behörden im Jahr 2020 allein 107 größere Datenlecks registriert. Für deutsche Unternehmen hat das Gesetz Relevanz, weil es ausdrücklich auch auf ausländische Unternehmen Anwendung findet. Zudem gilt es auch dann, wenn die Daten chinesischer Kunden/Konsumenten außerhalb des Landes erhoben und verarbeitet werden.

Grundsätze

  • Mit dem PIPL wird ein einheitlicher Rechtsrahmen bezüglich der Verarbeitung personenbezogener Daten geschaffen.
  • Klare Regeln zur Rechtmäßigkeit von Datenerhebung und -verarbeitung. Gab es vorher relative Unklarheit, wann die Datenverarbeitung rechtmäßig war, legt das neue Datenschutzgesetz fest, dass eine Datenverarbeitung rechtmäßig ist, nämlich wenn
    • Eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen vorliegt und dieser vorher über die Vorgänge der Datenerhebung und -verarbeitung informiert wurde
    • Zur Erfüllung eines Vertrages, wenn die betroffene Person Vertragspartei ist
    • Zur Durchführung der Personalverwaltung im Unternehmen
    • Zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben oder Verpflichtungen
    • Als Reaktion auf plötzliche Zwischenfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder Schutz des Lebens, der Gesundheit oder des Eigentums von Personen unter Notfallbedingungen
    • Handlungen im öffentlichen Interesse für die Nachrichtenberichterstattung und Medienaufsicht in einem angemessenen Rahmen
    • Andere Umstände vorliegen, die sich aus spezifischen Gesetzen und Verwaltungsvorschriften ergeben
  • Staatliche Stellen sind vom Datenschutzgesetz grundsätzlich ausgenommen.
  • Die Datenverarbeitung darf nicht den Zweck haben, dass dies zur Gestaltung personalisierter Handelsbedingungen geschieht und dadurch beispielsweise personalisierte Preise generiert werden.
  • Extraterritoriale Geltung: Besonderheit ist, dass das Datenschutzgesetz nicht nur für Unternehmen in China gilt, welche in China personenbezogene Daten erheben und verarbeiten, sondern nach Artikel 3 PIPL auch extraterritorial gilt, also wenn im Ausland personenbezogene Daten von chinesischen Bürgern erhoben und verarbeitet werden, und zwar dann, wenn diese der Bereitstellung von Produkten oder Dienstleistungen oder der Analyse des Verhaltens dienen. Von den Regelungen betroffen sein kann damit also auch ein Unternehmen, welches in China lediglich über eine Handelsvertretung tätig ist. 
Beispiel: Das Unternehmen für Kältetechnik in Rottweil ist zwar in China aktiv, hat dort aber keine eigene Tochtergesellschaft. Es unterhält jedoch direkte Kundenbeziehungen nach China und legt hierfür personalisierte Kundendaten zur Bereitstellung der Produkte an. Hierbei muss es die Regeln zur Rechtmäßigkeit der Datenerhebung nach dem PIPL einhalten, beispielsweise nur solche Daten erheben, die auch wirklich für die Durchführung der Vertragsbeziehung erforderlich sind. Im Zweifelsfall ist es ratsam, direkte Einwilligungen der betroffenen Kunden einzuholen.
  • Betroffenenrechte: Das Gesetz stattet die Betroffenen in den Artikeln 44-49 PIPL mit einem generellen Auskunftsrecht bezüglich Datenerhebung und Datenverarbeitung aus und gibt ihnen das Recht eine Kopie der Daten zu erhalten, Daten zu berichtigen und ggf. den Widerruf einer Einwilligung zu erteilen.

Internationaler Datentransfer

Für deutsche Unternehmen von besonderer Relevanz ist der grenzüberschreitende Datentransfer. Der die Volksrepublik China verlassende internationale Datentransfer wurde durch das Cybersecurity-Gesetz (CSL) stark reguliert. Namentlich geschah dies durch Artikel 37 CSL, der eine Pflicht zur Datenlokalisierung in China und dass Daten grundsätzlich innerhalb Chinas gespeichert werden müssen, vorsieht und durch Artikel 35 CSL, welcher für den Auslandsdatentransfer grundsätzlich eine Sicherheitsbewertung erforderlich gemacht hat. Das PIPL sieht nun Erleichterungen vor. Spezifisch muss nur noch eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
  • Ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen in den Auslandsdatentransfer (Artikel 39 CSL)
  • Erfolgreiche Sicherheitsüberprüfung durch die chinesischen Behörden oder eine lizensierte Agentur (Artikel 40 PIPL)
  • Verwendung von chinesischen Standarddatentransferklauseln
In der Praxis reicht jedoch regelmäßig allein die ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen (Artikel 39 CSL) nicht aus. Der Rechtsrahmen des Cybersecurity-Gesetz (CSL) setzt nämlich in den allermeisten Städten und Provinzen bereits ein eigenes Erfordernis zur Einführung einer behördlichen Sicherheitsüberprüfung durch das sogenannte Multi Level Protection Scheme.
Besondere Hürden gibt es zudem beim internationalen Datentransfer persönlicher sensibler Daten wie Medizindaten und im Kontext kritischer Infrastruktur, wie Kommunikationssysteme, Energie- und Wasserversorgung, der öffentlichen Verwaltung und der Rüstungsindustrie.
Für gewisse Branchen haben die zuständigen Regulierungsbehörden bereits ein Katalog zu sogenannten „wichtigen Daten“ veröffentlicht. Falls dies der Fall ist und Sie solche wichtige Daten verarbeiten, müssen regelmäßige Risikobewertungen durchgeführt und die Berichte der zuständigen Behörde übermittelt werden.

Sanktionsmechanismen des Gesetzes

Registrieren die chinesischen Behörden eine Verletzung der neuen Datenschutzvorgaben, so können empfindliche Sanktionen verhängt werden. Diese gehen über die Einziehung der illegalen Gewinne, Geldbußen bis 50 Mio. RMB oder 5 Prozent des Vorjahresumsatzes gegenüber dem Unternehmen und Geldbußen bis 1 Mio. RMB gegenüber direkt verantwortlichen Personen. In schweren Fällen kann auch die zur Handlungsfähigkeit des Unternehmens notwendige Geschäftslizenz entzogen werden.  Genannt ist außerdem, dass verantwortliche Personen für eine bestimmte Zeit eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Aufsichtsrat oder leitender Angestellter untersagt werden kann. In der Praxis ist bislang noch nicht klar, inwiefern der Sanktionsrahmen von den Behörden auch tatsächlich ausgeschöpft wird und ob ausländische Unternehmen hier nach gleichen Grundsätzen behandelt werden.
Beispiel: Ein Unternehmen für Werkzeugtechnik aus Böblingen unterhält eine Tochtergesellschaft in Peking. Die Tochtergesellschaft nutzt personenbezogene Daten der chinesischen Kunden, um automatisch personalisierte Preise zu erstellen. Die chinesischen Behörden könnten dies als Verstoß gegen die Bestimmungen des PIPL werten. In der Konsequenz könnte der Tochtergesellschaft ein empfindliches Bußgeld oder gar der Entzug der Geschäftslizenz drohen.

Weiterführende Literatur

BWIHK-Umfrage

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG): Auswirkungen, Chancen, notwendige Aktivitäten

Auf der Auslandsmesse “Global Connect 2022” informieren wir am 15.11.2022 im Rahmen der Veranstaltung “ Betriebliche Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes – Was Sie beim Sourcing im Ausland beachten müssen” umfassend zum Thema.
Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erfordert Anpassungen, beunruhigt die Unternehmen, eröffnet aber auch Chancen. Eine gemeinsam mit dem BWIHK und der Hochschule Albstadt-Sigmaringen durchgeführte Umfrage soll mögliche Herausforderungen in der unternehmerischen Umsetzung abfragen.
Im letzten Jahr wurde das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, besser bekannt als Lieferkettengesetz, beschlossen. Große Unternehmen mit mindestens 3000 Mitarbeitern werden ab 2023 per Gesetz verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Geschäftstätigkeit gegen Aspekte wie Arbeitsschutz, Mindestlohn, Gesundheit, Umweltstandards verstößt. Zukünftig soll der Anwendungsbereich noch verschärft werden: Im Rahmen einer derzeit erarbeiteten EU-Richtline sollen bereits Unternehmen ab 500 Beschäftigten und 150 Millionen Euro Jahresumsatz in die Pflicht genommen werden, entlang der gesamten Wertschöpfungskette menschenrechts- und umweltbezogene Risiken zu identifizieren. In gewissen Branchen sollen sogar noch niedrigere Schwellenwerte gelten.
Als Stimme der Wirtschaft möchte wir Sie im Prozess der Ausgestaltung und weiteren Anpassung der Vorgaben aktiv mit einbeziehen. In Zusammenarbeit mit der durch Herrn Prof. Dr. Uwe Sachse vertretenen Hochschule Albstadt-Sigmaringen führen die IHK Region Stuttgart und der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) eine umfassende Umfrage zum neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz durch.
Die Umfrage ist anonym und freiwillig. Die Beantwortung der Fragen dauert ca. 14 Minuten.
Sie können direkt an der Umfrage über Microsoft Forms teilnehmen.

E-Commerce Recht –Widerrufsbelehrung

Wie lautet der Text der Widerrufsbelehrung?

Sofern Verträge „außerhalb von Geschäftsräumen” und im Fernabsatz (wie etwa der Verkauf über das Internet) geschlossen werden, steht dem Verbraucher ein vierzehntägiges Widerrufsrecht zu. Über das Widerrufsrecht hat der Unternehmer vor und nach Abgabe der Bestellung zu belehren.
Für die Widerrufsbelehrung gibt es einen gesetzlichen Mustertext, den der Unternehmer verwenden kann. Bei der Belehrung sollten Sie stets auf das gesetzliche Muster zurückgreifen, um nicht von Wettbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden abgemahnt zu werden. Allerdings muss es dafür unverändert übernommen werden.
Ausnahme: dort, wo das Muster Gestaltungshinweise vorgibt (diese finden sich unter dem Mustertext), sind Anpassungen zu machen.Je nachdem, ob es sich um eine Teillieferung, oder auch eine Diensteistung handelt, beginnt die Widerrufsfrist zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt zu laufen.
Achtung: Ganz ohne Vorbehalte kann das gesetzliche Muster nicht verwendet werden. Hintergrund ist, dass der Fristbeginn und somit die Widerrufsbelehrung für jede Bestell- oder Liefersituation angepasst werden muss, obwohl bei Einstellen der Widerrufsbelehrung noch nicht bekannt ist, wie viele Waren der Kunde bestellt bzw. in wie vielen Teilstücken die Bestellung erfolgt. Vergleichen Sie hierzu bitte die Gestaltungshinweise (1) des Musters Nr. a) bis e). Das Problem am gesetzlichen Muster ist, dass man die verschiedenen Varianten für den Fristbeginn nicht kombinieren, sondern nur einen der Textbausteine des Musters einsetzen darf. Der Händler müsste also für jede mögliche Liefersituation verschiedene Belehrungen vorhalten. Sie müssten also überprüfen, ob Ihr Shop Besonderheiten wie Teillieferungen aufweisen soll und die entsprechende Variante aus a) bis e) auswählen. Gegebenenfalls könnten Sie die Widerrufsbelehrung entsprechend anpassen, indem sie Gestaltungshinweis c), „die letzte Ware", auswählen. Hier könnte man auslegen, dass dieser Text auch über die Gestaltungshinweise b) und d) belehrt. Dies ist allerdings keine gefestigte Rechtsprechung, sodass ein Restrisiko einer falschen Belehrung verbleibt.
Hinweis: Das gesetzlich Muster kann nicht verwendet werden, wenn der Vertrag eine Finanzdienstleistung beinhaltet.

Wann und wo muss über den Widerruf belehrt werden?

Die Widerrufsfrist beginnt nicht zu laufen, bevor der Verbraucher nicht darüber informiert worden ist.
Über das Widerrufsrecht muss vor Abgabe der Bestellung informiert werden, z. B. auf der Bestellseite oberhalb des Bestellbuttons mit einem deutlich bezeichneten Link „Widerrufsrecht" oder „Widerruf“. Ein Link nur in der Fußzeile der Webseite, oder auf die AGB in denen die Widerrufsbelehrung enthalten ist, genügt nicht. Der Link sollte sich auch nicht zwischen den Pflichtinformationen und dem Bestellbutton befinden, da hier zusätzliche Gestaltungselemente nicht zulässig sind. Der Verbraucher muss quasi vor Abgabe der Bestellung über den Hinweis und den entsprechenden Link stolpern.
Nach Abgabe der Bestellung muss die Widerrufsbelehrung möglichst direkt, spätestens bei Lieferung der Ware, auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. als PDF oder E-Mail) zur Verfügung gestellt werden. Der Text kann in der E-Mail mit der die Bestellung bestätigt wird, auf der Rechnungsrückseite oder in den Lieferpapieren untergebracht werden. Bei einer Bestätigungs-E-Mail reicht eine Verlinkung auf eine Belehrung im Webshop nicht aus. Der Text der Widerrufsbelehrung sollte direkt in der E-Mail vollständig wiedergegeben werden. Außerdem ist darauf zu achten, dass der Text für die Widerrufsbelehrung in der Bestätigungs-E-Mail, auf den Lieferpapieren oder der Rechnung, mit dem Text auf der Webshop-Seite identisch ist.

Was passiert, wenn nicht oder nicht richtig über den Widerruf belehrt wird?

Das Widerrufsrecht erlischt bei unterlassener oder falscher Widerrufsbelehrung spätestens nach zwölf Monaten und vierzehn Tagen.

Wie ist der Widerruf zu erklären?

Der Verbraucher hat den Widerruf zu erklären. Eine Begründung darf der Händler nicht verlangen. Der Händler hat zur Ausübung des Widerrufsrechts das gesetzliche Muster-Widerrufsformular bereitzustellen. Dieses Formular darf nicht mit der Widerrufsbelehrung selbst verwechselt werden und ist immer im Online-Shop aufzunehmen, z.B. direkt unter der Widerrufsbelehrung.
Zudem kann dem Verbraucher das Angebot gemacht werden, das Formular bereits über die Webseite auszufüllen und dann online abzusenden. Dann muss dem Verbraucher unmittelbar eine Bestätigung des Widerrufs auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. per E-Mail) zugesendet werden. Der Verbraucher kann aber  auch ohne das Formular zu nutzen  widerrufen, also häufg per Post, E-Mai oder telefonisch. Das Formular muss aber trotzdem im Webshop bereitgestellt werden, auch wenn der Verbraucher es nicht benutzen muss.
Die gesetzliche Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular sind seit dem 28. Mai 2022 anzupassen. Die Telefonnummer ist nunmehr Pflichtangabe in der Widerrufsbelehrung. Die Fax-Nummer muss nicht mehr angegeben werden, weder in der der Widerrufsbelehrung noch im Muster-Widerrufsformular. Im Muster-Widerrufsformular ist keine Telefonnummer anzugeben. In Gestaltshinweis 5 der Widerrufsbelehrung verändert sich leicht der Wortlaut. Auch hier muss eine frühere Muster-Widerrufsbelehrung im Webshop an den neuen Wortlaut angepasst werden : “ Wenn die Waren bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal mit der Post zurückgesandt werden können und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind: „Wir holen die Waren auf unsere Kosten ab .“

Gibt es Ausnahmen vom Widerrufsrecht?

Für manche Waren und Dienstleistungen ist von vorneherein das Widerrufsrecht gesetzlich ausgeschlossen. Diese Ausnahmen sind gesetzlich in §312g Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch abschließend geregelt. Über die Ausnahmen nach denen kein Widerrufsrecht besteht, ist in der Widerrufsbelehrung selbst, nicht in den AGB und auch nicht in einem separaten Link/Dokument, aufzuklären. Unternehmer können das Widerrufsrecht nicht in AGB oder per individuellem Vertrag ausschließen.

Achtung beim B2B-Geschäft: Gewerbliche Kunden haben grundsätzlich kein Widerrufsrecht. Können aber in einem Webshop neben Verbrauchern auch gewerbliche Kunden bestellen, dann kann gewerblichen Kunden dennoch ausnahmsweise ein Widerrufsrecht zustehen, wenn nicht erkennbar differenziert wird. Daher sollte durch einen klarstellenden Zusatz über der Widerrufsbelehrung und (sofern vorhanden) in AGB ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass das Widerrufsrecht nur für Verbraucher besteht.
Eine besondere Ausnahme gibt es beim Widerruf digitaler Inhalte, wie Downloads von Software, Apps, Videos, E-Books. Hier erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig, wenn mit der Ausführung des Vertrags begonnen wird, nachdem der Verbraucher
  1. ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Verkäufer mit der Ausführung des Vertrags (praktisch also mit der Datenübermittlung beim Download) vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt,
  2.  seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht mit seiner Zustimmung zur Ausführung des Vertrags verliert, und
  3. die Bestätigung des Erlöschens des Widerrufsrechts auf dauerhaftem Datenträger gem. § 312f BGB zur Verfügung gestellt hat.
Praxistipp: Verwenden Sie eine nicht vorangekreuzte Checkbox, mit der der Verbraucher ausdrücklich zustimmt, dass der Download oder das Streaming starten soll und er weiß, dass er damit sein Widerrufsrecht verliert. Nur dann wird der Download oder das Streaming ausgelöst.
Die dritte Voraussetzung (Bestätigung des Erlöschens) gilt seit dem 28. Mai 2022. Eventuelle Texte des Händlers über das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts sind also entsprechend um diesen Punkt zu ergänzen.
Nachteilig für den Händler: wird das Widerrufsrecht nicht vorzeitig zum Erlöschen gebracht, kann der Verbraucher den digitalen Inhalt innerhalb der Widerrufsfrist zurückgeben. Er muss dafür keinen Wertersatz leisten.
Der vierte Teil der Artikelreihe beleuchtet weitere Informationspflichten, den Einbezug von AGB in den Kaufvorgang und die Gestaltung der Bestellseite (sog. „Checkout-Page”) unmittelbar vor Abgabe der Bestellung.
Dieser Artikel soll – als Service Ihrer IHK Region Stuttgart – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl dieser Artikel mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Rechtsinformationen zu Amerika

Produkthaftung in den USA

In unserer Webinar-Veranstaltung „ Expertenwissen: Produkthaftung in den USA“ am 6. April 2022 erfahren Sie alles Wichtige zum Produkthaftungsrecht in den Vereinigten Staaten.

Vorbemerkung

Jedes Unternehmen, das in die USA exportiert wird, zwangsläufig mit dem Thema „Produkthaftung“ konfrontiert. Denn immer wieder wird in den Medien über spektakuläre Produkthaftungsklagen aus den USA berichtet. Häufig entsteht dabei der Eindruck, dass Unternehmen gezwungen seien, selbst für die abwegigsten Nutzungen ihrer Produkte zu haften. Man denke nur an das berühmte Trocknen der Katze in der Mikrowelle! Allerdings geht es nicht nur um kuriose Fälle, sondern vor allem um exorbitante Schadenssummen, die eingeklagt werden und exportwillige Unternehmen verunsichern.
Auch wenn das Bild vom amerikanischen Produkthaftungsrecht als Schreckgespenst nicht unbedingt der Realität entspricht, wird das US-Produkthaftungsrecht meist als wesentlich risikoreicher angesehen als das europäische. Die nachfolgende IHK-Information klärt über die bestehenden Haftungsrisiken und die Eingrenzung von Gefahrenpotenzialen auf. Neben den rechtlich relevanten Informationen und Tipps zur Risikominimierung erhält der interessierte Leser einen Einblick in die Besonderheiten der Produkthaftungsversicherung für den US-Markt.
Diese IHK-Information wurde mit großer Sorgfalt erarbeitet, eine Haftung für die Richtigkeit kann dennoch nicht übernommen werden.

1. Rechtliche Aspekte

1.1 Anspruchsgrundlagen

In der EU ist durch die Umsetzung der Produkthaftungsrichtlinie sowie die Rom I - und II - Verordnung eine weitestgehende Harmonisierung der Haftung für fehlerhafte Produkte geschaffen worden, das Produkthaftungsrecht ist sich hier recht ähnlich. Außerhalb von Europa hat eine entsprechende Vereinheitlichung nicht stattgefunden. Hier richtet sich die Produkthaftung nach wie vor nach den jeweiligen nationalen Regelungen.
Das US-amerikanische Recht hat hier in der Tat eine eigene Systematik. Es kennt im Wesentlichen drei von einander unabhängige Anspruchsgrundlagen für Produkthaftungsklagen:
  • „Breach of Warranty”: Hierbei handelt es sich um eine vertragliche Haftung dafür, dass ein Produkt bestimmte Eigenschaften besitzt. Sie ist gesetzlich im „Uniform Commercial Code” geregelt und entspricht am ehesten der deutschen Gewährleistungshaftung, ist jedoch verschuldensunabhängig. Voraussetzung der Haftung ist, dass ausdrücklich („express”) oder stillschweigend („implied”) garantierte Eigenschaften nicht eingehalten wurden.
  • „Negligence”: Sie gründet auf der zumindest fahrlässigen Verletzung einer Sorgfaltspflicht und entspricht in etwa dem deutschen § 823 BGB. Diese Haftung ist verschuldensabhängig. Der Kläger hat die volle Beweislast.
  • „Strict Liability in Tort”: Sie ist eine Gefährdungshaftung, die einen Schaden verursachenden Produktfehler voraussetzt. Sie ist mit dem deutschen Produkthaftungsgesetz (PHG) vergleichbar und trifft den Hersteller, Händler und Versender verschuldensunabhängig. Hierzu gibt es keine gesetzliche Regelung, sondern nur Rechtsprechung, sog. „case law”.

1.1.1 Produktfehler

Zu einer Haftung können Herstellungsfehler, Konstruktionsfehler, Instruktionsfehler und die Verletzung einer Produktbeobachtungspflicht führen. Bereits bei der Entwicklung können Fehler unterlaufen, wenn die Konstruktion nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Bei der Herstellung können Fertigungsfehler, die vor Inverkehrbringen nicht beseitigt werden, eine Haftung auslösen. Dies kann auch durch nicht ausreichend kontrollierte Zuliefererteile geschehen. Schließlich können auch fehlerhafte Anweisungen zum sicheren Gebrauch, zur Montage und zur Wartung sowie nicht ausreichende Produktbeobachtung oder eine Unterlassene Rückrufaktion zu einer Haftung führen.
Für eine Haftung muss ein Kausalzusammenhang zwischen einem Produktfehler und einem Schaden bestehen, den der Kläger nachzuweisen hat.

1.1.2 Haftende

Als Grundsatz gilt: Jeder in der Vertriebskette kann für die Haftung herangezogen werden. Für die Produkthaftung kommen in den USA also der Hersteller, der Händler, der Importeur, der Vertragshändler, Zulieferer und unter Umständen auch der Entwickler des Produktes in Betracht. Im Einzelfall kommt – bei schweren Verstößen- nach dem Grundsatz der Organhaftung auch die direkte Veranwortlichkeit der Geschäftsführung in Betracht. Der Kläger hat ein Wahlrecht, wen er verklagen möchte und kann auch mehrere oder alle in Betracht kommenden Gegner verklagen.
Amazon-Haftungsgrundsatz

1.1.3 Haftungsumfang

Ein großer Unterschied zum deutschen Recht ist, dass in den USA nicht der Richter, sondern die „Jury” über den Schadensersatz entscheidet. Sie ist dabei an keine Anträge gebunden. Diese Jury ist zusammengesetzt aus Bürgern jeglicher Herkunft, die über keine juristische Vorbildung verfügen müssen und den Fall eher mit dem gesunden Menschenverstand beurteilen. Der Richter überwacht nur den geordneten Verfahrensablauf.
Es sind verschiedene Arten des Schadensersatzes zu unterscheiden. Ersetzt werden „Direct Damages”, die direkt aus dem Produktfehler herrühren. Daneben kommen immaterielle Schäden in Betracht wie „Pain and Suffering”, „Emotional Distress”, die in etwa dem deutschen Schmerzensgeld entsprechen, und „Lost Income”, der erlittene Verdienstausfall.
Außerdem kommen sogenannte „Punitive Damages” hinzu, ein Strafschadensersatz, der dem deutschen Recht unbekannt ist und der - zumindest nach derzeitiger Rechtslage - in Deutschland nicht vollstreckt wird.
Hinzu können consequential damages kommen, die Folgeschäden betreffen. In den meisten Fällen wird der Strafschadensersatz („Punitive Damages”) den Großteil der Gesamtsumme ausmachen.

1.2 Prozessrecht

1.2.1 Einleitung des Verfahrens und Zustellung

Anders als in Deutschland werden an die Klageeinreichung sehr geringe formale Anforderungen gestellt. Es wird nur eine geringe Verwaltungsgebühr fällig. In der Klageschrift müssen nur das Klageziel unterstützende Behauptungen aufgestellt werden. Die Beweisfindung erfolgt im Prozess.
Für die wirksame Zustellung der Klage genügt in den USA anders als in Deutschland die einfache Postzustellung.
Tipp: Für eine Vollstreckung in Deutschland genügt die Postzustellung nicht. Sie können den wirksamen Zugang damit widerlegen.
Es ist jedoch eine sog. Durchgriffszustellung an die amerikanische Tochtergesellschaft möglich, wenn eine hinreichende Verflechtung mit der deutschen Muttergesellschaft gegeben ist.
Tipp: Um dem Gegner die Möglichkeit der Durchgriffszustellung zu nehmen, sollten Sie klare Strukturen aufbauen und die Gesellschaften klar trennen.
Im Übrigen richtet sich die Zustellung nach dem Haager Zustellungsübereinkommen. Danach muss zunächst die zentrale Behörde in den USA das Dokument an die zentrale Behörde in Deutschland senden. Diese stellt das Dokument dann nach deutschem Recht zu. Hierfür ist eine deutsche Übersetzung des Dokuments erforderlich.

1.2.2 Gerichtszuständigkeit

Die amerikanischen Gerichte sehen ihre eigene Zuständigkeit als sehr weit an. Es muss lediglich ein minimaler Bezug („Minimal Contact”) zu den USA bestehen, um in den USA prozessieren zu können. Die Zuständigkeit kann sich schon aus einer Durchreise durch die USA ergeben („Transient Jurisdiction”).
Tipp: Vermeiden Sie es bei der Gefahr eines Rechtsstreits, ihrem potentiellen Gegner mitzuteilen, dass Sie in die USA reisen, und weisen Sie Ihre Mitarbeiter an, keine Zustellungen entgegenzunehmen, um dem Gegner die Möglichkeit zu nehmen, Sie in den USA zu verklagen.
Eine Zuständigkeit kann sich auch aus einer Geschäftstätigkeit („Doing Business”) in den USA ergeben.
Tipp: Dies können Sie vermeiden, indem Sie externe Vertriebspartner, etc. einsetzen.

1.2.3 Vor dem Prozess: Pretrial Discovery

Eine weitere Besonderheit des amerikanischen Rechts ist die „Pretrial Discovery”. Dabei wird vor Prozessbeginn ein Fragenkatalog zwischen den Parteien ausgetauscht. Die Parteien müssen diese Fragen beantworten und die angeforderten Dokumente dem Gegner übermitteln. Auf Antrag einer Partei kann vom Gericht die Geheimhaltung der Dokumente angeordnet werden. Dies bedeutet jedoch, dass nur die Anwälte und noch nicht einmal die eigene Rechtsabteilung diese sehen darf. Dieses Verfahren wird vom Gericht überwacht und kann durchaus einige Jahre dauern. Das Gericht kann Sanktionen gegen die Partei erlassen, die ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommt.
Da dieses Verfahren in Deutschland weitgehend unbekannt ist, bedarf ein deutsches Unternehmen, das damit in Kontakt kommt, einer besonderen Vorbereitung. Das Management und die betroffenen Abteilungen sind über die bevorstehende Offenlegung zu informieren und über ihre Verhaltenspflichten aufzuklären. Personal ist für die Verwaltung des Verfahrens abzustellen, ein Daten-Raum einzurichten und besonders empfindliche Stellen im Unternehmen sind zu identifizieren. Eine große Anzahl von Übersetzungen kann anfallen. Genehmigungen Dritter für die Offenlegung der Informationen können notwendig werden. Geheimhaltungsbedürftige Abschnitte müssen geschwärzt werden. Zeugen sind vorzubereiten. Dies darf wegen der Bedeutung der Jury nicht unterschätzt werden. Der Zeuge muss über Seriosität und Überzeugungskraft verfügen.

1.2.4 Sachverständige

Im deutschen Recht werden Sachverständige vom Gericht bestellt und nehmen eine neutrale Position ein. In den USA dagegen müssen die Parteien im Prozess die Beweise liefern. Dazu zählt der Sachverständige, der die „Jury” für sich einnehmen muss.
Tipp: Es kommt bei der Auswahl des Sachverständigen also nicht nur auf dessen Fachkompetenz an, sondern auch darauf, dass er überzeugend auftreten kann und sein Fachwissen verständlich präsentieren kann.

1.2.5 Kosten des Verfahrens

Mit dem amerikanischen Anwalt kann ein Stundenhonorar oder ein Erfolgshonorar („Contingency Fee”) vereinbart werden. Im Falle eines Erfolgshonorars erhält der Anwalt nichts, wenn er den Fall verliert. Die Anwaltskosten sind in den USA außerdem von jeder Partei selbst zu tragen. Es findet keine Kostenerstattung wie in Deutschland statt. Betrachtet man dies zusammen mit den niedrigen Gerichtsgebühren, so ist das Kostenrisiko im Prozess für den Kläger sehr gering, wohingegen der Beklagte stets – auch im Falle des Obsiegens – mit Kosten zu rechnen hat.

1.2.6 „Class Action”

Eine weitere Besonderheit des amerikanischen Rechts ist die „Class Action”. Dies bezeichnet den Fall, dass ein Kläger für eine Gruppe von Betroffenen klagt mit dem Ziel eine Entscheidung für alle zu erhalten. Dies erschwert die Verteidigungsmöglichkeit des Beklagten und erhöht das Kostenrisiko. Diese Art der Klage wird teilweise eingesetzt, um den Beklagten zu einem Vergleich zu bewegen.

2. Risk Management

2.1 Verringerung des Haftungsrisikos

Der sicherste Weg, um das Haftungsrisiko zu reduzieren ist, Produktfehler zu vermeiden und sichere Produkte anzustreben. Bei dennoch entstehenden Fehlern muss die Verlagerung der Haftung angestrebt oder Ansprüche abgewehrt werden.

2.1.1 Fehlervermeidung

Bereits bei der Entwicklung muss bedacht werden, dass in den USA von einem niedrigeren Kenntnisstand der Produktanwender auszugehen ist. Eine Risiko- und Gefährdungsanalyse ist durchzuführen. Eine robuste Konstruktion, die Montage, Anwendung und Wartung einfach macht, ist anzustreben und durch Sicherheitsaudits nachzuweisen.
Bei der Fertigung kann die Qualität am besten durch ständige Dokumentation, die einen Nachweis der Qualitätskontrolle ermöglicht, sichergestellt werden.
Auch fehlerhafte Instruktion kann zu einer Haftung führen. Dies kann sich zum Einen aus einer Bedienungsanleitung ergeben (s. u. 2.2); zum Anderen kann auch schon verharmlosende, übertreibende oder beschönigende Werbung eine Haftung auslösen.
Nach Inverkehrbringen des Produktes bestehen Produktbeobachtungspflichten des Herstellers. Bei Erkennen sicherheitsrelevanten Defekten ist die Produktion anzupassen, gegebenenfalls Warnungen auszusprechen und die auf dem Markt befindlichen Produkte zurückzurufen. Bei Verbraucherprodukten besteht daneben eine Meldepflicht bei der CPSC („Consumer Product Safety Commision).
Tipp: Auch Verbraucher können der CPSC Schäden melden. Verstöße gegen Meldepflichten können zu hohen Strafen führen. Am schwersten wird aber der dadurch ausgelöste Imageschaden wiegen. Die Produktbeobachtung ist also unbedingt sorgfältig durchzuführen.

2.1.2 Verlagerung der Haftung

Eine Verlagerung der Haftung kann zum einen durch Abschluss einer Produkthaftversicherung und einer Rückrufversicherung (s. u.3.) geschehen. Zudem können Vereinbarungen mit Lieferanten und Kunden getroffen werden, wie etwa eine Haftungsfreistellung. Um die Schadensanfälligkeit der Produkte zu verringern, bieten sich Qualitätssicherungsvereinbarungen mit Lieferanten an.
Zuweilen wird vorgebracht, dass alleine die Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft in den USA und die Abwicklung des Geschäfts ausschließlich über diese Tochtergesellschaft genügt, um die deutsche Muttergesellschaft von Haftungsansprüchen frei zu halten (sog. “Abschirmeffekt”). Der Gedankengang ist grundsätzlich richtig, im US-Produkthaftungsrecht gibt es jedoch die Besonderheit, dass es nach den Grundsätzen des Piercing of the Corporate Veil dennoch in vielen Fällen zu einer Durchgriffshaftung kommen kann.

2.1.3 Abwehr von Ansprüchen

Zur Verteidigung sollte der Rat amerikanischer Anwälte und Sachverständiger herangezogen werden. Wichtig ist es auch, frühzeitig mit der Datensammlung zu beginnen, damit im Ernstfall alle Details vorliegen. Um in der Öffentlichkeit ein gutes Bild abzugeben, kann es helfen, wenn das deutsche Management sich vor Ort begibt, um zu zeigen, dass der Vorfall ernst genommen wird.

2.2 Bedienungsanleitungen

Die falsche oder unverständliche Bedienungsanleitung kann in den USA auch zu einer Haftung führen. Deshalb dürfen deutsche Bedienungsanleitungen nicht einfach übersetzt werden, sondern müssen dem amerikanischen Markt angepasst werden.

2.2.1 Relevante Normen in den USA

Zwar existiert ein Beschluss des Rates (1999/78/EG) zur gegenseitigen Anerkennung der Konformitätsbewertungsverfahren zwischen der EU und den USA; danach liegt im Bereich der Produktsicherheit eine grundlegende Übereinstimmung vor bei Produkten, bei denen die Konformität nach europäischen Normen bestätigt wurde. In den USA sind daneben jedoch darüber hinaus gehende technische Regelungen sowie das höhere Haftungsrisiko zu berücksichtigen.
Die OSHA („Occupational Safety & Health Administration”) erlässt Richtlinien und Verordnungen mit Gesetzeskraft. Diese können auf der Homepage der OSHA eingesehen werden: http://www.osha.gov/.
Daneben gibt es eine Vielzahl von Institutionen, die Qualitätsstandards, teils branchenspezifisch, festsetzen, wie zum Beispiel die NEMA („National Electrical Manufacturers Association”, Standards: http://www.nema.org/standards/), die UL („Underwriters Laboratories”, Standards: http://www.ul.com/info/standard.htm) und die NFPA („National Fire Protection Association”, Standards: http://www.nfpa.org).
Produktübergreifende Standards für Bedienungsanleitungen stellt das ANSI („American National Standards Institute”, Standards: http://webstore.ansi.org/ansidocstore/default.asp) auf. Für Bedienungsanleitungen relevant ist die Norm ANSI Z535.6 („Product Safety Information in Product Manuals, Instructions, and Other Collateral Materials”). Diese Norm wird für Begleitinformationen wie Betriebsanleitungen, Bedienungsanleitungen, Montageanleitungen und Gebrauchsanweisungen verwendet. Sie findet keine Anwendung, sofern speziellere Normen greifen, die etwa für ein Produkt direkt gelten.
Die Norm ANSI Z535.6 ist die wichtigste Norm für Sicherheitshinweise in den USA. Dort werden verschiedene Warnzeichen festgelegt, die in einer Bedienungsanleitung eingebracht werden können. Ein solches Zeichen besteht aus fünf Komponenten: einem Gefahrzeichen, einer Warnstufe, der Angabe der Art und Quelle der Gefahr („type of hazard”), der Angabe der Folgen („potential consequences of the hazard”) sowie der Angabe von Maßnahmen, Verboten und Geboten („evasive/avoidance actions to be taken”). Es gibt vier Ebenen der Warnstufen: „Notice” (Hinweis), „Caution” (Vorsicht), „Warning” (Warnung) und „Danger” (Gefahr). In der Norm ist genau festgelegt in welcher Farbe und in welchem Layout diese verwendet werden dürfen.

2.2.2 Gestaltung von Bedienungsanleitungen

Auf dem US-amerikanischen Markt sind Dokumente mit mehr als drei Hierarchiestufen unüblich. Die Verwendung mehrstufiger Anleitungen (zum Beispiel 3.2.2.1.6) kann aus der Sicht eines US-amerikanischen Gerichts zur Unverständlichkeit der Anleitung führen. In den USA gibt es keine Facharbeiterausbildung wie in Deutschland, so dass weniger Vorkenntnisse vorausgesetzt werden dürfen. Die Anleitungen sollten Schritt für Schritt detaillierter und in mehr Schritten als in Deutschland üblich gefasst sein. Abkürzungen und technischer Fachjargon sollten vermieden werden. Es sollten Abbildungen verwendet und beschrieben werden. Besondere Sorgfalt ist an den Tag zu legen, wenn das Produkt direkt an einen Verbraucher verkauft wird und ganz besonders dann, wenn es von Kindern verwendet werden soll.
Zu beachten ist auch, dass in den USA ein anderes Maßsystem verwendet wird. Einheiten sind unbedingt umzurechnen:
Einheit Deutsch Abk. Größe Meter
inch
Zoll
in.
2,54 cm
0,025 400 m
foot
Fuß
ft.
12 inch
3,05 dm
0,304 800 m
yard
Schritt
yd.
3 foot
9,14 dm
0,914 400 m
Bei der Wahl eines Übersetzers sollte ein Muttersprachler beauftragt werden, der in den USA lebt und damit zielgruppengerecht formulieren kann.

3. Versicherung

3.1 Versicherungsschutz bei Außenhandel

Geschäftsreisen, Messen und Ausstellungen sowie indirekte Exporte sind in der Regel in jeder deutschen Police enthalten. Direkte Exporte und Montagen müssen dagegen ausdrücklich eingeschlossen werden. Aufgrund des erhöhten Haftungsrisikos in den USA werden Exporte dorthin auch bei Mitversicherung von weltweiten direkten Exporten nur auf besonderen Antrag hin versichert. Montagen sind bei der Mitversicherung von direkten Exporten in die USA meist mit eingeschlossen. Die Prämien für diese Fälle liegen wesentlich höher als der deutsche Satz.
Tipp: Achten Sie darauf, den Versicherungsschutz nicht nur für das Jahr des Exports abzuschließen, sondern auch darüber hinaus. Das exportierte Produkt kann auch noch nach mehreren Jahren Schäden verursachen, so dass es zu einer Nachhaftung kommen kann.
Eine deutsche Rückrufkostenpolice muss auf die USA ausgedehnt werden.

3.2 Deckungsumfang und Selbstbehalt

Bei Personenschäden wird grundsätzlich ein Selbstbehalt von mindestens 10.000 Euro vereinbart.
Betriebsstätten in den USA werden vom deutschen Versicherungsschutz nicht erfasst. Dazu zählen Repräsentanzen, Läger, Produktions- oder Vertriebsniederlassungen. Diese müssen in den USA versichert werden. Dort existieren eigene Pflichtversicherungen. Außerdem ist so gewährleistet, dass die Police dem amerikanischen Recht entspricht und der deutsche Deckungsumfang unangetastet bleibt.
Dasselbe gilt für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten von ausländischem Personal.
Anders als in Deutschland werden bei Verfahren in den USA die Verfahrenskosten nicht zusätzlich zur Versicherungssumme gezahlt, sondern auf diese angerechnet.

3.3 „Punitive damages” und „Exemplary damages”

„Punitive damages” und „Exemplary damages” dienen nicht dem Schadensausgleich, sondern haben einen bestrafenden bzw. erziehenden Charakter. Da dies ein vorwerfbares Verhalten des zum Schadensersatz verurteilten impliziert, sind diese Arten des Schadensersatzes weder von Deutschland aus, noch in den USA versicherbar.

3.4 Versicherungssumme

Die Versicherungssumme für Personenschäden sollte mindestens zwei Millionen Euro betragen.
Im Falle einer „Indemnification Clause” (Freistellungsklausel), durch die sich der amerikanische Händler von Schadenersatzansprüchen freistellen lässt, ist diese unbedingt der Versicherungsgesellschaft mitzuteilen, da sich daraus eine Erhöhung der Police ergeben kann. Erfolgt keine Mitteilung an die Versicherung, kann dies einen Verstoß gegen die Bedingungen der Police darstellen. Es kann zu einer Deckungslücke kommen.
Soll ein amerikanischer Händler im Vertrag des deutschen Händlers mitversichert werden („Vendors Endorsment”), muss dies bei der Versicherungssumme Berücksichtigung finden, da sonst die Deckung des Herstellers aufgebraucht werden kann.
Tipp: Generell empfiehlt es sich, jegliche Absprachen mit amerikanischen Händlern oder Versicherern, die die Haftung betreffen, mit der deutschen Versicherung abzusprechen, um keine Deckungslücke zu riskieren.

3.5 US-amerikanische Haftpflichtversicherungen

Man sollte den US-amerikanischen Partner verpflichten, eine Produkthaftungsversicherung für den amerikanischen Markt abzuschließen. Eine andere Möglichkeit ist es, zu versuchen, sich gegen Kostenerstattung in der Versicherung des US-amerikanischen Partners als Mitversicherten mit einschließen zu lassen.
Sollte dies nicht funktionieren, muss eine amerikanische Versicherung abgeschlossen werden. Auf dem amerikanischen Versicherungsmarkt gibt es ebenso wie in Deutschland Pflichtversicherungen. Der allgemeinen Haftpflichtversicherung entspricht die „Commercial General Liability”. Die in Deutschland über die Berufsgenossenschaft abgesicherten Fälle eines Arbeitnehmerunfalls und der Arbeitgeberhaftpflicht werden in den USA von der „Workers Compensation” und der „Employers´ Liability” aufgefangen. Eine der Kfz-Haftpflicht entsprechende Versicherung ist die „Business Auto”.
Neben dieser Grundabsicherung kann auch in den USA eine Erweiterung des Versicherungsschutzes vereinbart werden.
In den USA werden Versicherungen in der Regel durch Versicherungsmakler vermittelt. Amerikanische Geschäftspartner werden einen Makler empfehlen können. Anfragen für eine Versicherung werden vom Makler an die Versicherung weitergeleitet; die Versicherung erstellt sodann ein Angebot.
Größte Sorgfalt ist darauf zu verwenden, die Prämien pünktlich zu zahlen, da bei Nichtzahlung die Vertragsaufhebung erfolgen kann.
US-amerikanische Policen verlängern sich nicht automatisch, sondern gelten in der Regel nur ein Jahr. Der Kunde erhält vor Ablauf der Police ein Verlängerungsangebot.

3.6 Erfordernis einer Produkthaftpflichtversicherung beim Verkauf über die US-Plattform von Amazon Marketplace

Seit August 2021 müssen Unternehmen, die ihre Waren über das US-amerikanische Amazon-Marketplace verkaufen und dort einen Monatsumsatz von 10.000 USD überschreiten, den Abschluss einer US-Produkthaftpflichtversicherung nachweisen. Zudem muss Amazon Marketplace in der Versicherungspolice als Versicherungsnehmer eingetragen sein. Begleitend dazu hat die Handelsplattform den Dienst “ Amazon Insurance Accelerator” eingeführt, eine eigene Versicherungsvermittlungsplattform für die erforderliche Produkthaftpflichtversicherung.
Amazon Marketplace informiert selbst zum Thema: “Verkäufer sind nicht verpflichtet, einen Anbieter innerhalb von Amazon Insurance Accelerator zu nutzen; sie können sich weiterhin bei jedem qualifizierten Versicherungsanbieter ihrer Wahl versichern lassen.”
In der Praxis steht jedoch bislang noch nicht fest, welche konkreten Anforderungen an den Begriff “qualifizierter Versicherungsanbieter” gestellt werden. Zumindest soll aber auch eine deutsche Versicherungspolice genügen, sofern diese auch US-Produkthaftpflichtschäden erfasst.
Die neuen Vorgaben werden als Reaktion von Amazon Marketplace auf verschärfte US-Verbraucherschutzvorgaben gegen die Handelsplattform gesehen. Seit August 2021 haben Verbraucher einen direkten Entschädigungsanspruch bis  1.000 USD, wenn ihnen ein defektes Produkt verkauft wurde, das Sach- oder Personenschäden verursachte.

3.7 Fazit

Wer in anderen Ländern tätig ist, sollte sich auch dort vor Ort versichern. Nur so ist sichergestellt, dass der Versicherungsschutz den lokalen Anforderungen entspricht. Außerdem kann so vermieden werden, dass die deutsche Deckung von ausländischen Schäden aufgezehrt wird.
Corona

Arbeitsrechtliche Fragen rund um das Coronavirus

Stand: November 2022
Die Corona-Pandemie wirft noch immer eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Fragen auf, die wir Ihnen hier beantworten wollen.
Update: Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung wurde zum 1. Oktober 2022 neu gefasst und gilt bis einschließlich 7. April 2023. In Baden-Württemberg wurde die Corona-Verordnung Absonderung mit Wirkung zum 16. November 2022 deutlich geändert. Informationen zu diesen Änderungen finden Sie im Text. 

Welche Schutzmaßnahmen müssen Arbeitgeber aktuell treffen? 

Arbeitgeber sind nach wie vor verpflichtet, auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung (§§ 5, 6 Arbeitsschutzgesetz) Maßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz in einem betrieblichen Hygienekonzept festzulegen und bei Bedarf zu aktualisieren. Dies sollte möglichst unter Beteiligung der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des betreuenden Betriebsarztes erfolgen. Existiert im Betrieb ein Betriebsrat, ist das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Absatz 1 Nummer 7 Betriebsverfassungsgesetz zu beachten. 
Das betriebliche Hygienekonzept ist den Beschäftigten in geeigneter Weise zugänglich zu machen. 
Nach § 2 Absatz 2 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung müssen Arbeitgeber eigenverantwortlich prüfen und entscheiden, ob und welche der nachstehend aufgeführten Schutzmaßahmen, die sich bewährt haben, erforderlich sind: 
  1. die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen zwei Personen, 
  2. die Sicherstellung der Handhygiene
  3. die Einhaltung der Hust- und Niesetikette
  4. das infektionsschutzgerechte Lüften von Innenräumen, 
  5. die Verminderung von betriebsbedingten Personenkontakten (z.B. Einteilung der Belegschaft in möglichst kleine Teams, die dauerhaft zusammenarbeiten bei gleichzeitiger Vermeidung von Kontakten zu Mitgliedern anderer Arbeitsgruppen, Vermeidung oder Begrenzung der gleichzeitigen Nutzung von Innenräumen durch mehrere Personen, Videokonferenzen statt Präsenztreffen, versetzte Zeiten für Arbeitsbeginn und -ende sowie für Pausen),
  6. das Angebot gegenüber Beschäftigten, geeignete Tätigkeiten in ihrer Wohnung auszuführen, wenn keine betriebsbedingten Gründe entgegenstehen, 
  7. das Angebot an Beschäftigte, die nicht ausschließlich von zuhause arbeiten, sich regelmäßig kostenfrei auf COVID 19 zu testen.
Kriterien für die Prüfpflicht können beispielsweise sein: 
  • Kontakthäufigkeiten und -dauern 
  • Belegungsdichte der Räume und Abstände zwischen Personen 
  • Art und Intensität der Kontakte 
  • Lüftungssituation 
  • regionales sowie branchenspezifisches Infektionsrisiko 
Die folgende Maßnahmen schreibt die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung verbindlich vor: 
  • Maskenpflicht (medizinische Gesichtsmasken oder FFP2-Masken) bei Unterschreiten des Mindestabstands von 1,5 Metern oder bei tätigkeitsbedingten Körperkontakten sowie bei gleichzeitigem Aufenthalt mehrerer Personen in Innenräumen, sofern die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass technische und organisatorische Schutzmaßnahmen zum Schutz der Beschäftigten nicht ausreichen, 
  • Arbeitgeber hat den Beschäftigten zu ermöglichen, sich ggf. auch während der Arbeitszeit gegen COVID 19 zu impfen
  • Arbeitgeber hat die Betriebsärzte und die überbetrieblichen Dienste von Betriebsärzte, die Schutzimpfungen durchführen, organisatorisch und personell zu unterstützen
  • Arbeitgeber muss im Rahmen der Unterweisung über die Risiken einer COVID-19-Erkrankung aufklären und über die Möglichkeiten einer Schutzimpfung informieren
Weitere Hinweise für die praktische Umsetzung enthalten insbesondere: 

Ist der Arbeitgeber verpflichtet Homeoffice anzubieten?

Nach aktueller Gesetzeslage haben Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch darauf, im Homeoffice zu arbeiten, und Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, Homeoffice anzubieten. 
Etwas anderes kann sich aus einer vertraglichen Regelung im Arbeitsvertrag oder aus einer Kollektivvereinbarung (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) ergeben. 
Nach der bis zum 7. April 2023 geltenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung hat der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen, ob er Beschäftigten anbietet, geeignete Tätigkeiten in ihrer Wohnung auszuführen, sofern keine betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Eine generelle Verpflichtung, arbeitgeberseitig Homeoffice anzubieten oder ein solches Angebot arbeitnehmerseitig anzunehmen, besteht aber nicht. 
Welche Rahmenbedingungen beim Homeoffice in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsschutz, Unfallversicherung, Steuern und Kosten sowie Datenschutz gelten, erfahren Sie im Artikel Homeoffice und mobiles Arbeiten der IHK Kassel-Marburg

Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er aufgrund einer Infektion mit dem Corona-Virus arbeitsunfähig erkrankt?

Ist ein Arbeitnehmer aufgrund einer Infektion mit dem Corona-Virus tatsächlich erkrankt, gelten die gesetzlichen Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Der Arbeitnehmer muss den Arbeitgeber unverzüglich über seine Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer unterrichten. Sofern nichts anderes vereinbart ist, muss der Arbeitnehmer spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen bzw. die Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen lassen. 
Nach § 3 EFZG hat der Arbeitnehmer, dem aufgrund einer Krankheit die Erbringung seiner vertraglichen Arbeitsleistung nicht möglich ist, gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Lohnfortzahlung für grundsätzlich bis zu sechs Wochen.
Dieser Anspruch besteht jedoch nur dann, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht auf einem Verschulden des Arbeitnehmers beruht. Fraglich und derzeit umstritten ist, ob der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung bei einer Covid-19-Infektion eines Mitarbeiters, der eine ihm angebotene Corona-Schutzimpfung abgelehnt hat, verweigern kann. Umstritten ist insbesondere, ob die Wertungen zu den Entschädigungszahlungen im Quarantänefall nach § 56 Absatz 1 IfSG analog für das Verschulden im Rahmen des § 3 EFZG herangezogen werden können.
Dies wird man nicht ohne Weiteres annehmen können. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) muss der Arbeitnehmer für das Vorliegen eines Verschuldens „in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise“ verstoßen haben. An dieses „Verschulden gegen sich selbst“ werden demnach sehr hohe Anforderungen gestellt. Zudem ist zu beachten, dass der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Tatsachen trägt, die den Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausschließen. Es bleibt abzuwarten, wie die Arbeitsgerichte in dieser Frage entscheiden werden.

Was gilt bei einer Infektion ohne krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit? 

Update November 2022: Das Sozialministerium Baden-Württemberg hat die Isolationsregeln für COVID-19-Infizierte ab 16. November 2022 aufgehoben. Wer künftig in Baden-Württemberg positiv auf das Corona-Virus getestet wird, muss sich ab dem 16. November 2022 nicht mehr wie bisher verpflichtend für mindestens fünf Tage in häusliche Isolation begeben. Die neuen Regelungen sehen bei positiv getesteten Personen vielmehr grundsätzlich eine Maskenpflicht außerhalb der eigenen Wohnung vor. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Internetseite der Landesregierung
Arbeitsrechtlich bedeutet dies, dass infizierte Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zur Arbeitsleitung im Betrieb herangezogen werden können, soweit sie nicht erkrankt sind. 
Mit Blick auf den Arbeitsschutz sollte der Arbeitgeber für diesen Fall Schutzmaßnahmen im betrieblichen Hygienekonzept festlegen (z.B. Homeoffice, sofern möglich, Anweisung der Arbeitnehmer, bei eigener Kenntnis von einer eigenen Infektion im Betrieb eine Maske zu tragen und sich von Arbeitskollegen möglichst fernzuhalten). 
Der Arbeitgeber könnte auch darauf verzichten, infizierte Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung heranzuziehen. Ist der Arbeitnehmer aber arbeitswillig und bietet er seine Arbeitsleistung an, könnte es in diesem Fall aber ggf. zu einer Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers ohne Arbeitsleistung kommen. 
Wer aufgrund einer COVID-19-Infektion in Isolation musste und während dieser Zeit nicht arbeitsunfähig erkrankt war, erhielt unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung nach § 56 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG)
Update November 2022: Mittlerweile hat Baden-Württemberg jedoch die Isolationspflicht aufgehoben, so dass für alle Arbeitnehmer, die sich ab dem 16. November 2022 mit dem Corona-Virus infizieren, kein Entschädigungsanspruch mehr besteht. Weitere Informationen hierzu finden Sie in den FAQ der Landesregierung zu Entschädigungen wegen Absonderung und Kinderbetreuung.

Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Betreuung des Kindes?

Muss der Arbeitnehmer das Kind betreuen, weil das Kind etwa am Corona-Virus erkrankt ist oder weil der Kindergarten oder die Schule aufgrund behördlicher Maßnahmen gesperrt ist, könnte er einen Anspruch auf bezahlte Freistellung haben. 
Ein solcher Anspruch könnte sich zunächst aus § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergeben. Diese Vorschrift regelt einen Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn der Arbeitnehmer für eine “verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit” seine Arbeitsleistung unverschuldet aus Gründen nicht erbringen kann, die in seiner Person liegen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn er zur Pflege seines erkrankten Kindes oder zur Betreuung des Kindes im Falle einer Kita- oder Schulschließung zu Hause bleiben muss, weil eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nicht gegeben ist. Dieser Vergütungsanspruch ist aber zeitlich beschränkt. Die Rechtsprechung geht in der Regel von einem Zeitraum von wenigen Tagen aus (ca. fünf Tage).  Dauert die Verhinderung länger, entfällt der Vergütungsanspruch nach § 616 BGB insgesamt. Die Regelung könnte zudem  von vornhinein durch arbeits- oder tarifvertragliche Regelung eingeschränkt oder vollständig ausgeschlossen sein. 
Ist die zeitliche Beschränkung des § 616 BGB überschritten oder die Regelung vertraglich ausgeschlossen, können gesetzlich versicherte, berufstätige Eltern nach  § 45 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V)  Kinderkrankengeld in Höhe von 90 Prozent ihres Nettoverdienstes bei ihrer jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse beanspruchen. Die Dauer der bezahlten Freistellung hängt davon ab, ob sich die Eltern das Sorgerecht teilen oder alleinerziehend sind. Im Jahr 2022 und 2023 besteht der Anspruch pro Elternteil und je Kind für längstens 30 Tage bzw. 60 Tage für Alleinerziehende; bei mehreren Kindern für maximal 65 Arbeitstage pro Elternteil bzw. 130 Arbeitstage bei Alleinerziehenden. 
Die  Voraussetzungen für das Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V sind: 
  • Es besteht gegen den Arbeitgeber kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung (etwa aus § 616 BGB).
  • Der betreffende Elternteil ist gesetzlich krankenversichert mit Krankengeldanspruch und das erkrankte Kind ist ebenfalls gesetzlich versichert (privat versicherte Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld). 
  • Die Pflegebedürftigkeit des Kindes wird durch ärztliches Attest bestätigt. 
  • Das erkrankte Kind ist jünger als 12 Jahre oder – wenn es älter ist – behindert und hilfsbedürftig. 
  • Es besteht keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit für das erkrankte Kind, d.h., die Eltern müssen zunächst alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, die Kinderbetreuung anderweitig sicherzustellen. 
Bis einschließlich 7. April 2023 können Eltern nach der Sonderregelung des § 45 Absatz 2a SGV V auch dann Kinderkrankengeld beanspruchen, wenn ihr Kind nicht krank ist, aber  andere Fälle von Betreuungsengpässen bestehen und eine Betreuung zu Hause erforderlich ist: Wenn die Einrichtung zur Betreuung des Kindes (Kindertageseinrichtung, Hort oder Kindertagespflegestelle), die Schule oder die Einrichtung für Menschen mit Behinderungen pandemiebedingt behördlich geschlossen ist, eingeschränkten Zugang hat oder die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt wurde. Dies gilt auch, wenn einem Kind aufgrund eines Schnelltestergebnisses der Besuch der Einrichtung oder Schule untersagt ist oder das Kind die Einrichtung auf Empfehlung von behördlicher Seite nicht besucht. 
Weitere Informationen hierzu finden Sie in den FAQ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zu Kinderkrankentagen und zum Kinderkrankengeld, auf der Internetseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, in den  FAQ der Landesregierung zu Entschädigungen wegen Absonderung und Kinderbetreuung sowie bei den  zuständigen Krankenkassen

Darf der Arbeitgeber im Falle von Kurzarbeit den Urlaub kürzen?

Zu der Frage, wie sich Kurzarbeit „Null“ und anteilige Kurzarbeit auf den Urlaubsanspruch auswirkt, gibt es aktuelle arbeitsgerichtliche Entscheidungen.
Kurzarbeit Null:
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 12.03.2021 (Az. 6 Sa 824/20) entschieden, dass die klagende Arbeitnehmerin für den Zeitraum von drei Monaten, an denen sie wegen Kurzarbeit „Null“ durchgehend nicht gearbeitet hat, keine Urlaubsansprüche nach § 3 Bundesurlaubsgesetz erworben hat. Der Jahresurlaub stünde ihr daher nur anteilig im gekürzten Umfang zu, so das Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Folgt man dieser Rechtsprechung, verkürzt sich also für jeden vollen Monat der Kurzarbeit „Null“ der Urlaubsanspruch um 1/12 kraft Gesetzes, ohne dass es hierfür einer entsprechenden Vereinbarung bedarf.
Update 30.11.2021: Dieser Fall lag dem Bundesarbeitsgericht (BAG) zur höchstrichterlichen Klärung vor, welches nunmehr mit Urteil vom 30.11.2021 (Az.: 9 AZR 225/21) dem Arbeitgeber Recht gab. Noch sind die Entscheidungsgründe dieses Urteils nicht veröffentlicht. Der Pressemitteilung des BAG ist zu entnehmen, dass der Arbeitgeber den Jahresurlaub anteilig kürzen kann, wenn einzelne Arbeitstage aufgrund von Kurzarbeit vollständig ausfallen.
In einer weiteren Sache entschied das BAG, dass diese Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn die Kurzarbeit wirksam aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeführt worden ist (Urteil vom 30.11.2021, Az. 9 AZR 234/21).
Anteilige Kurzarbeit:
Wenn in einem Unternehmen keine Kurzarbeit "Null", sondern nur anteilig Kurzarbeit, etwa Kurzarbeit an einzelnen Tagen, angeordnet ist, darf der Arbeitgeber nach jüngster Entscheidung des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 08.06.2021 (Az. 3 Ca 108/21) den Jahresurlaub der Beschäftigten nicht anteilig kürzen.

Wer beantwortet mir Fragen zur Kurzarbeit und zum Kurzarbeitergeld?

Wo finde ich weitere Informationen?

Hinweis: Die Informationen und Auskünfte der IHK Region Stuttgart sind ein Service für ihre Mitgliedsunternehmen. Sie erhalten nur erste Hinweise und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Sie können eine Beratung im Einzelfall (z.B. durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Unternehmensberater etc.) nicht ersetzen.
Recht und Steuern

Gewerberaummiete in Zeiten von Corona

Stand: April 2022

Viele Fragen bewegen seit Beginn der Pandemie Mieter und Vermieter gleichermaßen. Nachfolgend soll auf ein paar dieser Fragen eingegangen werden.

1. Muss die Miete weiterhin gezahlt werden?

Der Grundsatz lautet: Ja, Verträge sind weiterhin einzuhalten. Sind alle Möglichkeiten des Dialogs zwischen Mieter und Vermieter ausgeschöpft, sprich es wurde die Möglichkeit einer Stundung oder Mietanpassung in Betracht gezogen, aber ausgeschlossen, fügt sich die nächsten Fragestellungen an.
Im Streitfall muss glaubhaft gemacht werden, dass die Miete aufgrund der Pandemie derzeit nicht gezahlt werden kann. Dies geschieht in der Regel durch entsprechende Nachweise. Sollten etwaige Vereinbarungen getroffen werden, empfiehlt es sich zwingend diese schriftlich festzuhalten.

2. Was kann passieren, wenn die Miete nicht bezahlt wird?

Wenn keine Vereinbarungen über eine Stundung oder Reduzierung der Miete getroffen wurden, die Miete aber trotz Fälligkeit nicht bezahlt wurde, befindet sich der Mieter in Verzug. Der Vermieter kann somit Verzugszinsen geltend machen. Für eine außerordentliche Kündigung genügt es, wenn der Mieter bereits für zwei aufeinanderfolgende Fälligkeitszeiträume mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug gerät.

3. Was hat es mit der „Störung der Geschäftsgrundlage“ auf sich?

Der Bundestag hatte bereits 2020 beschlossen eine Änderung in § 7 zu Art. 240 EGBGB vorzunehmen. In dieser Änderung wurde klargestellt, dass die Corona-Pandemie zu einer Störung der Geschäftsgrundlage im Gewerbemietverhältnis führen kann (Bundesgesetzblatt, Teil I, vom 30.12.2020, Seite 3332). Gleiches ist entsprechend auf Pachtverhältnisse anzuwenden
Folgende Regelung zur Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen wurde in § 7 Abs. 1 zu Art. 240 EGBGB Störung aufgenommen:
Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Die Vermutung ist zum Beispiel in Fällen widerleglich, in denen der Mietvertrag zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, in dem eine pandemieartige Ausbreitung des Coronavirus in der breiten Öffentlichkeit bereits absehbar war.
Die Vermutung gilt nur für ein Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB. Die weiteren Merkmale des § 313 Abs. 1 BGB bleiben unberührt.
Vereinfacht ausgedrückt enthält § 313 BGB einen Rechtsanspruch auf Anpassung eines Vertrags nur dann, wenn alle folgenden vier Voraussetzungen gegeben sind:
  1. Schwerwiegende Veränderung der Umstände nach Vertragsschluss
  2. Die Störung darf nicht in den Risikobereich einer Partei fallen
  3. Die unveränderte Vertragsdurchführung muss unzumutbar sein und
  4. Die Parteien hätten diesen Vertrag so nicht geschlossen, wenn sie diese Konstellation vorausgesehen hätten.
Das Fehlen oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage führen nicht zur Auflösung des Vertrages sondern zur Anpassung seines Inhalts an die veränderten Verhältnisse. Maßgebliches Kriterium ist die Zumutbarkeit; eine Interessensabwägung ist erforderlich. Die Anpassung trifft nicht kraft Gesetzes ein. Die Parteien haben zunächst über die Anpassung zu verhandeln. Führen die Verhandlungen zu keinem Ergebnis oder verweigert der andere Teil seine Mitwirkung kann das Gericht angerufen werden. Die Klage setzt voraus, dass der Kläger sich erfolglos um eine vertragliche Anpassung bemüht hat. Die Vertragsauflösung kommt nur in Betracht, wenn die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar ist. Dies ist grundsätzlich der Fall wenn eine Anpassung sinnlos oder undurchführbar ist. Die bloße Verweigerung einer Partei genügt hier nicht.
Im Streitfall ist die Krux, dass das Vorliegen aller Voraussetzungen durch diejenige Partei zu beweisen ist, die sich auf die Regelung beruft. Vor Gericht muss also dargelegt und unter Beweis gestellt werden, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Die Beweislage erschwert sich durch die Frage: Ab wann ist das unveränderte Festhalten am Vertrag für eine Partei unzumutbar? Hier muss auf die Risikozuweisung und Zumutbarkeit abgestellt werden.
Zu beachten ist zudem, dass allgemeine und mietrechtliche Gewährleistungs- und Gestaltungsrechte vorrangig gegenüber § 313 BGB gelten – ein Umstand, der nicht geändert werden soll.

4. Anpassung des Vertrages – Was sagt die höchstgerichtliche Rechtsprechung?

Wie der Bundesgerichtshof am 12.01.2022 entschied, begründet eine hoheitliche Betriebschließungsanordnung eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB (hierzu mehr unter Punkt 4). Allerdings kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wie viel Miete zu bezahlen ist. Eine pauschale 50:50-Lösung wurde vom BGH abgelehnt.

Die Maßnahmen im ersten Lockdown 2020 hätten die sog. „große Geschäftsgrundlage“ gestört. Darunter ist die Erwartung der Vertragsparteien zu verstehen, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern. Diese Erwartung sei “schwerwiegend gestört“ worden.

Das Auftreten einer solchen Situation allein berechtige allerdings noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Es kommt auch darauf an, dass den Vertragspartnern unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten an dem unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Bei der Betrachtung der jeweiligen Umstände muss darauf geachtet werden, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um drohende Verluste zu minimieren. Ebenfalls relevant sind ggf. ausgezahlte staatliche Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile. Auch mögliche Leistungen aus Betriebsversicherungen müssen von den Gerichten berücksichtig werden. Außen vor bleiben hierbei jedoch staatliche Unterstützungsmaßnahmen auf Basis eines Darlehens.

Bei einer möglichen Auseinandersetzung muss nun anhand dieser Maßstäbe von den Gerichten geprüft werden, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung für die Mieterinnen und Mieter haben und ob diese dann gegebenenfalls eine Anpassung des Vertrags erforderlich machen.

Die Pressemitteilung finden Sie auf der Webseite des Bundesgerichtshofs. Dort steht Ihnen das Urteil auch als Download zur Verfügung.

5. Welche anderen Möglichkeiten der Vertragsauflösung bestehen?

Dadurch, dass es sich hier um Geschäfte unter Unternehmern handelt, gelten auch besondere Regelungen. Die Grundsätze, die beispielsweise aus der Wohnraummiete Anwendung finden, können teilweise abbedungen werden. Auch hier ist die Devise: Schauen Sie zuerst, welche Regelungen in Ihrem Mietvertrag getroffen wurden.
Die zweite Möglichkeit nach der Anpassung des Vertrages würde im Rücktritt vom Vertrag bestehen. Hier sind jedoch gesetzlich einige Anforderungen zu stellen, die in vielen Fällen nicht erfüllt werden (vgl. §§ 326 Abs. 5, 323 BGB). Es muss zudem für die Vertragsparteien unmöglich sein, über die Pandemie hinaus am Vertragsverhältnis festhalten zu können. Hier wird auf die Zumutbarkeit abgestellt. Es wird daher auch teilweise angenommen, dass die Pandemie für beide Vertragsparteien zumutbar ist. Hier kommt es wieder auf die Betrachtung des Einzelfalles an. Ein Recht zur Kündigung wird aber vorrangig für die Mietparteien als Möglichkeit in Betracht kommen.
Dementsprechend wäre die dritte Möglichkeit die Lösung durch Kündigung des Mietvertrages. In der Regel kommt die ordentliche Kündigung zur Anwendung. Bitte beachten Sie auch hierzu: Regelungen im Vertrag gehen vor. Bei der Geschäftsraummiete kommt § 580a Abs. 2 BGB zu tragen: Spätestens am 3. Werktag eines Kalenderviertels zum Ablauf des nächsten Kalenderviertels ist die Kündigung zulässig. Bei Pachtverträgen kommt § 584 Abs. 1 BGB zur Anwendung: Die Kündigung ist zum Schluss eines Pachtjahres zulässig; Sie hat spätestens am 3. Werktag des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll. Von diesen Bestimmungen bleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung unberührt.
Hinweis: Sollten Sie Maßnahmen treffen wollen, sollten Sie sich unbedingt vorab juristischen Rat einholen. Bitte lassen Sie zuvor von einen Rechtsanwalt Ihren Vertrag prüfen, um entsprechende Maßnahmen einleiten zu können.
Aktuelles aus der Lohnsteuer

Sachbezugswerte 2023

Stand: Januar 2023
Der Bundesrat hat am 25. November 2022 der 13. Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung zugestimmt. Mit BMF-Schreiben vom 23. Dezember 2022 wurden die neuen Sachbezugswerte veröffentlicht.
Damit wird der Monatswert für Verpflegung ab dem 1. Januar 2023 auf 288 Euro steigen. Für verbilligte oder unentgeltliche Mahlzeiten an Arbeitnehmer sind ab diesem Zeitpunkt für ein Frühstück 2,00 Euro und für ein Mittag- oder Abendessen 3,80 Euro anzusetzen.
Der Monatswert für Unterkunft und Miete beträgt ab dem 1. Januar 2023 265 Euro.
Erstmalige Anwendung der Sachbezüge 2023
Die neuen Sachbezugswerte 2023 können bereits ab dem ersten Abrechnungsmonat des Jahres 2023 angewendet werden.
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK Region Stuttgart – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Reminder

Prüfberichte und Negativerklärungen FinVermV

Der Gewerbetreibende ist nach § 24 Abs. 1 der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) verpflichtet, die Einhaltung der aus den §§ 12 bis 23 FinVermV resultierenden Pflichten auf seine Kosten regelmäßig für jedes Kalenderjahr durch einen geeigneten Prüfer prüfen zu lassen und den Prüfungsbericht bis zum 31. Dezember des Folgejahres bei der örtlich zuständigen Erlaubnisbehörde einzureichen.

1. Wann muss ein Prüfungsbericht erstellt werden?

Ein Prüfungsbericht muss immer dann erstellt werden, wenn der Gewerbetreibende im Berichtszeitraum Finanzanlagenvermittlung oder –beratung im Sinne des § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO durchgeführt hat. Beachten Sie bitte:
  • Es gibt keine Bagatell- oder Billigkeitsgrenze:
    Bereits bei nur einer Anlagevermittlung und/oder –beratung im Kalenderjahr muss ein Prüfungsbericht erstellt werden.
  • Prüfungsberichtspflicht auch ohne Vermittlungserfolg/Umsatz:
    Die Prüfungsberichtspflicht entsteht bereits mit der ersten Kundenberatung zu Finanzanlageprodukten im Sinne von § 34f Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO) im Kalenderjahr, gleichgültig ob bei Bestands- oder Neukunden. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob ein (neuer) Vertrag vermittelt und hierbei ein Provisionserlös erzielt wurde.

2. Wer darf einen Prüfungsbericht erstellen?

Geeignete Prüfer sind nach § 24 Abs. 3 FinVermV Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften sowie bestimmte Prüfungsverbände (Einschränkung: Prüfung ist gesetzlicher oder satzungsmäßiger Zweck des Verbandes / Prüfung nur für Mitglieder). Mit der Prüfung können nach § 24 Abs. 4 FinVermV auch andere Personen betraut werden, die öffentlich bestellt oder zugelassen worden sind und die aufgrund ihrer Vorbildung und Erfahrung in der Lage sind, eine ordnungsgemäße Prüfung durchzuführen. Zu diesem Personenkreis zählen Steuerberater, Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie für dieses Gebiet nach § 36 GewO öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige.
Ungeeignet sind Prüfer, bei denen die Besorgnis der Befangenheit besteht, das heißt wenn Umstände vorliegen, die die Unabhängigkeit des Prüfers gefährden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn nahe Beziehungen zwischen dem Prüfer und dem zu Prüfenden bestehen. Dies können verwandtschaftliche, persönliche oder auch wirtschaftliche Beziehungen sein, zum Beispiel bei einer finanziellen oder kapitalmäßigen Bindung des Prüfers gegenüber dem zu prüfenden Finanzanlagenvermittler.
Hinweis: Ein Steuerberater ist nicht bereits deshalb befangen und somit ungeeignet, weil er für den Vermittler auch steuerberatend tätig ist und Steuererklärungen fertigt.

3. Welche Aussagen muss ein Prüfungsbericht enthalten? Gibt es Standards?

Geprüft wird, inwieweit sich der Gewerbetreibende an die Vorgaben der §§ 12-23 FinVermV gehalten hat. Die Prüfung erfolgt auf der Grundlage der gemäß § 22 FinVermV anzufertigenden Aufzeichnungen. Darüber hinaus können weitere Unterlagen wie Verträge, Korrespondenzen, Buchungsunterlagen sowie die vom Gewerbetreibenden geführten Konten zur Einsichtnahme herangezogen werden. Der Prüfungsbericht hat folgende Informationen zu enthalten:
  • zum Prüfer (Geeignetheit, Befangenheit),
  • zu Art und Umfang der durchgeführten Geschäfte (Beachtung von § 34f Abs.1 GewO),
  • zu den organisatorischen Vorkehrungen (Beachtung der Verbote, Anzeige-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nach §§ 20 bis 23 FinVermV),
  • zur Einhaltung der Verhaltenspflichten (§§ 12 bis 18 FinVermV - Aushändigung der Erstinformation, Ausweisung der Kosten et cetera),
  • zu den im Betrieb Beschäftigten (organisatorische Vorkehrungen für die Einhaltung der Pflichten nach §§ 12 bis 18 FinVermV durch den/die Beschäftigten) und
  • einen Prüfvermerk (Angabe, ob und ggf. welche Verstöße festgestellt wurden).
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) hat für die Prüfung den IDW PS 840 n.F. entwickelt. Außerdem ergeben sich Hinweise für den Prüfungsaufbau aus der Muster-Verwaltungsvorschrift zum § 34f GewO.

4. Sind Sammelprüfungsberichte möglich?

§ 24 FinVermV sieht eine Erleichterung der Berichtspflicht für Gewerbetreibende vor, die als Untervermittler ausschließlich für eine Vertriebsgesellschaft (Strukturvertrieb) tätig sind. In diesem Fall ist eine Systemprüfung des Obervermittlers in Verbindung mit stichprobenhaften Prüfungen des Untervermittlers möglich. Jedoch muss sichergestellt werden, dass im Rahmen eines Rotationsprinzips mindestens alle vier Jahre jeder Untervermittler einer Einzelprüfung unterzogen wird. Dabei darf für den Vermittler nicht vorhersehbar sein, wann er das nächste mal der Einzelprüfung unterliegt. Neben dem Prüfbericht ist eine Ausschließlichkeitserklärung des Gewerbetreibenden vorzulegen.
Der Prüfer hat in der Systemprüfung festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Erstellung eines Systemprüfungsberichts erfüllt sind. Die Prüfung bezieht sich auf die Angemessenheit und Wirksamkeit des internen Kontrollsystems (IKS) der Vertriebsgesellschaft zur Einhaltung der Verpflichtungen gemäß § 12 bis 23 FinVermV durch die Untervermittler. Hierzu muss die Vertriebsgesellschaft einen einheitlichen Beratungsprozess, Formulare und Vertragsmuster sowie einheitliche Dokumentation vorgeben. 
Sofern ein Gewerbetreibender in einem Berichtsjahr den Obervermittler wechselt und in der Folge für eine andere Vertriebsgesellschaft tätig wird, sollte eine Ausfertigung bzw. Kopie des Systemprüfungsberichts sowie jeweils eine Erklärung des Gewerbetreibenden über den maßgeblichen Zeitraum vorgelegt werden.
Bitte beachten Sie, dass eine solche Systemprüfung nur durch einen eingeschränkteren Kreis an Prüfern durchgeführt werden darf. Nach den rechtlichen Vorgaben sind dies zum Beispiel Wirtschaftsprüfer, aber anders als bei Einzelprüfungen ist der Steuerberater dazu nicht berechtigt.

5. Negativerklärung

Sofern der Gewerbetreibende im Kalenderjahr keinerlei Finanzanlagenvermittlung oder –beratung im Sinne des § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO durchgeführt hat, kann die Pflicht zur Vorlage eines Prüfberichts entfallen.
In diesem Fall ist kein Prüfungsbericht vorzulegen. Der Gewerbetreibende hat allerdings eine entsprechende Erklärung darüber einzureichen, dass er im Kalenderjahr keine Tätigkeit nach § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO ausgeübt hat (sog. Negativerklärung). Die Mitwirkung eines Pflichtprüfers ist nicht erforderlich. Die Negativerklärung ist der Erlaubnisbehörde unaufgefordert und schriftlich bis spätestens 31. Dezember des Folgejahres vorzulegen. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben. Möglich ist die Verwendung der eingestellten Mustererklärungen (rechts unter Downloads).
Bitte beachten Sie: Eine Negativerklärung ist nicht möglich, wenn
  • der Gewerbetreibende für einen Obervermittler beratend/vermittelnd tätig wurde,
  • eine Anlageberatung, aber keine Vermittlung mit Provisionserlös durchgeführt wurde,
  • eine Vermittlung in nur geringem Umfang stattgefunden hat oder
  • im Rahmen der Bestandsverwaltung lediglich eine Verkaufsempfehlung abgegeben wurde.
In diesen Fällen muss ein Prüfbericht angefertigt und rechtzeitig an die zuständige Erlaubnisbehörde/IHK übermittelt werden.
Bitte beachten Sie, dass das Berichtsjahr eingetragen ist.
Die Negativerklärung ist grundsätzlich vom Gewerbetreibenden selbst abzugeben und nicht vom Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer.

6. Verstöße

Wer einen Prüfungsbericht oder eine Negativerklärung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt, begeht nach § 26 Abs. 1 Nr. 14 FinVermV eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro geahndet werden kann. Werden in einem Prüfungsbericht Verstöße gegen die §§ 12 bis 23 FinVermV festgestellt, kann es zur Verhängung einer Geldbuße nach § 26 FinVermV kommen.
Ein mehrmaliger Verstoß gegen die Vorlagepflicht des Prüfungsberichtes kann die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Frage stellen. Dies gilt ebenso für Fälle, in denen schwerwiegende oder systematische Verstöße des Gewerbetreibenden gegen die prüfungsrelevanten Verpflichtungen oder Verbote der §§ 12 bis 23 FinVermV festgestellt werden. In diesen Fällen droht neben der Verhängung einer Geldbuße nach § 26 FinVermV auch ein Widerruf der Erlaubnis nach § 34f GewO.
Bitte beachten Sie: Nach § 24 Abs. 2 FinVermV ist die zuständige Behörde ermächtigt, eine Sonderprüfung auf Kosten des Gewerbetreibenden durch einen von ihr zu bestimmenden Prüfer anzuordnen. Eine derartige Prüfung kann unter anderem in Betracht kommen, wenn der Prüfungsbericht den Anforderungen nach § 24 Abs. 1 offensichtlich nicht genügt oder wenn sich seit dem Zeitpunkt der Übermittlung des Prüfungsberichts Anlass zu der Annahme ergeben hat, dass der Gewerbetreibende nicht mehr zuverlässig ist, oder wenn der Prüfer nicht die nach § 24 Abs. 3 oder 4 erforderliche Eignung besitzt.

7. Wo und bis wann sind Prüfungsberichte/Negativerklärungen einzureichen?

Die Prüfungsberichte/Negativmitteilungen sind bis spätestens 31. Dezember des Folgejahrs bei der zuständigen Erlaubnisbehörde vorzulegen. In den Bundesländern mit IHK-Zuständigkeit ist an die örtlich zuständigen IHKs zu adressieren. In den Bundesländern, in denen weiterhin die Stadt- und Landkreise für diese Aufgabe verantwortlich sind, müssen die Prüfungsberichte/Negativmitteilungen den entsprechenden Gewerbebehörden übermittelt werden.
In der Region Stuttgart niedergelassene Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater senden den/die jeweilige/-n Prüfbericht/Negativerklärung bitte an:
IHK Region Stuttgart
Referat 44
Jägerstr. 30
70174 Stuttgart
Stand: Juni 2022
Recht und Steuern

Änderungen im Kaufrecht ab 2022

Zum Ende der aktuellen Legislaturperiode hat der Gesetzgeber nochmals mehrere Gesetzesvorhaben verabschiedet. Unser Merkblatt Neue Händlerpflichten bei digitalen Inhalten geht besonders auf die Bereitstellung von Waren mit digitalen Elementen und Dienstleistungen sowie über den Handel mit digitalen Waren ein.
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz für faire Verbraucherverträge vom 25.06.2021 sowie zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags vom 25.06.2021 die Novellierung des Kaufrechts und somit Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) beschlossen.
Die Änderungen gelten vorwiegend für Verträge, die ab 1. Januar 2022 abgeschlossen werden.
Die Regelungen gelten vorwiegend für den Bereich Verbraucherverträge (B2C). Jedoch haben die Änderungen im BGB auch Auswirkungen auf Geschäfte unter Unternehmern (B2B).
Die wichtigsten Elemente sind die Neuregelung des Sachmangelbegriffs in § 434 BGB-neu, die Einführung einer Sache mit digitalem Inhalt in den §§ 475b ff. BGB-neu inklusive einer Aktualisierungspflicht und die Verlängerung der Beweislastumkehr in § 477 BGB-neu. Daneben sieht das Gesetz weitere Anpassungen vor. Hierzu gehören unter anderem die konkretisierenden Ergänzungen der Sonderbestimmungen für Garantien, die Neugestaltung des Ausschlusses von Mängeln bei Kenntnis des Käufers und die praktische Streichung des Fristsetzungserfordernisses bei Verbrauchsgüterkäufen.
Nachfolgend haben wir die Änderungen im BGB für Sie in einer Übersicht dargestellt.
§ 308 - Abtretungsverbot
Um Verbrauchern die Übertragbarkeit ihrer Ansprüche zu sichern, soll das AGB-Recht in § 308 Nr. 9 BGB-neu geändert werden: Danach soll ein neues Klauselverbot für Abtretungsverbote eingefügt werden. Bei auf Geld gerichteten Ansprüchen soll hiernach die Abtretung künftig nicht mehr durch AGB allgemein ausgeschlossen werden können. Verbraucher sollen ihre Ansprüche gegen den Unternehmer an Dritte abtreten können. Das Inkrafttreten ist bereits auf den 01.10.2021 datiert. Es sollten umgehend bestehende Verträge und AGB angepasst werden.

§ 309 - Laufzeitklauseln
Ein weiteres Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit soll in § 309 Nr. 9 BGB-neu hinzugefügt werden. Demnach sollen Laufzeitvereinbarungen künftig als Erstlaufzeiten von über einem Jahr bis zu zwei Jahren sowie Verlängerungen von über drei Monaten bis zu einem Jahr nur bei Beachtung zusätzlicher Anforderungen wirksam vereinbart werden können. Zudem soll die Kündigungsfrist für den Verbraucher auf einen Monat verkürzt werden.

Demnach sollen automatische Vertragsverlängerungen von mehr als drei Monaten nur noch dann zulässig sein, wenn Unternehmen ihre Vertragspartner vorher auf ihre Kündigungsmöglichkeit hingewiesen haben. Eine stillschweigende Vertragsverlängerung ist künftig nur noch dann erlaubt, wenn diese auf unbestimmte Zeit erfolgt und eine Kündigung jederzeit mit Monatsfrist möglich ist.

§ 312k - Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr
Verträge, die über das Internet abgeschlossen werden, sollen künftig auch online gekündigt werden können. Im Gesetz wurde nunmehr verankert, dass dafür ein „Kündigungsbutton“ auf der Webseite eines Unternehmens platziert werden muss. Stichtag für das Inkrafttreten ist der 01.07.2022.

§ 434 - Sachmangelbegriff
Nach der Neufassung des § 434 BGB ist eine Sache zukünftig frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang sowohl den subjektiven (Beschaffenheitsvereinbarung) als auch den objektiven Anforderungen (Branchenüblichkeit und Kundenerwartung) entspricht. Daneben werden Anforderungen an die Montage, bei Waren mit digitalen Inhalten an die Installierbarkeit, geregelt (§ 475b Abs. 2 BGB). Das objektive Fehlerverständnis ist bereits auch jetzt im Sachmangelbegriff zu finden. Die Vereinbarung über die Beschaffenheit obliegt den Parteien. Andererseits wird die Bedeutung des Sachmangelbegriffs durch Merkmale, wie z.B. die gewöhnliche Verwendbarkeit oder die übliche Beschaffenheit und den Montageanforderungen weiter geprägt. Dementsprechend wird zukünftig mehr denn je auf die durchschnittliche Käufererwartung abgestellt. Eine vertragliche Abweichung wird künftig nur noch unter hohen Anforderungen möglich sein (vgl. § 476 Abs. 1 S. 2 BGB-neu).

§ 439 - Nacherfüllung
In § 439 BGB wird für den Fall der Nachlieferung eine Verpflichtung zur Rücknahme des mangelhaften Gegenstandes auf eigene Kosten ergänzt. D. h. in § 439 Abs. 5 BGB wird die Obliegenheit des Käufers aufgenommen, dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung am Erfüllungsort der Nacherfüllungsverpflichtung zur Verfügung zu stellen. § 439 Abs. 6 BGB wird dahingehend ergänzt, dass es die Pflicht des Verkäufers ist, die im Wege der Nacherfüllung ersetzte Sache auch zurückzunehmen.

§§ 445a, 445b, 478 BGB - Lieferantenregress
Es wurde die Erweiterung des Regresses auf die Rücknahmekosten hinzugefügt, neben der Ersatzpflicht des Lieferanten für Aufwendungen des Verkäufers gegenüber dem Käufer wegen Verletzung einer Aktualisierungspflicht nach § 475b Abs. 4 BGB sowie die Abschaffung der Höchstgrenze der Ablaufhemmung von 5 Jahren seit Ablieferung der Sache vom Lieferanten an den Verkäufer nach § 445b Abs. 2 BGB.

§ 475 – Anwendbare Vorschriften beim Verbrauchsgüterkauf
Die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten bei Kenntnis von Mängeln wird durch § 442 BGB im Kaufrecht grundsätzlich ausgeschlossen. In § 475 Abs. 3 BGB-neu sollen nunmehr für den Verbrauchsgüterkauf abweichende Vereinbarungen ergänzt werden. Damit können Verbraucher künftig auch Mängelrechte geltend machen, obwohl sie den Mangel bei Vertragsschluss kannten.

Nach § 475 Abs. 5 BGB-neu muss die Nacherfüllung für den Verbraucher nicht nur unentgeltlich, sondern auch innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten erfolgen.

Hinzu kommt die Einführung von Sonderbestimmungen für die Rückabwicklung des Kaufvertrags nach Rücktritt (§ 475 Absatz 6-neu). Darin erfolgt eine Definition grundlegender Mindestanforderungen für die Rückabwicklung des Kaufvertrags nach der Vertragsbeendigung wegen eines Mangels der Kaufsache: Verkäufer hat Kosten der Rückgabe der Sache zu tragen; Verkäufer den Kaufpreis zurückzuerstatten, sobald er die Sache zurückerhält bzw. der Käufer den Nachweis über die Rücksendung erbringt.

§§ 475b - 475e  – Regelungen des Verbrauchsgüterkaufvertrags über digitale Produkte
Bitte beachten sie nunmehr die Abgrenzung zwischen den Mangelbegriffen und die Neustrukturierung des Gewährleistungsrechtes:
  • Analoge Kaufsache, §§ 434 ff. BGB-neu
  • Kaufsache mit digitalem Element, §§ 434 ff., 475b ff., 327 ff. BGB-neu
  • Digitale Produkte, §§ 327d ff. BGB-neu
Daher vorab zur Kontrollfrage – Wo befindet sich der Mangel: An der Ware selbst (Hier tritt die kaufrechtliche Gewährleistung ein nebst Verbrauchsgüterkaufrecht) oder im Gegenzug an den enthaltenen oder verbundenen digitalen Produkten, sodass die nachfolgenden Vorschriften entsprechend Anwendung finden.

§ 475b Abs. 1, 2 BGB:
Definiert den Sachmangel einer Ware mit digitalen Elementen: Eine Ware, die digitale Produkte in einer solchen Weise enthält oder mit diesen verbunden ist, dass sie ihre Funktionen ohne Letztere nicht erfüllen kann, vgl. § 327a Abs. 3 Nr. 1 BGB-neu. Ein Beispiel hierzu kann dem Gesetzesentwurf entnommen werden: Wird in der Werbung angegeben, dass ein Smart-TV eine bestimmte Video-Anwendung enthält, so ist diese Video-Anwendung als Bestandteil des Kaufvertrags anzusehen.

§ 475b Abs. 3, 4 BGB:
Auch nach Gefahrübergang ist die Bereitstellung von Aktualisierungen erforderlich, soweit dies vereinbart oder üblicherweise zu erwarten ist. Ein Unterlassen stellt einen Sachmangel darf. Für die Frage, über welche Dauer der Verbraucher legitimierweise Aktualisierungen erwarten kann, können Werbeaussagen, die zur Herstellung der Ware verwendeten Materialien sowie der Kaufpreis zählen. Je höherwertig die Ware ist, desto länger darf mit Aktualisierungen gerechnet werden. Eine Rolle spielt dabei auch die übliche Nutzungs- und Verwendungsdauer von Waren der gleichen Art.

§ 475b Abs. 5 BGB:
Schließt unter Umständen die Haftung des Unternehmers aus, wenn der Verbraucher die Aktualisierung nicht installiert.

§ 475c BGB:
Nach § 475c II BGB haftet der Unternehmer dann während des Bereitstellungszeitraums, mindestens aber für zwei Jahre nach Ablieferung der Ware dafür, dass diese den Anforderungen des § 475b II BGB an die Sachmangelfreiheit entspricht.

§ 475d BGB:
Die Voraussetzungen für den Rücktritt und die Minderung werden gesenkt. Nach § 475d BGB ist eine aktive Fristsetzung des Verbrauchers nicht mehr erforderlich. Der Verbraucher kann bereits zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, wenn er den Verkäufer vom Mangel unterrichtet und dieser in einer angemessenen Frist nicht nacherfüllt hat. Außerdem ist im Falle eines besonders schwerwiegenden Mangels ein sofortiger Rücktritt möglich. Auch bei den Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung nach § 281 BGB bedarf es der Fristsetzung dann nicht.

§ 475e BGB:
Enthält Regelungen zur Verjährung, insbesondere wichtige Fälle der Ablaufhemmung zur effektiven Geltendmachung der Verjährung bzw. zur Prüfung der Sache im Falle der Nacherfüllung.

§ 476 - Abweichende Vereinbarungen zum Verbrauchsgüterkauf
Die Einführung besonderer Anforderungen an die Vereinbarung einer Abweichung von objektiven Anforderungen an die Kaufsache wird eingeführt, § 476 Absatz 1 BGB-neu. Um den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, beim Kauf gebrauchter Sachen die Haftungsdauer rechtssicher durch Vereinbarung zu verkürzen, soll § 476 BGB entsprechend den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs angepasst und den Parteien erlaubt werden, sich auf eine Gewährleistungsfrist, die den Zeitraum von einem Jahr nicht unterschreiten darf, zu einigen. Allerdings werden die formellen Voraussetzungen für eine entsprechende Vereinbarung erheblich erhöht. Auch insoweit soll erforderlich sein, dass der Verbraucher über die kürzere Verjährungsfrist eigens in Kenntnis gesetzt und diese ausdrücklich und gesondert im Vertrag vereinbart wird. Jedoch besteht weiterhin beim Verbrauchsgüterkauf neuer Sachen ein Verbot von haftungsbeschränkenden Vereinbarungen zulasten des Verbrauchers, § 476 Abs. 1 Nr. 2 BGB-neu.

§ 477 - Beweislastumkehr
Die Verlängerung der Beweislastumkehr bei Mängeln wird von 6 Monate auf ein Jahr angehoben, § 477 Absatz 1 BGB-neu. Bei gebrauchten Sachen soll wieder eine Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr zugelassen werden. Verkäufer müssen beim B2C-Kauf künftig nicht – wie bisher – nur in den ersten sechs Monaten, sondern zwölf Monate nach Übergabe der Kaufsache beweisen, dass die Kaufsache mangelfrei war. Die Beweislastverlängerung im B2C-Geschäft hat damit eine empfindliche Verschärfung zulasten des Verkäufers erfahren. Die gesetzliche Vermutung kann zwar – wie bisher – widerlegt werden, etwa wenn der Verkäufer nachweisen kann, dass der Mangel durch unsachgemäße Behandlung oder durch Verschleiß entstanden ist. Eine solche Beweisführung kann aber aufwendig und schwierig sein. Die Verdoppelung der Frist auf ein Jahr wird den Handel deshalb aller Voraussicht nach mit mehr Streitfällen und höheren Kosten belasten.

§ 479 - Garantien
Die Bestimmungen für Garantien wurden weiterhin ergänzt. Nach § 479 Abs. 3 BGB muss eine Garantie künftig mindestens den Umfang des gesetzlichen Nacherfüllungsanspruchs haben.

Nutzen Sie die Zeit bis zum Jahreswechsel!
Handelsunternehmen sind nun gefordert, die zahlreichen neuen gesetzlichen Regelungen in der Praxis umzusetzen. Das betrifft nicht nur die vorgenannten Neuerungen. Auch bei der Garantie, dem Verkauf von gebrauchten Waren, Unternehmerrückgriff sowie in verschiedener anderer Hinsicht sind neue gesetzlichen Vorgaben zu beachten. Allgemeine Geschäftsbedingungen sollten deshalb überprüft, das Verkaufspersonal geschult, das Beschwerdemanagement angepasst und die Vertragsverhältnisse in Bezug auf Hersteller und/oder Lieferanten mit Blick auf die Neuregelungen angepasst werden. Um Rechtsnachteile zu vermeiden, sollten die notwendigen Maßnahmen möglichst bis zum Inkrafttreten des neuen Kaufrechts am 1. Januar 2022 umgesetzt werden.
To-Do`s zur Umsetzung der neuen Regelungen:
  • Update bestehender Geschäftsmodelle, Verträge, Widerrufsbelehrungen und AGB
  • Aktualisierungen sicherstellen durch Informationen an den Verbraucher nebst entsprechenden Anpassungen der bestehenden Lieferverträge
  • Prozesse, Wertschöpfungskette anpassen hinsichtlich der neuen Bedingungen
Rechtsfragen und Antworten

Brexit-Handelsabkommen: Q&A zu Recht, Entsendungen und Verträgen

Nach Vollzug des Brexit haben sich die Unterhändler der EU und des UK auf ein  Handels- und Kooperationsabkommen (TCA Trade and Cooperation Agreement) geeinigt. Das Abkommen hat das Rechtsverhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU grundlegend neu gestaltet.

Was bedeutet das Abkommen für grenzüberschreitende Dienstleistungen? Sind Dienstreisen weiterhin möglich?

Mit Stichtag 1. Januar 2021 können sich EU-Bürger und Briten nicht mehr auf die durch EU-Recht garantierte Dienstleistungsfreiheit berufen. Das neue Handelsabkommen schafft hier kaum Erleichterungen: Zwar enthält das Abkommen in Artikel 4.4 des Dienstleistungskapitels eine allgemeine Regelung, dass grenzüberschreitende Dienstleistungen weiterhin erlaubt sind – sieht jedoch für den Aufenthalt im anderen Land unter anderem eine Zeitbegrenzung, Qualifikationsvoraussetzungen und Branchenbeschränkungen vor. Der „ Lizenzfinder” der britischen Behörden hilft bei der Ermittlung der neuen Zugangsschranken. Was die Kranken- und Sozialversicherung betrifft, konnten sich EU und das Vereinigte Königreich auf eine Weitergeltung der Zusammenarbeit verständigen. Das bedeutet im Grundsatz: Eine entsendete Person ist auch nach dem 1. Januar 2021 im anderen Land automatisch sozialversichert. Europäische Nachweisbescheinigungen werden dabei weiterhin anerkannt. Auch die A1-Bescheinigung gilt vorbehaltlich eines neuen Bescheingungsformulars unter unten genannte Voraussetzungen weiterhin.

Für die konkrete Einreise wurde geregelt: Für einfache Geschäftsreisen ohne „öffentliche Leistungserbringung” bis 6 Monate ist grundsätzlich kein gesondertes Einreisevisum notwendig. Darunter fallen beispielsweise Tätigkeiten wie die Teilnahme an Seminaren, Vertragsverhandlungen/ -unterzeichnungen oder Markterkundungsreisen. Die britischen Behörden haben einen Katalog für diese privilegierten Tätigkeiten zusammengestellt. Auch „sachnahe Dienstleistungen” (die Dienstleistung muss mit einem vorher abgeschlossenen Kauf- oder Mietvertrag der Sache zusammenhängen) sind miterfasst. Für alle übrigen Geschäftsreisen und für alle Geschäftsreisen über 6 Monate gelten neue Vorschriften: In einem punktebasierten System (PBS) wird anhand von Faktoren wie persönliche Fähigkeiten, Sprachkenntnisse, Höhe des Einkommens oder die Branche über die Arbeits- und Niederlassungserlaubnis entschieden. In vielen Fällen ist auch eine sogenannte „ Sponsorship Licence” des britischen Auftraggebers notwendig. Das britische Behördenportal hat die entsprechenden Informationen zu den neuen Visabestimmungen zusammengestellt. Für die meisten mit Entgelt verbundenen Dienstreisen kommt das sogenannte “Skilled Worker Visum” in Betracht. Zur einfachen Überprüfung, ob für Ihre Geschäftsreise ein Visum notwendig ist, haben die britischen Behörden einen “ Visa-Check” zur Verfügung gestellt.
Die neuen Einreisebestimmungen sollten ernst genommen werden. Verstöße gegen das neue Einreiserecht können mit Inhaftierung, Geldbuße und Eintrag im persönlichen Immigrationsregister geahndet werden. Insbesondere letzteres hat die Konsequenz, dass die generelle Reisefreiheit einschränkt und auch die Rückkehr in das Vereinigte Königreich erschwert werden kann. Auch versicherungstechnisch wird allgemein davon ausgegangen, dass die Firma ein großes Risiko eingeht, wenn das Personal illegal in das Vereinigte Königreich geschickt wird und ein Versicherungsfall eintritt.
Eine Entsendemeldung ist nicht erforderlich. Auch gibt es kein Höchstkontingent an Entsendetagen, wie beispielsweise bei Entsendungen in die Schweiz.
Für Personen, die vor Ende des Übergangszeitraums am 31.12.2020 ins Vereinigte Königreich entsandt wurden, gelten bis zum Ende der Entsendung (max. 24 Monate) die bisherigen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit weiter. Dies gilt, solange sich die Person ohne Unterbrechung in der bis 31.12.2020 bestehenden Situation befunden hat. Die Entsendung wird dann wie bisher durch die A1-Bescheinigung nachgewiesen.
Für Personen, die ab dem 01.01.2021 neu entsandt werden, gelten die bisherigen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit nur dann weiter, wenn
  • die Person/-en von einem Arbeitgeber entsandt werden, der eine nennenswerte Geschäftstätigkeit im Vereinten Königreich ausübt,
  • der Einsatz voraussichtlich 24 Monate nicht überschreitet und
  • keine zuvor entsandte Person abgelöst wird.
Zum Nachweis einer Entsendung im Rahmen dieses Abkommens wird während eines Übergangszeitraums mangels neuer Bescheinigung zunächst weithin eine A1-Bescheinigung ausgestellt.

Gibt es eine Art „Bestandsschutz” für bisherige Grenzgänger?

Das Austrittsabkommen schützt nach seinem Wortlaut „alle Unionsbürger, die ihr Recht als Grenzgänger im Vereinigten Königreich vor Ende des Übergangszeitraums im Einklang mit dem Unionsrecht ausgeübt haben und danach weiter ausüben”. Arbeitnehmer und Selbständige, behalten ihr Recht am Arbeitsmarkt teilzunehmen bzw. selbständig erwerbstätig zu sein. Eng im Zusammenhang damit steht das Recht, in den Arbeitsstaat einzureisen und aus dem Arbeitsstaat auszureisen. Verwaltungstechnisch ist jedoch hierfür die Beantragung eines sogenannten Frontier Worker Permit notwendig. Beantragen kann es, wer außerhalb des Vereinigten Königreichs wohnt und vor dem 31. Dezember 2020 im Vereinigten Königreich gearbeitet hat. An den Begriff des Arbeitens sind allerdings Anforderungen geknüpft. Vereinzelte / isolierte Aktivitäten wie zum Beispiel die Unterzeichnung eines Vertrages oder die Beteiligung an einem Vorstellungsgespräch genügen nicht. Die Arbeit muss „ genuine and effective“ gewesen sein, also - in etwa - authentisch und relevant.

Gibt es Veränderungen in Bezug auf rechtliche Standards und den Verbraucherschutz?

Mit Blick auf rechtliche Standards gilt: Damit britische Firmen gegenüber EU-Firmen keinen unfairen Vorteil auf dem EU-Markt haben, müssen sie weiterhin ähnliche Vorgaben unter anderem bei Umweltschutz und im Arbeitsrecht einhalten. Die künftigen Standards sollen dabei nach Artikel 1.1 des Kapitels über Faire Wettbewerbsbedingungen nicht unter jene sinken, die derzeit gelten. Sollte eine der beiden Seiten ihre Standards so ändern, dass sie daraus einen unfairen Vorteil ziehen kann, soll das Gleichgewicht mithilfe einer Schiedslösung wiederhergestellt werden. In der Praxis bedeutet dies, dass sich im Hinblick auf Verbraucherschutz, Arbeitsschutz- und Umweltstandards zunächst einmal nicht viel ändern wird. Sollte die EU hier jedoch in Zukunft die Standards verschärfen, ist das Vereinigte Königreich nicht gezwungen, das Schutzniveau gleichermaßen anzuheben.

Was wurde im Hinblick auf gemeinsame Warenstandards vereinbart?

Entgegen dem britischen Wunsch enthält das Abkommen keine gegenseitige Zertifizierung der Warenstandards. Somit könnte eine britische Prüfanstalt ein Produkt nur für das Vereinigte Königreich zulassen, nicht aber für den Verkauf im EU-Gebiet. Der Hersteller müsste von EU-Institutionen eine zweite Zulassung einholen. Auch werden die gegenseitigen Standards für Tierprodukte nicht automatisch anerkannt, was vor allem beim Import in die EU den Kontrollaufwand erhöht. Bereits vorher klargestellt wurde, dass ab dem 1. Januar 2021 das neue UKCA-Label gilt, welches das bisherige CE-Kennzeichen ersetzen soll. Rechtmäßig mit einer CE-Kennzeichnung versehene Produkte dürfen in Großbritannien weiterhin für einen begrenzten Zeitraum bis 31. Dezember 2021 in Verkehr gebracht werden, sofern EU- und GB-Anforderungen übereinstimmen. Für die Marktzulassung in Großbritannien ab 1. Januar 2023 wird dann jedoch nur noch das UKCA-Label akzeptiert. Die ursprünglich bis 1. Januar 2022 geltende Frist wurde um ein weiteres Jahr verlängert. Die Übergangsfrist gilt jedoch nicht für Medizinprodukte. Die britische Auslandshandelskammer informiert in einem Merkblatt zur neuen Rechtslage der Warenstandards.

Enthält das Abkommen auch Berufsanerkennungsregelungen?

Im Abkommen finden sich keine Regelungen zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen. Ärzte, Ingenieure oder Architekten und andere Berufsgruppen mit einer entsprechenden Zulassung dürfen ihren Beruf nicht mehr automatisch im Vereinigten Königreich bzw. in der EU ausüben. Ihre Qualifikation muss gesondert beantragt und bestätigt werden, basierend auf den britischen Regeln für die Anerkennung von Qualifikationen aus Drittstaaten. Zwar gibt es Ausnahmen für Geschäftsreisen und befristete Entsendungen. Doch eine automatische Anerkennung gibt es grundsätzlich nicht mehr. Grundsätzlich haben sich das Vereinigte Königreich und die EU jedoch verständigt, hier einen Anerkennungsmechanismus einzuführen.

Was passiert mit Verträgen, die ich bereits mit britischen Geschäftspartnern abgeschlossen habe?

Für Verträge gilt: Abgeschlossene Verträge sind nach dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ einzuhalten. Mit dem Brexit ist – trotz Handelsabkommen – wieder die grundsätzliche Pflicht zur Ein- und Ausfuhranmeldung entstanden. Verträge müssen deswegen analyisiert und es muss ermittelt werden, wen die neuen Pflichten treffen. Helfen kann es, wenn man sich vorher auf eine Incoterms® -Klausel verständigt hat. In der Regel lässt sich dann ermitteln, wen die neuen Pflichten treffen. Im Artikel zu den Incoterms® werden die Regelungen der einzelnen Klauseln dargestellt. Haben Brexit und Handelsabkommen schwerwiegende Veränderungen für das Vertragsverhältnis gebracht, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich auf das Rechtsinstitut der „Störung der Geschäftsgrundlage“ zu berufen. Rechtsfolge ist dann nach § 313 BGB ein Anspruch auf Vertragsanpassung oder auch die Möglichkeit eines Rücktritts vom Vertrag. An die Stelle des Rücktritts würde bei Dauerschuldverhältnissen die Möglichkeit einer vorzeitigen Vertragskündigung gemäß §§ 313 Absatz 3 Satz 2, 314 BGB treten. Es ist jedoch zu beachten, dass von der Rechtsprechung für eine Berufung auf „Störung der Geschäftsgrundlage“ recht hohe Anforderungen gestellt werden. Direkt betroffen sind Handelsvertreterverträge: Mit EU-Austritt gilt für Handelsvertreter, die ihre Tätigkeit in Großbritannien ausüben, nicht mehr automatisch der bislang gesetzlich verankerte Ausgleichsanspruch bei Beendigung des Vertragsverhältnisses. Das Handelsabkommen hat hier auch keine Sonderregelung getroffen. Handelsvertreterverträge sind deswegen auf die Vereinbarung eines Ausschlusses des Ausgleichsanspruchs zu prüfen – dieser ist ab sofort grundsätzlich zulässig.

Enthält das Abkommen Regelungen zur Forderungsvollstreckung? Kann das europäische Mahnverfahren weiterhin betrieben werden?

Das Abkommen enthält keine Nachfolgeregelung zum europäischen Mahnverfahren. Die Beitreibung von Forderungen gegen Schuldner im Vereinigten Königreich ist somit - je nach Gerichtszuständigkeit– nur noch über das nationale deutsche Mahnverfahren oder über das nationale britische Mahnverfahren möglich. Unser Artikel zur grenzüberschreitenden Forderungsbeitreibung beschreibt den zu gehenden Weg und geht hier auch auf die aktuellen Besonderheiten beim Mahnverfahren gegen einen Schuldner im Vereinigten Königreich ein. Wichtig: Wegen des ersatzlosen Wegfalls internationaler Gerichtsstandsregelungen und insbesondere wegen des Wegfalls der bisher geltenden EUGVVO sollte bereits im Vorfeld die Geltung eines ausschließlichen Gerichtsstands vereinbart werden. Ansonsten könnte sich die Ermittlung der internationalen Zuständigkeit mangels EU-Recht unter Umständen als kompliziert erweisen.

Formularfalle

Warnung vor Formularfalle mit Online-Handelsregistereintragungen

Im Internet unter Online-handelsregister.eu ist ein kommerzieller Anbieter von Handelsregisterauszügen zu finden. Die Webseite erweckt den Eindruck, als ob es das offizielle Handelsregister wäre. Bei der Bestellung ist hervorgehoben, dass der einzelne Handelsregisterauszug 4,90 EUR kostet. In den AGB ist allerdings versteckt, dass eine einmalige Freischaltungsgebühr in Höhe von 749,- EUR anfällt.
Es wird ausdrücklich davor gewarnt auf solche Angebote zu reagieren bzw. diese zu unterzeichnen!
Sollten Sie dennoch bereits darauf reagiert haben empfehlen wir Folgendes:
Weitere gängige Formularfallen in Zusammenhang mit Eintragungen in kostenpflichtige Firmenadressverzeichnisse oder eine Firmendatenbank finden Sie auf unserem allgemeinen im Artikel „ Adressbuchschwindel”.
Rechtsfragen und Antworten

Urlaub in Coronazeiten

Fallende Inzidenzzahlen und die Tatsache, dass einige Urlaubsregionen nicht mehr als Risikogebiete gelten, haben bei nicht wenigen Arbeitnehmer den Wunsch nach einem Urlaub im Ausland ausgelöst. Nun stellen sich viele Fragen: Darf der Arbeitnehmer sein Urlaubsland frei wählen? Was passiert, wenn sich der Arbeitnehmer nach dem Urlaub in Quarantäne begeben muss? Ist der Arbeitnehmer bei der Rückkehr zu einem Corona-Test verpflichtet? Und in welchen Fällen ist der Arbeitgeber von seiner Lohnfortzahlungspflicht befreit? Der Artikel gibt einen Überblick zu den wichtigsten Rechtsfragen in Zusammenhang mit Urlaubsreisen des Arbeitnehmers in Zeiten von Corona.

Kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Urlaub im Risikogebiet verbieten?

Sind Urlaubstage erst einmal vom Arbeitgeber genehmigt, ist ihre Gestaltung prinzipiell private Angelegenheit des Arbeitnehmers. Dies gilt auch für die Wahl des Urlaubslands und ergibt sich aus dem im Grundgesetz verankerten allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG). Der Grundsatz gilt auch, wenn das Urlaubsland nach Einstufung des Robert Koch-Instituts ein sogenanntes Hochrisikogebiet oder Virusvariantengebiet ist ( die maßgebliche Liste finden Sie auf der Seite des Robert Koch Instituts) und eine behördliche Reisewarnung des Auswärtigen Amts ausgesprochen wurde. Die Bundesregierung warnt zwar immernoch vor Reisen ins Ausland – derzeit besteht jedoch keine ausdrückliche gesetzliche Regelung, welche den Urlaub im ausländischen Hochrisiko- oder Virusvariantengebieten verbietet. Es gibt aber arbeitsrechtliche Schranken: Insbesondere dann wenn der Urlaub im Virusvariantengebiet verbracht wird, muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zwingend über den Aufenthalt informieren. Bei Konkretisierung des Urlaubs, spätestens jedoch bei der Rückkehr nach Deutschland muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber in Kenntnis setzen. Tut er dies nicht, kann diese Pflichtverletzung eine Abmahnung oder bei einem schweren Verstoß sogar die Kündigung zur Folge haben. Rechtsgrundlage für die Pflicht, den Arbeitgeber zu informieren, sind die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 618 BGB) und § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG, welcher den Arbeitgeber berechtigt, alle Fragen stellen, deren Beantwortung für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.

Muss der Arbeitnehmer nach dem Urlaub im Risikogebiet in Quarantäne? Muss er sich auf Corona testen lassen?

Zahlreiche beliebte Urlaubsländer sind derzeit als Hochinzidenzgebiet oder Virusvariantengebiet eingestuft. Die Rückkehr nach Deutschland ist dann in der Regel – insbesondere für ungeimpfte Personen – mit Einreiseanmeldung, Testnachweis und ggf. mit Quarantäne verbunden. In einem gesonderten Artikel zur Corona-Einreiseverordnung informieren wir über die konkreten Regelungen. Den Arbeitnehmer – abseits der gesetzlichen Regelungen – vor der Rückkehr in den Betrieb noch einmal zusätzlich zur gesetzlichen Regelung zum Corona-Test zu verpflichten, kann nicht verlangt werden. Es steht dem Unternehmer jedoch frei, den Arbeitnehmer noch einmal ausdrücklich auf bestehende Testmöglichkeiten hinzuweisen. Dem Arbeitnehmer ist es dann jedoch selbst überlassen, dieses Angebot anzunehmen oder abzulehnen.

Gibt es besondere Vorschriften bei der Einreise ins Urlaubsland?

Für zahlreiche Urlaubsländer gibt es noch gewisse Einreiseeinschränkungen. Eine Online-Vorabanmeldung der Einreise und ein Negativtest sind derzeit nicht unüblich. Über die jeweiligen aktuellen Vorschriften informiert das Auswärtige Amt.

Muss Lohn weitergezahlt werden wenn der Arbeitnehmer in Quarantäne ist und von dort aus nicht arbeiten kann?

Befindet sich der Arbeitnehmer aufgrund Verordnung oder behördlicher Anordnung in häuslicher Quarantäne und kann dort nicht seine vertragsgemäße Arbeitsleistung erbringen, verliert er grundsätzlich seinen Lohnanspruch. Da ihm seine Arbeitsleistung unmöglich ist, geht der reguläre Lohnanspruch unter und mangels  Krankheitsfall liegt auch kein Fall der Entgeltfortzahlung vor. Sonderregelungen trifft das Infektionsschutzgesetz: Das Infektionsschutzgesetz sieht in § 56 IfSG einen Entschädigungsanspruch vor, den der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer als Lohnersatz zu zahlen hat. Der Arbeitgeber bekommt das Geld wiederum von der Verwaltung ersetzt. Der Entschädigungsanspruch hat allerdings zur Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer allein durch die genannten behördlichen Maßnahmen einen Verdienstausfall erleidet. Ist der Arbeitnehmer jedoch in ein Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet gereist und war sich dessen bewusst, so soll es keinen Entschädigungsanspruch geben: “Nach § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG erhält keine Entschädigung, wer seine Quarantäne durch die Nichtbefolgung öffentlicher Empfehlungen mitverursacht hat”, so der Wortlaut des Gesetzes. In Ausnahmefällen soll es trotzdem einen Entschädigungsanspruch geben, insbesondere bei dringenden medizinische Behandlungen, bei behördlichen Terminen oder bei familiären Notfällen wie einer Beerdigung. Normale Urlaubsreisen oder Geburtstagsfeiern gehören jedoch ausdrücklich nicht dazu.

Der Arbeitnehmer erkrankt im Urlaub an Corona. Muss Lohn gezahlt werden?

Abgesehen davon, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber im Krankheitsfall unverzüglich über die Infektion informieren muss, gilt folgendes: Wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, hat er grundsätzlich einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz. Dieser Anspruch erlischt nur dann, wenn den Arbeitnehmer an der Erkrankung ein Verschulden trifft. Der Entschluss, den Urlaub im Risikogebiet zu verbringen kann zumindest in Verbindung mit anderen Sorgfaltspflichtverletzungen wie beispielsweise der Teilnahme an großen Veranstaltungen im Urlaubsland oder vergleichbarem Verhalten ein solches Verschulden darstellen. Die Rechtsprechung setzt an den Verschuldensbegriff jedoch recht hohe Anforderungen.

Was passiert, wenn der Arbeitnehmer nicht zurückfliegen kann?

Wenn der Arbeitnehmer aufgrund der weltweiten Reisebeschränkungen nach einem privaten Auslandsaufenthalt an der Rückreise gehindert ist und seine Tätigkeit nicht rechtzeitig wieder aufnehmen kann, fällt dies in seinen eigenen Risikobereich. Solche objektiven Leistungshindernisse sind als Wegerisiko vom Arbeitnehmer zu tragen. Lohnansprüche gibt es deshalb grundsätzlich nicht. Eine Alternative zur arbeitgeberseitigen Einstellung der Lohnzahlung kann zunächst der Abbau von etwaigen (Rest-)Urlaubstagen oder Zeitguthaben sein.

Welche Konsequenzen hat es, wenn das Land während des Urlaubs bezüglich Risikoeinstufung hochgestuft wird?

Es gibt immer wieder neue Corona-Hotspots im In- und Ausland. Ein Land, welches heute noch als „sicher“ gilt, kann schon morgen vom RKI als Hochinzidenz- oder Virusvariantengebiet eingestuft werden. Ist das Urlaubsland jedoch zum Zeitpunkt des Reiseantritts nicht als Hochinzidenz- oder Virusvariantengebiet aufgeführt, fällt der Umstand grundsätzlich nicht in die Risikosphäre des Arbeitnehmers. Etwaige Risiken wie Lohnfortzahlung im Quarantänefall und Lohnfortzahlung im Infektionsfall hat damit prinzipiell der Arbeitgeber zu tragen, schließlich kann dem Arbeitnehmer in der Regel kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden. Wichtig ist jedoch immer eine Einzelfallbetrachtung. Wenn sich bereits vor Antritt der Reise abzeichnet, dass sich das Infektionsgeschehen stark verschärft, könnte sich dies zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken.

Praxistipps für Arbeitgeber

  • Die Belegschaft sollte auf die amtliche Liste der Risikogebiete hingewiesen werden. Zudem ist zu kommunizieren, dass im Falle der Urlaubsreise in ein Risikogebiet eine häusliche Quarantäne droht und möglicherweise der Entgeltanspruch entfallen kann.
  • Die Informationspflicht des Arbeitnehmers sollte vom Arbeitgeber genutzt werden, um abzuklären, ob die Reise wirklich notwendig ist. Wenn ja, dann sollte der Arbeitnehmer hinsichtlich Sicherheitsmaßnahmen sensibilisiert werden.
  • Urlaubsrückkehrer können zum Ausfüllen eines Fragebogens aufgefordert werden, in welchem bei der Rückkehr nach Deutschland die Reise in ein Risikogebiet und das Vorliegen von Krankheitssymptomen abgefragt wird. Die Frage nach dem konkreten Urlaubsland ist hier jedoch nicht zulässig. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in diesen Prozess gegebenenfalls der Betriebsrat eingebunden werden.
Stand: August 2021
Rechtsfragen im Zusammenhang mit Urlaubsreisen in Risikogebiete erfordern häufig eine Einzelfallbetrachtung. Gern stehen Ihnen das Servicecenter Recht und das Servicecenter Recht International auf Anfrage mit einer Einschätzung der Rechtslage zur Verfügung.

Compliance

Eintragungspflicht für alle Gesellschaften im Transparenzregister

Stand: Januar 2023
Am 25. Juni 2021 wurde das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG Gw) beschlossen, mit dem das Transparenzregister in ein Vollregister umgewandelt wurde.
Damit werden alle transparenzpflichtigen Vereinigungen ab dem 1. August 2021 eintragungspflichtig.  Hierzu gehören grundsätzlich alle juristischen Personen des Privatrechts (z.B. AG, GmbH und Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)) und eingetragenen Personengesellschaften. Grundsätzlich nicht betroffen sind nach derzeitiger Rechtslage Einzelunternehmen, eingetragene Kaufleute (e.K.) und Gesellschaften bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft), wobei letztere durch die Reform des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) ab dem 1. Januar 2024 teilweise eintragungspflichtig werden. Für Unternehmen, die bisher von der Mitteilungsfiktion profitiert haben, galten gesetzliche Übergangsfristen. Diese- je nach Rechtsform gestaffelten- Übergangsfristen sind mittlerweile alle abgelaufen. Es besteht Handlungsbedarf für alle transparenzpflichtigen Gesellschaften. Ansonsten drohen Bußgelder.
Mit dem oben genannten Gesetz wurde das bisherige deutsche System des Auffangregisters auf ein Transparenz-Vollregister umgestellt. Alle transparenzpflichtigen Vereinigungen bzw. Gesellschaften sind danach seit dem 1. August 2021 verpflichtet, ihren wirtschaftlich Berechtigten nicht nur zu ermitteln, sondern dem Transparenzregister  aktiv mitzuteilen. Die transparenzpflichtigen Gesellschaften und Einheiten ergeben sich aus § 20 und § 21 GwG
Wirtschaftlich Berechtigte können nur natürliche Personen sein, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die betreffende Vereinigung letztendlich steht. Kann nach umfassender Prüfung kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden, gilt bei juristischen Personen des privaten Rechts und eingetragenen Personengesellschaften als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Vertreter, der geschäftsführende Gesellschafter oder der Partner des Vertragspartners. Das Register enthält umfassendere Datensätze zu den wirtschaftlich Berechtigten in einem strukturierten einheitlichen Format. 
Die Umwandlung in ein Vollregister bedeutet, dass die bisherige Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GwG a.F. nicht mehr gilt. Alle Unternehmen müssen daher künftig die Angaben zu ihrem wirtschaftlich Berechtigten in das Transparenzregister aktiv eintragen, unabhängig davon, ob sich diese Angaben bereits aus anderen öffentlichen Registern (z. B. Handels-, Genossenschafts-, Partnerschaftsregister) ergeben. 
Die Website des elektronischen Transparenzregisters  gibt ausführliche Informationen. Ferner hat das Bundesverwaltungsamt  Informationen und einen FAQ-Katalog veröffentlicht. Für weitere Fragen zum Transparenzregister, zur Registrierung oder dem Eintragungsprozess kann die registerführende Stelle unter den dort genannten Servicenummern kontaktiert werden. 
Datenschutz

Datenübermittlungen ins Vereinigte Königreich

Seit Ablauf der Übergangsphase zum 31. Dezember 2020 ist das Vereinigte Königreich (VK) nicht mehr Teil des europäischen Binnenmarktes und der Zollunion.
Das VK gilt seitdem als sogenanntes Drittland im Sinne der DatenschutzGrundverordnung (DSGVO), d.h. ohne ein Abkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und Großbritannien, und ohne einen Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission im Hinblick auf ein der EU angemessenes Datenschutzniveau, wird das VK datenschutzrechtlich so behandelt, wie jeder andere Drittstaat (z.B. die USA) auch. Eine Übermittlung personenbezogener Daten ins VK wäre grundsätzlich nicht ohne zusätzliche Datenschutzgarantien (z.B. den Abschluss von EU-Standardvertragsklauseln) zulässig, damit ein der EU gleichwertiges Datenschutzniveau hergestellt werden kann.
Bisher war bis zum 30. Juni 2021  eine Übergangsregelung für Datenübermittlungen zwischen der EU und dem VK vorgesehen ohne dass weitere Datenschutzgarantien, wie Standardvertragsklauseln, getroffen werden müssten.
Am 28. Juni 2021 sind zwei Angemessenheitsbeschlüsse der Europäischen Kommission zum Datentransfer ins VK in Kraft getreten: einer im Rahmen der DSGVO und einer im Rahmen der Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung.
In einer Pressemitteilung teilte die EU-Kommission mit, dass im VK die rechtlichen Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten weiterhin vorhanden seien. Dort gelte für sie ein Schutzniveau, das dem Schutznivea des EU-Rechts. der Sache nach gleichwertig sei. Personenbezogene Daten können demnach ungehindert aus der Europäischen Union in das Vereinigte Königreich übermittelt werden.
Die Geltungsdauer der Angemessenheitsbeschlüsse ist auf vier Jahre begrenzt.
Wie bisher ist bei Datenübermitttlingen ins VK allerdings weiterhin zu berücksichtigen:
  • Die Datenübermittlung ins VK als Nicht-EU-Land sowie die vorhandenen Garantien, oder die Ausnahmen auf die man sich bezieht (Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission), sind im internen Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten zu dokumentieren. 
  • In der Datenschutzerklärung ist über die Datenübermittlung nach VK und über die vorhandenen Garantien oder Ausnahmen (Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission) zu informieren.
  • Wenn eine betroffene Person ein Auskunftsersuchen stellt, ist sie auch über die Datenübermittlung ins Drittland zu unterrichten.
Zum grundsätzlichen Verständnis bei Datenübermittlungen in Drittstaaten noch einmal folgende Zusammenfassung:
Unter die Übermittlung fällt nicht nur das Senden von Daten an den Empfänger, sondern auch die Möglichkeit des Zugriffs (z.B. das Auslesen einer Datenbank).Neben einer – wie bisher auch notwendigen –  Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten (z.B. die Anbahnung oder Durchführung von Vertragsverhältnissen oder eine Einwilligung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a beziehungsweise b DSGVO), bedarf es zur Herstellung eines angemessenen Datenschutzniveaus im Drittland bestimmter datenschutzrechtlicher Garantien. 
Solche Garantien sind insbesondere:
  1. Der Abschluss von EU-Standardvertragsklauseln. Dabei handelt es sich um Standardverträge zum Datenschutz, die unverändert zu übernehmen sind. Diese sind von der  durch die Europäische Kommission an die Anforderungen der DSGVO angepasst und am 4. Juni 2021 veröffentlicht worden. Dabei gibt es verschiedene Varianten des Datentransfers, die sich in einem Dokument befinden, und in vier verschiedene Module gegliedert sind, welche die Datenübermittlung zwischen unterchiedlichen Beteiligten regeln (z.B. die Übermittlung von personenbezogene  Daten zwischen Unternehmer und dem Auftragsverarbeiter und umgekehrt, die Übermittlung zwischen zwei Verantwortlichen, oder zwischen zwei Auftragsverarbeitern).
  2. Unternehmensinterne verbindliche Datenschutzvorschriften (sogenannte “Corporate Binding Rules”, das heißt konzernweite Regelungen für eine unternehmensinterne Datenübermittlung in Drittländer; die Einführung solcher Standards ist allerdings ein langfristiger und kostenintensiver Prozess).
  3. Individuell zwischen den Parteien ausgehandelte Datenschutzklauseln, die allerdings der Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde bedürfen.
Da die Corporate Binding Rules und individuelle Datenschutzverträge zeit- und kostenaufwendig sind,  ist es in der Regel gerade für kleinere und mittlere Unternehmen praktikabler auf die EU-Standardvertragsklauseln zurückzugreifen.
Ausnahmsweise ist eine Datenübermittlung auch ohne Garantien zulässig, wenn der Betroffene in den Datentransfer in das Drittland  eingewilligt hat und über das fehlende angemessene Datenschutzniveau informiert wurde. Eine Übermittlung ist auch möglich, soweit die Daten für vorvertragliche Maßnahmen oder zur Vertragsabwicklung erforderlich sind. In Betracht kommen insbesondere alltägliche Fälle in denen der Betroffene die vorvertraglichen oder vertraglichen Maßnahmen veranlasst hat. Beispielsweise die Reservierung von Hotels und internationaler Beförderungsleistungen, die Abwicklung internationaler Überweisungen durch die Bank, oder der Versand bestellter Ware zur Vertragserfüllung.




  

Recht und Steuern

Umsetzung zweite Stufe Mehrwertsteuerdigitalpaket ab 1. Juli 2021

Stand: Januar 2022
Globalisierung und Digitalisierung haben in den letzten Jahren zu einer extremen Zunahme des elektronischen Geschäftsverkehrs geführt. Der Onlinehandel floriert. Dem gegenüber steht ein teils mit diesen Strukturen nicht kompatibles Umsatzsteuerrecht, welches zu Steuerausfällen und Wettbewerbsverzerrungen geführt hat. Bereits in 2016 hatte die EU-Kommission einen Aktionsplan für einen einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum vorgestellt. Daraufhin hatte der Rat der EU ein zweistufiges Paket zur Umsatzbesteuerung des grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehrs (Dienstleistungen und Lieferungen) in Kraft gesetzt.  Der deutsche Gesetzgeber hat das zweite digitale Mehrwertsteuerpaketes mit dem Jahressteuergesetz 2020 in nationales Recht umgesetzt.  Ziel ist die wirksame Umsetzung der Besteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, welche zum 1. Juli 2021 in Kraft getreten sind. Insbesondere für den Versandhandel ergeben sich weitreichende Folgen.

1. Welche Unternehmen sind von den Neuerungen betroffen?

Betroffen sind Unternehmen, die grenzüberschreitende Lieferungen und Leistungen an Nichtunternehmer mit Wohnsitz im EU-Ausland erbringen (sog. business to consumer – B2C). Diese Unternehmen werden in Fällen umsatzsteuerpflichtig, in denen sie die neue Liefer- und Leistungsschwelle in Höhe von 10.000 € überschreiten. Im Falle von Fernverkäufen (früher: Versendungsverkäufe) ersetzt die neue Geringfügigkeitsschwelle die bis zum 30. Juni 2021 geltenden teils unterschiedlichen Lieferschwellen der EU-Länder. Nähere Informationen zur alten und neuen Rechtslage bei Fernverkäufen enthalten unser Artikel Lieferungen an Nichtunternehmer im EU-Binnenmarkt (Rechtslage ab 01.07.2021) .

2. Was ist das OSS-Verfahren?

Beim OSS („One Stop Shop“)-Verfahren handelt es sich um ein spezielles Besteuerungsverfahren, durch dessen Nutzung umsatzsteuerliche Registrierungen im EU-Ausland vermieden werden. Er erweitert den MOSS (Mini One Stop Shop), mit Hilfe dessen bislang nur Umsätze aus elektronischen Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Wohnsitz in der EU gemeldet worden waren. Nunmehr können Unternehmer auch Umsätze aus weiteren Dienstleistungen an EU-Verbraucher sowie aus Fernverkäufen (früher Versendungskäufe) melden. Die Nutzung des OSS ermöglicht die zentrale Erklärung der ausländischen Umsatzsteuer beim in Deutschland dafür zuständigen Bundeszentralamte für Steuern (BZSt). Auch die Bezahlung der Umsatzsteuer erfolgt über das BZSt. Die OSS-Meldungen erfolgen quartalsweise. Die Nutzung des OSS ist freiwillig. Ausführliche Informationen zur Neuregelung und zur Registrierung findet man auf der Homepage des Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).

3. Welche Unternehmen können das OSS -Verfahren nutzen?

Das OSS-Verfahren können sowohl EU-Unternehmen als auch Unternehmen nutzen, die nicht in der EU ansässig sind (Drittlandsunternehmen).

3.1. OSS Nicht-EU-Verfahren (§ 18i UStG)

Das OSS Nicht-EU-Verfahren können im Drittland ansässige Unternehmer nutzen, die innergemeinschaftliche Dienstleistungen an Nichtunternehmer in der EU erbringen. Dazu gehören nicht nur wie bisher elektronische Dienstleistungen, sondern alle sonstigen Leistungen an Nichtunternehmer im Gemeinschaftsgebiet. Beispiele: grundstücksbezogenen Leistungen, Veranstaltungs- und Bildungsleistungen, Vermittlungsleistungen.

3.2. OSS EU-Verfahren (§ 18j UStG)

Das OSS EU-Verfahren können Unternehmen nutzen, die im Inland, in der EU und im Drittland ansässig sind und
  • innergemeinschaftliche Dienstleistungen an Nichtunternehmer erbringen
  • innergemeinschaftliche Fernverkäufe tätigen
  • als Betreiber einer Plattform Teil einer fiktiven Lieferkette sind
Beispiele:
  • Unternehmer D mit Sitz in Deutschland betreibt einen Onlineshop und beliefert Privatkunden in der EU. Er überschreitet die Lieferschwelle in Höhe von 10.000 €.
  • Unternehmer U aus den USA betreibt in Deutschland ein Lager, aus welchem er Privatkunden mit Sitz in der EU beliefert.
  • Online Händler S verkauft über den Onlinemarktplatz des Plattformbetreibers A Waren an Endkunden in Frankreich. A hat die Lieferschwelle von 10.000 € überschritten. Es wird ein Reihengeschäft zwischen Online Händler S, Plattformbetreiber A und Endkunde fingiert. Die Lieferung von S an A ist aufgrund einer Sonderregelung von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 4c UStG). Bei der Lieferung von A an den französischen Endkunden handelt es sich um einen in Frankreich steuerbaren Fernverkauf. A kann am OSS-Verfahren teilnehmen, um seine Steuerschulden zu deklarieren.
Wichtig:
  • Die Teilnahme am OSS kann nur einheitlich für alle EU-Mitgliedstaaten erfolgen.
  • Lokale innerdeutsche Lieferungen sind nicht über das OSS-Verfahren zu melden.
  • Lieferungen an Unternehmer sind nicht über das OSS-Verfahren zu melden.

4. Was ist der IOSS?

Am Import-One-Stop-Shop-Verfahren können sowohl Drittlandsunternehmen als auch EU-Unternehmen teilnehmen, wenn sie:
  • Waren mit einem Warenwert in Höhe von höchstens 150 € einführen
  • Und die Waren keiner Verbrauchsteuer unterliegen
Die Einfuhr ist in diesem Fall von der Umsatzsteuer befreit. Die Befreiung von der Umsatzsteuer für Waren in Kleinsendungen mit einem Wert bis zu 22 Euro entfällt. Ausführliche Informationen zum IOSS enthält der Artikel Abschaffung der 22-Euro Schwelle.

Weitere Fragen?
Für Mitgliedsunternehmen der IHK Region Stuttgart stehen die unter 'Kontakt' genannten Ansprechpartner gerne zur Verfügung. Freiberuflern und Privatpersonen können wir diesen Service leider nicht bieten. Unternehmen aus anderen Kammerbezirken bitten wir, bei ihrer jeweiligen IHK vor Ort nachzufragen.




Internationale Liefergeschäfte

UN-Kaufrecht

Wer international ein- oder verkauft, kommt nicht umhin, sich mit dem sogenannten UN-Kaufrecht zu befassen. Denn dieses speziell für Distanzgeschäfte konzipierte internationale Kaufrecht kommt bei fast allen Exportgeschäften, aber auch in sehr vielen Importfällen, zum Tragen. Manchmal sogar, ohne dass die Parteien das wissen.
Das UN-Kaufrecht oder in Englisch „United Convention on Contracts for the International Sale of Goods (CISG)“ wurde 1980 verabschiedet und ist mittlerweile von allen führenden Wirtschaftsnationen ratifiziert. Da stetig Staaten hinzukommen, sollten Unternehmen sicherheitshalber die offizielle Liste der Ratifizierungen der UNCITRAL prüfen.
Mit dem UN-Kaufrecht existiert eine international vereinheitlichte und von vielen Staaten anerkannte Grundlage für die vertragliche Gestaltung von Warenkaufverträgen. Allerdings erstreckt sich der Regelungsgehalt des UN-Kaufrechts nicht auf sämtliche Aspekte der Vertragsbeziehung, sondern setzt den Schwerpunkt auf das Zustandekommen des Vertrages, die Rechte und Pflichten der Parteien und einige wenige für internationale Kaufverträge praxisrelevante Themen, wie beispielsweise Höhere Gewalt. Für alle übrigen rechtlichen Fragen ist dann das jeweils von den Vertragsparteien vereinbarte oder sonst gültige nationale Recht maßgeblich.
Verhältnis des UN-Kaufrechts zum deutschen Recht
In Deutschland trat das UN-Kaufrecht am 1. Januar 1991 in Kraft und ist seitdem Teil der nationalen Rechtsordnung. Damit kommt es nicht darauf an, ob UN-Kaufrecht ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien vereinbart wird.
Während das BGB und das HGB für nationale Kaufverträge Anwendung finden, gilt das UN-Kaufrecht als Bestandteil des nationalen Rechts automatisch für internationale Warenkaufverträge, solange keine abweichende Parteivereinbarung (insbesondere der Ausschluss des UN-Kaufrechts) getroffen wird.
Die Bedeutung des UN-Kaufrechts für deutsche Exporteure und Importeure wird auch durch den Umstand belegt, dass bereits heute der weitaus größte Teil der deutschen Importe und Exporte mit Geschäftspartnern abgewickelt wird, die in Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts ansässig sind.
Was das UN-Kaufrecht ist, wann es einschlägig ist und was sonst noch in diesem Zusammenhang wissenswert ist, haben wir in einer Broschüre (PDF-Datei · 408 KB) für Sie zusammengefasst.
Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des UN-Kaufrechts in Deutschland gab Germany Trade & Invest den Artikel „UN-Kaufrecht in Deutschland“ heraus. Darin werden unter Anderem die Praxisrelevanz für Warenexporte und die flexible Einsetzbarkeit diskutiert.
Reform des Insolvenzrechts

Präventive Restrukturierung

Stand: Januar 2021
Zum 1. Januar 2021 ist ein neues Sanierungsgesetz,  das sog. Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) in Kraft getreten, das bedeutende Änderungen mit sich bringt. Das haben Bundestag und Bundesrat am 18. Dezember 2020 beschlossen.
Neu ist dabei der sog. präventive Restrukturierungsplan, der im Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG ) geregelt ist und der die bislang bestehende Lücke zwischen einer außergerichtlichen Sanierung und einem formellen Insolvenzverfahren nach Insolvenzordnung (InsO) schließen soll. Zukünftig können Sanierungsmaßnahmen auch außerhalb einer Insolvenz- und gegen den Willen einzelner Gläubiger- umgesetzt werden.
Die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens können Unternehmen nutzen, bei denen die Zahlungsunfähigkeit droht, aber noch nicht eingetreten ist. "Drohend" ist die Zahlungsunfähigkeit künftig dann, wenn das Unternehmen voraussichtlich innerhalb der kommenden zwei Jahre zahlungsunfähig werden wird. Hierzu wird u.a. § 18 InsO geändert. Ebenso angepasst wird der Begriff der Überschuldung nach § 19 InsO.
Wichtigstes Element des StaRUG ist der sog. Restrukturierungsplan, eine Art Gesamtvergleich mit den Gläubigern des Schuldners. Die Gestaltung und Verhandlung dieses Restrukturierungsplans kann im Grundsatz von dem Schuldner eigenverantwortlich und ohne Einbindung eines Gerichts gesteuert werden. Der darstellende Teil enthält das Restrukturierungskonzept, das auf Grundlage des Plans und mit der Bewirkung der im gestaltenden Teil vorgesehenen Rechtsfolgen verwirklicht werden soll. Über diesen Plan stimmen die Planbetroffenen, also insbesondere die Gläubiger ab. Hierfür werden die betroffenen Gläubiger in Gruppen eingeteilt. Die Wirksamkeit des Plans erfordert nicht die Zustimmung aller Gläubiger. Es reicht aus, wenn eine Mehrheit von 75 Prozent in jeder Gläubigergruppe erzielt wird. Einzelne Gruppen können überstimmt werden, wenn die Mehrheit der Gruppen dem Plan zustimmt. Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen kann also gegen den Willen einzelner Gläubiger umgesetzt werden.
Sollte die Geschäftführung ein Verfahren nach dem StaRUG in Betracht ziehen, bedarf es einer gewissen Vorbereitungszeit, die je nach Komplexität unterschiedlich lange sein kann. Um die Sanierungsmöglichkeiten des StaRUG nicht zu verpassen und Haftungsrisiken vorzubeugen, muss die Geschäftsführung die Liquiditätsentwicklung des Unternehmens genau im Auge behalten und für mindestens 24 Monate planen. Folgerichtig sieht das StaRUG auch die Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems bei haftungsbeschränkten Unternehmen vor.
Zudem wurde mit dem SanInFoG das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz geändert und unter anderem die Insolvenzantragspflicht für den Monat Januar 2021 für Unternehmen ausgesetzt, bei denen die Auszahlung der seit dem 1. November 2020 vorgesehenen staatlichen Hilfeleistungen noch aussteht. Die Aussetzung gilt aber nicht, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die erlangbare Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist.


Fachkräfteinwanderung

Vereinfachter Arbeitsmarktzugang für britische Staatsangehörige

Der Bundesrat hat am 18. Dezember 2020 der „Zweiten Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung und der Aufenthaltsverordnung“ zugestimmt, wonach Briten in § 41 Aufenthaltsverordnung und in § 26 Abs.1 Beschäftigungsverordnung aufgenommen werden, d.h. sie werden aufenthalts- und beschäftigungsrechtlich zu den sogenannten „Best-Friends“-Staaten gehören.
Seit dem 1. Januar können britische Staatsangehörige, die nach Deutschland einreisen, unter erleichterten Bedingungen einen Aufenthaltstitel zur Beschäftigung erhalten. Das Vereinigte Königreich wird in die Liste der priviligierten Staaten aufgenommen, deren Staatsangehörige jede Beschäftigung unabhängig von einer Qualifikation ausüben dürfen. Die Vorrangprüfung und die Prüfung der Gleichwertigkeit der Beschäftigungsbedingungen werden von der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt.
Weitere Informationen sowie die Verordnung, welche am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, finden Sie auf der Seite des Bundesrats.

Änderungen im Maklerrecht

Gesetz zur Verteilung der Maklerkosten bei Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser

Die Immobilienwirtschaft wird, wie kaum ein anderer Wirtschaftsbereich, von zyklischen Schwankungen beeinflusst, was sich einerseits auf die Neubauinvestitionen und andererseits auf den Immobilienbestand auswirkt. Gleichzeitig ist die Immobilienbranche äußerst heterogen in Bezug auf regionale Trends. Neben Gebieten mit gestiegenen Kaufpreisen für Wohnimmobilien wie der Region Stuttgart, sind auch Regionen zu beobachten, in denen die Kaufpreise in den vergangenen Jahren gesunken sind. Diese unterschiedlichen Marktbedingungen fanden bislang zum Teil auch Ihren Niederschlag in unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten im Hinblick auf die Maklerprovision.
Künftig gelten bei vielen Immobilienverkäufen bundesweit einheitliche gesetzliche Regelungen für die Maklercourtage. Das ergibt sich aus dem durch den Bundestag am 14. Mai 2020 beschlossenen Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser. Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf am 5. Juni 2020 zugestimmt. Das Gesetz war Teil des am 18. August 2019 vereinbarten Wohn- und Mietenpakets der Bundesregierung.
In der Region Stuttgart wurden die Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäusern bislang bereits üblicher Weise gleichermaßen vom Käufer und vom Verkäufer getragen, so dass die nunmehr beschlossene gesetzliche Regelung zur Aufteilung der Maklerprovision zwischen Käufer und Verkäufer - zumindest in Baden-Württemberg - an sich bereits üblich war.
In Zukunft gilt:
  • Die gesamten Maklerkosten dürfen nicht mehr einseitig dem Käufer aufgebürdet werden, wenn auch der Verkäufer den Makler beauftragt hat. Wer einen Makler beauftragt, muss künftig mindestens 50 Prozent des gesamten Maklerlohns selbst tragen.
  • Eine Vereinbarung zur Übernahme der Maklerprovision ist nur wirksam, wenn die Partei, die den Makler beauftragt hat, zur Zahlung der Provision mindestens in gleicher Höhe verpflichtet bleibt. Die maximale Obergrenze 50 % der insgesamt zu zahlenden Maklerprovision ist damit verbindlich. Abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
  • Zudem muss der Auftraggeber des Maklers künftig nachweisen, dass er seinen Anteil an der Maklerprovision in voller Höhe bezahlt hat, bevor er von der anderen Partei die Zahlung der übrigen Maklerprovision verlangen kann.
  • Wird ein Makler also sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer gleichermaßen tätig („Doppelbeauftragung“), kann er eine Vergütung künftig nur von beiden Parteien zu gleichen Teilen verlangen.
  • Wird der Makler aufgrund einer Vereinbarung mit einer Partei für diese unentgeltlich tätig, so kann er auch von der anderen Partei keine Vergütung beanspruchen.
  • Die Neuregelung zur Verteilung der Maklerprovision ist auf Fälle beschränkt, in denen der Käufer der Immobilie ein Verbraucher ist.
  • Die Neuregelung gilt nicht für die Maklerverträge über Gewerbeimmobilien und Mehrfamilienhäuser sowie nicht für die Vermittlung von Mietverträgen.
  • Darüber hinaus gilt künftig ein Textformerfordernis für Maklerverträge über die Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser (zum Beispiel eine E-Mail).
Das neue Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten wurde am 23. Juni 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist am 23. Dezember 2020 in Kraft getreten.
 In Fällen, in denen der Maklervertrag bereits vor dem 23. Dezember 2020 geschlossen, der Verkauf jedoch erst danach abgeschlossen wurde, sind die bis zum 23. Dezember 2020 geltenden Regeln anzuwenden. Die neu eingeführten Vorschriften betreffen also nur Maklerverträge, die ab dem 23. Dezember 2020 geschlossen werden.
Verkehrswirtschaft

Kabotagebeförderungen im Straßenverkehr

ACHTUNG: Entgegen der weit verbreiteten Wahrnehmung unterliegen nicht nur genehmigungspflichtige Fahrten (mit im gewerblichen Güterkraftverkehr eingesetzten Fahrzeugen, die eine zulässige Höchstmasse (zHm) von mehr als 2.500 kg aufweisen) den Kabotagebestimmungen. Auch leichtere Fahrzeuge, die von ausländischen Unternehmen für Binnenbeförderungen (für Dritte gegen Entgelt) eingesetzt werden, darunter insbesondere die mehr und mehr eingesetzten „(Plane-Spriegel-) Sprinter mit oder ohne Schlafkabine”, unterliegen den unten beschriebenen Einschränkungen. Dazu etwa folgender Hinweis zu den rechtlichen Gegebenheiten auf der Website des Bundesamtes für Güterverkehr:
„Vom Geltungsbereich der Vorschriften, die für Kabotagebeförderungen gelten, sind gemäß der Bestimmungen der Artikel 8 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 auch Fahrzeuge mit einem zGG von bis zu 3,5 t umfasst. Da auch Unternehmen, die unter die Freistellung nach Artikel 1 Absatz 5 c) (Kraftfahrzeuge bzw. Kraftfahrzeugkombination bis 3,5 t zGG) fallen, gemäß Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung Kabotagebeförderungen durchführen können, gelten auch für diese Fahrzeuge die Voraussetzungen wie für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 t zGG.”*
Uns zugetragene Hinweise deuten darauf hin, dass die Kontrollbehörden derartige Fahrzeuge verstärkt auf die Einhaltung der Kabotagevorschriften kontrollieren. Dazu noch der Hinweis, dass auch die Bestimmungen des HGB zum Frachtgeschäft oder des CMR nicht erst dann gelten, wenn ein Fahrzeug mit einer zHm von mehr als 2.500 kg eingesetzt wird.

Grundsätze

Seit Mai 2010 sind die Regelungen über die Kabotage (Artikel 8 und 9 der Verordnung (EG) 1072/2009) in der gesamten EU in Kraft getreten. Somit ist EU-weit einheitlich geregelt, unter welchen Rahmenbedingungen welche Anzahl an Kabotagebeförderungen innerhalb welchen Zeitraumes durchgeführt werden dürfen und wie dies belegt werden muss.
Konkret dürfen im Anschluss an eine beladene grenzüberschreitende Beförderung, die vollständig im „Kabotageland“ entladen wurde, drei Kabotagebeförderungen innerhalb von sieben Kalendertagen durchgeführt werden („3 in 7 – Regel”). Die Sieben-Tage-Frist beginnt zu laufen, sobald die Güter der grenzüberschreitenden Beförderung vollständig entladen wurden. Wenn diese Entladung beispielsweise um 10:30 Uhr am Mittwoch stattgefunden hat, beginnt um 00:00 Uhr am Donnerstag die Sieben-Tage-Frist zu laufen. Deren Ende liegt dann am folgenden Mittwoch um 24:00 Uhr. Zur Fristenberechnung beachten Sie bitte die Ausführungen im Abschnitt “Was hat sich sich durch das “Mobilitätspaket I” geändert?”
Unter welchen Rahmenbedingungen eine Beförderungen in Deutschland als einzelne Kabotagebeförderung angesehen wird, ist im Folgeabschnitt beschrieben. In anderen EU-Mitgliedstaaten gelten in aller Regel abweichende Definitionen.
Die drei erlaubten Kabotagebeförderungen innerhalb der sieben Tage können in dem Staat, in dem die grenzüberschreitend beförderten Güter vollständig entladen wurden, durchgeführt werden (= Aufnahmemitgliedstaat). Der Frachtführer kann sich aber auch dafür entscheiden, einzelne der drei Kabotagebeförderungen oder alle drei Kabotagebeförderungen in anderen Mitgliedstaaten durchzuführen. Dafür gibt es die „1 in 3 – Regel”, die es ermöglicht, eine Kabotagebeförderung innerhalb von drei Tagen nach der unbeladenen Einfahrt in einen Mitgliedstaat durchzuführen. Dabei ist zu beachten, dass die „1 in 3 – Regel” lediglich innerhalb der „3 in 7 – Regel” angewendet werden darf. Ein bulgarischer Frachtführer könnte also nach der Entladung der grenzüberschreitend nach Deutschland beförderten Güter zunächst eine Kabotagebeförderung in Deutschland erbringen (eine von drei innerhalb von sieben Tagen), dann leer nach Frankreich fahren und dort eine Kabotage durchführen (die zweite von den erlaubten drei Kabotagebeförderungen innerhalb sieben Tagen, die er spätestens innerhalb von drei Tagen nach der unbeladenen Einfahrt nach Frankreich durchgeführt haben muss) und im Anschluss leer nach Belgien einfahren, um dort die dritte Kabotagebeförderung durchzuführen – die dritte der erlaubten drei, die innerhalb von sieben Tagen nach der Entladung in Deutschland und innerhalb von drei Tagen nach der Einfahrt nach Belgien durchgeführt worden sein muss. Im Anschluss an diese belgische Kabotagebeförderung kann das Land leer verlassen werden oder der bulgarische Frachtführer nimmt im Belgien eine grenzüberschreitende Beförderung in irgendeinen Mitglied- oder Drittstaat auf.
Sobald das Kontingent an Fahrten (drei bzw. eine) oder Tagen (sieben bzw. drei innerhalb sieben) aufgebraucht ist, muss eine beladene oder leere grenzüberschreitende Fahrt stattfinden (sofern der Frachtführer sein Fahrzeug nicht zum Stehzeug umfunktionieren möchte).

Was ist eine Kabotagebeförderung?

Infolge des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 31. Mai 2021 (Aktenzeichen 18 K 8314/18) ist für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland relativ eindeutig, wodurch eine einzelne Kabotagebeförderung gekennzeichnet ist. Grundsätzlich handelt es sich um „1” Beförderung, wenn ein Gut zwischen einem bestimmten Absender (= Vertragspartner des Frachtführers) und einem bestimmten Empfänger (= Begünstigter des Frachtvertrages; kann aber auch selbst Absender sein) befördert wird. 
Im konkreten Urteil wurde ein ausländischer Frachtführer durch einen in Deutschland ansässigen Auftraggeber damit beauftragt, Güter (hier: Gas) an mehr als drei wirtschaftlich unabhängige Abnehmer (Entladestellen) zu liefern. Nach Ansicht des Bundesamtes für Güterverkehr und bestätigt durch das genannte Urteil sind dies in Deutschland mehr als drei Kabotagebeförderungen.
Hätte es sich lediglich um einen Empfänger gehandelt, dem die Güter an mehr als einer Entladestelle angeliefert worden wären, würde es sich um „1” Kabotagebeförderung handeln (Beispiel: Erste Entladestelle ist die Zentrale der Hans Wurst KGaA, zweite Entladestelle ist das 5 km entfernte Außenlager der Hans Wurst KGaA und dritte Entladestelle ein 10 km entfernter Showroom der Hans Wurst KGaA). Ist die Hans Wurst KGaA gleichzeitig Absender als auch Empfänger, spielt die Anzahl der Be- und/oder Entladestellen keine Rolle (wobei hier dann die Ladekapazität des Fahrzeugs eine entscheidende Rolle spielen dürfte).
Wenn die von der Hans Wurst KGaA bestellte Ware jedoch nicht nur an dieses Unternehmen, sondern teilweise auch an die Hans Wurst Vertriebsgesellschaft mbH geliefert wird, handelt es sich um zwei verschiedene Empfänger und somit um zwei Kabotagebeförderungen.
Entscheidend ist also in erster Linie die frachtvertragliche Basis und wenn überhaupt nachrangig die Ladekapazität des Fahrzeugs oder andere Bezugsgrößen.
Hier die gegenüber der Klägerin im o.g. Verfahren zum Ausdruck gebrachte Auffassung des BAG zum Thema „1” Kabotagebeförderung bzw. „1” Beförderungsvorgang im Wortlaut: „Ein einzelner Beförderungsvorgang liege vor, wenn das Transportgut im Auftrag eines bestimmten Absenders an einen bestimmten Empfänger verbracht werde. Dies gelte unabhängig davon, ob Teile der Sendung an verschiedenen Orten übernommen und an verschiedenen Ablagestellen abgeliefert würden. Mehrere Kabotagebeförderungen lägen hingegen vor, wenn für mehrere Absender Fracht befördert oder diese an mehrere Empfänger geliefert werde. Unerheblich sei, ob ein Transport, bei dem der Absender identisch sei und das Transportgut am selben Ort zur selben Zeit aufgenommen werde, in einer Summe vergütet werde oder nicht.”

Welche Nachweise müssen vorgelegt werden?

Dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden, muss durch entsprechende Beförderungspapiere nachgewiesen werden. Üblicherweise genügt dazu ein Frachtbrief, der mindestens folgende Angaben umfassen muss (vgl. Artikel 8 Absatz 3 der VO (EG) Nr. 1072/2009):
  • Name, Anschrift und Unterschrift des Absenders
  • Name, Anschrift und Unterschrift des Verkehrsunternehmers (Frachtführer)
  • Name und Anschrift des Empfängers sowie nach erfolgter Lieferung dessen Unterschrift und das Datum der Lieferung
  • Ort und Datum der Übernahme der Ware sowie die Lieferadresse
  • die übliche Beschreibung der Art der Ware und ihrer Verpackung sowie bei Gefahrgütern ihre allgemein anerkannte Beschreibung, die Anzahl der Packstücke sowie deren besondere Zeichen und Nummern
  • die Bruttomasse der Güter oder eine sonstige Mengenangabe
  • das amtliche Kennzeichen des Kraftfahrzeugs und des Anhängers
Der vor der ersten Kabotagebeförderung stattgefundene grenzüberschreitende Transport muss in Form eines CMR-Frachtbriefes nachgewiesen werden. Bei unbeladener Einfahrt in das „Kabotageland“ gibt es einen solchen natürlich nicht, was auch das Indiz dafür wäre, dass nur eine Kabotagefahrt innerhalb von drei Tagen erlaubt ist. Dann sind aber die Nachweise für die originäre grenzüberschreitende Lastfahrt (und ggf. bereits durchgeführte Kabotagebeförderungen) zu erbringen, da nur infolge dieser Beförderung die Erlaubnis zur Kabotage überhaupt erworben wurde.

Was hat sich durch das „Mobilitätspaket I”geändert?

Durch das am 31. Juli 2020 veröffentlichte „ Mobilitätspaket I” ergeben sich ab dem 21. Februar 2022 Änderungen bei den Kabotagereglungen. Konkret sind die neuen Regelungen in der Verordnung (EU) 2020/1055 hinterlegt, die insbesondere die Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 und (EG) Nr. 1072/2009 ändert.
Über den Februar 2022 hinaus bleibt es bei der zuvor beschriebenen „3 in 7” bzw. „1 in 3”-Regelung hinsichtlich der Anzahl der erlaubten Kabotagebeförderungen. Neu wird sein, dass nach „Verbrauch” des Kabotagepensums, wenn also entweder die X Beförderungen oder die X Tage erbracht wurden bzw. abgelaufen sind, mit dem Fahrzeug innerhalb von vier Tagen nach Ende der Kabotagebeförderungen keine weiteren Kabotagebeförderungen in diesem sogenannten Aufnahmemitgliedstaat mehr durchgeführt werden dürfen. Diese „ Abkühlphase” soll sicherstellen, dass Kabotage nicht systematisch - also dauerhaft - betrieben wird.
Aufgrund wirtschaftlicher Interessen bzw. Zwänge wird das Fahrzeug mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit also nach den erlaubten Kabotagefahrten den Aufnahmemitgliedstaat beladen oder unbeladen verlassen und etwa für weitere grenzüberschreitende Beförderungen oder Kabotagetransporte in anderen Mitgliedstaaten eingesetzt werden müssen.
Da die Neuerungen aus der VO (EU) 2020/1055 in zahlreichen Details unklar formuliert sind, hat die EU-Kommission auf der Webseite der Generaldirektion Mobilität und Verkehr einen Fragen-Antworten-Katalog zu den neuen Kabotagevorschriften veröffentlicht. Darin werden sowohl die bisherigen Regelungen als auch die Neuerungen angesprochen. 
Bitte beachten Sie, dass nach Meinung der EU-Kommission bei der Berechnung der Fristen die Vorgaben der VO (EWG, Euratom) 1182/71 angewendet werden sollen. Verkürzt ausgedrückt sind deshalb bei der Fristenberechnung Samstage, Sonntage und Feiertage grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Außerdem müssen Zeiträume, die mindestens zwei Kalendertage umfassen, mindestens zwei Arbeitstage (Montag bis Freitag) umfassen. Einige Beispiele zur Fristenberechnung sind im oben verlinkten Fragen-Antworten-Katalog enthalten.
Dokumentation, Mitführungspflichten und Kontrollen
Weiterhin muss im Umfang der obigen Auflistung für jede Kabotagebeförderung ein Nachweis vom Unternehmen erbracht werden können. Hinzu kommt, dass sich die Nachweispflicht auch auf die der ersten Kabotagebeförderung vorhergehenden vier Tage ausweitet, um die neu eingeführte Abkühlphase kontrollierbar zu gestalten.
Der Fahrer ist verpflichtet, die Nachweise, die explizit auch in elektronischer Form (insbesondere eCMR) vorgelegt werden können, mitzuführen. Dokumente, die im Unternehmen, nicht aber beim Fahrer vorliegen, können in Straßenkontrollen seitens des Fahrers angefragt und „vor dem Abschluss der Straßenkontrolle” (???!!!) vom Unternehmen bereitgestellt werden.
Um die Kontrollierbarkeit zu verbessern ist zudem vorgesehen, dass künftig auch die über einen Fahrtenschreiber aufgezeichneten Informationen ausgewertet werden, weshalb es von großer Bedeutung war, die Pflicht zur Aufzeichnung von Grenzübertritten seit dem 20. August 2020 bei analogen und seit 02. Februar 2022 bei digitalen Fahrtenschreibern gesetzlich zu fixieren. Wenn über die ab 21. August 2023 neu eingeführte Version 2 der intelligenten Fahrtenschreiber auch Be- und Entladevorgänge erfasst werden sollten (bislang fehlt es an einer gesetzlichen Verpflichtung dazu für den Fahrer) und diese neueste Version in der Folge bis August 2025 in allen grenzüberschreitend eingesetzten Fahrzeugen eingebaut sein müssen, wird eine bislang weit aufklaffende Kontrollierbarkeitslücke zusehends geschlossen.
Beim Risikoeinstufungssystem hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Unternehmen bzw. Verkehrsleiter wurde durch das Mobilitätspaket auch die Verstoßkategorie „Kabotage” hinzugefügt, was eine weitere Motivation für künftig rechtskonformeres Verhalten sein dürfte.
Die Mitgliedstaaten werden zudem verpflichtet, mindestens zwei Mal pro Jahr untereinander abgestimmte spezifische Kabotagekontrollen durchzuführen, an denen sich im Einzelfall mindestens zwei Mitgliedstaaten beteiligen müssen.
Änderungen beim Vor- und Nachlauf im grenzüberschreitenden Kombiverkehr?
Bis Februar 2022 wird der rein innerstaatliche Straßentransport im Vor- und Nachlauf zu einem grenzüberschreitenden kombinierten Verkehr nicht als gesonderter Kabotagetransport eingestuft, sondern als Teil der grenzüberschreitenden Beförderung betrachtet. Den Mitgliedstaaten wird künftig die Möglichkeit eingeräumt, diese Transporte unter spezifischen Voraussetzungen auch als Kabotagetransport einzustufen. Es wird sich zeigen, wie sich Bund und Länder in der Sache positionieren und ob es an dieser Stelle zum Paradigmenwechsel kommt.

Was ist darüber hinaus zu beachten?

Bitte beachten Sie, dass auch der Auftraggeber einer Transportdienstleistung, die mit einem Fahrzeug mit einer zHm von mehr als 3.500 kg erbracht wird, aus dem Güterkraftverkehrsrecht heraus haftungsrechtliche Konsequenzen befürchten muss, wenn er nicht überprüft hat, ob das beauftragte Unternehmen die rechtlichen Voraussetzungen zur Durchführung der konkreten Transporte erfüllt (will sagen: im Besitz einer entsprechenden GÜLTIGEN Genehmigung ist). Unter der Überschrift „ Kontrollpflichten des Auftraggebers” haben wir die wesentlichen Informationen zusammengetragen.
Auch im Fahrpersonalrecht bestehen für nahezu alle in der Transportkette Beteiligten im Einzelfall Verantwortlichkeiten und Haftungsfallen.
Ebenso sollten ergänzend die Informationen des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) beachtet werden. Auf der Website des BAG ist auch der Buß- und Verwarnungsgeldkatalog zum Güterkraftverkehrsrecht hinterlegt. Bei vorsätzlichen Verstößen gegen die Vorschriften können diesem zufolge Bußgelder von bis zu 2.500 Euro erhoben werden.
* Die zitierten Ausführungen des BAG basieren noch auf der bis 20. Mai 2022 geltenden Rechtslage, dernach im grenzüberschreitenden Einsatz eine Genehmigung erst dann notwendig war, wenn das Fahrzeuge (oder die Zugfahrzeug-Anhänger-Kombination) eine zulässige Höchstmasse (zHm) von mehr als 3,5 t aufgewiesen hatte. Seit 21. Mai 2022 beträgt die Tonnagegrenze hinsichtlich der Genehmigungspflicht mehr als 2,5 t zHm.
Stand: Juni 2022

Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit einer Firma

Sie möchten eine neue Firma oder eine Änderung der Firma beim Handelsregister anmelden und klären, ob die Firma eintragungsfähig ist?
Über unseren  Onlineservice „Firmenprüfung” können Sie die firmenrechtliche Zulässigkeit der Firma einfach und kostenlos von uns prüfen lassen, wenn der Sitz des Unternehmens im Kammerbezirk der IHK Region Stuttgart liegt. Gegenstand der firmenrechtlichen Prüfung ist die Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft (Namensqualität), eine mögliche Irreführungseignung und die deutliche Unterscheidbarkeit der Firma von anderen Firmen mit demselben Sitz. Sie erhalten eine schriftliche Stellungnahme, die dem Registergericht vorgelegt werden kann. Das Registergericht entscheidet über die Eintragungsfähigkeit einer Firma nach eigenem Ermessen. Die Stellungnahme der IHK Region Stuttgart trägt dazu bei, Komplikationen im Eintragungsverfahren zu vermeiden und die Eintragung zu beschleunigen.

Ihre Vorteile:
  • Der Onlineservice steht Ihnen rund um die Uhr zur Verfügung.
  • Sie erhalten eine Stellungnahme im PDF-Format per E-Mail.
  • Ist die Firma rechtlich problematisch, hilft Ihnen die IHK, eine Lösung zu finden.
  • Die Eintragung in das Handelsregister kann beschleunigt werden.
  • Der Service ist für Sie komplett kostenfrei.

Transparenz auf Online-Plattformen

Mit der “Platform to Business-Verordnung” (P2B VO) soll das Kräfteverhältnis zwischen Online-Vermittlungsdiensten bzw. Online-Suchmaschinen und Unternehmern ausgeglichen werden. Online-Marktplätze verfügen über eine große Verhandlungsmacht und spielen im E-Commerce eine immer zentralere Rolle. Neben den klassischen Handelspattformen wie Amazon und ebay erfasst die Verordnung auch Reiseportale, Preisvergleichsportale, Online-Suchmaschinen, App Stores oder soziale Netzwerke in denen Unternehmen gegenüber Verbrauchern ihre Waren oder Dienstleistungen anbieten. Vor allem kleine und mittelständische Händler und Unternehmen sind auf solche Online-Portale als Vertriebskanäle angewiesen. Durch die P2B VO sollen die Unternehme mehr Rechte erhalten und bezüglich der Geschäftsbedingugen der Plattformbetreiber mehr Transparenz hergestellt werden.

Anwendungsbereich

Anwendung findet die P2B VO für Anbieter von Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen unabhängig vom Niederlassungsort oder Wohnsitz, d.h. grundsätzlich auch auf Anbieter mit Sitz außerhalb der Europäischen Union (EU). Die gewerblichen Nutzer bzw. Nutzer mit Unternehmenswebeite müssen ihre Niederlassung bzw. ihren Wohnsitz in der EU haben und über die Plattform Waren oder Dienstleistungen an in der EU befindlichen Verbraucher anbieten.
Sie findet keine Anwendung auf:
  • sogenannte Peer-to-Peer Online-Vermittlungsdienste ohne Beteiligung gewerblicher Nutzer,
  • reine Business-to-Business Online-Vermittlungsdienste, die nicht Verbrauchern angeboten werden,
  • Online-Zahlungsdienste und Online-Werbebörse

Transparente Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Anforderungen, die Plattformanbieter künftig beachten müssen sind insbesondere AGB und Informationspflichten.
Die AGB müssen nach Art. 3 Abs. 1 der P2B VO
  •  klar und verständlich formuliert sein,
  • zu jedem Zeitpunkt der Geschäftsbeziehung (auch vor Vertragsabschluss) zwischen Plattform und gewerblichen Nutzer leicht verfügbar sein,
  • die Gründe benennen, bei deren Vorliegen die Nutzung der Plattformanbieter vollständig oder teilweise ausgesetzt, beendet oder auf andere Weise eingeschränkt werden kann,
  • Informationen über zusätzliche Vertriebskanäle oder etwaige Partnerprogramme enthalten, über die der Plattformanbieter die vom gewerblichen Nutzer angebotenen Waren und Dienstleistungen zusätzlich vermarkten könnte (z.B. die Hervorhebungen von Produkten auf der Startseite der Plattform oder konkrete Werbung in Newslettern), und
  • allgemeine Informationen zu den Auswirkungen auf das geistige Eigentum der gewerblichen Nutzer (z.B. Urheberrechte bei Nutzung von Produktbildern).
Achtung: über geplante Änderung der AGB sind die gewerblichen Nutzer frühzeitig, spätestens aber 15 Tage vor Umsetzung der Änderung, zu informieren. Die gewerblichen Nutzer können entweder durch eine schriftliche Erklärung oder eine eindeutige bestätigende Handlung auf diese Frist verzichten. Über die geplanten Änderungen der AGB ist mittels einem dauerhaften Datenträger zu informieren. Im Falle von Änderungen der AGB hat der gewerbliche Nutzer künftig ein Kündigungsrecht. AGB, die den genannten Bedingungen nicht entsprechen, sind nicht rechtsverbindlich.

Offenlegen von Rankingparametern

Künftig müssen die AGB der Plattformen und die Anbieter von Online-Suchmaschinen die Hauptparameter erläutern, die das Ranking (also die Platzierung oder das Hervorheben von Produkten oder Dienstleistungen) bestimmen und die Gründe für ihre Gewichtung gegenüber anderen Parametern angeben. Das gleiche gilt für Online-Suchmaschinen. Diese müssen über die Rankingmechanismen klare und eindeutig formulierte Erläuterungen bereitstellen, die öffentlich leicht verfügbar sind. Können Plattformnutzer gegen Entgelt das Ranking beeinflussen, ist darüber zu informieren wie sich derartige Entgelte auf das Ranking auswirken. Darunter fallen auch sogenannte indirekte Entgelte, wie die Nutzung von Zusatzdiensten oder Premiumfunktionen. Offenzulegen sind:
  • die Merkmale der Waren und Dienstleistungen, die Verbrauchern über Online-Vermittlungsdienste oder Online-Suchmaschinen angeboten werden,
  • die Relevanz dieser Merkmale für diese Verbraucher,
  • im Falle von Online-Suchmaschinen die Gestaltungsmerkmale der Website, die von Nutzern mit eigener Website verwendet werden.
Details über die Funktionsweise der Rankingmechanismen und Algorithmen brauchen nicht offengelegt werden.

Verfahren für außergerichtliche Streitbeilegung

Plattformen müssen ein leicht zugängliches und kostenloses internes und System für die Bearbeitung von Beschwerden gewerblicher Nutzer einrichten. Die AGB müssen auf Zugang und Funktionsweise des Beschwerdesystems Bezug nehmen. Die Wirksamkeit des Beschwerdesystems ist einmal jährlich öffentlich auszuwerten. Außerdem sind in den AGB einen oder mehrere Mediatoren anzugeben, mit denen die Plattformen bereit sind zusammenzuarbeiten, um mit gewerblichen Nutzern eine außergerichtliche Streitbeilegung zu erzielen, wenn die Beschwerde nicht nach dem internen Beschwerdesystem gelöst werden kann.

Weitere Anforderungen

Bietet der Plattformanbieter auch selbst Waren und Dienstleistungen auf seiner Plattform an, kann daraus eine unterschiedliche Behandlung zwischen seinem Angebot und dem der gewerblichen Nutzer entstehen. Daher müssen die AGB eine etwaige unterschiedliche Behandlung erläutern.
Schränken Plattformbetreiber gewerbliche Nutzer in ihrer Möglichkeit ein, Verbrauchern dieselben Waren und Dienstleistungen auf anderen Vertriebskanälen, z.B. auf einer konkurrierenden Plattform, einzustellen, oder wird gewerblichen Nutzer untersagt auf der eigenen Webseite zu besseren Konditionen anzubieten als auf der Plattform (sog. Bestpreisklauseln), müssen die AGB die Gründe hierfür angeben und diese öffentlich leicht verfügbar machen.
Von datenschutzrechtlicher Seite ist in den AGB zu informieren:
  • über das Bestehen oder das Fehlen eines Zugangs zu personenbezogenen oder sonstigen Daten, die gewerbliche Nutzer oder Verbraucher für die Nutzung der betreffenden Plattform  zur Verfügung stellen oder die im Zuge der Bereitstellung der Plattform generiert werden, und
  • ob der Plattformbetreiber Zugang zu diesen Daten hat, sowie gegebenenfalls darüber, zu welchen Kategorien dieser Daten und zu welchen Bedingungen er Zugang hat.
Die P2B VO gilt ab dem 12. Juli 2020 unmittelbar und verbindlich in jedem europäischen Mitgliedstaat. Bußgelder bei Nichteinhaltung der vorgenannten Anforderungen sieht die Verordnung nicht unmittelbar vor. Allerdings sollen die Mitgliedstaaten eigene Vorschriften erlassen, die bei Verstößen anwendbar sind, und deren Umsetzung sicherstellen
Plattformbetreiber sollten jedenfalls bereits jetzt ihre AGB auf Anpassungsbedarf überprüfen und ggf. erforderliche Änderungen veranlassen.
Die einzelnen Anforderungen können nochmals in der P2B VO nachvollzogen werden.

Voraussetzungen, Antragstellung und Abrechnung

FAQs zur Kurzarbeit

Update Januar 2023: Folgende Sonderregelungen wurden befristet bis zum 30. Juni 2023 verlängert:
  • Die Zahl der Beschäftigten, die im Betrieb vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bleibt auf mindestens zehn Prozent (statt mindestens ein Drittel) abgesenkt.
  • Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor der Gewährung des Kurzarbeitergeldes wird weiter verzichtet
  • Auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern wird der Bezug von Kurzarbeitergeld weiterhin ermöglicht.
  • Diese Zugangserleichterungen umfassen auch Betriebe, die ab dem 1. Juli 2022 neu oder nach einer mindestens dreimonatigen Unterbrechung erneut Kurzarbeit anzeigen müssen. 
  • Sozialversicherungsbeiträge werden für die ausgefallenen Arbeitsstunden bis maximal 31. Juli 2023 zur Hälfte erstattet, wenn die Kurzarbeit mit einer beruflichen Weiterbildung verbunden wird, die bestimmte Voraussetzungen erfüllt. 
Weitere Informationen hierzu finden Sie im nachfolgenden Text.

I. Fragen zu den Voraussetzungen des Kurzarbeitergeldes

1. Was versteht man unter Kurzarbeit?

Kurzarbeit beschreibt die vorübergehende Herabsetzung der betriebsüblichen Arbeitszeit unter gleichzeitiger entsprechender Kürzung des Arbeitsentgelts. Wird der Betrieb vollständig eingestellt, spricht man von „Kurzarbeit auf Null“.

2. Was ist Kurzarbeitergeld (KUG)?

Kurzarbeitergeld wird von der Agentur für Arbeit als teilweise Ersatz für den durch den vorübergehenden Arbeitsausfall entfallenen Lohn gezahlt. Der Arbeitgeber wird dadurch bei den Personalkosten vorübergehend entlastet, wodurch Kündigungen der Beschäftigten vermieden werden können.

3. Wie lange kann KUG höchstens bezogen werden?

Die Bezugsdauer beträgt gemäß § 104 Abs. 1 SGB III längstens 12 Monate. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) kann bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem gesamten Arbeitsmarkt eine Verlängerung der Bezugsdauer per Verordnung festlegen.
Hinweis: Die maximale Bezugsdauer für das KUG wurde zuletzt befristet bis zum 30. Juni 2022 auf bis zu 28 Monate verlängert. Diese Sonderregelung endete zu diesem Zeitpunkt. Seit dem 1. Juli 2022 beträgt die Bezugsdauer wieder grundsätzlich 12 Monate. 
Betriebe, die die gesetzliche Bezugshöchstdauer des KUG ausgeschöpft haben, können erst nach einer “Wartezeit” von drei Monaten wieder KUG beziehen, sofern die Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt noch oder erneut erfüllt sind. In diesem Fall beginnt grundsätzlich eine neue Bezugsdauer, d.h. der Arbeitsausfall ist auch erneut anzuzeigen.

4. Wer kann KUG beantragen?

Das KUG ist eine Leistung der Arbeitslosenversicherung. Für die Leistungsgewährung wird vorausgesetzt, dass der Betrieb mindestens einen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter beschäftigt.

5. Wie können Unternehmen Kurzarbeit einführen? Was sind die Voraussetzungen?

Als wesentliche Mindestvoraussetzungen gelten, wenn:

  • in einem Betrieb ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
  • in dem betroffenen Betrieb mindestens eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer beschäftigt ist,
  • die geforderten persönlichen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (vor allem eine ungekündigte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung) und
  • der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit vom Betrieb oder der Betriebsvertretung unverzüglich angezeigt wird.

Die Voraussetzungen für einen erheblichen Arbeitsausfall sind erfüllt, wenn

  • er auf wirtschaftlichen Gründen, insbesondere einer schlechten Konjunkturlage oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,
  • er vorübergehend ist,
  • er nicht vermeidbar ist und
  • in dem betroffenen Betrieb im Anspruchszeitraum (Kalendermonat) – nach aktuellen Gesetzesänderungen – mindestens 10 Prozent der Beschäftigten wegen des Arbeitsausfalls ein um mehr als 10 Prozent vermindertes Entgelt erzielt (regulär ist ein Anteil von 30 Prozent betroffener Beschäftigten erforderlich).
Hinweis zu KUG und steigenden Energiepreisen:
Die Bundesagentur für Arbeit teilt mit, dass KUG nicht gewährt wird, wenn als ausschließlicher Grund die aktuellen Preissteigerungen, insbesondere beim Gas und anderen Energieträgern, angegeben wird.
Ein Anspruch besteht erst dann, wenn der eingetretene Arbeitsausfall auf wirtschaftlichen Ursachen oder einem unabwendbaren Ereignis. Preissteigerungen werden nicht als unabwendbares Ereignis angesehen. Es handele sich hierbei um ein allgemeines Marktrisiko. Hohe Energiepreise und Preissteigerungen bei anderen Betriebskosten werden laut der Bundesagentur für Arbeit auch nicht von dem Begriff “wirtschaftliche Ursachen” erfasst.
Das bedeutet, dass Unternehmen zunächst ihre Preise anpassen und als Folge darauf Kunden ausbleiben müssen und ein Arbeitsausfall entstehen muss, bevor KUG bewilligt werden kann. Sind auch die weiteren Voraussetzungen für den Bezug von KUG erfüllt, kann ein Anspruch auf KUG entstehen.
Sollte es zu Engpässen bei der Energieversorgung kommen, die staatlich regulierende Maßnahmen der Belieferung mit Gas durch die Bundesnetzagentur erforderlich machen, können diese als  unabwendbares Ereignis anerkannt werden, sofern der Betrieb unmittelbar von den Regulierungen betroffen ist und es dadurch zu einem Arbeitsausfall kommt. Das Unternehmen hat darzulegen, wie die Auswirkungen auf den Betrieb sind und inwiefern dies einen Arbeitsausfall verursacht. Sind auch die weiteren Voraussetzungen für das KUG erfüllt, kann ein Anspruch auf KUG entstehen, so die Bundesagentur für Arbeit.
Weitere Informationen mit Beispielen zur Orientierung enthält das Informationsblatt der Bundesagentur für Arbeit zu KUG und Energiepreisen
Unternehmen sollten sich vor der Beantragung zwingend bei der zuständigen Arbeitsagentur beraten lassen. 
Hinweis zur 10-Prozent-Regelung: 
Die Regelung, wonach es ausreicht, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen ist, ist befristet bis zum 30. Juni 2023. Wenn diese Regelung nicht verlängert wird, gilt ab dem 1. Juli 2023 die reguläre Regelung, wonach mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Entgeltausfall betroffen sein muss. 

6. Kann der Arbeitgeber einseitig die Kurzarbeit anordnen?

Nein. Kurzarbeit kann nicht ohne Weiteres einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden. Die Anordnung der Kurzarbeit ist nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst. Kurzarbeit muss daher arbeitsrechtlich zulässig eingeführt werden,
  • durch Tarifvertrag,
  • durch Betriebsvereinbarung,
  • durch Kurzarbeitsklausel im Arbeitsvertrag oder
  • durch einzelvertragliche Vereinbarung mit den Arbeitnehmern.
Wenn kein Betriebsrat und keine tarifvertragliche Regelung zur Kurzarbeit existiert, müssen alle Arbeitnehmer, die von der Kurzarbeit betroffen sind, dieser zustimmen. Es muss eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und seinen betroffenen Angestellten darüber geben, um wie viel Prozent ihre jeweilige Arbeitszeit reduziert werden soll. Diese Vereinbarung sollte schriftlich festgehalten werden.

7. Welche Mitarbeiter haben Anspruch auf KUG?

Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben alle ungekündigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (auch keine Kündigung durch den Mitarbeiter selbst), die durch die Kurzarbeit einen Gehaltsausfall von über 10 Prozent haben und weiterhin versicherungspflichtig beschäftigt sind.
Ist die sogenannte Erheblichkeitsschwelle erreicht, können auch ungekündigte, versicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Gehaltsausfall 10 Prozent oder weniger beträgt, Kurzarbeitergeld erhalten.
Grundsätzlich keinen Anspruch haben: 
Minijobber, Rentner, Werkstudenten, Bezieher von Krankengeld, Mitarbeiter/-innen in Elternzeit, Auszubildende, es sei denn sie beenden ihre Ausbildung während der Kurzarbeit und werden vom Betrieb übernommen. Ebenfalls vom Kurzarbeitergeld-Bezug ausgeschlossen sind Personen, die als Teilnehmer/-innen an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung oder Übergangsgeld beziehen, wenn diese Leistung nicht für eine neben der Beschäftigung durchgeführte Teilzeitmaßnahme gezahlt wird.
Sonderfall Auszubildende:
Auszubildenden gegenüber kann in der Regel keine Kurzarbeit angeordnet werden.
Der Ausbildungsbetrieb ist verpflichtet, alle Mittel auszuschöpfen, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten, zum Beispiel durch:
  • Umstellung des Ausbildungsplans durch Vorziehen anderer Lerninhalte
  • Versetzung in eine andere Abteilung oder eine Lehrwerkstatt
  • Durchführung besonderer Ausbildungsveranstaltungen (Durchführung von Projektarbeiten, Nutzung von Lernplattformen, Ausarbeitung von Handouts/Anleitungen (z. B. für Office-Anwendungen, Handling von speziellen Warengruppen, etc.)
Erst wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann Kurzarbeit auch für Auszubildende in Frage kommen.
Zu beachten ist, dass Auszubildende zunächst für sechs Wochen Anspruch auf Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG haben, erst danach besteht ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

8. Muss sich Kurzarbeit auf das gesamte Unternehmen erstrecken?

Kurzarbeit kann auf einzelne Bereiche/Abteilungen beschränkt werden – und auch in Bezug auf unterschiedliche Arbeitnehmergruppen (unter Berücksichtigung der Anforderungen an eine sachliche Rechtfertigung von Unterscheidungen) in unterschiedlichem Umfang durchgeführt werden.

9. Haben auch Mitarbeiter, die die Regelaltersgrenze überschritten haben, einen Anspruch auf KUG?

Wenn das Arbeitsverhältnis automatisch mit Renteneintritt endet, ist der Mitarbeiter bis zu dem Beendigungszeitpunkt anspruchsberechtigt.
Wenn der Mitarbeiter vorzeitig das Arbeitsverhältnis kündigt, erhält er für die Zeit der Kündigungsfrist kein KUG. Es besteht die Möglichkeit am Tag vor der Rente einen Aufhebungsvertrag mit Geltung zum darauffolgenden Tag zu schließen. Dann erhält er KUG bis zum Tag vor der Rente.
Wer über das Rentenalter hinaus arbeitet, ist üblicherweise versicherungsfrei beschäftigt und damit nicht mehr KUG-berechtigt. Solange der Antrag auf Rente gestellt ist, aber noch keine Altersrente als Vollrente zuerkannt ist und der Mitarbeiter noch weiterhin versicherungspflichtig ist, kann KUG beantragt werden.
Mitarbeiter in der Freistellungsphase Altersteilzeit haben ihre Arbeitszeit in der Arbeitsphase bereits vorgearbeitet. Sie haben weder Arbeitsausfall noch Entgeltausfall, deshalb ist kein KUG möglich.

10. Darf ich Arbeitnehmer, deren befristeter Arbeitsvertrag ausläuft, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernehmen?

Auch befristet Beschäftigte können Kurzarbeitergeld erhalten nach § 98 SGB III. Problematisch sind aber die Fälle, in denen die Befristung auslaufen wird, bevor die Kurzarbeit endet. Aber auch in diesen Fällen besteht zumindest die Möglichkeit einer Fortsetzung, sodass auch hier Kurzarbeit möglich sein kann.

11. Was gilt bei ausländischen Mitarbeitern, die im Betrieb in Deutschland arbeiten?

Kurzarbeitergeld kann bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen gezahlt werden, vgl. § 98 Abs. 1 SGB III. Dadurch, dass das Leistungsrecht des SGB III von dem Beschäftigungsort ausgeht, hat auch ein ausländischer Mitarbeiter einen Anspruch, sofern dieser im Bundesgebiet beitragspflichtig beschäftigt ist und der kurzarbeitende Betrieb im Bundesgebiet liegt.

12. Was geschieht bei Kündigungen während der Kurzarbeit?

Sobald eine Kündigung zugegangen ist, entfällt mit sofortiger Wirkung der Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Das gilt sowohl für Kündigungen durch den Arbeitgeber als auch für Kündigungen durch den Arbeitnehmer. Sprich, ab Ausspruch der Kündigung erhalten Arbeitnehmer kein KUG nach § 98 Abs. 1 Ziff. 2 SGB III. Dieser schreibt vor, dass das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst sein darf.

13. Wie wirkt sich eine angekündigte Betriebsschließung auf den Bezug von Kurzarbeitergeld aus? 

Das Kurzarbeitergeld wird Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei vorübergehendem Arbeitsausfall in Betrieben gewährt. Durch die Gewährung von Kurzarbeitergeld sollen den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten werden.
Die Bundesagentur für Arbeit hat in ihren Fachlichen Weisungen zum Kurzarbeitergeld geregelt, dass ein vorübergehender Arbeitsausfall vorliegt, wenn sich die Dauer des Arbeitsausfalls an der Bezugsdauer nach § 109 SGB III orientieren. Es muss also für die gesamte Dauer des Bezugs von Kurzarbeitergeld erkennbar sein, dass die Wiederaufnahme der Vollarbeit nach dem Ende des Bezugs von Kurzarbeitergeld möglich ist.
Ein typischer Fall für das Fehlen des vorübergehenden Arbeitsausfalls ist derjenige der bereits beschlossenen Betriebsstilllegung. Wird ein Betrieb stillgelegt, kann die Gewährung von Kurzarbeitergeld den Verbleib in Beschäftigung nicht mehr sichern. Ein Arbeitsausfall ist auch nicht vorübergehend, wenn der Betrieb vor der Schließung noch für eine Übergangszeit fortgeführt wird.
Zu einer anderen Beurteilung kann es aufgrund einer noch sehr weit in der Zukunft liegenden Betriebsstillegung im Rahmen einer Einzelfallentscheidung kommen. Es ist für einen möglichen Anspruch auf Kurzarbeitergeld zu prüfen, ob der Grund für den derzeitigen Arbeitsausfall nicht im Zusammenhang mit der in der Zukunft liegenden Betriebsschließung steht. Eine Einschätzung, ob nach einem Beschluss über eine Betriebsschließung weiterhin ein vorübergehender Arbeitsausfall vorliegt, kann jedoch nur im konkreten Einzelfall getroffen werden. Betroffenen Betrieben sollte daher geraten werden, sich möglichst frühzeitig durch ihre Agentur für Arbeit zum Sachverhalt beraten zu lassen.

II. Fragen rund um die Beantragung von Kurzarbeitergeld

1. Wie erfolgt die Anzeige auf Arbeitsausfall und der Antrag auf KUG?

Wichtig: Es ist zunächst zu unterscheiden zwischen der Anzeige auf Arbeitsausfall und dem Antrag auf Kurzarbeitergeld. Es gelten jeweils unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen. Es ist somit ein zweistufiges Antragsverfahren.
Zunächst ist der Arbeitsausfall bei der gemäß § 99 Abs. 1 SGB III zuständigen Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen. Der Anzeige ist eine etwaige Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen. Die Anspruchsvoraussetzungen sind darzulegen und glaubhaft zu machen.
Bei Betrieben mit mehreren Standorten kann auf Anfrage ein sog. „Schlüsselkunden-Berater“ durch die Agentur für Arbeit beauftragt werden, der die Koordinierung in Kurzarbeitsfragen zwischen den eingebundenen Agenturen für Arbeit und den betroffenen Betrieben des Unternehmens übernimmt.
Anschließend hat der Arbeitgeber nach §§ 323 Abs. 2 S. 1, 327 Abs. 3 S. 1 SGB III den Leistungsantrag schriftlich oder elektronisch bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk die für den Betrieb zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt, zu stellen.
Hinweis bei mehreren Betriebsstätten/Standorten: Bei Vorhandensein einer zentralen Lohnabrechnungsstelle ist ein „gebündelter“ Antrag möglich. Falls nicht vorhanden, Antragstellung für den einzelnen Betrieb notwendig.
Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten zu stellen, wobei die Frist mit Ablauf des Monats beginnt, in dem die Tage liegen, für die die Leistungen beantragt werden.

2. Darf der Arbeitgeber vor Beantragung von KUG einseitig Urlaub anordnen?

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber gehalten, vor Beantragung von KUG auf die Verwertung etwaiger Resturlaubsansprüche hinzuwirken. Bei bevorstehender Kurzarbeit darf der Arbeitgeber dennoch nicht grundsätzlich einseitig Urlaub anordnen, sofern Urlaubswünsche der Arbeitnehmer entgegenstehen. Kurzarbeit stellt insbesondere keinen betrieblichen Belang im Sinne von § 7 Abs. 1 BUrlG dar, der den individuellen Urlaubswünschen der Arbeitnehmer entgegengehalten werden kann.
Jedoch könnten die Arbeitnehmer den Verdienstausfall durch Kurzarbeit vermeiden, indem sie Urlaub nehmen. Daher ist es jedenfalls möglich, die Mitarbeiter von den Vorzügen des Urlaubs zu überzeugen.

3. Muss vor Beantragung von KUG Urlaub abgebaut werden?

Urlaub kann auch während der Kurzarbeit genommen werden. Der Urlaub wird vom Arbeitgeber mit dem üblichen Urlaubsentgelt vergütet. Der Arbeitgeber kann jedoch Kurzarbeit erst anmelden bzw. beantragen, wenn er alles getan hat, um Arbeitsausfall im Betrieb zu verhindern. Dazu gehört auch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen (§ 96 Abs. 4 S. 2 SGB III). Als vorrangige Urlaubswünsche des Arbeitnehmers  können beispielsweise gelten: Urlaubswünsche wegen Schließzeiten von Kitas, Schulferien, Urlaubsmöglichkeiten des Partners, Erholungsbedürftigkeit etc. 
Im Hinblick auf Urlaub und Kurzarbeitergeld sind folgende Konstellationen denkbar:
Resturlaub:
Sofern noch übertragbare Resturlaubsansprüche aus dem Vorjahr vorhanden sind, sind diese zur Vermeidung von Arbeitsausfall grundsätzlich vor dem Bezug von KUG einzusetzen. 
Das heißt, der Arbeitgeber hat mit Beschäftigten, die noch “alte”, bisher nicht verplante Urlaubsansprüche haben (die zu verfallen drohen), den Antritt dieses Urlaubs in Zeiten mit Arbeitsausfall im Betrieb zu vereinbaren. Dabei sind Urlaubswünsche der Beschäftigten zu berücksichtigen, diese gehen grundsätzlich vor. 
Urlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr:
Die Bundesagentur für Arbeit verlangte aufgrund der Coronapandemie bis Ende 2020 nicht, dass Beschäftigte ihren Erholungsurlaub aus dem laufenden Jahr einsetzen, um Kurzarbeit zu vermeiden. Seit dem 1. Januar 2021 muss der Erholungsurlaub zur Vermeidung der Kurzarbeit wieder eingebracht werden, wenn die Urlaubswünsche der Beschäftigten dem nicht entgegenstehen. 
  • Besteht eine Urlaubsplanung für das aktuelle Urlaubsjahr, zum Beispiel durch eine Urlaubsliste, einen Urlaubsplan oder Betriebsferien, muss dieser nicht vorher zur Vermeidung von Kurzarbeit eingebracht werden. Der Urlaub wird dann zu den geplanten Zeiten genommen. Wird von dieser Planung nur aufgrund von Kurzarbeit abgewichen, liegt kein unvermeidbarer Arbeitsausfall vor. 
  • Besteht keine Urlaubsplanung, muss gegen Ende des Urlaubsjahres der Antritt von Urlaubsansprüchen zur Vermeidung von Kurzarbeit festgelegt werden. Das gilt aber nur, wenn der Urlaub nicht in das folgende Urlaubsjahr übertragen werden kann. Wird dieser Urlaub nicht genommen, liegt kein unvermeidbarer Arbeitsausfall vor. 
Bei einer vorläufigen Bewilligung zu Beginn eines neuen Urlaubsjahres müssen Arbeitgeber die Urlaubsplanung oder Urlaubswünsche nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt der Agentur für Arbeit vorlegen. Arbeitgeber können den Urlaub so planen, wie es im Betrieb üblich ist. Fordern Arbeitgeber erst zum März von ihren Beschäftigten eine Urlaubsplanung ein, muss diese auch erst im März bei der Agentur für Arbeit eingereicht werden, wenn dies verlangt wird. Eine formlose Urlaubsplanung, Urlaubsliste oder eine Vereinbarung über Betriebsferien ist hierbei ausreichend. 
Hinweis: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 30. November 2021 entschieden, dass vollständig ausgefallene Arbeitstage auf Grund von Kurzarbeit (100 Prozent Arbeitsausfall) bei der Berechnung des Urlaubsjahres berücksichtigt werden können. 
Ob eine Kürzung des Urlaubsanspruchs nachträglich noch möglich ist, ist im Einzelfall auf Grundlage der arbeitsrechtlichen Regelungen zu prüfen.
Erfolgt eine arbeitsrechtlich zulässige Kürzung des Urlaubsanspruchs auf Grundlage von durch Kurzarbeit vollständig ausgefallenen Arbeitstagen nach der Entscheidung des BAG vom 30. November 2021, wird diese durch die Agenturen für Arbeit bei der Ermittlung des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld berücksichtigt. Die Kürzung des Urlaubsanspruchs hat der Arbeitgeber gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit in geeigneter Form anzuzeigen (Mitteilung der Kürzung und Einreichung geänderter Arbeitszeitnachweise). Stellt die Agentur für Arbeit nach Prüfung des Sachverhalts fest, dass eine Korrektur des bewilligten KUG erforderlich ist, wird sie dies veranlassen. 
Derartige Korrekturen sind in laufenden Verfahren wegen der nur vorläufigen monatlichen Erstattung des KUG immer möglich. Ist das Verfahren durch rechtskräftigen Bescheid nach der Durchführung einer Abschlussprüfung bereits beendet, richtet sich die Möglichkeit einer Korrektur nach den Vorschriften des Sozialverwaltungsrechts (§ 330 Abs. 1 SGB III). 
Weitere Informationen rund um die Thematik Urlaub beantwortet auch das FAQ der Bundesagentur für Arbeit.

4. Inwieweit müssen Überstunden vor Beantragung von KUG abgebaut werden?

Die  aktuell geltenden Erleichterungen zum KUG verzichten explizit nur auf den Aufbau von Minusstunden. Plusstunden bzw. Überstunden müssen grundsätzlich weiter zur Vermeidung von Kurzarbeit genutzt werden, soweit sie dem Arbeitgeber zugänglich sind. Bei Langzeitkonten wird es jedoch komplizierter: Es kommt darauf an, wie diese gestaltet sind. Handelt es sich um Wertguthaben nach 7c SGB IV, sind die dort vorgesehenen Verwendungszwecke von Wertguthaben u.a. gesetzlich geregelt bzw. vertraglich geschützt. Dies betrifft insbesondere vereinbarte vollständige oder teilweise Freistellungen von der Arbeitsleistung (Elternzeit, Pflegezeit, Sabbatical etc.), aber auch für Zeiten vor einer Rente wegen Alters sowie für solche Zeiten der Teilnahme an beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen. Ob es sich um geschützte Wertguthaben i.S.d. § 7c SGB IV handelt, kann u. a. danach beurteilt werden, ob hierfür der nach § 7e SGB IV zu vereinbarende Insolvenzschutz eingerichtet wurde. Weitere Informationen zu den Themen „Wertguthaben“ sind der Broschüre “Wertgutachten” des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu entnehmen. 

5. Können auch Leiharbeitnehmer KUG erhalten?

Befristet bis zum 30. Juni 2023 können auch Leiharbeitnehmer/-innen in Betrieben Kurzarbeitergeld erhalten.

6. Wie ist bei Mitarbeitern zu verfahren, die nach Anzeige der Kurzarbeit erkranken?

Wird KUG durch die Bundesagentur für Arbeit gewährt, bestimmt § 98 SGB III, dass auch für Arbeitnehmer, die während des Bezugs von KUG arbeitsunfähig werden (z.B. aufgrund von Krankheit), die persönlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf KUG erfüllt sind. Dies gilt so lange, wie ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts gegenüber dem Arbeitgeber im Krankheitsfall besteht.
Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer wird demnach so gestellt, als wäre er nicht arbeitsunfähig und erwirbt einen entsprechenden Anspruch auf Lohnfortzahlung.

III. Fragen rund um die Berechnung von Kurzarbeitergeld

1. Wer trägt die Kosten für die Sozialversicherung? Muss man als Arbeitgeber in Vorkasse gehen?

Bezieht ein Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld, bleibt sein Versicherungsverhältnis in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehen. Es gelten die üblichen Beitragssätze für Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die tatsächlich geleistete Arbeit. Die Beiträge zur Sozialversicherung müssen auch weiterhin – mit dem Lohn – vom Arbeitgeber abgeführt werden. 
Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit endete zum 31.12.2021. In der Zeit vom 01.01. bis 31.03.2022 wurden die Sozialversicherungsbeiträge nur noch in Höhe von 50 Prozent erstattet. Die anderen 50 Prozent konnten Arbeitgeber erstattet bekommen, wenn die Beschäftigten während der Kurzarbeit an einer unter bestimmten Voraussetzungen geförderten beruflichen Fortbildung teilgenommen hatten. Auch konnten die Lehrgangskosten für diese Weiterbildungen abhängig von der Betriebsgröße ganz oder teilweise erstattet werden. 
Seit dem 01.04.2022 werden die Sozialversicherungsbeiträge den Arbeitgebern zu 50 % erstattet, wenn die Kurzarbeit mit einer beruflichen Weiterbildung verbunden wird, die bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Die Voraussetzungen für eine finanzielle Unterstützung für die Weiterbildung während Kurzarbeit finden Sie auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit

2. Wie hoch ist das KUG?

Die Höhe des KUG entspricht dem des Arbeitslosengeldes, es beträgt also bei einer vollständigen Reduzierung der Arbeitszeit („Kurzarbeit null“) allgemein 60 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts bzw. 67 Prozent für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind. Soweit Arbeitszeit und damit auch Entgelt nicht vollständig entfallen, sondern lediglich reduziert werden, besteht natürlich auch nur ein anteiliger Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Aufgrund der Corona-Krise wurde für Beschäftigte, deren Arbeitsentgelt um mindestens die Hälfte reduziert war, das KUG gestaffelt erhöht. Ab dem vierten Bezugsmonat erhielten diese Personen 70 oder ggf. 77 Prozent (für Beschäftigte mit mindestens einem Kind) sowie ab dem siebten Monat 80 oder ggf. 87 Prozent des Entgeltausfalls als Kurzarbeitergeld. Diese erhöhten Leistungssätze galten befristet bis zum 30. Juni 2022 und wurden nicht weiter verlängert. 
Seit dem 1. Juli 2022 beträgt die Höhe des KUG bei einer vollständigen Reduzierung der Arbeitszeit wieder 60 oder ggf. 67 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts. 

3. Auf welcher Grundlage muss das Kurzarbeitergeld berechnet werden?

Der Arbeitgeber hat das Kurzarbeitergeld selbstständig zu errechnen und an seine Mitarbeiter auszuzahlen. Zur Ermittlung der Höhe des Kurzarbeitergeldes stellt die Bundesagentur für Arbeit die Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes zur Verfügung. 
Aus dieser Tabelle können die sogenannten rechnerischen Leistungssätze abgelesen werden. Dabei handelt es sich um die pauschalierten monatlichen Nettoentgelte unter Berücksichtigung der Leistungssätze 1 und 2 sowie der Lohnsteuerklasse des Arbeitnehmers. Zu dem Soll- und dem Ist-Brutto für den entsprechenden Monat werden die beiden individuellen rechnerischen Leistungssätze herausgesucht und der eine Wert vom anderen abgezogen. Die Differenz ergibt das Kurzarbeitergeld.
Besonderheiten bei flexibler Arbeitszeit: Maßgeblich ist, welche Stundenzahl für den aktuellen Monat gegolten hätte, wenn keine Kurzarbeit eingetreten wäre, beispielsweise durch einen Schichtplan. Lässt sich das nicht bestimmen, kann die Arbeitszeit der gleichen Monate im Vorjahr herangezogen werden.
Besonderheit bei Provisionen: Provisionen zählen zum Arbeitsentgelt, sofern sie versicherungspflichtig sind. Ist es nicht möglich, das Soll-Entgelt mit hinreichender Sicherheit zu bestimmten, z.B. bei Personen deren Höhe des Arbeitsentgelts ausschließlich von dem Arbeitsergebnis und nicht von der Arbeitszeit abhängt, ist als Soll-Entgelt das Arbeitsentgelt maßgebend, das der Arbeitnehmer in den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn des Arbeitsausfalls durchschnittlich erzielt hat. Bitte lesen Sie hierzu die Hinweise zum Antragsverfahren der Bundesagentur für Arbeit

4. Kann der Arbeitgeber freiwillige Aufstockungsbeträge zahlen um das Kurzarbeitergeld zu bezuschussen?

Ein Anspruch auf die Aufstockung des Kurzarbeitergehalts durch den Arbeitgeber besteht nicht. Häufig kann jedoch gerade das Angebot des Arbeitgebers, das KUG aufzustocken, für die Unterzeichnung der individualvertraglichen Ergänzungsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit ausschlaggebend sein.
Zu beachten ist hierbei, dass dieser Aufstockungsbetrag generell steuerpflichtig ist. Beitragspflicht besteht nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 SvEV dagegen nur, wenn der Aufstockungsbetrag zusammen mit dem KUG 80 Prozent des ausgefallenen Arbeitsentgelts übersteigt. Wird ein höherer Aufstockungsbetrag gezahlt, ist nur der übersteigende Betrag beitragspflichtig.

5. Wie wirkt sich ein Hinzuverdienst/eine Nebenbeschäftigung auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes aus?

Wenn die Nebentätigkeit schon vor Beginn der Kurzarbeit durchgeführt wurde, ergeben sich keine Auswirkungen, erfolgt also keine Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld.
Bei Kurzarbeitern, die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine weitere Beschäftigung aufnehmen, gilt Folgendes: Das daraus erzielte Entgelt ist als sogenanntes "Istentgelt" (tatsächlich erzieltes Entgelt) bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes zu berücksichtigen und dem erzielten Entgelt aus der Hauptbeschäftigung hinzuzurechnen.
Aufgrund der Corona-Krise galt befristet bis zum 30.06.2022 eine Hinzuverdienstregelung, wonach ein während der Kurzarbeit aufgenommener Minijob anrechnungsfrei blieb beim KUG. Diese Regelung wurde nicht weiter verlängert. 
Seit dem 1. Juli 2022 gilt: Der Zuverdienst aus einem seit Beginn der Kurzarbeit neu aufgenommenen Minijob wird auf das KUG angerechnet. 

6. Der Arbeitnehmer hat zwei sozialversicherungsrechtliche Teilzeitjobs - Muss er den Arbeitgeber informieren?

Die primär sozialversicherungsrechtliche Anzeigepflicht einer weiteren (insbesondere geringfügigen) Beschäftigung stellt zugleich eine Arbeitsvertragspflicht des Arbeitnehmers als Nebenpflicht dar.
Arbeitnehmer sind bei Aufnahme eines Nebenjobs während des Bezugs von Kurzarbeitergeld verpflichtet, das daraus erzielte Einkommen durch eine Nebeneinkommensbescheinigung (Vordruck der Agentur für Arbeit) nachzuweisen. Der Arbeitgeber hat das Einkommen aus einem Nebenjob bei der Beantragung des Kurzarbeitergeldes zu berücksichtigen und die Nebeneinkommensbescheinigung der Abrechnungsliste für das Kurzarbeitergeld beizufügen.
Den entsprechenden Vordruck findet man auf der Homepage der Agentur für Arbeit.
Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers umfasst u.a. die Nachfrage über die Ausübung einer Nebentätigkeit und insbesondere dessen Umfang im Hinblick auf die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes. Sie müssten also in jedem Fall schriftlich nachweisen, dass Sie den einzelnen Mitarbeiter mit Nachdruck mehrmals aufgefordert haben, Auskunft über die Nebentätigkeit zu erteilen (im besten Fall schriftlich!). Allein auf diese Weise lässt sich ein entsprechendes Haftungsrisiko bzgl. der Angaben gegenüber der Agentur für Arbeit minimieren.

IV. Fragen rund um die Abschlussprüfung zum Kurzarbeitergeld

1. Was bedeutet die Abschlussprüfung beim Kurzarbeitergeld?

Nach Beendigung der Kurzarbeit erfolgt die Abschlussprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit. Hier werden betriebliche Unterlagen geprüft und es erfolgt eine endgültige Festsetzung des Kurzarbeitergeldes. Die Abschlussprüfungen gehören also zum normalen Ablauf des Verfahrens bei Kurzarbeit. Die Ankündigung der Abschlussprüfung bedeutet somit nicht, dass von irgendwelchen Unregelmäßigkeiten auszugehen ist. Die Abschlussprüfung ist vielmehr in jedem Fall der Kurzarbeit vorgesehen. Hier haben sich auch in der Corona-Pandemie keine Besonderheiten ergeben. Die Bundesagentur für Arbeit informiert die Unternehmen schriftlich über den genauen Zeitpunkt und die benötigten Unterlagen.
Zweck der Abschlussprüfung ist es, sicherzustellen, dass Kurzarbeitergeld in der korrekten Höhe beantragt und ausgezahlt wurde. Außerdem soll den Betrieben Rechtssicherheit gegeben werden. Sollten etwaige Unstimmigkeiten vorliegen und diese noch nicht behoben worden sein, kann eine Korrektur noch im Rahmen der Abschlussprüfung stattfinden.

2. Welche Unterlagen werden regelmäßig für die Abschlussprüfung benötigt?

Für jeden Kalendermonat, für den die Bundesagentur für Arbeit Ihnen Kurzarbeitergeld und Sozialversicherungsbeiträge erstattet hat, sind folgende Unterlagen regelmäßig durch das Unternehmen bereit zu halten:
  • Lohnkonto
  • Arbeitszeitnachweise
  • Auszahlungsnachweise
  • Entgeltabrechnungen
Daneben werden Unterlagen zu den rechtlichen Grundlagen der Arbeitsentgeltansprüche und der Vereinbarung der Kurzarbeit geprüft. Dies sind vor allem:
  • Arbeitsverträge der Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld
  • für den Betrieb maßgebliche Tarifverträge
  • Einzelvereinbarungen mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder Betriebsvereinbarung mit einem Betriebsrat über die Einführung von Kurzarbeit
  • Kündigungsschreiben
Auch der Umfang des Arbeitsausfalles kann Gegenstand der Abschlussprüfung sein. Hierfür wird insbesondere geprüft:
  • ergriffene Maßnahmen zur Vermeidung oder Reduzierung der Kurzarbeit (z.B. Nutzung von Arbeitszeitkonten, Einbringung von Resturlaubsansprüchen)
  • Auftragsbücher
  • betriebswirtschaftliche Auswertungen
Im Einzelfall kann die Agentur für Arbeit weitere Unterlagen anfordern.
Benutzen Sie auch gerne zur Vorbereitung den eServices der Bundesagentur für Arbeit: Checkliste zur Vorbereitung der Abschlussprüfungen und weitere aktuelle Informationen.

V. Wo gibt es weitere Informationen zur Kurzarbeit?

Weitere Hinweise und Informationen können Sie unter den folgenden Websites aufrufen:
Die Bundesagentur für Arbeit bietet viele hilfreiche Informationen:
Informationen zur Beantragung von Kurzarbeitergeld erhalten Betriebe telefonisch unter der zentralen gebührenfreien Hotline für Arbeitgeber 0800 4 5555 20.
Die Seite wird laufend aktualisiert und ergänzt.
Letzter Bearbeitungsstand: Januar 2023
Diese Ausführungen können nur erste Hinweise geben und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt recherchiert und erstellt wurden, geben sie die Rechtsprechung und Rechtsentwicklung nur auszugsweise wieder und können eine individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt nicht ersetzen. Es kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Corona Erleichterungen (Stand 7. April 2020)

Hilfen bei Transport, Herstellung von Desinfektionsmittel und Schutzausrüstung

BMAS veröffentlicht Corona-Arbeitsschutzstandard für Unternehmen

(Stand 11.08.2020)
Zum Schutz der Beschäftigten vor dem Coronavirus empfiehlt die Bundesregierung einen SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard (Stand April 2020), welcher durch eine Arbeitsschutzregel im August 2020 konkretisiert wurde. Die Eckpunkte finden Sie auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

BfArM: Hinweise zu Schutzmasken und Medizinprodukten

(Stand 20.04.2020)
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat vor dem Hintergrund der Corona-Krise zahlreiche Informationen und Hinweise rund um Medizinprodukte auf seiner Homepage veröffentlicht, u. a. auch Hinweise zur Verwendung von selbst hergestellten Masken, medizinischem Mund-Nasen-Schutz sowie filtrierenden Halbmasken. In diesem Zusammenhang gibt das BfArM auch Hinweise z. B. für Hersteller und Importeure.
Darüber hinaus weist das BfArM in diesem Zusammenhang auf weitere Informationen hin, wie beispielsweise:

Herstellung und Import von Desinfektionsmitteln: FAQ der BAUA

(Stand 06.04.2020)
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) teilt auf Anfrage mit, dass sich betroffene Unternehmen mit konkreten Fragen zur Herstellung von Desinfektionsmitteln sowie zu den bezüglichen Allgemeinverfügungen der BAuA an den REACH-CLP-Biozid Helpdesk wenden können.
Dazu weist die BAuA einerseits auf die Website des Helpdesks hin, auf welcher Informationen zu den Allgemeinverfügungen und damit den Ausnahmezulassungen für Flächen- und Händedesinfektionsmittel zur Verfügung stehen. Hier werden unter anderem Fragen beantwortet unter welchen Bedingungen aufgrund der Allgemeinverfügungen im Ausland hergestellte Produkte importiert und vertrieben werden dürfen.
Hier gelangen Sie zur Seite des Helpdesk.
Darüber hinaus beantwortet das Helpdesk-Team nach Angaben der BAuA auch Anfragen von Seiten der Unternehmen, die von diesen Ausnahmezulassungen Gebrauch machen wollen. Diese können den Helpdesk direkt über die E-Mail reach-clp-biozid@baua.bund.de erreichen bzw. über ein Kontaktformular.
Allerdings bittet die BAuA um Verständnis für teilweise möglicherweise verlängerte Beantwortungszeiten.

FAQ für Wirtschaftsakteure zu Masken

Auf der Homepage des baden-württembergischen Sozialministeriums finden Unternehmen häufig gestellte Fragen und Antworten im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Inverkehrbringen von Masken unterschiedlicher Arten.
Ansprechpartner zu den verschiedenen Themenbereichen sind ebenfalls dort gelistet.

EU-Kommission veröffentlicht Leitlinien für Produktion sicherer medizinischer Ausrüstung

(Stand 31.3.2020)
Die Europäische Kommission hat am 31. März 2020 Leitlinien veröffentlicht, um die Produktion von Handdesinfektionsmitteln sowie persönlicher Schutzausrüstung (PSA) zu erhöhen und dabei einheitliche Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Die Leitlinien richten sich an Hersteller wie Marktaufsichtsbehörden gleichermaßen.
Konkret betreffen die Leitlinien drei Bereiche:
  • Produktion von Masken und anderer persönlicher Schutzausrüstung (personal protective equipment, PPE, zu deutsch PSA)
  • Handreiniger und Handdesinfektionsmittel
  • 3D-Druck im Zusammenhang mit dem Coronavirus-Ausbruch.
Die Leitlinien ergänzen die Empfehlung der Kommission vom 13. März 2020 über Konformitätsbewertungs- und Marktüberwachungsverfahren im Kontext der COVID-19-Bedrohung sowie über die frei zur Verfügung gestellten europäischen Standards für medizinische Ausrüstung ( s. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 20. März 2020).
Die Dokumente sind derzeit nur auf Englisch verfügbar, sollen aber fortlaufend von den Kommissionsdienststellen aktualisiert und ergänzt werden. Sie bieten Antworten auf die häufigsten Fragen:
1. Conformity assessment procedures for protective equipment
Diese Leitlinien helfen den Herstellern bei der Bewertung der geltenden rechtlichen und technischen Anforderungen vor der Einfuhr neuer Produkte in die EU oder der Inbetriebnahme von neuen oder der Umstellung bestehender Produktionsanlagen für die Herstellung von Schutzausrüstung wie Masken, Handschuhe und OP-Kittel.

2. Guidance on the applicable legislation for leave-on hand cleaners and hand disinfectants (gel, solution, etc.)
Diese Leitlinien sollen den Wirtschaftsakteuren, einschließlich kleiner und mittelständischer Unternehmen, über den geltenden Rechtsrahmen für das Inverkehrbringen von hydro-alkoholischem Gel in der EU und die damit verbundenen Ansprüche informieren.

3. Conformity assessment procedures for 3D printing and 3D printed products to be used in a medical context for COVID-19
Diese Leitlinien geben Hinweise auf das Konformitätsbewertungsverfahren für den 3D-Druck und 3D-Druckerzeugnisse für den medizinischen Gebrauch.
Zudem kündigte die EU-Kommission an, in den kommenden Tagen Leitlinien für Medizinprodukte zu veröffentlichen.
Die Mitteilung der EU-Kommission finden Sie hier.

Handdesinfektionsmittel vor dem Hintergrund des Coronavirus

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat am 20. März 2020 in Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium erneut eine Allgemeinverfügung zur Zulassung bestimmter Biozidprodukte zur Händedesinfektion zur Abgabe an berufsmäßige Verwender erlassen, wonach neben Apotheken, der pharmazeutischen und chemischen Industrie auch juristische Personen des öffentlichen Rechts zur Abgabe an berufsmäßige Verwender berechtigt werden.

Europäische Chemikalienagentur erleichtert Herstellung von Desinfektionsmitteln vor dem Hintergrund des Coronavirus

(Stand: 26.03.2020)
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat weitere Informationen bekannt gegeben, um Unternehmen bei der Herstellung und Vermarktung von Desinfektionsmitteln zu unterstützen.

Neben der Empfehlung für Unternehmen, sich auf Artikel 55 der EU-Verordnung über Biozidprodukte (zeitlich begrenzte Ausnahmeregelungen von den Standardanforderungen der Verordnung für die Zulassung von Produkten zum beschleunigten Marktzugang bei zuständiger nationaler Behöre, wenn Desinfektionsmittel bereits einen zugelassenen Wirkstoff enthalten) zu berufen, stellt die ECHA drei Listen mit Informationen zur Verfügung, um Unternehmen die Informationssuche zu erleichtern:
  • Biozidwirkstoffe, die für ihre Verwendung in Desinfektionsmitteln zugelassen oder überprüft werden,
  • Desinfektionsmittel, die nach der Biozidprodukteverordnung (BPR) zugelassen sind und
  • Desinfektionsmittel, die nach den nationalen Regelungen in Spanien, den Niederlanden und der Schweiz zugelassen sind.
Darüber hinaus teilt die ECHA mit, dass sie eine neue Webseite zu COVID-19 eingerichtet hat, um regelmäßig Informationen über Unterstützungsmaßnahmen der ECHA zur Verfügung zu stellen.

Die Mitteilung der ECHA mit weiteren Informationen finden Sie auf den Seiten der Europäischen Chemikalienagentur.

Transport und Kennzeichnung

(Stand: 25.03.2019)
Bei der Herstellung von Desinfektionsmitteln sollen  bestimmte Verstöße bis zum 31. August 2020 nicht geahndet werden.
Dies betrifft offenbar bestimmte fehlende Kennzeichnungen, bestimmte Mengenüberschreitungen beim Transport sowie fehlende Transportdokumente. Aus dem Wortlaut der Mitteilung des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur:

Soweit Hygieneprodukte (z. B. Desinfektionsmittel) und medizinische Produkte, die als Gefahrgut der Verpackungsgruppen II und III klassifiziert sind und zur Versorgung im Rahmen der Corona-Pandemie gemäß der Freistellung nach Unterabschnitt 1.1.3.6 ADR befördert werden und hierbei die nachstehenden aufgeführten Verstöße vorliegen, besteht kein öffentliches Interesse an einer Verfolgung dieser Verstöße als Ordnungswidrigkeiten (§ 47 Absatz 1 des OWiG):
  • Die in der Tabelle in Absatz 1.1.3.6.3 Spalte 3 ADR angegebenen Mengen werden überschritten, jedoch werden je Beförderungseinheit nicht mehr als 500 Liter/kg gefährliche Güter befördert.
  • Die nach Abschnitt 5.4.1 in Verbindung mit Unterabschnitt 8.1.2.1 Buchstabe a ADR vorgeschriebenen Papiere werden nicht mitgeführt.
  • Eine Unterweisung nach Kapitel 1.3 in Verbindung mit Abschnitt 8.2.3 ADR ist nicht erfolgt.
  • Die nach Gefahrstoffrecht gekennzeichneten Innenverpackungen von zusammengesetzten Verpackungen werden ohne ihre Außenverpackung befördert und das Versandstück ist nicht nach Kapitel 5.2 ADR gekennzeichnet und bezettelt.
(Unter freundlichem Hinweis des Verbands Chemiehandel e. V.)

IHK Webseite: Hilfe beim Import von Schutzausrüstung

Hier gibt Informationen zur
  • Abgrenzung Medizinprodukt/Persönlicher Schutzausrüstung.
  • Persönliche Schutzausrüstung: Einfuhrbedingungen und zuständige Behörde
  • Vereinfachtes Konformitätsverfahren
  • Medizinprodukt: Einfuhrbedingungen und zuständige Behörde

Zoll: Weitere Informationen zu den Auswirkungen der Coronakrise

(Stand 2.4.2020)
Beispielsweise die Besonderheiten bei der Zollabfertigung von medizinischen Geräten und Materialen als Hilfsgüter. Wie können  Schutzausrüstungen importiert werden und welche Ausnahmeregelungen beziehungsweise welche Anforderungen bestehen. Weitere Informationen hier.
Ergänzend wurden in die ATLAS-Teilnehmerinformation Hinweise  zur ATLAS-Einfuhr bezüglich der Einfuhr von medizinischen Hilfsgütern veröffentlicht.
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Recht und Steuern

11 Fragen zu AGB

Stand: September 2022

1. Warum sollte man sich mit AGB und diesem Artikel auseinandersetzen?

Wer kennt das nicht: „Ich habe die Allgemeinen Geschäfts- und die Lieferbedingungen zur Kenntnis genommen und akzeptiere sie“. Dies findet sich vielerorts im täglichen Geschäftsverkehr als sogenanntes „Kleingedruckte“ oder umgangssprachlich als „AGBs“ wieder. Doch die Verwendung birgt für Unternehmer nicht nur Chancen, sondern auch etliche Risiken. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vereinfachen zwar den Geschäftsverkehr für die Unternehmen, jedoch sollten die verwendeten Klauseln einer genauen Überprüfung unterzogen und konkret auf ihr Unternehmen zugeschnitten werden. Daher ist es wichtig, sich grundlegend über die Verwendung und Einbeziehung von AGB zu informieren, um auch die richtige Anwendung in der Praxis gewährleisten zu können. In diesem Artikel bekommen Sie daher einen Überblick über die am häufigsten auftretenden Probleme bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Er soll als Hilfestellung bei der Einbeziehung von AGB in den Vertragsverhältnissen dienen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Hinweise unverbindlich erfolgen und eine juristische Beratung nicht ersetzen können. Nur ein spezialisierter Jurist kann die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von einzelnen Klauseln überschauen. Wir raten Ihnen deshalb ab AGB ungeprüft zu verwenden oder diese nach Muster-AGB oder fremden AGB selbst zu erstellen. 

2. Was sind Allgemeine Geschäftsbedingungen überhaupt?

AGB sind vorformulierte Bedingungen des Vertrages, die bei Abschluss von einer Vertragspartei (vom Verwender) der anderen Partei gestellt werden. Eine Vorformulierung setzt voraus, dass die Vertragsbedingungen nicht für jeden Fall individuell ausgehandelt worden sind, sondern kategorisch für eine Vielzahl von Verträgen aufgestellt worden sind. Laut Rechtsprechung kommt es aber auf die tatsächliche mehrfache Verwendung nicht an. Es genügt, wenn der Vertrag das Potenzial hat, für eine Vielzahl von Geschäften zu wirken. In der Praxis wird für die meisten formularhaften Verträge mittlerweile davon ausgegangen, dass diese als AGB gewertet werden.
Hinweis: Nicht jedes Unternehmen benötigt AGB. Daher obliegt es jedem Unternehmen, freiwillig AGB zu erstellen. AGB erleichtern zwar den Abschluss und die Abwicklung einer großen Zahl gleichartiger Verträge, jedoch bleibt es jedem Verwender selbst überlassen, ob er sich vorformulierter Vertragsbedingungen bedienen möchte – oder nicht.

3. Auf welche Geschäfte kann ich AGB anwenden? Gibt es hierzu Ausnahmen?

Die Regelungen zur Anwendung von AGB gelten für fast alle Vertragstypen. Eine Ausnahme bilden jedoch Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen (§ 310 Abs. 4 BGB).
Aufgrund ihrer Verbraucherschutzfunktion gelten die Vorschriften vorwiegend bei der Verwendung gegenüber Verbrauchern (vgl. § 310 Abs. 3 BGB). Werden AGB gegenüber Unternehmen verwendet, finden die Regelungen grundsätzlich nur eingeschränkte Anwendung (vgl. § 310 Abs. 1 BGB). Jedoch tendiert die Rechtsprechung immer mehr zu einer differenzierten Betrachtung der gesetzlichen Vorgaben, sodass beispielsweise mittlerweile auch die Klauselverbote in den §§ 308, 309 BGB eine Indizwirkung für Unternehmerverträge (B2B) bilden.
Verbraucher oder Unternehmer – Wie wird hier unterschieden?
  • Verbraucher  sind natürliche Personen, die Geschäfte zu privaten Zwecken abschließen, also die weder gewerblicher oder beruflicher Natur sind (§ 13 BGB).
  • Unternehmer  schließen in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit Geschäfte ab (§ 14 BGB).
    Hierunter fallen auch nicht im Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende.
Wieso wird hier unterschieden?
  • Der Gesetzgeber nimmt an, dass ein Unternehmer durch dessen Rechtsform und Wisssen als Geschäftsmann über mehr Wissen verfügt als eine Privatperson.
  • Dementsprechend genießen Verbraucher auch größeren rechtlichen Schutz gegen die Ausnutzung derer Unwissenheit.

4. Was passiert wenn eine Klausel streitig ist und diese einzeln ausgehandelt werden soll?

Als Grundsatz ist zu beachten, dass individuelle Vertragsvereinbarungen Vorrang haben vor AGB (§ 305b BGB), da die AGB lediglich das individuell Vereinbarte ergänzen. Eine individuelle Vereinbarung liegt vor, wenn die Vertragsparteien den betreffenden Punkt gemeinsam mündlich besprochen und ausgehandelt oder sich schriftlich darauf geeinigt haben. Es kommt darauf an, dass eine Partei eine Klausel auch wirklich zur Disposition gestellt hat und die Gegenseite daran interessiert ist, diese einvernehmlich aushandeln zu wollen, damit diese als Individualvereinbarung anerkannt wird.
Hinweis: Handschriftliche Zusätze und Ergänzungen zu einem Formularvertrag gelten grundsätzlich nicht als Individualvereinbarung, wenn der Inhalt der Klausel im Wesentlichen bestehen bleibt. Ebenso kann dies bei Leerstellen und Mehrfach-Optionen im Formularvertrag der Fall sein.
To-Do’s bei der individuellen Vereinbarung einer kritischen Klausel
  • Klausel hinterfragen: deren Charakter, Inhalt und Zweck
  • Klausel einzeln aushandeln und – wenn möglich – dabei auf die jeweilige vertragliche Beziehung und den beidseitigen Interessen fokussieren
  • Gespräche und Verhandlungen über die jeweilige Klausel sind zu protokollieren
  • Änderungen und Versionen der Klausel sind aufzubewahren

5. Wie werden AGB wirksam in Verträge einbezogen?

An dieser Stelle sei noch einmal der Hinweis erlaubt, dass hier zwei Seiten betrachtet werden müssen: einmal Verträge mit Unternehmern (I.)und andererseits mit Verbrauchern (II.)siehe Unterscheidung in Frage 3.

(I.) Unternehmerverträge (B2B)

Bei der Einbeziehung von AGB im unternehmerischen Verkehr müssen grundsätzlich die AGB vor Vertragsschluss dem Vertragspartner nicht übersandt oder vorgelegt werden. Der Geschäftspartner muss lediglich deutlich erkennen können, dass auf die AGB verwiesen wurde und ihm die Kenntnisnahme auch eingeräumt wird – siehe Unterscheidung in Frage 6.

(II.) Verbraucherverträge (B2C)

Folgende Grundsätze müssen bei Verträgen mit Verbrauchern eingehalten werden:
a)    Ausdrücklicher Hinweis
b)   Zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme
c)    Einverständnis des Vertragspartners
a)  Ausdrücklicher Hinweis
Vor Abschluss des Vertrages muss ein ausdrücklicher Hinweis (mündlich oder schriftlich) an den Verbraucher erfolgen, dass der Vertrag unter Einbeziehung von AGB geschlossen werden soll.
Ein Hinweis in einem Vertragsformular, Angebotsschreiben oder Bestellschein muss so gefasst sein, dass er einem Durchschnittskunden ins Auge fällt und selbst bei flüchtiger Betrachtung muss dem Verbraucher bewusst sein, dass AGB verwendet werden.
Tipp: Verwenden Sie für den Hinweis mindestens die gleiche Schriftgröße wie für den übrigen Vertragstext und heben ihn durch Fettdruck hervor.
Nur soweit der Hinweis nach Art des Vertragsschlusses unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, reicht auch ein deutlich sichtbarer Aushang am Ort des Vertragsschlusses aus. Dies gilt bei Verträgen des täglichen Lebens, die typischerweise mündlich oder mit Hilfe eines Automaten abgeschlossen werden.
Beispiele: Aushang von AGB im Einzelhandel, in Reinigungen, Gaststätten oder Parkhäusern.
b)  Möglichkeit der Kenntnisnahme
Der Verbraucher muss die Möglichkeit haben, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen.
  • Sind beide Vertragsparteien bei Vertragsschluss anwesend, ist die tatsächliche Kenntnisnahme der AGB durch den Verbraucher erforderlich.
Beispiele: Bei Massengeschäften geschieht dies durch den deutlich sichtbaren Aushang der AGB; z.B. in Kaufhäusern, Reinigungen oder Gaststätten.
  • Wird der Vertrag nur auf dem schriftlichen Weg abgeschlossen, genügt die Übersendung der AGB. Die bloße Aufforderung, die AGB bei dem Verwender einzusehen, reicht grundsätzlich aber nicht aus, da sonst der Vertragspartner über das Zumutbare hinaus belastet wird.
Beispiele: Die AGB können bereits vor Vertragsschluss auf den an dem Kunden übersandten Katalogen, Preislisten, Prospekten oder im Vertragsformular selbst abgedruckt sein.
  • Wird der Vertrag per Telefon geschlossen, muss dem Vertragspartner auch die Möglichkeit der Kenntnisnahme gewährt werden. Unproblematisch ist dies, wenn der Vertragspartner bei Vertragsabschluss einen Katalog, eine Preisliste oder ähnliches mit aufgedruckten AGB des Verwenders bereits vorliegen hat. Ansonsten reicht regelmäßig auch bei einem telefonischen Vertragsabschluss der ausdrückliche Hinweis des Verwenders auf die Einbeziehung der AGB.
  • Bei dem Vertragsabschluss im Internet  ist ein besonders deutlicher Hinweis auf die AGB zu geben sowie die Möglichkeit, die AGB per Klick abzurufen. Zudem ist es empfehlenswert, die AGB zusätzlich als kostenlosen Download zur Verfügung zu stellen.
Hinweis: Bei Vertragsabschlüssen mittels Fernkommunikationsmitteln, wie beispielsweise Telefon, Telefax, E-Mail, Internet sind bei Verbraucherverträgen unbedingt auch die Regelungen über Fernabsatzverträge in den §§ 312b ff. BGB zu beachten. Hierbei handelt es sich um Informationspflichten des Unternehmers und dem Widerrufsrecht des Verbrauchers.
c)  Einverständnis des Vertragspartners
Der Vertragspartner muss mit der Einbeziehung der AGB in den Vertrag einverstanden sein. Eine Einigung über jede einzelne Klausel ist allerdings nicht erforderlich.
Hinweis: Beim Vertragsabschluss im Internet sollte zudem mittels nicht vorausgefüllter Checkbox die Einbeziehung und Geltung der AGB sichergestellt werden.

6. Wie unterscheidet sich die Einbeziehung von AGB bei Verträgen unter Unternehmern (B2B)?

Für die wirksame Einbeziehung von AGB in Verträge mit Unternehmern gelten grundsätzlich weniger strenge Anforderungen (§ 310 Abs. 1 BGB). Eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Vertragspartner ist aber dennoch erforderlich. Es genügt dafür bereits ein Hinweis des Verwenders auf seine AGB, durch welchen dem Vertragspartner die Möglichkeit gegeben wird, in zumutbarer Weise, auch aufgrund eigener Initiative, Einsicht in diese zu erlangen.
B eispiele:
  • Hinweis des Verwenders auf seine AGB ohne Widerspruch des anderen Vertragspartners.
  • „Auf erstes Anfordern zur Verfügung stellen“ – Dabei ist der Hinweis auf Abrufbarkeit der AGB im Internet ausreichend.
  • Im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen kann die Einbeziehung automatisch erfolgen, wenn die AGB des Verwenders bisher regelmäßig Vertragsbestandteil wurden und der Vertragspartner nicht widerspricht. Jedoch ist ein einmaliger früherer Vertragsabschluss oder eine nur kurze Dauer der Geschäftsbeziehungen nicht ausreichend.
Hinweis: Um die stillschweigende Einbeziehung der AGB zu verhindern, muss der andere Vertragspartner widersprechen.

7. Welche Grundregeln müssen beachtet werden? Wo sind bei AGB die Grenzen in der Ausgestaltung gesetzt?

Bei der Ausgestaltung der AGB gilt es jedoch einige gesetzliche Vorgaben zu beachten (§§ 305 ff. BGB). Diese Vorschriften wurden durch die Rechtsprechung im Laufe der Zeit immer weiter fortentwickelt.
Was ist dabei grundsätzlich zu beachten?
(I.)    Die Klauseln dürfen sich nicht widersprechen
(II.)   Die Klauseln dürfen für die andere Partei nicht überraschend sein
(III.)  Die Klauseln müssen klar und präzise formuliert werden
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass hierbei die Grundsätze von AGB eine wichtige Rolle einnehmen: Sie dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen (sog. Inhaltskontrolle), sollen transparent über den Geschäftsvorgang und gegenseitige Rechte und Pflichten informieren (sog. Transparenzgebot).

(I.) Sich widersprechende Klauseln

Insbesondere im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen ergibt sich häufig das Problem sich widersprechender AGB, da jede Vertragsseite versucht ihre eigenen AGB in den Vertrag mit einzubeziehen. Widersprechende AGB stehen aber grundsätzlich der Wirksamkeit des Vertrages nicht entgegen, wenn die Parteien einverständlich mit der Vertragsdurchführung beginnen. In diesem Fall gelten nur die übereinstimmenden Teile der AGB als vereinbart.
Soweit die AGB bei Unternehmern nicht übereinstimmen, gilt hinsichtlich des wirksam gewordenen Vertragsinhalts folgendes:
  • Zunächst werden die widersprüchlichen AGB insoweit Vertragsbestandteil, als sie für die andere Vertragspartei günstig sind. Dies ist in der Praxis wohl eher die Ausnahme, da die AGB jeweils im Interesse des Verwenders erstellt wurden.
  • Alle übrigen nicht übereinstimmenden AGB werden nicht Vertragsinhalt. Wenn sich nach Auslegung des Vertrages und Berücksichtigung der Interessen der Vertragsparteien keine Regelung ermitteln lässt, tritt an Stelle der kollidierenden AGB die gesetzliche Regelung (§ 306 Abs. 2 BGB).

(II.) Überraschende Klauseln

Klauseln in wirksam einbezogenen AGB werden dann nicht Bestandteil des Vertrages, wenn sie nach den besonderen Umständen des Vertragsschlusses so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner nicht mit ihnen zu rechnen brauchte  (§ 305c Abs. 1 BGB). Eine Klausel ist als überraschend anzusehen, wenn der Vertragspartner gewissermaßen durch sie überrumpelt wird.
Maßgebliche Kriterien sind hierfür insbesondere die dem Vertragsschluss vorausgegangenen Verhandlungen, das äußere Erscheinungsbild und die Unüblichkeit der Klausel für Verträge der betreffenden Art. Dabei ist zu beachten, dass abhängig von der Art des Vertragspartners auf die Verständnismöglichkeiten des jeweiligen Durchschnittsvertragspartners abzustellen ist.

(III.) Unklare Klauseln

Sind in AGB unklare oder mehrdeutige Klauseln enthalten, so geht dies zu Lasten des Verwenders (§ 305c Abs. 2 BGB). Der Verwender sollte daher unbedingt darauf achten, dass er sich in den AGB unmissverständlich und klar ausdrückt.
Beispiele:
  • Die Klausel in einem Kfz-Mietvertrag, dass der Mieter oder ein Fahrer eine gültige Fahrerlaubnis mit einjähriger Fahrpraxis nachweisen muss ist unklar, da nicht deutlich wird, ob dies eine ununterbrochene einjährige Fahrpraxis erfordert oder ob ein Jahr Gesamtfahrpraxis während mehrerer Jahre Fahrerlaubnis ausreicht.
  • Die von einem Händler in einem Gebrauchtwagen-Kaufvertrag verwendete Klausel „Der Verkäufer sichert zu, dass das Kfz, soweit ihm bekannt, eine Gesamtfahrleistung von x Kilometer ausweist”, ist zu Lasten des Verwenders als Zusicherung aufzufassen.
  • Eine Klausel in einem Onlineauktionsangebot ist unwirksam, wenn ein „Spaßbieter“ eine Vertragsstrafe in Höhe von 20 % des Kaufpreises zu zahlen hat, da der Begriff „Spaßbieter“ mehrdeutig ist.

8. Was passiert bei streitigen AGB? Wer entscheidet über dessen Zulässigkeit?

Hier spielen vor allem die Grundsätze der AGB-Gestaltung eine Rolle (vgl. Frage 7). Die gesetzliche Inhaltskontrolle in den §§ 307, 308, 308 BGB regeln, welche Inhalte in AGB nicht zulässig sind. Die Inhaltskontrolle erfolgt durch die Gerichte, wenn innerhalb eines Rechtsstreites ein Vertragspartner dem Verwender unterstellt, dass eine oder mehrere Klauseln in den verwendeten AGB unwirksam seien.
Auch hier sei an dieser Stelle die Unterscheidung von Verbraucher- und Unternehmerverträge geboten:

(I.) In Verbraucherverträgen

Die inhaltliche Gestaltungsfreiheit von Verträgen gegenüber Verbrauchern ist durch einen umfangreichen Katalog unzulässiger oder nur bedingt zulässiger Klauseln (§ 308 f. BGB) und durch die Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) stark eingeschränkt.
Eine AGB-Klausel, die gegen den Katalog der § 308 f. BGB verstößt, ist unwirksam. Auch eine gegen § 307 BGB verstoßende Klausel in AGB ist unwirksam. Die Inhaltskontrolle spiegelt das Gebot von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr wider und dient als Auffangtatbestand für Klauseln, die nicht in den Katalog der § 308 f. BGB genannt sind. Bei dem Gebot von „Treu und Glauben” sollen die staatliche Grundprinzipien und Wertvorstellungen der Grundrechte eingehalten werden.
Hinweis: Zu der Anwendung von § 307 BGB gibt es eine fast unüberschaubare Einzelfall-Rechtsprechung, die hier an dieser Stelle nicht abschließend dargestellt werden kann.

(II.) In Verträgen mit Unternehmern

Bei der Verwendung von AGB gegenüber Unternehmern sind gemäß § 310 Abs. 1 BGB die detaillierten Klauselverbote in § 308 f. BGB grundsätzlich nicht anwendbar. Eine Inhaltskontrolle der AGB erfolgt hier generell nur über die Generalklausel § 307 BGB.
Hinweis: Die Klauselverbote des § 308 f. BGB sind jedoch im Rahmen der Interessenabwägung des § 307 BGB in der Regel ein Indiz für die Unwirksamkeit einer Klausel auch bei Unternehmern.

9. Muss in den AGB eine bestimmte Form für Erklärungen bei Verbrauchern eingehalten werden?

Bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Regelungen wurde der Wortlaut des § 309 Nr. 13 BGB geändert. Hiernach ist zwingend vorgeschrieben, dass die Form von Anzeigen und Erklärungen die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind nicht mehr an die Schriftform gebunden ist. Wo die Schriftform bislang eine eigenhändige Unterschrift erforderte, ist im Rahmen der nunmehr ausreichenden Textform eine lesbare Erklärung des Erklärenden auf einem dauerhaften Datenträger, d.h. per E-Mail oder Fax möglich. Dies gilt insbesondere für Verbraucherverträge.
Beispiel: Die Gesetzesänderung wirkt sich auch auf arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln aus, weshalb Arbeitgeber ihre Arbeitsvertragsmuster anpassen und im Hinblick auf die Regelung zu Ausschlussfristen formulieren sollten, dass gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht fristgerecht gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden.

10. Was geschieht bei falscher Verwendung von AGB?

Sind die AGB insgesamt oder einzelne AGB-Klauseln nicht Vertragsbestandteil geworden oder gemäß den §§ 307 ff. BGB unwirksam, so bleibt der Vertrag insgesamt grundsätzlich wirksam (§ 306 Abs. 1 BGB). Anstelle der verwendeten AGB gelten dann die gesetzlichen Bestimmungen (§ 306 Abs. 2 BGB). Die Schließung der vertraglichen Lücke und die Anwendung von Gesetzesrecht kann nicht durch Hinweise auf Ersatz-AGB verhindert werden.
Hinweis: In extremen Fällen kann der Vertrag wegen der fehlerhaften AGB insgesamt unwirksam sein (§ 306 Abs.  3 BGB), wenn die Fortbestehung des Vertrages für die andere Partei eine unzumutbare Härte darstellen würde.

11. Wo gibt es weitere Informationen und Muster-AGB?

Musterformulierungen für AGB finden Sie auf der Internetseite der IHK Frankfurt am Main.
Weiterhin sind im Buchhandel und bei Onlinedienstleistern verschiedene branchenspezifische AGB erhältlich.
Darüber hinaus finden Sie im Themenpapier der IHK Berlin „Das Kleingedruckte – Wissenswertes zum Thema AGB” weitere Formulierungsbeispiele einzelner Klauseln.
Hinweis: Musterverträge und Muster für Allgemeine Geschäftsbedingungen können nur ein Anhaltspunkt sein, die auf die individuellen Verhältnisse angepasst werden müssen. Soweit sich dies nach der Art des Geschäfts anbietet, wird im Zweifel empfohlen, die Vertragsklauseln jeweils im Einzelnen auszuhandeln. Außerdem sind entsprechende Muster vor der Verwendung immer auf den jeweiligen Stand der Rechtsentwicklung hin zu überprüfen.

Recht und Steuern

Verjährung von Ansprüchen


Stand: Januar 2022

1. Allgemeines

Gerade im Stadium als Existenzgründer oder auch als (Jung-) Unternehmen ist es wichtig, sich mit dem Thema Verjährung auseinanderzusetzen, da sich durch eine drohende Verjährung die rechtliche Durchsetzbarkeit eines an sich bestehenden Anspruchs bzw. einer offenen Forderung ändert.
Ein verjährter Anspruch bleibt zwar im Grunde bestehen, jedoch muss der Schuldner ihn nicht mehr erfüllen. Der Schuldner kann sich sodann auf das Vorliegen der Verjährung berufen und die Erfüllung des Anspruchs verweigern.
Das Gesetz sieht eine Regelverjährung (2.) vor, zu der es zahlreiche Ausnahmen (3.) gibt. Die Verjährung kann unter bestimmten Umständen gehemmt (4.) oder sogar zum Neubeginn (5.) gebracht werden.
Merke:
  • Unter der Verjährung versteht man die eintretende Unmöglichkeit, einen Anspruch durchzusetzen.
  • Die Verjährung tritt zeitlich durch Fristablauf ein.
  • Der Anspruch ist gesetzlich formuliert in das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§194 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), also von jemanden ein Handeln oder Nichthandeln zu fordern.
  • Ein schuldrechtlicher Anspruch kann auch als eine Forderung bezeichnet werden.

2. Die Regel- (Verjährung)

Die Regelverjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB), sofern keine Sonderverjährungsregeln anzuwenden sind.
Vertragliche Ansprüche unterliegen der Regelverjährung, beispielsweise solche aus Kaufverträgen, Werkverträgen oder Mietverträgen.
Beispiele für die Regelverjährung:
Lieferansprüche aus Kauf- oder Werkverträgen, Ansprüche auf Erfüllung aus Aufträgen oder Dienstleistungsverträgen, Zahlungsansprüche aus sämtlichen Verträgen.
Die regelmäßige Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres,
  • in dem der Anspruch entstanden ist und
  • der Gläubiger Kenntnis von den Umständen erlangt hat die den Anspruch begründen.
Beispiel:
  • B liefert am 12. September 2018 an A bestellte Ware.
  • Am 18. September 2018 stellt B der A diese Lieferung in Rechnung.
  • A zahlt trotz mehrfacher Mahnschreiben, vom 28. Oktober 2018, 15. Dezember 2018, 23. Februar 2019 nicht.
  • Die Verjährung des Zahlungsanspruchs von B beginnt am 31. Dezember 2018 zu laufen und würde am 31. Dezember 2021 enden.
  • Mahnschreiben hemmen oder unterbrechen die Verjährung nicht .
Unabhängig davon, ob Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt, verjähren diese Ansprüche spätestens 10 Jahre nach Entstehung des Anspruchs.

3. Die Ausnahmen (Sonderverjährung)

Sonderverjährungsfristen finden sich – falls vorhanden – in speziellen, den jeweiligen Anspruch regelnden Normen, wie Handelsgesetzbuch, Aktiengesetz oder auch Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB). Nachfolgend sollen zwei ausgewählte Sonderverjährungsvorschriften kurz aufgezeigt werden.

a) 30-jährige Verjährung

Statt der dreijährigen Regelverjährung gilt beispielsweise für die nachfolgenden Anspruchsarten eine 30-jährige Verjährungsfrist (§ 197, § 199 Abs. 2 BGB) mit unterschiedlichem Beginn der Fristenläufe.
Anspruchsart
Fristbeginn
Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten
mit Entstehung
Rechtskräftig festgestellte Ansprüche (Urteile)
mit der Rechtskraft der Entscheidung des Gerichts
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden
mit der Errichtung des vollstreckbaren Titel
Schadensersatzansprüche, die auf einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen
mit Eintritt des schadensauslösenden Ereignisses

b) Gewährleistungsansprüche bei Mängeln

Eine weitere Sonderregel gilt für die Verjährung von Ansprüchen bei Vorliegen einer mangelhaften Sache (§ 438 BGB).
Anspruch
Verjährungsfrist
Mängelansprüche
2 Jahre
arglistig verschwiegene Mängel
3 Jahre
Mängelansprüche an Bauwerken
5 Jahre
Mangel besteht im dinglichen Recht eines Dritten   
30 Jahre
Bei Kaufverträgen beginnt die Verjährungsfrist abweichend von der Regelverjährung nicht zum Ende des Jahres, sondern regelmäßig mit Übergabe bzw. Ablieferung der Kaufsache.
Sollte der Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen worden sein (sog. Verbrauchsgüterkaufvertrag), sind ergänzend die Sonderregelungen des § 475 e BGB zu beachten.

c) Vertragliche Regelungen

Zudem kann abweichend von den gesetzlichen Verjährungsregelungen vertraglich ein anderer Verjährungsbeginn oder eine andere Verjährungsfrist vereinbart werden. Der Gestaltungsfreiheit sind hier jedoch etwa im Verhältnis zu Verbrauchern Grenzen gesetzt. So ist die Abkürzung besonderer und vom Gesetzgeber als zwingend erachteter Verjährungsfristen nicht möglich (insbesondere hinsichtlich von Mängelgewährleistungsansprüchen von Verbrauchern).

4. Die Unterbrechung (Hemmung der Verjährung)

Die Hemmung der Verjährung bedeutet, dass mit Eintritt des Hemmungsgrundes die Verjährung zum Stillstand kommt und nach dessen Wegfall weiterläuft. Der Zeitraum, währenddessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. 
Die Verjährung ist insbesondere gehemmt bei Rechtsverfolgungsmaßnahmen. Die Wichtigsten sind (§ 204 I 1 Nr. 1-14 BGB):
  • Klageerhebung
  • Mahnverfahren
  • Streitverkündung
  • Insolvenzverfahren
Wichtig: Außergerichtliche Mahnungen (Zahlungsaufforderungen) führen zu keiner Hemmung der laufenden Verjährung von Ansprüchen.

Eine Ausnahme hiervon bilden die Vollstreckungsmaßnahmen, die auch weiterhin den Neubeginn der Verjährung auslösen.
Die Hemmung endet 6 Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Erledigung des eingeleiteten Verfahrens. Bei Nichtbetreiben des Verfahrens gilt die letzte Verfahrenshandlung als entscheidendes Datum für die sechsmonatige Frist.
Hemmende Wirkung können daneben auch schwebende (und ernsthafte) Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger entfalten. In diesem Fall ist die Verjährungsfrist solange gehemmt, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert (§ 203 BGB).

5. Restart (Neubeginn der Verjährung)

Neubeginn der Verjährung (früher: Unterbrechung) bedeutet, dass nach dem Ereignis, welches zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist führt, die volle Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt. Unterbrechende Ereignisse sind nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 212 BGB):
  • die Anerkennung des Anspruchs durch den Schuldner gegenüber dem Gläubiger durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise
  • eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung, die vorgenommen oder beantragt wird.

Diese Kurzinformation erläutert die in der unternehmerischen Praxis wichtigsten Verjährungsfristen, ohne das Gesamtsystem des umfangreichen Verjährungsrechts erschöpfend darzustellen. Die IHK-Information wurde mit großer Sorgfalt erstellt, jedoch kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden.

Compliance

Neues Geldwäschegesetz verabschiedet: Handlungsbedarf für Unternehmen

Der Bundesrat hat in der Sitzung am 29. November 2019 dem Gesetzentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie in der vom Bundestag am 14. November 2019 beschlossenen Fassung zugestimmt. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist am 19. Dezember 2019 erfolgt. Damit treten die Änderungen zum 1. Januar 2020 in Kraft. Da es keine Übergangsfristen gibt, sollten Unternehmen nun möglichst rasch ihren Handlungsbedarf prüfen.
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
  • Der Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten wird erweitert, z. B. um Finanzanlagenvermittler (§ 34 f GewO), Honoraranlagenvermittler (§ 34 h GewO), Mietmakler (ab Netto-Kaltmiete 10.000 Euro), Kunstvermittler (Auktionator, Galerist), Kunstlagerhalter, elektronische Geldbörsen und Kryptowährungen.
  • Bei Güterhändlern ist die Pflicht zum Risikomanagement an Bargeldgrenzen gekoppelt. Wenn sie Barzahlungen über 10.000 Euro tätigen oder entgegennehmen, ist ein wirksames Risikomanagement vorgeschrieben (§ 4 GwG). Für Edelmetallhändler, Juweliere und Antiquitätenhändler wird diese Bargeldgrenze auf 2.000 Euro herabgesetzt (§ 4 Absatz 5 GwG).
  • Das Risikomanagement erfordert eine Risikoanalyse (§ 5 GwG) und interne Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG, z. B. Kundenidentifizierung). Im Rahmen der Risikoanalyse ist auch die Nationale Risikoanalyse des Bundesministeriums der Finanzen zu berücksichtigen. Eine Verlinkung zu den ausführlichen Inhalten der Ersten Nationalen Risikoanalyse finden Sie auf der Website des Zolls.
    Hinweis: Nicht nur bei Bargeldzahlungen oberhalb dieser Grenze sind Kunden zu identifizieren, sondern auch in sonstigen Fällen, wenn ein Verdacht auf Geldwäsche besteht.
  • Bei Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen mit Hochrisikoländern bestehen verstärkte Sorgfaltspflichten (§ 15 Absatz 3 GwG). Eine Liste dieser Länder ist auf der Seite des Zolls veröffentlicht.
  • Bestimmte Dienstleister, die für Dritte tätig werden (z. B. § 2 Nr.13 GwG) müssen sich zukünftig bei der Aufsichtsbehörde registrieren (§ 51 Absatz 5b GwG). Die genaue Ausgestaltung der Registrierung ist noch nicht bekannt.
  • Der Verschuldensmaßstab bei Verstößen gegen geldwäscherechtliche Pflichten wird z. T. von leichtfertig zu fahrlässig herabgesetzt und damit auch die Schwelle zur Verhängung von Bußgeldern. Die IHKs haben diese Änderung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens deutlich kritisiert, ebenso die abermalige Ausweitung der Ordnungswidrigkeiten.
  • Das Transparenzregister wird für die gesamte „Öffentlichkeit“ zugänglich. Nach einer Online-Registrierung kann jedermann dort Einsicht nehmen. Bei Gefahr für Leib oder Leben eingetragener Personen kann eine Beschränkung beantragt werden (§ 23 GwG). Fallen Verpflichteten Unstimmigkeiten im Transparenzregister bei den Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten auf, sind sie unverzüglich zu einer Meldung an das Transparenzregister verpflichtet (§ 23 a GwG). Andernfalls droht ein Bußgeld. Die IHKs sehen diese Pflicht zur Erfüllung eigentlich staatlicher Leistungen kritisch; es bleibt abzuwarten, wie die Aufsichtsbehörden den Vollzug gestalten. Neu ist im Transparenzregister die Angabe der Staatsangehörigkeit. Juristische Personen des Privatrechts (wie GmbHs) und eingetragene Personengesellschaften (u.a. OHG, KG) die von der Fiktionswirkung anderer Register profitieren (z.B Handelsregister), müssen nichts veranlassen, obwohl in diesen Registern keine Staatsangehörigkeit aufgeführt ist. Besteht hingegen ein Eintrag im Transparenzregister, sollte die Staatsangehörigkeit der wirtschaftlich Berechtigten unverzüglich nachgepflegt werden, um dem Vorwurf unvollständiger Angaben vorzubeugen. Gleiches gilt für Stiftungen, Trusts und Treuhänder, wo es mangels anderer Register keine Mitteilungsfiktion gibt und der Eintrag im Transparenzregister obligatorisch ist.
  • Neu eingeführt wird eine Registrierungspflicht für alle Verpflichteten nach dem GwG bei der FIU, und zwar unabhängig von einer ebenfalls dort abzugebenden Verdachtsmeldung (§ 45 Absatz 1 GwG). Diese Pflicht besteht erst ab dem 1. Januar 2024, eine vorzeitige Registrierung ist dennoch empfehlenswert: Neben allgemeinen Informationen haben Verpflichtete dort im „Internen Bereich“ auch Zugriff auf branchenspezifische Typologiepapiere (z. B. Immobiliensektor, Kfz, Glücksspiel), deren Kenntnis die Aufsichtsbehörden voraussetzen. Außerdem ist im Ernstfall die unverzügliche Abgabe einer Verdachtsmeldung möglich, ohne dann erst noch den Registrierungsprozess durchlaufen zu müssen. Die Registrierung ist auf der Seite der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen möglich.
Als Aufsichtsbehörden für Verpflichtete des Nichtfinanzbereichs aus der Region werden die Regierungspräsidien Baden-Württembergs zu gegebener Zeit aktuelle Informationen zu den gesetzlichen Neuerungen anbieten.
Datenschutzrecht / DSGVO

Bestellung einer/s betrieblichen Datenschutzbeauftragten

I. Wann muss ein Datenschutzbeauftragter bestellt werden?

Ab der Anzahl von zwanzig Mitarbeitern, die im Betrieb ständig und automatisiert personenbezogene Daten verarbeiten, ist verpflichtend ein Datenschutzbeauftragter zu benennen. Zu den Mitarbeitern zählen hierbei Voll- und Teilzeitkräfte, Leiharbeitnehmer, Auszubildende, freie Mitarbeiter und Praktikanten sowie Beschäftigte im Home-Office oder in Tele-Arbeit.
Wichtig dabei ist, dass die Mitarbeiter regelmäßig und „automatisiert“ Daten verarbeiten, also zum Beispiel Kundenbetreuer, Callcenter-Mitarbeiter oder Personalabteilung, und zwar per PC, Tablet, Smartphone. Nicht gemeint sind Personen, die keinen oder nur selten mit personenbezogenen Daten umgehen, wie Lager-Arbeiter, Reinigungskräfte oder LKW-Fahrer.
Sinken die Mitarbeiter kurzzeitig auf eine Anzahl unterhalb der Grenze von zwanzig Mitarbeitern führt dies nicht zum Wegfall der Bestellpflicht. Entscheidend ist der durchschnittliche Personalbestand innerhalb eines Geschäftsjahres.
Auch bei weniger Mitarbeitern ist ein Datenschutzbeauftragter zu benennen, wenn die Haupttätigkeit des Unternehmens darin besteht, regelmäßig und systematisch personenbezogene Daten zu beobachten, zum Beispiel: datengesteuerte Marketingaktivitäten wie verhaltensbasierte Werbung, Scoring zu Zwecken der Kreditvergabe oder Versicherungsprämien, Standortverfolgung, künstliche Intelligenz, Daten in Alltagsgegenständen (z.B. smarte Haushaltsgeräte und Autos). Wenn besonders sensible Daten verarbeitet werden, wie Gesundheitsdaten, ist stets ein Datenschutzbeauftragter zu bestellen.
Wichtig: Im Übrigen kann das Unternehmen jederzeit freiwillig einen Datenschutzbeauftragten bestellen. Keinen Datenschutzbeauftragten zu bestellen, muss nicht weniger Arbeit bedeuten. Der Datenschutz muss trotzdem eingehalten werden. Prüfen Sie deshalb genau, ob ein freiwillig bestellter Datenschutzbeauftragter für Entlastung im Unternehmen sorgen kann, indem er sich um die Aufgaben aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kümmert.
Die Position des Datenschutzbeauftragten kann innerhalb des Betriebs durch einen eigenen Mitarbeiter besetzt werden (auch als „Teilzeit“-Tätigkeit neben seinen eigentlichen Aufgaben), wenn er die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen dafür besitzt. Es kann auch ein externer Datenschutzbeauftragter bestellt werden. Für eine Unternehmensgruppe kann ein gemeinsamer Datenschutzbeauftragte benannt werden. Dieser muss jedoch von jeder Niederlassung aus leicht erreichbar sein.

II. Wer kann Datenschutzbeauftragter sein?

Die Position des Datenschutzbeauftragten kann innerhalb des Betriebs durch einen eigenen Mitarbeiter besetzt werden (auch als „Teilzeit“-Tätigkeit neben seinen eigentlichen Aufgaben), wenn dieser persönlich und fachlich geeignet ist. Es kann auch eine externe Person, zum Beispiel ein Rechtsanwalt, als Datenschutzbeauftragter bestellt werden. Für eine Unternehmensgruppe kann ein gemeinsamer Datenschutzbeauftragter benannt werden. Dieser muss jedoch von jeder Niederlassung aus leicht erreichbar sein.
Eine Person, die in einen Interessenkonflikt geraten könnte oder sich am Ende selbst kontrolliert, darf nicht zum Datenschutzbeauftragten bestellt werden (dies sind insbesondere Mitglieder der Unternehmensleitung, IT- und Personalleiter sowie IT- Administratoren).  

III. Anforderungen an Bestellung, Stellung und Aufgaben

1. Fachliche Voraussetzungen

  • Der Datenschutzbeauftragte muss aufgrund der beruflichen Qualifikation und des Fachwissens benannt werden. Zu den Fachkundevoraussetzungen gehört ein Verständnis der datenschutzrechtlichen Vorschriften, sowie  grundsätzliche Kenntnisse der Informations- und Telekommunikationstechnologie und der Datensicherheit. Diese Mindestkenntnisse müssen bereits zum Zeitpunkt der Bestellung vorliegen.
  • Eine Form und bestimmte Dauer für die Bestellung besteht nicht; die Bestellung sollte aus Nachweisgründen in Textform erfolgen. Hierfür gibt es ein Muster:
Muster: Interne Bestellung zum/zur betrieblichen Datenschutzbeauftragten

Herrn/Frau
Name
Anschrift
Hiermit bestellen wir Sie im gegenseitigen Einvernehmen und mit sofortiger Wirkung/zum … zum/zur betrieblichen Datenschutzbeauftragten gem. Art. 37 ff. EU-Datenschutz-Grundverordnung, § 38 BDSG.
In Ihrer Funktion als Datenschutzbeauftragte/r sind Sie der Geschäftsleitung unmittelbar unterstellt (Achtung Hinweis: Diese Regelung ist nicht verpflichtend in den gesetzlichen Vorschriften vorgesehen, kann aber von dem Unternehmen so getroffen werden).
Zuständiges Mitglied der Geschäftsleitung ist Herr/Frau ... . Ihre Aufgaben als Datenschutzbeauftragte/r ergeben sich aus der EU-Datenschutzgrundverordnung und dem Bundesdatenschutzgesetz, die wir in der Anlage konkretisiert haben.
In Ihrer Aufgabe als betriebliche/r Datenschutzbeauftragte/r sind Sie weisungsfrei. Über Ihre Tätigkeit werden Sie der zuständigen Geschäftsleitung (Zeitraum angeben: z. B.: 1x jährlich) Bericht erstatten.
Ort, Datum
Unterschrift: ... (Unternehmensleitung)
Mit der Bestellung bin ich einverstanden: ... (Unterschrift der/des Datenschutzbeauftragten)
Hinweis: Dieses Muster – als Service Ihrer IHK Region Stuttgart –gibt nur erste und unverbindliche Hinweise und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl dieses Muster mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit nicht übernommen werden.
Die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten sind zu veröffentlichen (z.B. in der Datenschutzerklärung auf der Unternehmenshomepage) und sind der jeweiligen Landesdatenschutzbehörde zu melden. Hierfür gibt es ein elektronisches Formular bei den Aufsichtsbehörden.

2.    Stellung

  • Der Datenschutzbeauftragte ist weisungsunabhängig bzgl. seiner Aufgabenerfüllung. Er darf wegen der Erfüllung seiner Aufgaben weder abberufen noch benachteiligt werden.
  • Es ist frühzeitg in alle datenschutzrechtlichen Fragen einzubinden. Zur Aufgabenerfüllung ist ihm das notwendige Zeitbudget sowie die nötige Unterstützung (Fortbildung, finanzielle, materielle und personelle Ausstattung) zu gewähren.
  • Dem Datenschutzbeauftragten ist Zugang zu allen personenbezogenen Daten und damit zusammenhängenden Verarbeitungsvorgängen zu geben.
  • Der Datenschutzbeauftragte ist zur Wahrung der Geheimhaltung und Vertraulichkeit bei der Erfüllung seiner Aufgaben verpflichtet. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Identität von betroffenen Personen, die sich an den Datenschutzbeauftragten gewandt haben.
  • Dem Datenschutzbeauftragten steht ein besonderer Kündigungsschutz zu. Das Arbeitsverhältnis darf während der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter und nach Beendigung für ein Jahr nicht gekündigt werden, es sei denn die Kündigung erfolgt aus wichtigem Grund.

3.    Aufgaben

Der Datenschutzbeauftragte hat folgende Aufgaben zu erfüllen:
  • Beratung bei datenschutzrechtlichen Fragen.
  • Überwachung und Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften (DSGVO, BDSG sowie weitere Rechtsvorschriften) sowie der unternehmenseigenen Datenschutzbestimmungen und Schulung von Mitarbeitern.
  • Kommunikation mit der Datenschutzaufsichtsbehörde.
  • Ansprechpartner für betroffene Personen und Mitarbeiter zu allen mit der Verarbeitung ihrer Daten und mit der Wahrnehmung ihrer Rechte zusammenhängenden Vorgänge.
Über diese Aufgaben hinaus nimmt er eine beratende und unterstützende Funktion ein.
Insbesondere sind hier zu nennen:
  • Unterstützung des Verantwortlichen bei der Etablierung von Prozessen bzw. Dokumentationen zur Erfüllung datenschutzrechtlicher Pflichten, Unterstützung bei der Meldepflicht- und Benachrichtigungspflicht bei Datenschutzverletzungen sowie Erfüllung der Betroffenenrechte (Recht aus Auskunft, Berichtigung, Einschränkung der Datenverarbeitung, und Löschen von Daten).
  • Unterstützung bei der Erstellung eines Verzeichnisses der Verarbeitungstätigkeiten. 
Bei der Erfüllung seiner Aufgaben entscheidet der Datenschutzbeauftragte selbst, welche Verarbeitungsvorgänge er aufgrund des damit jeweilig verbundenen Risikos vorrangig prüft.

IV. Haftung

Nach den Leitlinien der sogenannten Artikel-29-Datenschutzgruppe (unabhängiges Beratungsgremium der Europäischen Kommission in Fragen des Datenschutzes) vom April 2017 trägt der Datenschutzbeauftragte im Falle der Nichteinhaltung der DSGVO keine persönliche Verantwortung. Es ist Sache des Verantwortlichen sicherzustellen und nachzuweisen, dass die datenschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten werden. Wird es versäumt den Datenschutzbeauftragten zu bestellen, kann dies mit einem Bußgeld belegt werden (entsprechend der DSGVO mit bis zu 10 Millionen Euro oder 2 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes).


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Einstieg ins internationale Geschäft

Sie wollen Ihre Produkte ins Ausland exportieren oder Waren aus anderen Ländern importieren, suchen Geschäftspartner im Ausland oder wollen dort eine Produktionsstätte aufbauen? Wer sich international engagieren möchte, muss sich gut informieren. Wir unterstützen Sie beim Einstieg in das internationale Geschäft.

Außenhandel

Erfahren Sie,
  • was beim Export von Waren zu beachten ist.
  • wann Sie Zoll zahlen müssen.
  • warum ausländische Kunden wissen möchten, in welchem Land Ihre Waren hergestellt wird.

Vertrieb im Ausland

Erfahren Sie,
  • wie Sie Käufer für Ihr Produkt finden.
  • welche länderspezifischen Besonderheiten es gibt.
  • welche rechtlichen und steuerlichen Gegebenheiten zu beachten sind.

Investieren im Ausland

Erfahren Sie,
  • was Sie bei der Dienstleistungserbringung im Ausland beachten sollten.
  • welche Förderungen oder Finanzierungshilfen es für Ihre Auslandsinvestitionen gibt.
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Steuerfrei an den Kunden abrechnen

Ein deutscher Unternehmer kann seine Rechnung regelmäßig umsatzsteuerfrei stellen, wenn er Waren von Deutschland an einen Unternehmer in einem anderen Mitgliedsstaat der EU liefert. Dafür benötigen beide Unternehmer eine Umsatzsteueridentifikationsnummer (USt-IdNr.).
Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung müssen vom Unternehmen durch Belege und Aufzeichnungen nachgewiesen werden können.
Unternehmen, die Ware von Deutschland in ein Nicht-EU-Land (Drittland) exportieren, können diese als sogenannte Ausfuhrlieferung steuerfrei abrechnen. Auch dafür gibt es bestimmte Voraussetzungen und Nachweispflichten.
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Geschäftsessen, Geschenke und Incentives steuerlich behandeln

Sie laden Geschäftspartner zum Mittagessen ein? Sie möchten Ihren Kunden zur Pflege des Geschäftskontakts etwas schenken oder Ihre Mitarbeiter für ihr Engagement belohnen?
Inwieweit können Sie Bewirtungskosten, Geschenke und Incentives als Betriebsausgaben absetzen und wie sind sie zu besteuern? Bei Geschenken stellt sich auf Seiten des Zuwendenden die Frage, ob und in welcher Höhe er die entstandenen Ausgaben als Betriebsausgaben absetzen kann – auf der Seite des Empfängers, ob er die Zuwendung als Einnahme oder geldwerten Vorteil versteuern muss. Bei Einladungen zum Essen geht es neben der Frage „Arbeitsessen oder Privatvergnügen“ um die Anforderungen an die Bewirtungsbelege.
Hier finden Sie Informationen zur steuerlichen Behandlung von
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Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland

Mit der zunehmenden Internationalisierung des Wirtschaftsverkehrs steigt die Anzahl an grenzüberschreitenden Leistungserbringungen. So entsenden Unternehmen ihre Mitarbeiter ins Ausland, beispielsweise für vorübergehende Dienstleistungserbringungen wie Montagen, Reparaturen, Projektbetreuungen oder auch für längere Zeit.
Die bürokratischen und rechtlichen Anforderungen für die Betriebe sind durch Meldepflichten erheblich gestiegen – auch innerhalb der Europäischen Union. Um möglichen Fallstricken und Bußgeldern zu entgehen, haben wir Ihnen die wichtigsten Informationen zu Melde- und Steuerpflichten beziehungsweise Lohn- und Versicherungsvorgaben für einzelne Zielländer zusammengestellt.
Detaillierte Informationen, was Sie in den einzelnen Ländern beachten sollten, finden Sie in unserem Artikel „Entsendung von Mitarbeitern”.
Übersicht

Wertgrenzen und Schwellenwerte

Das Vergaberecht sieht für die Durchführung der Auftragsvergabe mehrere Verfahrensarten vor, je nach Wert des Auftrages. Die Wertgrenzen und Schwellenwerte haben wir hier für Sie zusammengestellt. Die Werte sind Nettobeträge in EUR.
Schwellenwerte EU
Klassische öffentliche
Aufträge
Sektoren-aufträge
Oberste und obere Bundesbehörden
Konzessionen
Lieferauftrag
215.000
431.000
140.000
5.382.000
Dienstleistungs-
auftrag
215.000
431.000
140.000
5.382.000
Dienstleistungsaufträge,
die soziale und andere besondere Dienstleistungen betreffen
750.000
1.000.000
750.000
5.382.000
Bauauftrag
5.382.000
5.382.000
5.382.000
5.382.000
nähere Informationen finden Sie

Diese Wertgrenzen gelten laut dem Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg – Stand September 2022
Wertgrenzen in Baden-Württemberg für Beschaffungen der Landesbehörden
Liefer-und Dienstleistungsauftrag
Rechtsgrundlagen:
  • § 55 LHO
  • Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 55 LHO (VV-LHO)
  • VWV Beschaffung
  • Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb bis 100.000 Euro
  • Verhandlungsvergabe bis 50.000 Euro
  • Direktauftrag bis 5.000 Euro

Bauauftrag
Rechtsgrundlagen:
  • § 55 LHO
  • Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 55 LHO (VV-LHO)
  • Vergabe-und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A) Abschnitt 1
  • Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb für Ausbaugewerke bis 50.000 Euro
  • Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb für Tief-, Verkehrswege-und Ingenieurbau bis 150.000 Euro
  • Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb für übrige Gewerke bis 100.000 Euro
  • Freihändige Vergabe bis 50.000 Euro
  • Direktauftrag bis 3.000 Euro
Wertgrenzen in Baden-Württemberg für Beschaffungen der Kommunen
Liefer-und Dienstleistungsauftrag

  • Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb bis 100.000 Euro
  • Verhandlungsvergaben bis 50.000 Euro
  • Direktaufträge bis 6.000 Euro
Bauauftrag

  • Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb für Ausbaugewerke bis 50.000 Euro
  • Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb für Tief-, Verkehrswege-und Ingenieurbau bis 150.000 Euro
  • Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb für übrige Gewerke bis 100.000 Euro
    • Direktauftrag bis 3.000 Euro



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Rechtliche Konflikte mit anderen Unternehmen lösen

Streitige Auseinandersetzungen sind unvermeidlich. Im Wirtschaftsleben sollte es darum gehen, entstandenen Streit vorgerichtlich zu erledigen. In einem außergerichtlichen Verfahren können die Parteien gemeinsam eine gütliche Einigung erarbeiten.
Die Gütestelle für kaufmännische Streitigkeiten kann in allen Streitigkeiten angerufen werden, die sich aus der
gewerblichen Tätigkeit beider Parteien ergeben. Sie kann auch bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern gewerblich tätiger Gesellschaften eingeschaltet werden. Das Güteverfahren zielt darauf ab, mit Hilfe einer neutralen, unparteiischen Person, der sogenannten Güteperson, zwischen den streitenden Parteien zu vermitteln und auf diese Weise eine interessengerechte Vereinbarung herbeizuführen.
Zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten in der gewerblichen Wirtschaft hat das Land Baden-Württemberg bei der IHK Region Stuttgart eine Einigungsstelle errichtet. Die Einigungsstelle wird auf Antrag tätig und bezweckt die Herbeiführung eines gütlichen Ausgleichs in Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Anspruch auf Grund des UWG beziehungsweise des Unterlassungsklagegesetzes geltend gemacht wird.
IHK hilft

Geistiges Eigentum schützen

Sie haben eine Idee, die Sie umsetzen möchten. Doch wie können Sie Ihr geistiges Eigentum schützen?
Schutz bieten gewerbliche Schutzrechte. Unterschieden werden technische Schutzrechte (Patent, Gebrauchsmuster), Designschutz (Eingetragenes Design) sowie Namens- und Kennzeichenschutz (Marke). Die IHK informiert und berät Unternehmen zu allen Fragen im Zusammenhang mit gewerblichen Schutzrechten wie Anmeldung, Kosten und Recherche. Generelle Erstinformationen zum Thema finden Sie auf unserer Seite „Patente & Co.”.
Ein Tipp: Teilen Sie Ihre Idee nicht mit jedem. Möglicherweise kann diese Mitteilung dann neuheitsschädlich bei der Beantragung möglicher Schutzrechte (zum Beispiel eines Patents) sein.
Dienstleistungserbringung im Ausland

Entsendung nach Italien

Die IHK Region Stuttgart gibt in diesem Zusammenhang Ihren Mitgliedern eine Erstberatung zu rechtlichen Fragestellungen. Buchen Sie in unserem Online-Terminkalender direkt Ihren persönlichen Beratungstermin für unsere jeweiligen Sprechstunden dienstags und donnerstags.
Für Unternehmen, die Mitarbeiter zur Abwicklung geschlossener Dienstleistungsverträge nach Italien entsenden, gibt es verschiedene Anzeige- und Meldepflichten. Was im Einzelfall zu tun ist, muss rechtzeitig vor Beginn der Tätigkeit in Italien überprüft werden.

1. Meldepflicht

Für den Einsatz von Mitarbeitern in Italien müssen sich die Unternehmen auf dem Internetportal des italienischen Arbeitsministeriums registrieren. Das italienische Arbeitsministerium bietet darüber hinaus nützliche Informationen (in englischer Sprache). Zudem muss der Einsatz spätestens am Tag zuvor bis Mitternacht auf dem Internetportal ciclavoro.gov.it gemeldet werden.

2. Arbeitsbedingungen in Italien

Beim Einsatz von Mitarbeitern in Italien müssen die italienischen Arbeitsbedingungen beachtet werden, wie zum Beispiel:
  • Höchstarbeitszeit und Mindestruhezeiten
  • Mindestlöhne und Überstundenvergütung
  • bezahlter Mindestjahresurlaub
  • Maßnahmen zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
  • Vorschriften der Nicht-Diskriminierung
Informationen zu den Arbeitsbedingungen finden Sie auf der Internetseite des italienischen Arbeitsministeriums in italienischer und englischer Sprache. Dort finden Sie auch die branchenspezifischen Tarifverträge, die allerdings nur in italienischer Sprache verfügbar sind.

3. Aufbewahung von wichtigen Unterlagen

Die folgenden Unterlagen (samt Kopie in italienischer Sprache - in gedruckter oder elektronischer Form) sind vom Entsendeunternehmen während der Entsendung und darüber hinaus für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung der Entsendung aufzubewahren:
  • Arbeitsvertrag
  • Lohnzettel
  • Stundenzettel, aus denen Anfang, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit hervorgehen
  • Nachweis über die Zahlung von Gehältern oder gleichwertige Unterlagen
  • Öffentliche Mitteilung über den Beginn des Arbeitsverhältnisses oder gleichwertige Unterlage
  • Zertifikat über die anzuwendenden Sozialsicherheitsvorschriften (A1-Bescheinigung)
Zudem ist während des Einsatzes und zwei Jahre nach dessen Abschluss ein Ansprechpartner („referente”) mit Anschrift und Wohnsitz in Italien für die Zustellung von Dokumenten und Unterlagen zu benennen. Für eventuelle Rückfragen der italienischen Behörden muss dieser die italienische Sprache beherrschen. Ebenso ist für die Zeitspanne des Einsatzes ein weiterer, vertretungsberechtigter Ansprechpartner zu benennen, der zu Verhandlungen mit den Sozialpartnern befugt ist.

4. Mögliche Sanktionen

Die Nichteinhaltung der neu festgesetzten Verpflichtungen ist mit Strafe bedroht. Die Nichtanmeldung einer Entsendung wird mit einer Geldbuße in Höhe von 180 bis 600 Euro pro entsandte Arbeitnehmer bestraft. Bei Verstößen gegen die Aufbewahrungspflichten fallen Geldbußen in Höhe von 600 bis 3.600 Euro pro entsandte Arbeitnehmer an. Werden keine Ansprechpartner ernannt, fallen Geldbußen in Höhe von 2.400 bis 7.200 Euro an. Die Strafen dürfen nicht höher als 180.000 Euro sein.
Auch die Kolleginnen und Kollegen der Auslandshandelskammer in Italien helfen bei Fragen zum italienischen Recht gerne weiter.
Mehrwertsteuerrecht in der Schweiz

Mehrwertsteuergesetz in der Schweiz

Teilrevision des Mehrwersteuergesetzes gilt seit 1. Januar 2018

Am 1. Januar 2018 trat in der Schweiz die vom Parlament beschlossene Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes in Kraft. Neu ist für die obligatorische Steuerpflicht eines Unternehmens nicht mehr nur der Umsatz im Inland maßgebend, sondern der Umsatz im In- und Ausland. Unternehmen, die weltweit einen Umsatz von mindestens 100.000 Schweizer Franken erzielen, werden ab dem ersten Franken Umsatz in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig. Ob ein Unternehmen ab 2018 oder 2019 mehrwertsteuerpflichtig wird, hängt von mehreren Faktoren, beispielsweise dem Ort der Lieferung oder Ort der Dienstleistung, ab.
Zuvor konnten ausländische Unternehmen bis zu einem Umsatz von 100.000 Franken in der Schweiz ihre Leistungen ohne Mehrwertsteuer erbringen, was zu Wettbewerbsnachteilen für das inländische Gewerbe insbesondere in den Grenzregionen geführt hatte.
Weitere Neuerungen – reduzierter Mehrwertsteuersatz für elektronische Zeitungen, Zeitschriften und Bücher, Margenbesteuerung für Sammlerstücke und andere – traten ebenfalls am 1. Januar 2018 in Kraft.

Neuerung bei der Versandhandelsregelung seit dem 1. Januar 2019

Seit dem 1. Januar 2019 ist eine neue Versandhandelsregelung in Kraft. Versandhandelsunternehmen werden somit ab 2019 steuerpflichtig, wenn sie mit einfuhrsteuerfreien Kleinsendungen mindestens einen Umsatz von 100.000 Franken pro Jahr in der Schweiz erzielen.
Kleinsendungen sind Lieferungen, bei denen der Steuerbetrag nicht mehr als 5 Franken beträgt. Bei einem regulären Steuersatz von 7,7 Prozent fallen unter Kleinsendungen folglich Artikel mit einem Warenwert von bis zu 65 Franken beziehungsweise bei einem reduzierten Steuersatz von 2,5 Prozent Artikel mit einem Warenwert von bis zu 200 Franken. Die Versandhandelsunternehmen werden die Mehrwertsteuer ihren Kundinnen und Kunden selbst in Rechnung stellen. Dafür entfallen bei den Kundinnen und Kunden die vom Zoll bei der Einfuhr erhobenen Steuern und Gebühren. Bitte beachten Sie, dass die Steuerpflicht für Versandhandelsunternehmen seit dem 1. Januar 2019 gilt, wenn diese in den vorangegangenen 12 Monaten Umsätze aus Kleinsendungen in Höhe von mindestens 100.000 Franken erzielt haben und zu erwarten ist, dass sie auch im Jahr 2019 Kleinsendungen ausführen werden. Weitere nützliche Informationen stellt die Eidgenössische Steuerverwaltung auf ihrer Internetseite bereit.

Neue Rundfunkgebührenregelung seit dem 30. August 2018

Am 30. August 2018 gab die Eidgenössische Steuerverwaltung bekannt, dass Unternehmen ohne Sitz, Wohnsitz oder Betriebsstätte in der Schweiz eine Unternehmensabgabe für Radio und Fernsehen nicht entrichten müssen. Beitragspflichtig sind lediglich Unternehmen mit Sitz, Wohnsitz oder Betriebsstätte in der Schweiz, die im Schweizer Mehrwertsteuerregister eingetragen sind und einen jährlichen Gesamtumsatz von mindestens 500.000 Franken (ohne Mehrwertsteuer) erzielen.

Anmeldung bei der Steuerverwaltung notwendig

Allgemein gilt, wer zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet ist, muss sich unaufgefordert innerhalb von 30 Tagen nach Beginn der Steuerpflicht bei der Schweizerischen Steuerverwaltung anmelden und außerdem
  • einen in der Schweiz niedergelassenen Fiskalvertreter bestellen,
  • eine Sicherheitsleistung in Höhe von 3 Prozent des erwarteten Inlandsumsatzes in der Schweiz erbringen (Bankbürgschaft bei einer in der Schweiz ansässigen Bank oder durch Bareinzahlung auf das Konto der Schweizerischen Steuerverwaltung) und
  • in der Regel vierteljährlich Steuerabrechnungen einreichen.

Bei Versäumnis: Straflose Selbstanzeige

Wurde eine rechtzeitige Registrierung im Schweizer Mehrwertsteuerregister versäumt, so besteht die Möglichkeit einer straflosen Selbstanzeige (Art. 102 MwStG). Voraussetzungen dafür sind:
  • Keine positive Kenntnis der Widerhandlung durch die schweizer Behörden
  • Aktive Mitwirkung durch den Steuerpflichtigen hinsichtlich Festsetzung der geschuldeten Steuer und Rückzahlung

Weiterführende Informationen

Die neue Geoblocking-Verordnung

1. Was ist Geoblocking?

Mittels „Geoblocking“ werden Internetinhalte für Kunden aus anderen EU-Staaten gesperrt, oder sie erhalten andere Konditionen als ein Kunde aus einer anderen Region.
Zum Beispiel möchte ein Kunde aus Frankreich bei einem deutschen Onlinehändler einen günstig angebotenen Artikel erwerben. Stattdessen wird er automatisch auf eine französische Version der Webseite weitergeleitet, auf der er den gewünschten Artikel nicht oder nur zu einem höheren Preis erwerben kann.

2. Was bezweckt die Geoblocking-Verordnung?

Die EU sieht in dem oben beschriebenen Fall eine Ungleichbehandlung von Kunden aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder der Niederlassung, in anderen EU-Ländern Waren oder Dienstleistungen zu erwerben oder auf digitale Onlineinhalte zuzugreifen. Die Verordnung verbietet Onlinehändlern den Kunden den Zugang zu einer Webseite aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Orts der Niederlassung  zu sperren und ihn von bestimmten Angeboten auszuschließen. Die Verordnung gilt sowohl mit Verbrauchern als auch für B2B-Geschäfte, wenn der Käufer auch Endkunde der Leistung ist.

Was passiert durch die neuen Regelungen konkret:

  • Händler dürfen Kunden nur noch mit deren ausdrücklicher Zustimmung auf eine länderspezifische Webseite (zum Beipsiel die französische Shopversion einer deutschen Online-Shoppingseite) umleiten.
  • Beschränkungen oder unterschiedliche Behandlung von Kunden für elektronisch erbrachte Dienste (zum Beispiel Cloud Services, Webhosting) sowie touristische Dienstleistungen, die lokal am Standort erbracht werden (zum Beispiel Autovermietung, Hotelunterbringung, Veranstaltungstickets) darf es künftig ebenfalls nicht mehr geben.
  • Verboten sind ungleiche Bedingungen für Kauf, Lieferung und Zahlung, wegen der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Niederlassungsortes soweit diese nicht durch objektive Gründe gerechtfertigt werden können, wie beispielsweise höhere Versandkosten. 
  • Untersagt wird die Ungleichbehandlung in Bezug auf Zahlungsarten. Akzeptiert ein Händler eine Zahlungsart (zum Beispiel Zahlung mit einer bestimmten Kreditkarte), muss er diese Zahlungsart auch Kunden aus anderen Mitgliedsländern ermöglichen.
Die Verordnung verbietet nicht, das Betreiben verschiedener Länderversionen eines Onlineshops mit unterschiedlichen Konditionen, wie höhere Versandbedingungen, unterschiedliche Preise oder Sonderangebote/Aktionen, die nur für eine bestimmte Shopversion zugänglich sind.  
Diese länderspezifischen Konditionen müssen dann aber von jedem Kunden eines Mitgliedstaates in Anspruch genommen werden können. Ein beispielsweise französischer Kunde muss auf der deutschen Shopseite auch zum gleichen Preis einkaufen können wie deutsche Kunden.
Der deutsche Händler darf sein Liefergebiet festlegen. Er muss seine Ware nicht an einen Kunden aus einem Mitgliedstaat liefern, wenn das Land des Wohnsitzes oder der Niederlassung nicht vom Liefergebiet des Händlers erfasst ist. Er muss aber einen Kunden dessen Land nicht zum Liefergebiet gehört ermöglichen, dass er
  • eine Lieferadresse in Deutschland oder in einem anderen Staat  innerhalb des Liefergebiets angibt;
  • die Lieferung selbstständig organisiert, indem er selbst eine Spedition beauftragt; oder
  • die Ware in einem stationären Geschäft des Händlers abholt (sofern der Händler dies Kunden, die zum Liefergebiet gehören, anbietet)

3. Gibt es Ausnahmen von der Geoblocking-Verordnung?

Das Verbot gilt nicht, wenn es für eine Sperrung, Beschränkung oder unterschiedliche Behandlung rechtlich zwingende Gründe gibt, beispielsweise Jugendschutzgründe, Buchpreisbindung.
Ausgenommen von der Verordnung sind Gesundheitsleistungen und soziale Dienste, Finanzdienstleistungen,  Beförderungsleistungen sowie Streaming oder Download-Angebote für urheberrechtlich geschützte Werke.
Die Verordnung gilt nicht für Anbieter elektronisch erbrachter Dienstleistungen, wenn sie von der Mehrwertsteuer befreit sind.

4. Was ist zu tun?

Händler müssen insbesondere
  • bestehende technische Zugangssperren beseitigen
  • die Einwilligung in die Weiterleitung auf länderpezifische Webseiten technisch einrichten
  • die Selbstabholung ermöglichen, wenn diese Option auch für inländsiche Kunden besteht
  • technische Einstellungen beseitigen, welche die Zahlungs- oder Lieferbedingungen automatisch anpassen aufgrund der IP-Adresse, des eingetragenen Wohnorts, der Sprachauswahl oder des Zahlungsmittels
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen überprüfen, ob diese den Kunden wegen seiner  Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder der Niederlassung diskriminieren. Hierzu wird die Einholung rechtsanwaltlichen Rates empfohlen.
  • unterschiedliche Bedingungen für einen Zahlvorgang aufgrund Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Ort der Niederlassung unterlassen
Händler sollten des Weiteren
  • das Liefergebiet auf der Unternehmenswebseite und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen deutlich kenntlich machen
  • Eingabemasken für Bestell- und Kundenformulare anpassen, sodass eine von der Rechnungsadresse abweichende Lieferadresse in den Mitgliedstaat, der vom Händler beliefert wird, oder ausländische Kontaktdaten, angegeben werden können.
Zuständig für die Durchsetzung der Verodnung ist die Bundesnetzagentur. Sie kann bei Verstößen gegen die Anbieter Anordnungen erlassen und Zwangsgeld festsetzen (bis zu 500.000 Euro) sowie Bußgelder bis zu 300.000 verhängen.
Bei Verstößen gegen die Verordnung können auch Abmahnungen von Mitbewerbern oder abmahnberechtigten Verbänden drohen.

International

Vergütung von Reisezeiten bei einer Auslandsentsendung

Mit der Frage, inwieweit die Wegezeit einer Dienstreise auch Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes darstellt und damit beispielsweise in die zulässige tägliche Höchstarbeitszeit einzubeziehen ist, hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits zu verschiedenen Fallkonstellationen befasst.
Ob Reisezeiten, die über die arbeitsvertraglich vereinbarte reguläre Arbeitszeit hinausgehen als Arbeitszeit zu vergüten sind, ist Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des BAG. Am 17. Oktober 2018 wurde über die Vergütung von Reisezeiten bei Auslandsentsendungen entschieden (BAG, Urt. v. 17.10.2018, 5 AZR 553/17).

1. Sachverhalt

Der technische Mitarbeiter eines Bauunternehmens war über einen Zeitraum von zwölf Wochen nach China entsandt. Anstelle eines Direktflugs in der Economy-Class buchte das Bauunternehmen auf Wunsch seines Mitarbeiters einen Business-Class-Flug mit Zwischenstopp in Dubai. Für jeden der insgesamt vier Reisetage erhielt der Mitarbeiter gemäß seinem Arbeitsvertrag jeweils acht Stunden vergütet. Mit seiner Klage verlangt der Arbeitnehmer die Vergütung weiterer 37 Stunden, also die vollständige Entlohnung seiner tatsächlichen Reisezeit.

2. Entscheidung des BAG

Nachdem die Klage in erster Instanz keinen Erfolg hatte, wurde ihr durch das Landesarbeitsgericht (LAG) stattgegeben. Infolge der Revision der Beklagten hatte nun das BAG zu entscheiden. Dieses stellte fest, dass im Rahmen einer vorübergehenden Entsendung eines Arbeitnehmers ins Ausland sowohl die Reise zur auswärtigen Arbeitsstätte, als auch die Reise von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgten. Dementsprechend sei in der Regel die erforderliche Reisezeit wie Arbeitszeit zu vergüten. Erforderlich sei dabei grundsätzlich die Reisezeit im Rahmen eines Economy-Class-Flugs.
Die Aussagen des BAG betreffen damit die Vergütung von Reisezeiten sowie die erforderliche Reisezeit.

2.1 Vergütung von Reisezeiten

Entsendet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für die Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie die eigentliche Tätigkeit zu vergüten soweit keine anderweitigen Vergütungsregelungen getroffen worden sind.
Das BAG macht deutlich, dass zwischen der arbeitszeitrechtlichen Beurteilung und der Vergütungspflicht zu differenzieren ist. Erstere schützt den Arbeitnehmer vor einer übermäßigen Inanspruchnahme und dient damit dem Schutz von Körper und Gesundheit, letztere sichert eine angemessene Vergütung des Arbeitnehmers.
2.1.1 Reisezeiten als Teil der gesetzlichen Vergütungspflicht des Arbeitgebers
2.1.1.1 Grundsatz
„Grundsätzlich erbringt der Arbeitnehmer mit dem - eigennützigen - Zurücklegen des Wegs von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück keine Arbeit für den Arbeitgeber.“  (BAG)
Begrifflich handelt es sich insofern um Wegezeiten. Diese werden nicht als Arbeit vergütet.
2.1.1.2 Ausnahme: Tätigkeiten des Arbeitnehmers außerhalb des Betriebs
Hat der Arbeitnehmer hingegen Tätigkeiten außerhalb des Betriebs zu erbringen, gehören diesbezüglich erforderliche Fahrten zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten. Dienstreisen bilden demnach eine Ausnahme vom Grundsatz unabhängig davon, ob Fahrtantritt und -ende vom Betrieb des Arbeitgebers oder von der Wohnung des Arbeitnehmers erfolgen.
2.1.1.3 Ausnahme: Entsendungen
Dies gilt in gleicher Weise für Reisen die wegen einer vorübergehenden Entsendung zur Arbeit ins Ausland erforderlich sind. Auch solche sind fremdnützig, jedenfalls sofern sie ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgen.
2.1.2 Arbeitszeitliche Einordnung ohne Bedeutung
Ohne Bedeutung für die Bestimmung der Vergütung ist hingegen die Frage, ob es sich bei der Reisezeit um Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 ArbZG handelt. Das ArbZG sichert als öffentlich-rechtliche Schutznorm vor einer übermäßigen Inanspruchnahme des Arbeitnehmers. Die Einordnung einer bestimmten Zeitspanne als Arbeitszeit führt aber nicht zwingend zu einer Vergütungspflicht.
2.1.3 Vergütung von Reisezeiten
Aus der Einordnung von Reisezeiten als Arbeitszeit ergibt sich jedoch noch keine Aussage über die Höhe der Vergütung.
Die Parteien können über die Vergütung von Reisezeiten durch Arbeits- oder Tarifvertrag gesonderte Vergütungsregelungen treffen. Dabei kann eine Vergütung von Reisezeiten auch ganz ausgeschlossen werden, sofern hierdurch nicht der nach § 1 Abs. 1 MiLoG zustehende Anspruch auf Mindestlohn unterschritten wird. Ist hingegen eine konkrete Vereinbarung über die Vergütung nicht getroffen, richtet sich diese nach der für die eigentliche Tätigkeit vereinbarten Vergütung.

2.2 Erforderlichkeit von Reisezeiten

Zu vergüten ist die erforderliche Reisezeit. Deren Bestimmung richtet sich nach den folgenden Grundsätzen.
2.2.1 Vorgabe des Reiseverlaufs durch den Arbeitgeber
Wird der Reiseverlauf und die Reisemittel durch den Arbeitgeber bestimmt, ist diejenige Reisezeit erforderlich, die der Arbeitnehmer benötigt, um entsprechend dieser Vorgaben das Reiseziel zu erreichen.
2.2.2 Beteiligung des Arbeitnehmers an der Reiseplanung
Anders ist dies hingegen, wenn der Arbeitnehmer an dem Reiseverlauf bzw. an der Wahl der Reisemittel beteiligt wird. Der Arbeitnehmer ist dann aufgrund der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren, die kostengünstigste Möglichkeit zu wählen.
Im konkreten Fall hält das BAG bei einer Flugreise diejenige Reisezeit für erforderlich, die bei einem Direktflug in der Economy-Class anfällt, es sei denn ein solcher ist wegen besonderer Umstände dem Arbeitnehmer nicht zumutbar.
2.2.3 Weitere Bestandteile der Reisezeit
Zu den Bestandteilen der eigentlichen Beförderungszeit gehören auch solche Zeiten die mit der Beförderung zwingend einhergehen. Beispielhaft ist hier auf die Wegezeiten zum und vom Flughafen abzustellen sowie die Zeiten für das Einchecken und die Gepäckausgabe.
Nicht dazu gehört jedoch eigennütziger Zeitaufwand des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Reise beispielsweise für das Kofferpacken und Duschen.

3. Fazit

Das Urteil gibt Auskunft über die Frage der Vergütung und der Erforderlichkeit von Reisezeiten bei Auslandsentsendungen als auch bei Dienstreisen. Das BAG stellt insofern Reisezeiten im Rahmen von Entsendungen denjenigen im Rahmen von Dienstreisen gleich. Die zu vergütende Reisezeit bestimmt sich nach den Zeiten die zur Wahrnehmung der Reise effektiv erforderlich sind. Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Wahl der Reisemittel und den Verlauf der Reise so ist letzterer im Hinblick auf die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme gehalten die kostengünstigste Möglichkeit zu wählen. Offen bleibt, ob im Rahmen einer Gesamtkalkulation die Wahl eines kostenintensiveren aber schnelleren Verkehrsmittels möglich ist, indem ein niedrigerer Vergütungsanspruch die höheren Beförderungskosten ausgleicht.
In der Praxis ist dem Unternehmer – die Rechtsprechung des BAG kennend – zu empfehlen, direkt mit seiner Belegschaft klare und transparente Vergütungsregeln zu treffen. Auf diese Weise können etwaige Unsicherheiten bereits im Vorfeld entschärft werden. Das Bundesarbeitsgericht lässt nämlich weiterhin die Möglichkeit von abweichenden Regelungen von der gesetzlichen Vergütungspflicht der erforderlichen Reisezeit zu, sofern mit der gesonderten Vergütungsregelung nicht der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn unterschritten wird.
Recht und Steuern

Bekanntmachung Muster Lohnsteuerbescheinigung 2022

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder hat das Bundesfinanzministerium (BMF) das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2022 bekannt gemacht. Ein BMF-Schreiben vom 09.09.2019, basierend auf dem Schreiben vom 27.09.2017 , enthält zahlreiche Ausfüllhinweise.
Der Großbuchstabe "M" ist seit 2019 zwingend zu bescheinigen. Das bedeutet, dass ab 1. Januar 2019 der Großbuchstabe M für Mahlzeiten des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer während Auswärtstätigkeiten mit einem Wert bis 60 Euro zu bescheinigen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Verpflegungspauschale gezahlt wird oder nicht.
Seit 1. Januar 2019 sind Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte steuerfrei.
Unter Nummer 17 des Ausdrucks sind die auf die Entfernungspauschale anzurechnenden steuerfreien Zuschüsse und Sachbezüge zu bescheinigen.
Unter Nummer 18 des Ausdrucks sind die auf die Entfernungspauschale anzurechnenden und mit 15 Prozent pauschal besteuerten Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (und zu einem sog. Sammel- oder Treffpunkt) zu bescheinigen (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG).
Nicht zu bescheinigen sind mit 25 Prozent pauschalierte Bezüge für ein Jobticket, weil diese nicht auf die Entfernungspauschale angerechnet werden

Aktuelle Regelungen für Verpackungen

Weitere Informationen zum aktuellen Verpackungsgesetz (VerpackG)

Wozu dient die „Zentrale Stelle Verpackungsregister“?

Die „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ übernimmt eine Vielzahl von Vollzugsaufgaben. Dazu gehört das Recht, den Katalog Systembeteiligungspflicht zu erarbeiten und für verbindlich zu erklären, quasi schon im Vorgriff auf entsprechende Anfragen von ratsuchenden Herstellern.
Zu den Aufgaben gehört die Einrichtung eines bundesweiten öffentlich einsehbaren Registers (LUCID) aller bei einem dualen System unter Vertrag stehenden Unternehmen. Dadurch soll verhindert werden, dass sich Unternehmen durch „Trittbrettfahren“ ihren Pflichten aus dem Verpackungsrecht entziehen.
 

Die Systembetreiber

BellandVision GmbH
vertrieb@bellandvision.de
www.bellandvision.de
Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH
anfrage@gruener-punkt.de
www.verpackgo.de
EKO-PUNKT GmbH & CO. KG
info-koeln@eko-punkt.de
www.eko-punkt.de
INTERSEROH Dienstleistungs GmbH
verkaufsverpackungen-online@interseroh.com
www.lizenzero.de
Landbell AG für Rückhol-Systeme
info@landbell.de
www.landbell.de
Noventiz Dual GmbH
info@noventiz-dual.de
www.noventiz.de
PreZero Dual GmbH
vertrieb@prezerodual.com
www.prezero.com/dual
Reclay Systems GmbH
t.pangaribuan@reclay.de
www.reclay-group.com
Veolia Umweltservice Dual GmbH
de-ves-info-dual@veolia.com
www.veolia.de/dual
Zentek GmbH & Co. KG
dualessystem@zentek.de
www.zentek.de

Umgang mit Verpackungen in Europa (01/2023)

Die jeweiligen Regelungen über den Umgang mit Verpackungen variieren jedoch von Land zu Land. Unternehmen, die verpackte Waren in diesen Ländern in Verkehr bringen, müssen deshalb sehr unterschiedliche Anforderungen beachten. Hier sei beispielsweise Österreich mit dem “ Bevollmächtigter für Verpackungen” und Italien mit der “Kennzeichnungspflicht” nur exemplarisch genannt
Die DIHK-Broschüre „Umgang mit Verpackungen in Europa” (PDF-Datei · 1573 KB) soll einen Überblick über die jeweiligen Anforderungen an Inverkehrbringer von Verpackungen in den verschiedenen EWR-Staaten schaffen.


Hinweise der Zentralen Stelle für Händler, Versandhändler, Imker und Landwirte

Mit dem Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes (VerpackG) hat die zuständige „Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR)“ einige weitere Hinweise veröffentlicht.

Merkblatt Versandhändler

Sie richten sich zum einen an Versandhändler; dabei wird auf typische Fallkonstellationen wie die Nutzung von „Fullfillment Centern“ sowie das „Dropshipping/Streckengeschäft“ eingegangen. Im erstgenannten Fall wird der Versandhändler, im zweiten Fall der Produzent als nach VerpackG Verpflichteter eingestuft. Das Merkblatt ist auf der Homepage Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) zu finden.

Merkblatt:  Überblick für Handelsunternehmen

Der Letztvertreiber in Deutschland muss sicherstellen, dass die Pflichten des Verpackungsgesetzes erfüllt werden, ansonsten unterliegt die Ware in Deutschland einem automatischen Vertriebsverbot. Das Merkblatt ist auf der Homepage Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) zu finden.

Merkblatt: Hinweise für das gewerbsmäßige Inverkehrbringen

Außerdem werden auf den Seiten Hinweise zum gewerbsmäßigen Inverkehrbringen gegeben, was vor allem für den Vertrieb landwirtschaftlicher Erzeugnisse hilfreich ist. Denn hier wird auf das Einkommenssteuerrecht Bezug genommen, wodurch z. B. Imker mit bis zu 30 Bienenvölkern häufig als nicht betroffen eingestuft werden können. Das Merkblatt ist auf der Homepage Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) in der FAQ-Rubrik zu finden.

Merkblatt: Hinweise und Definition zu den gleichgestellten Anfallstellen

Das Verpackungsgesetz (VerpackG) zielt auf die privaten Endverbraucher (private Haushalte) und diesen nach der Art der dort typischerweise anfallenden Verpackungsabfälle vergleichbare Anfallstellen. Vergleichbare Anfallstellen sind. z. B. Gaststätten, Hotels, Raststätten, Kantinen und Verwaltungen. Eine vollständige Übersicht der vergleichbaren Anfallstellen finden Sie auf der Homepage Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR).
Weitere Informationen zu allen Themenpapieren finden Sie auf der Homepage der Zentralen Stelle Verpackungsregister.


Photovoltaik

Betrieb einer PV-Anlage zum Ende der Förderdauer

Viele PV-Anlagen Besitzer stehen vor Fragen zu rechtlichen Rahmenbedingungen, Stromspeichern, Reinigung und Wartung, Versicherung, steuerlichen Fragen und nicht zuletzt der IHK-Mitgliedschaft.
In dem Merkblatt des DIHK wird auf Gefahren, die von einer PV-Anlage ausgehen können eingegangen, genauso wie zu der Melde- und Prüfpflicht auf dem Marktstammdatenregister Portal, das seit Dezember 2018 online ist.
In diesem Merkblatt finden Sie Hinweise, was zu beachten ist. Viele Tipps können aber auch für Anlagenbesitzer sinnvoll sein, deren Förderdauer noch nicht abgelaufen ist.

IHK-Service-Tipp

Was müssen Unternehmen zur Datenschutzgrundverordnung wissen und beachten?

Seit dem 25. Mai 2018 gilt in allen EU-Staaten die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Unternehmen müssen sich an die Regelungen der Verordnung halten, wenn sie personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und speichern. Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die sich direkt oder indirekt (zum Beispiel über eine Kennung) auf eine Person beziehen lassen.
Die IHK Region Stuttgart bietet Informationsveranstaltungen zu Datenschutzthemen an, nimmt  Stellung zu Gesetzesentwürfen zum Datenschutz und regt Verbesserungen im Interesse der Wirtschaft an.
IHK hilft

Ausländische Mitarbeiter beschäftigen

Wer Mitarbeiter aus anderen EU-Staaten oder aus Drittländern außerhalb der EU beschäftigt, muss einige Regeln beachten. Die IHK informiert und hilft bei der Überwindung bürokratischer Hürden für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter.
Für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter gelten besondere Regelungen. Insbesondere qualifizierte Fachkräfte können seit März 2020 leichter einwandern. Darüber informieren wir Sie in unserem Merkblatt Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer. Auch Flüchtlinge können unter bestimmten Voraussetzungen beschäftigt werden. Dafür gilt das Duldungsgesetz.
Wer Unterstützung bei der Suche nach ausländischen Fachkräften benötigt, findet hier entsprechende Anlaufstellen oder kann sich an den Welcome Service Region Stuttgart wenden.
Wer Jugendliche mit Flucht- oder Zuwanderungsgeschichte ausbilden möchte, findet Unterstützung bei den Kümmerern des Projekts „Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Zugewanderte“ bei der IHK.