Infoletter Recht
Ausgabe 3/2025
- Modernisierung des Produkthaftungsrechts
- Geldwäschemeldeverordnung veröffentlicht
- Umsetzung der CSRD in nationales Recht
- Vergabebeschleunigungsgesetz und Tariftreuegesetz
- Standortfördergesetz vorgelegt
- Entwurf zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung
- Entwicklungen im Datenrecht
- IHK-Servicetipp
Modernisierung des Produkthaftungsrechts
Referentenentwurf
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 11.09.2025 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Produkthaftungsrechts veröffentlicht. Dieser Entwurf setzt grundsätzlich 1:1 die Richtlinie (EU) 2024/2853 um, welche darauf abzielt, das Produkthaftungsrecht vor dem Hintergrund der Digitalisierung grundlegend zu reformieren.
Zu den wesentlichen Inhalten des Referentenentwurfs zählen:
- Produkthaftung auch für Software: Software soll künftig generell in die Produkthaftung einbezogen werden, egal, wie sie bereitgestellt und genutzt wird. Umfasst ist auch Software, die in Systemen Künstlicher Intelligenz (KI) verwendet wird. Hersteller bleiben haftbar, wenn sie auch nach dem Inverkehrbringen Kontrolle über das Produkt ausüben – etwa durch Software-Updates oder digitale Dienste. Von der Produkthaftung ausgenommen bleibt Open-Source-Software, wenn sie außerhalb einer Geschäftstätigkeit entwickelt oder bereitgestellt wird.
- Produkthaftung bei Kreislaufwirtschaft: Wird ein Produkt nach seinem Inverkehrbringen so umgestaltet, dass es wesentlich geändert wird (etwa durch „Upcycling“), soll der umgestaltende Hersteller künftig als Hersteller haften. Er kann sich jedoch von der Haftung befreien, wenn er nachweist, dass der Produktfehler mit einem nicht geänderten Teil des Produkts zusammenhängt.
- Erweiterung der Anspruchsgegner: Importeure, Hersteller, Fulfilment-Dienstleister und Lieferanten sollen unter Umständen haften, wenn der Produkthersteller außerhalb der EU sitzt und nicht greifbar ist. Dasselbe soll für Anbieter von Online-Plattformen gelten, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher davon ausgehen können, dass das Produkt von der Online-Plattform selbst oder von einem ihrer Aufsicht unterstehenden Nutzer bereitgestellt wird.
- Einfachere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen: Der ursächliche Zusammenhang zwischen einem Produktfehler und einer eingetretenen Rechtsgutsverletzung soll grundsätzlich vermutet werden, wenn ein Produktfehler feststeht und die eingetretene Verletzung typischerweise auf diesen Fehler zurückzuführen ist.
- Offenlegung von Beweismitteln: Klägern soll der Zugang zu Beweisen erleichtert werden. Unternehmen müssen auf Anordnung eines vom Geschädigten angerufenen Gerichts Beweismittel offenlegen. Dabei soll ein angemessener Ausgleich mit dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen gewährleistet werden.
Die im deutschen Recht bestehenden Sonderregelungen im Bereich der Arzneimittel- und Gentechnikhaftung bleiben bestehen und wurden in den Entwurf übernommen.
Stellungnahme der DIHK zum Referentenentwurf
Die DIHK hat am 10.10.2025 eine Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Produkthaftungsrechts gegenüber dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) abgegeben. Darin erkennt die DIHK zwar die Notwendigkeit einer Modernisierung der Haftungsvorschriften für Produkte im digitalen Zeitalter an. Der vorgelegte Referentenentwurf zur Umsetzung der Produkthaftungsrichtlinie 2024/2853 des Europäischen Parlaments und des Rates geht jedoch einerseits materiellrechtlich über die unionsrechtlichen Vorgaben hinaus, indem er den Anwendungsbereich über das erforderliche Maß ausweitet. Andererseits bleibt der Referentenentwurf in prozessrechtlicher Hinsicht hinter den vom Unionsrecht vorgesehenen Möglichkeiten zurück und lässt für das deutsche Recht zugeschnittene prozessuale „Safeguards“ vermissen, die die Geschäftsgeheimnisse und damit die Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen schützen könnten. Dies kann zu einer Verteuerung der erfassten Produkte und im Ergebnis zu einer Gefährdung des Wirtschaftsstandorts Deutschland innerhalb der EU führen. Die Änderungen der Beweislast, die in der weiten Form der Umsetzung nicht durch die Richtlinie zwingend vorgegeben sind, werden zu einem unverhältnismäßigen bürokratischen Mehraufwand führen. Insgesamt droht mit der Aufhebung des Selbstbehaltes, der Aufnahme der EU-Produkthaftungsrichtlinie in die Zugänglichkeit für Sammelklagen, der Beweiserleichterung und dem Fehlen einer Regulierung des in-camera-Verfahrens, sowie der in Deutschland wie in Europa weitgehend fehlenden Regulierung der Drittfinanzierung von Kollektivklagen, die Umsetzung der Produkthaftungsrichtlinie zu einer erheblichen Ermutigung für Kollektivklagen in Deutschland zu werden und sich so im Ergebnis negativ auf den Rechtsstandort Deutschland auszuwirken. Die punktuellen Verbesserungen für den Schutz geschädigter Personen treten in einer Gesamtabwägung hinter die negativen Auswirkungen zurück. Es wird daher in der Stellungnahme angeregt, den Referentenentwurf nochmals für diese Problematik einem Praxischeck durch das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung zur Prüfung vorzulegen, da er deren öffentlich benannten Zielsetzungen insoweit widerspricht.
Geldwäschemeldeverordnung veröffentlicht
Im Bundesgesetzblatt vom 01.09.2025 wurde die GwGMeldV veröffentlicht. Sie tritt zum 01.03.2026 in Kraft. Die Verordnung sieht vor, dass Verdachtsmeldungen elektronisch zu übermitteln sind. Neben der Festlegung des technischen Übermittlungsformates legt die Verordnung die erforderlichen Angaben in solchen Verdachtsmeldungen i. S. d. §§ 43, 44 des Geldwäschegesetzes fest. Im Wesentlichen wird das Meldeverfahren, wie es schon seit mehreren Jahren über „goAML“ erfolgt, durch diese Verordnung rechtlich beschrieben. Gegenüber dem vom BMF im April 2025 in die Verbändeanhörung gegebenen Entwurf sind erhebliche Änderungen vorgenommen worden, mit denen zum Teil auch auf die Stellungnahme der DIHK reagiert wurde. Insbesondere sind die notwendigen Pflichtangaben reduziert und praxistauglicher formuliert worden. Außerdem ist nicht mehr enthalten, dass die FIU Meldungen, die den Anforderungen der GwGMeldV nicht entsprechen, zurückweisen kann. Die DIHK hatte darauf hingewiesen, dass es für diese im Entwurf noch geregelte Zurückweisungsmöglichkeit keine Rechtsgrundlage gegeben hatte.
Umsetzung der CSRD in nationales Recht
Während auf EU-Ebene Änderungen an der CSRD diskutiert werden, befasst sich der Bundesrat mit der Umsetzung der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) in nationales Recht. Der Bundesrat hat in seinem Beschluss vom 17.10.2025 den Bundestag gebeten, sich – über den vorgelegten Gesetzentwurf hinaus – u. a. mit folgenden Regelungen zu befassen: Offenlegungslösung statt Aufstellungslösung bei elektronischen Berichtsformat bzw. ggf. sogar Aufhebung des elektronischen Berichtsformats, Erleichterungen für Genossenschaften, die einen freiwilligen Konzernabschluss erstellen, Klarstellungen zum Konsolidierungskreis, Erweiterung des Prüferkreises für den Nachhaltigkeitsbericht um unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen zu erweitern, wenn und soweit diese gleichwertigen fachlichen und rechtlichen Anforderungen wie Wirtschaftsprüfer unterliegen sowie Klarstellung zu Verweisungen auf das Dritte Buch HGB. Der Beschluss vom 17.10.2025 ist auf der Homepage des Bundesrates abrufbar.
Vergabebeschleunigungsgesetz und Tariftreuegesetz
Sowohl das Tariftreuegesetz als auch das Vergabebeschleunigungsgesetz sind in der Bundesratssitzung am 26.09.2025 im ersten Durchgang behandelt worden. Am 10.10.2025 fand dann die 1. Lesung im Bundestag statt. Das Tariftreuegesetz (21/1941) stößt auf großen Widerstand aus der Wirtschaft. Auch die DIHK hat in ihrer Stellungnahme nachdrücklich Kritik geäußert. Dieses Gesetz führt zu erheblichen bürokratischen Mehrbelastungen und wird – anders als im Koalitionsvertrag vereinbart – nicht auf das „absolute Minimum“ beschränkt. Gesetzgebungsverfahren sollten daher vollständig aufgegeben werden. Zumindest müssten die bürokratischen Belastungen erheblich reduziert werden, z. B. durch folgende Änderungen:
- Schwelle für die Anwendung des Tariftreuegesetzes hochsetzen, z. B. auf 100.000 EUR
- Streichung der Informationspflicht des Auftragnehmers über die individuellen Rechte an seine für den Auftrag eingesetzten Arbeitnehmer
- Beschränkung der anzuwendenden Arbeitsbedingungen auf die Entlohnung
- Ausweitung der Beschränkung auf Aufträge mit einer Auftragsdauer von mehr als vier Monaten (oder mehr) statt nur zwei Monaten.
- Ausweitung dieser auftragsdauerbezogenen Beschränkung auch auf die Entlohnung, nicht nur bzgl. Mindesturlaub, Höchstarbeitszeit, Mindestruhezeiten und Ruhepausenzeiten, da gerade bei Kurzzeitaufträgen der bürokratische Aufwand unverhältnismäßig hoch ist und bei mehreren Kurzzeitaufträgen unterschiedlicher öffentlicher Auftraggeber häufiger anfallen kann.
- Streichung der Nachweismöglichkeit durch ein Zertifizierungsverfahren der Präqualifizierungsstellen i. S. d. Vergaberechts, da sich die Tariftreue als Ausführungsbestimmung nicht vorab prüfen und zertifizieren lässt. Zumindest Klarstellung, dass für den Nachweis eine Eigenerklärung reicht, sowie Streichung der Verordnungsermächtigung, da sie in unzulässiger Weise in das Selbstverwaltungsrecht der IHKs eingreift.
- Nachunternehmerhaftung beschränken, zumindest Beschränkung auf die unmittelbaren Nachunternehmer, mit denen der Unternehmer eine unmittelbare Vertragsbeziehung hat.
Bereits am 06.08.2025 wurde der Regierungsentwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes vom Kabinett beschlossen worden. Der Entwurf zum Vergabebeschleunigungsgesetz basiert im Wesentlichen auf dem Gesetzentwurf der Vergaberechtsreform aus der letzten Legislaturperiode. In Umsetzung der Vorgaben des Koalitionsvertrags wurden dabei insbesondere folgende Anpassungen vorgenommen:
- Die zuvor vorgesehene Beschränkung des Losgrundsatzes wurde gestrichen. Stattdessen wird eine neue Abweichungsmöglichkeit vom Losgrundsatz geschaffen, die auf dringliche Infrastrukturvorhaben aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert die EU-Schwellenwerte um das 2,5-Fache übersteigt, beschränkt wird (§ 97 GWB).
- Die Verordnungsermächtigung der Bundesregierung wird um ausdrückliche Vorgaben zur Beschaffung von klimafreundlichen Produkten erweitert (§ 113 GWB).
- Die zuvor vorgesehenen verpflichtenden Vorgaben zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in Vergabeverfahren werden gestrichen (zuvor in einem neuen § 120a GWB vorgesehen).
- Die Direktauftragswertgrenze für Vergaben des Bundes wird auf 50.000 Euro erhöht (§ 55 BHO). Als Folgeänderung werden die Schwellenwerte für die Meldepflicht an die Vergabestatistik (§ 2 VergStatVO) und die Abfragepflicht des Wettbewerbsregisters (§ 6 WRegG) auf 50.000 Euro erhöht.
- Bei Nachprüfungsverfahren wird die aufschiebende Wirkung der Rechtsmittel gestrichen (§ 173 GWB und Folgeänderungen).
Außerdem wurden die im Vergabetransformationspaket der letzten Legislatur vorgesehenen Maßnahmen im Bereich der Verteidigungsbeschaffung in das separate Vorhaben „Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz für die Bundeswehr“ überführt. Zu diesem Gesetzgebungsverfahren gibt es zwischenzeitlich auch bereits einen Kabinettsbeschluss. Die DIHK hat sich kritisch zur Aufweichung des Losgrundsatzes, zur erheblichen Anhebung der Wertgrenze sowie zum Wegfall der aufschiebenden Wirkung im Nachprüfungsverfahren geäußert. Die Vereinfachungen für Bieter reichen aus Sicht der Wirtschaft nicht aus. Es bedarf dringend weiterer Anstrengungen, um Vergabeverfahren für Unternehmen einfacher und damit attraktiver zu machen.
Die DIHK-Stellungnahmen zum RegE des Tariftreuegesetzes vom 03.09.2025 sowie die DIHK-Stellungnahme vom 28.07.2025 zum Vergabebeschleunigungsgesetz finden Sie auf der Homepage der DIHK.
Standortfördergesetz vorgelegt
Das Bundeskabinett hat einen Entwurf für ein Gesetz zur Förderung privater Investitionen und des Finanzstandorts (Standortfördergesetz, StoFöG) beschlossen. Der Regierungsentwurf nimmt Inhalte vom sog. Zukunftsfinanzierungsgesetz II auf, welches aufgrund der Diskontinuität nicht mehr verabschiedet werden konnte. Mit dem StoFöG-E sollen Teile des Koalitionsvertrags umgesetzt werden, die das Wirtschaftswachstum erhöhen und eine Investitionsoffensive und gezielte Strukturreformen vorsehen. Hierfür sind steuerliche Impulse für private Investitionen und Bürokratiekostenabbau vorgesehen, die Rahmenbedingungen für private Investitionen sollen verbessert und der Finanzplatz Deutschland insgesamt gestärkt werden. Vgl. zudem das Sofortprogramm der Bundesregierung aus Mai 2025. Wesentliche Inhalte des Entwurfs:
- Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen von Investments in Venture Capital, insbesondere durch Anpassungen bei der Besteuerung von Investitionen in gewerbliche Personengesellschaften durch Fonds, die unter das Investmentsteuergesetz fallen, und Anpassungen bei der Besteuerung von Gewinnen aus Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die im Betriebsvermögen gehalten werden, wenn diese reinvestiert werden („Roll-Over“).
- Möglichkeit englischsprachiger Prospekte nebst Zusammenfassung.
- Rechtssicherer und europäisch wettbewerbsfähiger Investitionsrahmen für Investitionen in erneuerbare Energien und Infrastruktur durch Änderungen des Investmentsteuergesetzes und des Kapitalanlagegesetzbuches.
- Administrative Vereinfachungen, wie z. B. die Abschaffung des Mitarbeiter- und Beschwerderegisters bei der BaFin, die Beschränkung des Erfordernisses, eine Bescheinigung über die Einhaltung der aufsichtlichen Vorgaben für nicht börsennotierte Derivate (OTC-Derivate) vorzulegen, auf die unter Risikogesichtspunkten relevanten Unternehmen, sowie die Einstellung des Millionenkreditmeldewesens.
- Ermöglichung von Aktien mit einem geringeren Nennwert als 1 Euro.
- Anpassungen im Geldwäschegesetz: Anpassung der Voraussetzungen zur Einsichtnahme in das Transparenzregister an die EuGH-Rechtsprechung an das berechtigte Interesse; Einführung einer Rechtsgrundlage für die BaFin zur Erhebung von Informationen von den von ihr beaufsichtigten Finanzunternehmen; Erleichterungen bei der Eröffnung von Konten für Minderjährige durch die Eltern; Änderung der Regeln für die geldwäscherechtliche Identifizierung durch Verpflichtete (wie z. B. Banken bei der Kontoeröffnung).
- Umsetzung bzw. Einführung des EU Listing Acts (Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungen über den Kapitalmarkt, insb. für KMU, durch proportionale Anpassung der Anforderungen an Prospekte und bei der Börsenzulassung sowie Erhöhung der Rechtssicherheit bei der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität), der Verordnung zur Einrichtung eines zentralen europäischen Zugangsportals für den zentralisierten Zugriff auf öffentlich verfügbare, für Finanzdienstleistungen, Kapitalmärkte und Nachhaltigkeit relevante Informationen (sog. ESAP-Verordnung) und Änderung der EU-Finanzmarktrichtlinie- und -verordnung (sog. MiFIR Review).
Entwurf zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat einen Referentenentwurf vorgelegt, der Beurkundungen künftig generell auch in elektronischer Form ermöglichen soll. Bislang sind Beurkundungen vor allem mittels Videokommunikation im notariellen Online-Verfahren zulässig. Der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung soll die bisher erforderliche Niederschrift auf Papier durch digitale Möglichkeiten ersetzen: Elektronische Niederschriften zur Beurkundung von Willenserklärungen in Gegenwart der Urkundsperson. Darüber hinaus soll die Beglaubigung von eigenhändigen elektronischen Unterschriften und eine vereinfachte Zugangsbewirkung von beurkundeten und beglaubigten Erklärungen möglich werden.
Entwicklungen im Datenrecht
Dass auf dem Gebiet des Datenschutzes und der Datennutzung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene derzeit viel Bewegung ist, zeigt die Zusammenfassung der aktuellen Entwicklungen:
EU Data Act anwendbar
Seit dem 12.09.2025 gilt der EU Data Act unmittelbar in allen Mitgliedstaaten. Er ist als EU-Verordnung ausgestaltet und soll Daten besser nutzbar machen. Hersteller von vernetzten Geräten (z. B. Smart-TVs, Autos, IoT-Devices) und Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten (z. B. Cloud-Anbieter) müssen den Nutzern nun offenlegen, welche Daten von ihnen gesammelt werden und wie sie kostenlos darauf zugreifen können. Auch die Weitergabe der Daten an Dritte, etwa für Reparaturzwecke, soll erleichtert werden. Unternehmen sind verpflichtet, transparente Datenverträge zu gestalten und Cloud-Anbieter müssen Interoperabilität und Anbieterwechsel ermöglichen. Der Data Act schränkt jedoch nicht den personenbezogenen Datenschutz ein – vielmehr bleiben die Vorschriften der DSGVO maßgeblich. Bei der Weitergabe von Daten an Dritte ist dies, z. B. bei der vertraglichen Ausgestaltung der technisch-organisatorischen Maßnahmen, zu berücksichtigen. Unternehmen sollten bei der Vertragsgestaltung auch den Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Blick behalten, z. B. durch entsprechende Geheimhaltungsvereinbarungen.
Neue EDSA-Leitlinien zum Zusammenspiel von DSGVO und DSA
Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat am 12.09.2025 neue Leitlinien veröffentlicht, die das Zusammenspiel zwischen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Digital Services Act (DSA) erläutern. Sie bieten praktische Hinweise für Plattformen wie soziale Netzwerke, Marktplätze und App-Stores, die personenbezogene Daten verarbeiten. Ziel ist eine einheitliche Auslegung und Anwendung beider Regelwerke.
Mit dem Digital Services Act (DSA) werden harmonisierte Vorschriften für die Erbringung von Vermittlungsdiensten im Binnenmarkt festgelegt, Artikel 1(2) DSA. In den Geltungsbereich von Verordnung (EU) 2022/2065 fallen „Vermittlungsdienste, die für Nutzer mit Niederlassungsort oder Sitz in der Union angeboten werden, ungeachtet des Niederlassungsortes des Anbieters dieser Vermittlungsdienste“, Artikel 2 Absatz 1 DSA. Zu den vom DSA erfassten Vermittlungsdiensten zählen reine Durchleitungen, Caching-Leistungen sowie Hosting-Dienste, Artikel 3 lit. g DSA.
Aus Sicht des EDSA werden die Anbieter von Vermittlungsdiensten typischerweise als Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter im Sinne der DSGVO (Verordnung (EU) 2016/679) einzustufen sein, wenn sie personenbezogene Daten verarbeiten. Dies führe dazu, dass sowohl der DSA als auch die DSGVO Verarbeitungsaktivitäten durch die gleichen Einrichtungen erfassen würden.
Auch lege der DSA den verschiedenen Anbietern von Vermittlungsdiensten, die unter den DSA fallen, verschiedene Verpflichtungen auf, die unterschiedliche Grade der Verarbeitung personenbezogener Daten erforderten. Dies gelte insbesondere für die Anbieter von Online-Plattformen, die eine Unterkategorie der Hosting-Dienste bilden, Artikel 3 lit. i DSA. Zudem stellt der DSA besondere Pflichten für die von der EU-Kommission designierten sehr großen Online-Plattformen (VLOPS/ very large online platforms) sowie für die von der EU-Kommission benannten sehr großen Online-Suchmaschinen (VLOSE / very large online search engine) auf, siehe Kapitel III, Abschnitt 5 DSA. Deren besonderen Verpflichtungen führten wiederum zu einer zusätzlichen Verarbeitung personenbezogener Daten, Leitlinien 3/2025, para 2.
Nach Angaben des EDSA sei es das Ziel der verabschiedeten Leitlinien zu klären, wie die Anbieter von Vermittlungsdiensten die DSGVO bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit den dem DSA unterfallenden Sachverhalten auslegen und anwenden sollten. Die Leitlinien zielten nicht darauf ab, den Digital Services Act als solchen auszulegen. Dies sei Aufgabe der nach dem DSA zuständigen Behörden -inklusive der EU-Kommission in Bezug auf VLOPS und VLOSES- und den Gerichten der Union, wobei dem Europäischen Gremium für digitale Dienste eine unterstützende Rolle zukomme, Artikel 56(2), (3) DSA, Artikel 61(2) DSA, Artikel 63(1), Leitlinien 3/2025, para 5.
Eine kohärente Auslegung und Anwendung von DSA und DSGVO sei insbesondere durch die Inbezugnahme einzelner Vorschriften des DSA auf den Schutz personenbezogener Daten sowie auf Definitionen und Konzepte der Datenschutzgrundverordnung geboten, Leitlinien 3/2025, para 5.
EuG bestätigt EU-US-Datentransferabkommen
Mit Urteil vom 03.09.2025 (Az. T-553/23) hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) das EU-US Data Privacy Framework (DPF) bestätigt. Es erkennt ein angemessenes Datenschutzniveau in den USA an und weist Bedenken zur Unabhängigkeit des US-Datenschutzgerichts (DPRC) zurück. Damit besteht vorerst wieder mehr Rechtssicherheit für transatlantische Datenübermittlungen. Die EU-Kommission bleibt jedoch zur fortwährenden Prüfung der Verhältnisse in den USA verpflichtet.
Pläne zur Bündelung der Datenschutzaufsicht
Der Koalitionsvertrag sieht die Zentralisierung der Datenschutzaufsicht bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) vor. Am 15.09.2025 haben das BMWE und das BMI dazu ein erstes Werkstattgespräch veranstaltet, an dem sich Wirtschaftsverbände, darunter die DIHK, beteiligt haben. Die Bündelung der Datenschutzaufsicht wird vom Großteil der Wirtschaft befürwortet, der sich dadurch eine einheitlichere Interpretation der DSGVO und des BDSG erhofft und damit ein höheres Maß an Rechtssicherheit. Teile der Wirtschaft betonten aber auch den Vorteil der Beibehaltung lokaler Ansprechpartner.
EuGH-Entscheidungen
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Der EuGH entschied, dass persönliche Meinungen per se einen Personenbezug aufweisen. Zudem fielen pseudonymisierte Daten nicht automatisch aus dem Schutzbereich der DSGVO heraus: Vielmehr gälten für den Verarbeiter, der sie re-identifizieren könne, dieselben Anforderungen wie für die Verarbeitung personenbezogener Daten.
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Für einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO können laut Urteil des EuGH bereits immaterielle Schäden in Form von negativen Gefühlen wie Ärger, Sorge oder Scham ausreichen. Dabei gibt es keine Bagatellgrenze. Der/die Betroffene muss jedoch die Kausalität zwischen Datenverstoß und immateriellem Schaden nachweisen.
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