Recht und Steuern

Güteverfahren bei kaufmännischen Streitigkeiten

Die gütliche Beilegung von Streitigkeiten in wirtschaftlichen Angelegenheiten zwischen Unternehmen im Wege des Vergleichs ist von erheblichem wirtschaftlichem Interesse.
Vor diesem Hintergrund ist vom AnwaltVerein Stuttgart e. V. und der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen Gütestelle für kaufmännische Streitigkeiten Stuttgart Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet worden. Den dort geführten Güteverfahren liegt die aktuelle Verfahrensordnung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 161 KB) zugrunde.

Wer kann ein Güteverfahren einleiten?

Mindestens eine Partei muss einer deutschen Industrie- und Handelskammer angehören, Mitglied eines dem Deutschen Anwaltsverein angeschlossenen örtlichen Anwaltvereins sein oder von einem Rechtsanwalt vertreten sein, der Mitglied eines dem Deutschen Anwaltverein angeschlossenen örtlichen Anwaltvereins ist. Bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten genügt es, wenn die Gesellschaft Mitglied einer deutschen Industrie- und Handelskammer ist.

Welche Streitigkeiten können im Güteverfahren behandelt werden?

Gegenstand des Güteverfahrens sind ausschließlich Streitigkeiten, die sich aus der gewerblichen Tätigkeit beider Parteien ergeben. Die Gütestelle ist auch zuständig für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, die eine gewerblich tätige Gesellschaft betreffen.

Wie kann ein Güteverfahren eingeleitet werden?

Da das Güteverfahren freiwillig ist, sollte der Antragsteller vor Einreichung eines Antrags abklären, ob die Gegenseite zu einem Güteverfahren bereit ist.
Die Partei, die ein Güteverfahren wünscht (Antragsteller), übersendet einer der Geschäftsstellen (entweder der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart oder dem AnwaltVerein Stuttgart e. V) einen schriftlichen Antrag auf Durchführung eines Güteverfahrens nach dieser Verfahrensordnung in zweifacher Ausfertigung. Der Antrag muss den Nachweis der Zuständigkeitsvoraussetzungen, die Parteien, ihr Streitverhältnis, die geltend gemachten Ansprüche und – soweit möglich – Angaben zum Streitwert enthalten. Der Antrag ist mit Kopien aller maßgeblichen Urkunden und Beweismittel zu versehen. Ist der Antragsteller anwaltlich vertreten, muss der Antrag außerdem eine kurz gefasste rechtliche Würdigung des Streitgegenstandes enthalten.
Für den Antrag zum Güteverfahren gibt es ein Antragsformular. (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 66 KB)

Welche Fristen sind zu beachten?

Die Geschäftsstelle übersendet der Gegenseite den Antrag einschließlich aller maßgeblichen Urkunden und Beweismittel sowie der Verfahrensordnung.
Sie fordert die Gegenseite auf, binnen einer Frist von 30 Tagen mitzuteilen, ob einem Güteverfahren zugestimmt wird. Diese Frist ist nicht verlängerbar. Die Zustimmungserklärung hat schriftlich zu erfolgen. Eine Übersendung zur Fristwahrung vorab per Fax oder E-Mail ist ausreichend.

Gibt es ein Muster zur Zustimmung?

Für die Zustimmung zum Güteverfahren gibt es ein Musterformular (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 16 KB).

Wann beginnt das Güteverfahren?

Das Güteverfahren beginnt, wenn die Gegenseite ihre Zustimmung zu der Durchführung des Güteverfahrens gegenüber der Geschäftsstelle mitteilt. Die Geschäftsstelle informiert die Parteien unverzüglich schriftlich über den Verfahrensbeginn.

Welche Kosten entstehen für das Güteverfahren?

Die Geschäftsstelle erhebt unter Berücksichtigung des Streitwertes und des für sie zu erwartenden Aufwands eine einmalige Kostenpauschale in Höhe von 100 Euro. Dieser Betrag erhöht sich um die jeweils geltende Umsatzsteuer, falls die Tätigkeit der Geschäftsstelle umsatzsteuerpflichtig ist. Die Pauschale ist von beiden Parteien je zur Hälfte im Voraus zu zahlen. Jede Partei trägt die während des Güteverfahrens entstehenden eigenen Kosten sowie die Kosten ihrer Vertretung selbst. Des Weiteren erhält jede Güteperson ein Zeithonorar je Stunde. Diese Staffelung ist unter § 7 Abs. 7.2 der Verfahrensordnung einsehbar.

Wer führt das Güteverfahren durch?

Die Geschäftsstelle benennt in der Regel eine Güteperson zur Durchführung des Verfahrens, dessen Zuständigkeit sich nach dem Geschäftsverteilungsplan bestimmt. Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien wird das Güteverfahren in einer Besetzung mit drei Gütepersonen geführt.

Wie läuft das Güteverfahren ab?

Die Güteperson bzw. die Gütepersonen legen den Ablauf des Güteverfahrens in Abstimmung mit den Parteien und den Ort des Güteverfahrens fest und setzen umgehend einen Verhandlungstermin an, zu dem die Parteien und ggf. ihre Vertreter zu laden sind. In dem Termin sollen die Interessen der Parteien sowie die Streit- und Rechtslage erörtert und eine Einigung angestrebt werden. Den weiteren Gang des Güteverfahrens bestimmt die Güteperson nach freiem Ermessen unter Beachtung der Grundsätze der Unparteilichkeit, Billigkeit und Gerechtigkeit. Dabei sollen möglichst die Wünsche der Parteien berücksichtigt werden.
Die Gegenseite wird von der Güteperson oder den Gütepersonen aufgefordert, binnen einer Frist von 30 Tagen eine inhaltliche Erwiderung auf den Antrag inklusive aller maßgeblichen Kopien und Urkunden zu übersenden.

Wann wird das Güteverfahren beendet?

Das Güteverfahren endet, wenn die den Streit beendende Vereinbarung abgeschlossen ist oder wenn mindestens eine Partei das Güteverfahren schriftlich gegenüber der Güteperson und der anderen Partei für gescheitert erklärt. Im Verhandlungstermin genügt eine mündliche Erklärung des Scheiterns.

Kann ein Güteverfahren auch nicht erfolgreich beendet werden?

Sieht die Güteperson keine Aussicht auf Erfolg des Güteverfahrens, so kann auch er das Güteverfahren jederzeit beenden. Einer Begründung bedarf die Entscheidung nicht. Bei einer Besetzung mit drei Gütepersonen ist für die Beendigung des Güteverfahrens Einstimmigkeit erforderlich.