Zwangsvollstreckung

Zwangsvollstreckung in Forderungen und Rechte

Stand: Juli 2017
Die Information wurde mit großer Sorgfalt erarbeitet. Eine Haftung für die Richtigkeit kann jedoch nicht übernommen werden.
Von besonderer Bedeutung bei der Vollstreckung wegen Geldforderungen ist heutzutage die Pfändung von Forderungen und anderen Vermögenswerten. Hierbei pfändet nicht der Gerichtsvollzieher Sachen des Schuldners, sondern das Vollstreckungsgericht pfändet durch Beschluss eine Forderung des Schuldners gegen einen Dritten (Drittschuldner). In Betracht kommen hier beispielsweise Lohn- und Gehaltsforderungen gegenüber dem Arbeitgeber, Kontoguthaben, d.h. Ansprüche aus einer Kontoverbindung, Ansprüche aus Bausparverträgen, Rentenansprüche bzw. Rentenanwartschaften, Ansprüche gegen Versicherungen, Ansprüche gegen Auftraggeber, Gesellschaftsanteile und (Eigentümer-) Grundpfandrechte.

1. Durchführung der Pfändung

Die Zwangsvollstreckung in Forderungen und sonstige Vermögensrechte erfolgt auf entsprechenden Antrag des Gläubigers durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
Der Erlass des Pfändungsbeschlusses setzt einen darauf gerichteten Antrag des Gläubigers voraus. Der Antrag kann nur unter Verwendung eines Formblattes gestellt werden, das auf der Homepage des BMJV zum Download zur Verfügung steht (siehe "Weitere Informationen" ).
Der Gläubiger muss nicht den vollen Beweis erbringen, dass die zu pfändende Forderung auch tatsächlich besteht. Ob eine zu pfändende Forderung besteht, wird im Zwangsvollstreckungsverfahren nur in engem Maße überprüft. Es wird nur die „angebliche“ Forderung gepfändet. Eine Pfändung muss immer erfolgen, wenn dem Schuldner die Forderung nach irgendeiner vertretbaren Rechtsansicht zustehen kann. Der Pfändungsantrag darf nur ausnahmsweise abgelehnt werden, wenn dem Schuldner der Anspruch aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen offenbar nicht zustehen kann oder die Forderung ersichtlich unpfändbar ist.
 Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen führt nicht zu einer Verhaftung des Vermögens des Schuldners im Ganzen, sondern wird durch die Pfändung bestimmter einzelner Vermögensgegenstände vollzogen. Diese sind deshalb notwendigerweise bei Ausbringung einer Pfändungsmaßnahme so genau zu bezeichnen, dass sie von anderen Gegenständen des Schuldnervermögens unterschieden werden können, und zwar nicht nur vom Vollstreckungsgläubiger, dem Vollstreckungsschuldner und dem Drittschuldner, sondern auch von anderen etwaigen Gläubigern, die aufgrund vorher oder nachher ausgebrachter Pfändungsmaßnahmen mit dem Vollstreckungsgläubiger konkurrieren und den Rang ihres Pfändungspfandrechts müssen ermitteln können. Für andere Personen, als die unmittelbar beteiligten, muss allein aus dem Pfändungsbeschluss erkennbar sein, welche Forderung gepfändet worden ist.  
Im Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses ist die zu pfändende Forderung nach Gläubiger und Schuldner, Schuldgegenstand und Schuldgrund so genau zu bezeichnen, dass ihre Identität bei verständiger Auslegung des Antrags auch für Dritte unzweifelhaft feststeht.
Allzu hohe Anforderungen hieran sind jedoch nicht zu stellen, da dem Gläubiger regelmäßig die genauere Kenntnis der Verhältnisse des Schuldners fehlt; insbesondere braucht der Gläubiger bei einer Kontenpfändung nicht die Kontonummer des Schuldners anzugeben. Das kontoführende Kreditinstitut ist jedoch zu ermitteln.
Unzulässig ist im Hinblick auf die zuvor genannten Anforderungen die Pfändung
  • von Forderungen „aus jedem Rechtsgrund” oder „aller denkbaren Forderungen”;
  • von Forderungen aus Lieferungen oder auf Schadensersatz, wenn sich nicht im Wege der Auslegung ermitteln lässt, auf welchen Schuldgrund und gegen wen als Drittschuldner diese sich richten;
  • eine sog. Ausforschungs- oder Verdachtspfändung, mit der Forderungen auf Verdacht gepfändet werden sollen, für deren Bestand keine konkreten Anhaltspunkte bestehen;
  • eine Globalpfändung, mit der alle Ansprüche auf Rückgewähr sämtlicher Sicherheiten oder sämtliche Forderungen aus einer Bankverbindung gepfändet werden sollen.
Als ausreichend wird es aber in der Regel angesehen, wenn der Antrag so ausgelegt werden kann, dass die Forderungen bestimmbar sind.
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird dem Drittschuldner (Schuldner der gepfändeten Forderung) zugestellt. Mit der Zustellung ist die Pfändung bewirkt und die Forderung beschlagnahmt. Von dem Zeitpunkt der Beschlagnahme an ist es dem Drittschuldner verboten, an den Schuldner Zahlung zu leisten. Der Vollstreckungsschuldner darf nicht mehr über die Forderung verfügen.

2. Verwertung durch Überweisung

Wie bei der Sachpfändung ist der Gläubiger mit der bloßen Pfändung einer Forderung noch nicht befriedigt, die gepfändete Forderung muss vielmehr noch verwertet werden. Dies erfolgt aufgrund des Überweisungsbeschlusses des Vollstreckungsgerichts durch Forderungsüberweisung an den Gläubiger. Dieser hat grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen der Überweisung zur Einziehung und der Überweisung an Zahlungs statt zum Nennwert.
Die Überweisung an Zahlungs statt zum Nennwert hat die Wirkungen einer Abtretung im Sinne des § 398 BGB, die Forderung geht nach § 401 BGB mit allen Nebenrechten in Höhe des zu vollstreckenden Betrages einschließlich der Kosten auf den Gläubiger über. Mit dem Forderungsübergang gilt der Gläubiger insoweit als befriedigt, unabhängig davon, ob und inwieweit er tatsächlich vom Drittschuldner Zahlung erhält (vgl. § 835 Abs. 2 ZPO). Der Gläubiger trägt hier also das Risiko der Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Drittschuldners.
Dagegen ist die Überweisung zur Einziehung für den Gläubiger risikolos und in der Praxis der Regelfall: Der Vollstreckungsschuldner bleibt Inhaber der Forderung, er darf aber nicht mehr über sie verfügen und der Vollstreckungsgläubiger wird zu deren Einziehung beim Drittschuldner ermächtigt, § 185 BGB. Mit der Überweisung selbst wird der Gläubiger noch nicht befriedigt. Diese Wirkung tritt erst ein, wenn der Drittschuldner tatsächlich an den Gläubiger zahlt, sei es freiwillig, sei es auf Einziehungsklage des Gläubigers hin.
Damit der Gläubiger nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom Drittschuldner die Informationen erhält, inwieweit seine Pfändung erfolgreich war und welche Voraussetzungen zur Einziehung ggf. erforderlich sind, sieht § 840 ZPO eine Auskunftsobliegenheit des Drittschuldners vor. Danach hat der Drittschuldner auf Aufforderung des Gläubigers hin innerhalb von zwei Wochen ab der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Auskunft zu erteilen,
  • ob und in welcher Höhe die gepfändete Forderung besteht,
  • ob sie fällig, bedingt oder von einer Gegenleistung abhängig ist,
  • ob die Forderung bestritten wird,
  • ob der Drittschuldner vorrangige eigene Forderungen besitzt, mit denen er aufrechnen kann,
  • ob andere Gläubiger gepfändet haben und in welcher Höhe
  • ob innerhalb der letzten zwölf Monate im Hinblick auf das Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, nach § 850l ZPO die Unpfändbarkeit des Guthabens angeordnet worden ist, und
  • ob es sich bei dem Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, um ein Pfändungsschutzkonto im Sinne von § 850k Abs. 7 ZPO handelt.
Dem Gläubiger steht zwar keine Klage auf Auskunftserteilung zu, er kann jedoch einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO wegen Verletzung des durch diese Norm begründeten gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen Drittschuldner und Gläubiger geltend machen. Es gelten hierbei die allgemeinen schadens-rechtlichen Rechtsgrundsätze, erforderlich ist daher insbesondere ein Verschulden des Drittschuldners. Ersatzfähig ist der gesamte dem Gläubiger aus der unzulänglichen Auskunft entstandene Vermögensschaden. Der Gläubiger ist so zu stellen, wie er bei gehöriger Erfüllung der Auskunftspflicht stünde, § 249 Abs. 1 BGB.

3. Pfändungsschutz

In der Praxis erweist sich, dass sich insbesondere Pfändungen von Arbeitseinkommen und von Forderungen aus Bankverbindungen lohnen. Zu beachten ist aber, dass Teile der Lohnbezüge nicht pfändbar sind. Dies gilt auch für Rentenansprüche. Die entsprechenden Pfändungsfreigrenzen finden Sie in der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2017 unter "Weitere Informationen".
Der Gesetzgeber hat eine Regelung getroffen, nach der – außerhalb eines formellen Gesetzgebungsverfahrens – eine automatische Anpassung der Pfändungsfreigrenzen erfolgt. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen wird jeweils zum 1. Juli eines jeden zweiten Jahres an die Entwicklung des steuerlichen Freibetrags für das sächliche Existenzminimum angepasst. Zuletzt sind die Pfändungsfreigrenzen zum 1. Juli 2017 erhöht worden.
Seit dem 1. Juli 2010 gibt es ferner einen umfassenderen Pfändungsschutz, der auch für Selbständige gilt. Mit dem Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes ist das Pfändungsschutzkonto (P-Konto) eingeführt worden, das die Sicherung des Existenzminimums des Schuldners zum Ziel hat. Dieses Gesetz sieht einen Anspruch gegenüber dem Kreditinstitut auf Umwandlung eines bereits bestehenden Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto (sog. P-Konto) vor. Auf diesem Konto erhält der Schuldner für sein Guthaben einen automatischen Basispfändungsschutz in Höhe seines Pfändungsfreibetrags. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Einkünften dieses Guthaben herrührt. Künftig genießen damit also auch Selbständige Pfändungsschutz für ihr Kontoguthaben. Der Pfändungsfreibetrag kann durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen beim Kreditinstitut erhöht werden. Über nebenstehenden Link erfahren Sie mehr zum neuen P-Konto sowie zu den Pfändungsfreigrenzen.
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge zum 31. März 2007 existiert für Selbstständige eine Schutzvorschrift für den Bereich der Altersvorsorge. Die Schutzvorschrift des § 851c ZPO  bezieht sich auf gegenwärtige oder künftige Leistungen aus einem privatrechtlichen Vorsorgevertrag. In welchem Rahmen ein solcher Vertrag abgeschlossen wird, spielt keine Rolle. Es kann sich um Lebensversicherungsverträge, um private Rentenversicherungsverträge, um Spar- bzw. Fondsparverträge o.ä. handeln. Die gesetzliche Alters- oder Invaliditätsrente ist dagegen nicht umfasst, für sie gilt § 54 SGB I.
§ 851c ZPO wurde insbesondere mit dem Ziel eingefügt, den Pfändungsschutz der Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung Selbstständiger desjenigen Schutzes anzupassen, die die entsprechenden Bezüge der abhängig Beschäftigten (Arbeitnehmer) genießen. Gleichwohl gilt sie auch für abhängig Beschäftigte, die künftig allein mit den gesetzlichen Rentenansprüchen wohl nicht mehr auskommen werden und sich mithin ebenfalls um eine private Zusatzversorgung bemühen müssen. Allerdings sind die Renten- oder Ruhegehaltsansprüche der Arbeitnehmer bereits über § 850 Abs. 3 Buchst b) ZPO geschützt.
Keine Anwendung findet § 851c ZPO auf Einkünfte aus Kapitalvermögen, wie etwa Zinsen, Dividenden oder Mieteinnahmen.
Voraussetzung ist, dass das gewählte Vorsorgeprodukt die Vorgaben des § 851c Abs. 1 ZPO erfüllt:
  • die Leistung muss regelmäßig und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt werden,
  • über die Ansprüche aus dem Vertrag darf nicht verfügt werden,
  • die Bestimmungen von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigte ist ausgeschlossen und
  • die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, ist nicht vereinbart.
Wichtig: Der Unternehmer muss sich bei Abschluss eines Altersvorsorgevertrags darüber im Klaren sein, ob dieser als Kreditsicherungsmittel eingesetzt werden soll. Ist dies der Fall, greift der Pfändungsschutz nämlich nicht.
Weitere Details zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge von Selbständigen, insbesondere zur Höhe, finden Sie auch auf den Seiten des Bundeswirtschaftsministeriums über "Weitere Informationen".

4. Vorpfändung

Zur schnellen Sicherung seines Zugriffsinteresses kann der Gläubiger schon vorab Forderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner durch den Gerichtsvollzieher im Wege der Vorpfändung (auch „vorläufiges Zahlungsverbot”) nach § 845 ZPO beschlagnahmen und so seinen Anspruch sichern. Es handelt sich dabei um eine private Vollstreckungsmaßnahme mit befristeter Wirkung, vgl. § 845 Abs. 2 ZPO. Die Vorpfändung hat den Vorteil, dass es hierzu lediglich eines vollstreckbaren Titels gegen den Schuldner bedarf. Sie erfolgt dadurch, dass der Gerichtsvollzieher im Auftrag des Gläubigers dem Drittschuldner und dem Schuldner die schriftliche Benachrichtigung der bevorstehenden Pfändung zustellt. Diese kann vom Gläubiger – oder bei ausdrücklichem Auftrag – vom Gerichtsvollzieher angefertigt sein. Ihr Inhalt entspricht den Anforderungen an einen Pfändungsbeschluss:
  • Bezeichnung des Titels und der zu vollstreckenden Forderung,
  • hinreichend bestimmte Benennung der zu pfändenden Forderung,
  • Aufforderung an den Drittschuldner, nicht mehr an den Schuldner zu zahlen,
  • Aufforderung an den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung, insb. ihrer Einziehung, zu enthalten.
Wegen ihres privaten Charakters müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vorpfändung und die Vorgaben des § 845 Abs. 1 ZPO erfüllt sein, insbesondere die Zustellung an den Drittschuldner. Andernfalls ist die Vorpfändung unwirksam. Verzichtbar sind lediglich die Benachrichtigung und deren Zustellung an den Schuldner.